FormalPara Koordinierende Leitautor_innen

Ernest Aigner, Christoph Görg, Verena Madner, Andreas Novy und Karl W. Steininger.

FormalPara Leitautor_innen

Stefan Nabernegg und Dominik Wiedenhofer

FormalPara Beitragende Autor_innen

Andreas Muhar und Alfred Posch

FormalPara Revieweditor

Tommy Wiedmann

FormalPara Zitierhinweis

Aigner, E., C. Görg, V. Madner, A. Novy, K. W. Steininger, S. Nabernegg und D. Wiedenhofer (2023): Einleitung: Strukturen für ein klimafreundliches Leben. In: APCC Special Report: Strukturen für ein klimafreundliches Leben (APCC SR Klimafreundliches Leben) [Görg, C., V. Madner, A. Muhar, A. Novy, A. Posch, K. W. Steininger und E. Aigner (Hrsg.)]. Springer Spektrum: Berlin/Heidelberg.

FormalPara Kernaussagen des Kapitels
  • Klimafreundliches Leben sichert dauerhaft ein Klima, das ein gutes Leben innerhalb planetarer Grenzen ermöglicht. Es geht mit einer möglichst raschen Reduktion der Treibhausgasemissionen einher und belastet daher das Klima nicht. Klimafreundliches Leben strebt danach, dass eine hohe Lebensqualität bei Einhaltung planetarer Grenzen für alle Menschen erreicht werden kann. Es geht dabei um ein gutes Leben, nicht nur für einige Menschen, sondern für alle, in Österreich und global.

  • Wenn es zu keinen weitreichenden Veränderungen gegenwärtiger Strukturen kommt, können klimafreundliches Leben in Österreich sowie die gesetzten klimapolitischen Ziele der Bundesregierung nicht erreicht werden. Die Literatur verweist auf zahlreiche Gestaltungsoptionen für eine am Allgemeinwohl orientierte, gezielte und koordinierte, demokratisch-rechtsstaatlich legitimierte Gestaltung von Strukturen für ein klimafreundliches Leben.

  • Die gegenwärtig bereits gesetzten emissionsreduzierenden Maßnahmen reichen weder in Österreich noch in der EU oder global betrachtet aus, um die Ziele des Pariser Abkommens oder Österreichs Klimaneutralität bis 2040 zu erreichen (hohe Übereinstimmung, starke Literaturbasis).

  • Wir sprechen mit Strukturen diejenigen Rahmenbedingungen und Verhältnisse an, unter denen Menschen im Alltag handeln und die ein klimafreundliches Leben verhindern, erschweren, erleichtern oder sicherstellen können. Der Bericht befasst sich mit immateriellen (z. B. Normen und Diskursen) und materiellen (z. B. technischen und biophysischen) Strukturen.

  • Dem Verhalten von Einzelpersonen sind in der Erreichung klimafreundlichen Lebens innerhalb der gegebenen Strukturen klare Grenzen gesetzt, wenn und weil gegenwärtige Strukturen klimafreundliches Leben nicht ermöglichen.

1.1 Hintergrund und Zielsetzung

Der Weltklimarat der Vereinten Nationen (IPCC) kam 2018 in seinem Sonderbericht „1,5 °C globale Erwärmung“ zum Schluss, dass „nie dagewesene, rapide Veränderungen aller gesellschaftlicher Bereiche“ erforderlich sind, um die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen und einen Klimawandel mit weltweit katastrophalen Auswirkungen zu vermeiden (IPCC, 2018).

Für die Erreichung klimapolitischer Ziele, wie das im österreichischen Regierungsprogramm 2020–2024 festgelegte Ziel der Klimaneutralität bis 2040, die EU-Klimaziele oder die Treibhausgasemissionsreduktionszusagen im Rahmen des Pariser Klimavertrags, ist die Umgestaltung der Strukturen zentral, sodass diese ein klimafreundliches Leben begünstigen. Denn falls aktuelle Emissionstrends weiter bestehen und keine umfassenderen Maßnahmen ergriffen werden, werden diese angestrebten Ziele verfehlt (European Environment Agency, 2019; IPCC, 2021; Kirchengast & Steininger, 2020; Tagliapietra, 2021; Umweltbundesamt, 2020). Dann kann klimafreundliches Leben im besten Fall von Einzelpersonen angestrebt und von diesen vielleicht auch erreicht werden (vergleiche Abschn. 1.2). Klimafreundliches Leben bleibt dann im besten Fall der Lebensstil eines kleinen Teils der Bevölkerung, im schlimmsten Fall verhindern Strukturen (das heißt die jeweiligen Rahmenbedingungen und Verhältnisse) selbst dies. Jedenfalls würden die bestehenden Klimaziele jedoch klar verfehlt werden, da eben klimafreundliches Leben weder attraktiv noch sichergestellt wäre.

Der Jahresbericht des Umweltprogramms der Vereinten Nation (UNEP) zur Treibhausgasentwicklung unter dem Pariser Klimavertrag (UNEP, 2021) bestätigt, dass auch die aktuellen staatlichen Verpflichtungen bis 2030 die G20-Mitgliedsländer nicht auf den Weg bringen werden, ihre Klimazusagen zu erreichen, geschweige denn Netto-Null-Zusagen zu erfüllen. Dies wird auch vom kürzlich veröffentlichten Bericht IPCC (2022) bestätigt. Vielmehr setzen die bis 2021 getroffenen Klimazusagen die Welt dem Risiko eines globalen Temperaturanstiegs von 2,7 °C bis zum Ende des Jahrhunderts aus. Schon im Jahr davor zeigte UNEP auf, dass technologische Innovationen (z. B. bei Antriebssystemen im Verkehrssektor) nicht zur erforderlichen Dekarbonisierung und Reduktion der Treibhausgasemissionen im erforderlichen Ausmaß führen werden sondern vielmehr umfangreiche soziale und ökonomische Veränderungen nötig sein werden (UNEP, 2020).

Die Arbeit des IPCC stellt einen wissenschaftlichen Konsens dar, der politisch von Staats- und Regierungschefs anerkannt wird: Die menschliche Inanspruchnahme von natürlichen Ressourcen und die damit einhergehenden klimaschädlichen Emissionen haben das Erdsystem an Grenzen des Bereichs gebracht, in dem es besonders stabil und günstig für Menschen war, und lassen ein Kippen in einen instabileren, dem menschlichen Leben weniger zuträglichen Systemzustand befürchten. In Folge sind menschliches Wohlbefinden und planetare Gesundheit wie auch darauf beruhende menschliche Zivilisationen durch die Klimakrise bedroht (IPCC, 2022, SPM-WGII).

Das Austrian Climate Research Programme (ACRP, 2019) hat vor diesem Hintergrund beschlossen, einen Sachstandsbericht über Strukturen für ein klimafreundliches Leben in Österreich zu beauftragen. Ziel dieses Sachstandsberichts ist es, den hierfür relevanten Stand der Wissenschaft zu erfassen und zu reflektieren, welche strukturellen Veränderungen für ein klimafreundliches Leben in Österreich erforderlich sind. Im Fokus steht dabei die Frage, welche Strukturen in Österreich nach dem aktuellen Stand der Forschung verändert und wie sie gestaltet werden müssen, um klimafreundliches Leben rasch und dauerhaft möglich und selbstverständlich zu machen.

Allgemein verstehen wir unter Strukturen diejenigen Rahmenbedingungen und Verhältnisse, unter denen sich Menschen mehr oder weniger klimafreundlich verhalten. Strukturen können klimafreundliches Leben erleichtern, erschweren oder verhindern (siehe Abschn. 1.3). Hierzu sichten und bewerten die Autor_innen die aktuelle wissenschaftliche Literatur und orientieren sich dabei an in der folgenden Box genannten vier aufeinander aufbauenden berichtsbegleitenden Fragen aus folgenden Bereichen: (1) Status quo und Bezug zur Klimakrise, (2) notwendige Änderungen, (3) relevante Kräfte, Strukturen und Akteur_innen sowie (4) Handlungsmöglichkeiten und Gestaltungsoptionen. Die in diesem Kapitel sehr allgemein formulierten Fragen werden in den nachfolgenden Kapiteln von den jeweiligen Autor_innen entsprechend den spezifischen Anforderungen angepasst.

Berichtsbegleitende Fragen

Hauptfrage

Welche Strukturen braucht Österreich, um rasch und dauerhaft ein klimafreundliches Leben möglich und selbstverständlich zu machen, und wie können diese gestaltet werden?

Unterfragen

  1. 1.

    Wie beschreibt die für das Kapitel relevante Literatur den Status quo sowie die Dynamiken gegenwärtigen Wandels und welche speziellen Ziele und Herausforderungen ergeben sich nach der Literatur aufgrund der Klimakrise?

  2. 2.

    Welche Veränderungen werden in der für das Kapitel relevanten Literatur als (unbedingt) notwendig angesehen, um eine klimafreundliche Lebensweise zu ermöglichen?

  3. 3.

    Wer bzw. was sind laut der für das Kapitel relevanten Literatur treibende und hemmende Kräfte, Strukturen oder Akteur_innen für und gegen die notwendigen Veränderungen für ein klimafreundliches Leben? Welche Konflikte werden genannt?

  4. 4.

    Welche Handlungsmöglichkeiten bzw. Gestaltungsoptionen finden sich in der für das Kapitel relevanten Literatur für die Durchsetzung notwendiger Veränderungen für eine klimafreundliche Lebensweise?

Der Sachstandsbericht soll zu einer fundierten öffentlichen Diskussion beitragen. Seine Ergebnisse werden der breiten Öffentlichkeit und Entscheidungsträger_innen aus Politik, Verwaltung, Zivilgesellschaft sowie Unternehmen zur Verfügung gestellt. Dieses einleitende Kapitel dient vor allem der Begriffsklärung.

Im Folgenden wird zunächst erläutert, welches Verständnis von klimafreundlichem Leben dem Bericht zugrundeliegt. In der Folge werden die Begriffe Strukturen und Akteur_innen erläutert. Ferner wird zwischen Verhalten innerhalb gegebener Strukturen und dem Gestalten von Strukturen durch koordiniertes und zielorientiertes Handeln unterschieden. Abschn. 1.4 gibt einen Überblick über aktuelle Entwicklungen im Bereich der Emissionen. Abschn. 1.5 erläutert zuerst das Wesen von Sachstandsberichten, die Erstellung des Berichtes, und die Vorgehensweise bei der Bewertung. Abschließend gibt Abschn. 1.6 einen Überblick über den Aufbau des Berichtes.

In dieser Einleitung handelt es sich nur in der Abschn. 1.4 um eine Bewertung des Stands der Wissenschaft (Assessment). Die anderen Sektionen dienen dem allgemeinen Verständnis des Zuganges des Berichtes. Auch in diesen werden jedoch intensive Bezüge zu den Aussagen der bewertenden Teile des Berichts sowie zur internationalen Literatur hergestellt.

1.2 Klimafreundliches Leben

Dem Bericht liegt folgendes Verständnis von klimafreundlichem Leben zugrunde:

Klimafreundliches Leben sichert dauerhaft ein Klima, das wiederum ein gutes menschliches und nicht-menschliches Leben innerhalb planetarer Grenzen ermöglicht. Es führt zu einer raschen Reduktion der direkten und indirekten Treibhausgasemissionen und belastet daher das Klima langfristig nicht. Klimafreundliches Leben strebt danach, dass eine hohe Lebensqualität bei Einhaltung planetarer Grenzen für alle Menschen erreicht werden kann. Es geht um ein gutes Leben nicht nur für einige Menschen, sondern für alle, in Österreich und global. In diesem Sinne sind Gerechtigkeitsabwägungen und -überlegungen zentral.

Viele negative Folgen des Klimawandels sind aktuell bereits eingetreten und werden teilweise unumkehrbar wirksam (IPCC, 2021). Neben Klimaschutzmaßnahmen sind daher Maßnahmen zur Klimawandelanpassung unabdingbar. Klimafreundliches Leben erfordert insoweit auch, bestehende Strukturen möglichst klimaschonend so umzugestalten, dass ein qualitätsvolles Leben auch unter geänderten Lebensumständen (z. B. bei häufigerem Auftreten von Unwettern oder Hitzeperioden) möglich ist.

Der Sachstandsbericht zielt nicht nur auf Klimafragen im engeren Sinn (z. B. Klimaneutralität), sondern bezieht auch die breit gefächerten Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals – SDGs) der Vereinten Nationen (UN) mit ein (vergleiche Kap. 4, 19, 23). Die Gestaltung von Strukturen für ein klimafreundliches Leben betrifft daher alle gesellschaftlichen Bereiche (IPCC, 2018). Klimafreundliches Leben hat vielfältige, insbesondere auch soziale Dimensionen und berührt intensiv Fragen der Lebensqualität, der Klimagerechtigkeit sowie der notwendigen Rücksichtnahme auf unterschiedliche Möglichkeiten und Betroffenheiten (IPCC, 2022).

Dementsprechend erfassen die Autor_innen nicht nur Literatur, die sich mit der Reduktion von Treibhausgasemissionen beschäftigt. Der Bericht analysiert vielmehr auch Literaturquellen, die sich mit planetaren Grenzen, Gerechtigkeitskonzepten sowie mit Maßnahmen und Handlungsoptionen für ein gutes Leben befassen.

Die Verknüpfung von klimafreundlichem und gutem Leben macht es notwendig, sich mit dem Verständnis und der Messung von Lebensqualität und Wohlbefinden (bzw. Wellbeing) auseinanderzusetzen. In der wissenschaftlichen und öffentlichen Diskussion werden hier ganz unterschiedliche Zugänge und Maßzahlen erörtert (IPCC, 2022). Der IPCC selbst definiert Wohlbefinden als einen „Existenzzustand, der verschiedene menschliche Bedürfnisse erfüllt, einschließlich materieller Lebensbedingungen, bedeutsamer sozialer und gemeinschaftlicher Beziehungen und hohe Lebensqualität sowie der Fähigkeit, seine Ziele zu verfolgen, zu gedeihen und mit seinem Leben zufrieden zu sein“. Teil der Diskussion zur Vereinbarkeit von klimafreundlichem und gutem Leben, ist auch die kontroverse Auseinandersetzung zum Zusammenhang zwischen Wirtschaftswachstum und Treibhausgasemissionen und daraus abgeleiteten klima- und gesellschaftspolitischen Herausforderungen (IPCC, 2022).

Klimafreundliches Leben setzt sich aus verschiedenen Formen von Handeln zusammen. Im Bericht unterscheiden wir zwischen Verhalten als dem Handeln und Entscheiden innerhalb gegebener Strukturen und Gestalten als eine bestimmte Form des Handelns, die am Allgemeinwohl orientiert, gezielt und koordiniert erfolgt und demokratisch-rechtsstaatlich legitimierte Änderungen von Strukturen für ein klimafreundliches Leben ermöglicht (siehe Abschn. 1.3). Im Bericht geht es daher um das Ausloten von Möglichkeiten des Gestaltens, um wirksam klimafreundliches Leben möglich und selbstverständlich zu machen.

Mit Blick auf Klimagerechtigkeit wird in der wissenschaftlichen Diskussion darüber reflektiert, wer von Änderungen klimaschädlicher Strukturen (z. B. Ölheizsystemen) in Bezug auf einen gerechten Wandel nachteilig betroffen ist, wer von Veränderungen profitiert, wer welche Möglichkeiten zum Hintanhalten klimaschädlicher Entwicklungen hat und welcher sozialen Ausgleichs- und Reformmaßnahmen es bedarf (Lamb et al., 2020; Gough, 2013, 2017; vergleiche Kap. 17). Im globalen Kontext wird unter Gerechtigkeitserwägungen insbesondere eine geteilte globale Verantwortung für den Klimawandel erörtert, die in Rechnung stellt, dass der Großteil der bisher angefallenen Treibhausgasemissionen aus Industrieländern stammt (zur Messung und Entwicklung der Emissionen in Österreich siehe Abschn. 1.4) bzw. die Folgen des Klimawandels besonders von den global unteren Einkommensschichten getragen werden (IPCC 2022). Beide, die globale und nationale Betrachtung spielen eine Rolle im Bericht.

Im Bericht geht es um das alltägliche Leben in Freizeit, Beruf, Familie und anderen sozialen Kontexten. Klimafreundliches Leben ergibt sich wesentlich aus Praktiken, Routinen, Lebensweisen und -formen, umfasst aber auch das Gestalten, das heißt koordiniertes Handeln mit anderen (z. B. durch zivilgesellschaftliches Engagement). Alle diese Handlungen und Entscheidungen werden durch materielle und immaterielle Strukturen geprägt. Strukturen sind daher wesentliche Rahmenbedingungen, die klimafreundliches Leben erleichtern oder hemmen können (siehe Abschn. 1.3). Ein klimafreundliches Leben umfasst deshalb auch das koordinierte und zielgerichtete Handeln, um Strukturen zu verändern. Dies definieren wir als Gestalten. Gestalten von Strukturen ist notwendig, um klimafreundliches Leben zu erreichen.

Der Sachstandsbericht hat das Ziel, zu erfassen und zu bewerten, wie Strukturen für ein klimafreundliches Leben in Österreich in der wissenschaftlichen Literatur behandelt werden. Wenn klimafreundliches Leben eine gesellschaftlich attraktive Zielvorstellung sein soll, ist die Verbindung von klimafreundlichem Leben mit Fragen von Lebensqualität, allgemeinen Nachhaltigkeitszielen und der politischen Organisation demokratischer Gemeinwesen wesentlich (vergleiche auch IPCC, 2022). Dieses breite Verständnis von klimafreundlichem Leben ist unabdingbar, um den vielfältigen gesellschaftlichen Interessen und Werthaltungen gerecht zu werden und Machtverhältnisse zu erkennen, die Handlungsspielräume einschränken und erweitern können. Dies bringt zugleich Herausforderungen mit sich.

Eine besondere Herausforderung ist es, die Fülle an Handlungsfeldern und Strukturen in ihrer konkreten Relevanz für das klimafreundliche Leben zu erfassen und gegebenenfalls auch aufzuzeigen, wenn dieser Bezug in der Literatur nicht vollständig reflektiert ist. Die große Bandbreite und Vielfalt der Themen, die im Zusammenhang mit dem „klimafreundlichen Leben“ stehen, kann für Leser_innen faszinierend und zugleich abschreckend wirken: Wie – so ein Stakeholder – soll man etwas „in den Griff bekommen können“ das so vielschichtig zusammenhängt?

Das zentrale Verdienst des hier geprägten Begriffs von klimafreundlichem Leben sowie dessen Zweckmäßigkeit ersieht man darin, dass Zielkonflikte, Widersprüche und mögliche Verlagerungseffekte sichtbar gemacht werden. Das gilt z. B. für das Verhältnis von langfristig entstandenen Siedlungsstrukturen und notwendigen raschen Adaptierungsmaßnahmen, von Lebensgewohnheiten (z. B. hohe Zahl an Kurzstreckenflügen) und globalem Klimaschutz sowie von wirtschaftlicher Wachstumsdynamik und Reduktion von CO2-Emissionen. Der Begriff fungiert daher als Vermittler zwischen verschiedenen Milieus, Diskursen, Werthaltungen und Disziplinen mit dem Ziel, einen fruchtbaren Austausch zu ermöglichen. Es handelt sich also um ein sogenanntes „boundary object“ (siehe Star & Griesemer, 1989).

Klimafreundliches Leben, wie es in diesem Kapitel begrifflich breit gefasst wird, soll mittels demokratisch-rechtsstaatlicher Veränderungen von Strukturen erreicht werden. Widersprüche, Konflikte und unterschiedliche Sichtweisen – was in diesem Bericht als „Perspektiven“ zusammengefasst wird – sind hierbei unvermeidbar und begleiten die Gestaltung von Strukturen für ein klimafreundliches Leben. Der Bericht geht davon aus, dass Interessen und Werthaltungen in einer demokratischen Gesellschaft auch in der Klimapolitik am besten durch eine Herangehensweise verstanden und bearbeitet werden können, wenn verschiedene Perspektiven berücksichtigt werden (vergleiche Kap. 2).

1.3 Strukturen und Gestaltung

1.3.1 Verständnis von Strukturen

Der Sachstandsbericht befasst sich mit Strukturen für ein klimafreundliches Leben, da diese zentral für die Entstehung und Vermeidung von Treibhausgasemissionen sind (vergleiche Kap. 39). Strukturen sind folglich für den Bericht von zentraler Bedeutung, da diese sowohl klimafreundliches Verhalten als auch Gestalten ermöglichen oder verhindern. Der Strukturbegriff wird in unterschiedlichen Diskursen unterschiedlich verstanden und definiert. Zu seiner Eingrenzung gibt es umfassende und langwährende sozialwissenschaftliche Diskussionen (vergleiche Archer, 1995; Bhaskar et al., 1998). Im vorliegenden Bericht wird keineswegs der Versuch unternommen, hier Einigkeit zu erreichen. Dies ist auch nicht erforderlich, denn es werden im Sinne des Perspektivismus bewusst unterschiedliche Perspektiven, die mit Theorien, Modellen und Heuristiken, Disziplinen und Schulen einhergehen, eingenommen (vergleiche Kap. 2).

Im vorliegenden Bericht, der Theorien und Erkenntnisse verschiedener Disziplinen zusammenfasst und beurteilt, wird ein weiter Begriff von Struktur verwendet: Wir sprechen damit diejenigen Rahmenbedingungen und Verhältnisse an, in denen sich Menschen im Alltag mehr oder weniger klimafreundlich verhalten und die klimafreundliches Leben erleichtern, erschweren oder verhindern können. Der verwendete Strukturbegriff umfasst immaterielle und materielle Strukturen. Immaterielle Strukturen sind beispielsweise Rechtsnormen und andere Institutionen wie Normen und Gewohnheiten (Gruchy, 1987; Hodgson, 1989; Vatn, 2005), technische Regelwerke, aber auch Werte, und Denkmuster und das Verhältnis dieser Institutionen und Regelwerke zueinander. Zu den materiellen Strukturen zählen z. B. allgemein die biophysische und im Speziellen die gebaute Umwelt in ihren Siedlungsformen, Mobilitätsinfrastrukturen wie Straßen, Eisenbahntrassen und deren räumliche Organisation und Beziehung zueinander, Energieversorgungsinfrastruktur oder Mobilfunknetze.

Strukturtheorien verwenden eigene Konzepte und Methoden, um Strukturen zu identifizieren, zu analysieren und ihre Wirkungen zu bewerten (vergleiche Bhaskar et al., 1998). Auch in der Literatur zum klimafreundlichen Leben findet sich eine Vielzahl an Theorien und Mechanismen, wie Strukturen auf Handeln wirken, wie sie fortbestehen und sich verändern (Røpke, 1999; Schor, 1991; Shove, Trentmann, & Wilk, 2009; Stoddard et al., 2021). Strukturen sind tendenziell dauerhaft angelegte und langfristig wirksame Phänomene. Sie werden zwar durch soziale Handlungen aufrechterhalten, haben aber eine eigenständige Existenz, das heißt sie bleiben vielfach auch unabhängig davon bestehen (z. B. unabhängig davon, ob Einzelne mit Gas heizen, gibt es Pipelines). Strukturen sind über die Zeit relativ stabil, wie zum Beispiel das auf fossilen Energieträgern beruhende Energiesystem (siehe Kapitel Netzgebundene Infrastrukturen). Dies wird auch als Pfadabhängigkeit und Lock-in-Effekt (Seto et al., 2016) bezeichnet: Einmal geschaffene Strukturen verbleiben meist für eine längere Zeit bestehen und sind nur aufwendig und schwierig zu verändern; neue Strukturen bauen auf bestehenden auf und können diese verfestigen. So gehen mit der intendierten Nutzung bestehender und geplanter globaler Infrastrukturen bereits heute mehr Emissionen einher als zur Erreichung des 1,5-Grad-Ziels emittiert werden können (IPCC 2022, AR6).

Die Möglichkeit, Strukturen zu verändern, besteht nicht immer und für alle im gleichen Ausmaß (vergleiche Kap. 17). Je nach kontextuellen Entwicklungen ergeben sich förderliche oder hinderliche Situationen, um Strukturen zu verändern (vergleiche Kap. 12). Strukturen zu verändern ist insoweit besonders in Krisensituationen wichtig, in denen ein vorausschauendes Handeln unter hoher Unsicherheit erforderlich wird und sich Möglichkeiten für grundlegenden Wandel eröffnen. Sowohl die COVID-19-Pandemie als auch der Krieg in der Ukraine haben diese Unsicherheiten weiter erhöht. Jedoch werden auch unter diesen Gegebenheiten andauernd wirksame Pfade für die Zukunft gelegt, wie etwa bei Investitionen in langlebige Infrastrukturen (z. B. Gasleitungen, Straßen) (Seto et al., 2016) oder auch durch das Setzen langfristiger rechtstaatlicher Rahmenbedingungen (z. B. Verfassungsänderungen die eine 2/3 Mehrheit benötigen).

Wie im Bericht immer wieder ausgeführt wird, werden einzelne Strukturen wechselseitig auch von anderen Strukturen verfestigt, geprägt und verändert und sind insofern jeweils füreinander Umweltbedingungen. Beispielsweise sind Arbeitnehmer_innen besonders dort auf das Pendlerpauschale angewiesen, wo es an leistungsfähigen öffentlichen Verkehrsverbindungen fehlt (siehe Kap. 17). Zugleich wird das Pendlerpauschale in seiner aktuellen Ausgestaltung als eine den Autoverkehr und damit einhergehend auch den Straßenausbau fördernde und damit wenig klimafreundliche Maßnahme beurteilt (siehe Kap. 6). Daher wurden die Autor_innen des Berichts dazu angeregt, ein besonderes Augenmerk auf Querverbindungen zu anderen Handlungsfeldern und Strukturen zu legen.

Im Alltag agieren und entscheiden Menschen innerhalb existierender Strukturen. Als Einzelperson, unabhängig von anderen, verfügen Menschen nur über eingeschränkte Handlungsspielräume (vergleiche Abschn. 1.3.2). Es ist wenig zielführend, von Pendler_innen zu verlangen, mit dem Zug zu fahren, wenn es keine Zugverbindung gibt (siehe Kap. 6), oder von Mieter_innen einzumahnen, klimaschonend zu heizen, wenn die Heizanlage von den Vermieter_innen verwaltet wird (siehe Kap. 4). Diese Beispiele zeigen, dass dem Verhalten und den Wahlentscheidungen von Einzelpersonen klare Grenzen gesetzt sein können, wenn die bestehenden Strukturen gar kein klimafreundliches Leben ermöglichen.

Strukturen wirken auf vielfältige Weise zusammen. So wird das individuelle Mobilitätsverhalten aufgrund unterschiedlicher geografischer Strukturen (z. B. Stadt und Land), sozioökonomischer Strukturen (z. B. Pendlerpauschale und Ticketpreise) oder physischer Infrastrukturen (z. B. Schiene oder Straße) zu einer schwer zu beeinflussenden kulturellen Praktik (vergleiche Kap. 22). Einzelne Entscheidungen und Verhaltensweisen können dann oft nicht auf eine einzelne Ursache zurückgeführt werden und hängen je nach betroffenen Akteur_innen und Situationen mehr oder weniger von Veränderungen anderer Strukturen ab (vergleiche Abschn. 1.3.1). Dies führt auch zu einem der zentralen Ergebnisse des Berichtes, dass es nicht am Verhalten von Einzelpersonen liegt, klimafreundliches Leben zu erreichen, sondern, dass Gestalten von Strukturen notwendig ist.

Verschiedene Akteur_innen und ihre jeweiligen Lebenssituationen sind in unterschiedlicher Weise von Strukturen betroffen. So sind Einkommen, Alter oder Geschlecht wichtige Einflussfaktoren (Røpke, 1999). Strukturen wirken beispielsweise auf Arbeitslose anders als auf jene, die einer Erwerbsarbeit nachgehen (siehe Kap. 17). Energiearmut ist bei wohlhabenden Haushalten kein Thema, da der Anteil der Energieausgaben an den gesamten Ausgaben gering ist (siehe Kap. 4). Eine „Stadt der kurzen Wege“ erleichtert tendenziell ein klimafreundliches Mobilitätsverhalten (siehe Kap. 6), insbesondere für Frauen, da diese einen Großteil der Sorgearbeit leisten (siehe Kap. 8). Bei juristischen Personen kann die Rechtsform entscheidend dafür sein, von welchen Steuerregelungen oder Haftungsbedingungen sie betroffen sind.

1.3.2 Akteure_innen und die Gestaltung von Strukturen

Im Zentrum des Berichts steht das Gestalten klimafreundlicher Strukturen. Gestalten ist, der Definition dieses Berichts folgend, das koordinierte und zielgerichtete Handeln mit anderen innerhalb rechtsstaatlich-demokratischer Bedingungen.

Ohne Anspruch auf Vollständigkeit können dabei verschiedene Akteur_innen unterschieden werden: Wesentlich sind zunächst staatliche Entscheidungsträger_innen (manchmal auch umgangssprachlich als „öffentliche Hand“ bezeichnet), denen Kompetenz zum Gestalten in der Verfassung zugesprochen wird und die dazu über Ressourcen (insbesondere Personal und Geld) verfügen. Die Legislative (Gesetzgebung) kann auf Landes- und Bundesebene Gesetze erlassen und Budgets beschließen. Die Exekutive (Bundes- und Landesverwaltungen einschließlich der Bezirksverwaltungen, Gemeindeselbstverwaltung) kann im Rahmen der Verfassung und aufgrund der Gesetze Strukturen gestalten. Auch das Handeln der öffentlichen Hand im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung ist von großer Bedeutung für die Gestaltung klimafreundlichen Lebens (z. B. Umweltförderung, Wohnbauförderung wie etwa im Kapitel Wohnen angesprochen wird). Dazu kommt das Handeln von Selbstverwaltungskörpern (Kammern, Sozialversicherung, vergleiche Kap. 18), autonomen Einrichtungen und Behörden (z. B. Regulierungsbehörden oder Universitäten wie im Kap. 20 angesprochen). Auf der EU-Ebene haben, jeweils mit ihren in den Gründungsverträgen grundgelegten Kompetenzen, der Rat und das Europäische Parlament in der Gesetzgebung sowie in der Exekutive (insbesondere die Europäische Kommission, aber auch Agenturen wie z. B. die European Food Safety Authority – EFSA) eine wichtige und die Handlungsoptionen staatlicher Akteure bestimmende Rolle für die Gestaltung von Strukturen klimafreundlichen Lebens (siehe Kap. 11). Auf internationaler Ebene kommt Institutionen wie Vertragsstaatenkonferenzen (z. B. die Conferences of the Parties – COPs) oder der Welthandelsorganisation (World Trade Organization – WTO) eine gestaltende Rolle zu (siehe Kap. 11). Eine wichtige und kontroversielle Rolle bei der Gestaltung klimafreundlichen Lebens nehmen auch internationale und nationale Gerichte ein (z. B. Gerichtshof der Europäischen Union, Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, nationale Höchstgerichte; siehe dazu im Kontext von Klimaklagen Kap. 11).

Für das Gestalten klimafreundlichen Lebens sind private Akteur_innen unabdingbar. Das geht über die für die Gestaltung von Strukturen essenzielle Rolle von Privaten als Wahlbürger_innen auf europäischer, nationaler und kommunaler Ebene hinaus (vergleiche Kap. 12). Eine wesentliche Rolle für das Gestalten von Strukturen für ein klimafreundliches Leben haben Verbände und Organisationen der Wirtschaft und der Zivilgesellschaft. Dazu zählen Interessenvertretungen wie die Sozialpartner, etablierte Non-Profit-Organisationen wie Alpenverein, Religionsgemeinschaften, Umweltschutzorganisationen oder Automobilclubs, aber auch Protestbewegungen wie „Fridays For Future“ sowie soziale Bewegungen, die selbstorganisiert klimafreundliches Leben erleichtern (z. B. in Commons in denen die Regeln des Zusammenlebens durch die Gemeinschaft selbst beschlossen werden). All diese zivilgesellschaftlichen Akteur_innen wirken an der Agendasetzung mit, problematisieren Fehlentwicklungen und machen Druck für oder gegen bestimmte Maßnahmen zur Gestaltung von Strukturen (vergleiche Kap. 12).

Wenn hier der Fokus auf Verbände und Organisationen gelegt wird, wird nicht übersehen, dass Private mit ihren Kaufentscheidungen bzw. (transnationale) Unternehmen und Konzerne mit ihren Investitionsentscheidungen mitunter massive klimarelevante Wirkungen entfalten (vergleiche Kap. 14). Wenn es um das Gestalten von Strukturen geht, ist jedoch das gemeinsame, koordinierte und zielgerichtete Handeln von Akteur_innen im Fokus.

Staatliche und nichtstaatliche Akteure, die Strukturen für ein klimafreundliches Leben gestalten, interagieren in unterschiedlicher Weise (das heißt in verschiedenen Governance-Strukturen) miteinander: unter anderem in Stakeholdernetzwerken (z. B. klimaaktiv), Dialogplattformen (z. B. ÖGUT) oder Innovationssystemen (vergleiche Kap. 13). Akteur_innen haben jeweils unterschiedliche Möglichkeiten, Strukturen zu gestalten. Nicht für jede Akteurin, jeden Akteur und nicht in jeder Situation sind Veränderungen gleichermaßen möglich, wirksam und nachhaltig. Besonders eingeschränkt sind die Handlungsmöglichkeiten von sozial, ökonomisch oder politisch schlechter gestellten Gruppen (vergleiche Kap. 17). Im Zeitverlauf ergeben sich, teils unvermittelt und unerwartet, förderliche oder hinderliche Bedingungen, um Strukturen zu verändern (IPCC 2022). Daher sollten Zeitfenster und Möglichkeitsräume (sogenannte „political windows of opportunities“ (Seto et al., 2016)) genutzt werden, um Strukturveränderungen für ein klimafreundliches Leben zu erreichen.

Strukturen für ein klimafreundliches Leben zu gestalten, erfordert im Vorfeld auch die Problematisierung bestehender Strukturen, die klimaschädliches Leben fördern und klimafreundliches behindern (vergleiche Kap. 2 und 12 sowie Abschn. 1.5). Insbesondere vor dem Hintergrund der Normvorstellung eines klimafreundlichen Lebens für alle Menschen, wie sie z. B. durch die SDGs gesetzt werden und im IPCC (2022) als „climate-resilient development“ konzipiert wird, ist eine Reflexion über mögliche und notwendige Rahmenbedingungen eine wesentliche Gestaltungsvoraussetzung (siehe auch Kap. 2 und Abschn. 1.5). Strukturen gestalten umfasst auch „kollektives experimentelles Tätigsein“ (Jahn et al., 2020), das möglichst wirksam langfristig klimafreundliches Leben ermöglicht. Klimafreundliche Strukturen zu schaffen, erfordert koordiniertes Handeln (vergleiche Kap. 12). Selbst wenn es um grundlegende langfristige Transformationen geht, ist dies etwas, „was bereits heute geschieht, und nicht das, was erst morgen begonnen wird“ (Jahn et al., 2020, S. 97).

Der Bericht systematisiert die bewertete Literatur mit ihren jeweils unterschiedlichen Zugängen zu wissenschaftlichem Arbeiten und den damit verbundenen Formen des Handelns, insbesondere des Gestaltens. In den Wissenschaften existieren unterschiedliche Perspektiven auf Strukturen (siehe Kap. 2 sowie Kap. 2428). Daraus resultieren diverse, teilweise sich widersprechende Vorschläge zur Gestaltung von Strukturen klimafreundlichen Lebens. Diese hängen von den jeweiligen Zeithorizonten, Forschungsobjekten, Grundannahmen, Werthaltungen, Methoden und Wissensformen ab. Im Bericht unterscheiden wir zwischen vier Perspektiven: der Markt-, Bereitstellungs-, Innovations- und Gesellschaft-Natur-Perspektive.

Das Gestalten von Strukturen für ein klimafreundliches Leben ist koordiniert und intendiert, kann aber neben den geplanten Ergebnissen auch nicht intendierte nachteilige Auswirkungen auf die Erreichung anderer gesellschaftlicher Ziele haben (vergleiche Kap. 23). Der Bericht untersucht daher auch, ob und inwieweit sich Änderungen von Strukturen nachteilig auf andere gesellschaftliche Ziele auswirken. Wie auch im IPCC (2022) dienen die SDGs als umfassende Nachhaltigkeitsziele als zentraler Referenzrahmen. Die Auswirkungen auf andere gesellschaftliche Ziele können vielfältig sein. Ein Beispiel ist Energiearmut, die durch die öffentliche Bereitstellung von thermisch saniertem Wohnraum gelindert oder durch die Besteuerung von Treibhausgasen ohne Ausgleichsmechanismus sogar verstärkt werden kann (siehe Kap. 4). Aktuelle Forschung zu Synergien zwischen verschiedenen SDGs kann deshalb einen wesentlichen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele leisten (IPCC, 2022). Die im Rahmen dieses Assessments untersuchten Theorien des Wandels kommen aus unterschiedlichen Perspektiven zum selben Ergebnis: Strukturen beeinflussen wesentlich, ob klimafreundlich gelebt wird (vgl. Kap. 2 und Abschn. 1.5). Um klimafreundliches Leben in der Gesellschaft zu ermöglichen, muss daher bei möglichst allen Entscheidungen bedacht werden, welche Strukturen wie in Richtung Klimafreundlichkeit verändert werden können. Da, wie oben erläutert, einmal geschaffene Strukturen längerfristig Bestand haben, müssen Veränderungen rasch begonnen werden (IPCC 2022). Besonderes Augenmerk soll auf Entscheidungen gelegt werden, die eine langfristige Wirkung auf das systemische Zusammenwirken von unterschiedlichen Strukturen und Akteur_innen erwarten lassen (vergleiche Kap. 23).

Aufgrund der umfassenden Herausforderung ist allerdings kontinuierliches Verändern und Umgestalten von Strukturen über die nächsten Jahrzehnte hinweg notwendig (IPCC 2022). Dieses muss in vielen Fällen ein Bündel an integrierten Maßnahmen umfassen, um die erwünschten Ergebnisse zu erreichen (Plank et al., 2021). Es handelt sich – wie in der Literatur dargestellt – nicht um ein schlichtes Auswählen oder Fördern von Alternativen oder das Warten auf konfliktfreie Lösungen (vergleiche Abschn. 1.3.2), sondern um verbindliche Entscheidungen, die etwaige klimaschädliche Strukturen und entsprechende Routinen und Praktiken auch aktiv ausschließen (Hausknost & Haas, 2019).

1.4 Situation und Dynamiken klimaschädlicher Emissionen

Wesentlich für das klimafreundliche Leben ist die Vermeidung von klimaschädlichen Emissionen. Obwohl meist relativ klar und einfach nachvollziehbar ist, wo die jeweiligen Emissionen konkret anfallen, ist die Frage, in welchen Strukturen oder Handlungen genau die Ursachen und durch Veränderung welcher davon die primäre Beeinflussbarkeit für die jeweiligen Emissionen liegen, meist nicht eineindeutig zu beantworten (Steininger et al., 2016). Gerade weil – wie oben ausgeführt – das klimafreundliche Leben zahlreiche Teile des alltäglichen Lebens und entsprechende Strukturen umfasst, ist ein gutes Verständnis von Emissionsarten, deren Verteilung und etwaigen Treibern wichtig, um ein klimafreundliches Leben zu erreichen (IPCC, 2022). Im Folgenden wird hierzu ein Überblick gegeben.

Auf diesen Überblick greifen die jeweiligen Fachkapitel zurück, um für sie jeweils relevante Metriken aufzugreifen. Zum Beispiel wird in den Handlungsfeldern immer wieder die Relevanz der hier erläuterten unterschiedlichen Emissionsbilanzierungsarten, insbesondere von konsumbasierten Emissionsberechnungen herausgestrichen, um vollständig alle Emissionen, die mit klimaschädlichem Konsum in Österreich einhergehen, identifizieren und quantifizieren zu können (vergleiche z. B. Kap. 9). Ansätze der Emissionszurechnung, die an den Aktivitäten und nicht an den Gütern ansetzen, helfen, die Klimaintensität von Aktivitäten wie etwa Pflege einzuschätzen (vergleiche Kap. 8). Erwerbsarbeitsbezogene Emissionen können beispielsweise mithilfe von produktionsbasierten Emissionsberechnungen untersucht werden, wenn es um die Emissionsintensität der Arbeit geht, oder mithilfe von Fußabdruck-Metriken, sofern Emissionen von Interesse sind, die z. B. auf Mehrkonsum durch Vielarbeit zurückgeführt werden können (vergleiche Kap. 7). Export- und Importemissionen sind auch bedeutsam im Kontext globaler Wertschöpfungsketten, wie im Kapitel zur globalen Wirtschaft diskutiert wird (vergleiche Kap. 16), aber auch um besser zu verstehen, wie viele der innerhalb der geografischen Grenzen Österreichs emittierten Emissionen auch auf österreichische Endnachfrage zurückgeführt werden können (vergleiche Kap. 14). Diese Beispiele zeigen die Bedeutung verschiedener Metriken und deren Eignung für unterschiedliche Aspekte und Fragestellungen klimafreundlichen Lebens.

Klimaschädliche Emissionen fallen als Teil der global vernetzten Produktion und in Konsumprozessen an, hauptsächlich durch die Extraktion, Verarbeitung und Verbrennung von fossilen Energieträgern (Öl, Kohle, Gas) in der Energieversorgung, der Industrie, im Transport und für das Wohnen, direkt in Industrieprozessen (z. B. Stahl- oder Zementproduktion) sowie in der Land- und Forstwirtschaft (z. B. durch die Nutztierhaltung, Landnutzung und deren Veränderungen sowie durch Düngemitteleinsatz) (Lamb et al., 2021).

Jedes Klimagas wirkt pro Molekül unterschiedlich stark auf den Strahlungshaushalt der Erde ein. Die Umrechnung in Treibhausgasäquivalente (oft auch kurz CO2-eq) dient als einheitliche Metrik, um die Klimaschädlichkeit unterschiedlicher Treibhausgase und damit der sie auslösenden Aktivitäten oder Prozesse einzuordnen. Um das Limit von 1,5 °C Erwärmung (gegenüber vorindustrieller Zeit) nicht zu überschreiten, dürfen global ab 2017 (das heißt ab Inkrafttreten des Pariser Klimaabkommens der Vereinten Nationen) maximal noch 1000 Gigatonnen CO2-eq emittiert werden (IPCC, 2018; Meyer & Steininger, 2017; zur Einhaltung des Ziels zum Ende des Jahrhunderts mit 50 Prozent Wahrscheinlichkeit). Wird dieses global verfügbare Treibhausgasbudget anteilig pro Kopf auf alle Länder umgelegt, stehen Österreich noch maximal 1000 Megatonnen CO2-eq zur Verfügung (Anderl et al., 2022). In dieser einfachsten aller Zuteilungen werden allerdings weder historische Emissionen noch das überdurchschnittliche Einkommensniveau (und damit die überdurchschnittliche Kapazität zur Emissionsreduktion) berücksichtigt (Meyer & Steininger, 2017). Wenn diese auch mitbedacht werden, hat Österreich ein jedenfalls kleineres Budget und je nach Stärke der Berücksichtigung allenfalls sein Pro-Kopf-Budget bereits aufgebraucht (Williges et al., 2022). Wird die Zielerreichung mit höherer Wahrscheinlichkeit angestrebt, ist das noch verfügbare Treibhausgasbudget ebenfalls geringer. Betrachtet man nur CO2 und werden zudem die seit Inkrafttreten des Pariser Klimaabkommens global bereits emittierten Mengen abgezogen, so beträgt das global ab 2020 verfügbare Budget für eine Nicht-Überschreitung der 1,5 Grad maximaler Erwärmung mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent noch 480 bis 500 Gigatonnen CO2 (IPCC, 2022, WGI; Nabernegg, 2021a; Rogelj et al., 2019). Zur Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels mit einer Zwei-Drittel-Wahrscheinlichkeit stünde noch ein Budget von 400 Gigatonnen CO2 zur Verfügung (IPCC, 2022, AR6).

In der EU sind die Emissionen von Großanlagen (Stromerzeugung, Großindustrie) auf Ebene der EU geregelt, konkret im Europäischen Emissionshandel (EU Emission Trading System – EU ETS). Die Menge der ausgegebenen Zertifikate wird aktuell jährlich um 2,2 Prozent verringert. Mit dem Ziel des Green Deals soll diese Verringerung auf 4,4 Prozent pro Jahr erhöht werden (Vorschlag der Europäischen Kommission, Juli 2021). Für die Emissionen außerhalb dieses Emissionshandels (das heißt für kleinere Industrieanlagen und Gewerbe, Verkehr, Raumwärme, Landwirtschaft und Abfall) hat sich Österreich auf europäischer Ebene verpflichtet, bis 2030 seine Treibhausgasemissionen um 36 Prozent gegenüber 2005 zu verringern. Im Rahmen der Implementierung des ambitionierteren Ziels des EU Green Deals hat die Europäische Kommission im Juli 2021 vorgeschlagen, dieses Reduktionsziel Österreichs auf 48 Prozent anzuheben. Im Regierungsprogramm 2020–2024 hat sich Österreich das Ziel gegeben, diese Emissionen bis 2040 auf Netto-Null zu reduzieren. Netto-Null-Emissionen bedeuten, dass die gleiche Restmenge an ausgestoßenen Emissionen durch die zusätzliche Aufnahme von CO2 in Wäldern, Mooren, Böden oder anderen CO2-Speichern wieder gebunden wird und damit die in diesen Biosystemen gespeicherte Menge erhöht wird. Entsprechend tiefgreifende Reduktionsraten waren bisher nur kurzfristig in großen gesellschaftlichen Krisen beobachtbar, z. B. durch die Maßnahmen zur Einschränkung der COVID-19-Pandemie, der globalen Finanzkrise 2009 oder den Zusammenbruch der Sowjetunion (Forster et al., 2020; Haberl et al., 2020; Wiedenhofer et al., 2020). Dies unterstreicht das Ausmaß der Herausforderung, die ein klimaneutrales Österreich bis 2040 darstellt.

Historisch und aktuell anfallende klimaschädliche Emissionen können je nach Bilanzierungsansatz verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen oder Akteur_innen zugerechnet werden (Steininger et al., 2016; Williges et al., 2022, Steininger et al, 2022). Dies lenkt den Blick auf jeweils andere Handlungen, Akteur_innen und Strukturen. Aufgrund der vielen Dimensionen klimafreundlichen Lebens ist es notwendig, von einem möglichst breiten Verständnis bei der Zuordnung von Emissionen auszugehen. Es folgt daraus, dass nicht nur der direkte Energieverbrauch von Akteur_innen und daraus vor Ort entstehende Emissionen relevant sind, sondern auch die indirekten Emissionen aus der Herstellung der in Österreich konsumierten Güter und Dienstleistungen. Diese indirekten Emissionen fallen teils national, teils jenseits der nationalen Grenzen an. Ihre Berücksichtigung weitet speziell für Länder mit hohem Bruttoinlandsprodukt und starker Außenhandelsorientierung (hoher Export- und Importanteil) wie Österreich deutlich die Emissionsmenge aus, für die österreichischer Handlungsspielraum besteht (Steininger et al., 2018; Nabernegg 2021a). Es zeigt zudem auf, welche Hebel für die Vermeidung welcher Emissionsmengen wirksam gemacht werden können.

Diese Bilanzierungssysteme greifen als Datenbasis auf zwei Berichterstattungssysteme zurück. Erstens werden Energieverbrauch, Prozessemissionen in der Industrie und landnutzungsbezogene Emissionen für Länder, Sektoren und sonstige Verursacher nach international harmonisierten Prinzipien der United Nations Framework Convention on Climate Change (UNFCCC) erhoben. Sowohl für komplexe Bereiche wie Landnutzungsveränderungen in der Methodik als auch durch Aktualisierungen der Faktoren werden regelmäßig Verbesserungen durchgeführt (IPCC, 2021; Lamb et al., 2021). Zweitens beruhen diese Bilanzierungssysteme auf volkswirtschaftlichen Konzepten und deren Implementierung in nationalen Statistiken (System of Environmental-Economic Accounting, Umweltökonomische Gesamtrechnung), welche genauso stetiger internationaler Weiterentwicklungen unterliegen. Zwar konnten in den letzten zehn Jahren die Möglichkeiten und die Robustheit der Erfassung von Emissionen, welche entlang globaler Produktions- und Lieferketten entstehen, umfassend weiterentwickelt werden (Steininger et al., 2016; Tukker, Pollitt, & Henkemans, 2020; Wiedmann und Lenzen, 2018; Wood et al., 2019), jedoch besteht weiterer Verbesserungsbedarf, insbesondere in Hinblick auf Standards, verbesserte Validierung, Datenverfügbarkeit, Detailgrad und Robustheit (Lamb et al., 2021; Tukker et al., 2020).

In der Literatur werden Emissionen nach vier verschiedenen Zurechnungsarten und damit einhergehenden Verantwortlichkeiten unterschieden (Steininger et al., 2016). Vergleichbare Zahlen für alle vier Methoden für Österreich liegen nur für das Jahr 2011 vor (siehe Abb. 1.1). Die für klimapolitische Verhandlungen im Rahmen der UN-Klimakonvention herangezogene Berechnungsmethode ist die territoriale bzw. produktionsbasierte Bilanzierung. Hierbei werden die Emissionen jenem Land zugerechnet, wo auch die Emissionen physikalisch anfallen. In Österreich liegen diese im Jahr 2020 bei 73,6 Megatonnen CO2-eq, bzw. im letzten Vor-Corona Jahr (2019) bei 79,8 Megatonnen CO2-eq (Anderl et al., 2022). Bei den produktionsbasierten Emissionen fielen 2014 rund 20 Prozent direkt bei den Haushalten an, 30 Prozent können Gütern zugeordnet werden, die in Österreich konsumiert werden, und 50 Prozent entstehen für Güter, die Österreich exportiert (siehe Abb. 1.3). Weniger verbreitet sind extraktionsbasierte und einkommensbasierte Zurechnungsmethoden. Bei der extraktionsbasierten Methode werden die Emissionen jenen Ländern zugeordnet, in denen die Extraktion der (fossilen) Rohstoffe erfolgt, bei deren Verarbeitung oder Einsatz in weiterer Folge und meist andernorts Treibhausgase entstehen (etwa beim Einsatz von Erdöl in der Raumwärme und Mobilität). Dementsprechend weisen Länder mit großer Förderung fossiler Energieträger, wie Russland, Saudi-Arabien, aber auch Australien, Norwegen und Kanada, relativ zur Bevölkerung sehr hohe extraktionsbasierte Emissionen auf. Bei einkommensbasierten Methoden werden die Emissionen, die in der Produktion von Gütern in deren ganzer Wertschöpfungskette entstehen, jenen Einheiten zugerechnet, die aus dieser Wertschöpfungskette Einkommen generieren, und zwar anteilig nach Einkommensanteil und unabhängig davon, wo die Güter produziert oder konsumiert werden (Marques et al., 2012).

Abb. 1.1
figure 1

Emissionen in Österreich nach den vier Berechnungsmethoden. (Steininger et al., 2016)

Nach der konsumbasierten Bilanzierungsmethode werden die Emissionen dem Endkonsum zugerechnet, unabhängig davon, wo die jeweiligen Güter produziert wurden bzw. wo dadurch örtlich die Emissionen in der Herstellung angefallen sind. Bei dieser Methode rückt der sogenannte Endverbrauch ins Zentrum der Betrachtung, dessen Bestimmung und Abgrenzung in der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung erfolgt. Zum Endverbrauch zählen der private Konsum, der öffentliche Konsum sowie die Investitionen der Unternehmen und der öffentlichen Hand. Bei dieser endverbrauchs- oder konsumbasierten Berechnung lagen die Emissionen 2014 bei ca. 112,5 Megatonnen CO2-eq und damit um 47 Prozent höher als die produktionsbasierten Emissionen. Rund 40 Megatonnen CO2-eq fallen für Güter an, die in Österreich produziert und nachgefragt werden oder durch direkte Verbrennung von Energieträgern bei den Haushalten entstehen. Darüber hinaus werden Güter und Dienstleistungen, deren Produktion 72 Megatonnen CO2-eq Emissionen verursacht, nach Österreich importiert und hier konsumiert.

Nach allen vier Methoden ermittelt sind für Österreich nur für das Jahr 2011 Emissionsdaten verfügbar (siehe Abb. 1.1). Zu diesem Zeitpunkt lagen die produktions-, extraktions-, einkommens- und konsumbasierten Treibhausgasemissionen bei jeweils 67,8, 6,3, 66,0, und 98,3 Megatonnen CO2 im Jahr (Steininger et al., 2016). Eine Lücke in der Forschung ist die Verteilung der einkommensbasierten Emissionen nach den Produktionsfaktoren Kapital und Arbeit. Auch Unterschiede in den Einkommen und den Arbeitszeiten könnten von Relevanz für das klimafreundliche Leben sein. Zu den Sektoren gibt es internationale Berechnungen, doch die Ergebnisse für Österreich sind nicht zugänglich (siehe Liang et al., 2017).

Auswertungen über die Zeit liegen aktuell nur für produktions- und konsumbasierte Berechnungen vor (siehe Abb. 1.2). Nach der territorialen oder produktionsbasierten Perspektive entstanden in Österreich 2019 rund 80 Megatonnen CO2-eq, was knapp über dem Emissionswert des Jahres 1990 liegt (Anderl et al., 2022). Während der COVID-19-bedingten Lockdowns sanken die Emissionen um etwa 9 Prozent, jedoch nicht aufgrund struktureller Änderungen. Deswegen ist nicht davon auszugehen, dass dieses geringe Niveau für spätere Jahre wieder ohne weitere Maßnahmen realisierbar sein wird (Umweltbundesamt, 2021). Der Höhepunkt der territorialen bzw. produktionsbedingten Emissionen lag in der Mitte der 2000er Jahre bei ca. 90 Megatonnen CO2-eq. Für den Anteil, der allein CO2-Emissionen betrifft, liegen längere Datenreihen vor. Bei diesen kann in den 1960er Jahren ein starker Anstieg von zunächst 35 auf knapp 60 Megatonnen beobachtet werden. Danach verlangsamte sich die Entwicklung und das Emissionsniveau stieg auf 80 Megatonnen in der Mitte der 2000er Jahre. 2019 lagen diese Emissionen bei 68 Megatonnen. Die CO2-Emissionen verlaufen weitgehend parallel zu den Treibhausgasemissionen in Österreich. Auch das Verhältnis von konsumbasierten zu produktionsbasierten Treibhausgasemissionen war für Österreich in den letzten beiden Jahrzehnten relativ stabil.

Abb. 1.2
figure 2

Dynamiken klimaschädlicher Emissionen Österreichs in territorialer (produktionsbasierter) als auch nach konsumbasierter Methode („Fußabdruck“). (Meyer und Steininger 2017; Anderl et al., 2021.; Nabernegg et al., 2023; Steininger et al., 2018, Friedlingstein et al., 2021)

Treibhausgasemissionen in Österreich sind unterschiedlich auf wirtschaftliche Bereiche verteilt (siehe Abb. 1.3). Berechnungen liegen hierfür für die produktions- und die konsumbasierte Methode vor. Nach produktionsbasierter Bilanzierung werden sie dem Wirtschaftsbereich zugerechnet, in dem sie emittiert werden; nach konsumbasierter Bilanzierung hingegen dem Gut der Endnachfrage, in dessen Produktion oder Vorkette sie anfallen. Nach beiden Bilanzierungsmethoden auf gleiche Weise erfasst sind zudem die direkten Emissionen der Haushalte, die durch den Einsatz fossiler Brennstoffe z. B. beim Heizen oder im PKW-Betrieb entstehen. Die Zuordnungen zu Wirtschaftsbereichen (produktionsbasiert) oder zu Gütern (konsumbasiert) resultiert jedoch in einem deutlich anderen Bild: Emissionen aus der Stahl- und Zementproduktion in Österreich werden beispielsweise in der produktionsbasierten Methode dem Stahl- bzw. Zementsektor zugewiesen, in der konsumbasierten Methode jedoch zu einem großen Teil der Nachfrage nach „Bau- und Wohnungswesen“ (sofern der Stahl und Zement vom Bauwesen aus dem Inland nachgefragt wird). Emissionen aus der Produktion von Gütern, die exportiert werden, werden nur in der produktionsbasierten Bilanzierung sichtbar, jene aus der Produktion von importierten Gütern nur in der konsumbasierten Bilanzierung.

Bei der produktionsbasierten Zurechnung fallen gesamt im Jahr 2014 in Österreich 76 Megatonnen CO2-eq an (Abb. 1.3). Davon fällt etwa ein Drittel der Emissionen in der produzierenden Industrie an (25 Megatonnen CO2-eq). Mehr als die Hälfte davon können der Stahlindustrie und Metallverarbeitung (14 Megatonnen CO2-eq) zugeordnet werden, allerdings haben auch die Herstellung von Zement (4 Megatonnen CO2-eq) und von Computer- und elektronischen Produkten (4 Megatonnen CO2-eq) einen wesentlichen Anteil (Abb. 1.4). Weitere wesentliche Sektoren sind der Verkehr (11 Megatonnen CO2-eq) sowie die Land- und Forstwirtschaft (9 Megatonnen CO2-eq). Kleine Anteile bei den produktionsbasierten Emissionen betreffen Bergbau, Bau- und Wohnungswesen, Handel sowie private und öffentliche Dienstleistungen. Im Bereich der Stahlindustrie und Metallverarbeitung fällt ein großer Teil der Emissionen für die Produktion von Gütern an, die exportiert werden. Einen überproportional hohen Anteil an exportierten Emissionen haben auch die Warenproduktion, Computer- und Elektrische-Güter-Produktion sowie der dabei anfallende Transport und die Logistik im Verkehrsbereich.

Abb. 1.3
figure 3

Direkte Emissionen, Österreichische Nachfrage sowie Import und Export klimaschädlicher Emissionen nach bzw. aus Österreich. Oben Produktionsbasierte Emissionen (österreichische Nachfrage und Export). Unten Konsumbasierte Emissionen (österreichische Produktion, Importe EU, Importe Nicht-EU). (Nabernegg et al., 2023, Steininger et al., 2018)

Werden die konsumbasierten Emissionen betrachtet, fielen im Jahr 2014 gesamt 113 Megatonnen CO2-eq für Österreich an (Abb. 1.3). Nach Güterart betrachtet (Abb. 1.4), fallen Emissionen in erster Linie in der Warenproduktion (41 Megatonnen CO2-eq), dem Bau- und Wohnungswesen (14 Megatonnen CO2-eq), für private Dienstleistungen (12 Megatonnen CO2-eq), öffentliche Dienstleistungen (9 Megatonnen CO2-eq) und Verkehr (8 Megatonnen CO2-eq) an. Ein wesentlicher Teil dieser Emissionen fällt allerdings im Ausland an. Bei Gütern aus der Warenproduktion und bei Computer- und elektronischen Produkten liegt der Anteil, der im Ausland anfällt, bei mehr als 80 Prozent, im Handel bei mehr als 70 Prozent und in den Bereichen Wohn- und Bauwesen sowie Dienstleistungen (privat und öffentlich) bei ca. zwei Drittel.

Abb. 1.4
figure 4

Klimaschädliche Emissionen nach Wirtschaftsbereichen in Österreich. Links Produktionsbasierte Emissionen (österreichische Nachfrage und Export). Rechts Konsumbasierte Emissionen nach Sektoren (österreichische Produktion, Importe EU, Importe Nicht-EU). (Nabernegg et al., 2023, Steininger et al., 2018)

Die konsumbasierten Emissionen sind ungleich auf die Akteure verteilt, was sich sowohl durch die Menge als auch durch die Zusammensetzung der Nachfrage erklärt (siehe Abb. 1.5). Erfasst sind hier global anfallende direkte und indirekte Emissionen durch fossile Energie und Industrieprozesse im Jahr 2014. Auf den Konsum der Haushalte entfallen dabei knapp zwei Drittel (62 Prozent) des Emissions-Fußabdrucks Österreichs (Nabernegg, 2021a, 2021b; Muñoz et al., 2020; Steininger et al., 2018). Weitere 11 Prozent entfallen auf die Beschaffung und die Aktivitäten des Staats sowie 26 Prozent auf Investitionen von Unternehmen und den Infrastrukturausbau. Die Emissionen der Haushalte verteilen sich auf Mobilität (20 Prozent), Wohnen (17 Prozent), Ernährung (9 Prozent) und den restlichen Konsum (16 Prozent) (siehe Abb. 1.5 links). Zu Land- und Forstwirtschaft ist anzumerken, dass globale Emissionen durch Landnutzung und deren Veränderungen schwierig zu erfassen sind und daher die meisten konsumbasierten Berechnungen diese Emissionen unterschätzen (Bhan et al., 2021; Lamb et al., 2021). Einen wesentlichen Einfluss auf die Höhe der Emissionen hat das Einkommen der jeweiligen Haushalte (siehe Abb. 1.5 rechts). So sind die Pro-Kopf-Emissionen der 10 Prozent einkommensstärksten Haushalte (18 Tonnen CO2) mehr als doppelt so hoch wie jene der 10 Prozent einkommensschwächsten Haushalte (7 Tonnen CO2). Bei gleichem Einkommen zeigt sich, dass die konsumbasierten Emissionen im städtischen Umland besonders hoch sind, gefolgt von den ländlichen Regionen. Bei selbem Einkommen sind diese in städtischen Gebieten am geringsten (Muñoz et al., 2020). Weitere in der Literatur besprochene, aber weniger tiefgreifende Einflussfaktoren auf die Pro-Kopf-Emissionen umfassen Wohnform und Größe, Geschlecht, Alter, Bildung, Arbeitsverhältnis und Vermögen (Ivanova et al., 2017; Wiedenhofer et al., 2018). Zugleich zeigen diese Aufgliederungen, dass die Treibhausgase aller gesellschaftlichen Gruppen rasch und nachhaltig zu reduzieren sind, um ein klimafreundliches Leben in Österreich sicherzustellen.

Abb. 1.5
figure 5

Konsumbasierte CO2-Emissionen Österreichs. a Verteilung konsumbasierter Emissionen (CO2eq) aus Fossilenergie und Industrieprozessen nach Sektor (Privat, Unternehmen, Öffentlich) und Bereichen (Mobilität, Wohnen, restlicher Konsum, Ernährung) für das Jahr 2014 (Nabernegg et al., 2023). b Pro-Kopf-CO2-Emissions-Fußabdruck im jeweiligen Einkommensdezil des monatlichen Durchschnittseinkommen für das Jahr 2004/5 (Muñoz et al., 2020). In den zugrundeliegenden Daten sind Emissionen aus der globalen Landnutzung untererfasst, was zu einer Unterschätzung der Klimarelevanz der Ernährung und von Bioenergie führt

Alltägliches Handeln kann zudem entlang von Zeit, die wir für bestimmte Handlungsfelder aufwenden, analysiert werden. Insbesondere, da Gesellschaften über Zeit als Struktur spürbar wird (Nassehi, 2008). Eine funktionale Zeitnutzungsperspektive auf Konsum und Emissionen unterscheidet zwischen Zeiten, die zur Reproduktion und Produktion der Subsysteme Person, Haushalt und Familie, Gesellschaft und Wirtschaft verwendet werden (Wiedenhofer et al., 2018). In einer Untersuchung des CO2-Fußabdrucks alltäglicher Tätigkeiten wurden Daten aus der österreichischen Zeitbudgeterhebung und der österreichischen Haushaltsbudgeterhebung mit dem Eora-MRIO für die Jahre 2009–2010 verknüpft (Smetschka et al., 2019): Die durchschnittliche CO2-Intensität von Aktivitäten pro Stunde unterscheidet sich primär nach der dafür notwendigen Mobilität sowie der Klimafreundlichkeit des genutzten Wohnraums, der Intensität des sonstigen Konsums von weiteren Gütern und Dienstleistungen sowie der Klimafreundlichkeit der Bereitstellung aller Güter und Dienstleistungen (siehe Abb. 1.6). Durchschnittlich ist die Zeit, die für die eigene Person und für gesellschaftliches Engagement verwendet wird, relativ emissionsärmer, während sowohl Haushalts- als auch Freizeitaktivitäten große Unterschiede im Hinblick auf den CO2-Fußabdruck/Stunde aufweisen (Smetschka et al., 2019). Diskutierte Einflussfaktoren sind die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung, welche die Zeitnutzungsmuster von Frauen und Männern prägen, Haushaltsgröße, Einkommen sowie Nähe und Verfügbarkeit von Infrastrukturen, um mögliche Wege zu einem kohlenstoffarmen Alltag abschätzen zu können (Druckman et al., 2012; Smetschka et al., 2019; Wiedenhofer et al., 2018). Mit der Analyse der Zeitnutzung können die Klimarelevanz des Alltagslebens besser verstanden und Potenziale und Grenzen für zeit- und nachfrageseitige Beiträge zur Dekarbonisierung erfasst werden (Creutzig et al., 2021; Jalas & Juntunen, 2015; Wiedenhofer et al., 2018).

Abb. 1.6
figure 6

Der CO2-Fußabdruck unbezahlter Zeit setzt sich aus den direkten und indirekten CO2-Intensitäten dieser Tätigkeiten zusammen, das heißt dadurch, wie klimafreundlich alle involvierten Güter und Dienstleistungen bereitgestellt werden. (Smetschka et al., 2019)

1.5 Einordnung des Berichtes

1.5.1 Sachstandsberichte als Informationsgrundlage

Der vorliegende Bericht ist ein „Assessment Report“ (dt.: Sachstandsbericht), das heißt ein Instrument an der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Politik (am Science-Policy Interface) bzw. zwischen Wissenschaft und Gesellschaft. Ziel des Sachstandberichtes ist es, den aktuellen Stand des Wissens zu einer bestimmten Fragestellung bewertend zusammenzufassen und neben der Einschätzung von Aussagen zu dem jeweiligen Themenfeld auch Forschungslücken aufzuzeigen.

Ein Sachstandsbericht stellt weder das Ergebnis eines wissenschaftlichen Forschungsprojekts dar, noch ist er ein Gutachten, das von der Politik in Auftrag gegeben wird. Damit der Bericht seine Informationsfunktion adäquat erfüllen kann, müssen bei seiner Erstellung der Informationsbedarf und die Entscheidungsprobleme der Adressat_innen angemessen reflektiert werden. Der Bericht muss auch sprachlich so gestaltet werden, dass er seine Informationsfunktion erfüllen und den Stand der Wissenschaft angemessen und lesbar vermittelt.

Im Umweltbereich verkörpern die Sachstandsberichte des Weltklimarats den „Goldstandard“. Der Weltklimarat hat das Mandat eines Sachstandsberichts grundlegend charakterisiert: Politikrelevant sein, ohne der Politik Vorschriften oder Vorgaben zu machen („being policy relevant but not prescriptive“). Zudem hat der Weltklimarat auch Standards hinsichtlich der Durchführung von Assessment Reports gesetzt, insbesondere zur Autor_innenschaft, zur Begutachtung (den Review-Prozessen), zum Umgang mit Unsicherheit bzw. dem Grad der Übereinstimmung in der Wissenschaft und Ähnliches (Beck, 2011). Unbestritten hat der Weltklimarat erheblich zur Wahrnehmung des Klimaproblems in Politik und Öffentlichkeit beigetragen. Für diesen Erfolg in der Kommunikation des Problems wurde ihm 2007 der Friedensnobelpreis verliehen. Als wichtigste Errungenschaft wird vermerkt, dass es ihm gelungen ist, die Wissenschaft gegenüber der Öffentlichkeit mit einer Stimme auftreten zu lassen und damit in der öffentlichen Wahrnehmung der Realität eines anthropogenen Klimawandels Glaubwürdigkeit zu verleihen. Wissenschafter_innen und Disziplinen können evidenzbasiert zu unterschiedlichen Einsichten gelangen. Eine Stimme bedeutet daher, dass man gegenseitig die Einsichten anerkennt und bewertet, wie robust diese in Hinblick auf gewisse Aussagen sind (siehe unten). Aber auch wenn die Sachstandsberichte des Weltklimarats Vorbild für Assessmentprozesse darstellten, gilt es zu beachten, dass sich diese im Laufe ihrer Geschichte selbst verändert haben, um auf neue Herausforderungen zu reagieren. Heute ist er keineswegs das einzige Assessment-Modell auf internationaler Ebene, insbesondere im Hinblick auf die Sicherung der politischen Relevanz der Wissenschaft. Ging es in den 1990er Jahren noch vorrangig darum, die Existenz eines menschengemachten Klimawandels zu beweisen (IPCC, 1996), so hat sich der Schwerpunkt spätestens seit den 2000er Jahren in Richtung notwendiger Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel verschoben (IPCC, 2007). „Lifting the taboo on adaptation“ nannten dies Beobachter_innen (Pielke et al., 2007).

Mit der größeren zeitlichen Dringlichkeit von Klimaschutzmaßnahmen haben sich die Aktivitäten in den letzten Jahren stärker auf die wissenschaftliche Begleitung des Verhandlungsprozesses im Rahmen der Klimarahmenkonvention und des Kyoto-Protokolls bzw. des Paris-Abkommens konzentriert, wozu verschiedene „Special Reports“ (Sonderberichte) durchgeführt wurden (Beck, 2012). Auch in Österreich hat die Untersuchung besonderer Themen neben den weiterhin regelmäßig erstellten Gesamtberichten an Bedeutung gewonnen (z. B. als Sonderberichte zu Gesundheit, Tourismus und Landnutzung).

Auf internationaler Ebene gilt der Weltklimarat als Vorbild für andere Themenfelder. So wurde ein „Weltklimarat für Biodiversität“ (Loreau et al., 2006) gefordert, um diesem globalen Problemfeld eine größere Aufmerksamkeit zu verschaffen. Faktisch hat sich in diesen Debatten aber herausgestellt, dass die Anforderungen und auch die Strategien für Assessment Reports in den verschiedenen Bereichen durchaus unterschiedlich sind. Aufgrund der Bedeutung der Biodiversität in verschiedenen Gesellschaften und Kulturen hat der Weltbiodiversitätsrat („Intergovernmental Science-Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services – IPBES“, siehe Ipbes.net) seine Wissensbasis erweitert und dem nichtwissenschaftlichen Praxiswissen sowie dem traditionellen und indigenen Wissen („Traditional and Indigenous Knowledge – TIK“) eine höhere Bedeutung zugesprochen sowie einen konzeptionellen Rahmen entwickelt, der die Notwendigkeit der Übersetzung zwischen verschiedenen Wissenskulturen betont (zur Etablierung des IPBES: Beck et al., 2014; Görg et al., 2007; Görg et al., 2010; Paulsch et al., 2010; zum konzeptionellen Ansatz: Díaz et al., 2015). In den Forschungen zur Interaktion von Wissenschaft und Politik (Science-Policy Interface) wird zudem hervorgehoben, dass man nicht nur die einzelnen Produkte, die Berichte, betrachten sollte, sondern auch den Prozess ihrer Erstellung. Dabei muss dem Zusammenspiel zwischen Wissenschaftler_innen, anderen Wissensträger_innen bzw. Wissenskulturen und den verschiedenen Entscheidungskontexten Rechnung getragen werden (Hulme, 2014). Teil dieser Herausforderungen ist auch die Zusammenarbeit innerhalb der Wissenschaften und zwischen ihren unterschiedlichen Disziplinen. So wird in der Literatur ein Bias für Erdwissenschaften und Industrieländer im IPCC thematisiert (Vasileiadou et al., 2011). Die schwache Einbindung der Sozialwissenschaften ist zwar durch multi- und interdisziplinäre Zugänge adressiert worden, aber die Zusammenarbeit auf Augenhöhe ist eine Herausforderung (Conrad, 2010; Shackley & Skodvin, 1995). Nach wie vor wird die starke Orientierung an einzelne theoretischen Strömungen der Ökonomik als Herausforderung thematisiert (Stoddard et al., 2021). Allgemein wird daher schon länger argumentiert, dass ein reflexiver Ansatz erforderlich sei, der eine lernfähige Vorgehensweise ermöglicht (Beck et al., 2014).

Werden solche Überlegungen von der Frage angetrieben, wie die politische Relevanz von Sachstandsberichten gesteigert oder zumindest erhalten werden kann, ohne die Selbstbegrenzung der Wissenschaft zu verlassen („without being prescriptive“, Beck, 2012; Hulme et al., 2011), so wurde in der Forderung nach einer transformativen Wissenschaft (Schneidewind, 2015) diese Selbstbegrenzung explizit in Frage gestellt. Es wird argumentiert, dass angesichts der zunehmenden Zuspitzung der Klimakrise sowie anderer Überschreitungen von planetaren Grenzen die Wissenschaft sich nicht auf die Analyse oder Feststellung des Problems beschränken dürfe, sondern selbst direkt zur Einleitung und Umsetzung transformativer Maßnahmen beitragen sollte (Grunwald, 2015; Schneidewind, 2015; Wissel, 2015). Während diese Forderung von anderer Seite genau deshalb in Frage gestellt wurde, weil damit der Bereich der Wissenschaft verlassen und ihre Glaubwürdigkeit in Frage gestellt wird (Rohe, 2015; Strohschneider, 2014; Strunz & Gawel, 2017), lässt sich dieser Gefahr durch eine Orientierung an der im Bereich der Nachhaltigkeitsforschung gut etablierten Unterscheidung von System-, Orientierungs- und Transformationswissen in einem inter- und transdisziplinärem (id&td) Forschungsansatz begegnen (Hirsch Hadorn, 2008; Hirsch Hadorn et al., 2006; Jahn et al., 2012; Jahn & Keil, 2015; Pohl & Hadorn, 2008).

Abb. 1.7
figure 7

Konzeptuelles Modell der Transdisziplinarität. (Jahn et al., 2012)

Zwischen den Diskussionen um die Politikrelevanz von Science-Policy Interface, transformativer sowie id&td-Forschung vermittelt das Idiom der Ko-Produktion von Wissen, das heißt der gemeinsamen Erzeugung neuen Wissens durch die Zusammenarbeit verschiedener Wissenskulturen und -akteur_innen. Wie Miller und Wyborn (2020) gezeigt haben, speist sich die Diskussion um Ko-Produktion von Wissen aus unterschiedlichen Quellen, von der institutionalistischen Ressourcenökonomie (Ostrom, 1990) über die Wissenschafts- und Technikforschung (STS) (Jasanoff, 1996, 2004) bis zur Nachhaltigkeitsforschung (Berkes, 2009; Kates et al., 2001) und hier insbesondere der transdisziplinären Forschung (Jahn et al., 2012). Über diese verschiedenen Entwicklungs- bzw. Anwendungsstränge hinweg teilt das Idiom der Ko-Produktion nach Miller und Wyborn (2020) einige Gemeinsamkeiten, nämlich die Annahme, dass die gemeinsame Generierung neuen Wissens über die etablierten Grenzziehungen in der Wissenschaft sowie zwischen Wissenschaft und Nicht-Wissenschaft hinweg bei aller Kooperation zwischen verschiedenen Wissensformen nicht konfliktfrei verläuft. Demnach stellt die Wissenschaft unverzichtbares Systemwissen zur Verfügung, muss aber hinsichtlich des Wohin (Orientierungs- oder Zielwissen) und des Wie (Transformationswissen, erworben durch Erfahrungs- oder Praxiswissen von gesellschaftlichen Akteur_innen) ergänzt werden. Neben Wissensgeneration und -integration können Transdisziplinäre Projekte auch zu sozialem Lernen durch gemeinsames Handeln beitragen und Kompetenzen für verantwortungsbewusstes Führungsverhalten schaffen (Schneider et al., 2019). Dabei spielen Grenzbegriffe bzw. -objekte (boundary concepts/objects, Star & Griesemer, 1989; Jasanoff, 1996, 2004), die diese Übersetzung zwischen verschiedenen Disziplinen und Wissenskulturen vermitteln, eine große Rolle. Die Kooperation kann in einem dreistufigen Schema der Abfolge von Ko-Design, Ko-Produktion und Ko-Evaluierung (siehe Abb. 1.7) dargestellt werden.

1.5.2 Erstellungsprozess und Stakeholderbeteiligung

Das Thema des vorliegenden Sachstandsberichts „Strukturen für ein klimafreundliches Leben“ kann nur zum Teil durch eine Zusammenfassung der aktuellen wissenschaftlichen Literatur behandelt werden. Da ein Sachstandsbericht keine eigenständige Forschung durchführt, fällt die Option einer transformativen Forschung im vorliegenden Fall weg. Entsprechend wurde der Bericht in der Erstellung bereits seit Beginn von einem Stakeholderprozess begleitet, der insbesondere dazu diente, den Informations- und Entscheidungsbedarf bei Adressat_innen möglichst früh abzufragen. Zugleich sind diesem Bericht klare Grenzen im Bereich des Wohin und des Wie gesetzt, insbesondere da der Bericht nur den aktuellen Stand des Wissens umfassen kann. Dies verhindert auch, dass der Bericht in transformative Forschungsprozesse integriert wird. Daher wurde der Sachstandsbericht (Abb. 1.8: Blau) von einem Stakeholderprozess (Abb. 1.8: Grau) begleitet, der allerdings in der letzten Phase eigene Ergebnisse entwickelte, die außerhalb dieses Berichtes veröffentlicht werden.

Abb. 1.8
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Entwicklungsprozess des Sachstandsberichts und Stakeholderprozess. (Eigene Darstellung)

Die wissenschaftliche Qualität des Berichtes wird durch einen dreistufigen Reviewprozess gesichert. Im November 2020 wurden die jeweiligen Kapitel und Unterkapitel des Zero-Order-Draft (eine notizenhafte Sammlung der Inhalte der jeweiligen Kapitel und Unterkapitel) von den Autor_innen des Berichtes kommentiert. Die ungefähr 800 Kommentare wurden von den Co-Chairs eingeordnet, von den Autor_innen je nach Einschätzung eingearbeitet und eine kurze Replik verfasst. Allgemeine Einschätzungen der Co-Chairs wurden weiters mit den Autor_innen bei einem dreistündigen Online-Workshop im Jänner 2021 besprochen. Der Fokus lag hier auf der Sprache im Bericht, dem Assessment-Charakter, Querschnittsthemen und zusätzlichen Unterkapiteln. Nach dem Workshop wurden die Kapitel „Versorgung“, „Soziale und räumliche Ungleichheit“ sowie „Raumplanung“ neu in den Bericht aufgenommen. Im Mai 2021 wurde der First-Order-Draft, eine erste Version der jeweiligen Kapitel, von 63 Expert_innen ca. 1200-mal kommentiert. Die Kommentare wurden von den Herausgeber_innen gesichtet, eingeordnet und gemeinsam mit einer umfassenden Einschätzung an die Autor_innen weitergegeben. Entsprechend den Rückmeldungen wurde ein weiteres Kapitel zu netzgebundenen Infrastrukturen aufgenommen. Des Weiteren wurden zwei Workshops durchgeführt, die auf die Identifikation von Transformationspfaden sowie eine bessere Abstimmung der Kapitel untereinander abzielten. Im November 2021 wurde der Second-Order-Draft von Stakeholder_innen und Reviewer_innen kommentiert. Weiters gaben die Co-Chairs noch umfassendes schriftliches und mündliches Feedback zu den jeweiligen Kapiteln. Weiters gab es einen Online-Workshop zur Besprechung offener Fragen. Die Kommentare wurden bis Ende März 2022 eingearbeitet und entsprechend beantwortet. Im Frühjahr 2022 überprüften Revieweditor_innen die Einarbeitung der Kommentare. In einzelnen Kapiteln gab es weiters Treffen zwischen Co-Chairs, Autor_innen und Revieweditor_innen, um offene Punkte zu besprechen. Der Bericht wurde in einer Zusammenfassung für Entscheidungstragende und einer Technischen Zusammenfassung zusammengefaßt, diese wurden allerdings (wie vom APCC vorgesehen und im Unterschied zum IPCC Prozess) nicht mit der Regierung abgestimmt. Danach wurde der Bericht im Juli 2022 freigegeben und an den Verlag zum Druck übergeben.

Der vorliegende Bericht wurde durch einen erweiterten Beteiligungsprozess ergänzt, der über den wissenschaftlichen Standard hinaus Stakeholder_innen ermöglicht, die drei Versionen des Berichtes zu kommentieren (Zero-, First- und Second-Order-Draft). Die Kommentare werden von den Autor_innen gesichtet und je nach eigener Einschätzung eingearbeitet. Im Unterschied zu den wissenschaftlichen Kommentaren müssen die Autor_innen nur in der letzten Runde (dem Second-Order-Draft) auf die Kommentare von Stakeholdern antworten. Der Austausch zwischen Addressat_innen und Autor_innen erfolgte allerdings auch im Rahmen des Co-Design-Workshops (dieser Workshop war zugleich der erste Schritt des Stakeholderprozesses). 30 Stakeholder_innen kommentierten die Zusammenfassung des Zero-Order-Drafts hinsicht Relevanz und fehlender Themen. Es wurde ein 60-seitiges Protokoll erstellt. Dieses wurde von den Autor_innen kommentiert, um den Stakeholder_innen eine erste wissenschaftliche Einschätzung zurückzumelden. Zugleich oblag es den jeweiligen Autor_innen einzuschätzen, inwiefern die Anmerkungen im Sinne der Wissenschaftlichkeit des Berichtes eingearbeitet wurden. Nach dem Co-Design-Workshop wurde der Stakeholderprozess mit dem Ziel, einen eigenen Beitrag zu leisten, parallel zum Bericht weitergeführt.

1.5.3 Vorgehensweise bei der Bewertung der Literatur

Bei einem Sachstandsbericht handelt es sich um eine bewertende Zusammenfassung des aktuellen Wissensstands zu einer bestimmten Fragestellung auf Basis der aktuellen und relevanten Literatur. In diesem Bericht wurde hierzu Literatur mit einem Bezug zum klimafreundlichen Leben in Österreich sowie dem jeweiligen Themenbereich des Kapitels aufgenommen. Es konnte jegliche Literatur, die wissenschaftlichen Qualitätsstandards gerecht wird und bis Abgabe des Second-Order Drafts im November 2021 veröffentlicht wurde, aufgenommen werden. Spätere Literatur konnte nur aufgenommen werden, sofern bereits zuvor darauf verwiesen wurde, dass ein Dokument, das noch nicht veröffentlicht war, aufgenommen werden wird, oder falls Reviewer_innen die Aufnahme einer Quelle einforderten.

Eine genaue Spezifikation von grauer Literatur wurde nicht vorgenommen, vielmehr obliegt es den Autor_innen unter Rücksichtnahme auf Reviewkommentare, die Qualität der grauen Literatur einzuordnen und nur jene, die wissenschaftlichen Qualitätsstandards gerecht wird, aufzunehmen. Dies liegt auch an der sozialwissenschaftlichen Ausrichtung des Berichtes (siehe unten). In diesem Sinne wurde auch nicht in allen Kapiteln ein Suchbegriff, wie in einem systematischen Reviewprotokoll üblich, entwickelt. Eine solche Herangehensweise wäre für einen Bericht mit engem geographischem Fokus nicht praktikabel. Damit die vollständige relevante Literatur aufgegriffen wird, begleitete ein mehrstufiger Reviewprozess (mit Kommentaren von Stakeholder_innen und Wissenschaftler_innen) die Berichtsenwicklung. Teil dessen waren Anmerkungen zu fehlender Literatur. Der Reviewprozess unterstützt daher die Autor_innen, die gesamte relevante Literatur aufzunehmen.

Eine Besonderheit des österreichischen Sachstandsberichts (im Vergleich zu dem des IPCC) ist, dass neben begutachteter Literatur (sogenannte Peer-Review-Literatur) auch „graue Literatur“ (wie beispielsweise Berichte, Buchkapitel oder noch nicht wissenschaftlich veröffentlichte Working Papers) herangezogen wurde. Dies deswegen, weil es wenig Peer-Review-Literatur gibt, die sich direkt auf Österreich bezieht. Literatur, die sich nicht direkt auf Österreich bezieht, musste im Rahmen des Assessments mit Österreich in Bezug gesetzt werden.

Abb. 1.9
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Beurteilung des Wissensstandes im Sachstandsbericht. (Adaptiert von APCC, 2018)

Der Sachstandsbericht bewertet sozialwissenschaftliche Literatur, wobei Sozialwissenschaften sehr breit definiert sind und unter anderem Forschungsergebnisse der Politik-, Wirtschafts- und Kulturwissenschaften, der Soziologie und der Rechtswissenschaft umfassen (vergleiche Kap. 2). Der Bericht als solches anerkennt die empirisch messbare multiparadigmatische Ausrichtung der Wissenschaften (Evans, 2016; Evans, Gomez, & McFarland, 2016) und ist von den Erkenntnissen des Perspektivismus getragen (Giere, 2006; Sass, 2019). Diesem folgend gehen mit unterschiedlichen wissenschaftlichen Disziplinen auch unterschiedliche Perspektiven einher. Die Ergebnisse der jeweiligen Forschung sind daher nur bedingt vergleichbar bzw. sogar oftmals gar nicht vergleichbar, wenn Ergebnissen keine gemeinsame Metrik (bzw. kein gemeinsamer Wertmaßstab) zugrunde liegt (Shove, 2010). Dies liegt auch an fundamentalen Unsicherheiten, mit denen Forscher_innen konfrontiert sind. Grundlegende Elemente des Interessensobjektes können unterschiedlich interpretiert werden: So ist Wirtschaft im Konzept der schwachen Nachhaltigkeit neben Natur und Gesellschaft ein eigener Kapitaltypus, im Konzept der starken Nachhaltigkeit aber eingebettet in und daher abhängig von Gesellschaft und biophysischen Prozessen (Hinterberger, Luks, & Schmidt-Bleek, 1997; Novy, Bärnthaler, & Heimerl, 2020). Die Forschung selbst ist auch von den Werten der Forscher_innen nur eingeschränkt trennbar (Davydova & Sharrock, 2003). Grundsätzlich streben alle Autor_innen danach, ein und dieselbe Realität entsprechend wissenschaftlicher Standards zu beschreiben (Danermark, 2002). In diesem Bericht anerkennen die Autor_innen jedoch unterschiedliche Blickwinkel. Der Bericht vertritt in diesem Sinne eine in fundamentaler Unsicherheit begründete plurale Sichtweise wissenschaftlicher Praxis (Dobusch & Kapeller, 2012) und fördert auch im Assessment ein interessiertes und kritisches Nebeneinander von Theorien und damit verbundenen Erklärungen.

Zugleich verfolgt der Bericht den Anspruch, möglichst einheitliche Standards in der Bewertung des Standes des Wissens festzulegen. Die Autor_innen waren nicht nur dazu aufgerufen, möglichst die gesamte relevante Literatur, die aus unterschiedlichen Disziplinen stammt, ins Assessment mit einzubeziehen, sondern auch Aussagen, die sich aus diesen ergeben, zu bewerten.

Die Bewertung von Aussagen im Bericht wurde entlang von zwei Maßstäben vorgenommen (Abb. 1.9): (1) ob die relevante Literatur in ihren Einschätzungen einer Aussage übereinstimmt (niedrige, mittlere, hohe Übereinstimmung) und (2) wie umfangreich und qualitativ hochwertig die Literaturbasis, die für die Bewertung der Aussage herangezogen wird, ist (schwache, mittlere, starke Literaturbasis). In diesem Bericht wird statt des bisher üblichen Begriffs „Beweislage“ der Begriff „Literaturbasis“ verwendet, da dieser mit allen in diesem Bericht vertretenen Perspektiven kompatibel ist. Die Literaturbasis umfasst nicht nur die Quantität der Literatur, sondern es wird – bezogen auf die Beweislage – auch die Qualität der jeweiligen Literatur bewertet. Aus der Kombination der beiden Kriterien ergibt sich das Vertrauen in eine Aussage (sehr geringes, geringes, mittleres, hohes und sehr hohes Vertrauen).

1.6 Aufbau des Berichtes

Nach der Einleitung in Kap.1  stellt Kap. 2 vier sozialwissenschaftliche Perspektiven vor. In Teil 2 wird das klimafreundliche Leben in sechs verschiedenen Handlungsfeldern untersucht, in Teil 3 Strukturen für ein klimafreundliches Leben und in Teil 4 in Kap. 23 der aktuelle Forschungsstand zu Transformationspfaden sowie Szenarien zusammengefasst und die Ergebnisse dieses Berichtes entlang von Transformationspfaden und Ansatzpunkten systematisiert. In Teil 5 geben vier Kapitel einen vertieften Überblick über Theorien des Wandels, auf deren Basis die Perspektiven von Kap. 2 entwickelt wurden.

Kap.1  klärt grundlegende Begriffe wie klimafreundliches Leben, Handlung, Strukturen und Gestaltbarkeit. Weiters gibt dieses Kapitel einen Überblick über aktuelle Entwicklungen der klimaschädlichen Emissionen, die in Widerspruch zum klimafreundlichen Leben stehen. Auch wird der aktuelle Stand des Wissens zur Verteilung von Emissionen auf unterschiedliche Sektoren, Haushaltsgruppen und Tätigkeiten dargelegt. Letztlich wird ein Überblick über die Berichtentwicklung und den Reviewprozess gegeben.

Kap. 2 sammelt und verdichtet Theorien des Wandels mit Bezug auf klimafreundliches Leben. Um die Breite von sozialwissenschaftlichen Theorien zusammenzufassen, werden diese entlang von vier Perspektiven strukturiert: Die Marktperspektive, die Innovationsperspektive, die Bereitstellungsperspektive sowie die Gesellschaft-Natur-Perspektive. Jede der besprochenen Perspektiven trägt unterschiedliche Dimensionen zur Gestaltbarkeit und Veränderbarkeit von Strukturen für ein klimafreundliches Leben bei. Allen voran beziehen sich verschiedene Akteur_innen auf unterschiedliche Weise darauf. Verschiedene Perspektiven setzen auf unterschiedliche Formen des Gestaltens von Strukturen klimafreundlichen Lebens und präferieren deshalb auch jeweils unterschiedliche klimapolitische Instrumente.

Die Kapitel in Teil 2 besprechen klimafreundliches Leben in sechs verschiedenen Handlungsfeldern: Wohnen; Ernährung; Mobilität; Erwerbsarbeit; Sorgearbeit für die eigene Person, Haushalt, Familie und Gesellschaft; Freizeit und Urlaub. Jedes dieser Kapitel behandelt die jeweiligen Handlungsfelder entlang der vier berichtbegleitenden Fragen. Auch werden hier aktuelle Entwicklungen klimaschädlicher Emissionen im Detail dargelegt.

Die Kapitel in Teil 3 diskutieren, quer zu den Handlungsfeldern, Strukturen mit Bezug auf klimafreundliches Leben. Die Literatur zu folgenden zwölf Strukturen wird analysiert: Recht; Governance und politische Beteiligung; Innovationssystem und -politik; Die Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen; Globalisierung: globale Warenketten und Arbeitsteilung; Geld- und Finanzsystem; Soziale und räumliche Ungleichheit; Sozialstaat und Klimawandel; Raumplanung; Mediendiskurse und -Strukturen; Bildung und Wissenschaft für ein klimafreundliches Leben und Netzgebundene Infrastrukturen.

In Teil 4 gibt Kap. 23 einen Überblick über in der Literatur diskutierte Szenarien, die Rolle von Narrativen für ein klimafreundliches Leben und ordnet die Gestaltungsoptionen des Berichts grundsätzlich unterschiedlichen Transformationspfaden zu. Aus einer Diskussion von Synergien und Konflikten der Handlungsmöglichkeiten dieser Pfade wird ein Transformationspfad als Option zur Förderung klimafreundlichen Lebens und damit zur Erreichung der Klimaziele skizziert. Weiters werden die Interventionspunkte diskutiert und bewertet.

Die Kapitel in Teil 5 erarbeiten und erläutern Theorien des Wandels im Detail. Es werden verschiedene sozialwissenschaftliche Zugänge zu Wandel und Transformation erläutert und entlang der berichtbegleitenden Fragen dargelegt. Dieses Kapitel vertieft zur Nachvollziehbarkeit Grundannahmen, Konzepte und Theorien der internationalen wissenschaftlichen Debatte.