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Die Beurteilung von Lehrkräften gilt insbesondere im angelsächsischen Raum als wichtiges Merkmal der Qualitätssicherung im Schulsystem im Allgemeinen und der Personalentwicklung im Besonderen. In den USA reichen Versuche der Implementation einer Evaluation der Arbeit von Lehrkräften (teacher performance evaluation) bis in die 1970er-Jahre zurück. Diese Verfahren wurden sowohl als Grundlage für beschäftigungsrelevante Entscheidungen (Rekrutierung, Fortbildung, Entlassung, Gewährung leistungsbezogener Entgeltanteile) als auch als Instrument der Schulentwicklung implementiert (Darling-Hammond et al. 1983). In Großbritannien ist die Beurteilung von Lehrkräften (teacher appraisal) seit 1991 gesetzlich verankert und wird als wichtiger Bestandteil einer Gesamtstrategie der Qualitätsentwicklung in Schulen definiert (Bartlett 2000).

Während ältere Studien zur Einführung von Beurteilungsverfahren für Lehrkräfte keine Zusammenhänge zwischen Lehrerbeurteilungen und Schülerleistungen nachweisen konnten (Medley und Coker 1987), weisen neuere Studien zum Einsatz standardisierter Beurteilungsinstrumente darauf hin, dass eine systematische Beurteilung von Lehrkräften die Weiterentwicklung von Kompetenzen anregt und einen positiven Effekt auf Schülerleistungen hat (Milanowski 2004; Taylor und Tyler 2012). Eine entscheidende Rolle für die Übersetzung von Feedback in die Weiterentwicklung von Kompetenzen spielen die Güte der Beurteilung und die Qualität des Feedbacks (Jacob und Lefgren 2008; Sartain et al. 2011; Tuytens und Devos 2011).

Weit verbreitet ist die Unterscheidung zwischen summativer und formativer Beurteilung des Unterrichts. Als summativ wird eine Unterrichtsbeurteilung zu Zwecken der Begründung von Entlassung, Weiterbeschäftigung, Beförderung oder der Ermittlung leistungsbezogener Entgeltanteile bezeichnet (Oliva und Pawlas 2001). Eine formative Beurteilung durch Schulleitungen erfolgt in der Regel im Rahmen der unterrichtsbezogenen Führung mit dem Zweck der Identifikation von Ansatzpunkten für Entwicklungsbedarf. Formative Verfahren wie clinical supervision (Garman 1986; Glickman et al. 2005; Hinchey 2010; Zepeda 2007) oder management by walking around (Brooks et al. 2007) werden im angelsächsischen Kontext häufig genutzt. Wenngleich eine Unterscheidung von summativen und formativen Aspekten der Beurteilung auch für das deutsche System sinnvoll erscheint, stößt ein Vergleich der angelsächsischen Lehrerbeurteilung mit der deutschen Beurteilungspraxis doch an Grenzen, da sich infolge der unterschiedlichen Organisation des öffentlichen Dienstes auch die Instrumente des Personalmanagements (insbesondere im Hinblick auf Personalrekrutierung und Personalfreisetzung) deutlich unterscheiden. Im Unterschied zum angelsächsischen Raum erfolgt in Deutschland die Unterrichtsbeurteilung durch die Schulleitung vor allem im Rahmen der dienstlichen Beurteilung.

Im Folgenden werden zunächst allgemeine Aspekte der dienstlichen Beurteilung beschrieben. Anschließend erfolgt eine differenzierte Auseinandersetzung mit den Verfahren dienstlicher Beurteilung von Lehrkräften in den 16 Ländern. In einem dritten Schritt werden Ergebnisse der Analyse der Beurteilungsbögen hinsichtlich der Operationalisierung der fachlichen Leistung, insbesondere der Unterrichtskompetenz dargestellt.

6.1 Grundprinzipien der Beurteilung im öffentlichen Dienst in Deutschland

Die Beurteilung von Leistungen im öffentlichen Dienst ist in Deutschland stark vom Konzept des Beamtentums – im Unterschied zum angelsächsischen Konzept der civil servants – geprägt (Benz 1981). Das Grundgesetz sieht vor, dass mit der Übernahme des Amtes ein besonderes Treueverhältnis zum Staat eingegangen wird, den die Beamten wiederum repräsentieren: „Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen“.Footnote 1 Diesem besonderen Treueverhältnis entsprechen die Prinzipien der Alimentierung und der Unkündbarkeit. Das Grundgesetz sieht neben dem Treueverhältnis den Leistungsgesichtspunkt als ein entscheidendes Kriterium für die Tätigkeit der Beamtinnen und Beamten. In Art. 33 Abs. 2 GG wird der Zugang zum Amt an die Prinzipien der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gebunden: „Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt.“

Die Dienstrechtsreform aus dem Jahr 1997 hat den Stellenwert der dienstlichen Beurteilung für die Personalentwicklung im öffentlichen Dienst deutlich verändert, nicht zuletzt deshalb, weil der quasiautomatische altersabhängige Zuwachs der Bezüge durch Verfahren ersetzt wurde, die stärker an der Arbeitsleistung orientiert sind. Außerdem kann seither im Fall einer nicht zufriedenstellenden Leistung ein Aufstieg gestoppt bzw. ausgesetzt und besonders gute Leistungen können durch Einmalzahlungen belohnt werden. Für die Entwicklung der Reformkonzeptionen spielt auch die Auseinandersetzung mit internationalen Erfahrungen des Public Managements eine Rolle. Eine wichtige Bedeutung hatte in diesem Zusammenhang die Veröffentlichung des Konzepts der Neuen Steuerung durch die Kommunale Gemeinschaftsstelle (KGSt) im Jahr 1993. Hier wurden auf der Ebene der Kommunalverwaltungen Vorschläge für eine Modernisierung des öffentlichen Dienstes erarbeitet, die neben der Einführung wettbewerblicher Elemente sowie einer Kundenorientierung auch ein modernes Personalmanagement vorsahen. Angestoßen durch diese Diskussionen veränderte sich in Deutschland auch die Form der dienstlichen Beurteilung.

Mit der Föderalismusreform wurde 2006 die Rahmengesetzgebungskompetenz des Bundes für beamtenrechtliche Sachverhalte abgeschafft. Die Regelungskompetenz für die Laufbahnen, die Besoldung und die Versorgung der Landesbeamten sowie der Beamten in den Kommunen liegt seither ausschließlich bei den Ländern (Bull 2008); das 2009 verabschiedete Beamtenstatusgesetz regelt lediglich die besonderen Rechte und Pflichten, die sich aus dem Beamtenstatus ergeben. Was schulische Angelegenheiten betrifft, für die die maßgeblichen Regelungskompetenzen seit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland bei den Ländern liegen, bedeutet das Wegfallen der Rahmengesetzgebung durch den Bund eine weitere Erhöhung der Spielräume für die Ausgestaltung der Gesetzgebung im Bereich der schulischen Personalentwicklung.

Obwohl die gesetzliche Regelungskompetenz für die dienstliche Beurteilung von Lehrkräften bei den Ländern liegt, wird im folgenden Überblick über die zentralen Aspekte der dienstlichen Beurteilung auch die Bundesgesetzgebung einbezogen, weil diese und die auf sie bezogene Rechtsprechung – insbesondere gilt das für die Bundeslaufbahnverordnung – prägend für die Regelung der Länder wirkte und wirkt.

Die Rechtsprechung spricht der dienstlichen Beurteilung für den öffentlichen Dienst ein „Monopol für die Leistungsmessung“ zu und betrachtet sie damit als wichtigstes „Instrument für die Zuteilung von Karrierechancen“ (Lorse 2020 S. 104). Das Potenzial der dienstlichen Beurteilung reicht dabei über ihre in der Praxis häufig „ritualisierte“ Anwendung deutlich hinaus (Lorse 2020 S. 69). Die im Zuge der Beurteilung erfassten Informationen können im Sinn einer systematischen Personalentwicklung für die Ermittlung des Bedarfs einer fachlichen Weiterqualifizierung und persönlichen Weiterentwicklung ebenso genutzt werden wie als Anlass für ein Entwicklungsgespräch zwischen Vorgesetzen und Mitarbeitenden, in dem die Potentialeinschätzung (darauf bezieht sich insbesondere der Begriff der Eignung) und die Karriereziele zum Zweck einer Personaleinsatzplanung abgeglichen werden. Lorse (2020) spricht von der „Multifunktionalität“ der dienstlichen Beurteilungen: „Dienstliche Beurteilungen sind das Instrument für Beförderungsentscheidungen, besitzen damit bei Beamten zumindest mittelbar Entlohnungsfunktion, determinieren Verwendungsplanungen, beeinflussen die Motivation der zu beurteilenden Beamten und sind Grundlage von Bewährungsfeststellungen“ (ebd. S. 127 f.). Gegenstand der dienstlichen Beurteilung ist nach § 2 der Bundeslaufbahnverordnung (BLV) die Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Beamtinnen und Beamten. Der in Art. 33 Abs. 2 des Grundgesetzes beschriebene Leistungsgrundsatz ist dabei die „Grundlage aller beamtenrechtlichen Entscheidungen“ (Leppek 2010 S. 6). In § 21 Bundesbeamtengesetz von 2009 sowie in den entsprechenden Landesgesetzen sind Grundsätze der dienstlichen Beurteilung, entsprechend des verfassungsrechtlich verankerten Prinzips der Bestenauslese im Hinblick auf Eignung, Befähigung und fachliche Leistung, geregelt (Leppek 2010, S. 5). Eine differenziertere Regelung der dienstlichen Beurteilung erfolgt in der Bundeslaufbahnverordnung (BLV), die wiederum prägend ist für die Laufbahnverordnungen der Länder sowie die Beurteilungsrichtlinien im Bund und in den Ländern. In Verwaltungsvorschriften werden entsprechend Beurteilungsanlass, Zuständigkeiten und Verfahrensweisen im Detail definiert.

Die Leistung wird als fachliche Leistung spezifiziert und damit auf die Aufgaben einer bestimmten Stelle bezogen. Es geht um die den dienstlichen Anforderungen entsprechenden Arbeitsergebnisse der Beurteilten: „Die Leistungsbeurteilung dient also dazu, die Qualität und Quantität der konkreten dienstlichen Tätigkeiten und der Arbeitsergebnisse am Arbeitsplatz zu bewerten. Sie hat die Aufgabe, zu beurteilen, ob der Beamte im maßgeblichen Beurteilungszeitraum den Anforderungen, die der von ihm wahrgenommene Dienstposten an ihn stellt, gerecht geworden ist“ (Leppek 2010, S. 8). Befähigung wird in der BLV § 2 Abs. 3 definiert als „die Fähigkeiten, Kenntnisse, Fertigkeiten und sonstigen Eigenschaften, die für die dienstliche Verwendung wesentlich sind.“ Bei der Beurteilung der Eignung stehen persönlichkeitsbezogene Eigenschaften im Mittelpunkt, die als Voraussetzung für die Übertragung eines staatlichen Amts gefordert werden. Laut BLV § 2 Abs. 2 umfasst Eignung „insbesondere Persönlichkeit und charakterliche Eigenschaften, die für ein bestimmtes Amt von Bedeutung sind.“

Infobox Der Leistungsgrundsatz in der Bundeslaufbahnverordnung (BLV)

§ 2 Begriffsbestimmungen

2) Eignung erfasst insbesondere Persönlichkeit und charakterliche Eigenschaften, die für ein bestimmtes Amt von Bedeutung sind.

(3) Befähigung umfasst die Fähigkeiten, Kenntnisse, Fertigkeiten und sonstigen Eigenschaften, die für die dienstliche Verwendung wesentlich sind.

(4) Die fachliche Leistung ist insbesondere nach den Arbeitsergebnissen, der praktischen Arbeitsweise, dem Arbeitsverhalten und für Beamtinnen oder Beamte, die bereits Vorgesetzte sind, nach dem Führungsverhalten zu beurteilen.

§ 3 Leistungsgrundsatz

Laufbahnrechtliche Entscheidungen sind nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung unter Berücksichtigung des § 9 des Bundesbeamtengesetzes und des § 9 des Bundesgleichstellungsgesetzes zu treffen.

Zumindest Eignung und Befähigung werden laut Leppek (2010) häufig nicht trennscharf operationalisiert. Diese Einschätzung wird durch die diesem Kapitel zugrunde liegende Analyse der Richtlinien zur dienstlichen Beurteilung von Lehrkräften bestätigt. Hier werden in einigen Fällen dieselben Indikatoren den drei Aspekten in unterschiedlicher Weise zugeordnet (s. u.). Auch werden nicht in allen Richtlinien alle drei Aspekte unterschieden. Im Zentrum der Beurteilung steht die fachliche Leistung, das heißt die Frage, ob und in welchem Ausmaß sich eine Person in der Bearbeitung der konkreten Anforderungen, die mit einer bestimmten Stelle verbunden sind, bewährt hat.

Zwei grundlegende Formen der Beurteilung müssen unterschieden werden: die Anlassbeurteilung und die regelmäßige Beurteilung. Die häufigsten Fälle für Anlassbeurteilungen sind nach Leppek (2010): der Ablauf der Probezeit vor einer Verbeamtung auf Lebenszeit; eine Entscheidung über die Besetzung eines Beförderungsamtes, eines höherwertigen Dienstpostens oder über ein Aufstiegsverfahren; der Abschluss einer Erprobungszeit; eine Versetzung oder Abordnung; ein Vorgesetztenwechsel oder die Bewerbung bei einer anderen Dienststelle. Eine regelmäßige Beurteilung erfolgt dagegen in einem in den Beurteilungsrichtlinien definierten periodischen Turnus. Die Festlegung eines einheitlichen Beobachtungszeitraums und eines Stichtags sowie die Definition präziser Beurteilungskriterien ermöglichen einen direkten Vergleich zwischen den Beurteilten. In § 48 Abs. 1 der Bundeslaufbahnverordnung ist festgelegt, dass alle Beamtinnen und Beamten im Turnus von drei Jahren beurteilt werden müssen. Allerdings ermöglicht die Verordnung auch Ausnahmen von der Regelbeurteilung aus Zweckmäßigkeitserwägungen (Leppek 2010, S. 11). Die Laufbahnverordnungen bzw. Richtlinien für die Beurteilung von Landesbeamtinnen und -beamten sehen einen Turnus zwischen drei und fünf Jahren vor (s. im Anhang des Kapitels: „Dienstliche Beurteilung der Beamtinnen und Beamten in den Ländern“).

Lorse (2020) bezeichnet die periodische Beurteilung als „Regeltypus der dienstlichen Beurteilung“. Sie sei „das Leitbild der gesetzlichen und verordnungsrechtlichen Bestimmungen, Anlass- und Probebeurteilungen hätten demgegenüber eine supplementäre Funktion“ (S. 135). Die Regelbeurteilung genieße Vorrang vor der anlassbezogenen Beurteilung, weil sie durch einen „gleichen Beurteilungsstichtag und im Wesentlichen gleiche Beurteilungszeiträume“ (S. 136) die Vergleichbarkeit für eine definierte Gruppe von Beurteilten herstelle. Dies sei bei einer Anlassbeurteilung nicht gewährleistet. Diese Beurteilung aufgrund eines konkreten Bedarfs erfolgt, weil „eine aktuelle, interindividuell vergleichbare Regelbeurteilung nicht existiert“, für eine konkrete Entscheidung eine Beurteilung aber erforderlich ist. Bei der Anlassbeurteilung bestehe grundsätzlich die Gefahr, dass der Prozess der Bewertung durch ein „voluntatives Moment“ (S. 142) beeinflusst werde: „Die Vergleichsbetrachtung verändert ihren Akzent von der stärker abstrakten Betrachtung (Anforderungen, die allgemein an Beamte einer bestimmten Laufbahn und Besoldungsgruppe zu stellen sind) hin zur konkreten Betrachtung (Anforderungsprofil eines bestimmten ausgeschriebenen Dienstpostens, für den die Anlassbeurteilung als Auswahlgrundlage benötigt wird)“ (Lorse 2020, S. 143). Vor dem Hintergrund dieser Einschätzung ist es erstaunlich, dass die Länder Brandenburg, Bremen und Rheinland-Pfalz keine regelmäßige Beurteilung ihrer Beamtinnen und Beamten (mehr) vorsehen. Ein möglicher Grund ist der hohe Aufwand von Regelbeurteilungen. Ein anderer Grund könnte in einer generellen Skepsis aufgrund einer Wahrnehmung der Beurteilung als Kontrollinstrument liegen.

Die Bundes- sowie die Landesgesetzgebung regeln, dass für eine dienstliche Beurteilung der Dienstvorgesetzte des Beamten oder der Beamtin zuständig ist. Häufig erfolgt eine Übertragung der Erstbeurteilung auf die Fachvorgesetzten, während die Dienstvorgesetzten die Zweitbeurteilung übernehmen. Erstbeurteilende sind aufgrund ihrer fachlichen Kompetenz und der Kenntnis der Tätigkeit des Beurteilten in der Lage, ein begründetes Urteil über Leistung und Befähigung zu treffen. Zweitbeurteilende haben die Aufgabe, die Vergleichbarkeit von Beurteilungen sicherzustellen, indem sie auf die Einhaltung einheitlicher Bewertungsmaßstäbe achten. Im Interesse der Validität einer Beurteilung können bzw. müssen sie eine Beurteilung ändern, wenn sie Urteilsverzerrungen feststellen (Leppek 2010). Insofern kann eine Zweitbeurteilung als ein Verfahren der Qualitätssicherung der dienstlichen Beurteilung verstanden werden.

Neben Erst- und Zweitbeurteilungen wirken Personalvertretungen am Verfahren der dienstlichen Beurteilung mit. Im Bundespersonalvertretungsgesetz wird die Mitbestimmung der Personalvertretung beschränkt auf die Erstellung der Beurteilungsrichtlinie.Footnote 2 Eine direkte Mitwirkung der Personalvertretung bei der einzelnen dienstlichen Beurteilung ist hier nicht vorgesehen. Die Regelungen in den Ländern gehen teilweise weiter. Sie unterscheiden sich zudem hinsichtlich des Ausmaßes der Einbeziehung der Personalvertretung deutlich (s. u.).

Sowohl in der Bundes- als auch in der Landesgesetzgebung ist auch der Einbezug der Beurteilten in das Verfahren geregelt: Beurteilten muss die Möglichkeit einer Äußerung zu der Beurteilung eingeräumt werden. Viele Beurteilungsrichtlinien der Länder sehen ein Beurteilungsgespräch vor der Eröffnung der Beurteilung vor (Leppek 2020).

6.2 Verfahren der dienstlichen Beurteilung von Lehrkräften in den Ländern

Die neueren Regelungen zur dienstlichen Beurteilung im Schulsystem sind ohne die Kenntnis der Neuausrichtung der deutschen Schulpolitik in den vergangenen zwanzig Jahren nicht zu verstehen. Zwischen den deutschen Ländern besteht spätestens seit Anfang der 2000er-Jahre ein prinzipieller Grundkonsens über die Notwendigkeit der Erweiterung der Gestaltungsspielräume der Einzelschulen und über den entsprechenden Umbau der Schulaufsicht von der Lehreraufsicht zu einer Systemaufsicht (Lange 2003 S. 151). Daraus resultiert ein Zuwachs von Entscheidungskompetenzen für die Schulleitungen. Neben der Verantwortung für die Entwicklung eines Schulprogramms sowie eines schuleigenen Curriculums ist die Personalentwicklung zu einer wichtigen Aufgabe der Schulleiterinnen und Schulleiter geworden. Der dienstlichen Beurteilung der Lehrkräfte kommt hier eine besondere Bedeutung zu, schafft sie doch einerseits als anlassbezogene Beurteilung die Voraussetzung für eine individuelle Karriereentwicklung und eine bedarfsgerechte Stellenbesetzung im Interesse der Schule. Die dienstliche Beurteilung in Form einer regelmäßigen Beurteilung ist andererseits ein Instrument der Personalführung und -förderung, insbesondere dann, wenn sie mit einem Feedback- oder Mitarbeitergespräch sowie Zielvereinbarungen verbunden ist.

Trotz des beschriebenen prinzipiellen Grundkonsenses über die Verlagerung von Entscheidungskompetenzen von der Schulaufsicht auf die Schulleitung definieren die Regelungen der Länder die Verfahren der dienstlichen Beurteilung von Lehrkräften teilweise sehr unterschiedlich. Das betrifft zunächst die Funktionen der dienstlichen Beurteilung. Hier werden im Sinne der oben beschriebenen Multifunktionalität des Verfahrens unterschiedliche Akzentsetzungen sichtbar. Den Beurteilungsrichtlinien lassen sich Beschreibungen der Funktionen der dienstlichen Beurteilung für die übergeordneten Ziele der Personalentwicklung oder des Personalmanagements entnehmen (s. Abb. 6.1 Funktionen der dienstlichen Beurteilung in den Ländern). In den Regelungen aller Länder wird der dienstlichen Beurteilung die Funktion der Unterstützung einer sachgerechten Personalentscheidung durch eine verlässliche Leistungsfeststellung zugeschrieben. Sieben Länder sehen in der dienstlichen Beurteilung außerdem ein Instrument der Personalentwicklung. Drei Länder schreiben der dienstlichen Beurteilung die Funktion der Personalführung zu, ebenfalls drei Länder die Funktion der Personalwirtschaft, vier Länder die Funktion der Personal(einsatz)planung, zwei Länder die Funktion des Personalmanagements und zwei Länder die Funktion der Qualitätssicherung des Unterrichts.

Abb. 6.1
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Funktionen der dienstlichen Beurteilung in den Ländern

Infobox Funktionen dienstlicher Beurteilung von Lehrkräften

Beispiel Thüringen

Dienstliche Beurteilungen haben zum Ziel, ein aussagefähiges, objektives und vergleichbares Bild der Eignung, der Befähigung und der fachlichen Leistung der Lehrer und Sonderpädagogischen Fachkräfte zu gewinnen. Die Beurteilung soll neben der verlässlichen Bewertung der gezeigten Leistungen sowie der Beurteilung von Eignung und Fähigkeiten auch eine verlässliche Grundlage für personalwirtschaftliche Maßnahmen wie leistungs- und befähigungsgerechten Personaleinsatz, gezielte Fördermaßnahmen, Personalentwicklungsplanung und Bewertung früherer personalwirtschaftlicher Entscheidungen sein.

Nur sechs Länder haben eine regelmäßige Beurteilung ihrer Lehrkräfte in den Beurteilungsrichtlinien verankert. Die anderen Länder sehen Beurteilungen nur aufgrund bestimmter Anlässe vor. Dies steht im Gegensatz zu der oben beschriebenen Rechtsauffassung, dass die Regelbeurteilung gewissermaßen den Goldstandard repräsentiert und bei der Anlassbeurteilung spezifische Urteilsverzerrungen aufgrund mangelnder Vergleichbarkeit in Kauf genommen werden müssen. Dass die Mehrzahl der Länder auf Regelbeurteilungen der Lehrkräfte verzichtet, hat außerdem zur Folge, „dass Lehrerinnen und Lehrer in diesen Ländern nur sporadisch beurteilt und langfristige Leistungsentwicklungen nicht kontinuierlich dokumentiert werden“ (Avenarius und Hanschmann 2019 S. 662 Tz. 30.61).

Was den Turnus der regelmäßigen Beurteilungen betrifft, variieren die Vorgaben zwischen drei und fünf Jahren. Auch die Festlegungen des Zeitraums, auf den sich eine Beurteilung beziehen soll, variieren zwischen drei und fünf Jahren. In den Beurteilungsrichtlinien von sechs Ländern finden sich keine Aussagen zum Beurteilungszeitraum (vgl. Abb. 6.2 Verfahren der dienstlichen Beurteilung an Schulen).

Abb. 6.2
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Verfahren der dienstlichen Beurteilung an Schulen

Die Ausweitung der Gestaltungsspielräume von Schulen geht einher mit der Übertragung einiger Dienstvorgesetztenfunktionen von der Schulaufsicht auf die Schulleiterin bzw. den Schulleiter (vgl. Kap. 4). In die erweiterten Entscheidungsspielräume fallen auch dienstliche Beurteilungen (Avenarius und Hanschmann 2019, S. 662 Tz. 30.611). Nicht in allen Ländern ist eine uneingeschränkte Zuständigkeit der Schulleitung für die dienstliche Beurteilung der Lehrkräfte vorgesehen. So liegt im Saarland die Verantwortung für die Erstellung der dienstlichen Beurteilung nach wie vor bei der Schulaufsicht, kann aber durch diese an die Schulleitung delegiert werdenFootnote 3. In Bayern liegt die Verantwortung für die dienstliche Beurteilung der Lehrkräfte an Realschulen, Gymnasien, beruflichen Schulen, Förderschulen und Schulen für Kranke bei der Schulleiterin oder dem Schulleiter. Die Beurteilung der Lehrkräfte an Grundschulen und Mittelschulen wird dagegen auf Vorschlag von der Schulleiterin oder dem Schulleiter durch die fachliche Leitung des Schulamts erstellt.Footnote 4 In Mecklenburg-Vorpommern gilt zwar grundsätzlich die Zuständigkeit der Schulleiterin oder des Schulleiters für die Beurteilung, jedoch mit Ausnahme der Beurteilung von Bewerberinnen und Bewerbern um a) besondere Funktionen an Gesamtschulen, b) die Koordination schulfachlicher Aufgaben an Gesamtschulen, beruflichen Schulen und Gymnasien, c) Funktionsstellen, d) zum Zwecke der förmlichen Bewährungsfeststellung oder der Zuerkennung einer neuen Laufbahnbefähigung.Footnote 5 Dagegen ist in Sachsen die Schulleiterin oder der Schulleiter auch für die Beurteilung der stellvertretenden Schulleitung zuständig.Footnote 6 In zehn Ländern ist eine explizite Zuständigkeit der Schulaufsicht für bestimmte Fälle der dienstlichen Beurteilung vorgesehen. In sieben Fällen erfolgt ein Einbezug der Schulaufsicht; in drei davon ist die Beurteilung der Schulaufsicht vor der Eröffnung zur Billigung vorzulegen.

Für die Beurteilung der fachlichen Leistung von Lehrkräften spielt die Unterrichtsbeurteilung eine zentrale Rolle. Die Schulleiterin oder der Schulleiter besitzt zwar aufgrund der Rekrutierungsvoraussetzung für dieses Amt zwangsläufig eine Expertise für Unterricht im Allgemeinen, nicht aber in jedem Fall für den Unterricht in dem zu beurteilenden Fach. In sieben Ländern ist aus diesem Grund der Einbezug von Fachvertreterinnen und Fachvertretern bei den Unterrichtsbesuchen vorgesehen; in Nordrhein-WestfalenFootnote 7 und im SaarlandFootnote 8 wird das Hinzuziehen einer fachlich kompetenten Lehrkraft ins Ermessen der beurteilten Lehrkraft gestellt.

Zu erwähnen ist, dass im Land Berlin eine Mitwirkung der Personalvertretung an der dienstlichen Beurteilung explizit vorgesehen ist: die Dienststellenleiterin oder der Dienstellenleiter legt die Beurteilung „der Personalvertretung zur Mitwirkung vor“Footnote 9. Ähnliches gilt implizit auch für Bremen. Hier ist im Personalvertretungsgesetz eine „Allzuständigkeit“ des Personalrats vorgesehen.Footnote 10 In der bayerischen Richtlinie wird eine Mitwirkung der Personalvertretung an der dienstlichen Beurteilung dagegen explizit ausgeschlossen. Die entsprechende Formulierung lautet hier: „Eine Beteiligung des Personalrats bei der Erstellung der Beurteilung der Lehrkräfte ist weder vorgesehen noch zulässig“Footnote 11. In der Regel ist das Mitwirkungsrecht der Personalvertretung auf die Erstellung der Beurteilungsrichtlinien beschränkt. In Hamburg ist eine Teilnahme der Personalvertretung am Beurteilungsgespräch auf Wunsch der Lehrkraft möglichFootnote 12, allerdings nur in begleitender Funktion. In Rheinland-Pfalz kann ein Mitglied des Personalrats am Unterrichtsbesuch teilnehmenFootnote 13. Die Mitwirkung der Personalvertretung an der dienstlichen Beurteilung der Lehrkräfte im Land Berlin steht im Widerspruch zu der oben beschriebenen Regelung im Bundespersonalvertretungsgesetz, in der eine Mitwirkung an der einzelnen Beurteilung ausgeschlossen ist. Entsprechend kommt Lorse (2020) zu dem Schluss, dass es sich bei der im Land Berlin im Ländervergleich am weitesten gehenden „Partizipation von Personalvertretungen bei der dienstlichen Beurteilung“ in Form eines formellen Mitwirkungsrechts um eine „rechtlich problematische Vermengung von kollektiver Schutzfunktion, individuellem Selbstbestimmungsrecht des Beurteilten und dem ausschließlich dem Dienstherrn zugewiesenen Recht zur Beurteilung“ (S. 423) handelt.

Neben der Frage der Zuständigkeit sowie der Mitwirkung fachlich kompetenter Expertinnen und Experten ist die Festlegung von Beurteilungsquellen eine wichtige Voraussetzung für die Bildung eines objektiven Urteils. Alle analysierten Beurteilungsrichtlinien sehen Unterrichtsbesuche als Informationsquellen für die dienstliche Beurteilung vor. Der Grad der Operationalisierung der Indikatoren unterscheidet sich dabei aber deutlich (s. u.). Weitere Beurteilungsquellen – wie z. B. Gespräche mit der Lehrkraft, Beobachtung der Lehrkraft in Konferenzen, Einsicht in Lernkontrollen oder Klassenbücher – sind lediglich in sieben Beurteilungsrichtlinien explizit ausgewiesen (s. Infobox Festlegung von Quellen der Beurteilung).

Infobox Festlegung von Quellen der Beurteilung

Beispiel Mecklenburg-Vorpommern.

Gegenstand der Beurteilung

Der Beurteilende kann sich nur stützen auf:

  • Unterrichtsbesuche

  • Einsicht in korrigierte schriftliche Lernkontrollen

  • Einsicht in bestehende Unterlagen aus der dienstlichen Tätigkeit

  • Kenntnisse der Rechts- und Verwaltungsvorschriften

  • Feststellungen bei der Wahrnehmung besonderer Funktionen

  • Feststellungen über sonstige dienstbezogene Tätigkeiten

Für die Gewährleistung einer möglichst einheitlichen, maßstabsgerechten Beurteilung ist laut Lorse (2020) ein „effektives Beurteilungs-Controlling, das Fehlentwicklungen frühzeitig sichtbar macht und Interventionspunkte markiert“ (S. 261), unverzichtbar. Im Gegensatz zu diesem Anspruch sind Ansätze für ein solches Controlling der Lehrerbeurteilung nur in fünf Ländern zu erkennen. Eine regelhafte Zweitbeurteilung sehen nur die Richtlinien aus HamburgFootnote 14 und HessenFootnote 15 vor. Die Hamburger Richtlinie sieht sowohl eine differenzierte Aufgabenbeschreibung für die Erst- und Zweitbeurteilenden und das Prinzip der unabhängigen Beurteilung als auch regelmäßige Abstimmungsrunden zur Sicherstellung einheitlicher Vergleichsmaßstäbe vor (s. Infobox Qualitätssicherung in der dienstlichen Beurteilung von Lehrkräften). In der Richtlinie aus Sachsen-Anhalt ist dagegen explizit festgehalten, dass eine regelhafte Zweitbeurteilung nicht erforderlich ist.Footnote 16

Infobox Qualitätssicherung in der dienstlichen Beurteilung von Lehrkräften

Beispiel Hamburg

In den Hamburger Richtlinien über die Beurteilung der Lehrkräfte an staatlichen Schulen sind die Funktionen von Erst- und Zweitbeurteilenden genau definiert:

Es ist prinzipiell eine Erst- und Zweitbeurteilung vorgesehen. Die Aufgaben und Pflichten von Erst- und Zweitbeurteilenden sind in Absatz 3.2 der Beurteilungsrichtlinie klar geregelt:

(1) Die bzw. der Beschäftigte wird von zwei Beurteilerinnen bzw. Beurteilern unabhängig voneinander beurteilt (Erst- und Zweitbeurteilung). „Die Zweitbeurteilerin bzw. der Zweitbeurteiler ist dabei gegenüber der Erstbeurteilerin bzw. dem Erstbeurteiler in Bezug auf die Beurteilung nicht weisungsbefugt.“

In Grund-, Haupt-, Real- und Sonderschulen erfolgt die Erstbeurteilung grundsätzlich durch Schulleiterin oder Schulleiter und kann nur an Lehrkräfte übertragen werden, denen bereits Vorgesetztenaufgaben übertragen wurden. Die Zweitbeurteilung erfolgt regulär durch Schulaufsichtsbeamte.

In Gymnasien, Gesamtschulen und Beruflichen Schulen erfolgt die Erstbeurteilung durch die Personen, die Funktionsstellen gemäß § 96 Hamburgisches Schulgesetz wahrnehmen. Die Zweitbeurteilung erfolgt durch Schulleiterin oder Schulleiter.

In Absatz 3.3 ist geregelt, wie die Qualität und Validität der dienstlichen Beurteilungen optimiert werden kann. Hier sind regelmäßige Besprechungen zur Vereinheitlichung der Beurteilungsmaßstäbe verpflichtend vorgeschrieben:

„Die Zweitbeurteilerinnen bzw. Zweitbeurteiler sind insbesondere für die Anwendung möglichst gleicher Beurteilungsmaßstäbe verantwortlich. Sie besprechen sich zu diesem Zweck einmal jährlich mit den ihnen unterstellten Erstbeurteilerinnen und Erstbeurteilern. Zusätzlich sollen sich die Zweitbeurteilerinnen bzw. Zweitbeurteiler in einer Behörde auch horizontal abstimmen. Über die Durchführung und Ausgestaltung der horizontalen Abstimmung in ihrem Bereich entscheidet die Behörde.“

Eine systematische Qualifizierung der Beurteilenden im Hinblick auf die zu beurteilenden Konstrukte sowie häufige Beurteilungsfehler sollte über das Controlling hinaus ein zentraler Bestandteil der Qualitätssicherung sein. Berlin ist das einzige Bundesland, das eine systematische Qualifizierung im Hinblick auf Ziele, Inhalt, Methode der Beurteilung sowie das Führen eines Beurteilungsgesprächs in den entsprechenden Ausführungsvorschriften verpflichtend vorsieht. Eine zentrale Rolle sollen dabei der Bewertungsmaßstab und die Bewertungsskala spielen.Footnote 17 In insgesamt sechs Bundesländern spielt die dienstliche Beurteilung eine Rolle in den Qualifizierungsprogrammen für Schulleitungen (s. Kap. 9).

Infobox Qualifizierung für Dienstliche Beurteilung

Beispiel Berlin

4.3 Qualifizierung der Beurteiler/-innen

Die Beurteiler/-innen sind zu qualifizieren. Dies geschieht im Hinblick auf die Zielsetzung, den Inhalt und die Methodik des Beurteilungsverfahrens, insbesondere im Hinblick auf die Gespräche (Tz 5.2 und 5.3) sowie den Bewertungsmaßstab und die Bewertungsskala. Die Beurteiler/-innen sind verpflichtet, an den Qualifizierungsmaßnahmen teilzunehmen.

Auch über den Einbezug der Beurteilten in den Beurteilungsprozess in Form von Gesprächen oder Besprechungen scheinen in den Ländern unterschiedliche Vorstellungen zu existieren. Diesen Schluss legt die Betrachtung der Regelungen zu verpflichtenden Gesprächen zwischen Beurteilenden und Beurteilten zu unterschiedlichen Zeitpunkten im Beurteilungsprozess nahe (vgl. Abb. 6.3 Einbezug der Beurteilten in Form von Gesprächen und Zielvereinbarungen). Acht Länder sehen ein Gespräch vor der Beurteilung vor. In der Regel haben diese Gespräche die Funktion, über die Kriterien und das Verfahren der Beurteilung zu informieren. Für die Akzeptanz einer Beurteilung hat ein der Beurteilung vorgeschaltetes Gespräch eine wichtige Bedeutung, da es die Transparenz des Verfahrens erhöht. In den anderen Ländern ist mindestens eine Besprechung oder Erörterung bei der Eröffnung der Beurteilung vorgesehen. Die bloße Erörterung bei der Eröffnung, die von Lorse (2020) als eine „dienstrechtliche Chiffre für den verwaltungstechnischen Begriff der Bekanntgabe“ (S. 358) bezeichnet wird, kann dem Transparenzgebot nicht gerecht werden. Zwei Länder beschränken ein Gespräch auf die Eröffnung der Beurteilung. Die Richtlinien der Länder Berlin und Sachsen-Anhalt verpflichten die beurteilenden Schulleitungen dagegen zu einem Beratungsgespräch im Kontext der dienstlichen Beurteilung.Footnote 18 In acht Ländern ist ein Gespräch nach der Beurteilung des Unterrichts explizit vorgesehen. Hier besteht die Möglichkeit einer konkreten Rückmeldung zu einem Kernbereich der fachlichen Leistung der Lehrkraft.

Abb. 6.3
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Einbezug der Beurteilten in Form von Gesprächen und Zielvereinbarungen

Infobox Gespräche mit Beurteilten

Beispiel Berlin

5.2 Zu Beginn einer Tätigkeit und bei Änderungen der übertragenen Aufgaben führt der/die Beurteiler/-in mit dem Beamten/der Beamtin Footnote 19 ein Gespräch, das dazu dienen soll, die mit der Aufgabenstellung verbundenen Erwartungshaltungen von Beamten/Beamtin und Beurteiler/-in miteinander abzustimmen. Gesprächsgrundlage ist das Anforderungsprofil der Stelle, das dem Beamten/der Beamtin auszuhändigen ist. Dabei ist die Gewichtung der Merkmale des Anforderungsprofils zu erläutern.

Dieses kann auch im Rahmen eines Mitarbeiter-Vorgesetzten-Gesprächs geschehen.

5.3 Darüber hinaus finden Beratungsgespräche statt. Dabei werden Stärken und Schwächen des Beamten/der Beamtin erörtert. Die Gespräche sind bei Bedarf zu führen, bei regelmäßiger Beurteilung ist mindestens ein Gespräch ein Jahr vor der Beurteilung zu führen. Der Zeitpunkt der Beratungsgespräche ist aktenkundig zu machen.

Beratungsgespräche dienen dem wechselseitigen Austausch von Einschätzungen. Dabei sind die Leistungsmaßstäbe anhand des Anforderungsprofils und die auf den Arbeitsplatz wirkenden Einflussfaktoren zu erörtern. Der/Die Beurteiler/-in erläutert seine/ihre derzeitige Einschätzung der Leistung. Sollten Leistungsschwächen festgestellt werden, ist darauf ausdrücklich hinzuweisen.

Insbesondere bei einer regelmäßigen Beurteilung, deren Durchführung mit einem erheblichen Ressourcenaufwand verbunden ist, scheint die Verknüpfung von Beurteilung und systematischem Feedback in einem Beratungsgespräch nahezuliegen. Die meisten Länder, die eine regelmäßige Beurteilung der Lehrkräfte vorschreiben, haben ein solches Gespräch entweder nach dem Unterrichtsbesuch oder als Beratungsgespräch im Rahmen der dienstlichen Beurteilung implementiert. Allerdings gibt es aufgrund der vielfach skeptischen Einschätzung der Entwicklungsfunktion einer dienstlichen Beurteilung durch Lehrkräfte auch gute Gründe, Beurteilung und Feedback stärker zu trennen. Eine strikte Entzerrung von Feedback/Beratung und dienstlicher Beurteilung erfolgt in Brandenburg. Die Schulleitung wird hier verpflichtet, im zweijährigen Turnus mit allen Lehrkräften ein Leistungs- und Entwicklungsgespräch durchzuführen: „Leistungs- und Entwicklungsgespräche dienen neben der Verbesserung der Kommunikation der Feststellung und Erörterung des Leistungsniveaus sowie der Verabredung von Entwicklungsmöglichkeiten und Entwicklungszielen der Lehrkräfte“.Footnote 20 Dieses Gespräch ist als offener Dialog und nicht als Beurteilung konzipiert: „Ein offener Dialog vermeidet den Eindruck, einem formalisierten Beurteilungsverfahren ausgesetzt zu sein“.Footnote 21 In Baden-Württemberg sind dienstliche Beurteilungen und Beratungsgespräche zwar in derselben Vorschrift geregelt, aber auch hier wird zwischen beiden Verfahren deutlich unterschieden. Im Beratungsgespräch sollen neben der Qualität der Arbeit auch die Arbeitszufriedenheit und die zukünftige berufliche Entwicklung thematisiert werden.Footnote 22

Auch was das Potenzial einer Verknüpfung der dienstlichen Beurteilungen mit Zielvereinbarungen betrifft, bestehen in den Ländern offensichtlich unterschiedliche Einschätzungen. Zielvereinbarungen legen für einen bestimmten Zeitraum fest, welche Leistungen verbindlich zu erbringen sind und welche Ressourcen (z. B. Fortbildungen) zur Erreichung dieser Ziele erforderlich sind. Ziele definieren in der Regel sowohl quantitative als auch qualitative Merkmale einer Leistung. Lorse (2020) sieht gewisse Unverträglichkeiten zwischen dem Instrument der Zielvereinbarungen und der dienstlichen Beurteilung, setzt eine Zielvereinbarung doch die Definition individueller Entwicklungsziele voraus, während einer dienstlichen Beurteilung ein Katalog an standardisierten Anforderungen zugrunde liegt. Man kann allerdings durchaus argumentieren, dass – insbesondere mit der Messung der fachlichen Leistung – durch die dienstliche Beurteilung ein Rahmen von unverzichtbaren Anforderungen abgesteckt wird. Innerhalb dieses Rahmens können Entwicklungsbedarfe identifiziert und in individuelle Zielvereinbarungen überführt werden. Zielvereinbarungen als Gegenstand dienstlicher Beurteilungen sind lediglich in Baden-Württemberg (möglich)Footnote 23 und Bayern (verpflichtend)Footnote 24 vorgesehen.

6.3 Beurteilung der fachlichen Leistung von Lehrkräften: Operationalisierung von Kompetenzen

Den Kern der dienstlichen Beurteilung stellt die fachliche Beurteilung dar. Die fachliche Kernkompetenz von Lehrkräften wurde im Jahr 2004 durch die Kultusministerkonferenz in Form von Standards für die Lehrkräftebildung definiert (KMK 2004). Vier übergeordnete Kompetenzbereiche wurden hier unterschieden: Unterrichten, Erziehen, Diagnostizieren und Innovieren. Die Frage, ob die vier Kompetenzbereiche in den Kriterienkatalogen für die Beurteilung der Leistung im Rahmen der dienstlichen Beurteilungen abgebildet sind, beantwortet Abb. 6.4 Operationalisierung fachlicher Kompetenzen in den Richtlinien zur dienstlichen Beurteilung der Lehrkräfte. Zwar werden in allen Formblättern zur dienstlichen Beurteilung allgemeine berufsbezogene Kompetenzen und Fähigkeiten beschrieben, ein expliziter Bezug zu den Lehrerbildungsstandards lässt sich aber nur in fünf Formblättern erkennen. So nimmt etwa das brandenburgische Formblatt für die dienstliche Beurteilung der Lehrkräfte unter dem Punkt fachliche Beurteilung die vier Kompetenzbereiche der Standards für die Lehrkräftebildung explizit auf (vgl. Abb. 6.5 Formblatt zur dienstlichen Beurteilung von Lehrkräften in Brandenburg). Elf Länder stellen in ihren Beurteilungsrichtlinien bzw. den Formblättern zur Beurteilung keinen Bezug zu diesen Kompetenzbereichen her.

Abb. 6.4
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Operationalisierung fachlicher Kompetenzen in den Richtlinien zur dienstlichen Beurteilung der Lehrkräfte

Abb. 6.5
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Formblatt zur dienstlichen Beurteilung von Lehrkräften in Brandenburg

Eine genauere Analyse der zu beurteilenden allgemeinen berufsbezogenen Kompetenzen zeigt, dass fachliche und fachdidaktische/methodische Kompetenzen in allen Ländern zu beurteilen sind. Dies gilt nicht für diagnostische Kompetenzen, die nur in neun Ländern als Beurteilungskriterien explizit genannt werden. Erziehungskompetenzen werden in dreizehn Ländern beurteilt, Kompetenzen der Schulentwicklung in neun Ländern. Medienkompetenzen kommen ebenfalls in neun Beurteilungsrichtlinien vor. Schulrechtliche Kenntnisse werden explizit in drei Ländern beurteilt. Erwähnenswert ist, dass in vier Ländern die Nutzung wissenschaftlicher Erkenntnisse in der schulischen Praxis Gegenstand der Beurteilung ist. Hier spiegelt sich das Leitbild einer evidenzbasierten Profession, in der eine kontinuierliche Weiterentwicklung der Praxis auf der Grundlage der Forschung ihrer Bezugsdisziplinen erfolgt. Fortbildungsaktivitäten bzw. Aktivitäten zur Weiterentwicklung des eigenen Unterrichts haben in die Beurteilungskriterien aller 16 Länder Eingang gefunden. Allerdings werden diese Aktivitäten den drei Bereichen fachliche Leistung, Eignung und Befähigung in den einzelnen Ländern unterschiedlich zugeordnet. So wird z. B. die Fortbildungsaktivität in Brandenburg als Aspekt der fachlichen Leistung beurteilt, in Bayern stellt sie ein Eignungs- und Befähigungsmerkmal dar, in Mecklenburg-Vorpommern wird sie dagegen unter Aufgaben erfasst.

Die Richtlinien der einzelnen Länder gestalten die Unterrichtsbesuche zur Erfassung des Kerns der fachlichen Leistung unterschiedlich (vgl. Abb. 6.6 Gestaltung der Unterrichtsbesuche im Rahmen der dienstlichen Beurteilung von Lehrkräften). Die Anzahl der Unterrichtsbesuche differiert zwischen einem Besuch und mehreren Besuchen. In einigen Richtlinien finden sich keine Angaben zur Anzahl der Besuche. In acht Ländern werden die Unterrichtsbesuche im Rahmen der dienstlichen Beurteilung angekündigt. Nur in einem Land, Bayern, werden Unterrichtsbesuche grundsätzlich nicht angekündigt. In den restlichen Richtlinien finden sich keine expliziten Regelungen zu diesem Punkt. Dreizehn Richtlinien/Formblätter sehen bei der Beurteilung des Unterrichts einen Einbezug der Unterrichtsplanung, neun die Prüfung der Einhaltung des Lehrplans vor.

Abb. 6.6
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Gestaltung der Unterrichtsbesuche im Rahmen der dienstlichen Beurteilung von Lehrkräften

Auch hinsichtlich des Grades der Operationalisierung der fachlichen Leistung unterscheiden sich die Beurteilungsverfahren. So weisen vier Formblätter einen hohen, acht einen mittleren und zwei einen niedrigen Operationalisierungsgrad auf. In zwei Fällen wurden keine Indikatoren operationalisiert. Wie der Grad der Operationalisierung unter Gesichtspunkten der Validität zu beurteilen ist, wird aus den Perspektiven der Forschung zur Beurteilung von Arbeitsprozessen auf der einen und der Rechtsprechung auf der anderen Seite unterschiedlich beantwortet. Aus Sicht der Forschung zur Beurteilung von Lehrkräften durch Schulleitungen erhöht die Verwendung eines validierten standardisierten Beurteilungsbogens die Validität der Beurteilung (Kimball und Milanowski 2009). Dabei ist einerseits darauf zu achten, dass die lernwirksamen Tiefenstrukturen des Unterrichts erfasst werden und dass andererseits konkrete Indikatoren für die Beurteilungen hochinferenter Merkmale formuliert werden (Oser und Baeriswyl 2001). Die Rechtsprechung kommt hier zu einer anderen Einschätzung. Das Bundesverwaltungsgericht weist laut Lorse (2020) darauf hin, dass sich eine Beurteilung nicht auf „ein Ankreuzen bzw. auf den Gebrauch von Ankertexten“ beschränken kann und der Standardisierung Grenzen gesetzt sind (S. 285). Gefordert sei stattdessen eine „gesonderte individuell ausgestaltete textliche Begründung des Gesamturteils, aus der sich nachvollziehbar und plausibel die Herleitung der Einzelbewertungen ergibt“. Diese „individuelle Begründungserfordernis“ leite sich aus dem „Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG), dem Gebot effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG) sowie aus dem Umstand ab, dass das BVerwG das Gesamturteil zum maßgeblichen Bezugspunkt für einen Leistungsvergleich in einem an Art. 33 Abs. 2 GG zu messenden Auswahlverfahren erklärt“ (S. 285).

Angesichts der zentralen Bedeutung der dienstlichen Beurteilung für die Leistungsmessung und ihrer zumindest impliziten Funktion der Zielorientierung für die Leistungserbringung ist – unabhängig von dem Operationalisierungsgrad – die teilweise fehlende Passung der Kriterienkataloge zur dienstlichen Beurteilung der Lehrkräfte zu den Lehrerkompetenzstandards mindestens irritierend. Dass in den Verfahren teilweise deutlich unterschiedliche Beurteilungskriterien zugrunde gelegt werden, schwächt nicht nur die Vergleichbarkeit einer dienstlichen Beurteilung über die Ländergrenzen hinweg, sondern führt in den Ländern aufgrund der normierenden Funktion einer dienstlichen Beurteilung zu unterschiedlichen Ausrichtungen der Kompetenzentwicklung im Beruf – bei gleichzeitig zunehmender Angleichung der Ausbildung in der ersten und zweiten Phase aufgrund der Lehrerbildungsstandards.

Neben einem Abgleich der in den Formblättern zur dienstlichen Beurteilung definierten Kriterienkataloge mit den Standards für die Lehrkräftebildung ist ein Vergleich der Kriterien zur Beurteilung des Unterrichts mit den empirischen Befunden zu Qualitätsmerkmalen des Unterrichts von Interesse. Zu diesem Zweck wurde eine Detailanalyse der Kriterien zur Unterrichtsbeurteilung in den Richtlinien bzw. Formblättern zur Beurteilung durchgeführt (s. Abb. 6.7 Operationalisierung der Unterrichtsqualität in den Formblättern zur Dienstlichen Beurteilung von Lehrkräften).

Abb. 6.7
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Operationalisierung der Unterrichtsqualität in den Formblättern zur Dienstlichen Beurteilung von Lehrkräften

Bereits ein flüchtiger Blick auf die Abb. 6.7 Operationalisierung der Unterrichtsqualität in den Formblättern zur Dienstlichen Beurteilung von Lehrkräften, die die Kriterien zur Erfassung der Qualität der fachlichen Leistung im Kernbereich „Unterricht“ in den Formblättern zur dienstlichen Beurteilung darstellt, zeigt, dass kaum Einigkeit hinsichtlich dieser Kriterien zwischen den Ländern besteht. Dies steht im Widerspruch zu den vergleichsweise großen Überschneidungen bei der Operationalisierung von Unterrichtsqualität in den Referenzrahmen zur Schulqualität der Länder (Thiel und Tarkian 2019).

Die höchste Übereinstimmung besteht hinsichtlich folgender Merkmale: „didaktische/pädagogische Qualität“ (14), „adressatengerechte/s Methodenwahl/didaktisches Vorgehen“ (12), „fachliche Korrektheit“ (11), „individuelle Förderung/Differenzierung“ (11), „Schülerorientierung/Selbstbestimmung der Schüler*innen“ (9), „Mediennutzung/-kompetenz“ (9), „Unterrichtserfolg/Erreichung der Lernziele/Lernfortschritt der Schülerinnen und Schüler“ (8).

Die folgenden zentralen Merkmale der Unterrichtsforschung finden sich nur in einem der Formblätter: „Leistungsorientierung“, „Qualität der Aufgabenstellung“, „Kooperatives Lernen“ oder „Lernerfolgskontrolle“. Auch „Klarheit/Strukturiertheit“ und „Feedback“ – zentrale Merkmale eines lernförderlichen Unterrichts – werden nur in drei bzw. vier Formblättern berücksichtigt.

Die Analyse zeigt, dass sich nur in wenigen Formblättern ein durchgehender Bezug auf die zentralen Merkmale der Unterrichtsqualität, wie sie in der Unterrichtsforschung operationalisiert werden, findet. Macht man sich bewusst, dass die dienstliche Beurteilung aufgrund ihres Stellenwerts für individuelle Karrierechancen eine normierende Funktion für die Weiterentwicklung von Kompetenzen hat, könnte der Schluss gezogen werden, dass die Operationalisierung der Unterrichtsqualität in den Formblättern zur dienstlichen Beurteilung das Bemühen um eine einheitliche und forschungsorientierte Definition von Unterrichtsqualität, wie sie in den Referenzrahmen zur Schulqualität Ausdruck findet (vgl. Thiel und Tarkian 2019), unterläuft.

6.4 Zusammenfassung

Die dienstliche Beurteilung ist im öffentlichen Dienst in Deutschland das zentrale Instrument zur Erfassung von Leistung und eine zentrale Grundlage für Entscheidungen über Einstellung und Beförderung. Maßgeblich für die dienstliche Beurteilung ist der in Art. 33 Abs. 2 des Grundgesetzes beschriebene Leistungsgrundsatz. Beurteilt werden neben der fachlichen Leistung auch die Befähigung und die Eignung von Bewerberinnen und Bewerbern. Die fachliche Leistung wird sichtbar an der Bewältigung der Anforderungen, die mit einer konkreten Stelle verbunden sind. Bewertet werden Qualität und Quantität der konkreten Arbeitsergebnisse an einem bestimmten Arbeitsplatz. Befähigung bezieht sich dagegen auf die dienstliche Verwendung und entsprechende Fähigkeiten, Kenntnisse oder Fertigkeiten. Bei der Beurteilung der Eignung stehen persönlichkeitsbezogene Eigenschaften im Mittelpunkt.

Neben der anlassbezogenen Beurteilung ist im Beamtenrecht auch eine regelmäßige Beurteilung vorgesehen. Sie wird häufig als Goldstandard der Beurteilung betrachtet, weil Stichtagsregelungen und Festlegung des Beurteilungszeitraums die Validität im Vergleich mit der anlassbezogenen Beurteilung deutlich erhöhen. Im Schulbereich haben allerdings nur sechs Länder eine regelmäßige Beurteilung ihrer Lehrkräfte vorgesehen.

Nicht in allen Ländern ist die Schulleitung uneingeschränkt für die dienstliche Beurteilung der Lehrkräfte zuständig. In einigen Fällen liegen Beurteilungen für bestimmte Stellen bzw. Funktionen bei der Schulaufsicht.

Dienstliche Beurteilungen erfüllen nicht nur eine Selektionsfunktion. Ihnen wird vielmehr auch eine Entwicklungsfunktion zugeschrieben. Dies gilt vor allem für die regelmäßige Beurteilung, die in den Ländern, die diese vorsehen, entsprechend mit (Beratungs-)Gesprächen verknüpft ist. In zwei Ländern wird die Beurteilungs- und Beratungsfunktion dagegen entzerrt, d. h. Beratung durch die Schulleiterinnen und Schulleiter erfolgt abgekoppelt von der dienstlichen Beurteilung. Eine Verknüpfung von Beurteilung und Beratung mit Zielvereinbarungen erfolgt nur in Bayern (verpflichtend) und Baden-Württemberg (optional).

Auf der Grundlage der drei Indikatoren, Verantwortung der Schulleiterinnen bzw. Schulleiter für die dienstliche Beurteilung, regelmäßige Beurteilung und Zielvereinbarungen im Rahmen der dienstlichen Beurteilung, wurde ein Rating der Einflussmöglichkeiten der Schulleiterinnen und Schulleiter im Rahmen der dienstlichen Beurteilung vorgenommen (vgl. Abb. 6.8 Rolle der Schulleiterinnen und Schulleiter bei der dienstlichen Beurteilung).

Abb. 6.8
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Rolle der Schulleiterinnen und Schulleiter bei der dienstlichen Beurteilung

Was die Qualitätssicherung der dienstlichen Beurteilung im Schulbereich betrifft, muss festgestellt werden, dass nur wenige Länder die Ansprüche an ein systematisches „Beurteilungs-Controlling“ (Lorse 2020, S. 261) erfüllen. Eine regelhafte Zweitbeurteilung erfolgt nur im Ausnahmefall. Regelmäßige Kalibrierungen der Beurteilungen sind nur in wenigen Fällen vorgesehen. Eine Qualifizierung für die dienstliche Beurteilung ist nur in einem Land vorgeschrieben.

Was die Indikatoren für die Beurteilung der fachlichen Leistung betrifft, die im Zentrum einer dienstlichen Beurteilung steht, existiert kein einheitlicher, von allen Ländern geteilter Kompetenzrahmen. Im Gegenteil, die der Beurteilung zugrunde gelegten Kriterien differieren stark. Das gilt insbesondere für die Kriterien der Unterrichtsbeurteilung, die zudem nur in wenigen Ländern einen erkennbaren Bezug zu den Befunden der Unterrichtsforschung aufweisen. Erstaunlich ist, dass in den Kriterienkatalogen für die Beurteilung der fachlichen Leistung ein expliziter Bezug zu den Standards für die Lehrkräftebildung nur in einigen Fällen zu erkennen ist.

Der Einfluss der Schulleiterinnen und Schulleiter auf die dienstliche Beurteilung unterscheidet sich deutlich zwischen den Ländern.

In Baden-Württemberg und Bayern haben Schulleiterinnen und Schulleiter im Rahmen der dienstlichen Beurteilung vergleichsweise große Kompetenzen. In Bremen, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sind ihre Kompetenzen dagegen eher schwach ausgeprägt (vgl. Abb. 6.9 Rolle der Schulleiterinnen und Schulleiter bei der dienstlichen Beurteilung (gesamt)).

Abb. 6.9
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Rolle der Schulleiterinnen und Schulleiter bei der dienstlichen Beurteilung (gesamt)