Die Analyse von Institutionen und Organisationen in der Erwachsenenbildung wurde noch in den 1990er-Jahren als verengt oder desolat eingeschätzt (Bojanowski et al. 1991). Kritisiert wurden das Fehlen expliziter institutionen- und organisationstheoretischer Konstrukte für die Erwachsenenbildung und die mangelhafte Datenlage. Diese Forschungslücke wog schwer, weil sich die Weiter- und Erwachsenenbildung in einem folgenreichen Transformationsprozess hin zu einem eigenständigen vierten Bildungsbereich befand. Es begann die Entwicklungsstufe einer „mittleren Systematisierung“, die eine Basis für die Diskussion der Diversität der Organisationen und der professionellen Dienstleistungsaufgaben erbringen konnte.

Weil die externen und internen Entwicklungen auf der Makro-, der Exo-, der Meso-, der Mikro- und der Chronoebene für Organisationen, professionell Handelnde und Teilnehmende wirksam sind (Herbrechter und Schemmann 2023; Tippelt und Schmidt-Hertha 2020), strukturieren diese Ebenen die folgenden Überlegungen und Beschreibungen. Leitfrage der folgenden Ausführungen ist es, ob und wie handlungstheoretische Perspektiven bislang die Organisationsforschung prägten und welche neueren Entwicklungen in diesem Kontext zu beobachten sind. Es wird versucht, durch die Formulierung von Thesen bzw. Schlaglichtern die jeweilige Richtung der aktuellen organisationalen und professionellen Entwicklung und Forschung in der Weiter- und Erwachsenenbildung zu charakterisieren und zu pointieren. Dabei zeigen Wirkungen von Bildungsreformen, dass es sich um dynamische und eher selten um kontinuierliche Entwicklungen handelt.

Es ist davon auszugehen, dass heute ca. 700.000 pädagogisch Beschäftigte in der Erwachsenen- und Weiterbildung tätig sind (Autor:innengruppe Bildungsberichterstattung 2022). Solche Zahlen sind schwer zu verifizieren, weil es sich um Vollzeit- und Teilzeitarbeitskräfte, aber auch um ehrenamtlich Tätige in einem multiprofessionellen Segment des Dienstleistungssektors handelt. Erwachsenenbildnerinnen und Erwachsenenbildner arbeiten in öffentlich geförderten, betrieblichen, staatlichen, kirchlichen und weltanschaulich diversen Organisationsverbänden. Die Erwachsenen- und Weiterbildung gehört wie der Schulbereich oder die frühkindliche Bildung zu den besonders personalstarken pädagogischen Segmenten. Ein gemeinsames professionelles Selbstverständnis kann in der Erwachsenen- und Weiterbildung nicht ohne weiteres vorausgesetzt werden, weil die pädagogische Professionalität von funktionalen und organisationalen Differenzierungen pädagogischer Arbeits- und Berufsfelder geprägt ist.

Ohne Zweifel ist das heterogene Qualifikationsprofil des Weiterbildungspersonals bislang noch zu wenig analysiert worden (Wißhak 2022; Wißhak und Martin 2023), aber man weiß, dass das Personal als der wichtigste Faktor für die wahrgenommene Qualität der Weiterbildung von den Adressaten und Teilnehmenden genannt wird (von Hippel und Tippelt 2009). Wenig hilfreich sind normative Appelle an eine idealisierte pädagogische Profession; benötigt wird vielmehr die empirische Erforschung von Qualifikationen, professionellem Wissen und Kompetenzen, in einer aufeinander Bezug nehmenden interdisziplinären nachhaltigen Organisations- und Professionalisierungsforschung (Kraft 2018; Helsper und Tippelt 2011).

In der Tat sind funktionale Aufgabenzuschreibungen pädagogischer Organisationen und Berufe bis heute sinnvoll: Qualifikation, Allokation, Legitimation und Enkulturation. Erkennbar ist jedoch, dass heute die Gestaltungsaufgaben pädagogischen Handelns in Institutionen und Organisationen des „Systems des Lebenslangen Lernens“ stärker betont werden (Nittel und Tippelt 2019). Auch in den Aus- und Fortbildungsdimensionen für pädagogische Berufe, wie pädagogisches Wissen, Fachwissen, Fachdidaktik, Organisationswissen und Beratungswissen (Baumert und Kunter 2006), kommen diese Gestaltungs- und Handlungsanforderungen zum Ausdruck. Organisations- und Professionalisierungsanalysen dienen letztlich der Stärkung einer rationalen Professionalisierung und des reflexiven pädagogischen Handelns in der Erwachsenen- und Weiterbildung. In eben diesem Kontext präsentiert der vorliegende Beitrag eine Systematisierungsskizze.

1 Makroebene der Organisations- und Professionalisierungsforschung

1.1 Von der systemischen Orientierung zur Integration stärker handlungstheoretischer Konzepte

In der Weiterbildungsdebatte der vergangenen zwanzig Jahre wurden systemische und neo-institutionalistische Theorien und Ansätzen sehr anerkannt. Die frühen Ansätze des Neo-Institutionalismus (Meyer und Rowan 1977) sind zunehmend auf den organisierten Bildungs- und Kulturbereich übertragen worden (Senge et al. 2006) und es wurden auch in der Erziehungs- und Bildungswissenschaft im Schulbereich, in Weiterbildungseinrichtungen und Weiterbildungsnetzwerken, in betrieblichen Einrichtungen, in Organisationen des Qualitätsmanagements und in der Bildungsberatung (Herbrechter und Schrader 2018; Strobel 2010) Studien auf neo-institutionalistischer Basis durchgeführt. Allerdings gibt es vor dem Hintergrund der Anwendung in den verschiedenen Sozialwissenschaften kein homogenes oder geschlossenes Theorie-Konzept neo-institutionalistischer Organisationsforschung (von Hippel et al. 2005; Merkens 2006), eine Pluralität neo-institutionalistischer Perspektiven prägt auch die Anwendung in der Erwachsenen- und Weiterbildung (Tippelt und Lindemann 2018).

Der in Auseinandersetzung mit dem Neo-Institutionalismus entwickelte akteurszentrierte Institutionalismus wird dagegen weniger in organisationale Analysen der Weiterbildung einbezogen. Speziell im Kontext des Educational Governance-Konzeptes findet die akteurszentrierte Perspektive aber Anwendung (Schemmann 2020). Ein zentrales Betrachtungselement in diesem Konzept ist die Suche nach einem neuen Steuerungsmodell von Bildungssystemen (Altrichter et al. 2007). Der Bezug zum akteurszentrierten Interaktionalismus entsteht hierin beispielsweise über die Untersuchung bildungsbereichsbergreifender interorganisationaler Handlungskoordination.

Der akteurszentrierte Institutionalismus hat den Anspruch, die Untersuchung der Problematik von Steuerung und Selbstorganisation auf der Ebene gesellschaftlicher Teilsysteme zu entwickeln (Mayntz und Scharpf 1995). Für die Weiterbildung ist wichtig, dass alle korporativen Akteure, also die Organisationen, immer auch aus Sicht der individuellen Akteure gesehen werden, z. B. der Mitarbeitenden und des Leitungspersonals. Organisationsinterne Vorgänge, mithin auch die interne Handlungskoordination, gelten als wichtige Determinanten der Strategiewahl von Organisationen. Dabei konzentriert sich der akteurszentrierte Institutionalismus auf die handlungsleitenden Interessen, die Normen und Identitäten von Handelnden. Handeln wird mehrebenenanalytisch untersucht, wobei „der institutionelle Rahmen das Handeln der Organisationen prägt, während diese ihrerseits für das Handeln ihrer Mitglieder den institutionellen Rahmen bilden“ (Mayntz und Scharpf 1995, S. 44).

In dieser Forschungsperspektive sind Institutionen und Organisationen nicht das Ergebnis von evolutionären Entwicklungen, sondern Organisationen werden permanent und intentional gestaltet. Sicher ist dabei zwischen institutionellen Regeln und dem Handeln realer individueller Akteure zu unterscheiden. Im Falle von Weiterbildungsorganisationen haben Handlungsorientierungen zwar einen geregelten Rahmen, aber nur ein Teil der Handlungen der individuellen Akteure sind dauerhaft institutionell vorgegeben, andere Handlungen werden in Situationen – gerade bei Kooperationsprozessen – neu konstruiert (Nittel et al. 2014).

Trotz der Gestaltungsfreiheiten von Handelnden geht der akteurszentrierte Institutionalismus „von einem erheblichen Maß an Internalisierung institutioneller Normen aus“ (Schimank 2004, S. 295). Festzuhalten ist, dass in der organisationalen Weiterbildungsforschung die kognitiven Orientierungen, insbesondere die Wahrnehmungen, Deutungen und Erwartungen der Akteure innerhalb der eigenen Organisation, aber auch gegenüber den interagierenden externen Handlungspartnern situativ in Erfahrung gebracht werden müssen.

1.2 Von bürokratischen Strukturen zur „losen Koppelung“ in Weiterbildungsorganisationen

Ohne Zweifel bedürfen die beruflich verantwortlichen Akteure in pädagogischen Institutionen und Organisationen geregelter Strukturen, weil dies Legitimität des Handelns generiert (Kuper 2001). Legitimität ergibt sich auch dadurch, dass man den Erwartungen der Umwelt – also beispielsweise Trägererwartungen, aber eben auch Erwartungen der Adressaten und Teilnehmenden in organisierten pädagogischen Prozessen – gerecht wird. Bei den relationalen Beziehungen von Organisation und Umwelt kann in der Weiterbildung von „loser Koppelung“ gesprochen werden, wenn der pädagogischen Professionalität und Intentionalität gegenüber den Außenerwartungen hinreichend Raum gegeben wird (Nittel und Tippelt 2019). Normen und Werte gelten nicht als statisch und unverrückbar, vielmehr bestehen für das pädagogische Personal in Weiterbildungsorganisationen Freiheitsgrade, um sich problembezogen und eigenständig bei der Lösung von Aufgaben zu engagieren. Eine reglementierte und bürokratische Struktur von Organisationen würde zu einem ungenügenden Verstehen und Reagieren auf die Umwelt führen. Es ist explizit hervorzuheben, dass die Umwelt von Weiterbildungsorganisationen primär aus Teilnehmenden und Adressaten besteht. Diese erwarten, dass die jeweiligen Einrichtungen auf ihre spezifischen und individuellen Interessen nicht nur reagieren, sondern dass sie z. B. didaktische Strukturen problemadäquat mitgestalten können (Tietgens 1983).

Im Folgenden werden auf der Exo‑, Meso‑, Mikro- und Chronoebene stärker die Handlungsfelder der Erwachsenen- und Weiterbildung in den Blick genommen.

2 Exoebene der Organisations- und Professionalisierungsforschung

2.1 Von der institutionenbezogenen Organisationsforschung zur Orientierung an interorganisationaler Kooperation

Zweifelsohne ist die Organisationsforschung – und dies wurde früh erkannt – durch die heterogene Struktur des Weiterbildungsmarktes sehr komplex. Zu unterscheiden sind mehrere, zum Teil voneinander abgeschottete Teilmärkte, die nach jeweils völlig unterschiedlichen Prinzipien funktionieren und keineswegs immer auf der Gleichwertigkeit der Interaktionspartnern beruhen. Die Beschreibung der Weiterbildungsstrukturen aus Anbieterperspektive orientiert sich an fünf Ebenen (Schrader 2010; Tippelt et al. 1996), die die Pluralität und auch die Veränderungsprozesse im Weiterbildungsmarkt abbilden: Die öffentlich geförderten Anbieter (1), die eher beruflichen Einrichtungen (2), immer wieder neu entstehende zivilgesellschaftliche Initiativen (3), private und kommerzielle Anbieter (4) sowie die zunehmend bedeutenderen Anbieter wissenschaftlicher bzw. hochschulischer Weiterbildung (5).

Auf der Exoebene gilt es, zwischen den Trägern eine offene und Konkurrenz überwindende Arbeitskultur zu schaffen. Dabei hat sich empirisch bestätigt, dass das Synergie- und Kooperationspotenzial dann ausgeschöpft werden kann, wenn zwischen den Weiterbildungsträgern und anderen institutionellen Akteuren ein hohes Vertrauensverhältnis und ein enger Austausch von Erfahrungen und Daten möglich ist. Bereits in der DFG-geförderten PAELL-Studie (Nittel et al. 2014) wurde darauf hingewiesen, dass die Anforderungen der Professionalität mit rationalen, aber nicht immer mit bürokratisch geregelten Verwaltungsstrukturen von Organisationen und Institutionen harmonieren.

Besonders die Förderung der Prozesse des lebenslangen Lernens in kooperativen Verbundstrukturen erfordern soziale und pädagogische Einrichtungen, deren Leistungen wechselseitig aufeinander bezogen sind. Vertikale Kooperation meint die weitsichtige Kooperation im System des lebenslangen Lernens, über die Grenzen der einzelnen Bildungsbereiche hinweg. Der hierzu notwendige Freiraum wird von den pädagogisch Handelnden in der Erwachsenenbildung gegenüber anderen Bereichen als besser eingeschätzt – dies zeigten empirische Analysen in den Lernenden Regionen (Tippelt et al. 2009). Aber sicher bedarf es hierzu wiederum eines Mandats durch die eigene pädagogische Institution, damit in der Initiative ihrer Mitarbeitenden kein Regelverstoß gesehen wird. Der Neo-Institutionalismus hebt analytisch die sogenannten Strukturangleichungsprozesse hervor und unterscheidet einen erzwungenen, einen mimetischen und einen normativen Isomorphismus. Immer geht es dabei um die Angleichung institutioneller Prozesse an die Herausforderungen der Umwelt. Der erzwungene Isomorphismus kann durch staatliche Regelungen und Gesetze in Gang gebracht und verstärkt werden. Der mimetische Isomorphismus beruht darauf, dass man erfolgreiche Handlungsstrategien von vergleichbaren anderen Institutionen imitiert. Der normative Isomorphismus ist durch gemeinsam geteilte beruflich verankerte Werte und Normen oder auch durch Visionen und Zielsetzungen einer Organisation charakterisiert.

Obwohl die Trennung von individuellen pädagogisch Handelnden, organisationalen Akteuren und institutionalisierten Verbänden analytisch relevant ist (Wahl et al. 2022; Meyer und Hammerschmid 2006), muss darauf geachtet werden, dass auf allen Ebenen auf die Erwartungen der sich dynamisch und schnell verändernden Umwelten von pädagogischen Organisationen selbstbewusst und eigenständig eingegangen wird. Bei einer entsprechenden prozesshaften Weiterentwicklung einer Weiterbildungsorganisation, die Umwelterwartungen berücksichtigt, sind Professionalisierungsprozesse des pädagogischen Personals notwendig, weil eine hohe Interaktionskompetenz der pädagogischen Akteure gefordert ist.

2.2 Von der Kooperations- zur Netzwerkforschung

Kooperation und Netzwerke sind konstitutive Elemente der Weiterbildung, da „Weiterbildung im Sinne einer gesellschaftlichen Institution […] an das Zusammenwirken von politisch-rechtlichen, öffentlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Organisationen und Einrichtungen gebunden [ist]“ (Dollhausen et al. 2013, S. 9). Die Bildungskooperation in Bildungsnetzwerken verfolgt das Ziel, die Bildungsbeteiligung zu erhöhen und regionale Weiterentwicklung zu fördern (Trautmann 2015).

Soziale Netzwerkanalysen nehmen die Netzwerkrollen der beteiligten Akteure verstärkt in den Blick (Otte und Rousseau 2002). Auch die Evaluation von Weiterbildungsnetzwerken wird dringlich, wobei die konstituierenden Elemente erfolgreicher Netzwerke, z. B. der Abbau von Kooperationshindernissen, Aufbau von Vertrauen und die Akzentuierung von lernförderlichen Faktoren, dabei im Vordergrund stehen (Tippelt et al. 2009).

Komplementär zu sozialen Netzwerkanalysen werden verstärkt bibliometrische Analysen im Feld der Weiterbildungsforschung eingesetzt. Zitationsanalysen und die Untersuchung darüber hinaus gehender bibliometrischer Daten unterstützen das Ziel, personale und thematische Netzwerke in der Weiterbildungsforschung zu identifizieren, vormals verborgene Stellen in der Wahrnehmung aufzudecken und so transdisziplinäre Forschung zwischen Wissenschaft und Praxis anzuregen (Schrader 2022).

Eine weitere Entwicklungslinie der Netzwerkforschung im Kontext der Weiterbildung fokussiert die Synthese von Digitalität und Netzwerken: Alke (2023) beschreibt beispielsweise, dass techniksoziologische und medientheoretische Netzwerkbegriffe auch im Weiterbildungskontext zukünftig an Relevanz gewinnen werden. Prognostizierende Delphiforschung schließt daran an und untersucht prospektiv, inwiefern Technologien die Netzwerkakteure unterstützen und herausfordern, wobei Bezüge zur Akteur-Netzwerk-Theorie (Latour 2007) hergestellt werden. Eine verstärkte Integration digitaler Netzwerkforschung erscheint vor dem Hintergrund der Digitalisierungsdynamik im Bereich der Weiterbildung zukünftig sehr wahrscheinlich.

3 Mesoebene der Organisations- und Professionalisierungsforschung

3.1 Von lernenden und agilen Organisationen zu exzellenten Organisationen

Lernend ist eine Organisation dann, wenn die organisationale Praxis im Sinne eines kollektiven Lernens ausgestaltet ist. Das Organisationslernen betrachtet zusätzlich zu den (Lern‑)Handlungen von Individuen das Zusammenspiel aller lernenden Individuen und ihrer Verhaltensweisen, sowie deren zugrundeliegenden Vorstellungen (Geißler 2005). Die lernende Organisation ist dadurch charakterisiert, dass sich Strukturen, wie Angebote, Technologien, Lehrpraxis, organisationale Modelle oder das Management, als Folge individuellen Lernens weiterentwickeln. Insgesamt manifestiert sich im Organisationslernen und damit in der lernenden Organisation die These, dass das Ganze mehr ist als die Summe seiner Teile. Organisationen und ihre Elemente unterliegen dabei einem stetigen Wandel. Folglich besteht für Bildungsorganisationen die Notwendigkeit, veränderbar zu sein, auch um das Lehren jeweils situations- und adressatengerecht gestalten zu können (Franz 2016).

Vor diesem Hintergrund hat sich seit einigen Jahren der Begriff der „agilen Organisation“ im Kontext wissenschaftlicher Diskussionen etabliert. Der bisherige Fokus organisationaler Forschung liegt auf agilen Strukturen und der agilen Führung (Maximini 2022). Eine neuere Entwicklungslinie wirft einen vertieften Blick auf die Agilität der Fähigkeiten von Individuen (Diebold 2022). Im Mittelpunkt steht analog zur lernenden Organisation der Gedanke, dass handelnde Individuen in der Organisation die Voraussetzung für die agile Gestaltung der Organisation selbst sind. Dies wiederum ist eine Herausforderung für die organisationspädagogische Professionalisierung des Personals in Weiterbildungsorganisationen. Fortbildung der Mitarbeitenden ist dringend notwendig, wenn die Trends der Modernisierung von agilen Organisationen – Expansion, Differenzierung, Mobilität, Partizipation und Interdependenz – gestaltet werden sollen (Tippelt 2023).

Die Begriffe „lernend“ und „agil“ deuten eine gewisse Vorstellung davon an, wie Organisationen gestaltet sein sollten, um auch zukünftig ihren Aufgaben nachzukommen. Sie können somit unmittelbar mit der erfolgreichen Gestaltung von Organisationen in Verbindung gebracht werden. Der organisationale Erfolg von Bildungseinrichtungen spiegelt sich international vermehrt in Zuschreibungen von „Exzellenz“ und „Elite“ wider. Beide Begriffe implizieren Statusunterschiede von Bildungsorganisationen. Sie stehen entsprechend mit kritischem Blick auf Exklusivität und resultierender Ungleichheit im Blickpunkt der Forschung von verschiedenen Bildungsbereichen (Helsper et al. 2019).

Der Exzellenz- und Elitebegriff wird in der Weiterbildung – im Unterschied zur Hochschule – sehr zurückhaltend verwendet, obwohl in der Weiterbildungspraxis bereits erste Exzellenzpreise, beispielsweise im Kontext beruflicher Bildung, vergeben werden und einzelne Einrichtungen Selbstzuschreibungen der Exzellenz vornehmen.

Weiterbildungsforschung hat die Möglichkeit, die praktische organisationale Realität mitzugestalten und zu moderieren, bevor sich in der Praxis undurchsichtige Mechanismen der Bewertung von Weiterbildungsorganisationen als exzellent entwickeln und durchsetzen und sich so – entgegen der Intentionen in der Weiterbildung – eine normative Hierarchisierung des Bereichs durchsetzt. Hieraus ergibt sich als eine neue Herausforderung für die Weiterbildungs- und Organisationsforschung: die Konzeptualisierung und Untersuchung, aber auch die konstruktive Kritik exzellenter Weiterbildungsorganisationen.

Als Ausgangspunkt der systematischen Untersuchung und anschließenden Mitgestaltung der praktischen Realität ist ein Rückgriff auf Überlegungen der Verantwortungsethik denkbar. Grundlegende Prämisse eines Begriffs der „Verantwortungselite“ (Bohlken 2011) ist, dass exzellente Organisationen ihre Zuschreibung dadurch erreichen, dass sie in besonderem Maße Verantwortung in der Gesellschaft übernehmen (Lange 2023). Verantwortung steht entsprechend in einem direkten Bezug zum Engagement einer Organisation für das Gemeinwohl. Solche Grundgedanken zur Exzellenz von Weiterbildungsorganisationen stellen einen unmittelbaren Bezug des Verantwortungsbegriffes zu den Konzepten der Qualitätssicherung her. Sie ermöglichen die Konkretisierung der Konzepte und Modelle lernender, agiler und auch vernetzter Organisationen und machen so den Exzellenzbegriff für die organisations- und professionsbezogene Weiterbildungsforschung anschlussfähig.

3.2 Vom Bildungscontrolling und Qualitätsmanagement einzelner Organisationen zur Suche nach verfeinerten bildungsbereichsübergreifenden Qualitätsstandards

Den Verfahren des Bildungscontrollings und des Qualitätsmanagements werden Weiterbildungseinrichtungen, wie Hochschulen, betriebliche Bildungseinrichtungen und generell soziale Dienstleistungsträger gleichermaßen unterworfen. Dabei dienen die verschiedenen Formen der Evaluierung manchmal mehr der ökonomischen Effektivität, manchmal mehr der pädagogischen Qualitätssicherung (Klieme und Tippelt 2008). Gegenüber den summativen Output-Evaluationen haben sich zunehmend prozessorientierte Ansätze durchgesetzt. Diese Ansätze bewerten nicht das letztliche Ergebnis einer Bildungsmaßnahme, sondern den Prozess der Durchführung selbst. Auf der Grundlage von Phasenmodellen des Bildungsverlaufs bzw. des Verlaufs einer sozialen Dienstleistung werden die Qualität der Programme und Interventionen, aber auch die organisatorischen Rahmenbedingungen eines Bildungsanbieters oder sozialen Trägers bewertet.

Es wurden in der Weiterbildung unterschiedliche Qualitätsmanagementsysteme implementiert und untersucht (Reuter et al. 2020). Die Kriterien für die Qualität von Bildung oder von sozialen Interventionen variieren. So sind Formen der Selbstkontrolle von Bildungsträgern und sozialen Verbänden anhand von selbstgesetzten, aber veröffentlichten Kriterien zu beobachten; es gibt aber auch eine in Eigenverantwortung von Bildungsträgern durchgeführte Qualitätssicherung, orientiert an trägerübergreifenden allgemeinen Normen (z. B. LQW).

Ein interessanter Mapping Review zur Qualität in Organisationen der Weiterbildung (Jenner 2023) zeigt, dass Qualität und Standards mittlerweile in zahlreichen Bereichen und Kontexten der Weiterbildung differenziert analysiert werden: zur Digitalisierung, zur Evaluation, zur operativen Qualitätsentwicklung, zur Finanzierung und Förderung, zur Professionalität und Kompetenzanerkennung, zur Gewinnung des pädagogischen Personals, zur organisationsinternen Zusammenarbeit und zu Leadership. Auch die bildungsbereichsübergreifende Institutionalisierung der Ideen des Lebenslangen Lernens sind Gegenstand quantitativer und qualitativer bildungswissenschaftlicher Analysen (Nittel und Tippelt 2019). Wenn man bildungsbereichsübergreifend die jeweiligen intraorganisationalen Arbeitsteilungen und die Eigenlogik von Organisationen der Bildung über die Lebensspanne untersucht, wird man die sehr differenten Qualitätskulturen von Segmenten des Bildungssystems – also der frühkindlichen Bildung, der Schulen, der beruflichen Bildung, der außerschulischen Jugendbildung, der Hochschulen und der Organisationen der Weiterbildung – erkennen und man kann die damit gegebenen Probleme von Systembildungstendenzen des Lebenslangen Lernens genauer benennen, ohne allerdings den Anspruch auf Lebenslanges Lernen preiszugeben (Wahl et al. 2022).

3.3 Vom transformationalen Führen zur interaktiven intra- und interorganisationalen Handlungskoordination

Die Ansätze zur Begriffsbestimmung von „Führen“ erstrecken sich von personenbezogenen Erklärungen (Verhaltensweisen und Fähigkeiten), über Führung im Sinne einer sozialen Interaktion bis hin zu Führung als Ergebnis sozialer Interaktionen und konkreter Kontexte (Bass und Bass 2008; Lange 2023).

Konsens besteht darin, dass moderne transformative Führung als interaktionaler Prozess der Einflussnahme verstanden wird, in dem Individuen auf die Erreichung gemeinsamer Ziele hinarbeiten (Herbrechter 2018; Northouse 2016). Der Führungsprozess in Organisationen kann in dieser breiten Definition sowohl durch Personen als auch Personengruppen, mit etablierten formalen oder aber informellen Positionen, gesteuert werden. Führung in Organisationen trägt Sorge, dass Ziele von Individuen zu den Zielen der Organisation beitragen oder diesen nahe sind – verstanden als gemeinsame Absichten (Kisgen 2021).

Mit Blick auf die (Weiter‑)Bildungspraxis ist eine zentrale Führungsaufgabe die Sicherung und Entwicklung des Bildungsangebotes, wobei hinderliche oder förderliche Lernumgebungen analysiert werden (Herbrechter 2018). Insofern ist die Gestaltung von Organisationen als förderliche Lernumgebung eine für Teilnehmende und das Personal wichtige Führungsaufgabe. Erheblicher Bestandteil von Führung ist die Handlungskoordination mit Blick auf Lernende und Lehrende, Lehrende und administrativem Personal bis hin zum geschäftsführenden Gremium der Organisation. Die Subsidiarität und der Trägerpluralismus führen dazu, dass Leitungen von Einrichtungen abhängig von Werten, Normen und Strukturen der Trägereinrichtungen sind. Diese unterscheiden sich bei der Vielfalt der Träger drastisch. Handlungskoordination um Legitimitätsanforderungen der sozialen Umwelt (Kuper und Thiel 2016) gerecht zu werden, erstreckt sich demnach auch auf das geschäftsführende Gremium der Weiterbildungsorganisation und die Trägereinrichtung.

Neuere Untersuchungen zur Co-opetition (Neologismus aus der Spieltheorie, bestehend aus den Begriffen „Cooperation“ und „Competition“) simulieren bereits interorganisationale Führungskollaborationen (Kang und Ohmes 2022) und unterstreichen damit die Relevanz interorganisationaler Handlungskoordination. Stone-Johnson (2014) beschreibt auf Basis neo-institutionalistischer Überlegungen, die verantwortungsvolle Führung (responsible leadership) als Konzept, in welchem die Interaktionen von Bildungsorganisation und Umwelt Kern des Führungsprozesses sind.

Ansätze hierarchischer Führung wurden in den letzten Jahrzehnten von Konzepten der Selbstführung, wenn nicht abgelöst so doch ergänzt, denn wenn die selbständige Handlungskoordination und die Eigenverantwortung von Mitarbeitenden relevant werden, müssen starre Hierarchien abgebaut werden (Aktionsrat Bildung 2021). Eine spezifische Form der Selbstführung sind situative Führungsansätze, meist in Entstehungsprozessen von organisationalen Schwerpunkten (emerging leadership) auftretend. In diesem Konzept werden Führungspersonen oder -teams in bestimmten Situationen von einer Gruppe von Individuen bestimmt und deren Führung endet mit Abschluss der Situation (Pearce und Conger 2003). Ein weiterer Ansatz, der Hierarchie und Selbstführung integriert, wird dienliche Führung (servant leadership) genannt, wobei Führungspersonen den geführten Individuen die eigene Entwicklung zur Selbstführung ermöglichen – transformative Führung wird zur Dienstleistung gegenüber weiteren Individuen (Northouse 2016).

Neue Technologien erfordern die Entwicklung digitaler Führungsansätze (Vallo Hult und Byström 2022), womit sich die Bedeutung von Erkenntnissen zur Auswirkung von künstlicher Intelligenz (KI) auf Führung und Führungspersonen verstärkt. Insbesondere in Hinblick auf strategische Transformation, Qualifikationen und Kompetenzen, Kultur und Mensch-KI-Interaktion besteht zukünftig Handlungsbedarf (Peifer et al. 2022), auch in Organisationen der Weiterbildung. KI-Anwendungen unterstützen bereits heute die datenbezogene Entscheidungsfindung von Führungspersonen in Bildungsorganisationen (Wang 2021). Der souveräne und kritische Umgang mit allen Formen der Digitalisierung bleibt auch künftig eine starke Herausforderung für die Medienforschung und die Praxis der Weiterbildungsorganisationen (Aktionsrat Bildung 2018).

3.4 Vom funktional ausdifferenzierten Management zur komplexen beratungsintegrierten Personalentwicklung

Während der Begriff „Führung“ die sozialen Komponenten der Menschen- und Organisationsführung in den Blick nimmt, fokussiert „Management“ die Steuerung von Sachprozessen und Strukturen in Organisationen (Blessin und Wick 2021). Insgesamt zielen sowohl Führung wie Management, in ihren jeweiligen Anwendungsgebieten auf den Erfolg von Organisationen ab. Um ein Beispiel zu nennen: Strukturiertes Management beeinflusst Ergebnisse, die Individuen im Kontext von Weiterbildung erzielen, positiv. Dies trifft insbesondere auf Lernende aus sozial benachteiligten Kontexten zu (McNally et al. 2022).

Management trägt wesentlich dazu bei, dass die Reduzierung von Bildungsungleichheit als Aufgabe der Weiterbildung erfolgreich in den Organisationen umgesetzt werden kann. Gleichzeitig zeichnet sich in cloud-basierten Managementsystemen in der Weiterbildung (Silva et al. 2023) in Kombination mit bereits seit Jahren etablierten Lernplattformen (bspw. Coursera oder edX) eine gewisse Zentralisierungstendenz von digitalen Weiterbildungsangeboten ab – eine Entwicklung, die von der Weiterbildungs- und Organisationsforschung sowie der Praxis kritisch analysiert und moderiert werden muss.

Ein zentraler Erfolgsfaktor von Organisationen und ein Anwendungsgebiet von Führung und Management ist die Personalentwicklung. Der Begriff „Personalentwicklung“ entstammt der Betriebswirtschaft und bezeichnet die innerbetrieblichen Aktivitäten zur systematischen Förderung der Kompetenzentwicklung, Kooperation und Koordination des Personals (Arnold 2023). Personalentwicklung kann demzufolge als unternehmerische Aktivität verstanden werden, es bestehen aber auch individuen- und organisationsbezogene Ansätze, die die Konstruktion von Identität und Sinnzuschreibungen im sozialen Kontext untersuchen (Korte 2007). Personalentwicklung in Weiterbildungsorganisationen fördert ebenen-übergreifend, also makro-, meso- und mikrodidaktisch, sowohl formale und non-formale als auch informelle Lernaktivitäten des hauptberuflichen, nebenberuflichen und ehrenamtlichen Personals.

Die wichtige beratende Funktion von Weiterbildungsorganisationen in diesem Kontext ist hervorzuheben (Schiersmann 2023). Die Forschung fokussiert hierbei nicht nur die Praxis der Beratung, sondern auch die Messung der Beratungskompetenzen des beratenden Personals. Im Vordergrund neuerer Forschung steht auch, inwiefern Instrumente zur Erfassung von Beratungskompetenzen explizites Wissen über die pädagogische Handlungsform inkorporieren und wie Weiterbildungspersonal Beratungswissen operationalisiert (Wißhak und Stanik 2023).

Das wichtiger werdende Handeln in offenen und komplexen Situationen erfordert darüber hinaus eine transferförderliche Gestaltung des unmittelbaren Arbeitsumfeldes in Weiterbildungsorganisationen und keine zu starke Spezialisierung (Salamon et al. 2022). Die Erweiterung des Arbeitsumfeldes durch den Umgang und die Steuerung digitaler Technologien hat bereits Einzug in die Personalentwicklung erhalten (Gegenfurtner et al. 2020; Varis et al. 2022), aber auch hier erscheint die kritische Analyse des Einsatzes von KI-Technologien dringlich. Hat KI das Potenzial die Prozesseffizienz in der Personalentwicklung zu steigern, Kosten zu optimieren, Angebote breitflächiger zu streuen, die Evaluation der Personalentwicklung zu verbessern? In jedem Fall ist der ethische Rahmen für den Einsatz von KI-Technologien bei der Personalentwicklung zu konkretisieren und kritisch zu prüfen.

3.5 Vom betriebswirtschaftlich getriebenen Marketing zur lebensweltinteressierten Gewinnung von Zielgruppen und Adressatengruppen

Zeitgeschichtlich wurde in den 1990er-Jahren unter „Marketing von Weiterbildungsorganisationen“ ein strategisch-finanzielles Optimierungsinstrument verstanden, erst nach dem Jahr 2000 wurde Marketing zu einer neuen Selbstverständlichkeit in der Praxis und zu einem anerkannten pädagogischen Aufgabenfeld. Danach wurden neue Konzepte und ein neues Zielgruppenverständnis von Marketing (Schöll 2005) in der Weiterbildungsdebatte sichtbar, die Intransparenz der Angebote und die speziellen Profile von Anbietern und Organisationen galt es zu berücksichtigen. Die zurückgehenden finanziellen Zuwendungen des öffentlichen und staatlichen Bereichs mussten durch Beiträge der Teilnehmenden kompensiert werden. Die Interessen von potenziellen Adressaten und Teilnehmenden anzusprechen und zu treffen, wurde seither existentiell. Parallel hat die erwachsenenpädagogische Organisationsforschung sowohl die Pluralisierung der sozialen Strukturen als auch die ausdifferenzierte Interessensstruktur empirisch beschrieben.

Ein daran anknüpfendes Marketing erbringt aber nur dann organisationale Vorteile, wenn die Angebots‑, Kommunikations‑, Preis- und Distributionspolitik die aktive Partizipation und soziale Inklusion von potenziellen Teilnehmenden in der Weiterbildung in einer Region nicht nur ideell anstrebt, sondern auch empirisch analysiert und handelnd umsetzt. Ökonomische Organisationsziele werden dabei nicht unwichtig, weil diese das finanzielle Fundament für die sozialen und gesellschaftspolitischen Anliegen von Bildungseinrichtungen sind. Aber letztlich geht es darum, die Perspektivenübernahme des Weiterbildungspersonals und der Teilnehmenden sowie der Zielgruppen selbst zu verbessern, denn der Erfolg der Organisationen in der Erwachsenen- und Weiterbildung basiert auf der Dialogfähigkeit aller beteiligten Akteure (Tippelt und Reich-Claassen 2023).

Eine an Marketing interessierte Organisationsforschung ist anspruchsvoll und realisiert sich als Bedarfsanalyse über die Exploration von relevanten Zielgruppen und Adressaten (u. a. Lebensweltanalyse, Einstellungen zur Weiterbildung, Weiterbildungsinteressen, Weiterbildungsbarrieren), dann über die Konkurrenz- und Wettbewerbsanalyse (Bekanntheitsgrad, Image, Konkurrenzumfeld der jeweiligen Institution bzw. Organisation in einem bestimmten thematischen Bereich) bis hin zur konkreten Zielgruppenanalyse: den Themeninteressen und der optimalen Weiterbildungsveranstaltung für ausgewählte Zielgruppen, Erprobung und Evaluation dieser Angebote unter der bewertenden Kontrolle von Teilnehmenden.

4 Mikroebene der Organisations- und Professionalisierungsforschung

4.1 Von der differenzierten Zielgruppenanalyse zur eigenverantwortlichen Teilnehmendenorientierung

Angesichts der fortschreitenden Differenzierung von Lebenswelten kann die lebensweltinteressierte Zielgruppen- und Adressatenforschung einen wichtigen Beitrag leisten, um Organisationen eine an den Teilnehmenden orientierte lebensweltliche pädagogische Arbeit zu ermöglichen. Es geht darum, Teilnehmerinnen und Teilnehmer genauer zu verstehen, um mit den institutionellen und organisationalen Angeboten der Weiterbildung diese besser zu erreichen – die Pflege einer Teilnehmerorientierung ist notwendig (Tietgens 1983). Es hat sich gezeigt, dass nicht nur sozio-demographische Aspekte (also die vertikale Dimension der Sozialstruktur) beim erwachsenenpädagogischen Planungshandeln wichtig sind, die Einrichtungen und Lehrenden brauchen auch Sensibilität für die Lebensstile, Motivationen, Einstellungen, Erwartungen, Lebensziele und die alltagsästhetischen Präferenzen ihrer Teilnehmenden und Adressaten/innen (Barz und Tippelt 2018). Letztlich gilt es aber zu verstehen, dass Teilnehmende ihr Lernen selbstreflexiv und selbstbestimmt gestalten.

4.2 Vom formalen Lernen zum informellen Lernen und vorwärts zu integrierten Formen des Lernens

Mit Blick auf die organisationale Einbettung von Lernen ist das formale, non-formale und informelle Lernen zu differenzieren (Europäische Kommission 2000). Weiterbildung und Organisationen der Weiterbildung fokussieren häufig das non-formale Lernen (Europäische Kommission 2000), in den vergangenen Jahren hat die Aufmerksamkeit für das informelle Lernen allerdings stark an Bedeutung gewonnen (Tippelt und Schmidt-Hertha 2020).

Zentrale Forschungslinien im Kontext des Lernbegriffs sind in der Weiterbildungsforschung das Erfahrungslernen, die Biografieorientierung oder auch die Diskussion von Teilnahmestrukturen aus lebensweltlicher Perspektive. Im organisationalen Kontext wird die Anerkennung und Anrechnung von Lernergebnissen erforscht. Aktuell erfährt insbesondere das Lernen im (höheren) Alter Aufmerksamkeit. Dabei werden verschiedenartige Lernformen in unterschiedlichen Lernkontexten untersucht, beispielsweise das reflexive Lernen in informellen Bildungssettings (Leontowitsch und Prömper 2022) oder das forschende Lernen in der wissenschaftlichen Weiterbildung (Lörcher et al. 2022).

Informelle und non-formale Lernaktivitäten im Arbeitsalltag stehen ebenfalls im Vordergrund des Interesses, insbesondere die Möglichkeiten der Förderung informellen Lernens (Welk et al. 2023). In der internationalen Literatur wird der Begriff „worklife learning“ aufgegriffen (Le et al. 2023), das „transformative learning“ steht ebenfalls im Vordergrund internationaler Diskussionen der Weiterbildung. Lernen wird als Möglichkeit für den besseren Umgang mit sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Transformationen verstanden. Ein wichtiger Bezugspunkt des transformative learning ist der traditionelle Bildungsbegriff (Hoggan und Finnegan 2023) im Sinne der Selbstentfaltung, Humanontogenese und des reflexiven solidarischen Handelns.

4.3 Von der Präsenz zum hybriden Lernen und der digitalen Souveränität

Nicht zuletzt die Covid-19-Pandemie hat dazu beigetragen, dass die Begriffe „digitales Lernen“ und „digitale Lehre“ in den vergangenen Jahren zunehmend an gesellschaftlicher Aufmerksamkeit gewonnen haben. Dies lässt sich für alle Segmente des Bildungssystems feststellen (Grogorick und Robra-Bissantz 2021). Schon vor der Pandemie rückten die synonym verwendeten Begriffe des „hybriden Lernens“ und des „blended learning“ sowie die soziale Bedeutung „digitaler Souveränität“ (Aktionsrat Bildung 2018) in den Vordergrund.

Der Einsatz digitaler Medien im Kontext hybriden Lernens ist für Organisationen zusätzlich zur Notwendigkeit durch die Pandemie interessant, weil dem Wunsch vieler Lernender entsprochen werden kann, eine zeit- und ortsunabhängige Teilhabe an Bildungsprozessen zu ermöglichen (Kollar und Fischer 2018). Hybrides Lernen ist orts- aber nicht organisationsunabhängig. Durch hybrides Lernen erfahren pädagogische Handlungsfelder eine neue Dynamik, Offenheit und Vernetzung. Es geht darum, die Vorteile des Präsenz- und des online Lernens zu kombinieren. Aus Sicht von Organisationen kann zusätzlich zu vollständigem Lernen im Präsenz- oder online-Kontext, sowohl Ersteres um online-Angebote als auch Letzteres um Präsenzangebote ergänzt werden. Aus der Professionalisierungsperspektive werden unterschiedliche Lernräume in Bildungseinrichtungen und im Berufs- oder Alltagsbereich zusammengeführt (Favella et al. 2018).

Hybrides Lernen wird seit Fortschreiten der Covid-Pandemie verstärkt als neues Standardformat für das Lernen in Organisationen betrachtet – digitales Lernen ist Komplement, nicht Substitut (Käpplinger 2023). Vor diesem Hintergrund rücken vermehrt die Untersuchung strukturierter didaktischer Ressourcen für Veranstalter hybriden Lernens in der Erwachsenenbildung sowie systematische Überlegungen und Empfehlungen für Durchführende in den Fokus (Aschemann 2023). Im Blickpunkt stehen weiterführend Angebotsveränderungen nach der Pandemie, beispielsweise in der politischen Weiterbildung (Scheidig 2022) oder der Einfluss digitaler Bildungsangebote auf den Zugang zu Weiterbildung (Lacher und Rohs 2023).

Ein weiterer gegenwärtiger Betrachtungsgegenstand im Kontext des hybriden Lernens ist die Integration von KI in den Bildungsbereich. Beispielsweise werden die Aspekte KI-Literacy (Laupichler et al. 2022) und KI-Readiness (Luckin et al. 2022) bearbeitet, also die Vorbereitung von Lernenden und Lehrenden in der Weiterbildung auf den Einsatz von und den Umgang mit KI. Darüber hinaus untersuchen erste Projekte die sozio-ethischer Aspekte des Einsatzes KI-gestützter Bildungstechnologien in den Organisationen der Weiterbildung (Vogel-Adham et al. 2023).

4.4 Von der didaktischen Lernzielorientierung zum kompetenzbasierten Lernen

Die von den Organisationen der Weiterbildung geförderte Kompetenzentwicklung geht von einer möglichen Veränderung von Kompetenzniveaus der Lernenden (Winther 2016) aus. Kompetenzen werden dabei als Dispositionen zum selbstorganisierten Handeln in offenen und komplexen Situationen verstanden, gelten als anforderungsspezifisch und durch Aus- und Fortbildung veränderbar (Erpenbeck et al. 2017).

Vor dem Hintergrund der Ergebnisse der Kompetenzdiagnostik in den LEO- und in den internationalen PIAAC-Studien (Grotlüschen 2016) bieten Organisationen der Erwachsenen- und Weiterbildung – mit den Zielen von Zusammenhalt und Kohäsion – seit mehreren Jahren Programme zur Verbesserung der basalen Sprach- und Selbstregulationskompetenzen (Kulturwerkzeuge) an. Über die enormen kompensatorischen Aufgaben, die die Einrichtungen der Weiterbildung aufgreifen, werden aber auch allgemeinere Kompetenzen und Orientierungswissen zur kognitiv instrumentellen Modulierung der Welt, zur ästhetisch expressiven Begegnung und Gestaltung von Umwelt, zur normativ evaluativen sowie verantwortungsethischen Bewertung von Wirtschaft und Gesellschaft und zur Reflektion von Problemen konstitutiver Rationalität nachgefragt und angeboten. Nur auf der Basis dieses breiten Wissenskanons und der damit verbundenen Kompetenzen ist soziale Kohäsion möglich. Die Weiterbildungsorganisationen haben erkannt, dass in modernen Gesellschaften das Recht auf Grundbildung und die Notwendigkeit der Alphabetisierung/Literalität zu realisieren ist und entsprechende Angebote zu evaluieren sind.

Die gezielte Entwicklung von Kompetenzen wird unter dem Begriff „Kompetenzmanagement“ gefasst. Die Innensicht fokussiert das selbstgesteuerte Kompetenzmanagement von Individuen, die Außensicht integriert die organisationale Ebene. Das individuelle und das organisationale Kompetenzmanagement werden in einer vernetzten Betrachtung als transversales Kompetenzmanagement neu definiert (North et al. 2018). Dabei werden Modelle zur Förderung der Kompetenzentwicklung bei Lehrenden und Lernenden entwickelt. Im Fokus stehen aktuell virtuelle Kontexte (Knackstedt et al. 2022) ebenso wie die Kompetenzentwicklung von Lehrenden in der inklusiven Bildung (Makhambetova und Magauova 2023).

5 Chronoebene der Organisations- und Professionalisierungsforschung

5.1 Von der segmentierten Wahrnehmung von Bildungsabschnitten zur noch stärkeren Orientierung am System des Lebenslangen Lernens

Die Priorisierung des Lebenslangen Lernens, wie sie in der europäischen und internationalen Bildungspolitik in den letzten Jahrzehnten zu beobachten war (Ioannidou 2010), hat auch dazu geführt, „die Resonanz des lebenslangen Lernens in Organisationen des Erziehungs- und Bildungswesens (LOEB)“ genauer zu analysieren. Es geht darum, selektive Betrachtungsweisen zu überwinden und eine bildungsbereichsübergreifende Perspektive des Lebenslangen Lernens zur Geltung zu bringen. Dabei müssen über die Grenzen der Subdisziplinen der Erziehungswissenschaft hinausweisende Fragestellungen beantwortet und die Institutionalisierung der Wissensformen Lebenslangen Lernens in den verschiedenen Organisationsstrukturen des Bildungssystems analysiert werden. Es gilt die Leitfragen zu beantworten, wie stark die einheitsstiftende Formel vom Lebenslangen Lernen in den Organisationen der verschiedenen Bildungsbereiche und eben auch in den Organisationen der Erwachsenen- und Weiterbildung verankert ist. Welche objektivierbaren Anstrengungen unternehmen die Organisationen auf der Ebene der Fortbildungsangebote zum Thema „Lebenslanges Lernen“ und welche Potenziale im Berufswissen von praktisch tätigen Pädagoginnen und Pädagogen lassen sich identifizieren, die einen Beitrag zur Überwindung der „Versäulung“ des Erziehungs- und Bildungswesens und der tendenziellen Fremdheit zwischen den Berufskulturen leisten können (Nittel und Tippelt 2019)?

Die Verstetigung des Lernens über die gesamte Lebensspanne ist seit geraumer Zeit eine zentrale Kategorie in der internationalen Bildungsberichterstattung (Behringer et al. 2013) und die Implementierung von entsprechenden Programmen zum Lebenslangen Lernen ist ein wichtiger Bezugspunkt, um die Inklusion aller Bevölkerungsgruppen zu begründen (Field 2009), um die Kompetenzdebatte zu fundieren, um wachsende Lernwiderstände zu analysieren (Siebert 2006) oder das ökologisch nachhaltige Lernen in Bildungsorganisationen zu begründen (Wahl 2017).

Die bildungspolitische Strategie zum Lebenslangen Lernen hat in den Organisationen des Erziehungs- und Bildungswesens tatsächlich Spuren hinterlassen. Dies konnte in der DFG-geförderten PAELL-Studie, die den Forschungsschwerpunkt auf die soziale Welt pädagogisch Tätiger (Nittel et al. 2014) in den pädagogischen Organisationen gerichtet hat und im anschließenden LOEB-Projekt, das den Fokus auf Phänomene der Wahrnehmung und Realisierung des Lebenslangen Lernens in Organisationen, beispielsweise bei deren institutionellen Selbstbeschreibungen von Leitbildern aufgezeigt werden. Die nach innen wie nach außen kommunizierte eigene Identität der jeweiligen Organisation hat im organisationalen Auftrag, den handlungsleitenden Maximen, den zentralen Wertvorstellungen deutliche Hinweise auf das Lebenslange Lernen als einheitsstiftendes Gedächtnis sichtbar gemacht. Trotz der sachlogisch notwendigen Divergenzen in der Organisationslandschaft des Erziehungs- und Bildungswesens konnte komparativ auch auf die eine oder andere bildungsbereichsübergreifende Konvergenz bei der Begründung der Bildungsprozesse über die Lebensspanne hingewiesen werden (Nittel und Tippelt 2019).

5.2 Von einer notwendigen querschnittlichen Forschung zu replikativen mixed method designs

Methodologisch ist festzuhalten, dass die Anwendung empirischer Forschungsmethoden in der weiterbildungsorientierten Organisations- und Professionalisierungsforschung vielfältig ist. Nach der realistischen Wende der Erziehungswissenschaft Mitte der 1960er-Jahre, gab es auch in der Organisationsforschung Dispute zwischen Vertreterinnen und Vertretern quantitativer und qualitativer Forschungsmethoden, die lange für ein unterschiedliches Wissenschaftsverständnis und Menschenbild standen (Eckert 2018; Dörner und Schäffer 2018). Mittlerweile ist man dazu übergegangen, verschiedene Forschungsmethoden innerhalb einzelner Studien gezielt zu kombinieren. Methodenpluralistische Verfahren haben sich für die Analyse der Erwachsenen- und Weiterbildung auf allen der genannten Ebenen als sehr sinnvoll erwiesen, da jeder der unterschiedlichen Zugänge zu den Organisationen, dem Personal oder den Teilnehmenden in der Weiterbildung spezifische Lücken lässt, die durch den jeweils anderen Forschungszugang beantwortet werden können (Flick 2010). Für elaborierte Formen dieses Methodenpluralismus hat sich der Begriff„Triangulation“ und „Mixed-Method-Designs“ durchgesetzt: Erst in diesem Verständnis wird von einem gleichwertigen Status qualitativer und quantitativer Ansätze ausgegangen. Es lassen sich – selektiv und thesenartig – einige Anregungen für die weitere Entwicklung methodisch kontrollierter Organisations- und Professionalisierungsforschung formulieren:

Erste Anhaltspunkte über Entwicklungstrends und die aktuelle Situation von Organisationen und deren Personal in der Bundesrepublik Deutschland liefert die vom DIE mitgetragene Bildungsberichterstattung und speziell der vom DIE und BIBB getragene WB-Monitor (Autor:innengruppe Bildungsberichterstattung 2022). Diese Statistiken liefern Hinweise auf institutionelle Entwicklungen im Zeitverlauf, weil aus den statistischen Daten Zeitreihen gebildet werden können (soweit sich die Erfassungskriterien nicht geändert haben). Organisations- und Professionalisierungsstudien können prinzipiell die Daten der Mikrozensen und prozessgebundene Daten intensiver nutzen.

Wiederum gilt für die Weiterbildungsforschung auf allen Analyseebenen und deren Verknüpfung angesichts des hohen Erkenntniswertes von Längsschnittstudien, dass diesbezügliche Forschungsbemühungen noch stärker in den Vordergrund zu stellen wären. Neben der traditionellen Längsschnittstudie lassen sich auch in den sogenannten Replikationsstudien Zeitvergleiche durchführen. Im Gegensatz zu Panelstudien, bei denen dieselben Personen mehrfach befragt werden, zielen Replikationsstudien darauf ab, Kohorteneffekte oder Zeitwandeleffekte aufzudecken, also zu erkunden, wie sich die Organisationen und das Personal eines zurückliegenden Zeitpunktes von jenen eines späteren Zeitpunktes unterscheiden. Replikationsstudien zur Analyse sozialen Wandels haben einen unbestreitbaren Erkenntniswert und sollten methodisch reflektiert und inhaltlich gezielt weiter durchgeführt werden. Andererseits können von Experten gestützte Delphi- und Szenariotechniken helfen, zukünftige Entwicklungen von Organisationen fundierter einzuschätzen (Kuwan und Wachbüsch 1998; Kisgen 2021; Lange 2023).

Groß angelegte repräsentative Survey- und Längsschnittstudien bieten ein reichhaltiges Datenreservoir, das keineswegs nur von den Initiatorinnen und Initiatoren dieser Studien genutzt werden sollte, sondern vielfach auch einer interessierten Fachwelt zur Verfügung steht. So wird gerade der Nutzen von Großprojekten wie das Bildungspanel (NEPS) davon abhängen, dass sich zahlreiche Forscherinnen und Forscher auch aus der organisationsbezogenen Weiterbildungsforschung dieser Daten bedienen, um ihre Fragestellungen auch anhand der aufwändig erhobenen Repräsentativdaten des LifBi (Roßbach und von Maurice 2016) zu bearbeiten.

Die sozial-ökologische Organisationsforschung darf keine vorübergehende Erscheinung bleiben, sondern dieser Ansatz (Bronfenbrenner 1981) bietet Möglichkeiten, gesellschaftliche Strukturveränderungen (Makroebene), institutionelle Entwicklungen (Meso- und Exoebene) sowie Lebenslagen, Orientierungen und Lernen (Mikroebene) im Zusammenhang zu erforschen. In den letzten Jahren haben sich die Bemühungen auf der Chronoebene verstärkt, in einer mehrebenenanalytischen Sichtweise die Veränderungen der Gesellschaftsebene, der Institutionenebene und der Interaktionsebene bei der Analyse des organisationalen Wandels differenziert herauszuarbeiten (Ditton 2016). Dabei ist die externe Validität ökologischer Feldforschung hoch zu gewichten.

Es hat sich als nützlich erwiesen, objektive Indikatoren zur organisationalen Situation in engen Bezug zu subjektiven Daten der Mitarbeitenden oder Teilnehmenden zu setzen und hierbei nicht nur Orientierungen, Werte und Einstellungen von Individuen zu diskutieren, sondern auch die situativen Daten von Organisationen im Wandel zu erfassen (z. B. Studien zum organisationalen Wandel in der Pandemie). Empirische Organisationsanalysen können objektive und subjektive Indikatoren berücksichtigen.

6 Fazit: Forschung, Transfer und Praxis

Abschließend ist festzuhalten, dass der wissenschaftliche Erfolg der Organisations- und Professionalisierungsforschung in der Erwachsenen- und Weiterbildung nicht in vermeintlich sicheren Prognosen, in scheinbar unbestreitbaren Experimenten, in der beharrlichen Abschirmung „einheimischer“ Begriffe oder der Behauptung kausaler orts- und zeitunabhängiger Wirkungsketten liegt. Notwendig ist vielmehr – und dies zeigt die Analyse – die inter- und transdisziplinäre Kommunikation, die dann zur synthetisierenden kontinuierlichen Verbreiterung des Wissensstandes durch Forschung führt. Eine Organisationsforschung in diesem Sinne ist die Basis für die Aneignung einer fachlichen Professionalität des Personals durch eine systematische Hochschulausbildung und die Fortbildung in den ausdifferenzierten und subsidiären Erwachsenen- und Weiterbildungsorganisationen. Die dargelegte Skizze zur Systematisierung der Organisations- und Professionalisierungsforschung hat ergeben,

  • dass sich die Forschung in diesem Bereich der Erwachsenenbildung nach den sozio-ökologischen Ebenen gliedern lässt und dass sich diese interprofessionelle und interdisziplinäre Forschung schon deshalb nur multitheoretisch entwickeln kann,

  • dass eine stärkere Integration handlungs- und akteurstheoretischer Konzepte in der Organisations- und Professionalisierungsforschung möglich ist,

  • dass die Leistungen, die die Wissenschaft für die Politik, die Öffentlichkeit und auch die Praxis erbringt, empirisch fundiert sind und durch systematisches Beobachten, sammeln von Daten, interpretieren von Befunden die Diskussion von Entscheidungen und Handlungen zur rationalen Prüfung von alternativen Vorgehensweisen einlädt,

  • dass wegen der praxisoffenen Zielorientierung der Weiterbildung eine handlungstheoretische Perspektive der Organisations- und Professionsforschung gefordert ist; überspitzt kann man sagen, dass nicht die Organisationen handeln, sondern die Lehrenden, Organisierenden, Beratenden, Leitenden und die Teilnehmenden die Organisationen bewegen.

  • dass die Kompetenzen und Qualifikationen des Personals allerdings nicht ohne das Organisationsprofil ihrer Einrichtung zu interpretieren sind,

  • dass sich in der Organisations- und Professionalisierungsforschung elaborierte Formen eines forschungsmethodischen Pluralismus und Mixed-Method-Designs durchsetzen, wobei von einem gleichwertigen Status qualitativer und quantitativer Ansätze auszugehen ist,

  • dass die Dynamik des Lernens über die gesamte Lebensspanne auch in den jeweils spezifischen Weiterbildungsorganisationen wahrgenommen wird und meist ein nachhaltiges formal und informal integriertes Lernen in Bildungsorganisationen angestrebt wird,

  • dass die Vorteile des hybriden Lernens in Weiterbildungsorganisationen durchaus anerkannt sind und dass die digitale Souveränität des Personals und der Teilnehmenden an Bedeutung gewinnen,

  • dass der Wert intra- und interorganisationaler Formen der Kooperation und Koordination auch im Kontext der Teilnehmendenorientierung zunehmend erkannt wird,

  • dass die Qualität von Bildung oder von sozialen Interventionen real stark variieren, aber sich eine in Eigenverantwortung von Bildungsträgern und Organisationen durchgeführte Qualitätssicherung an trägerübergreifenden allgemeinen Normen orientieren (sollte),

  • dass das Interesse an den Lebenswelten der Teilnehmenden und Adressatengruppen nicht vornehmlich betriebswirtschaftlich getrieben ist, sondern auch sozial- und bildungsorientierte Ziele intendiert sind,

  • dass sich an einer aufgeklärten Teilnehmendenorientierung vor allem verantwortungsethisch legitimierte exzellente Weiterbildungseinrichtungen erkennen lassen.

Neben diesen in der systematischen Skizze jeweils erörterten Befunde, lassen sich einige weitere Anregungen für die Organisations- und Professionalisierungsforschung benennen: Vor allem bei Wissenschaft-Praxis-Kooperationen ist auf eine allgemeinverständliche Kommunikation zu achten. Man muss auf irrelevante Informationen und Wissensbestände verzichten (Maxime der Relevanz). Informationen sind auf das wesentliche zu reduzieren (Maxime der Quantität) und unnötige Fachtermini und verklausulierte Formulierungen sind zu vermeiden (Maxime der Klarheit). Die Chancen einer gelingenden interprofessionellen Kommunikation in der Organisationsforschung sind in Anlehnung an Kiesers (2007) Potenziale von Wissenschafts-Praxis-Dialogen in folgenden Aspekten zu sehen: Kontingenzen aufzeigen, höheres Aufklärungspotential erzeugen, bislang Unbekanntes aufdecken, Probleme neu bestimmen, unerkannte Zusammenhänge erkennen, bisher nicht gestellte Fragen stellen u. a. Um die Möglichkeiten der Interprofessionalität und Interdisziplinarität in der Organisationsforschung zu realisieren, bedarf es also der Kommunikation, Kooperation und Vernetzung. Organisationsforschung in diesem Sinne ist auch an Diskurse zur partizipativen Forschung anschlussfähig (von Unger 2014).

Stark partizipative Forschungsprojekte sind nicht substitutiv, sondern sind komplementär zu denken und thematisieren häufig (Reeves 2006) Transfer- und Transformationsanliegen der Forschung. Dies setzt voraus, dass die beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und Bildungspraktikerinnen und -praktiker akzeptieren, dass die Perspektive der jeweils anderen auf anderen Logiken und Relevanzen beruhen, diese aber in gleicher Weise berechtigt und wertvoll sind (Schmidt-Hertha et al. 2023). Trotz der Schwierigkeiten solcher partizipativen Ansätze ist zu konzedieren, dass die jeweiligen professionsbezogenen Interessenslagen (Erkenntnisgewinn, Praxisentwicklung, Systemoptimierung, etc.) offen kommuniziert und reflexiv zueinander in Beziehung gebracht werden können. Die sich aus einem solchen offenen und partizipativen Zugang ergebenden erkenntnistheoretischen, methodologischen wie forschungsethischen Fragen und Herausforderungen können in der Organisationsforschung zur Erwachsenen- und Weiterbildung vertieft bearbeitet werden.

Allerdings ist in der Tat auffallend, dass bislang kaum empirische Studien vorliegen, ob und in welchem Ausmaß wissenschaftliche Politik- und Praxisberatung zu einer Rationalisierung politischer Entscheidungen und praktischer Handlungen im Bildungsbereich allgemein oder im Bereich der Organisations- und Professionalisierungsforschung speziell beitragen konnte (Schrader und Rüter 2023). Zutreffend ist, dass Politik- und Praxisberatung durch Forschung und Wissenschaftskommunikation erfolgt. Um eine faktenbasierte Entscheidungsfindung zu ermöglichen, wird im Kontext einer partizipativen Wissenschaftskommunikation immer wieder darauf hingewiesen, dass auch die Adressaten offen und bereit sein müssen sich mit Forschungsergebnissen auseinander zu setzen (Tlili und Dawson 2010). Zentrale Faktoren hierbei sind also sowohl eine praxisinteressierte Wissenschaft wie eine wissenschaftsaffine Praxis und Öffentlichkeit.