Skip to main content
Log in

Was bedingt die Wahl eines nicht empfohlenen höheren Bildungsgangs?

Reasons for Choosing a Non-Recommended School Type

  • Allgemeiner Teil
  • Published:
Zeitschrift für Erziehungswissenschaft Aims and scope Submit manuscript

Zusammenfassung

Laut IGLU melden bundesweit rund 17 % der Eltern ihr Kind auf einer nicht-empfohlenen weiterführenden Schulform an. Nur wenige Studien versuchen, Elternmerkmale zu identifizieren, die mit der Ablehnung einer Schulformempfehlung einhergehen. Im Sinne des soziologisch orientierten Rational-Choice-Ansatzes fokussiert die Forschung vornehmlich auf soziale Hintergrundmerkmale und Kosten-Nutzen-Analysen. In der hier vorliegenden Studie wird darüber hinausgehend überprüft, inwiefern die elterliche Leistungsbewertung/-attribution sowie die Einschätzung des Beratungsprozesses Einfluss auf die Ablehnung der Lehrerempfehlung nimmt. Zielgruppe der Untersuchung sind Eltern, deren Schulformwunsch nicht mit der Lehrerempfehlung übereinstimmt und die eine höhere Schulform als die empfohlene wählen. Mittels logistischer Regression wird überprüft, wie gut es gelingt, auf Basis der theoriegeleitet ausgewählten Prädiktoren vorherzusagen, ob die Eltern bei ihrer nonkonformen Meinung bleiben oder ob sie sich der Lehrerempfehlung anpassen. Als bedeutsam für die Ablehnung der Empfehlung erweisen sich neben der Vermeidung eines Bildungsstatusverlustes das Vorwissen der Eltern über das Bildungssystem sowie die wahrgenommene Qualität der schulischen Beratung.

Abstract

According to PIRLS 17 % of German parents choose a non-recommended secondary school-type for their child. Only few empirical studies try to identify parental characteristics related to their rejection of a school-type recommendation from their child’s teacher. Based on the sociological rational choice theory, research primarily focuses on characteristics of social background and on cost-benefit considerations. In addition to this, the present study analyzes to what extent parental evaluation and attribution of the child’s achievement and the appraisal of the primary school’s advice influence the probability of parents’ rejection of the recommendation. The focus of this investigation is on parents whose educational aspirations and choices of school are higher than the teachers’ recommendations. By means of logistic regression we analyze, how well parental decision-making – i. e. adopting the teacher’s recommendation vs. insisting on own, non-compliant opinion – can be predicted by theory-based independent variables. Avoidance of a loss in educational status, parental knowledge of the school system and the perceived quality of a primary school’s advice are revealed to be significant predictors of this rejection.

This is a preview of subscription content, log in via an institution to check access.

Access this article

Price excludes VAT (USA)
Tax calculation will be finalised during checkout.

Instant access to the full article PDF.

Notes

  1. Den Prognoseunterricht besuchen Schüler, wenn ihnen keine Eignung für den Besuch der gewünschten Schulform von der Grundschule zugesprochen wurde. Es obliegt den Lehrkräften des Prognoseunterrichts, den Unterricht mittels ihrer Expertise pädagogisch verantwortlich zu gestalten. Als groben Rahmen gibt die Ausbildungsordnung für die Grundschule dafür die in den Lehrplänen der Grundschule bestimmten verbindlichen Anforderungen der Klasse 4 vor. Der Prognoseunterricht findet an drei aufeinander folgenden Tagen statt. Er wird jeweils von den zuständigen Schulämtern organisiert und sowohlvon Grundschullehrkräften als auch von Lehrkräften der weiterführenden Schulformen durchgeführt.

    Die Beurteilung erfolgt so durch drei bisher unbeteiligte Lehrkräfte, die einstimmig die Eignung des Kindes für die von den Eltern präferierte Schulform ausschließen müssen, um die Anmeldung durch die Eltern auf dieser Schulform zu unterbinden (Lintorf/Bos 2007).

  2. Auch für den Zusammenhang von kategorialen soziodemografischen Merkmalen und ordinalen/metrischen Prädiktoren werden Korrelationskoeffizienten nach Pearson berichtet. Dies ist für die Abschätzung der Stärke des Zusammenhangs – um beispielsweise Hinweise auf mögliche Kollinearitätsprobleme zu bekommen –hinreichend.

Literatur

  • Baumert, J./Schümer, G. (2001): Familiäre Lebensverhältnisse, Bildungsbeteiligung und Kompetenzerwerb. In: Deutsches PISA-Konsortium (Hrsg.): PISA 2000. Basiskompetenz von Schülerinnen und Schülern im internationalen Vergleich. – Opladen, S. 323–407.

    Google Scholar 

  • Becker, R. (2000): Klassenlage und Bildungsentscheidungen. Eine empirische Anwendung der Wert-Erwartungstheorie. In: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, 52. Jg., S. 450–474.

    Article  Google Scholar 

  • Bellenberg, G./Hovestadt, G./Klemm, K. (2004): Selektivität und Durchlässigkeit im allgemeinbildenden Schulsystem. Rechtliche Regelungen und Daten unter besonderer Berücksichtigung der Gleichwertigkeit von Abschlüssen. – Frankfurt a.M.

    Google Scholar 

  • Bos et al. 2003 = Bos, W./Lankes, E.-M./Prenzel, M./Schwippert, K./Walther, G./Valtin, R. (Hrsg.) (2003): Erste Ergebnisse aus IGLU. Schülerleistungen am Ende der vierten Jahrgangsstufe im internationalen Vergleich. – Münster.

  • Bos et al. 2004a = Bos, W./Valtin, R./Lankes, E.-M./Schwippert, K./Voss, A./Badel, I./ Plaßmeier, N. (2004): Lesekompetenzen am Ende der vierten Jahrgangsstufe in einigen Ländern der Bundesrepublik Deutschland im nationalen und internationalen Vergleich. In: Bos, W./Lankes, E.-M./Prenzel, M./Schwippert, K./Valtin, R./Walther, G. (Hrsg.): IGLU. Einige Länder der Bundesrepublik Deutschland im nationalen und internationalen Vergleich. – Münster, S. 49–92.

  • Bos et al. 2004b = Bos, W./Lankes, E.-M./Prenzel, M./Schwippert, K./Valtin, R./Walther, G. (Hrsg.) (2004): IGLU. Einige Länder der Bundesrepublik Deutschland im nationalen und internationalen Vergleich. – Münster.

  • Bos et al. 2006 = Bos, W./Hornberg, S./Pietsch, M./Janke, N./Stubbe, T. C./Valtin, R. (2006): Schulwahlentscheidungen von Eltern in der Primarstufe. In: Hinz, R./Pütz, T. (Hrsg.): Professionelles Handeln in der Grundschule. Entwicklungslinien und Forschungsbefunde. – Hohengehren, S. 85–89.

  • Boudon, R. (1974): Education, Opportunity, and Social Inequality. – New York.

  • Bourdieu, P. (1982): Die feinen Unterschiede. Kritik der gesellschaftlichen Urteilskraft. – Frankfurt a.M.

    Google Scholar 

  • Breen, R./Goldthorpe, J. H. (1997): Explaining educational differentials. Towards a formal rational action theory. In: Rational and Society, Vol. 9, pp. 275–305.

    Article  Google Scholar 

  • Chaiken, S. (1987): The heuristic model of persuasion. In: Zanna, M. P./Olson, J. M./Herman, C. P. (Eds.): Social Influence: The Ontario symposium. – Hillsdale, pp. 3–39.

  • Dahrendorf, R. (1965): Arbeiterkinder an deutschen Universitäten. – Tübingen.

  • Ditton, H. (1987): Familie und Schule als Bereich des kindlichen Lebensraums. Eine empirische Untersuchung. – Frankfurt a.M.

    Google Scholar 

  • Ditton, H. (1992): Ungleichheit und Mobilität durch Bildung. Theorie und empirische Untersuchung über sozialräumliche Aspekte von Bildungsentscheidungen. – Weinheim.

    Google Scholar 

  • Ditton, H./Krüsken, J./Schauenberg, M. (2005): Bildungsungleichheit – der Beitrag von Familie und Schule. In: Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, 8. Jg., S. 285–304.

    Article  Google Scholar 

  • Erikson, R./Jonsson, J. O. (1996): Explaining class inequality in education: The Swedish test case. In: Erikson, R. (Eds.): Can Education be Equalized? The Swedish case in comparative perspective. – Stockholm, pp. 1–63.

    Google Scholar 

  • Esser, H. (1998): Ist das Konzept der Integration gescheitert? Zur Bilanz der Migrationspolitik. In: Theorie und Praxis der Sozialen Arbeit, 4. Jg., S. 128–134.

    Google Scholar 

  • Esser, H. (1999): Soziologie. Spezielle Grundlagen. Bd. 1: Situationslogik und Handeln. – Frankfurt a.M.

    Google Scholar 

  • Geißler, R. (2004): Die Illusion der Chancengleichheit im Bildungssystem. Von PISA gestört. In: Zeitschrift für Soziologie der Erziehung und Sozialisation, 24. Jg., S. 326–380.

    Google Scholar 

  • Harazd, B. (2007): Die Bildungsentscheidung. Zur Ablehnung der Schulformempfehlung am Ende der Grundschulzeit. – Münster.

    Google Scholar 

  • Heider, F. (1958): The Psychology of Interpersonal Relations. – New York.

  • Henry, J. W./Martinko, M. J./Pierce, M. A. (1993): Attributional style as a predictor of success in a first computer course. In: Computer in Human Behaviour, Vol. 9, pp. 241–325.

    Google Scholar 

  • Henz, U. (1997): Die Messung der intergenerationalen Vererbung von Bildungsungleichheit am Beispiel von Schulformwechseln und nachgeholten Bildungsabschlüssen. In: Becker, R. (Hrsg.): Generationen und sozialer Wandel. Generationsdynamik, Generationsbeziehungen und Differenzierung von Generationen. – Opladen, S. 111–133.

    Google Scholar 

  • Hovland, C. I./Janis, I. L./Kelley, H. H. (1953): Communication and Persuasions. Psychological studies of opinion change. – New Haven.

    Google Scholar 

  • JAKOBY, N./JACOB, R. (1999): Messung von internen und externen Kontrollüberzeugungen in allgemeinen Bevölkerungsumfragen. In: Zuma-Nachrichten, H. 45, S. 61–72.

  • Jürgens, E. (1988): Schullaufbahnempfehlungen und Elternentscheidung. Der Schulerfolg empfohlener und nichtempfohlener Schüler der Orientierungsstufe in der Realschule und im Gymnasium. – München.

    Google Scholar 

  • Jürgens, E. (1989): Lehrer empfehlen – Eltern entscheiden. Die Bewährung empfohlener und nichtempfohlener Orientierungsstufenschüler im weiterführenden Schulsystem. In: Die Deutsche Schule, 81. Jg., S. 388–400.

    Google Scholar 

  • Kessler, M. (1988): Fragebogen zur Kausalattribuierung in Leistungssituationen (FKL 7-9). In: Zeitschrift für Differentielle und Diagnostische Psychologie, 10. Jg., S. 141–142.

    Google Scholar 

  • Kirsten, C. (1999): Bildungsentscheidungen und Bildungsungleichheit. Ein Überblick über den Forschungsstand. (MZES-Arbeitspapiere Nr. 5). – Mannheim.

  • Lehmann, R./Peek, R./Gänsfuß, R. (1997): Aspekte der Lernausgangslage von Schülerinnen und Schülern der fünften Klasse an Hamburger Schulen. – Hamburg.

  • Lintorf, K./Bos, W. (2007): Prognoseunterricht. Das neue Übergangsverfahren in NRW. In: Forum Schule, H. 18, S. 14–15.

  • Maaz et al. 2006 = Maaz, K./Hausen, C./McElvany, N./Baumert, J. (2006): Stichwort: Übergänge im Bildungssystem. Theoretische Konzepte und ihre Anwendung in der empirischen Forschung beim Übergang in die Sekundarstufe. In: Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, 9. Jg., S. 299–327.

  • Mahr-George, H. (1999): Determinanten der Schulwahl beim Übergang in die Sekundarstufe I. – Opladen.

  • McGuire, W. J. (1969): The nature of attitudes and attitude change. In: Lindzey, G./Aronson, E. (Eds.): The Handbook of Social Psychology. – 2nd ed. – Reading, pp. 136–314.

  • Merkens et al. 1997 = Merkens, H./Wessel, A./Dohle, K./Classen, G. (1997): Einflüsse des Elternhauses auf die Schulwahl der Kinder in Berlin und Brandenburg. In: Tenorth, H.-E. (Hrsg.): Kindheit, Jugend und Bildungsarbeit im Wandel: Ergebnisse der Transformationsforschung. 37. Beiheft der Zeitschrift für Pädagogik – Weinheim, S. 225–276.

  • Müller, W./Haun, D. (1994): Bildungsungleichheit im sozialen Wandel. In: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, 46. Jg., S. 1–42.

    Google Scholar 

  • Ophuysen, S. van (2006): Zur Problematik der Schulformempfehlung nach der Grundschulzeit und ihre prognostische Qualität. In: Bos, W./Holtappels, H. G./Klemm, K./Pfeiffer, H./Rolff, H.-G./Schulz-Zander, R. (Hrsg.): Jahrbuch der Schulentwicklung. Bd. 14: Daten, Beispiele und Perspektiven. – Weinheim, S. 49–80.

    Google Scholar 

  • Pettilon, H. (2001): Soziale Beziehungen. In: Rost, D. H. (Hrsg.): Handwörterbuch Pädagogische Psychologie. – 2. Aufl. – Weinheim, S. 650–657.

  • Petty, R. E./Cacioppo, J. T. (1986): The elaboration likelihood model of persuasion. In: Berkowitz, L. (Ed.): Advances in Experimental Social Psychology. – San Diego, pp. 123–205.

  • Preisert, H. (1967): Soziale Lage und Bildungschancen in Deutschland. – München.

  • Schwippert, K./Bos, W./Lankes, E.-M. (2003): Heterogenität und Chancengleichheit am Ende der vierten Jahrgangsstufe im internationalen Vergleich. In: Bos, W./Lankes, E.-M./Prenzel, M./Schwippert, K./Walther, G./Valtin, R. (Hrsg.): Erste Ergebnisse aus IGLU. Schülerleistungen am Ende der vierten Jahrgangsstufe im internationalen Vergleich. – Münster, S. 265–302.

    Google Scholar 

  • Skaalvik, E. M. (1994): Attribution of perceived achievement in school in general and in maths and verbal areas. Relations with academic self-concept and self-esteem. In: British Journal of Educational Psychology, Vol. 64, pp. 133–143.

    Google Scholar 

  • Weiner, B. (1986): Attribution, emotion, and action. In: Sorrentino, R. M./Higgins, E. T. (Eds.): The Handbook of Motivation and Cognition: Foundations of social behavior. – New York, S. 281–312.

    Google Scholar 

Download references

Author information

Authors and Affiliations

Authors

Corresponding author

Correspondence to Bea Harazd.

Rights and permissions

Reprints and permissions

About this article

Cite this article

Harazd, B., van Ophuysen, S. Was bedingt die Wahl eines nicht empfohlenen höheren Bildungsgangs?. ZfE 11, 626–647 (2008). https://doi.org/10.1007/s11618-008-0037-z

Download citation

  • Published:

  • Issue Date:

  • DOI: https://doi.org/10.1007/s11618-008-0037-z

Schlüsselwörter

Keywords

Navigation