Epidemiologie und Klassifizierung

Das polyzystische Ovarsyndrom (PCOS) ist die häufigste endokrine Störung von Frauen im reproduktionsfähigem Alter. Je nach Klassifizierung sind zwischen 6 und 19,9 % aller Frauen betroffen [1, 2]. Bereits Hippokrates (460 − 377 v.c.) hat ein ähnliches Krankheitsbild beschrieben [3]. Zu den typischen klinischen Symptomen zählen Hirsutismus, Oligo- oder Amenorrhoe, Akne, Alopezie und Infertilität. Gleichzeitig besteht bei fast zwei Drittel eine metabolische Störung (in Form von Insulinresistenz und kompensatorischer Hyperinsulinämie), die das Risiko für Diabetes Mellitus und Herz–Kreislauf-Erkrankungen stark erhöht [4].

Zur Diagnosesicherung werden je nach Klassifikation unterschiedliche Konstellationen von Oligo- bzw. Anovulation, klinischer oder biochemischer Hyperandrogenämie und polyzystischen Ovarien im Ultraschall herangezogen (Tab. 1). Dabei wird der Hyperandrogenämie zunehmende Bedeutung beigemessen [57].

Tab. 1 Diagnosekriterien nach der Rotterdam und NIH Klassifikation modifiziert nach Azziz et al. [6]

Metabolische Aspekte

Eine Assoziation der Erkrankung mit Übergewicht und metabolischen Störungen gilt als gesichert [8]. In bis zu 40 % der PCOS Patientinnen zeigen im Alter von 30–40 Jahren eine gestörte Glukosetoleranz oder Typ 2 Diabetes [9, 10]. Bei adipösen PCOS Patientinnen kann sogar in bis zu 95 % eine ausgeprägte Insulinresistenz festgestellt werden [11]. Das PCO-Syndrom scheint hierbei einen eigenständigen Risikofaktor darzustellen, da sich die hohe Rate an Glukosestoffwechselstörungen nicht alleine mit der erhöhten Prävalenz von Übergewicht und Adipositas erklären lässt [12]. Insgesamt zeigten PCOS Patientinnen ein 5-fach erhöhtes Risiko, innerhalb eines 8-jährigen Beobachtungszeitraumes an Diabetes zu erkranken [13]. Zusätzlich haben PCOS Patientinnen ein zweifach erhöhtes Risiko für das Auftreten eines „metabolischen Syndroms“ sowie einer Dyslipidämie [14, 15]. Weiters wurde eine erhöhte Inzidenz für koronare Gefäßverkalkungen gezeigt [16].

Geburtshilfliche und gynäkologische Aspekte

Es wird vermutet, dass hinter der Pathogenese des PCOS eine ovarielle Hyperandrogenämie und eine durch Insulinresistenz hervorgerufene Hyperinsulinämie stehen, die gemeinsam mit parakrinen Signalen im Ovar zu einer Hemmung des Follikelwachstums führen [17]. Selbst PCOS Patientinnen, die über einen regelmäßigen Zyklus berichten, haben in 40 % keine Ovulation [18], weshalb PCOS Patientinnen oft die assistierte Reproduktion benötigen, um eine Schwangerschaft zu erreichen. Jedoch sind die gewonnenen Eizellen von PCOS Patientinnen oft von schlechter Qualität; möglicherweise kommt es hierbei zu einer fehlenden Komplettierung der Meiose [19], wobei sich speziell die Hyperandrogenämie negativ auszuwirken scheint [20].

PCOS Patientinnen erleiden vermehrt Aborte [21]; auch vermehrte Schwangerschaftskomplikationen wie Gestationsdiabetes, Präeklampsie und Frühgeburten wurden bei schwangeren PCOS Patientinnen beobachtet [22]. Speziell Gestationsdiabetes – hervorgerufen durch eine präkonzeptionell vorbestehende Insulinresistenz, die sich im Laufe der Schwangerschaft verschlechtert – kann in weiterer Folge zu schweren geburtshilflichen Komplikationen führen, welchen jedoch mit einem oralen Glukosetoleranztest (oGTT) und somit frühen Diagnose durch eine entsprechende Therapie vorgebeugt werden kann [23]. Aufgrund dieses erhöhten Risikos bei PCOS Patientinnen scheint somit ein Screening in der Frühschwangerschaft mittels Nüchternblutzucker, HbA1c und eventuell frühem oGTT indiziert (sollte die Abklärung des Glukosestoffwechsels nicht bereits präkonzeptionell durchgeführt worden sein) [24].

Mit fortgeschrittenem Alter werden durch ein Absinken der ovariellen Reserve weniger Androgene gebildet und es kommt zu regelmäßigeren Zyklen und verminderten Symptomen der Hyperandrogenämie [25, 26]. Gleichzeitig spielen bei zunehmendem Alter die erhöhte Insulinresistenz und der steigende BMI eine zunehmende Rolle [27].

Patientinnen mit PCOS haben ein erhöhtes Risiko an Endometriumkarzinom zu erkranken; auch ein erhöhtes Risiko für Brust- und Ovarialkarzinom wird diskutiert [28].

Gender und genetische Faktoren

Mehrere Studien konnten eine familiäre Häufung von PCOS beobachten.

So leiden 20–40 % der weiblichen Verwandten ersten Grades von PCOS Patientinnen ebenfalls an der Erkrankung [29]. Auch männliche Verwandte von PCOS Patientinnen zeigen erhöhte Werte an DHEAS sowie ein höheres metabolisches Risiko [3032]. Darüber hinaus kommt es bei männlichen Nachkommen von PCOS Patientinnen zu einem früheren Auftreten von Stoffwechselstörungen [33]. Andererseits wurde bei Vätern von PCOS Patientinnen eine erhöhte Inzidenz von Herz-Kreislauf-Erkrankungen festgestellt [34].

Therapie

Die Behandlung der PCOS Symptome umfasst meist eine Östrogen-Progesteron Pille sowie bei ausgeprägten Formen der Hyperandrogenämie eine Androgenblockade (Cyproteronacetat, Spironolacton, Finasterid). Gleichzeitig können mit kosmetischen Behandlungsmethoden wie mechanischer Haarentfernung mit Laser und Bleichungen gute Resultate erzielt werden. Eine zentrale Rolle spielt jedoch eine Änderung des Lebensstils, mit körperlicher Bewegung und Gewichtsabnahme [35]. Insgesamt wurden sehr unterschiedliche Ausprägungen von PCOS je nach Lebensstil beobachtet. So zeigen betroffene Frauen in den USA ausgeprägtere Symptome als Frauen in Europa [36]. Speziell bei übergewichtigen Frauen mit gestörter Glukosetoleranz sollte eine Therapie mit Metformin erwogen werden [37]. Hierbei wird die periphere Insulinsensitivität erhöht und somit einer chronischen Hyperinsulinämie vorgebeugt [38]. In weiterer Folge kommt es zu einem schnelleren Gewichtsverlust und bei vielen Frauen zeigt sich ein erneut einsetzender regelmäßiger Menstruationszyklus [37].

Bei Kinderwunsch kann langfristig eine Therapie mit Metformin zu erhöhten Schwangerschaftsraten führen, bei dringendem Kinderwunsch sind jedoch Clomiphen und Letrozol das Mittel erster Wahl [3840].