1 Einleitung

Der Begriff „Digitalisierung“ umfasst eine große Bandbreite an möglichen Themengebieten entlang der kompletten Wertschöpfungskette. Rund drei Viertel der deutschen Unternehmen verfolgen hierzu bereits eine Digitalstrategie, entweder in ausgewählten Unternehmensbereichen oder zentralisiert (BITKOM 2018). Im Controlling, das in besonderem Maße von der Digitalisierung betroffen ist, stehen nicht nur die Hauptfunktionen des Controllings als Informationslieferant und als Teil der Entscheidungsunterstützung im Blick (hier insbesondere die Planungs- und Reporting-Prozesse), sondern auch das Controlling-Verständnis als solches, wie aktuelle Beiträge, die die Digitalisierung als ein Kernthema des Controllings beschreiben, zeigen (Schäffer und Weber 2016; FINANCE 2019).

Durch die große Bandbreite des Themenkomplexes Digitalisierung in Kombination mit kontinuierlicher Weiterentwicklung und neuen Herausforderungen ist es für Unternehmen notwendig, den eigenen Entwicklungsstand sowie mögliches Verbesserungspotential zu (er)kennen. Dies ist grundlegend für eine erfolgreiche (Prozess‑)Weiterentwicklung, da nur so im nächsten Schritt bestmöglich passende Ansätze verfolgt werden können (Kamprath 2011). Für kleine und mittlere Unternehmen (KMU), deren Strukturen typischerweise eben nicht denen von Konzernen mit spezialisierten Abteilungen entsprechen, ist dabei eine überbordende Komplexität zu vermeiden. In diesem Beitrag wird daher ein Reifegradmodell für den in seiner Bedeutung steigenden Bereich des Management Reportings vorgestellt. Grundsätzlich handelt es sich dabei um ein generisches und deskriptives Modell, was aufgrund seiner bewusst niedrig gehaltenen Komplexität insbesondere für den Einsatz in KMU dienlich sein kann. Stützend für diese Motivation ist der allgemeine Bedarf von KMU nach Reifegradmodellen im Kontext der digitalen Transformation (Hölzle et al. 2019).

Der vorliegende Beitrag stellt in Abschn. 2 zunächst den maßgeblichen Einfluss von Digitalisierungstechnologien auf Management-Reporting-Prozesse vor und beschreibt die entstehenden Veränderungsmöglichkeiten und Potenziale. Abschn. 3 geht kurz auf die methodische Entwicklung von Reifegradmodellen ein. Die Entwicklung des in diesem Beitrag beschriebenen Reifegradmodells wird in Abschn. 4 systematisch dargelegt, indem bestehende Modelle identifiziert und bewertet sowie Dimensionen, Reifegrade und deren Zusammenführung und Operationalisierung (Abschn. 5) beschrieben werden. Der Beitrag schließt mit einer zusammenfassenden Darstellung der Erkenntnisse.

2 Einfluss von Digitalisierungstechnologien auf Management-Reporting-Prozesse

Die Anzahl und Varietät von Digitalisierungsansätzen sind groß. Burrus und Hood (2020) nennen als wichtigste vier Technologien im Bereich der Wirtschaftsprüfung „Big Data“, „Künstliche Intelligenz“, „Cloud Computing“ und „Robotic Process Automation“ (RPA). Diese werden im Folgenden kurz vorgestellt, um ihren Einfluss auf Management-Reporting-Prozesse (MRP) zu erläutern. Ergänzend wird mit „Business Analytics“ ein Thema beleuchtet, das sich unmittelbar mit der Anwendung analytischer Verfahren zur Datenauswertung befasst (Felden 2019).

2.1 Ausgewählte Digitalisierungstechnologien

In Unternehmen besteht eine hohe Bereitschaft zu Investitionen in Technologien und Lösungen rund um Big Data (KPMG 2018). Zur Definition des Begriffs werden üblicherweise mehrere Eigenschaften miteinander kombiniert, die z. B. im 5V-Modell Ausdruck finden und Big Data kennzeichnen als geprägt von „Volume“ (Datenmenge), „Variety“ (Unterschiedlichkeit), „Velocity“ (Entstehungs- und Veränderungsgeschwindigkeit) sowie ergänzend „Value“ (Wert der Daten für das Unternehmen) und „Veracity“ (Wahrhaftigkeit) (Fasel und Meier 2016).

Künstliche Intelligenz (KI) kann im Sinne dieses Artikels als eine Technik zur Nachbildung menschlicher Intelligenz mit dem Fokus auf Lernen sowie der Wahrnehmung und dem Verständnis von Zusammenhängen aufgefasst werden. „Schwache KI“ ist dabei auf spezielle Probleme fokussiert, während eine „starke KI“ allgemeine Intelligenz zeigt und eventuell sogar menschliche Fähigkeiten übertreffen soll (Kirste und Schürholz 2019).

Cloud Computing kann als digitale Infrastrukturalternative zu klassischen On-Premise- oder Hosted-Lösungen gesehen werden, bei denen der Kunde bzw. das entsprechende Unternehmen die volle Kontrolle über das System und die Daten behält. Bei Cloud Computing hingegen wird ein (ausprägungsabhängig großer) Anteil der IT-Infrastruktur‑, Plattform- und Service-Dienstleistungen an Externe übergeben.

Bei RPA handelt es sich um Software, die strukturierte Routineaufgaben zur Automatisierung von Prozessschritten über verschiedene Systeme hinweg übernimmt. Dabei werden die Handlungen des Menschen imitiert. Grafische Benutzeroberflächen gestalten den Konfigurationsprozess vergleichsweise einfach. In den letzten Jahren haben RPA-Lösungen kontinuierlich an Beliebtheit gewonnen. Dieser Trend wird auch durch Berichte von einem hohen Return on Investment bei RPA-Projekten oder von geringen Kosten für die Einführung begünstigt (Willcocks et al. 2015; Langmann und Turi 2020).

Business Analytics (BA) ist ein weiterer Schlüsselbegriff der Digitalisierung. BA „kann als Sammlung unterschiedlicher Methoden und Technologien verstanden werden, welche dazu dienen, Erkenntnisse aus verfügbaren Daten für unternehmerische Entscheidungen zur Steuerung der Geschäftsprozesse zu gewinnen.“ (Chamoni und Gluchowski 2017). Im Analytics-Bereich werden häufig verschiedene, inhaltlich überlappende Begriffe verwendet. Speziell „Business Intelligence“ (BI) gilt als Sammelbegriff für unterschiedliche Aktivitäten im Bereich Datenanalyse.

2.2 Management-Reporting-Prozesse

Reporting nimmt in Unternehmen eine wichtige Stellung ein, da die berichteten Informationen essenziell für Entscheidungsprozesse sind. Ihm kommt damit eine der bedeutsamsten Aufgaben im Controlling zu (Taschner 2019). Unter Reporting ist im weitesten Sinne „die Informationsbedarfsermittlung, -beschaffung, -aufbereitung, -bereitstellung, -nutzung und -analyse aller steuerungs- und entscheidungsrelevanter Informationen des Betriebs und seiner Umwelt für externe und interne Adressaten des Unternehmens in Form von Berichten zu verstehen, wobei diese idealerweise adressatengerecht gebündelt in einem Reporting-System aufbereitet werden.“ (Schön 2018). Reporting, als eine der Hauptaufgaben des Controllings, folgt daher in jedem Unternehmen üblicherweise einem eigenen, speziellen Prozess. Dem Management Reporting (MR) liegt ein Prozess zugrunde, welcher im weitesten Sinne bei der Informationsbedarfsermittlung startet und bei der Informationsverwendung endet. Je nach Anforderungen und Ressourcen des Unternehmens sind die einzelnen Prozessschritte verschieden stark ausgeprägt, zeitaufwändig und von unterschiedlicher Qualität im Hinblick auf Effizienz, Schnelligkeit und Korrektheit. Unabhängig von den Anforderungen ist der Prozess an sich jedoch über die verschiedensten Unternehmen und Branchen hinweg allgemein vergleichbar, da das Ziel der Informationsverteilung universell gilt. Basierend auf Taschner (2013) und Gräf et al. (2014) lässt sich beispielhaft der in Abb. 1 dargestellte Prozess mit Unterschritten synthetisieren.

Abb. 1
figure 1

Schritte im Management-Reporting-Prozess (in Anlehnung an Taschner (2013) und Gräf et al. (2014))

Zunächst ist für die Bereitstellung der passenden Daten eine Bedarfsermittlung notwendig. Darauf basierend werden geeignete interne oder auch externe Datenquellen identifiziert, die die benötigten Daten liefern können. Nach der Identifikation der Quellen werden entsprechende Abfragen eingerichtet, um tatsächlichen Zugriff auf die Daten zu bekommen. Zuletzt werden die gesammelten Daten aufbereitet. Dies umfasst die Prüfung auf Vollständigkeit, fehlende oder falsche Einträge sowie die allgemeine Konsistenz der Daten.

Die anschließende Transformation beinhaltet notwendige Umformungen, Aggregationen, Aufspaltungen oder Verbindungen, damit im nächsten Schritt zuerst einfache Kennzahlen berechnet werden können und dann tiefergehende Analysen durchgeführt werden können. Es wird nach Ursachen und Kausalketten gesucht, um Sachverhalte fundiert erklären oder Vorhersagen treffen zu können. Nach der Analyse werden die Ergebnisse dargestellt und plausibilisiert.

Basierend auf den Resultaten der Analyse wird das Reporting kommentiert, um so Zusammenhänge zu verdeutlichen und wichtige Entwicklungen in den Vordergrund zu rücken. Abschließend werden die gesammelten Ergebnisse inkl. Kommentaren an die Empfänger verteilt. Bei Rückfragen werden Gespräche geführt und weitere Schritte erarbeitet. Letztendlich sollen die Daten von den Empfängern entsprechend genutzt und interpretiert werden, um bei der Umsetzung von Vorschlägen und bei Entscheidungen zu unterstützen. Dies ist der ausschlaggebende, beratende Aspekt des MR.

2.3 Digitalisierungstechnologien in einzelnen Prozessschritten

Die vorgestellten Digitalisierungstechnologien wirken auf unterschiedliche Stellen des gesamten Management-Reporting-Prozesses.

Big Data zeichnet sich in erster Linie dadurch aus, eine weitaus breitere Zahl an Quellen mit größeren Datenmengen zu bieten. Es entstehen aussagekräftigere Informationen durch eine erhöhte Aktualität und die Möglichkeit unternehmensinterne Daten wie z. B. Umsatzzahlen mit externen Daten, z. B. aus sozialen Medien, zu kombinieren (Weichel und Herrmann 2016). Daraus können z. B. Frühwarnsysteme, verbesserte Prognosen oder dynamische KPIs resultieren (Dursun 2019). Auch rein technisch können Big-Data-Methoden geeignet sein, die Datensammlung und -verarbeitung im MR zu beschleunigen.

KI kann verwendet werden, um in Datenmengen Muster zu entdecken oder die Datenqualität zu verbessern. Letzteres kann geschehen, indem z. B. händisch in ein Quellsystem eingetragene Werte sofort auf Plausibilität überprüft werden. Neben dieser Rolle von KI als „Qualitätsprüfer“ ist auch eine Anwendung im Bereich Verteilung und Beratung als digitale Assistenten möglich (Friedl 2019).

Cloud Computing macht einige Verbesserungen im Zuge der Digitalisierung überhaupt erst möglich und beeinflusst den MRP von der Speicherung der Daten bis hin zur Verteilung der Informationen. Durch eine einfache und wirtschaftliche Bereitstellung von Infrastruktur können Analysen mit einem höheren Detailgrad durchgeführt werden. Die höhere Verfügbarkeit unterstützt Self-Service-BI-Systeme und Mobile Reporting.

RPA hat insbesondere das Potenzial, die Prozessschritte im Bereich Datenbereitstellung sowie Berichtserstellung und -validierung zu automatisieren. Diese Art von Automatisierung verringert Durchlaufzeiten und Fehlerquoten. So können sich Controller auf wertschöpfende Tätigkeiten wie Beratung konzentrieren – ein Effekt, der sich auf allgemeiner Ebene bereits gezeigt hat (Forrester 2018).

Business Analytics beschäftigt sich grundsätzlich mit Methoden zur Gewinnung von entscheidungsrelevanten Informationen. So können z. B. statistische Methoden unkonventionelle Korrelationen bzw. Wertetreiber aufdecken und so Entscheidungen beeinflussen. Mit „Predictive Analytics“ lassen sich Analysen erstellen, die darauf fokussieren, neue Beobachtungen vorherzusagen (Shmueli und Koppius 2011). Für das Reporting bedeutet dies, dass neuartige Informationen verfügbar werden, welche Entscheidungen in der Gegenwart beeinflussen.

2.4 Besonderheiten bei kleinen und mittleren Unternehmen

Kleine und mittlere Unternehmen machten im Jahr 2017 in Deutschland ca. 99,3 % aller Unternehmen aus, 60,8 % aller Beschäftigten arbeiten in KMU und diese haben einen Anteil von 33,2 % am gesamten Unternehmensumsatz in Deutschland (Statistisches Bundesamt (Destatis) 2020). Die Unternehmensgröße hat zur Folge, dass begrenzte Ressourcen verfügbar sind, was KMU kompensieren oder anderweitig berücksichtigen müssen (De Massis et al. 2018). Auf das Reporting bezogen führt dies ggf. zu einem anderen Stellenwert und zu anderen Zielen. Einerseits zeigt sich dies in einem geringeren Detailgrad (Hauptsächlich finanzielle Kennzahlen, wenig bis keine Einteilung in Sparten bzw. Kostenträger, keine Nutzung von externen Informationen) und damit vermeintlich auch in geringerer Aussagekraft des MR. Andererseits sind die MRP häufiger historisch gewachsen, es liegt also kein ganzheitliches Konzept vor (Schön 2012). Die Konsequenz daraus kann z. B. eine fragmentierte Softwarelandschaft sein, welche wiederum zu einem aufwändigeren Prozess führt, da zusätzliche Schritte in den Bereichen Datensammlung, -aufbereitung und -transformation notwendig sind. Besonderheiten von KMU müssen in der Arbeit entsprechend berücksichtigt werden, so wie es auch bei der Entwicklung von allgemeineren Reifegradmodellen zur digitalen Transformation von KMU der Fall ist (Hölzle et al. 2019).

3 Methodische Entwicklung von Reifegradmodellen

Reifegradmodelle sind ein Instrument zur Standortbestimmung eines betrachteten Objekts und zeigen einen möglichen oder typischen Entwicklungspfad für dieses auf (Becker et al. 2009). Dieses Objekt kann z. B. ein Prozess, eine Organisation oder ein Projekt sein. Dabei wird die eigene ermittelte Reife (Kompetenz, Möglichkeiten, Komplexität) mit internen oder externen vorgegebenen Referenzgrößen verglichen. Das Ergebnis dieser Bewertung dient dann als Grundlage zur Verbesserung und Fortschrittskontrolle des eingeordneten Objekts (de Bruin et al. 2005). Generell ist ein Reifegrad durch verschiedene Merkmale, welche wiederum in Dimensionen aufgeteilt sein können, definiert. Um die spezifischen Merkmalsausprägungen in Unternehmen zu bestimmen, werden Bewertungsmethoden wie z. B. Fragebögen verwendet (Becker et al., 2009).

Im Sinne des Design-Science-Research schlagen Peffers et al. (2007) eine allgemeine Methode basierend auf den Richtlinien von Hevner et al. (2004) vor, um Artefakte zu konstruieren, zu denen auch ein Reifegradmodell gehören kann. Eine mögliche Vorgehensweise für Reifegradmodelle in sechs Phasen geben de Bruin et al. (2005) vor, eine alternative Variante von acht Schritten, die mit dem genannten Design-Science-Ansatz eng verzahnt ist, findet sich bei Becker et al. (2009).

Beide vorgestellten Vorgehensweisen zeigen einen strukturierten Weg zur Entwicklung eines Reifegradmodells auf, betonen allerdings unterschiedliche Teilbereiche. Aufgrund der engen Verbindung mit dem Design-Science-Ansatz und der detaillierten Ausarbeitung des Vorgehens, basiert die in diesem Beitrag verwendete Vorgehensweise zu einem großen Teil auf dem Vorgehensmodell von Becker et al. (2009). Zur Vorbereitung des Vergleichs mit bestehenden Modellen wird zusätzlich die Klärung der Rahmenbedingungen eingefügt, in Anlehnung an die Schritte „Scope“ und (in Teilen) „Design“ von de Bruin et al. (2005). Becker et al. (2009) unterscheiden zwischen der Konzeption von Transfer und dem Transfer an sich. In diesem Beitrag wird der Schritt als „Operationalisierung“ abgebildet und beschäftigt sich mit der Übertragung des Modells in einen praktisch anwendbaren Fragebogen. Die erste Kommunikation fand im Anschluss im Rahmen des Tests statt. Vor diesem Test, der damit einer verkürzten Form der Evaluation entspricht, wird in Anlehnung an Pöppelbuß und Röglinger (2011) eine Interpretation der Reifegrade durchgeführt. Im Fokus dieses Beitrags stehen allerdings Design und Entwicklung des Modells.

Abb. 2 stellt Vorgehen und Verknüpfung zu den Design-Science-Prinzipien sowie den fachlichen Inhalten dieses Beitrags zusammenfassend dar.

Abb. 2
figure 2

Vorgehen dieses Beitrags zur Entwicklung des Reifegradmodells (in Anlehnung an Peffers et al. (2007) und Becker et al. (2009))

4 Entwicklung eines Reifegradmodells zur Digitalisierung von Management-Reporting-Prozessen

In diesem Abschnitt werden zunächst die Rahmenbedingungen festgelegt und dann ein Vergleich bestehender Modelle durchgeführt. Mit Aufbau, Dimensionen und Reifegraden werden die Bestandteile des Reifegradmodells entlang der skizzierten Entwicklungsstrategie erarbeitet, sodass abschließend ein vollständiges Modell entsteht.

4.1 Rahmenbedingungen

Das hier entwickelte Modell ist Domänen-spezifisch mit einem Fokus auf Management Reporting. Es hat zwar einen akademischen Ursprung, ist aber zur internen Nutzung für Fach- und Führungskräfte aus dem Bereich Controlling gedacht, mit dem Ziel den Stand der Digitalisierung der MR-Prozesse zu ermitteln und Entwicklungspfade aufzuzeigen. Eine externe Nutzung durch z. B. Unternehmensberatungen zur Diagnostik ist denkbar. Das Modell kann – obschon deskriptiver Natur – keinen Status Quo der Digitalisierungsbemühungen in Deutschland insgesamt liefern, hierzu sei z. B. auf Büchel et al. (2021), Deutsche Telekom (2020) oder Grzymek und Wintermann (2020) verwiesen.

Die Anwendung erfolgt durch eine Selbstbewertung mit Hilfe eines Fragebogens. Falls den angesprochenen Fachkräften ein IT-Hintergrund fehlt, empfiehlt es sich, die Bewertung zusammen mit IT-Fachkräften auszufüllen. Unternehmen bzw. Gruppen, in denen Konsolidierungsaufgaben einen großen Teil des Reportings ausmachen, sind nicht die primäre Zielgruppe dieses Modells, da deren Reporting-Prozess leicht von den bisherigen Beschreibungen abweicht. Das Modell wird primär für Einzelunternehmen oder Teile von Gruppen mit eigenem Reporting entworfen. Der Fokus liegt zwar auf KMU, dies zeigt sich aber besonders bei der Interpretation des Modells. Die Standortbestimmung an sich können auch größere Unternehmen ohne Probleme vornehmen, solange die restlichen Rahmenbedingungen erfüllt werden.

4.2 Vergleich bestehender Modelle

Als relevant für den Vergleich werden Werke betrachtet, in denen Reifegradmodelle erarbeitet bzw. neu vorgestellt werden. Der Fokus liegt dabei auf Werken zum Management Reporting, ergänzend auf Beiträgen zum Controlling. Weniger relevant, aber der Vollständigkeit halber mit betrachtet sind Veröffentlichungen zu den Themen BA bzw. BI, sowohl wegen der möglichen thematischen und begrifflichen Überschneidung als auch zur Behandlung anderer Digitalisierungstechnologien wie z. B. Big Data. Reifegradmodelle zum Thema „Business Process Management“ hingegen werden als zu allgemein angesehen, um hier umfassend mit einbezogen zu werden.

Mit Hilfe eines mehrstufigen Verfahrens zur Literaturrecherche, basierend auf vom Brocke et al. (2009) und Webster und Watson (2002), wurden zunächst über die Datenbanken EBSCOhost (business/academic source premier), SpringerLink, Wiso, Web of Science, Science Direct, JSTOR und Google Scholar 44 relevante Publikationen durch Titel- und Abstract-Prüfung identifiziert. Mit einer vollständigen Inhaltsprüfung wurde in einer zweiten Sichtung die Anzahl auf 11 reduziert, mit denen nachfolgend wiederum eine Rückwärtssuche durchgeführt wurde, sodass 13 Modelle abschließend als relevant identifiziert wurden (Ausführliches Listing in Onlinematerial 1). Tab. 1 stellt diese Modelle, die darin vermerkten Reifegrade sowie Dimensionen und eine vorgenommene Kategorisierung dar.

Tab. 1 Ergebnis der Literaturrecherche zu relevanten Reifegradmodellen

In der abschließenden Betrachtung der Modelle zeigt sich, dass keines bereits ausreichend fachlich fokussiert oder die Rahmenbedingungen, die als Motivation zur Erarbeitung des Modells bestimmt wurden, ausreichend berücksichtigt. Sofern in der bestehenden Literatur Management Reporting ausdrücklich betrachtet wurde, lag der Fokus der Modelle nicht auf einer expliziten Einbindung von Kriterien für Digitalisierungstechnologien. Diese stellen der obigen Analyse nach jedoch einen wesentlichen Treiber der Digitalisierung in Unternehmen dar und sollten entsprechend fokussiert betrachtet werden. Die identifizierten Digitalisierungstechnologien werden außerdem in den nicht-MR-orientierten Reifegradmodellen nur punktuell adressiert. Bei der Erarbeitung von Inhalten und Strukturen für das Reifegradmodell dieses Beitrags sind aufgrund der thematischen Nähe, insbesondere die ersten beiden Kategorien (MR-orientiert, Controlling-orientiert) relevant.

4.3 Dimensionen

Es lässt sich festhalten, dass alle Modelle mit durchschnittlich vier Dimensionen und fünf Reifegraden arbeiten. Dabei sind die Dimensionen entweder allgemein gehalten und werden in der Bewertung bzw. mit Sub-Dimensionen weiter spezifiziert (z. B. beim biMM) oder die Dimensionen sind an sich schon spezifisch (z. B. beim DWCMM). Im Folgenden werden geeignete, durch die vorgestellten Aktivitäten im Management-Reporting-Prozess fundierte Dimensionen und Sub-Dimensionen abgeleitet und vorgestellt, wobei – sofern passend – die Erkenntnisse der relevanten betrachteten Modelle mit aufgenommen werden.

4.3.1 Datenbereitstellung

Die Datenbereitstellung ist grundlegend für die weiteren Dimensionen und damit Prozessschritte im MR. Die fünf Sub-Dimensionen dieser Dimension werden aus den theoretischen Konzepten, insbesondere zu Big Data, und den Erkenntnissen aus den bestehenden Modellen abgeleitet.

Datenumfang

Die Verarbeitung großer Datenmengen im Sinne des Big-Data-Ansatzes bedarf entsprechender Prozesse und Technologien. Gemessen wird, ob nur wenige, interne, strukturierte Daten oder ergänzend auch externe, unstrukturierte Massendaten verwendet werden.

Datenspeicherung und -verarbeitung

Im Optimalfall sind die Daten zentral und schnell bis hin zu real-time in Big-Data-konformen DWHs verfügbar. Im schlechtesten Fall besteht keine zentrale Datenbank oder ähnliches und es werden einzelne, lokal gespeicherte Datensätze verwendet (Spruit und Sacu 2015). Die Verarbeitung von großen, unstrukturierten Datenmengen ist dann nicht möglich und auch die Verarbeitungsgeschwindigkeit ist unter Umständen limitiert.

Datenqualität

Nur ein konsistenter und anerkannter Datenbestand kann zu akzeptierten Berichten und Analysen führen („Veracity“). Die Betrachtungen zur Datenqualität folgen üblichen Quellen, eine Zusammenstellung bietet beispielsweise Fürber (2016).

Datenverantwortlichkeit

Eine dedizierte Data Governance betont, dass der Wert von Daten verstanden wurde. Zusätzlich werden Aspekte wie z. B. Datensicherheit oder Datenschutz abgedeckt.

Automatisierung der Datenbereitstellung

Die Automatisierung der anfallenden Prozessschritte im Bereich Datenbereitstellung ist besonders im Bereich „digitales Reporting“ ein wichtiges Thema (Isensee et al. 2019). Dabei ist volle Automatisierung erstrebenswert und manuelle Tätigkeiten sind bestmöglich zu vermeiden.

4.3.2 Berichtserstellung und -validierung

Das zentrale Element der Dimension Berichtserstellung und -validierung ist die Analyse der Daten. Die Digitalisierungstechnologien BA und KI stehen dabei im Mittelpunkt.

Analytische Anwendungen

Diese reichen von generischer Software bis hin zu dedizierter, spezialisierter BI-Software mit Data-Warehouse- und Big-Data-Unterstützung. In niedrigen Reifegraden sind die Diversität und Qualität der Analysen durch die Anwendung von generischen Tabellenkalkulationsprogrammen oder einfachen integrierten Analysefunktion von ERP-Software eingeschränkt.

Analytische Methoden

Angelehnt an die Reifegrade der Ladder of Business Intelligence (Cates et al. 2005) kann die Anwendung verschiedener Methoden entweder nur zu Informationen (deskriptiv) führen oder im ausgeprägtesten Stadium zu „Intuition“ (präskriptiv).

Darstellung

Als einfachste Form sind einfache Tabellen und eine Dekoration von Informationen denkbar. Weiter fortgeschritten werden interaktive Dashboards mit OLAP-Funktionen verwendet. Besonders bei Analysen mit Big Data gibt es zusätzlich innovative Visualisierungen, welche eine verbesserte Informationsaufnahme bewirken können (Losbichler et al. 2016).

Plausibilisierung

In der einfachsten Form finden manuelle Stichproben und die Nutzung von Erfahrungswerten Anwendung. Fortgeschrittene Formen setzen systematische Vorgehensweisen ein und eine weitergehende Digitalisierung führt zum Einsatz von KI-Methoden zur Datenvalidierung oder Fehlererkennung.

Automatisierung der Analyse

Die Betrachtung entspricht den Überlegungen der Dimension Datenbereitstellung, hier allerdings mit einem Fokus auf die Analysetechniken.

4.3.3 Kommunikation

In den Prozessen zur Kommentierung, Verteilung und Beratung der bereits dargestellten Analyseergebnisse liegt die eigentliche Wertschöpfung des MR. Entsprechend dem Credo „Die richtige Information am richtigen Ort zur richtigen Zeit“ sind die folgenden Sub-Dimensionen aufgebaut.

Medium

Während Papier die einfachste und herkömmlichste Form der Informationsbereitstellung ist, bieten passive elektronische Verteilungsmechanismen, wie beispielsweise zentral abgelegte PDF-Dateien, eine einfachere und leichter parallelisierbare Auswertung. Noch flexibler sind (Cloud-gestützte) interaktive Zugriffe, die Self-Service-Lösungen und mobile Anzeigen ermöglichen.

Aktualität

Die Bereitstellung von Informationen in Echtzeit kann als maximale Aktualität beschrieben werden. Für fundierte Analysen sollten außerdem so viele vergangene Daten wie möglich verwendbar sein. Abschwächungen dieser Varianten finden sich auf geringeren Reifegraden des Modells.

Kommentierungs- und Beratungsform

In einer rudimentären Form werden Berichte nur kommentiert. Das Aufzeigen von Wirkungsketten und Kausalzusammenhängen stärkt die Interpretationsfähigkeit. Eine hochwertige und Fragen-orientierte Kommentierung kann durch Handlungsempfehlungen ergänzt werden (Holinski 2014). In einer noch stärker digitalisierten Form können interaktive Beratung, Storytelling und KI-gestützte Rückfragemöglichkeiten implementiert werden.

Automatisierung der Kommentierung und Beratung

Die Betrachtung entspricht auch hier den Überlegungen der vorherigen Dimension.

4.3.4 Umfeld

Die Dimension Umfeld beschreibt Themen, die hauptsächlich indirekt auf den Digitalisierungsgrad des MR einwirken. Sie ist, wie die nachstehenden vier Sub-Dimensionen, größtenteils an die Vergleichs-Reifegradmodelle angelehnt.

Kompetenz der Mitarbeiter

Fehlende Kenntnisse rund um die Bereiche Digitalisierung, Datenanalyse, Datenbanken, Statistik und Programmierung können sämtliche Digitalisierungsinitiativen entweder ausbremsen oder sogar komplett eindämmen (Keimer et al. 2017).

Rolle des Management Reportings im Unternehmen

Abhängig von der Wahrnehmung und dem Nutzen des MR für das Unternehmen, werden z. B. mehr Ressourcen zur Weiterentwicklung der MRP verfügbar gemacht, was dann eine Förderung von Digitalisierungsprojekten ermöglicht (Koß 2016).

Veränderungsbereitschaft aller Beteiligten am MR-Prozess

Im Gegensatz zu den anderen Sub-Dimensionen wird die Veränderungsbereitschaft in den identifizierten Reifegradmodellen nicht direkt thematisiert. Veränderungen werden allerdings insbesondere durch die Digitalisierung verursacht (Cisik 2019).

Organisation des MR

Abschließend beeinflusst die Organisation des MR die Reife des gesamten Controllings (Keimer et al. 2017; Langmann 2019).

4.4 Reifegrade

Die Bestimmung der Reifegrade für das zu entwickelnde Modell folgt den Erkenntnissen der Recherche nach vergleichbaren Modellen und theoretischen Konstrukten rund um Management Reporting und Digitalisierung. Daraus resultieren vier unterschiedliche Reifegrade von „Keine Digitalisierung“ bis „Vollständige Digitalisierung“.

Keine Digitalisierung

Auf der niedrigsten Stufe ist eine Situation beschrieben, in der prinzipiell keine der genannten Digitalisierungstechnologien umgesetzt ist. Dadurch können selbst Unternehmen ohne jegliche Adaption dieser Technologien einem konkreten Reifegrad zugeordnet werden, was insbesondere bei der Betrachtung von KMU besonders angebracht erscheint. In der Praxis lässt sich der Reifegrad z. B. daran erkennen, dass Datenbereitstellung ein aufwändiger Prozess ist, bei dem mit möglichst wenigen Ressourcen und durch manuelle Bearbeitung nur grundlegende Daten verfügbar gemacht werden. Es müssen immer wieder Zusammenhänge und Differenzen erklärt werden, da keine Konsistenz vorliegt. Wesentliche KPIs stützen sich auf einfache Berechnungen, häufig zählt statt kontrollierten Daten das „Bauchgefühl“.

Fragmentierte Digitalisierung

Es besteht eine Situation, in der erste Ansätze einer Digitalisierung entlang des kompletten Prozesses oder nur in einigen Prozessschritten gegangen wurden. Es werden analytische Erkenntnisse erwartet und nicht nur grundlegende Informationen. Es bestehen Ansätze zu einer effizienten Speicherung und Verarbeitung dieser Daten. Datenqualität und Konsistenz sind verbessert und Prozessschritte wurden bereits automatisiert. Tabellenkalkulationsprogramme sind immer noch ein zentraler Bestandteil des Reportings, aber sie werden teilweise aus Sicht der Performance und der Funktionen ans Limit getrieben.

Ausgeprägte Digitalisierung

Bei einer konsequenten Umsetzung von Digitalisierung in MR-Prozessen ist das unternehmerische und organisatorische Umfeld förderlich für Digitalisierungsanstrengungen und Veränderungen. Es werden interne und externe Daten mit einer eigens eingerichteten Architektur verwaltet und abgerufen, z. B. mit einem umfangreichen Data Warehouse. Cloud-Lösungen werden bei Bedarf genutzt, um Lastspitzen abzufangen und moderne Entwicklungen wie Self-Service-Reporting und Predictive Analytics zu unterstützen. Das Controlling unterstützt handlungsleitend und strategisch. Der Prozess ist weitgehend automatisiert und die Berichte mit Hilfe technischer Verfahren auch inhaltlich validiert.

Vollständige Digitalisierung

Es dominiert ein Umfeld, das die Digitalisierung nicht nur fördert, sondern auch fordert. Dem MR kommt eine zentrale Bedeutung der Unternehmenssteuerung zu. Die Verwendung unterschiedlicher, integrierter Datenquellen ist Standard. Business-Analytics-Verfahren liefern prädiktive und präskriptive Inhalte. KI wird eingesetzt, um neue Erkenntnisse zu erlangen und als interaktiver Sparringspartner den Echtzeit-Zugriff auf Daten zu unterstützen. Das Management Reporting gilt als innovativ, wegweisend und wertschöpfend.

4.5 Management-Reporting-Prozess-Maturity-Model (MRPMM)

Kombiniert mit den vier Dimensionen und deren Sub-Dimensionen aus dem vorherigen Abschnitt ergibt sich das inhaltliche ausgearbeitete Reifegradmodell der Digitalisierung der Management-Reporting-Prozesse. Abb. 3 zeigt dieses Management-Reporting-Prozess-Maturity-Model (MRPMM). Abb. 4 zeigt im Anschluss exemplarisch eine Zuordnung von Ausprägungen der Sub-Dimensionen zu Reifegraden am Beispiel der Dimension Datenbereitstellung. Die Darstellung dieser sowie die entsprechenden Darstellungen der weiteren Dimensionen können Onlinematerial 2 entnommen werden.

Abb. 3
figure 3

Das Management-Reporting-Prozess-Maturity-Model (MRPMM)

Abb. 4
figure 4

Zuordnung von Ausprägungen der Sub-Dimensionen zu Reifegraden am Beispiel der Dimension Datenbereitstellung

5 Operationalisierung und Ergebnisinterpretation des Reifegradmodells

Unter Operationalisierung wird der Prozess verstanden, theoretische Konstrukte, die nicht direkt messbar oder beobachtbar sind, messbar zu machen. Um das zu erreichen, werden Indikatoren bestimmt, über die die erwähnten theoretischen Konstrukte abgebildet werden können (Schmelter 2009).

Dazu wurden alle Sub-Dimensionen betrachtet und geeignete Fragen zur Operationalisierung abgeleitet. Um die Validität zu erhöhen, wurden, wenn möglich und sinnvoll, mehrere Fragen erarbeitet. Bei einem Großteil der Sub-Dimensionen ist allerdings keine Operationalisierung im eigentlichen Sinne notwendig, da direkt nach der relevanten Information gefragt werden kann, ohne Indikatoren verwenden zu müssen. Häufig kann dieser Prozess nach Bedarf vertieft werden. So erfordert beispielsweise die Sub-Dimension Datenumfang keinen kreativen Indikator, es kann gezielt nach relevanten Datenmengen gefragt werden. Entsprechendes gilt für die Kompetenz der Mitarbeiter. Um den letztgenannten Punkt zu vertiefen und herauszufinden, wie die Zukunftsvision zur Kompetenz der Mitarbeiter aussieht, könnte jedoch zusätzlich nach dem Fokus im Recruiting gefragt werden. Beispielhafte Fragen sind: Welche Kenntnisse besitzen die Verantwortlichen des MR-Prozesses? Welche Kenntnisse stehen beim Recruiting im Mittelpunkt? Weitere beispielhafte Fragen zur Operationalisierung können Onlinematerial 3 entnommen werden.

Durch eine Bewertung der Antworten mit Punkten zwischen 1,0 und 4,0 ergeben sich zunächst Punktesummen je Sub-Dimension. Diese können wiederum individuell gewichtet werden. Es ergibt sich durch gewichtete Summierung ein Reifegrad je Dimension. Auch für die Dimensionen können individuelle Gewichte vergeben werden. So kann beispielsweise durch ein niedriges Gewicht der Dimension „Umfeld“ berücksichtigt werden, dass diese nur indirekt auf den Digitalisierungsgrad des MR wirkt (vgl. Abschn. 4.3.4). Unternehmen können durch die Einzeldarstellung vor der gewichteten Zusammenführung auch gezielt Schwachstellen oder bereits hoch digitalisierte Bereiche identifizieren und konkrete Handlungen ableiten, anstatt nur einen Durchschnittswert zu betrachten. Um eine Vergleichbarkeit unterschiedlicher Unternehmen herzustellen, müssen die Fragen und Gewichte identisch sein. Um aber z. B. unternehmensintern den Fortschritt über die Zeit oder verschiedene Abteilungen betrachten zu können, besteht die Möglichkeit, dass Unternehmen individuelle Gewichtungsschlüssel der (Sub‑)Dimensionen festlegen. Der berechnete gewichtete Durchschnittswert aller Antworten ergibt dann – so wie die Einzelergebnisse je Dimension – eine Zuordnung auf die Reifegrade gemäß der Darstellung in Abb. 5.

Abb. 5
figure 5

Bewertungsspanne der Reifegrade im MRPMM

Ein Ergebnis unter oder gleich 1,5 signalisiert, dass der Digitalisierungsstand der MR-Prozesse insgesamt dem Reifegrad „Keine Digitalisierung“ zugeordnet werden kann. Für dieses Ergebnis ist zu erwarten, dass ein Großteil der Antworten bei den Werten 1,0 oder 1,5 liegt, welchen die Antwort zugeordnet ist, die mit der niedrigsten Ausprägung der Sub-Dimensionen korrespondiert. Falls es einzelne Ausreißer gab, so wird dies durch eine Betrachtung der Ergebnisse der einzelnen Sub-Dimensionen deutlich.

Die beiden „Rand-Reifegrade“ umfassen eine geringere Punktespanne, um deutlich zu machen, dass sowohl „keine“ als auch eine „vollständige“ Digitalisierung in der Praxis eher die Ausnahme sind (vgl. zur Digitalisierung Büchel et al. (2021), Deutsche Telekom (2020) oder Grzymek und Wintermann (2020)). Insbesondere die vollständige Digitalisierung kann auch nur unter der Maßgabe einer Einschätzung aktueller technologischer Entwicklungen betrachtet werden, da die hier vorgestellten Digitalisierungstechnologien zum Zeitpunkt der Modellerstellung angemessen scheinen, im Verlaufe der Zeit der maximal erreichbare Stand jedoch durch neue technologische Entwicklungen weiter verschoben werden kann.

6 Zusammenfassung

Die große Bandbreite des Themenkomplexes „Digitalisierung“ in Kombination mit kontinuierlicher Weiterentwicklung und neuen Möglichkeiten macht es besonders notwendig, die eigene Position sowie mögliche Verbesserungspotentiale zu kennen. Dies ist grundlegend für eine erfolgreiche (Prozess‑)Weiterentwicklung. Der Bereich Management Reporting im Controlling ist hiervon im Besonderen betroffen.

Das vorliegende Reifegradmodell zeigt dabei auf, welche Dimensionen und Reifegrade für eine Betrachtung des Status quo verwendet werden. Eine mögliche Einordnung des Ergebnisses kann mit Hilfe von Benchmarks erfolgen (de Bruin et al. 2005). Studien zur Unternehmensgröße (BITKOM 2018) oder Branche (Becker et al. 2013) und deren Standpunkt bei dem Thema Digitalisierung deuten an, dass eine Korrelation zwischen Unternehmensgröße, Branche und vergleichbaren Faktoren und dem Digitalisierungsgrad besteht. Je kleiner das Unternehmen, je weniger digitalisiert sind in der Regel die Prozesse.

Ein Blick auf die identifizierten, wesentlichen Technologien deutet darauf hin, dass insbesondere Cloud-Computing-Ansätze (z. B. Software-as-a-Service) und RPA-Optionen für den Mittelstand einen Einstieg in die Optimierung der MR-Prozesse sein können. So könnten Fortschritte bei der Automatisierung gemacht werden und die Nutzung von großen Datenmengen oder fortschrittlicher Analyse-Software wird ggf. ohne große Investitionen möglich.

Eine iterative Weiterentwicklung des MRPMM kann anhand einer ausgedehnten Evaluation und einer empirischen Validierung des Modells erfolgen. Wie beschrieben ist zudem eine regelmäßige Pflege des Modells im Hinblick auf neue technologische Möglichkeiten notwendig, um eine fortwährende Relevanz zu gewährleisten.