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Sozialisation und Erziehung

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Handbuch Bildungs- und Erziehungssoziologie

Part of the book series: Bildung und Gesellschaft ((BILDUNGUG))

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Zusammenfassung

In seinen erstmals im Jahr 2002 publizierten Überlegungen rückt Luhmann die Schwierigkeiten in den Blick, die daraus resultieren, dass die moderne, funktional differenzierte Gesellschaft sich nicht auf die ohnehin geschehenden Sozialisationsprozesse in Familien, Verwandtschaften und Gleichaltrigengruppen beschränken kann. Differenzierte Gesellschaften sind deshalb darauf verwiesen, Erziehung als „absichtsvolle Sozialisation“ zu institutionalisieren. Auf dieser Grundlage zeigt er auf, dass die gesellschaftliche Funktion von Pädagogik sowohl in der Befähigung zur Teilnahme an gesellschaftlicher Kommunikation als auch in der Selektion für ungleiche Bildungs- und Berufskarrieren liegt. Vor diesem Hintergrund setzt er sich kritisch mit einem Selbstverständnis von Pädagogik auseinander, dass die auch in pädagogische Prozesse selbst eingelassenen Unterscheidungen und Selektionsprozesse als externe Zumutung zurückweist.

Erstveröffentlichung in: Niklas Luhmann (2002): Das Erziehungssystem der Gesellschaft. Frankfurt, S. 48–72.

Niklas Luhmann (1927–1998) – bei den Kontaktdaten handelt es sich um eine Korrespondenzadresse der Herausgeber dieses Handbuchs.

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Notes

  1. 1.

    „‚Socialization‘ gained currency in the 1930s as a term denoting the process by which culture is transmitted from one generation to the next“, liest man an prominenter Stelle bei John W. M. Whiting, Socialization: Anthropological Aspects, International Encyclopedia of the Social Sciences Bd. 14, New York 1968, S. 545–551 (Zitat S. 545).

  2. 2.

    Vgl. Robert Boyd/Peter J. Richerson, Culture and the Evolutionary Process, Chicago 1985.

  3. 3.

    Als Kritik siehe Rolf Nemitz, Kinder und Erwachsene: Zur Kritik der pädagogischen Differenz, Berlin 1996.

  4. 4.

    Vgl. Niklas Luhmann, Rechtssoziologie, 2. Aufl. Opladen 1983, S. 40 ff.

  5. 5.

    So Niklas Luhmann, Soziale Systeme: Grundriß einer allgemeinen Theorie, Frankfurt, 1984, S. 286 ff.

  6. 6.

    Vgl. Jerome Bruner, Actual Minds, Possible Worlds, Cambridge Mass. 1986, S. 84.

  7. 7.

    Vgl. grundsätzlich Niklas Luhmann, System und Absicht der Erziehung, in: Niklas Luhmann/Karl Eberhard Schorr (Hg.), Zwischen Absicht und Person: Fragen an die Pädagogik, Frankfurt 1992, S. 102–124 sowie die darauf bezogene Diskussion in diesem Band.

  8. 8.

    Im Rückblick sieht man hier erneut, daß der Begriff der Transmission von Kulturgut sich wenig eignet, da er keine klare Abgrenzung von Sozialisation und Erziehung ermöglichen würde, sondern Erziehung unter den Begriff der Sozialisation subsumieren würde. Damit wären viele der im folgenden zu behandelnden Problemstellungen blockiert.

  9. 9.

    Wir finden uns hier in der Nähe des Grundgedankens der Professionssoziologie, den Talcott Parsons ins Gespräch gebracht hat. Siehe: The Professions and Social Structure, Social Forces 17 (1939), S. 457–467.

  10. 10.

    Die Pädagogik spricht allerdings üblicherweise nicht von Interaktion sondern von „Praxis“. Das hat fatale Konsequenzen. Die Aufmerksamkeit wird auf das Verhalten des Lehrers eingeschränkt. (Wie steht es um die „Praxis“ eines erfahrenen Schülers?) Und das Problem wird im Verhältnis von Theorie und Praxis, das heißt in den Chancen einer wissenschaftlichen Ausbildung der Pädagogen gesehen.

  11. 11.

    Der Begriff stammt von Peirce. Siehe z. B. Charles S. Peirce, Semiotische Schriften Bd. 1, Frankfurt 1986, S. 206 ff. Soziologen zitieren zumeist Harold Garfinkel, Studies in Ethnomethodology, Englewood Cliffs N. J. 1967, S. 4 ff.

  12. 12.

    Siehe dazu Dieter Lenzen, Handlung und Reflexion: Vom pädagogischen Theoriedefizit zur Reflexiven Erziehungswissenschaft, Weinheim 1996, S. 169 ff. im Anschluß an Dietrich Benner, Allgemeine Pädagogik, Weinheim 1987. Vgl. auch Jerome Bruner, Actual Minds, Possible Worlds, Cambridge Mass. 1986, S. 75 f.

  13. 13.

    So Jochen Kade, Vermittelbar/nicht-vermittelbar: Vermitteln: Aneignen. Im Prozeß der Systembildung des Pädagogischen, Ms 1/1997. […]

  14. 14.

    Vgl. für eine Abwägung François de La Noue, Discours politiques et militaires (1587), Neuausgabe Genf 1967, S. 133 ff. Der Verfasser zieht sogar deutsche Bildungsanstalten in Betracht, meint allerdings, daß die Söhne dann, wenn sie zurückkämen, einer Resubtilisierung bedürften (S. 147).

  15. 15.

    Siehe z. B. John Locke, Some Thoughts Concerning Education (1693), zit. nach Works, London 1823, Neudruck Aalen 1963, Bd. IX, S. 1–205.

  16. 16.

    Vgl. Ulrich Teichler, Struktur des Hochschulwesens und „Bedarf “ an sozialer Ungleichheit: Zum Wandel der Beziehungen zwischen Bildungsplan und Beschäftigungssystem, Mitteilungen aus der Arbeitsmarktund Berufsforschung 7 (1974), S. 197–209 (206 ff.). Die nächste Frage wäre natürlich, warum die Selektionsfunktion eigentlich ins Wirtschaftssystem gehört.

  17. 17.

    Vgl. Richard P. Boyle, Functional Dilemmas in the Development of Learning, Sociology of Education 42 (1969), S. 71–90.

  18. 18.

    Siehe Kurt Holm, Soziale Schicht und Schulverhalten, in: Günter Hartfiel/Kurt Holm (Hg.), Bildung und Erziehung in der Industriegesellschaft: Pädagogische Soziologie in Problemübersichten und Forschungsberichten, Opladen 1973, S. 417–436 (427 ff.); Klaus Hurrelmann, Unterrichtsorganisation und schulische Sozialisation: Eine empirische Untersuchung zur Rolle der „Leistungsdifferenzierung“ im schulischen Selektionsprozeß, 2. Aufl. Weinheim 1973, S. 115 ff.

  19. 19.

    Siehe Jörg Ziegenspeck, Zensur und Zeugnis in der Schule: Darstellung der allgemeinen Problematik und der gegenwärtigen Tendenzen, Hannover 1973, S. 74.

  20. 20.

    So Andreas Flitner, Das Schulzeugnis im Lichte neuerer Untersuchungen, Zeitschrift für Pädagogik 6 (1966), S. 509–533; Karlheinz Ingenkamp, Sind Zensuren aus verschiedenen Klassen vergleichbar? betrifft: erziehung 2/3(1969), S. 14. Vgl. auch ders., Zur Problematik der Jahrgangsklasse, Weinheim 1969.

  21. 21.

    Streng genommen würde dies erfordern, daß man nicht „in Kenntnis der Person“ zensiert, über die man als Klassenlehrer verfügt. Ob dies pädagogisch sinnvoll ist, ließe sich diskutieren. Vgl. dazu Peter Orlik, Kritische Untersuchungen zur Begabtenförderung, Meisenheim 1967, S. 25 ff. Einmal mehr zeigt sich an diesem Beispiel die Diskrepanz von Erziehung und Selektion.

  22. 22.

    Speziell hierzu Herbert Kalthoff, Das Zensurenpanoptikum: Eine ethnografische Studie zur schulischen Bewertungspraxis, Zeitschrift für Soziologie 25 (1996), S. 106–124.

  23. 23.

    Wer an „Säkularisationsthemen“ interessiert ist, könnte hier ein Säkularisat vermuten, nämlich eine Neufassung der alten sakralen Einheit des fascinosum und des tremendum, zugeschnitten auf die Sonderprobleme des Erziehungssystems.

  24. 24.

    Ausführlicher Niklas Luhmann, Macht, Stuttgart 1975.

  25. 25.

    Mit vielen Vorbehalten, die symbolisch zum Ausdruck bringen, daß man dies eigentlich nicht nötig hat, und zum Beispiel zur Gründung besonderer Ritterakademien führen.

  26. 26.

    So Auxiron, Principes de tout gouvernement, ou examen des causes de la splendeur ou de la foiblesse de tout Etat considéré en lui-mame, et indépendamment des moeurs, Paris 1766, Bd. 2, S. 308 f.

  27. 27.

    Hierzu ausführlicher Nadas Luhmann/Karl Eberhard Schorr, Reflexionsprobleme im Erziehungssystem, Neuausgabe Frankfurt 1988, S. 277 ff.

  28. 28.

    Darauf hat vor allem Helmut Schelsky nachdrücklich aufmerksam gemacht. Siehe: Schule und Erziehung in der industriellen Gesellschaft, Würzburg 1957.

  29. 29.

    Vgl. Giancarlo Corsi (gemeint sein könnte: Die dunkle Seite der Karriere, in: Dirk Baecker (Hrsg.), Probleme der Form, Frankfurt 1993, S. 252–265, D. L.)

  30. 30.

    Siehe D. N. Ashton, The Transition from School to Work: Notes on the Development of Different Frames of Reference among Young Male Workers, The Sociological Review 21 (1973), S. 101–125. Hier S. 106 ff. über Demotivation in der Schule, die sich im späteren Arbeitsleben fortsetzt. Vgl. ferner Martin Kohli, Studium und berufliche Laufbahn: Über den Zusammenhang von Berufswahl und beruflicher Sozialisation, Stuttgart 1973.

  31. 31.

    Vgl. Hannelore Gerstein, Erfolg und Versagen im Gymnasium, Weinheim 1974 S. 115.

  32. 32.

    Vgl. Heinz von Foerster, Wissen und Gewissen: Versuch einer Brücke, Frankfurt 1993, z. B. S. 206 ff., 244 ff.

  33. 33.

    Heinz von Foerster a. a. O. S. 208.

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Luhmann, N. (2022). Sozialisation und Erziehung. In: Bauer, U., Bittlingmayer, U.H., Scherr, A. (eds) Handbuch Bildungs- und Erziehungssoziologie. Bildung und Gesellschaft. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-30903-9_14

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  • Publisher Name: Springer VS, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-658-30902-2

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