Zusammenfassung
Die Bundesrepublik Deutschland zählt zu jenen westlichen Demokratien, die ihre Verfassung relativ häufig geändert haben (Lorenz 2007: 21 f.). Betrachtet man die zeitliche wie inhaltliche Verteilung der einzelnen Änderungen, fallen deutliche Schwerpunkte auf (Busch 2006: 47 f.). So fanden mehr als zwei Drittel der Grundgesetzänderungen in der 5., 12. und 16. Wahlperiode des Bundestages statt, die zusammen nur etwa ein Sechstel der gesamten Zeitspanne seit Gründung der Republik umfassten. Die in diesen Phasen verabschiedeten Einzeländerungen können zusammen jeweils als Verfassungsreformen verstanden werden, d. h. textliche Änderungen, die nicht nur einzelne Normen, sondern ganze Bereiche einer konstitutionellen Ordnung einbeziehen (Benz 2007: 186). Inhaltlich bezogen sie sich mehrheitlich auf zwei nicht besonders umfangreiche Abschnitte des Grundgesetzes: die „Gesetzgebung des Bundes“ (VII.) und das „Finanzwesen“ (X.) – mithin Passagen, die den wesentlichen Rahmen der föderalen Staatsorganisation festschreiben. Daher könnte man zugespitzt formulieren: Die bisherigen Grundgesetzreformen waren primär Bundesstaatsreformen.
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Grotz, F. (2011). Verfassungsreformen in der Bundesrepublik: 1969 – 1994 – 2006. In: Hönnige, C., Kneip, S., Lorenz, A. (eds) Verfassungswandel im Mehrebenensystem. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-94046-5_5
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