Einleitung

Die gesellschaftliche Bedeutung von Ganztagsschulen und -angeboten hat in den vergangenen Jahren immens zugenommen. Knapp 50 % aller Schüler*innen der allgemeinbildenden Schulen nehmen heute an einem Ganztagsschulbetrieb teil (Kultusministerkonferenz (KMK) 2023). Die bildungspolitische Reform zum Ganztagsausbau, derzeit verstärkt durch das Gesetz zur ganztägigen Förderung von Kindern im Grundschulalter, erstreckt sich mittlerweile über mehr als zwei Dekaden und geht mit einschneidenden Veränderungen im Aufwachsen junger Menschen einher. Das hat nicht zuletzt auch massive Auswirkungen auf das Bewegungsverhalten von Kindern und Jugendlichen. Im Kontext der individuellen Förderung und der Chancengleichheit für Schüler*innen verbirgt sich hinter dieser Entwicklung aber auch großes Potenzial. Mit Blick auf Bewegung, Spiel und Sport (BeSS) ist das ein zentrales Argument, da der Alltag vieler Schüler*innen durch Bewegungsmangel gekennzeichnet ist (Finger et al. 2018). Der schulische Ganztag eröffnet die Möglichkeit, durch individuelle Angebote das Interesse und die Freude an Bewegung frühzeitig im Lebenslauf zu wecken und auch die Kinder zu erreichen, die vom Elternhaus keinen Zugang zu einem aktiven Lebensstil erhalten (Abb. 1). Damit ist zum einen die Chance verbunden, dass sich die Bildungs- und Entwicklungspotenziale von BeSS individuell entfalten können. Zum anderen kann durch mehr Bewegung im schulischen Alltag ein Beitrag zum frühzeitigen Aufbau eines gesundheitsförderlichen Lebensstils geleistet werden. Im engen Zusammenhang mit diesen Potenzialen werden beispielsweise der Bedarf an Ressourcen, die Interessen der Kinder, bewegte Schul- und Ganztagskonzepte, die Wirkung von BeSS und die Rolle von Sportvereinen diskutiert (u. a. Laging 2020; Naul und Neuber 2021). In diesem thematischen Spannungsfeld hat sich parallel zum Ausbau des Ganztags ein wichtiges Forschungsfeld etabliert. Aktuell ist dieses durch zahlreiche kleinere Querschnittsstudien mit engem inhaltlichem Fokus gekennzeichnet. Wenige größer angelegte Studien ergänzen das Forschungsfeld. Hinzu kommt, dass sich die Konzepte und Ansätze von Ganztagsschulen unterscheiden, sodass Erkenntnisse einzelner Studien zum Teil kaum vergleichbar oder übertragbar sind. Dieser recht unübersichtliche und zugleich vielseitige Forschungsstand erschwert den Zugang zu einer zukunftsweisenden Forschungs- und Handlungsperspektive im Feld von BeSS im Ganztag. Es liegen aktuelle Artikel vor, die zentrale Kenntnisse bündeln und einen zusammenfassenden Überblick zum Forschungsfeld geben (u. a. Laging 2020; Naul und Neuber 2021). Eine systematische Aufbereitung der Erkenntnisse wurde letztmalig von Kuritz et al. (2016) publiziert. Aufgrund der schnell fortschreitenden Entwicklung des Ganztags und der hohen Relevanz von BeSS in diesem Kontext, erscheint es dringend notwendig, die systematische Analyse des Forschungsstandes mit einem breiten inhaltlichen Fokus sowie unter Einbezug der neueren sowie englischsprachigen Publikationen zu aktualisieren. In dem vorliegenden Scoping Review wird dieses Desiderat aufgegriffen und ein aktueller systematischer Überblick über den Forschungsstand gegeben. Die zentrale Frage lautet: „Wie stellt sich der aktuelle Forschungsstand im Feld von Bewegung, Spiel und Sport im schulischen Ganztag in Deutschland dar?“

Abb. 1
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Der schulische Ganztag eröffnet die Möglichkeit, frühzeitig Interesse und Freude an Bewegung zu wecken (Symbolbild). Foto: LSB NRW/Andrea Bowinkelmann

Methodisches Vorgehen

Das Scoping Review orientiert sich an der methodischen Anleitung für Scoping Reviews (von Elm et al. 2019) und hat primär zum Ziel, Forschungsergebnisse zu systematisieren sowie den Stand der Forschung darzulegen. Auf dieser Basis können Forschungslücken und weiterführende Forschungsperspektiven identifiziert werden. Im Vergleich zu systematischen Reviews findet dabei keine Bewertung der Evidenzqualität statt (von Elm et al. 2019). Das Scoping Review bietet die Möglichkeit, ein breites Themenspektrum abzubilden, was mit Blick auf die heterogene Studienlage von BeSS im Ganztag von Vorteil ist.

Die Literaturrecherche orientiert sich an den erweiterten PRISMA-Leitlinien für Scoping Reviews (Tricco et al. 2018) und erfolgte vom 1. bis 29. Juli 2023 in den Datenbanken BiSP-Surf, FIS-Bildung, Google Scholar, Springer Link und Web of Science. Die Schlagworte der Recherche orientieren sich an denen des Artikels von Kuritz et al. (2016) und wurden um die englischen Übersetzungen erweitert. Folgender Suchterm wurde in Anpassung an die Anforderungen der Datenbanken eingesetzt: ((Ganztag*schul*) UND (beweg* ODER aktiv* ODER sport*) UND (studie* ODER projekt* ODER interventio*)) ODER (((full-day OR all-day OR extracurricular OR afterschool) AND school) AND (exercise OR game OR sport* OR „physical activit*“) AND (study OR project OR intervention) AND German*).

Im Anschluss an die Recherche wurden zunächst alle Duplikate entfernt. Zur weiteren Selektion der Literatur wurden ausschließlich Publikationen eingeschlossen, die folgende Kriterien erfüllen: (a) der Veröffentlichungszeitraum liegt zwischen 2004 und 2023, (b) die Publikation wurde bis zum Zeitpunkt der letzten Suche (29. Juli 2023) vollständig veröffentlicht, (c) es handelt sich um eine Primärquelle, (d) die Publikation basiert auf einer empirischen Datengrundlage, (e) die Publikation fokussiert den schulischen Ganztag in Deutschland, (f) die Publikation thematisiert BeSS und (g) die Publikation betrachtet am Ganztag beteiligte Personengruppen.

Der Selektionsprozess umfasste drei Schritte: Zunächst wurden die Titel und Schlagwörter der Publikationen hinsichtlich der Einschlusskriterien überprüft, anschließend die Abstracts und zuletzt die Volltexte der verbleibenden Publikationen. Dieser Selektionsprozess wurde von zwei unabhängigen Reviewer*innen umgesetzt. Bei Uneinigkeit wurde eine dritte Person in das Verfahren einbezogen. Die Literaturverzeichnisse der eingeschlossenen Publikationen wurden darüber hinaus bezüglich weiterer relevanter Forschungsbeiträge geprüft. Abschließend haben zwei unabhängige Expert*innen des Themenbereichs BeSS im Ganztag die Passung der eingeschlossenen Publikationen begutachtet.

Die systematische Analyse der eingeschlossenen Literatur erfolgte über die Bildung von Kategorien, um die vielfältigen Forschungsergebnisse zu strukturieren. Das Kategoriensystem wurde zunächst deduktiv in Anlehnung an die inhaltliche Kapitelstruktur eines aktuellen Überblicksartikels (Naul und Neuber 2021) angelegt und induktiv anhand des vorliegenden Datenmaterials finalisiert. Die Entwicklung des Kategoriensystems wurde von einer zweiten Person geprüft und bestätigt. Abschließend erfolgte die Einordnung des Datenmaterials in die Kategorien mithilfe der Analysesoftware MAXQDA Analytics Pro 2020.

Ergebnisse

Selektionsprozess

Die initiale Suche führte nach Ausschluss von Duplikaten zu insgesamt 2365 Treffern. Unter Berücksichtigung aller Einschlusskriterien ergab der Selektionsprozess (vgl. Abb. 2) den Einschluss von 52 Publikationen.

Abb. 2
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Flussdiagramm des Selektionsprozesses

Datenanalyse

Auf Basis der deduktiven und induktiven Kategorienbildungen hat sich eine Struktur aus zwei Oberkategorien sowie dazugehörigen Subkategorien ergeben (vgl. Tab. 1).

Tab. 1 Übersicht Kategoriensystema

Deskriptive Merkmale der Publikationen

In Tab. 2 sind alle eingeschlossenen Publikationen durch studienrelevante Merkmale beschrieben. Demnach gibt es wenige größer angelegte Studien, aus denen mehrere Publikationen zu unterschiedlichen Fragestellungen in das Scoping Review eingeschlossen wurden (u. a. StEG, StuBSS). Tab. 3 stellt ergänzend die untersuchten Stichproben dar.

Tab. 2 Deskriptive Merkmale der eingeschlossenen Publikationen
Tab. 3 Stichprobenbeschreibung der eingeschlossenen Studien

Inhaltliche Analyse der Ergebnisse

Die Ergebnisdarstellung erfolgt anhand der gebildeten Kategorien. Die Erkenntnisse einer Publikation können bei entsprechender inhaltlicher Breite mehreren Kategorien zugeordnet sein. Auf eine differenzierte Darstellung der Erkenntnisse, die bereits bei Kuritz et al. (2016) ausführlich beschrieben wurden, wird in diesem Beitrag verzichtet. Es wird hier besonders auf die Befunde rekurriert, die über das 2016 von Kuritz et al. publizierte Review hinausgehen.

Rahmenbedingungen für BeSS im schulischen Ganztag

Die Kategorie umfasst Ergebnisse aus insgesamt n = 31 Publikationen und setzt sich aus den Subkategorien Organisation, Ressourcen, Qualifikationen, Zielsetzung/Konzeption und Rhythmisierung zusammen. Die inkludierten Publikationen beschreiben die Themen aus den Blickwinkeln von verschiedenen Akteur*innen, vorrangig aber aus Sicht der Schul- und Ganztagsleitungen (vgl. Tab. 2).

Organisation

Folgend sind die Ergebnisse aus 23 Publikationen zum Thema Organisation von BeSS gebündelt. Neun dieser Veröffentlichungen basieren auf den Daten der groß angelegten StuBBS.

In den Publikationen zeigen sich unterschiedliche Vorstellungen, wie BeSS in den Ganztag zu integrieren sind (Hildebrandt-Stramann 2014; Laging und Dirks 2014a; Marschner 2014; Stadler 2015; Waschler et al. 2015). Oftmals bestehen hierzu Kooperationen mit externen Bildungsanbietern (u. a. Süßenbach und Geis (2014); Waschler et al. (2015); siehe folgendes Kapitel „Charakteristik von BeSS im schulischen Ganztag“). Schulinterne Bedingungen, wie beispielsweise die konzeptionelle Orientierung, Ressourcen und Professionalisierungsaspekte, können sich auf die Umsetzung von BeSS auswirken (Haenisch 2011). Laging und Stobbe (28,29,a, b) konnten im Rahmen der StuBSS zwei Schultypen identifizieren. Zum einen den additiven Typ, welcher den Fokus auf außerunterrichtliche Angebote legt (die Autor*innen vermuten, dass Schulen mit einem offenen Ganztagskonzept eher additiv arbeiten). Zum anderen den integrativen Typ, in dem BeSS neben außerunterrichtlichen Angeboten systematisch in den schulischen Alltag integriert werden (zum Beispiel in den Unterricht) (Laging und Stobbe 28,29,a, b). Darüber hinaus werden Sport- und Bewegungsangebote teilweise auch explizit als Projektwochen inszeniert (Böcker 2014). BeSS im Ganztag sind besser zu integrieren und bedeutsamer, wenn die Schule über einen gebundenen Ganztag verfügt (Laging und Stobbe 2011a; Riegel 2014). Die StuBSS zeigt zudem, dass Grund- und Förderschulen stärker um die Einbindung von Bewegung bemüht sind als Sekundarschulen (Laging und Stobbe 2011b). Der Bereich des bewegten Unterrichts wurde hier 2011 insgesamt als nicht stark ausgeprägt beschrieben (Laging und Stobbe 2011a). Zudem besteht ein deutlicher Zusammenhang zwischen dem Grad der Innovativität einer Ganztagsschule und der Tendenz, Bewegung vollständig in den Schulalltag zu integrieren (Laging und Stobbe 2011b). In einer Thüringer Studie zeigen Regel- und Gesamtschulen vermehrt exklusive Sportorientierungen, die vorrangig als Kompensation von Bewegungsdefiziten sowie zur Schulprofilierung eingeordnet werden (Senff 2008). Bei Gymnasien und Grundschulen stehen hingegen die Bildungsbegründung und der integrative Ansatz im Vordergrund (Senff 2008).

Organisatorische Herausforderungen setzen übergreifend Grenzen bei der Integration von BeSS (Teubner 2014). Trotzdem wird Bewegung in der Verwirklichung des Ganztags eine zentrale Rolle zugeschrieben (Süßenbach und Geis 2013b; Thieme 2013) und auf Basis der StuBSS-Daten als Muss beschrieben (Marschner 2014). Bewegung kann demnach u. a. Unterrichtsstörungen entgegenwirken oder helfen, eine äußere Rhythmisierung zu gestalten (Riegel 2014).

Ressourcen

Die Kategorie Ressourcen bündelt die Ergebnisse aus 16 Publikationen. Diese enthalten Aspekte zur finanziellen, räumlichen und personellen Ausstattung für BeSS im Ganztag. Anzumerken ist, dass der Großteil dieser Publikationen (n = 14) aus den Jahren 2011 bis 2015 stammt. Die Befunde der verschiedenen Studien stellen sich insgesamt heterogen dar. Überwiegend zeigt sich aus Sicht verschiedener Akteur*innen allerdings Unzufriedenheit mit den Ressourcen für den Ganztag und BeSS (Laging und Dirks 2014b; Marschner 2014; Pollmeier und Fringer 2015; Stadler 2015; Stadler und Fringer 2015; Süßenbach und Geis 2013b; Wagner 2012). Nur vereinzelt werden diese dagegen als hinreichend beschrieben (DIPF et al. 2019). Im Rahmen der SteG zeigt sich, dass die vorhandenen Ressourcen bei rund der Hälfte der untersuchten Schulen dem Konzept der Ganztagschule gerecht werden (Fischer et al. 2013).

In Bezug auf die räumlichen Ressourcen zeigt sich, dass in einigen Bundesländern durch die hohe Dichte an Ganztagsschulen teilweise Probleme in der Sportanlagenversorgung entstehen (Breuer und Wicker 2008). Über die Sportanlagen hinaus lassen sich innerhalb des Schulgebäudes verschiedene Freiräume (zum Beispiel Aulen oder Toberäume) für BeSS identifizieren (Derecik 2012; DIPF et al. 2019). Es besteht ein hoher Bedarf an Freiräumen, welche man laut Derecik (2012) nicht nur durch Aus- und Umbau generieren könnte, sondern auch durch die Öffnung bereits bestehender Räume.

Die personellen Ressourcen im Ganztag setzen sich überregional neben den Lehrkräften aus weiterem pädagogisch tätigem Personal zusammen (Fischer et al. 2013). Die Gewinnung dieses Personals stellt sich deutschlandweit als kritisch dar (DIPF et al. 2019; Fischer et al. 2013). Insbesondere wird in ländlichen Regionen von Problemen in der Personalgewinnung berichtet (Fischer et al. 2013). Häufig werden BeSS-Angebote von Übungsleitenden aus Sportvereinen angeleitet (Süßenbach und Geis 2014; Züchner und Rauschenbach 2011), wobei ihr Engagement häufig durch die eigenen personellen oder organisatorischen Ressourcen begrenzt ist (Thieme 2013). Hoher Unterstützungsbedarf wird bei der Aus- und Fortbildung der Übungsleitenden sowie im Bereich der Kooperationen gesehen (Breuer und Wicker 2008). Der Mangel an personellen Ressourcen stellt eines der Hauptprobleme dar, zeitgleich ist das Personal aber auch ein wichtiger Faktor für die Integration von BeSS (Naul und Wick 2015; Pollmeier und Fringer 2015). Daneben werden die Ressourcen für Inklusion und Integration von vielen Ganztagsschulen als nicht ausreichend gesehen und die Barrierefreiheit ist häufig nicht gegeben (DIPF et al. 2019).

Qualifikationen

14 Publikationen berichten Ergebnisse bezüglich der Qualifikationen des im Ganztag tätigen Personals. Punktuell werden hierbei Lehrkräfte betrachtet (Pollmeier und Fringer 2015), ein Großteil der Studien untersucht das weitere pädagogisch tätige Personal. Der Fokus liegt häufig auf den Mindestvoraussetzungen, welche von den Schulen oder ihren Kooperationspartnern festgelegt werden, um BeSS anzuleiten. Es zeigt sich, dass Sportvereine häufig die Übungsleiter-C-Lizenz als Mindestvoraussetzung sehen, um BeSS-Angebote im Ganztag anzuleiten (Forschungsgruppe SpOGATA 2012; Naul und Wick 2015; Süßenbach und Geis 2013b, 2014; Züchner und Rauschenbach 2011). Schulen, die mit Sportvereinen kooperieren, verlangen deutlich häufiger eine Mindestqualifikation als Schulen ohne entsprechende Kooperationen (Süßenbach und Geis 46,47,a, b). In Niedersachsen verlangen ca. 58 % der Schulen eine Mindestqualifikation zur Anleitung von BeSS-Angeboten im Ganztag, 37 % geben keine Mindestqualifikation vor (Süßenbach und Geis 46,47,a, b). Das Qualifikationsniveau des Personals im Ganztag variiert in Bezug auf BeSS in Bundesländern und Schulen. Eine Studie in NRW stellte beispielsweise fest, dass ein Teil des Personals (ca. 25 %), das BeSS anleitet, keine entsprechende Qualifikation besitzt (Wagner 2012). Eine Studie aus Rheinland-Pfalz sieht die Befürchtung, dass BeSS von ungenügend qualifiziertem Personal durchgeführt wird, demgegenüber als nicht bestätigt (Thieme 2013).

Es konnte gezeigt werde, dass Fachkräfte mit sportbezogenen Qualifikationen einen signifikant höheren Umsetzungsgrad bei der Förderung von Kompetenzen in sportfachlichen Aspekten und Techniken aufweisen (Haenisch 2011). Zudem deutet sich an, dass diese Fachkräfte einen sensibleren Umgang mit den BeSS-Interessen der Kinder haben und ein breiteres Spektrum an Spielformen einbringen (Haenisch 2011). Auch Fachkräfte ohne sportbezogene Qualifikation schätzen die Relevanz von BeSS im Ganztag hoch ein, was als guter Anknüpfungspunkt für die Weiterqualifikation des Personals eingeordnet wird (Haenisch 2011). Teilweise liegt aus Schulsicht Unzufriedenheit mit den Qualifikationen und Kenntnissen der BeSS Anleitenden vor (Laging und Dirks 2014b; Süßenbach und Geis 2013b).

Punktuell wird auch die Schaffung neuer Berufsfelder, wie ein*e hauptamtliche*r Ganztagsexpert*in, vorgeschlagen (Heim et al. 2013). Als neue Qualifikation wurde im Rahmen eines qualitativen Pilotprojekts der Einsatz von Sportagent*innen untersucht, die im dynamischen Handlungsfeld der Kooperation von Ganztagsschule und Sportverein tätig sind (Braun und Albert 2020). Die Autor*innen kommen zu dem Resümee, dass die Potenziale von Kooperationen zwischen Schule und Sportverein in dem Pilotprojekt nicht ausgeschöpft wurden (Braun und Albert 2020). Studienübergreifend wird von unterschiedlichen Akteur*innen eine angemessene Qualifikation des Personals für BeSS gefordert (Forschungsgruppe SpOGATA 2012; Stadler 2015, Süßenbach und Geis 46,47,a, b; Thieme 2013; Wagner 2012).

Zielsetzung/Konzeption

Die Subkategorie basiert auf den Ergebnissen aus 17 Publikationen und umfasst Informationen über die Zielsetzungen und Konzeptionen von BeSS im Ganztag. Die konzeptionelle Ausrichtung ist ausschlaggebend dafür, inwiefern und in welchem Ausmaß BeSS integriert werden (Laging und Dirks 2014a). Überregional wird die verlässliche Schüler*innenbetreuung als grundlegendes Ziel im Ganztag genannt (DIPF et al. 2019). Teilweise bestehen Zielsetzungen und Konzepte spezifisch für BeSS im Ganztag (Laging und Dirks 2014a; Pollmeier und Fringer 2015), welche unterschiedliche Schwerpunkte setzten. So werden beispielweise die Bewegungs‑, Spiel- und Sportförderung (Forschungsgruppe SpOGATA 2012), die Gesundheitsförderung (Forschungsgruppe SpOGATA 2012), die Förderung der Mitbestimmung (Naul et al. 2015) oder die Persönlichkeitsentwicklung (Forschungsgruppe SpOGATA 2012; Naul und Wick 2015) thematisiert. StEG-Daten zeigen Ost-West-Unterschiede hinsichtlich der Ziele des Ganztags (in ostdeutschen Flächenländern stärker auf die Erweiterung der Lernkultur ausgerichtet; (Fischer et al. 2013)). Im Rahmen der StuBSS werden in Bezug auf die Integration von BeSS im Schulkonzept drei Typen unterschieden, Typ A: ambivalent, Typ B: offensiv-immanent und Typ C: defensiv-pragmatisch (Laging und Dirks 2014a).

Punktuell werden BeSS auch im Rahmen von Projektwochen fest in Konzepten verankert (Böcker 2014). Andere Schulen weisen hingegen kaum konzeptionelle Überlegungen für BeSS im Ganztag auf (Marschner 2014) oder berichten, dass die Sichtweisen, wie BeSS integriert werden sollten, differieren (Hildebrandt-Stramann 2014). Die Abstimmung der Konzepte von Schulen und Kooperationspartnern wird als sinnvoll erachtet (Laging und Dirks 2014b; Thieme 2013). Übergreifend werden Anpassungen und Verbesserungen der Konzepte für BeSS im Ganztag (Derecik 2014; 2018; DIPF et al. 2019; Heim et al. 2013) sowie die feste Verankerung von BeSS in Schulkonzepten (Haenisch 2011; Laging und Stobbe 2011a) gefordert. Es besteht weiterhin Entwicklungsbedarf hinsichtlich der konzeptionellen Verbindung von außerunterrichtlichen Angeboten und Unterricht (DIPF et al. 2019; Fischer et al. 2013).

Rhythmisierung

Die Kategorie bündelt die Ergebnisse aus elf Publikationen und enthält Ergebnisse aus unterschiedlichen Bundesländern. Aus Schulsicht gilt die Rhythmisierung als zentrales Gestaltungselement im Ganztag (DIPF et al. 2019; Laging und Dirks 2014b). Ein rhythmisierter und bewegungsreicher Ganztag wird als lernfördernd und bereichernd empfunden (Waschler et al. 2015). Die strukturelle Einbindung von BeSS reicht diesbezüglich von festen Tages- über Wochen- bis hin zu Jahreszyklen (Laging und Stobbe 2011a). Der Grad der Rhythmisierung unterscheidet sich nach Schulform und Schule (Laging und Stobbe 2011b; Senff 2008; Stadler 2015; Stadler und Fringer 2015). Der Großteil der BeSS-Angebote findet im Nachmittagsbereich statt (Stadler 2015; Vogel 2010; Wagner 2012). Insgesamt werden Rhythmisierungskonzepte im Rahmen eines offenen Ganztags als schwer umsetzbar beschrieben (Fischer et al. 2013) und besitzen im gebundenen Ganztag häufig einen höheren Stellenwert (Laging und Stobbe 2011a). Überregional zeigt sich, dass BeSS im Rahmen von festen Projekttagen, wie beispielsweise Sportfesten, wiederkehrend vorhanden sind (Laging und Stobbe 2011a; Pollmeier und Fringer 2015).

Charakteristik von BeSS im schulischen Ganztag

Die zweite Kategorie bündelt die Ergebnisse zu den Subkategorien Häufigkeit und Inhalte, Kooperationen, Teilhabe von Schüler*innen, Mitbestimmungsmöglichkeiten und Freiräume sowie Wirkung(sannahmen). Hervorzuheben ist, dass sich 24 Untersuchungen auf bundeslandübergreifende Daten beziehen (Böcker 2014; Breuer und Feiler 2012; Breuer und Wicker 2008, 2010; Derecik 2012, 2013, 2014; DIPF et al. 2019; Fischer et al. 2013; Hietzge 2010; Hildebrandt-Stramann 2014; Laging und Dirks 2014b; Laging und Stobbe 28,29,a, b; Leschinski 2014; Marschner 2014; Riegel 2014; Senff 2008, 2014; Teubner 2014; Züchner 2014; Züchner und Arnoldt 2011, 2013; Züchner und Rauschenbach 2011). Bundeslandspezifische Untersuchungen erfolgten in 26 weiteren Publikationen. In den Stichproben wurden Schulleitungen, Übungsleitende, Schüler*innen, Lehrkräfte, weiteres pädagogisches Personal und Vereine untersucht (vgl. Tab. 3).

Häufigkeit und Inhalte

Diese Subkategorie bündelt Forschungsergebnisse aus 29 Publikationen. Die Literaturanalyse verdeutlicht, dass BeSS-Angebote die häufigsten Angebote im Ganztag sind und bundesweit nahezu alle Ganztagsschulen (über 90 %) diese bereitstellen (DIPF et al. 2019; Forschungsgruppe SpOGATA 2012; Laging und Stobbe 2011b; Süßenbach und Geis 2013a; Thieme 2013; Züchner 2014; Züchner und Arnoldt 2013). Rund jedes dritte Ganztagsangebot stellt dabei in Primarstufen in NRW (Forschungsgruppe SpOGATA 2012; Naul et al. 2015) und schulformübergreifend in Niedersachsen (Süßenbach und Geis 46,47,a, b) ein BeSS-Angebot dar. Im Rahmen der Analyse zur inhaltlichen Ausgestaltung stellt sich heraus, dass die Einbindung von BeSS schulformübergreifend hauptsächlich in Form von außerunterrichtlichen AG-Angeboten erfolgt (Laging und Dirks 2014b; Laging und Stobbe 2011a; Marschner 2014; Stadler 2015; Stadler und Fringer 2015). Dabei werden überwiegend sportartspezifische Angebote durchgeführt. Während Thieme (2013) für den Primarbereich in Rheinland-Pfalz zu dem Schluss kommt, dass sich sportartspezifische und sportartenübergreifende Angebote die Waage halten (Thieme 2013), sind in NRW und Niedersachsen der Großteil der BeSS-Angebote sportartspezifisch ausgelegt (Forschungsgruppe SpOGATA 2012; Naul et al. 2015; Süßenbach und Geis 46,47,a, b). Im Bereich der sportartspezifischen Angebote dominieren insbesondere Ballsportarten (Forschungsgruppe SpOGATA 2012; Gumz 2020; Naul et al. 2015; Pollmeier und Fringer 2015; Süßenbach und Geis 2013b, 2014). Speziell Fußball erfährt schulformübergreifend eine hohe Beliebtheit (Forschungsgruppe SpOGATA 2012; Gumz 2020; Naul et al. 2015; Süßenbach und Geis 2013b, 2014; Thieme 2013). Dennoch wurde in NRW festgestellt, dass die Förderung von sportfachlichen Kompetenzen und Techniken auf inhaltlicher Ebene wenig berücksichtigt wird, auch wenn diese von den Sportlehrkräften gefordert wird (Haenisch 2011).

Die Interessen der Kinder finden (u. a. nach Aussagen von Schulleitungen und Lehrkräften) in der inhaltlichen Ausgestaltung von außerunterrichtlichen BeSS-Angeboten eine starke Berücksichtigung (Haenisch 2011; Laging und Dirks 2014b; Naul et al. 2015; Stadler 2015). Weiterhin werden BeSS im Rahmen von bewegten Pausen in den Ganztag integriert (Laging und Stobbe 2011a; Stadler 2015; Stadler und Fringer 2015), beispielsweise durch die Ausgabe von Spielmaterial oder die Öffnung von Ballspielplätzen (Laging und Stobbe 2011a). Seltener werden BeSS-Angebote im Zuge von punktuellen Veranstaltungen oder bewegtem Lernen im Unterricht durchgeführt (Böcker 2014; Hildebrandt-Stramann 2014; Pollmeier und Fringer 2015; Stadler 2015; Stadler und Fringer 2015).

Kooperationen

Die Subkategorie basiert auf Ergebnissen aus 23 Publikationen. Durch die Einbindung externer Partner in den Ganztag ist der Ganztagsausbau nicht nur Sache der Schule, sondern auch des Umfeldes (Züchner und Rauschenbach 2011), sodass Kooperationen oftmals als Chance für die Schulentwicklung angesehen werden (Laging und Dirks 2014b). Die Kontaktaufnahme zur Einrichtung von BeSS-Kooperationen verläuft meist informell und wird laut den BeSS-Eva NRW-Daten häufig durch die Schule initiiert (Laging und Dirks 2014b, Naul und Wick 2015). Strukturelle Kooperationen mit der Einbindung der Kooperationspartner in die Strukturen der Schulen sowie Austauschmöglichkeiten über die Ausgestaltung und Reflexion von BeSS-Angeboten sowie ein einheitliches Bildungskonzept sind eher selten und bieten Verbesserungspotenzial (Braun und Albert 2020; Thieme 2013; Wagner 2012; Züchner 2014; Züchner und Rauschenbach 2011).

Der häufigste Kooperationspartner von Ganztagsschulen ist der organisierte Sport (Fischer et al. 2013; Forschungsgruppe SpOGATA 2012; Gumz 2020; Laging und Stobbe 2011b; Naul et al. 2015), insbesondere der Sportverein (Breuer und Wicker 2008, 2010; Gumz 2020; Pollmeier und Fringer 2015; Süßenbach und Geis 46,47,a, b; Thieme 2013; Wagner 2012; Züchner und Arnoldt 2011; Züchner und Rauschenbach 2011). Kooperierende Sportvereine und -verbände nehmen mehrheitlich positive Auswirkungen aufgrund der Kooperationen wahr (Vogel 2010; Züchner und Rauschenbach 2011). Die StEG-Daten unterstreichen dieses, da Sportvereine keinen Rückgang der Mitgliederzahlen aufgrund von Kooperationen mit Ganztagsschulen verzeichnen (Züchner 2014; Züchner und Arnoldt 2013). Demgegenüber geht aus einer Fragebogenerhebung mit Grundschulkindern in Baden-Württemberg hervor, dass die am Ganztag teilnehmenden Kinder weniger häufig in Sportvereinen vertreten sind und weniger Zeit im Sportverein verbringen als Halbtagsschüler*innen (Spengler et al. 2019). Überdies bestehen Diskrepanzen zwischen der Schul- und Vereinsperspektive hinsichtlich der Erwartungen und Einschätzungen des Vereinsengagements im Ganztagsbereich (Süßenbach und Geis 2013b). Die fehlende Anbindung der Inhalte von außerschulischen Angeboten zum Unterricht sowie geringe Mitbestimmungsmöglichkeiten seitens der Sportvereine werden basierend auf Ergebnissen aus der StEG bemängelt (Züchner 2014; Züchner und Rauschenbach 2011). Aus Sicht der Sportvereine zählen zu Erfolgsfaktoren einer guten Kooperation indes die Verfügbarkeit qualifizierten Personals, das beidseitige Interesse und Motivation, eine gute Abstimmung, vernünftige Absprachen, ein passendes Konzept, eine geeignete Infrastruktur, finanzielle Unterstützung und Ortsnähe (Breuer und Feiler 2012).

Teilhabe von Schüler*innen

Auf Grundlage der Ergebnisse aus 13 Veröffentlichungen bildet sich diese Subkategorie mit den Schwerpunkten Bewegungszeiten, Teilhabe von Jungen und Mädchen und herkunftsspezifische Unterschiede.

Überregional zeigt sich, dass der Großteil (über 50 %) der Schüler*innen im Ganztag durch BeSS-Angebote erreicht wird (Forschungsgruppe SpOGATA 2012; Heim et al. 2013; Züchner 2014; Züchner und Arnoldt 2013) heben auf Basis der StuBSS aber auch hervor, dass in der Praxis zumeist sportaffine Kinder durch die BeSS-Angebote erreicht werden. Aus Perspektive der Schüler*innen der StuBSS zählen die Angebotsvielfalt, die zeitliche Vereinbarkeit mit der Freizeitgestaltung und die Teilnahme beziehungsweise das Kennenlernen von Peers zu den Beweggründen für die Teilnahme an freiwilligen BeSS-Angeboten (Senff 2014). Aus einer quantitativen Studie von Kuritz et al. (2020), in der die Bewegungszeiten von Grundschulkindern untersucht wurden, wird ersichtlich, dass Kinder, die am Ganztag teilnehmen, im Nachmittagsbereich 20 min weniger Zeit in sitzenden Tätigkeiten verbringen als Kinder, die Halbtagsschulen besuchen. Es wurden keine signifikanten Unterschiede in der Bewegungszeit mit moderater bis hoher Intensität festgestellt (Kuritz et al. 2020). Züchner und Arnoldt (2011) resümieren auf Basis der SteG-Daten von weiterführenden Schulen, dass die Befürchtungen zu Bewegungsmangel von Ganztagskindern entkräftet werden können, weil sie durch die Teilnahme an BeSS-Angeboten mehr organisierten Sportaktivitäten nachgehen (Züchner und Arnoldt 2011). Die meisten BeSS-Angebote im Ganztag werden laut Süßenbach und Geiß (46,47,a, b) in koedukativen Gruppen durchgeführt. Geschlechtskonnotierte Sportarten wie Tanzen und Fußball werden hingegen nicht selten in geschlechtshomogenen Gruppen angeboten (Süßenbach und Geis 46,47,a, b), wie es sich aus Sicht der Schüler*innen auch gewünscht wird (Süßenbach 2015). Auffällig ist, dass für Mädchen in der Pubertät die wenigsten spezifischen Angebote stattfinden (Süßenbach und Geis 2013b).

Während Kinder geschlechtsunabhängig im Rahmen der BeSS-Angebote Neues lernen und ihre sportlichen Fähigkeiten ausbauen möchten, sind die Intentionen von Jungen und Mädchen zur Teilnahme geschlechtsspezifisch (Forschungsgruppe SpOGATA 2012). So ist es für Jungen relevant, eine AG nach ihrem Hobby auszuwählen, ihren Bewegungsdrang auszuleben, die AG als Ventilfunktion zu nutzen (Senff 2014), wie die Profis zu trainieren und risikoreiche Inhalte zu erleben (Forschungsgruppe SpOGATA 2012). Demgegenüber schätzen Mädchen das gemeinsame Spiel, die Notenfreiheit, die Präsentation ihrer Arbeit und sie präferieren den Spaß an der Bewegung (Forschungsgruppe SpOGATA 2012; Senff 2014).

Bundesweit konnte festgestellt werden, dass Schüler*innen mit nicht-deutscher Herkunftssprache, sonderpädagogischem Förderbedarf und Fluchthintergrund an vielen Ganztagsschulen mit Anteilen von über 5 % der Schülerschaft vertreten sind (DIPF et al. 2019). Bezogen auf BeSS-Angebote im Ganztag weisen in NRW 40 % der teilnehmenden Kinder einen Migrationshintergrund auf und 42 % sind Mädchen (Forschungsgruppe SpOGATA 2012; Naul et al. 2015). Züchner und Arnoldt (2011) kommen in der längsschnittlichen StEG-Untersuchung zu dem Fazit, dass Kinder unterschiedlicher Herkunft in Ganztagsangeboten gleichmäßig vertreten sind. BeSS im Ganztag bieten für Kinder und Jugendliche, die nicht von Sportvereinen erreicht werden, ein großes Potenzial (Züchner und Arnoldt 2013). Insbesondere können Mädchen mit Migrationshintergrund von BeSS profitieren, da sie in Sportvereinen stark unterrepräsentiert sind (Züchner und Arnoldt 2013). Viele Sportvereine haben sich zum Ziel gesetzt, unter anderem Kinder mit Migrationshintergrund im Rahmen des Ganztags zu erreichen (Naul und Wick 2015).

Mitbestimmungsmöglichkeiten und Freiräume

Diese Subkategorie bündelt Ergebnisse zur Nutzung der Freiräume auf dem Schulgelände sowie zur Partizipation der Schüler*innen und setzt sich aus 13 Publikationen zusammen. Der Schulhof sollte auf Basis der StuBSS nicht nur als Ort der Frischluftzufuhr, sondern als bewegungsorientierter Sozialraum gesehen werden, in dem gelernt und gelebt wird (Derecik 2014). Nach Derecik (2013) können Schulhöfe in drei Nutzungsbereiche eingeteilt werden: (Trend‑)Sporträume, enge und weite Schulhofflächen sowie normierte und nicht normierte Spielplätze. Diese Nutzungsbereiche werden von Schüler*innen in unterschiedlicher Art und Weise in Anspruch genommen (Derecik 2013, Hietzge 2010). Darüber hinaus kommt Derecik (2018) nach einer qualitativen Studie mit Grundschulkindern zu dem Ergebnis, dass entwicklungsgerechte Schulfreiräume für die Pausen- und Betreuungszeiten sinnvoll sind. Auf Basis der StuBSS-Daten konnte herausgearbeitet werden, dass verschiedene Bereiche im Schulgebäude (zum Beispiel Flure, Tobe‑, Bewegungs- und Ruheräume), im Rahmen der alters- und teilweise geschlechtsabhängigen Tätigkeiten als Freiräume genutzt werden (Derecik 2012).

Grundsätzlich bieten BeSS-Angebote Potenzial für partizipative Prozesse, speziell im extracurricularen Bereich (Haenisch 2011). Partizipation entsteht jedoch nicht automatisch, nur weil Schüler*innen mehr Zeit in der Ganztagsschule verbringen, sondern sie muss insbesondere von den Erwachsenen gewollt und umgesetzt werden (Derecik et al. 2013). Für die Rahmenbedingungen, die einen Einfluss auf partizipationsrelevante Interaktionen zwischen Übungsleitenden und Schüler*innen haben, konnten, basierend auf den Ergebnissen von BeSS-Eva NRW, drei zentrale Voraussetzungen festgestellt werden: (1) strukturelle Voraussetzungen der Schulen, (2) personale Voraussetzungen der Kinder sowie (3) personale Voraussetzungen der Übungsleitenden (Derecik et al. 2013). Schüler*innen nehmen auf niederschwelliger Ebene partizipative Maßnahmen wahr, zum Beispiel bei der Auswahl der Spiele oder der Spielregeln (Forschungsgruppe SpOGATA 2012). Bei der Gestaltung der außerunterrichtlichen BeSS-Angebote wird versucht, die Spielideen und Interessen der Kinder zu berücksichtigen (Haenisch 2011; Laging und Dirks 2014b; Naul et al. 2015; Stadler 2015). Dennoch scheinen sich viele Übungsleitende dieser Partizipationsmöglichkeiten kaum bewusst zu sein, da von ihrer Seite aus oftmals keine ausreichenden Mitbestimmungs- und Entscheidungsspielräume eingeräumt werden (Derecik und Neuber 2014). Dies führt dazu, dass Partizipation zwar häufig als Ziel von Übungsleitenden genannt, aber letztlich nur unzureichend umgesetzt wird (Forschungsgruppe SpOGATA 2012). Zur Partizipationsförderung sind nach BeSS-Eva NRW Gesprächskreise, der Auf‑/Abbau, Übungen und Stationen, Spiele, Pausen und ein offener Anfang geeignet (Derecik et al. 2013; Forschungsgruppe SpOGATA 2012).

Wirkung(sannahmen)

Diese Subkategorie basiert auf den Ergebnissen aus zwölf Publikationen und bündelt Ergebnisse zu (angenommenen) Wirkungen von BeSS auf die Schüler*innen.

In drei Interventionsstudien konnte gezeigt werden, dass ein Teil der Schüler*innen von spezifischen BeSS-Angeboten profitiert haben (zum Beispiel durch eine Steigerung der motorischen Leistungsfähigkeit, einer verbesserten Sicht auf die psychischen Ressourcen oder einer Verbesserung der emotionalen Kompetenzen; (Kurth 2011; Seyda et al. 2021; Steinberg et al. 2018)). Darüber hinaus zeigen querschnittliche qualitative Studien retrospektiv, dass Schüler*innen BeSS-Angebote als Ausgleich zum Sitzen im üblichen Unterricht wahrnehmen (Böcker 2014; Gumz 2020). Verschiedene weitere Akteur*innen (Eltern, Lehrkräfte, Schüler*innen) geben an, dass sie einen positiven Einfluss von BeSS auf die Konzentrationsleistung und auch auf den Lernerfolg annehmen (Hildebrandt-Stramann 2014; Leschinski 2014; Marschner 2014; Pollmeier und Fringer 2015). Des Weiteren sehen sie Potenziale zum Stressabbau, zum Ausgleich von Bewegungsarmut und motorischen Defiziten sowie zur Gesundheitsförderung (Laging und Stobbe 2011a; Leschinski 2014; Marschner 2014; Riegel 2014; Teubner 2014). Auf Basis von Schüler*inneninterviews leitet Leschinski (2014) sechs Bedeutungsdimensionen von Bewegung im Ganztag ab: Bewegung bringt Spaß und Freude, löst Anspannungen und dient der Erholung, beugt physischen Überlastungssymptomen vor, steigert die Konzentrationsfähigkeit, steigert den Lernerfolg und hilft, Stress und Aggressionen abzubauen.

Zusammenfassung und Ausblick

Das vorliegende Scoping Review gibt einen Überblick über den aktuellen Forschungsstand zu BeSS im schulischen Ganztag in Deutschland. Hervorzuheben ist, dass es einen Überblick über die Forschung von nahezu 20 Jahren gibt und erstmalig auch systematisch englischsprachige Publikationen inkludiert wurden. Der Einschluss lediglich einer englischsprachigen Publikation zeigt, dass in diesem Forschungsfeld bisher aber nur wenig international publiziert wird. Wie jede systematische Recherche unterliegt auch diese einigen Einschränkungen und erhebt damit nicht den Anspruch, das gesamte Forschungsfeld zu erfassen, gibt aber einen breiten und systematischen Überblick zu der Forschungsfrage.

Die Ergebnisse der Recherche zeigen ein Forschungsfeld, das durch verschiedene inhaltliche Schwerpunkte und Studiendesigns gekennzeichnet ist. Überwiegend wurden regionale Querschnittsstudien mit spezifischem Fokus durchgeführt. Nur ein kleiner Teil der inkludierten Publikationen basiert auf deutschlandweit erhobenen Daten (n = 10). Der Großteil beruht auf bundesland- oder stadtspezifischen Erhebungen (n = 42), von denen viele aus NRW stammen (n = 13). In den zugrunde liegenden Studien wurden nahezu alle am Ganztag beteiligten Akteur*innen untersucht (Schulen, Schul‑/Ganztagsleitung, Lehrkräfte, Schüler*innen, Eltern, Vereine, BeSS-Anbieter, sonstige). Auffällig ist, dass die systematische Recherche vor allem für die die Jahre 2020 bis 2023 nur wenige Publikationen (n = 3) ergeben hat. Wie auch Kuritz et al. (2016) bereits herausstellten, ist es für das Forschungsfeld zudem nach wie vor kennzeichnend, dass in den Publikationen zum Teil unterschiedliche und definitorisch unklare Begrifflichkeiten in Bezug auf den schulischen Ganztag und BeSS verwendet werden. Zudem erschweren die Unterschiede in der Konzeption und Organisation des Ganztags zwischen und innerhalb der Bundesländer die Analyse der Ergebnisse.

Auf inhaltlicher Ebene konnten zwei Hauptkategorien identifiziert werden. Das erste Themenfeld betrifft die Rahmenbedingungen für BeSS im Ganztag. Die Erkenntnisse zu den Ressourcen sind zumeist um die zehn Jahre alt, was die Aussagekraft über die heutige Situation erheblich einschränkt. Darüber hinaus ist das Qualifikationsniveau des weiteren pädagogisch tätigen Personals in Bezug auf BeSS unklar. Die Konzepte für BeSS im Ganztag weisen häufig Entwicklungsbedarf hinsichtlich der Verbindung von Unterricht und außerunterrichtlichen Angeboten auf. Das zweite Themenfeld beschreibt die Charakteristika von BeSS im schulischen Ganztag. Die Ergebnisse lassen offen, welche Kinder teilnehmen und welche Qualität BeSS aufweisen. Die Einbindung von Kooperationspartnern in die Strukturen der Schulen, der Austausch über die Ausgestaltung von BeSS sowie ein einheitliches Bildungskonzept sind eher selten und bieten Verbesserungspotenzial.

Diese systematische Aufarbeitung des Forschungsstands deckt sich in vielen Bereichen mit den Befunden älterer Übersichtarbeiten. Vor allem die Befunde in den Bereichen der Organisation, Häufigkeit und Inhalte sowie Kooperationen stimmen überein. Insbesondere in den Bereichen Teilhabe, Mitbestimmung und Qualifikationen konnten jedoch differenziertere Ergebnisse vorgelegt werden.

Insgesamt deckt das Scoping Review zum Forschungsstand zu BeSS im schulischen Ganztag zwei zentrale Desiderate auf. Zum einen liegen kaum aktuelle Daten vor, auf deren Basis die heutige Situation von BeSS im Ganztag verlässlich beschrieben werden kann. Zum anderen wird die Untersuchung von Qualitäts- und Wirkungsfaktoren von BeSS im Ganztag bisher nahezu ausgeblendet. Diesbezüglich sind differenzierte Analysen notwendig, da die Angebotsqualität entscheidend ist, damit sich das Potenzial von BeSS im Ganztag in der individuellen Entwicklung von Kindern entfalten kann. Außerdem sollten neben den festen und zumeist sportartspezifischen Angeboten auch die informellen Bewegungsarrangements sowie die Bedarfe und Interessen der Kinder stärker in den Blick genommen werden. Wenig Aufmerksamkeit haben zudem bisher die Qualifikationen der für BeSS zuständigen Akteur*innen im Ganztag erhalten. Diesbezüglich erscheint es erforderlich, die Multiprofessionalität in Bezug auf BeSS im Ganztag differenziert zu betrachten.

Abschließend ist festzustellen, dass neben querschnittlichen Studiendesigns für eine differenzierte Beschreibung der aktuellen Situation insbesondere auch Interventions- und Längsschnittstudien benötigt werden, um Wirkungszusammenhänge in diesem Forschungsfeld erschließen zu können. Überdies erscheint es aufgrund der starken Anwendungsorientierung in dem Forschungsfeld sinnvoll, Interventionsansätze im engen Dialog mit den relevanten Praxisakteur*innen zu entwickeln und umzusetzen.