Zusammenfassung
Die Entwicklung einer Gesellschaft analysieren und verstehen zu wollen, ist ein äußerst anspruchsvolles, wenn nicht gar vermessenes Unterfangen. Man muß sich schon als “spekulativer Unternehmer” (N. Luhmann) fühlen, wenn man sich an diese Aufgabe heranwagt. Um sie bewältigen zu können, bedarf es vor allem des Muts zur groben Vereinfachung. Das gilt für hochkomplexe Theorieansätze (z.B. historischer Materialismus, Systemtheorie) ebenso wie für bildhafte Darstellungen (Metaphern wie beispielsweise die “Bienenfabel” von Mandeville). Es ist kein Wunder, daß zahlreiche Versuche, die Gesellschaftsordnung und -entwicklung zu beschreiben, auf ein Teilsystem zurückgreifen, von dem her dann Aussagen über das ‘Ganze’ abgeleitet werden. Ausgangspunkt für solche Bemühungen ist seit dem 18. Jahrhundert der Rückgriff auf das Teilsystem Wirtschaft, d.h. auf die Organisation der Bedarfsdeckung (Polanyi 1944/1978). Jedoch zwingt selbst die Konzentration auf ein gesellschaftliches Teilsystem zu analytischen Vereinfachungen, um komplexe Entwicklungszusammenhänge begreifbar zu machen. Beliebt sind beispielsweise Dreiteilungen (Triaden). Hierzu zwei Beispiele, die mit evolutionistischen Annahmen der Autoren verbunden sind: - Mit Bezug auf ‘typische’ Produkte wirtschaftlicher Aktivitäten wird zwischen drei Sektoren unterschieden: primärer, sekundärer und tertiärer Sektor. Theoretiker und Propheten der “postindustriellen Gesellschaft” gehen davon aus, daß die gesellschaftliche Entwicklung durch eine Gewichtsverlagerung wirtschaftlicher Aktivitäten vom primären über den sekundären auf den tertiären Sektor gekennzeichnet ist (vgl. statt anderer BELL 1973).
Der vorliegende Text basiert auf Überlegungen, die ich zuerst vor vier Jahren in einem Vortrag und später in einem Aufsatz zusammengefaßt habe (HEGNER 1981). Inzwischen habe ich in zahlreichen Diskussionen und Briefen vielfältige kritische Kommentare erhalten, die mir geholfen haben, die damaligen Überlegungen zu präzisieren und weiterzuentwickeln.
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Hegner, F. (1986). Zukunftswege der Industriegesellschaft: Ausbau der ‚Einbahnstraße‘ oder Umbau zur ‚Zweibahnstraße‘?. In: Heinze, R.G. (eds) Neue Subsidiarität: Leitidee für eine zukünftige Sozialpolitik?. Beiträge zur sozialwissenschaftlichen Forschung, vol 81. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-88683-5_16
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