Einleitung

Mit dem Einzug von Digitalisierung und Mediatisierung und damit einhergehenden Transformationsprozessen rückt der Körper immer mehr in den Mittelpunkt des politischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Interesses. Diese Körperaufwertung (Bette 2005) wird beispielsweise sichtbar in einer aktuell stetig wachsenden Fitness- und Gesundheitsbewegung. Obschon sich die (Sport)Pädagogik seit jeher mit der Frage auseinandersetzt, welche Bedeutsamkeit dem Körper in der Erziehung und Bildung des Menschen zukommt (Grupe 1984; Meinberg 1984), rückt der Topos Körper aktuell einmal mehr in den Mittelpunkt des Erkenntnisinteresses. Mit dem Einzug von Digitalisierung und Mediatisierung haben neue Praktiken und Phänomene wie Self-Tracking, Cyborg, E‑Sport oder digital-ästhetische Körperbild-Praktiken auf sozialen Medien Eingang in die Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen gefunden. Insbesondere letztere gehören für viele Kinder und Jugendliche zum Alltag. Es wird davon ausgegangen, dass mit diesen Praktiken ein Wandel im Körperverständnis einhergeht (Ruin 2015). Dieser Wandel kann sich zum Beispiel in anderen Bewegungs‑, Umgangs- und Wahrnehmungsweisen des Körpers niederschlagen, was sich wiederum auf das Selbst- und Weltverhältnis auswirken kann (Pürgstaller 2023). Diese Entwicklung betrifft sodann auch bewegungsbezogene Vermittlungspraktiken wie den Kinder- und Jugendsport, in deren Mittelpunkt der Körper steht. Derzeit beschäftigt sich eine wachsende Anzahl an sportpädagogischen Studien mit dem Körper von Erwachsenen im Kontext der Digitalisierung und Mediatisierung (Abb. 1). Dabei werden unter anderem Phänomene wie Self-Tracking, Healthismus oder Körperbild-Praktiken im Themenfeld von Sport, Tanz und Bewegung in den Blick genommen. Seltener werden in Studien zu Körperbild-Praktiken bisher Kinder und Jugendliche in den Blick genommen, die nicht sportlich aktiv sind oder keine explizit sportaffinen Bilder produzieren oder konsumieren. Auf den ersten Blick scheint diese Zielgruppe wenig relevant für sport- und bewegungsbezogene Forschung zu sein. Diese Heranwachsenden, die sich aber täglich mit ihren Körpern mittels des Produzierens von Körperbildern auseinandersetzen und dabei mit verschiedenen Körperverständnissen konfrontiert werden beziehungsweise diese (ko)konstituieren, nehmen vielfach an informellen und formalen Bewegungsangeboten wie dem Schulsport teil. Somit wirkt sich diese Praktik auch auf den Kinder- und Jugendsport aus. In diesem Beitrag wird folglich der Frage nachgegangen, welche Körperverständnisse in (re)präsentierenden Körperbildpraktiken, die losgelöst sind vom Themenfeld Sport, Tanz und Bewegung, propagiert werden, und inwiefern diese Entwicklung für bewegungsbezogene Vermittlungskontexte relevant ist.

Abb. 1
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Derzeit beschäftigt sich eine wachsende Anzahl an sportpädagogischen Studien mit dem Körper im Kontext der Digitalisierung und Mediatisierung. Foto: LSB NRW/Andrea Bowinkelmann

Um diese Frage zu beantworten, gilt es zunächst Körperverständnisse theoretisch zu konturieren und die Bedeutung des Körpers in der Phase der Adoleszenz herauszustellen. Auch wenn der Topos Körper seit jeher im Zentrum des pädagogischen Erkenntnisinteresses steht, gibt es diesbezüglich erst wenige (sport)pädagogisch-spezifische Theorien. Daher erfolgt in diesem Abschnitt ein Rückgriff auf soziologische Körpertheorien und entwicklungstheoretische Ansätze. Anschließend wird ein Einblick in die Relevanz der Mediatisierung für Heranwachsende sowie in sportpädagogische Sichtweisen auf diese Entwicklung gegeben. In einem nächsten Schritt wird eine Körperpraktik beschrieben, die aktuell im Fokus von Heranwachsenden steht und ihr Körperverständnis prägt: die (re)präsentierende Körperbild-Praktik auf sozialen Medien. Am Beispiel dieser Praktik soll herausgestellt werden, wie und welche Körperverständnisse in digital-ästhetischen Praktiken verhandelt werden. Daran knüpft ein Einblick in bisherige Forschung an, die sich aktuell dem Thema Körper(verständnisse) im Kontext der Mediatisierung aus verschiedenen Perspektiven annähert. Anschließend wird auf die Relevanz des Themas für bewegungsbezogene Vermittlungspraktiken eingegangen. Der Beitrag schließt mit perspektivischen Anregungen für die Wissenschaft.

Körperverständnisse und die Rolle des Körpers in der Adoleszenz

Zum Körperverständnis lassen sich seit jeher verschiedene (philosophische, anthropologische, phänomenologische u. a.) Theorien und Strömungen finden (vgl. u. a. Grupe und Krüger 1997; Merleau-Ponty 1976; Plessner 2003; Pürgstaller 2023). Hier erfolgt ein Rückgriff auf (körper‑)soziologische Theorien, da sich diese insbesondere mit dem Verhältnis zwischen (Um‑)Welt beziehungsweise Gesellschaft und Körper beschäftigen. So wird in der (Körper‑)Soziologie zum einen der Frage nachgegangen, wie der individuelle Körper gesellschaftlich und kulturell von seiner Umwelt geprägt wird. Dabei werden Mechanismen (gesellschaftliche Vorstellungen, Praktiken, Empfindungen etc.) in den Blick genommen, die auf den Körper einwirken. Unter dieser „gesellschaftlich-objektivistischen“ Perspektivierung (Steuerwald 2010, S. 5) wird der Körper als Produkt von Gesellschaft dimensioniert (Gugutzer 2006). Der Körper gerät als Objekt in den Blick, das diszipliniert und instrumentalisiert werden kann (Thiel et al. 2020). Zum anderen widmet sich die (Körper‑)Soziologie der Frage, wie der Körper an der Herstellung von Sozialität beteiligt ist. Unter dieser „individuell-subjektivistischen“ Perspektivierung (Steuerwald 2010, S. 5) wird der Körper als Produzent von Gesellschaft begriffen. Er tritt als „agens“ (Meuser 2004, S. 209) in Erscheinung, als aktiver Gestalter seiner sozialen Wirklichkeit (vgl. Gebauer und Wulf 1998). Bei dieser dichotomen Differenzierung handelt es sich allerdings lediglich um eine analytische Trennung. Gugutzer (2006) verweist darauf, dass der Körper immer Produkt und Produzent von Gesellschaft zugleich ist, da er sozial konstituiert ist und Soziales mitkonstituiert.

In der Adoleszenz kommen dem Körper und dem Körperverständnis eine besondere Bedeutung zu. Die Adoleszenz wird gemeinhin als Lebensphase ausgewiesen, in der sich Heranwachsende körperlich, sozial und kognitiv (weiter-)entwickeln, reifen und ihre Identität entwerfen (Sander und Witte 2011). Auch wenn Jugendliche keine homogene Sozialgruppe darstellen (Scherr 2009), durchlaufen sie gemäß entwicklungstheoretischen Ansätzen ähnliche Entwicklungsaufgaben. Als zentral gelten nach Fend (2003) der Umgang mit sozialen Beziehungen, Schule, Berufswahl, Bildung, Identitätsbildung sowie der Umgang mit Sexualität. „Den Körper bewohnen lernen“ (Fend 2003), also die Auseinandersetzung mit der eigenen Körperlichkeit (Neuber und Scheid 2021), wird als weitere wesentliche Entwicklungsaufgabe markiert. Diese ergibt sich zum einen daraus, dass Heranwachsende aufgrund der massiven, vielfältigen körperlichen Veränderungen, die sie erleben, gezwungen sind, sich mit ihren individuellen Körpern fortwährend zu beschäftigen. Zum anderen werden Jugendliche in dieser Lebensphase ständig gefordert, sich sozial zu positionieren und platzieren. Der Körper wird zum Werkzeug und Instrument sowie zur ästhetischen Gestaltungsfläche für (Selbst‑)Inszenierungs- und Gestaltungspraxen. Er gilt in dieser Lebensphase verstärkt als Medium, über das Zugehörigkeit und Abgrenzung hergestellt und verhandelt werden. Die Adoleszenz gilt demnach als körperliche Lebensphase (Burghard 2020).

Körper von Heranwachsenden sind zwar individuell zu betrachten. Zugleich sind sie aber auch als Träger gesellschaftlicher und kultureller Einschreibungen zu perspektivieren. Wie Heranwachsende ihre Körper wahrnehmen, mit ihnen umgehen und welche „Normalitätskonzepte“ von Körper sie haben, wird unter anderem durch gesellschaftliche Diskurse, die sie umgeben, beeinflusst (Thiel et al. 2020). Diese finden häufig im Rahmen von Familie, Gleichaltrigengruppen oder in der Freizeit statt (Abraham 2017). Auch in Schulen werden gesellschaftliche Diskurse (re)produziert und diese den Schüler*innen direkt und indirekt vermittelt. Dabei werden gesellschaftlich vermittelte Körpernormen nicht als Zwang oder Pflicht begriffen, sondern vielmehr als selbstverantwortete Entscheidung wahrgenommen, da sie inkorporiert und habitualisiert sind (Burghard 2020). In der Vermittlung von Körperverständnissen und -normen im Kontext der Schule kommt dem Schulsport eine besondere Bedeutung zu. Der Körper bildet hier den Mittelpunkt: Er ist nicht nur Medium, sondern auch Adressat pädagogischer Bemühungen (Ruin et al. 2016). Laut Ruin (2017a) besteht ein enger Zusammenhang zwischen dem Körperverständnis von Schüler*innen und dem von Sportlehrkräften. Das biografisch geprägte Körperverständnis von Sportlehrkräften beeinflusst unter anderem die Art und Weise, wie sie ihren Unterricht gestalten und wie sie Körper pädagogisch adressieren. Dies kommt in ihrer Wahl der Unterrichtsmethoden, Ziele, Inhalte und Medien zum Tragen. Sportlehrkräfte setzen im Sportunterricht beispielsweise Medientechnologien wie Self-Tracking-Apps oder Bewegungsanalysetools ein. Diese Medientechnologien transportieren „bestimmte Auffassungen über sportspezifische Grundkonstanten wie z. B. Körper- und Menschenbilder, Bewegungs‑, Leistungs- bzw. Gesundheitsvorstellungen“ (Meier und Ruin 2021, S. 9). So können diese, wenn sie lediglich als Werkzeug eingesetzt werden, vielfach eine stark normierte, gesellschaftlich-objektivistische Perspektive auf den Körper vermitteln. Schließlich hängt es von der Lehrkraft ab, inwiefern eine kritische Auseinandersetzung mit den Funktionen, Einsatzmöglichkeiten und (Wirk‑)Mechanismen dieser Technologien erfolgt (Meier und Ruin 2021; Poweleit 2021) und es in Folge zu (k)einer „Reduktion des Faches auf sportmotorisches Können“ (Klinge und Przybylka 2021, S. 55) oder Akzentuierung eines spezifischen Körperverständnisses kommt.

Die Rolle der Mediatisierung in der Adoleszenz und im bewegungsbezogenen Kontext

Ein weiterer Kontext, in dem Heranwachsende mit verschiedenen Körperverständnissen konfrontiert werden und diese (re)produzieren, sind soziale Medien. Die Lebenswelten von Kindern und Jugendlichen sind gegenwärtig in hohem Maße digitalisiert und mediatisiert (Thiel und Gropper 2017). Nach Stalder (2017) kann unter Digitalität die materielle Verfasstheit des Digitalen verstanden werden beziehungsweise die Verschränkung digitaler Infrastrukturen mit kulturellen Praktiken. Demgegenüber wird mit Mediatisierung aus sozialkonstruktivistischer Perspektive der „Wandel von Alltag, Kultur und Gesellschaft im Kontext des Wandels der Medien“ begriffen (Krotz 2017, S. 24). Obschon es historisch betrachtet bereits früher Mediatisierungsschübe gab, hat sich der Mediatisierungsprozess in den vergangenen Jahren intensiviert. Dieser Wandel wird als tiefgreifende Mediatisierung bezeichnet (Wolf et al. 2021). Standardisierte, regelhaft durchgeführte Studien, wie zum Beispiel die KIM- oder JIM-Studie, verzeichnen zunehmende Nutzungsmuster bei Kindern und Jugendlichen an digitalen Endgeräten sowie in Bezug auf soziale Medien wie TikTok, Instagram, YouTube und ähnliche. Laut Ergebnissen der JIM-Studie (MPFS 2021) besitzen zwischen 94 bis 96 % der 12- bis 19-Jährigen ein Smartphone (Abb. 2). Damit verbringen Jugendliche durchschnittlich 241 Minuten, also vier Stunden täglich.

Abb. 2
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Laut einer Studie besitzen 94 bis 96 % der 12- bis 19-Jährigen ein Smartphone. Foto: LSB NRW/Andrea Bowinkelmann

Soziale Medien-Plattformen, aber auch spezifische Apps sind mittlerweile nicht mehr nur im Alltag von Kindern und Jugendlichen, sondern auch im Kontext von Bewegung, Tanz, Spiel und Sport angekommen. Bereits Kinder ab 12 Jahren nutzen beispielsweise Self-Tracking-Apps im Freizeitsport (Brüggen und Schober 2020). Die Tracking-Ergebnisse werden von den sportlichen Akteur*innen sodann auf sozialen Medien-Plattformen geteilt. Kinder und Jugendliche nutzen soziale Medien-Plattformen im Bewegungskontext ebenso zur Ideengenerierung und Inspiration (Kaptan et al. 2022). So werden auf sozialen Medien-Plattformen wie TikTok, YouTube oder Instagram stetig neue Sport- und Tanz-Challenges (z. B. #plankchallenge, #hiteverybeat) von den Nutzer*innen generiert und rezipiert. Zudem werden Apps und digitale Tools mit Sport- und Tanzbezug nicht nur im informellen Kontext, sondern auch im Rahmen traditioneller Bildungsinstitutionen eingesetzt, mit dem Ziel, das Lehren und Lernen von Schüler*innen zu fördern. So nutzen sowohl Lehrkräfte als auch Schüler*innen beispielsweise videogestützte Apps zum Erlernen, Analysieren und Optimieren einer Bewegungs- oder Tanztechnik (Fischer und Paul 2020; Steinberg et al. 2020). Im Zuge dieser hier nur beispielhaft angeführten Entwicklungen von Mediatisierung im bewegungsbezogenen Kontext haben sich in der Sportwissenschaft in den vergangenen Jahren diesbezüglich zwei grundlegende Sichtweisen entwickelt: Nach der kulturoptimistischen Sichtweise werden digitale Medien als Teil der juvenilen Kultur akzeptiert und als Möglichkeit zur Verbesserung spezifischer bewegungstechnischer Kompetenzen, der Unterrichtsorganisation, der professionellen Unterrichtswahrnehmung oder des selbstständigen Lernens begriffen (Fischer und Leineweber 2020). Insbesondere in Bezug auf Self-Tracking-Apps wird davon ausgegangen, dass es durch den Einsatz digitaler Medien zu einer Aufmerksamkeitssteigerung gegenüber dem eigenen Körper kommen und somit ein Prozess der Selbstqualifizierung in Gang gesetzt werden kann (Duttweiler und Passoth 2016; Pritz 2016). Demgegenüber verweist die kulturpessimistische Sichtweise eher auf Probleme, Grenzen und Gefahren von digitalen Medien im Bildungskontext von Tanz, Bewegung und Sport. Laut Hebbel-Seeger et al. (2013) und Kretschmann (2016) werden zum Beispiel der Verlust an Bewegungszeit, die Verdrängung von Leiblichkeit beziehungsweise Entkörperlichung, (Selbst)Verdinglichung oder die Gefahr der Entsportung angemahnt. Es wird moniert, dass im Zuge des digitalen Wandels besondere Potenziale des Sportunterrichts, wie die Persönlichkeitsentwicklung, verdrängt werden, während der funktional, mechanisch-ausgerichtete Sportunterricht sowie das Verständnis des Körpers als disziplinier- und manipulierbares Objekt noch stärker in den Vordergrund rücken.

Auch wenn die beiden Sichtweisen divergieren, haben sie einen Aspekt gemein: Sie beziehen sich zumeist auf den Einsatz digitaler Medien, wie Self-Tracking-Apps, Video-Apps und ähnliche in bewegungsbezogenen Unterrichtssettings. Demgegenüber werden im bewegungsbezogenen Kontext digital-ästhetische Praktiken auf sozialen Medien-Plattformen seltener in Diskussionen berücksichtigt, die von Kindern und Jugendlichen im Zuge der Mediatisierung alltäglich mit ihren Körpern vollzogen werden.

(Re)Präsentierende Körperbild-Praktik

Viele Heranwachsende gehen täglich digital-ästhetischen Praktiken nach. Eine Praktik stellt in praxistheoretischer Perspektivierung eine Form des Sich-Verhaltens dar, beispielsweise in Bezug auf den Umgang mit dem eigenen Körper, und bündelt typisierte, routinierte, reproduzierbare Praktiken des Reagierens, Organisierens und Verhandelns (Reckwitz 2003). In digital-ästhetischen Praktiken erfolgt dies mittels einer App. Dabei produzieren Heranwachsende Bilder. Studien zeigen, dass auf selbst erstellten Bildern von Kindern und Jugendlichen neben Motiven wie Aktivitäten, Landschaften, Essen, Produkte, Mode oder Tiere zumeist (eigene) Körper zu sehen sind (Hu et al. 2014). Nach Schreiber und Götzenbrucker (2018) kann grob zwischen drei Typen von Körperbildern unterschieden werden, wobei auch Überlappungen möglich sind. „Konnektive Körperbilder“ sind Körperbilder, die eher intime, aber auch alltägliche Momente zeigen. Sie werden selten auf sozialen Medien, sondern eher in reziproken Messaging Apps wie Whatsapp oder Signal als Teil der Konversation geteilt. Demgegenüber werden „forensisch-explorative“ Körperbilder gemeinhin nicht geteilt. Diese Art von Bildern dienen vorwiegend der (medizinischen) Selbstuntersuchung des Körpers. Dabei wird zum Beispiel eine körperliche Verletzung über einen Zeitraum dokumentiert. Schließlich sind „(re)präsentierende“ Körperbilder Bilder, die konkrete Körper, Körperansichten oder Gesichter zeigen. Diese werden mit dem Ziel produziert, auf sozialen Medien-Plattformen wie Instagram geteilt zu werden. Daher orientieren sich Bildinhalt und -gestaltung an der ästhetischen Anschlussfähigkeit der Nutzer*innen dieser Plattformen. Im Rahmen dieser Körperbild-Praktik wird das Körperbild zum Medium der Inszenierung und der (Re)Präsentation. Der Körper wird zum Event (Pürgstaller 2023). Laut einer Studie nutzen 63 % der weiblichen und 54 % der männlichen 12–19-Jährigen diese schnell wachsende visuelle, soziale Medien-Plattform, auf der sie ästhetische, (re)präsentierende Bilder oder Videos (Stories) des eigenen Körpers teilen und kommentieren (MPFS 2021).

Die (re)präsentierende Körperbild-Praktik erfolgt in zwei Schritten, die in einem zirkulären Verhältnis stehen. In einem ersten Schritt beobachten und konsumieren Heranwachsende Bilder anderer Nutzer*innen, produzieren beziehungsweise reproduzieren spezifische Gesten, experimentieren mit einzelnen Körperteilen und Körperformen, komponieren (anti-)ästhetische Körperinszenierungen und interpretieren Posing. Sie erforschen, entwickeln, (re)produzieren und eignen sich inkorporiertes, implizites Wissen an. In einem zweiten Schritt werden die produzierten Bilder in der App beziehungsweise auf der Plattform entweder gelöscht oder sie werden sorgsam modifiziert, distribuiert, geliked und kommentiert, je nach technischer Möglichkeit. Somit prägen nicht nur Adressat*innen gegenseitig ihre Körperbilder. Auch Apps und die dahinter liegenden Algorithmen prägen, begrenzen und verhindern, also ko-konstituieren die sichtbaren Körperbilder (Schreiber und Götzenbrucker 2018) sowie die darin eingebetteten, verborgenen Körperverständnisse (Grittmann et al. 2018).

Körperbild-Praktiken spielen insbesondere bei Jugendlichen eine große Rolle. Es wird argumentiert, dass Apps und soziale Medien-Plattformen Kindern und Jugendlichen Handlungsräume eröffnen, in denen sie sich im Rahmen ihrer Identitätsbildung mit ihren Entwicklungsaufgaben auseinandersetzen können (Grittmann et al. 2018). Dazu gehört auch die Reflexion ihrer Körperlichkeit (Reißmann 2015; Würfel 2012). So werden (re)präsentierende Körperbilder von Heranwachsenden für die gesellschaftliche Sichtbarmachung der eigenen Identität über den Körper genutzt (Grittmann et al. 2018). Der Körper wird zur eigenen Marke, einer „visual voice“ (Lobinger 2016, S. 51). Es wird argumentiert, dass Körperbild-Praktiken vielfach insbesondere von Heranwachsenden genutzt werden, weil sie den Fotograf*innen ein Ventil der Selbstdefinition bieten und die Möglichkeit, ein Verständnis für ihr Selbst zu entwickeln. Soziale Medien-Plattformen werden daher von Heranwachsenden nicht als „neutrale Bühnen der Selbstinszenierung“ (van Dijck 2013, S. 213) verstanden, sondern als Instrumente zur Selbsterkundung, zur reflexiven Auseinandersetzung mit dem eigenen Körper (Schreiber und Götzenbrucker 2018) und zur Gestaltung der Identität (Carah und Dobson 2016). Körperbild-Praktiken finden dabei nicht losgelöst von sozialen Interaktionsprozessen statt. Die Rückmeldung anderer zu den eigenen Bildern ist von großer Bedeutung. Somit wird erst über die Kommunikation nach außen die eigene Identität und das Körperverständnis geformt, gefestigt, verworfen oder in Frage gestellt (Hoffmann 2011).

Mit dem Einzug (re)präsentierender Körperbilder wurde Nutzer*innen anfänglich vorwiegend Narzissmus vorgeworfen. Mittlerweile lassen sich bei Durchsicht der Literatur aktuell zumeist zwei Perspektivierungen festmachen. Anhänger der Dis-Empowerment-These (Barnard 2016) kritisieren, dass bei visuellen Selbstdarstellungen in digitalen Kontexten oftmals auf sehr stark konventionalisierte, hegemoniale Darstellungsweisen zurückgegriffen werde. Es wird moniert, dass sich in vermeintlich ermächtigenden Selfies sehr starke Anleihen aus der Werbeikonografie mit ihren normierten und stereotypen Darstellungsweisen finden lassen. So werden vorwiegend weiße, schlanke, leistungsfähige Körper gezeigt und propagiert (z. B. mit Hashtags wie #thinspiration oder #fitspiration). Studien zeigen, dass das Konsumieren derartiger Bilder einen negativen Effekt auf das Körperbild der Nutzer*innen bildgebundener Plattformen haben kann (Goodyear et al. 2019; Vandenbosch et al. 2022). Zudem werden Bilder in wissenschaftlichen Beiträgen häufig unkritisch als emanzipatorische Formen der Selbst-Erkundung und Selbst-Erfahrung bejubelt. Dabei werde weder auf die verwendeten Praktiken und Techniken visueller Selbstdarstellung eingegangen noch werde die Unterwanderung (vermeintlich) nicht-normierter Körperbilder durch stereotype Körperdarstellungen kritisch reflektiert. Damit finde kein Aufbrechen hegemonialer Ordnungen, sondern deren Rückbestätigung und Festigung statt (Barnard 2016; Schwarz 2010).

Demgegenüber sehen mehrere Forscher*innen im Fotografieren mit dem Drang, sich visuell auszudrücken, eine Praxis der Unabhängigkeit und Selbstbestimmung. Den Vertreter*innen dieser Emanzipations- beziehungsweise Empowerment-These (Gervais 2013) nach, bietet diese Praktik den Fotograf*innen Autonomie, weil sie selbst die Kamera und das anschließende Selektieren, Modifizieren und Löschen von Bildern kontrollieren können (Murray 2015). Die Praktik eröffnet Nutzer*innen die Möglichkeit, individuelle Körper in ihrer Vielfalt zu sehen, zu zeigen und zu inszenieren. Sie eröffnet ein wertschätzendes Umfeld für das Produzieren „widerständiger“ Formen visueller Selbstdarstellung (Gervais 2013). So werden neben normierten, geschlechtsstereotypen und idealisierten Bildern auch sogenannte Gegenbilder produziert. Das sind Körperbilder, die nicht den gesellschaftlichen Normen entsprechen und denen ein unkonventioneller ästhetischer oder auch politisch motivierter Wert zu Grunde liegt (Murray 2015). Das sind beispielsweise Bilder, die Menschen zeigen mit Mehrgewicht, Behinderungen (z. B. #ableismtellsme) oder Menschen, die nicht in eine binäre Vorstellung von Geschlecht passen (z. B. #crossdresser). Empirisch konnte bestätigt werden, dass das Erstellen, Teilen und Konsumieren unkonventioneller Körperbilder positive Effekte auf die Selbstwahrnehmung von Nutzer*innen haben kann und zu einer Anerkennung, Emanzipierung und Wertschätzung vielfältiger, individueller Körper sowie zu einem Abbau von Stigmata führen kann (Cohen et al. 2019; Nelson et al. 2022; Vandenbosch et al. 2022).

In Rückbezug auf die zuvor vorgestellten Dimensionen des Körperlichen ist in derzeitigen Debatten und Studien kein Konsens über das in Körperbild-Praktiken verhandelte Körperverständnis erkennbar. In Einklang mit Gugutzers Körpertheorie (2006) zeichnet sich ab, dass der Körper in der digital-ästhetischen Körperbild-Praktik sowohl als Produkt als auch als Produzent verhandelt wird. Dabei ist eine Akzentuierung der gesellschaftlich-objektivistischen Perspektivierung auf den Körper erkennbar. Dieser wird sodann als Objekt verhandelt, das durch gesellschaftliche Zuschreibungen geformt und verdinglicht wird. Zugleich scheint die Körperpraktik, wenn auch in einem geringeren Umfang, durchaus die Verhandlung eines Körperverständnisses zu ermöglichen, das teilweise konträre Interpretationen von Körperlichkeit zur gesellschaftlich-objektivistischen Perspektivierung in sich birgt. So wird in der Körperbild-Praktik ebenso eine individuell-subjektivistische Perspektivierung von Körper sichtbar. Dabei wird dem Körper eine aktive Rolle als Produzent von Gesellschaft zugeschrieben. In dieser Sichtweise rücken vielfältige, individuelle Körper in den Mittelpunkt, welche nicht nur von der Gesellschaft geformt werden, sondern diese ebenso (ko)konstituieren (Pürgstaller 2023). Zusammenfassend kann die (re)präsentierende Körperbild-Praktik zu einer Festigung gesellschaftlich-objektivistischer Körperverständnisse beitragen. Sie kann aber auch zu einem Umbruch führen oder zumindest eine Irritation und Verschiebung in gesellschaftlichen Körperdiskursen anbahnen (Tiidenberg und Gómez Cruz 2015).

Forschung im Kontext von Körper und Mediatisierung

Im Zuge der Mediatisierung gewinnt die Forschung zum Thema Körper noch mehr an Bedeutung, wobei unterschiedliche Begriffsverständnisse, Forschungsprämissen und Interessen je nach Disziplin bestehen. Derzeit beschäftigen sich damit vor allem psychologische, soziologische, technologische und körperbezogene Forschungsarbeiten. Der Fokus körperbezogener Forschungsarbeiten in der Psychologie liegt in der Regel auf dem Zusammenhang zwischen sozialen Medienaktivitäten und Körperbildstörungen (z. B. Mills et al. 2017) sowie damit verbundenen psychischen Erkrankungen (insbesondere Essstörungen) (z. B. López-Guimerà et al. 2010). Zudem gibt es viele Studien, die sich auf die (negative) Wirkung von Körperbildern in der Werbung und in Mode- und Fitnessmagazinen konzentrieren (z. B. Jonason et al. 2009). Wobei in letzter Zeit der Fokus zunehmend auf inszenierten Körper‑, Schönheits- und Fitnessbildern in sozialen Medien wie Facebook und Instagram liegt (z. B. Cohen et al. 2017). Ein dritter Forschungsschwerpunkt liegt auf massenmedialen, konventionalisierten Darstellungen von Körperbildern, zum Beispiel Körper- und Schönheitsidealen, geschlechts- oder altersbezogenen Darstellungen und Stereotypen sowie deren (emotionale und kognitive) Rezeption und Wirkung (z. B. Mayer 2009). Im Gegensatz dazu konzentrieren sich (körper-)soziologische Forschungsarbeiten mehr auf den performativen Aspekt kollektiver Körperpraktiken und Körperlichkeit sowie die nutzergenerierte Produktion von Körperbildern (Amateure und Semiprofessionelle) und deren Kultivierung. Im Mittelpunkt steht dabei die Erforschung der Selbstdarstellung von Jugendlichen, aber auch von Familien- und Kinderbildern (z. B. Autenrieth 2017). Im Vergleich zu psychologischen, technologischen und soziologischen Forschungsarbeiten lassen sich verhältnismäßig weniger sportwissenschaftliche Studien finden, insbesondere im Kontext der Sportpädagogik (Pfitzner und Pürgstaller 2022; Rode 2020). Vor dem Hintergrund, dass sich auch die Sport‑, Spiel‑, Bewegungs- und Tanzkultur durch den digitalen Wandel verändert, ist allerdings auch hier eine zunehmende Forschungsaktivität erkennbar (Pfitzner und Pürgstaller 2022). Dabei fokussieren viele Arbeiten den Einsatz, die Funktion und Wirkung digitaler Medien im Bewegungs‑, Tanz‑, Spiel- und Sportunterricht, zum Beispiel zur Verbesserung spezifischer bewegungstechnischer Kompetenzen (z. B. Davie et al. 2015) oder der professionellen Unterrichtswahrnehmung (z. B. Fischer und Leineweber 2020). Andere beschäftigen sich hingegen mit den Auswirkungen von Digitalität auf den Sportunterricht beispielsweise in Bezug auf sich verändernde Lernorte und Rollen von Lehrkräften (z. B. Steinberg et al. 2020) oder dem (sich verändernden) Gegenstand und Ziel des Sport(unterricht)s (z. B. Klinge und Przybylka 2021). So wird in Form normativer Beiträge die Anerkennung von E‑Games und die Gefahr der Entkörperlichung durch E‑Sport (z. B. Hofmann 2019) oder die Beeinflussung der Sinnperspektiven im Sport durch Digitalität debattiert (z. B. Roth 2022). Sportpädagogische Forschungsarbeiten, die sich spezifisch mit Körper in sport- und körperbezogenen Praktiken im Kontext der Digitalisierung und Mediatisierung auseinandersetzen, untersuchen den Körper vielfach im Kontext von Trendsportarten, der Selbstquantify-Bewegung (z. B. Rode und Stern 2020, 2022) oder der Healthismus-Bewegung (z. B. Bindel und Theis 2020). Daneben werden auch sportbezogene Körperbilder und -konstruktionen in digitalen Lernkulturen (z. B. Rode und Zander 2022) sowie in Körperbild-Praktiken in sozialen Medien (z. B. Korte et al. 2022) in den Blick genommen.

Auch wenn Forschung in diesem Kontext mit erheblichen Herausforderungen erschwert ist, wie beispielsweise eine unzureichende Auseinandersetzung mit der Terminologie, der komplexen Erfassung der Mediennutzung und dem permanenten technischen Wandel (Wagner und Wulff 2020), wird vor allem an psychologischen Forschungsarbeiten zu Medienwirkungsforschung kritisiert, dass sie „zu unterkomplex gedacht“ seien (Lobinger 2016, S. 50). Konkret wird dabei zum einen die Methodik angeprangert, die vor allem unidirektionale Wirkmechanismen in den Blick nimmt (Hoffmann 2019; Przyborski 2018). Zum anderen wird die eher reduktionistische Sichtweise auf einzelne Facetten des Phänomens moniert, wie die Fokussierung auf Körperbilder und psychische Probleme (Schwarzenegger et al. 2018). Zudem werde vorwiegend eine eindimensionale Sicht auf den Körper als reines Produkt der Gesellschaft eingenommen, obschon vor allem in soziologischen Körpertheorien von einer reziproken Beziehung ausgegangen wird (Thiel et al. 2020). In der Forschung der Sportwissenschaft, insbesondere der Sportpädagogik, wird der Fokus auf dem Einsatz digitaler Medien im Kontext von Kinder- und Jugendsport(unterricht) moniert (Thiele 2020). Wenn Studien zu sozialen Medien durchgeführt werden, fällt auf, dass vorwiegend gesundheits- beziehungsweise fitnessbezogene Inhalte (zum Beispiel die Untersuchung von Fitness-Körperbildern) sowie sportaffine Erwachsene als Zielgruppe fokussiert werden. Im Kontext von Spiel, Bewegung und Sport erscheint eine Reduktion auf bewegungsbezogene Inhalte und sportaffine Zielgruppen durchaus sinnvoll. Dies hat allerdings zur Folge, dass jene Kinder und Jugendliche nicht berücksichtigt werden, die nicht sportlich aktiv sind oder keine sportaffinen Bilder produzieren oder konsumieren, sich aber dennoch täglich mit ihren Körpern mittels des Produzierens von Körperbildern auseinandersetzen. Auch sie nehmen an informellen und formalen Bewegungsangeboten teil. Somit betrifft diese Entwicklung auch den Kinder- und Jugendsport und eine Zuwendung zu dieser Zielgruppe wäre sinnvoll.

Relevanz für den Kinder- und Jugendsport

Ein Kernmerkmal der Sportpädagogik und -didaktik ist die Auseinandersetzung mit aktuellen gesellschaftlichen und politischen Herausforderungen, die ihre Entwicklung (mit)prägen (Oesterhelt et al. 2020). Folglich sind Lehrkräfte und Forschende ständig damit beschäftigt, sich mit aktuellen, essenziellen Herausforderungen auseinanderzusetzen, wie zum Beispiel Gesundheitsförderung, Heterogenität, Aktivierung im Sportunterricht, Aufgabenkultur und Exponiertheit im Kinder- und Jugendsport. Auch das Thema der verhandelten Körperverständnisse im Kontext der Mediatisierung erweist sich als ein aktuelles sportpädagogisches und -didaktisches Thema, das eine Zuwendung verdient.

Erstens bildet der Topos Körper im Sportunterricht kein „Add-on“-Thema, sondern er stellt vielmehr ein Querschnittsthema dar. Eine Praktik, in der Körperverständnisse (neu) verhandelt werden, betrifft somit auch andere aktuelle Themen des Kinder- und Jugendsports, wie zum Beispiel Heterogenität oder Exponiertheit.

Zweitens gehören digital-ästhetische Praktiken für viele Heranwachsende zum Alltag. Sie können sich im Rahmen dieser Praktik mit ihren eigenen Körpern und denen anderer auseinandersetzen und erhalten Rückmeldung von anderen. Diese Auseinandersetzung mit Körperlichkeit ist Teil ihrer Identitätsbildung. Dabei zeigen (re)präsentierende Körperbilder nicht einfach nur Körper. Sie enthalten Reflexionen über das eigene Selbst, die Identität und den eigenen Körper. Sie transportieren Informationen darüber, wie Heranwachsende ihre Körper definieren und produzieren Wissen, welche (alternativen) Körper es gibt. Diese digital-ästhetischen Praktiken bilden also einen zentralen Ausgangs- und Bezugspunkt für die Konstitution, die Aneignung und Aushandlung von Identitäten und Körperverständnissen. Das sind Praktiken, die sich ständig weiterentwickeln. Dennoch ist davon auszugehen, dass sie bestehen bleiben und das Verhältnis der Heranwachsenden zur Welt, zu ihnen Selbst und ihren Körpern radikal verändern werden (Thiel et al. 2020). Auch wenn noch nicht von einem Umbruch gesprochen werden kann, so lassen sich zumindest Tendenzen einer Verschiebung beobachten (Duttweiler et al. 2016; Pürgstaller 2023). Diese Annahmen gilt es empirisch erst zu überprüfen.

Drittens ist das Kernmerkmal des Sports sein Handlungs- und Körperbezug. Das physische Erleben und die körperliche Erfahrung stehen in seinem Mittelpunkt. Es kann davon ausgegangen werden, dass aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen, die den Körper betreffen, auch Einfluss auf die pädagogische Gestaltung und Inszenierung von Kinder- und Jugendsport nehmen (Ruin 2017b). Je nach Lehrkraft, Übungsleiter*in und Trainer*in kann der Kinder- und Jugendsport zur Verfestigung bestehender Körperverständnisse beitragen. Im Rahmen des Erziehenden Sportunterrichts und des damit verbundenen Doppelauftrages ist es allerdings Aufgabe der Lehrkraft, Kinder und Jugendliche in ihrer adoleszenten Entwicklung zu unterstützen. Dazu gehört auch die Auseinandersetzung mit Körperlichkeit mittels einer kritischen Reflexion von sozialen Formatierungen des Körpers wie normierten Körperhaltungen, -techniken und Bewegungsweisen. Wenn Anleitende mit Körpern arbeiten und diese pädagogisch adressieren wollen, ist eine Auseinandersetzung von Lehrkräften mit ihrem eigenen Körperverständnis sowie dem der Schüler*innen unerlässlich. Anleitende benötigen also pädagogische und didaktische Handlungsempfehlungen seitens der Wissenschaft.

Es gilt, perspektivische Denkanstöße für die Wissenschaft zu liefern. Vor dem Hintergrund einer tiefgreifenden Mediatisierung sollten die Körperverständnisse von Kindern und Jugendlichen im Kontext sozialer Medien in den Blick genommen werden. Unter anderem könnte, auf Basis bisheriger Theorien und Forschungsarbeiten, folgenden Fragen nachgegangen werden:

  • Wie werden Körperverständnisse bei Kindern und Jugendlichen in sozialen Medien (ko)konstituiert?

  • Ob und inwiefern werden spezifische Körperverständnisse im bewegungsbezogenen Kontext und nicht-bewegungsbezogenen Kontext in sozialen Medien sichtbar? Welche werden in diesen Praktiken forciert und welche verdrängt?

  • Ob und (in)wie(fern) verändern sich konkrete Bewegungsweisen, -techniken und -taktiken sowie Umgangsweisen mit dem eigenen Körper, wenn Körperbild-Praktiken regelmäßig vollzogen werden?

  • Ob und inwiefern formen beziehungsweise bedingen sich Körperverständnisse und Körperbild-Praktiken gegenseitig?

  • Welche Konsequenzen haben spezifische Körperverständnisse für das Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen und letztlich für die Inszenierung von Kinder- und Jugendsport?

Diese Fragen sind lediglich erste Anregungen. Sie verdeutlichen aber die Relevanz des Themas für die sportpädagogische Forschung.