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Die vakante Sitzung in Psychoanalyse und Supervision

The vacant session in psychoanalysis and supervision

  • Originalarbeit
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Forum der Psychoanalyse Aims and scope

Überarbeitete Fassung eines Vortrags auf der DPG-Jahrestagung 2011 in Hannover.

Zusammenfassung

In der Psychoanalyse und auch in der Supervision wird der Umgang des Psychoanalytikers und Supervisors mit der Frage der vakanten Sitzung und eines möglichen Bereitstellungshonorars in Wort und Tat offenkundig. In der Analyse tauschen sich Analytiker und Analysand aus. In der Supervision läuft die Auseinandersetzung auf zwei Ebenen: Supervisand und Supervisor sprechen über die Therapieprozesse, die zwischen Supervisand und Patient ablaufen, u. a. auch über den Umgang mit vakanten Sitzungen und das Bereitstellungshonorar. Darüber hinaus gibt es einen realen und unmittelbaren Austausch über die Frage vakanter Sitzungen in der supervisorischen Beziehung.

Oftmals bestimmen die eigenen bewussten Vorstellungen des Analytikers, Supervisors und Supervisanden über Unzumutbarkeiten und zu große Härten, welche vermeintlichen Ausnahmen und Kulanzabsprachen sie Supervisanden und Analysanden meinen, einräumen zu müssen, ohne dass diese dabei dann schon „zu Wort gekommen“ sind. In diesem Aufsatz wird dargestellt, wie das (unbewusste) „Zu-Wort-Kommen“ von Analysanden in Behandlung und von Supervisanden in Supervision initiiert werden kann und wie sich dadurch ein tiefergehendes Verständnis der Gefühls- und Konfliktlage des Analysanden und des Supervisanden sowie der Übertragungs- und Gegenübertragungsdynamik in der Analyse und der Supervision ergeben kann. Nicht die Suche nach einer allgemeingültigen idealen Vakanzregel steht dabei im Vordergrund, sondern die Analyse der in der jeweiligen Beziehung auftauchenden Themen, Überzeugungen und Konflikte mittels der kontextbezogenen Methode, die individuelle Einsichten und passende Wege bezüglich des Umgangs mit vakanten Sitzungen und dem Bereitstellungshonorar eröffnen kann.

Abstract

In psychoanalysis and also in supervision the analyst’s and supervisor’s handling of the question of the vacant or missed session and a possible related fee are evident in word and action. In analysis the analyst and the analysand exchange views. In supervision the debate runs on two levels: the supervisand and the supervisor talk about the therapy processes that happen between the supervisand and the patient including the handling of vacant sessions and related fees. Above that there is a real and actual exchange on the question of vacant sessions in the supervisory relationship.

Often the analyst’s, supervisor’s and supervisand’s own conscious views about unacceptability and unreasonable hardship define which so-called exceptions and goodwill arrangements they believe they are obliged to offer with respect to their supervisands and analysands without these having their say. This article illustrates how a (unconscious) “to-have-one’s-say” of analysands in treatment and of supervisands in supervision can be initiated and how this can lead to a deeper understanding of the emotions and conflicts of the analysand and the supervisand as well as the dynamics of transference and countertransference in analysis and supervision. The important aim of the article is not the search for an ideal and universally applicable rule for vacant sessions but rather the analysis, by means of the context-related method, of the themes, beliefs and conflicts emerging in these special relationships, which in turn allows individual insights and suitable ways to approach the topic of the handling of vacant sessions and related fees.

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Notes

  1. Auf die Problematik, dass das Einkommen von Therapeuten von ihnen selbst und von Patienten oft falsch eingeschätzt wird und eine übersteigerte Fantasie vom reichen, geldgierigen Therapeuten entsteht, wird hier nicht eingegangen. Hilgers (2010, S. 515) weist auf die in Veränderung begriffenen „Sozialisations-, Lebens- und Arbeitsbedingungen sowohl von Patienten als auch von Psychotherapeuten unter dem Einfluss von Turbokapitalismus und globalen Krisen“ hin.

  2. Stern et al. (2012, S 118) schreiben dazu: „Besonders relevant für die Untersuchung der Veränderungsprozesse in psychodynamischen Therapien sind die Konzepte der emergenten Eigenschaften und der Attraktorzustände … Ein Attraktorzustand ist ein stabiles Muster, das man sich als den Ort vorstellen kann, an dem das System ‚gerne‘ wäre, aber nicht unbedingt sein muss“.

  3. Diese Erwartung bleibt unausgesprochen, weil ich mein Gegenüber nicht mit meinen Erwartungen überfordern möchte, so wie ich zum Beispiel auch nicht zu Beginn sage „Ich vermute, dass Sie mindestens 400 Sitzungen brauchen.“ Meine Erwartungen und Vermutungen entsprechen meinen bisherigen Erfahrungen und Vorstellungen und sagen erst einmal nichts über den Einzelfall aus bzw. können mir keine Sicherheit darüber geben, ob meine Erwartungen auch für diesen besonderen Fall, der ja eine Ausnahme sein könnte, zutreffen.

  4. Damit wird die These vertreten, dass das Auftauchen von neuem und bisher unterdrücktem Material nicht per se eine Form der Validierung ist (Langs 2004, S. 160).

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Althoff, ML. Die vakante Sitzung in Psychoanalyse und Supervision. Forum Psychoanal 29, 139–160 (2013). https://doi.org/10.1007/s00451-013-0136-1

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