Einleitung

Ein Teil der nach Deutschland einreisenden unbegleiteten minderjährigen Ausländer verfügt nicht über verlässliche Ausweispapiere [1, 2]. Die Gründe für das Fehlen von validen Personaldokumenten sind vielfältig. Zum einen findet in zahlreichen Herkunftsländern der unbegleiteten minderjährigen Ausländer nur eine unzureichende amtliche Geburtsregistrierung statt [3]. Hinzu kommt, dass es für junge Migranten starke Anreize für bewusst falsche Altersangaben gibt. So resultiert aus der besonderen Rechtsposition unbegleiteter Minderjähriger (Überstellungs- und Rückführungsschutz, Inobhutnahme, Jugendhilfeleistungen) das Risiko einer falschen Altersangabe, worauf der UNHCR bereits 1997 hinwies [4]. Die korrekte Identifizierung einer Person als Minderjähriger bzw. Erwachsener ist daher wichtig, um sicherzustellen, dass einerseits die Rechte Minderjähriger geschützt und gewahrt werden, andererseits aber verhindert wird, dass Erwachsene der Kategorie Minderjährige zugeordnet werden und dann zusätzliche Rechte oder Garantien in Anspruch nehmen können, die ihnen nicht zustehen [3].

Die aktuellen Empfehlungen der Arbeitsgemeinschaft für Forensische Altersdiagnostik (AGFAD) beinhalten neben einer körperlichen Untersuchung mit Anamneseerhebung auch die Anfertigung eines Orthopantomogramms für die Dokumentation des Entwicklungsstandes der dritten Molaren, die projektionsradiographische Untersuchung des Entwicklungsstandes des Handskelettes und, bei abgeschlossener Entwicklung des Handskelettes, die ergänzende computertomographische Untersuchung des Entwicklungsstandes der medialen Epiphysen der Schlüsselbeine [5]. Unter Anwendung des Mindestalterprinzips [6] ist es in der Zusammenschau der Ergebnisse der apparativen Untersuchungen dann möglich, eine verlässliche Aussage hinsichtlich des Mindestalters eines Individuums zu treffen, wenngleich dieses in den meisten Fällen deutlich unterhalb des tatsächlichen chronologischen Alters liegen wird.

Da die gegenwärtig empfohlene Methodik der forensischen Altersdiagnostik auf die Anwendung von Röntgenstrahlung zurückgreift, besteht ein großes Interesse an der Einführung von Untersuchungen ohne ionisierende Strahlung, u. a. unter Nutzung der untersucherunabhängigen Magnetresonanztomographie (MRT). Eine Übersicht der vorliegenden MRT-Studien zur forensischen Altersdiagnostik geben De Tobel et al. [7].

In einem vom Europäischen Flüchtlingsfonds (EFF) geförderten und vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) kofinanzierten Projekt wurde untersucht, ob der zweifelsfreie Volljährigkeitsnachweis mittels MRT grundsätzlich möglich ist [8]. Dies gelang durch den Nachweis einer fortgeschrittenen Verknöcherung der medialen Schlüsselbeinwachstumsfuge. Die MRT-Untersuchung der Schlüsselbeine ist allerdings nur in einem Ganzkörperscanner möglich, in dem die zu untersuchende Person mehrere Minuten ruhig liegen muss, was hohe Anforderungen an die Kooperationsbereitschaft stellt [9]. Zudem kann bei einem Teil der Fälle durch Besonderheiten des Schlüsselbeins (bei 10 % der Menschen beidseitige anatomische Normvarianten, die eine Bestimmung des Verknöcherungsstadiums nicht zulassen) und der Untersuchungsmethode (Atmungsartefakte und Pulsationsartefakte der Körperhauptschlagader) das Stadium der Schlüsselbeinverknöcherung nicht sicher bestimmt werden [9, 10]. Darüber hinaus sind MRT-Untersuchungen in einem Ganzkörperscanner bei Personen, die unter Klaustrophobie leiden, kontraindiziert.

Weitere Auswertungen der im Rahmen des EFF-Projekts generierten Daten haben gezeigt, dass möglicherweise auch durch MRT-Untersuchungen des Handgelenks und des Knies mit einer neu entwickelten Stadieneinteilung ein zweifelsfreier Volljährigkeitsnachweis gelingen kann [11,12,13].

Die MRT-Untersuchungen von Handgelenk und Knie sind auch in einem sog. Gelenkscanner möglich, in dem sich bei der Untersuchung nur das Handgelenk bzw. das Knie innerhalb einer kompakten Magnetröhre befinden. Anatomische Normvarianten kommen an diesen Skelettregionen nicht vor. Außerdem kann bei allen Personen eine von Bewegungsartefakten freie Untersuchung erfolgen. Da die MRT-Untersuchungen nicht in einem Ganzkörperscanner stattfinden, ist auch die Untersuchung von Personen mit Klaustrophobie problemlos möglich.

Die vorliegende Arbeit stellt Studiendesign und erste Ergebnisse einer Studie zur forensischen Altersdiagnostik mittels Niederfeld-Magnetresonanztomographie vor.

Studiendesign

Zielsetzung

Es soll geprüft werden, ob Ossifikationsmerkmale am Handgelenk und am Knie, die einen zweifelsfreien Volljährigkeitsnachweis erlauben, mit einem 0,31-T-Niederfeld-MRT-Scanner nachgewiesen werden können.

Studienkollektiv

Es sollen 650 freiwillige Studienteilnehmer, gleichmäßig verteilt zu je 25 Personen je Geschlecht innerhalb der Altersgruppe 12 bis 24 Jahre, prospektiv untersucht werden. Für die MRT-Untersuchungen gelten die üblichen relativen und absoluten Kontraindikationen (magnetisierbare Fremdkörper innerhalb der Orbita, Cochlea- und Schrittmacherimplantate, frisch eingebrachte Gefäßclips, unlängst durchgeführte chirurgische Eingriffe, mögliche Schwangerschaft) mit Ausnahme des Wegfalls des Vorliegens einer klaustrophoben Störung. Spezifische Ausschlusskriterien für eine Studienteilnahme sind das Vorliegen einer Grunderkrankung mit Einfluss auf die Skelettentwicklung oder stattgehabte Traumata mit bleibender Schädigung der epiphysären Wachstumszone von distalem Radius, distaler Ulna, distalem Femur und/oder proximaler Tibia.

MRT-Scanner

Die Untersuchungen werden mit einem 0,31-T-MRT-Scanner durchgeführt (Esaote O‑Scan Premium; Fa. Esaote S.p.A., Genua, Italien) unter Nutzung von „Dual-phased-array“(DPA)-Spulen für Handgelenk- bzw. Kniegelenkuntersuchungen.

MRT-Sequenzen

Für die Untersuchungen der Hand- sowie Kniegelenke werden jeweils in koronaler Orientierung eine T1-gewichtete Spin-Echo(T1w SE)-, eine T2-gewichtete Fast-Spin-Echo-Sequenz mit Short Tau Inversion Recovery (T2w FSTIR), eine T2-gewichtete Gradientenechosequenz in Dixon-Technik (T2w XBONE) und eine protonendichtegewichtete Spin-Echo-Sequenz in Dixon-Technik (PDw SPED) sowie in sagittaler Orientierung eine T2w XBONE mit den in Tab. 1 und 2 aufgeführten Sequenzparametern akquiriert. Die Dixon-Technik für Fettsättigung nutzt einen Effekt aus, der sich aus einer diskreten Veränderung der physikalischen Eigenschaften von Wasserstoffatomen von Wasser und Fett in Magnetfeldern ergibt. Hierzu wird bei zwei Echozeiten Bildmaterial akquiriert („in-phase“ und „opposed phase“), aus denen anschließend jeweils ein Wasser- und Fettbild („water only“ und „fat only“) berechnet werden.

Tab. 1 Parameter der verwendeten Sequenzen für die MRT-Untersuchung des Knies
Tab. 2 Parameter der verwendeten Sequenzen für die MRT-Untersuchung des Handgelenks

Stadieneinteilung

Zur Beurteilung des Ossifikationsstandes von distalem Radius, distaler Ulna, distalem Femur und proximaler Tibia wurde die sog. Vieth-Klassifikation verwendet [12]. Die Vieth-Klassifikation beruht auf der Erfassung von regelhaft bei MRT-Untersuchungen beobachtbaren Merkmalen der Ossifikation der Epiphysen langer Röhrenknochen (Tab. 3; Abb. 1). Bei der Anwendung der Klassifikation wird die akquirierte T1w-Sequenz in einem ersten Schritt genutzt, um die korrekte anatomische Lage der Wachstumszone bzw. der Epiphysennarbe nach abgeschlossener Fusion zu ermitteln. Im zweiten Schritt erfolgt in den Stadien 2 bis 4 dann eine Unterscheidung der ossären epiphysär-diaphysären Fusion mittels der T1w-Sequenz, orientiert an der Dicke und Kontinuität des hypointensen Knorpels der Wachstumszone. In den Stadien 5 und 6 kann in einem dritten Schritt eine weitere Differenzierung anhand eines T2w-hyperintensen Signals nur in der T2w-Sequenz stattfinden, da die ossäre Fusion bereits abgeschlossen und in der T1w-Sequenz nicht weiter zu differenzieren ist.

Tab. 3 Kurzform der Stadienbeschreibungen der Vieth-Klassifikation, für die schematischen Darstellungen der Stadien s. Abb. 15 und 6
Abb. 1
figure 1

MRT-Klassifikation der Ossifikationsstadien nach Vieth et al. [12]. Stadium 2: eine kontinuierliche, intermediäre Bande in T1 und 2 kontinuierliche oder diskontinuierliche, hyperintense Linien in T2; Stadium 3: eine diskontinuierliche, intermediäre Bande in T1 und 2 hyperintense, sporadisch zusammenlaufende Linien in T2; Stadium 4: eine diskontinuierliche, intermediäre Linie in T1 und eine dünne, diskontinuierliche Linie in T2; Stadium 5: eine kontinuierliche, intermediäre Linie in T1 und eine diskontinuierliche, hyperintense Linie in T2; Stadium 6: eine kontinuierliche, intermediäre Linie in T1 und kein Signal in gleicher Position in T2

Auswertung

Die Untersuchungen werden auf einer PACS(„Picture archiving and communication system“)-Workstation durch 2 erfahrene radiologische Gutachter hinsichtlich der Anwendbarkeit der Vieth-Klassifikation sowie mit Blick auf Besonderheiten der Niederfeldanwendung bewertet.

Ethikvotum

Für die Studie liegt ein positives Votum der Ethikkommission der Ärztekammer Westfalen-Lippe und der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster vor (Aktenzeichen 2021-168-f-S).

Erste Ergebnisse

Studienkollektiv

Das Projekt startete am 01.11.2020. Bis zum 25.04.2022 wurden von den angestrebten 650 Studienteilnehmenden insgesamt 487 untersucht. Die Verteilung auf die Altersklassen ist Abb. 2 zu entnehmen. In den Altersklassen 21, 23 und 24 Jahre wurde die geplante Fallzahl von 25 männlichen und 25 weiblichen Probanden bereits erreicht. Hingegen fehlen in der Altersgruppe 13 bis 20 Jahre je nach Geschlecht noch 5 bis 13 Probanden, bei den 12-jährigen Jungen sogar noch 18 Probanden.

Abb. 2
figure 2

Alters und Geschlechtsverteilung der bis zum 25.04.2022 untersuchten Studienteilnehmenden

Untersuchungsdurchführung

Die Akquise eines vollständigen Studiensets aller Sequenzen dauert je Gelenk ca. 40 min, von denen weniger als 5 min auf die Lagerung entfallen. Auf die Durchführung einer Untersuchung nur mit den Sequenzäquivalenten, die für die Anwendung der Vieth-Klassifikation benötigt werden, entfallen hierbei je Gelenk ca. 15 min, inklusive Lagerung.

Zur Untersuchungsvorbereitung werden übliche Schlupfhosen aus Baumwolle bereitgestellt, um den möglichen Einfluss von Fremdmaterialien in der Straßenkleidung und um bewegliches Metallgut (Kleingeld o. Ä.) im Geräteraum auszuschließen. Für die Untersuchung des jeweiligen Gelenkes können die Studienteilnehmer einfach und bequem positioniert werden (Abb. 3 und 4). In Fällen, in denen eigenanamnestisch von klaustrophobischen Tendenzen und Bedenken hinsichtlich einer Teilnahme berichtet wurde, nahmen die Studienteilnehmer, nachdem sie den Scanner vorgeführt bekamen, schließlich an der Studie teil. In keinem Fall kam es zu einem klaustrophobischen Anfall oder zu einem Abbruch der Untersuchung wegen Unbehagens.

Abb. 3
figure 3

Lagerung der Studienteilnehmenden für die Untersuchung des Handgelenkes

Abb. 4
figure 4

Lagerung der Studienteilnehmenden für die Untersuchung des Kniegelenkes

MRT-Sequenzen und Vieth-Klassifikation

Mit den akquirierten Sequenzen gelang es, die für die Anwendung der Vieth-Klassifikation relevanten Merkmale der Entwicklungsstadien der chondralen Ossifikation der untersuchten Gelenke zu erfassen (Abb. 5 und 6).

Abb. 5
figure 5

Gegenüberstellung der Originalschemata der Stadien, wie durch die T1w-TSE-Sequenz erfasst, mit den Äquivalenten der entsprechenden Stadien, wie durch die T1w-SE-Sequenz erfasst. Stadium 2 männlich, 12 Jahre; Stadium 3 männlich, 14 Jahre; Stadium 4 männlich, 17 Jahre; Stadium 5 männlich, 18 Jahre; Stadium 6 weiblich, 22 Jahre

Abb. 6
figure 6

Gegenüberstellung der Originalschemata der Stadien, wie durch die T2w-SPIR-Sequenz erfasst, mit den Äquivalenten der entsprechenden Stadien wie durch die T2w-FSTIR-Sequenz erfasst. Stadium 2 männlich, 12 Jahre; Stadium 3 männlich, 14 Jahre; Stadium 4 männlich, 17 Jahre; Stadium 5 männlich, 18 Jahre; Stadium 6 weiblich, 22 Jahre

Die T2w- und PDw-Sequenzen in Dixon-Technik bei 0,31 T weisen vergleichbare Informationen auf, wie die ursprünglichen T1w-TSE- und T2w-TSE- mit „Signal-presaturation-with-inversion-recovery“(SPIR)-Sequenzen bei 3,0 T (Abb. 7). Tatsächlich liefern die unterschiedlichen Phasenbilder und die daraus berechneten Wichtungsbilder („water-only“/„fat-only“) innerhalb ein- und derselben Schicht sowohl die anatomisch korrekte Lage der Fusionszone bzw. der Epiphysennarbe wie auch den Nachweis möglicher wässriger Komponenten in deren Kontinuität, bei gleichzeitig hoher Detailschärfe.

Abb. 7
figure 7

Vollständiges Set der akquirierten Bilder aus dem Protokoll für Untersuchungen der Kniegelenke (männlicher Proband, 12 Jahre)

Die T2w-FSTIR-Sequenz weist im Niederfeldbereich, verglichen mit den Hochfeldsequenzen bei 3,0 T, eine deutlich geringere Detailschärfe auf, jedoch gelingt auch hier der Nachweis wässriger Komponenten in der Fusionszone, unter Zuhilfenahme der T1w-SE-Sequenz (Abb. 6).

Diskussion

Studienkollektiv

In der Altersgruppe 12 bis 24 Jahre sollen pro Altersjahrgang und Geschlecht 25 Probanden prospektiv untersucht werden. Durch die gleichmäßige Besetzung der Altersjahrgänge werden systematische Über- oder Unterschätzungen des Alters („age mimicry“) verhindert werden [14]. Um die Validität der Geburtsdaten der Studienteilnehmer sicherzustellen, werden deutsche Staatsangehörige mit amtlich erfasstem Alter untersucht. Die Untersuchung deutscher Studienteilnehmer ist möglich, da der Einfluss der ethnischen Zugehörigkeit und des sozioökonomischen Status auf die zu erhebenden Altersmerkmale bekannt ist [15,16,17,18]. Während die geplanten Fallzahlen in den oberen Altersjahrgängen bereits nahezu erreicht werden konnten, gestaltet sich die Rekrutierung minderjähriger Probanden erfahrungsgemäß schwieriger [19,20,21,22,23]. Bei früheren Studien unserer Arbeitsgruppe haben sich Werbemaßnahmen bei Sportvereinen als erfolgreich erwiesen.

MRT-Scanner

Die Untersuchungen mit dem Gelenkscanner wurden durch die Studienteilnehmer uneingeschränkt toleriert. Zu Untersuchungsabbrüchen wegen eines klaustrophobischen Anfalls oder Unbehagens kam es bisher insgesamt nicht. Während der Untersuchungen im Gelenkscanner kommt es außerdem zu keiner unangenehmen Lautstärkeentwicklung oberhalb Zimmerlautstärke, wohingegen übliche Großgeräte auf den Gebrauch von Gehörschutz angewiesen sind, mit Lautstärken deutlich über 85 dB [24].

Der technische Betrieb der Gelenkscanner ist deutlich weniger aufwendig als der von 1,5-T- und 3,0-T-Scannern. So sind etwa gesonderte bauliche Maßnahmen vor der Inbetriebnahme der 0,31-T-Scanner normalerweise nicht nötig, anders als bei den Großgeräten, für die spezielle Räume mit einem Faraday-Käfig aus Kupfergeflechten und Lärmschutz hergerichtet werden müssen. Ebenso ist das Vorhalten von speziellen Kühlmitteln wie Helium nicht notwendig, da die verwendeten Magnete und Spulen keine supraleitenden Materialen benötigen.

MRT-Sequenzen

Technisch bedingt, können die Sequenzen, die ursprünglich für Untersuchungen bei 3,0 T gewählt wurden, mit einem Niederfeld-MRT-Scanner nicht akquiriert werden. Daher werden anstelle der T1w-TSE- eine T1-gewichtete Spin-Echo(T1w-SE)-Sequenz in koronaler sowie anstelle der T2w-TSE-SPIR- eine T2-gewichtete Fast-Spin-Echo-Sequenz mit Short Tau Inversion Recovery (T2w FSTIR) ebenfalls in koronaler Ausrichtung akquiriert.

Um eine höhere Sensitivität gegenüber wässrigen intraossären Signalen zu erreichen, werden außerdem eine T2-gewichtete Gradientenechosequenz-Dixon-Technik (T2w XBONE) in koronaler und sagittaler Ausrichtung sowie eine protonendichtegewichtete Spin-Echo-Sequenz-Dixon-Technik (PDw SPED) in koronaler Ausrichtung akquiriert.

Während die T2w- und PDw-Sequenzen in Dixon-Technik bei 0,31 T vergleichbare Informationen wie die ursprünglichen T1w-TSE- und T2w-TSE-SPIR-Sequenzen bei 3,0 T aufweisen, liefert die Niederfeld-T2w-FSTIR-Sequenz, verglichen mit den Hochfeldsequenzen bei 3,0 T, Bilder mit einer deutlich geringeren Detailschärfe. Es ist daher unklar, ob der Gebrauch dieser Sequenz in den Auswertungen der Hauptstudie bestehen wird.

Die Sequenzen in Dixon-Technik, die ursprünglich nur als Ergänzung oder möglicher Ersatz der FSTIR-Sequenz gewählt wurden, überraschen durch die strukturelle Auflösung der ossären Strukturen in den Phasen- und Wichtungsbildern. In den Auswertungen und Kreuzauswertungen wird es von Interesse sein, inwiefern ein Ersatz auch der T1-gewichteten Sequenzen realistisch erscheint.

Stadieneinteilung

Bisherige MRT-Studien zum Ossifikationsverlauf am Kniegelenk haben unterschiedliche Stadieneinteilungen benutzt. Jopp et al. [25] präsentierten eine 3‑stufige Stadieneinteilung, die ausschließlich auf der epiphysär-diaphysären Knochenfusion basiert. Der Ansatz von Dedouit et al. stützt sich hauptsächlich auf die absolut messbare Dicke der Epiphysenfuge [26]. Da die physikalischen Dimensionen der anatomischen Strukturen mit der Körpergröße eines Individuums korrelieren, sind sie für eine absolute Messung ungeeignet. Von Krämer et al. [6, 7] wurde die Anwendbarkeit der Klassifikation von Schmeling et al. [27] mit den zusätzlichen Unterstufen von Kellinghaus et al. [28, 29] auf die Merkmale der Ossifikation der Epiphysen von Femur und Tibia mit ihren Anteilen am Kniegelenk mittels T1w-Sequenzen für 1,5-T-Scanner nachgewiesen.

Die Vieth-Klassifikation ist die erste MRT-spezifische Stadieneinteilung. Sie nutzt Merkmale der Ossifikation, die nur durch eine Kombination aus struktursensitiven und flüssigkeitssensitiven Sequenzen erfasst werden können. In prospektiven Studien wurde die Anwendbarkeit der Vieth-Klassifikation auf das Kniegelenk und Handgelenk mittels 3,0-T-Scannern nachgewiesen [12, 13]. In mehreren retrospektiven Studien wurde die mögliche Anwendbarkeit der Vieth-Klassifikation auch auf Untersuchungen mittels 1,5-T-Scannern beschrieben [30,31,32].

Die ersten Ergebnisse der aktuellen Studie demonstrieren, dass die Vieth-Klassifikation auch im Niederfeldbereich angewendet werden kann.

Schlussfolgerung

Untersuchungen mittels 0,31-T-Niederfeld-MRT zum Zwecke forensischer Altersschätzungen sind unkompliziert und zeiteffizient durchführbar. Mit der geschilderten Methodik entfällt zudem das von Kritikern der forensischen Altersdiagnostik vorgebrachte Argument einer unverhältnismäßigen Strahlenexposition. Die Anwendung der Vieth-Klassifikation ist im Niederfeldbereich, mit entsprechend angepassten Sequenzen, ebenfalls möglich. Nach Abschluss aller geplanten MRT-Untersuchungen und der Bestimmung der Ossifikationsstadien bleibt zu klären, ob die mit einem 0,31-T-Niederfeld-MRT-Scanner nachweisbaren Ossifikationsmerkmale am Handgelenk und am Knie einen zweifelsfreien Volljährigkeitsnachweis erlauben.