Posttraumatische Ellenbogenversteifungen sind nach Blauth u. Jäger [2] ein

„fixierter Zustand, der auch langfristig keine Neigung zur Verbesserung zeigt“,

wohingegen sich Ellenbogenblockierungen spontan zurückbilden können. Die Inzidenz von Ellenbogenversteifungen nach Verletzungen wurde in der Literatur von Mutschler et al. [33] mit 20 % und in einer Sammelstudie der AO (Arbeitgemeinschaft für Osteosynthesefragen) von Lob et al. [21] mit 50 % angegeben. Der Varianz an Ursachen steht eine Vielfalt an häufig polypragmatisch angewandten Behandlungsverfahren gegenüber.

Als Therapieziel lässt sich der von Morrey [27, 29] formulierte „functional arc“ – 100 ° Flexions-Extensions-Umfang und 100 ° Pro-/Supinationsumfang – festhalten, der 90 % der ADL („activity of daily living“) ermöglicht. Kleinere Bewegungseinschränkungen – auch wenn sie als störend empfunden werden – sollten nur unter besonderen Umständen therapiert werden.

Für die Ergebnisevaluation stehen u. a. der MEPS („Mayo elbow performance score“), der DASH- („disabilities of arm, shoulder and hand“; [11]) und der Constant-Score [5] zur Verfügung.

Ätiologie und Pathogenese

Die den posttraumatischen Ellenbogensteifen zugrunde liegenden Primärverletzungen bilden das gesamte Spektrum der möglichen Traumen ab:

  • Frakturen (diakondyläre C3-Frakturen, Monteggia-Verletzungen)

  • Luxationen

  • Luxationsfrakturen („Monteggia-like fractures“)

  • Verbrennungen

  • Chirurgische Maßnahmen (Osteosynthesen)

Die möglichen Ursachen [1, 12, 30] der Ellenbogensteifen sind vielfältig und werden unterteilt in (Abb. 1):

  • extrinsische/extraartikuläre und

  • intrinsische/intraartikuläre Ursachen sowie

  • Mischformen aus beiden.

Diese Unterscheidung ist wichtig, da sich hieraus indikatorische und prognostische Hinweise ergeben. So ist die Prognose von extrinsischen Gelenksteifen deutlich besser.

Abb. 1
figure 1

Ursachen der Ellenbogensteife, FGK freier Gelenkkörper

Tab. 1 Das Auftreten der Ellenbogensteife begünstigende Faktoren. (Nach [22])

Neben den lokalisationstypischen Veränderungen (Abb. 1) gibt es nach Loew [22] Kofaktoren, die das Auftreten der Ellenbogensteife begünstigen (Tab. 1). Diese müssen im Sinne der Prophylaxe bei der Therapie der Primärverletzung beachtet werden. Die bedeutet konkret

  • Keine Ruhigstellung über 3 Wochen

  • Sicherung potenziell instabiler postoperativer Ergebnisse mit Bewegungsfixateur

  • Adäquate Schmerztherapie (ggf. mit Katheterverfahren)

Die zur Steife führende Pathogenese ist nur teilweise bekannt. Eine Zunahme der Kollagenfibrillen insbesondere in der beugeseitigen Gelenkkapsel mit Fibrose derselben gilt als gesichert. Die Entwicklung der Ossifikationen ist noch hypothetisch. Interleukine, BMP2 („bone morphogenetic protein 2“) und andere Wachstumsfaktoren spielen hier eine Rolle. Ob die Ossifikation der das Gelenk umgebenden Muskulatur und die Fibrose der Gelenkkapsel eine gemeinsame Ursache haben – unterschiedliche Ausdifferenzierung omnipotenter Mesenchymzellen – wird zumindest für möglich gehalten [1, 12, 14, 27, 30, 42].

Klassifikation

Die Einteilung der Gelenksteifen ist rein deskriptiv und erfolgt entweder entsprechend dem Anteil der Einschränkung des Bewegungsausmaßes an der Gesamtbeweglichkeit (Flexion/Extension und Pro-/Supination) nach Blauth u. Jäger [2] oder isoliert nach Störungen in der Flexions-Extensions- oder Pro-/Supinationsebene [17]. Esteve et al. [7] klassifizierte nach dem Ausmaß der Restbeweglichkeit (Flexionsbogen; [2], Tab. 2).

Tab. 2 Klassifikationen der Ellenbogensteife

Die heterotope Ossifikation am Ellenbogen wird nach Ilahi et al. [15] entsprechend dem durch die sie versperrten Gelenkwinkel bezogen auf das Capitulum humeri klassifiziert (Abb. 2).

Abb. 2
figure 2

Klassifikation der heterotopen Ossifikationen. (Nach [15])

Jupiter u. Ring [18] entwickelten eine Klassifikation für die radioulnaren Synostosen (Tab. 3).

Tab. 3 Klassifikation radioulnare Synostosen. (Nach [18])

Diagnostik

Sie muss zielgerichtet zur Identifikation der für die Bewegungseinschränkung maßgeblichen pathoanatomischen Strukturen führen. Sie beinhaltet:

  • Anamnese (Unfall und Verlauf),

  • Erhebung des Entzündungsstatus (aktuell und anamnestisch),

  • klinische Untersuchung (harter/weicher Anschlag),

  • neurologische Untersuchung,

  • bildgebende aktuelle Diagnostik [Nativröntgenaufnahmen, CT (Computertomographie), MRT (Magnetresonanztomographie) nach Anforderung],

  • Bildgebung im bisherigen Verlauf,

  • Labor (Entzündungszeichen, Wertigkeit der alkalischen Phosphatase umstritten).

Am Ende soll geklärt sein, ob eine ex- oder intrinsische Ursache der Bewegungsstörung, ein kongruentes oder inkongruentes und ein stabiles oder instabiles Gelenk vorliegen.

Behandlungsstrategien

Neben dem Umfang der Ellenbogensteife bzw. der Restbeweglichkeit unter Berücksichtigung des „functional arc“ [32, 41] ist die Zeitschiene in der Entwicklung der Ellenbogensteife für die Indikationsfindung der geplanten Maßnahmen wichtig: Bis zu 6 Monate nach dem Trauma kann eine konservative Therapie (s. unten) sinnvoll durchgeführt werden.

Besteht die Steife bereits über 6 Monate in relevantem Ausmaß (Defizit > 0 °/30 °/100 °), sollte die operative Intervention (Distraktions-, arthroskopische oder offene Arthrolyse) geprüft werden. Spezielle operative Indikationen ergeben sich bei Pseudarthrosen oder Implantatimpingement.

Relative Kontraindikationen für operative Interventionen zur Arthrolyse sind:

  • Ruhe- und Bewegungsschmerz sowie

  • fortgeschrittene posttraumatische Arthrose.

In diesen Fällen ist die Indikation für einen alloarthroplastischen Ersatz oder eine Arthrodese zu prüfen.

Wichtig in der Planung ist die prospektive Einschätzung der Bewegungserweiterung hinsichtlich des neurologischen Komplikationspotenzials. Der N. radialis und der N. medianus sind bei Extensionserweiterung, der N. ulnaris bei Flexionserweiterung mit einem akuten Zuwachs von 30–50 ° gefährdet [36].

Behandlungsverfahren

Konservative Therapie

Neben der Prophylaxe der Entstehung durch Beachtung der Kofaktoren stellt die konservative Therapie [1, 3, 4, 12, 22, 27, 46] die Behandlung der ersten Wahl dar. Ziel ist es, durch Dehnung der Gelenkkapsel die Kontraktur zu verhindern oder zu verbessern.

Die Therapie umfasst 3 Modalitäten

  • antiphlogistische Behandlung [lokale Kälteanwendung, NSAR (nichtsteroidale Antirheumatika)]

  • Schmerzreduktion/-ausschaltung (potente Analgetika, Katheteranalgesie)

  • Bewegungstherapie (aktive, passive Übungen, Ergotherapie, Balneotherapie)

Gute Indikationen für eine konservative Behandlung sind extrinsische Ursachen sowie mäßige Steifen mit weichem Anschlag.

Schienenbehandlung (statisch-dynamisch)

Die Schienenbehandlung ist Bestandteil der konservativen oder postoperativen Therapie nach Arthrolyse [1, 2, 28, 46]. Hierbei werden statische Orthesen mit Gelenken von dynamischen (Quengel) Schienen unterschieden.

Die statischen ROM-Orthesen (ROM: „range of motion“) kommen bei Gelenkinstabilitäten im Rahmen einer rein konservativen oder postoperativen Therapie zum Einsatz.

Dynamische Schienen üben einen einstellbaren Dauerzug auf die Gelenkkapsel aus und können bei weichen Steifen zu einer Verbesserung der Endlagenbeweglichkeit führen. Studien, die ihre Effektivität belegen, liegen bisher nicht vor [1, 2, 12, 28].

Neben diesen muskulär betriebenen gibt es auch motorbetriebene Bewegungsschienen (CPM: „continuous passive motion“). Diese sind in der postoperativen Behandlung zur Sicherung des intraoperativ erreichten Bewegungsumfangs indiziert. Der Anwendungszeitraum sollte bei maximal 6 bis 8 Wochen postoperativ liegen [30]. Darüber hinaus ist kein Nutzen nachgewiesen.

Narkosemobilisation

Sie wurde als quasi nichtoperatives Verfahren lange Zeit kontrovers diskutiert. Mittlerweile besteht jedoch Einigkeit, dass sie bei Gelenksteife nicht durchgeführt werden sollte [1, 6, 8, 16], da es zu einer unkontrollierten Kapselzerreißung und dadurch zu Entzündungsreaktionen kommen kann, die wiederum die Entwicklung einer Gelenksteife triggern.

Operative Therapie

Vor ihrer Indizierung müssen folgende Grundvoraussetzungen [1, 12] geprüft werden:

  • Die konservative Therapie ist ausgeschöpft (> 6 Monate), und es besteht ein relevantes Bewegungsdefizit (Flexionseinschränkung).

  • Es besteht ein individueller Anspruch auf eine verbesserte ROM sowie eine entsprechende Motivation für die Durchführung der Nachbehandlung.

  • Die Analyse zeigt einen operativ verbesserbaren Ausgangszustand.

  • Es besteht Infektfreiheit (oberflächlich/tief – Anamnese?).

  • Die Gelenkflächen sind intakt.

  • Die Weichteile über dem Gelenk sind gut/ausreichend verschiebbar.

  • Der Operationszeitpunkt liegt etwa 6 Monate nach dem Unfall.

Die möglichen operativen Verfahren beim Vorliegen eines Implantatimpingements oder einer Fehlheilung im Sinne der Pseudarthrose sollen hier nicht weiter ausgeführt werden, da diese zur Primärschadenversorgung gehören.

Die nachfolgend ausgeführten operativen Verfahren zur Behandlung der Ellenbogensteife sind teils konkurrierende, teils additive, aber auch operative Stand-alone-Verfahren.

Arthroskopische Arthrolyse

Indikationen [38, 39] sind intrinsische Pathologien – Synovialitiden, Verwachsungen, freie Gelenkkörper (Abb. 3), lokale Osteophyten am Olekranon und Processus coronoideus.

Die Technik [38] ist anspruchsvoll, da durch eine Arthrofibrose das Volumen von 25 auf 6 ml geschrumpft sein kann, wodurch sowohl eine erhöhte Zugangsmorbidität als auch eine erhöhte Gefahr für Knorpelschädigungen bestehen.

Je nach prognostizierter Pathologie kommen Rücken- (bei ventralen Pathologien) oder Bauchlage (bei dorsalen Pathologien) in Frage. Die Skop- und Arbeitsportale sind definiert (anteroradial, posteroradial, ulnar) mit akzessorischen dorsalen Zugängen.

Die Extraktion von großen freien Gelenkkörpern erfordert gelegentlich eine Miniarthrotomie.

Im Rahmen der Arthroskopie kann erforderlichenfalls eine milde Narkosemobilisierung durchgeführt werden – unter Berücksichtigung der fehlenden schmerzinduzierten Abwehr.

Die Nachbehandlung richtet sich nach der Pathologie und erfolgt bei Ellenbogensteifen analog zur offenen Arthrolyse.

Als Komplikationsmöglichkeit ist immer die Verletzung neurovaskulärer Strukturen zu beachten.

Abb. 3
figure 3

Freier Gelenkkörper

Offene erweiterte Arthrolyse

Die offene Arthrolyse [1, 2, 3, 12, 14, 40] erfolgt nach Planung entsprechend der präoperativ festgestellten Weichteil-/Gelenkpathologie. Bei der Zugangswahl werden frühere Zugänge berücksichtigt.

Die offene Arthrolyse bietet die Möglichkeit der umfangreichen Gelenkkapselresektion, wobei der Umfang durch die Bewegungseinschränkung und deren Richtung bestimmt wird. Neben der Kapselresektion können zusätzliche Eingriffe am Knochen – Resektion von Ossifikationen, Radiusköpfchenresektion usw. – durchgeführt werden. In diesem Fall spricht man von erweiterter Arthrolyse ([1, 12, 29], Abb. 4).

Abb. 4
figure 4

Operative Möglichkeiten im Rahmen von „column procedure“. (Aus [12], S. 125)

Die Standardtechnik [2, 3, 4, 12, 14, 19, 20, 23, 24, 25, 37, 40, 45] der offenen Arthrolyse beginnt in Rückenlage mit dem radialen Zugang (Abb. 5). Über diesen können, wie von Mansat u. Morrey [23] beschrieben, sowohl die beuge- als auch die streckseitige Gelenkkapsel erreicht werden – „column procedure“ (Abb. 4). Hierfür reicht eine 8–10 cm lange Hautinzision. Die Mm. extensor carpi radialis longus und brachioradialis werden nach ventral und der M. extensor carpi radialis brevis nach dorsal mobilisiert. Die Gelenkkapsel kann nun inzidiert werden und nach weiterer Ablösung des M. brachialis von derselben der anteroradiale Anteil bis zum Processus coronoideus reseziert werden (Abb. 6). Anschließend kann der ventroulnare Kapselanteil palpiert und mit der Schere inzidiert werden. Bei Verbleiben eines relevanten Streckdefizits wird das posteriore Intervall durch Ablösen des M. triceps und des M. anconeus von der Crista des Epicondylus radialis präpariert (Abb. 7). Die dargestellte radiodorsale Gelenkkapsel kann reseziert und Ossifikationen und Osteophyten können entfernt werden.

Abb. 5
figure 5

Radialer Zugang zur Arthrolyse. (Aus [12], S. 125)

Abb. 6
figure 6

Initiale Kapselrektion anteroradial. (Aus [12], S. 125)

Abb. 7
figure 7

Dorsale Erweiterung des radialen Zugangs. (Aus [12], S. 125)

Situativ kann zur Erweiterung ein ulnarer Zugang dorsal des Epicondylus ulnaris erforderlich werden.

Die in Skandinavien häufiger durchgeführte erweiterte Arthrolyse mit Resektion des Radiusköpfchens soll der Vollständigkeit halber erwähnt werden. Hierbei muss auch das radiale Seitenband abgelöst und refixiert werden, was postoperativ einen Bewegungsfixateur erfordert.

Die Resektion des Radiusköpfchens im Rahmen der offenen Arthrolyse kann bei Einschränkung der Umwendbewegung und deformierter Speichengelenkfläche eine therapeutische Option darstellen. Auch radioulnare Synostosen können über diesen Zugang reseziert werden.

Bei der Entfernung von heterotopen Ossifikationen kommt der Rezidivprophylaxe [1, 13, 26, 42] eine große Bedeutung zu. Neben einer adjuvanten Strahlentherapie 4 h präoperativ bis 12 h postoperativ als einmalige Dosis von 6–7 Gy besteht auch die Möglichkeit der fraktionierten Strahlentherapie mit einer Gesamtdosis bis zu 10 Gy über Einzeldosen von 200 cGy innerhalb von 7 Tagen. Die medikamentöse Prophylaxe mit Indometacin 50 mg bis 2-mal 50 mg pro Tag unter Magenschutz über 7 bis 14 Tage gilt als Standardprophylaxe.

Distraktionsarthrolyse

Dieses 1975 [43] erstmals veröffentlichte Verfahren mittels Fixateur externe [10, 31, 35] eignet sich v. a. für leichte bis mittelgradige Steifen vom extrinsischen Typ ohne oder mit nur geringen heterotopen Ossifikationen. Das Prinzip besteht aus einer intraoperativen Distraktion, gefolgt von einer 6-tägigen Relaxationsphase und einer 6- bis 7-wöchigen Mobilisierungsphase. Nach der intraoperativen Distraktion (Abb. 8) von 2 × 15 mm unter Bildwandlerkontrolle über 10–15 min wird der Ellenbogen in 110 ° Flexion im Fixateur fixiert.

Abb. 8
figure 8

Intraoperative Distraktion um 15 mm. (Aus [34])

Nachbehandlung

Die Nachbehandlung nach offener, erweiterter Arthrolyse entspricht in ihren Grundsätzen der konservativen Therapie [1, 9, 28]. Man muss sich allerdings bewusst sein, dass das intraoperative Bewegungsausmaß postoperativ in der Regel nicht erreicht werden kann.

Je nach Notwendigkeit können postoperativ Lagerungsschienen in 3 Stellungen – maximale Flexion, Mittelstellung, maximale Extension – im 6-stündlichen Wechsel angelegt werden. Alternativ können auch Orthesen mit in verschiedenen Winkelgraden blockierbaren Gelenken verwendet werden.

Wesentlich ist eine suffiziente Analgesie, häufig mit Schmerzkatheter. Die Nachbehandlung muss intensiv über mehrere Monate durchgeführt werden, da eine hohe Rezidivgefahr durch die natürliche Kapselschrumpfung ab der 3. postoperativen Woche besteht. Aus diesem Grund ist im ambulanten Bereich auf eine ausreichende multimodale Krankengymnastik [BGSW (berufsgenossenschaftliche stationäre Weiterbehandlung), EAP (erweiterte ambulante Physiotherapie)] zu achten.

Ergebnisse

Die in der Literatur veröffentlichen Bewegungszuwächse nach offener Arthrolyse reichen von 42–76 ° Zuwachs für Extension/Flexion und 19–43 ° Zuwachs für die Umwendbewegung mit einer Spanne von unbefriedigenden Ergebnissen von 4–31 % [1, 30]. Scores wie der MEPS finden wenig Anwendung, sodass keine vergleichbaren Ergebnisse vorliegen.

Salvage-Verfahren

Interpositionsarthroplastik und Resektionsarthroplastik [12] sind heute selten angewendete Verfahren bei zerstörten Gelenkflächen und jugendlichen Patienten, bei denen der Schmerz im Vordergrund steht. Aufgrund der resultierenden Instabilität ist die suffiziente muskuläre Funktion Voraussetzung. Die eingeschränkte Belastbarkeit und relative Instabilität schränken die Indikation ein.

Alloarthroplastik

Die sekundäre Alloarthroplastik [44] gewinnt bei zerstörten, inkongruenten Gelenkflächen und hieraus resultierenden Instabilitäten zunehmend an Bedeutung. Die frühen Modelle aus den 1970er Jahren waren starr gekoppelt (Stanmore-, Coonrad-I-Modell usw.). Hohe Lockerungsraten führten zur Weiterentwicklung hin zu teilgekoppelten („sloopy hinge“) Prothesen (Coonrad-Morrey-Prothese). Diese ermöglichen eine geringe Varus-/Valguskippung. Heute kommen zudem auch ungekoppelte Prothesen mit uni- oder bikompartimentellem Ersatz (Abb. 9) zum Einsatz. Hierbei werden die anatomischen Gelenkflächen nachgeahmt. Eine Voraussetzung ist eine exakte Wiederherstellung der Seitenbandführung. Modulare Systeme (Latitude®, Fa.Tornier) ermöglichen einen Hemiersatz nur des distalen Oberarms (HEP). Da die Krafteinleitung bei TEP (Totalendoprothese) in die proximale Ulna anfällig ist, wird eine Begrenzung der Gewichtsbelastung auf 5 kg empfohlen. Diese strenge Vorgabe ist bei der HEP nicht erforderlich. Die modularen Systeme können intraoperativ den Bedürfnissen angepasst und von ungekoppelt in teilgekoppelt variiert werden.

Aufgrund der eingeschränkten Belastbarkeit muss die Indikation zur Prothese bei armaktiven und jüngeren Verletzten (< 60 Jahre) sorgfältig abgewogen werden. Absolute Kontraindikationen sind der floride Infekt und der Ausfall von M. biceps oder M. triceps.

Abb. 9
figure 9

Sekundäre teilgekoppelte Prothese (Latitude®, Fa. Tornier), ROM („range of motion“) 0 °/10 °/110 °, 90 °/0 °/90 °

Arthrodese

Die Indikation für die Arthrodese [12] ist hochindividuell zu stellen. Generell stehen jüngere Patienten mit vorausgegangenem Infekt, Gelenkflächenzerstörung und resultierender Instabilität im Indikationsspektrum. Der Arthrodesewinkel sollte bei 90 ° eingestellt (Abb. 10), kann aber ggf. auch individuell angepasst werden. Vorteil sind die Belastbarkeit und die in der Regel freie Unterdrehbewegung.

Abb. 10
figure 10

Ellenbogenarthrodese und Radiusköpfchenresektion

Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE)

Die MdE-Bewertung der Ellenbogensteifen und Versorgungen orientiert sich an der verbliebenen Restfunktion und der hierdurch bedingten Einschränkung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Die in Tab. 4 aufgeführten MdE-Bewertungen berücksichtigen die Funktionseinschränkung bei komplikationsfreiem Lokalbefund und Stabilität.

Tab. 4 MdE-Bewertung von Ellenbogenfunktionseinschränkungen

Fazit für die tägliche Praxis

  • Ellenbogensteifen treten häufig im Gefolge von teils geringfügigen Primärverletzungen auf.

  • Die Inzidenz von Ellenbogensteifen steigt mit der Traumatisierung.

  • Die Prävention durch Schaffung stabiler Verhältnisse mit frühfunktioneller Behandlungsmöglichkeit stellt eine Säule der Therapie dar.

  • Eine Ruhigstellung des Ellenbogens über 3 Wochen hinaus ist zu vermeiden.

  • Bei eingetretener Ellenbogensteife ist eine sorgfältige Analyse der Bewegungsstörung und der Begleitpathologien erforderlich.

  • Die Zuordnung der Hauptursache für die Bewegungseinschränkung – extrinsisch oder intrinsisch – und die Beurteilung kongruentes/inkongruentes Gelenk sind für die Therapieplanung von wesentlicher Bedeutung.

  • Minimalinvasive Verfahren sind für die intrinsischen Steife die Arthroskopie und für die extrinsische Steife die Distraktionsarthrolyse. Erstere ist aufgrund der bestehenden intraartikulären Volumenverminderung technisch anspruchsvoll. Goldstandard ist die offene(erweiterte) Arthrolyse, die nach exakter Analyse eine umfängliche Chirurgie der Kapsel und der Ossifikationen erlaubt.

  • Neben einem multimodalen postoperativen Behandlungsregime ist beim Vorliegen von Ossifikationen deren Rezidivprophylaxe zu adressieren.

  • Der Einsatz von Salvage-Verfahren ist individuell zu prüfen.

  • Selbst bei optimalem Verlauf sind intraoperativ gewonnene Freiheitsgrade postoperativ selten zu realisieren. Neben der langen Behandlungsdauer muss der Verletzte auch akzeptieren lernen, dass ein Behandlungsergebnis im Sinne des „functional arc“ als gut zu bezeichnen ist.