Einleitung

Jährlich werden in deutschen Notaufnahmen rund 21 Mio. Patienten behandelt [17]. Dabei nimmt die Anzahl der sich vorstellenden Patienten kontinuierlich zu. Im Rahmen der gestuften Notfallversorgung im Krankenhaus und durch die Novellierung der ambulanten Notfallversorgung kommt Notaufnahmen eine wichtige Rolle zu [11, 12, 17].

Neben Bagatellerkrankungen und -verletzungen kommen aber auch lebensbedrohlich erkrankte und verletzte Patienten aller Alterskategorien in Notaufnahmen zur Vorstellung [1, 3]. Es wird eine große Variation der stationär aufgenommenen Patienten von 20 bis 60 % (Konversionsrate) je nach Struktur und Nutzungsprofil der Notaufnahme berichtet [17, 19, 21]. Es muss davon ausgegangen werden, dass in einzelnen Alterskategorien Unterschiede hinsichtlich der Prozesskriterien Zuführung, Behandlungsdringlichkeit, chirurgischer vs. nichtchirurgischer Notfall, Entlassart und Verweildauer bestehen. Erkenntnisse über die Zusammensetzung der Altersstruktur und deren Auswirkung auf die Prozesskriterien sind auch für die Etablierung von Ausbildungskonzepten im Rahmen der Zusatzweiterbildung „Klinische Akut- und Notfallmedizin“ relevant [12].

Ziel der vorliegenden Studie war es den Prozesskriterien Zuführung, Ersteinschätzung, chirurgischer/nichtchirurgischer Notfall, Entlassart und Verweildauer unter Berücksichtigung des Geschlechts und des Altersspektrums einer zentralen Notaufnahme nachzugehen.

Material und Methodik

Studiendesign

In der retrospektiven EpiZNA-Studie (Epidemiologie in der Zentralen Notaufnahme) wurden die Daten des Patientendatenmanagementsystems (PDMS, COPRA, COPRA System GmbH, Berlin, Deutschland) und des Krankenhausinformationssystems (KIS, Medico, Cerner Deutschland GmbH, Itstein, Deutschland) aller Patienten, die zwischen dem 01.01.2019 und dem 31.12.2019 in der zentralen Notaufnahme des Universitätsklinikums Düsseldorf behandelt wurden, eingeschlossen. Die Studie wurde durch die Ethikkommission der Medizinischen Fakultät der Heinrich-Heine-Universität genehmigt (Nr. 2020-1161).

Studienzentrum

Als interdisziplinäre Betriebseinheit versorgt die zentrale Notaufnahme jährlich über 40.000 Patienten. Im Jahr 2019 umfasste die primäre Versorgung alle ungeplant zur Aufnahme kommenden Patienten des Universitätsklinikums. Die Ersteinschätzung erfolgte mit dem Manchester Triage System (MTS; [8]) durch speziell geschulte Pflegekräfte der Notaufnahme. In der zentralen Notaufnahme wurden sowohl traumatologisch als auch nichttraumatologisch kritisch kranke Kinder und Erwachsene behandelt. Durch den Rettungsdienst vorgestellte nicht kritisch kranke Kinder wurden direkt der Kindernotaufnahme zugeführt.

Datenerfassung

Die Daten wurden in Form einer Datenbankabfrage in anonymisierter Form aggregiert und in ein Tabellenkalkulationsprogramm überführt (Microsoft® Excel, Version 16.37, Microsoft Corporation, Redmond, WA, USA). Ein Rückschluss auf den individuellen Fall war aus diesen Daten nicht mehr möglich. Somit wurden die Anforderungen an den Datenschutz nach der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) eingehalten.

Altersgruppen

Aufgrund einer uneinheitlichen Definition der Altersgruppen (z. B. Statistisches Bundesamt [24]) wurde eine eigenständige Kategorisierung vorgenommen: Die Patienten wurden separat in 10 Altersgruppen (0–9, 10–17, 18–29, 30–39, 40–49, 50–59, 60–69, 70–79, 80–89 und ≥ 90 Jahre) und nach Geschlecht zusammengefasst.

Zuführung

Die Art der Vorstellung in der Notaufnahme wurde in die Kategorien „fußläufig“, „Rettungsdienst“ (Krankentransportwagen und Rettungswagen), „Notarzt“ (Rettungswagen/Notarzteinsatzfahrzeug, Rettungshubschrauber) und „interne Verlegungen“ unterteilt.

Ersteinschätzung

Im Rahmen der Ersteinschätzung wurde mittels des MTS eine Behandlungsdringlichkeit zugewiesen. Dabei wurde in die Gruppen „blau (niedrig)“, „grün (normal)“, „gelb (dringlich)“, „orange (sehr dringlich)“ und „rot (sofort)“ eingeteilt [8].

Chirurgischer/nichtchirurgischer Notfall

Die vorliegenden Notfälle wurden in „chirurgisch“ und „nichtchirurgisch“ eingeteilt. Zu den chirurgischen Notfällen zählen allgemein-/viszeral-, kinder-, herz‑, HNO- und kiefer-, neurochirurgische, unfallorthopädische, gynäkologische und urologische Erkrankungen, und zu den nichtchirurgischen Notfällen diabetologische, endokrinologische, gastroenterologische, hämatoonkologische, kardiologische, neurologische, nephrologische, pädiatrische, rheumatologische, strahlentherapeutische Erkrankungen.

Entlassart

Die Art des weiteren Verbleibs der Patienten wurde in „ambulant“, „prästationäre Abklärung (stationäre Abklärungsuntersuchung, SAKU)“ und „stationär“ unterteilt. Verbleibt der Patient nicht „einen Tag und eine Nacht“ im Krankenhaus, kann die Behandlung ggf. als vorstationär (sog. Abklärungsuntersuchung) abgerechnet werden, wobei eine Großgerätebildgebung gesondert in Rechnung gestellt werden kann [15]. Patienten mit „prästationärer Abklärung (stationäre Abklärungsuntersuchung, SAKU)“ verlassen die Notaufnahme in die ambulante Weiterbehandlung.

Verweildauer

Die zeitliche Dauer von der Aufnahme (administrative Erfassung) bis zum Verlassen der Notaufnahme wurde als „Verweildauer in der Notaufnahme“ definiert und in Minuten angegeben. Damit beinhaltet dieses Zeitintervall auch die Verweildauer in der Notaufnahmestation.

Statistische Analyse

Zur statistischen Analyse wurden definierte Patientenkollektive bezüglich diverser Merkmale miteinander verglichen. Alle Daten wurden mittels Excel für Mac (Microsoft® Excel, Version 16.37, Microsoft Corporation, Redmond, WA, USA) ausgewertet und die Abbildungen mittels DataGraph (Version 4.6.1, Visual Data Tool Inc., Chapel Hill, NC, USA) erstellt. Für qualitative Merkmale werden absolute und relative Häufigkeiten in Prozent angegeben. Quantitative Variablen werden als Mittelwert ± Standardabweichung (SD) präsentiert; außerdem wurden der Median, Minimum und Maximum ermittelt. Unterschiede zwischen Patientenkollektiven bezüglich qualitativer Faktoren wurden mittels eines Chi2-Tests untersucht. Bei quantitativen, annähernd normalverteilten Merkmalen kam der t‑Test für zwei unverbundene Stichproben zum Einsatz. Bei schief verteilten Variablen wurde stattdessen der U‑Test von Mann und Whitney durchgeführt. Ein Testergebnis mit p < 0,05 wurde als statistisch signifikant gewertet.

Ergebnisse

Im 12-monatigen Untersuchungszeitraum der EpiZNA-Studie wurden insgesamt 43.821 Patientenkontakte registriert. Das durchschnittliche Patientenalter betrug 47 ± 24 Jahre (Median: 47, Min.–Max.: 0–106). Der Anteil weiblicher Patienten lag bei 48,2 % (n = 21.114). Die Patienten suchten die Notaufnahme in 67,7 % fußläufig auf und wurden in 23,9 % bzw. 7,3 % durch den Rettungs- bzw. Notarztdienst zugeführt. Durch interne Verlegung aus anderen Klinikbereichen kamen 1,1 % der Patienten in die Notaufnahme. Nach MTS wurden die Patienten in 4,0 % „blau“, 41,4 % „grün“, 39,8 % „gelb“, 12,1 % „orange“ und 2,8 % „rot“ kategorisiert. Die Konversionsrate lag bei 28,6 %.

Altersverteilung

Die Altersverteilung der Patienten in Abhängigkeit vom Geschlecht zeigt die erste Abbildung im elektronischen Zusatzmaterial (siehe Box am Artikelanfang). Bei Vorstellung in der Notaufnahme wiesen 10,1 % der Patienten ein Alter ≤ 17 Jahren (weiblich vs. männlich: 4,1 vs. 6,0 %, p < 0,0001) und 24,0 % ein Alter ≥ 70 Jahre auf (weiblich vs. männlich: 13,0 vs. 11,0 %, p < 0,0001; Abb. 1). Für Frauen und Männer fand sich eine ähnliche Altersverteilung. Die 18- bis 29-Jährigen stellten die größte Gruppe dar und nahmen beim weiblichen im Vergleich zum männlichen Geschlecht einen höheren Anteil ein (18,6 vs. 16,7 %, p < 0,0001).

Abb. 1
figure 1

Geschlechtsabhängige Altersverteilung der Notaufnahmepatienten: prozentualer Anteil der jeweiligen Altersgruppe bezogen auf das jeweilige Geschlecht

Zuführung

Die Art der Zuführung war bei 99,9 % der Datensätze dokumentiert. Bis in die Alterskategorie der 60- bis 69-jährigen Patienten war die häufigste Form der Zuführung in der Notaufnahme fußläufig (Abb. 2). Bei Patienten im Alter ≥ 70 Jahre erfolgte die Vorstellung am häufigsten durch den Rettungsdienst mit oder ohne Notarztbegleitung. Für Männer und Frauen findet sich eine gleichförmige Veränderung der Zuführung.

Abb. 2
figure 2

Art der Zuführung der Notfallpatienten in den einzelnen Alterskategorien unter Berücksichtigung des Geschlechts

Ersteinschätzung

Eine mittels MTS ermittelte Behandlungspriorität lag in 96,1 % vor. Für beide Geschlechter nahm der Anteil der Triagekategorien „blau“ und „grün“ über die aufsteigenden Altersgruppen stetig ab (Abb. 3). Ab der Altersgruppe der 50- bis 59-Jährigen lag für beide Geschlechter führend eine höhere Dringlichkeit („gelb“ bis „rot“) vor. Der Anteil lebensbedrohter („rot“) Patienten war im Alter ≥ 60 Jahre signifikant höher als bei jüngeren Patienten (2,58 vs. 1,13 %, p < 0,0001).

Abb. 3
figure 3

Ersteinschätzung anhand des Manchester Triage Score (MTS) in den einzelnen Alterskategorien unter Berücksichtigung des Geschlechts

Chirurgische und nichtchirurgische Notfälle

Im Untersuchungszeitraum wurden chirurgische und nichtchirurgische Notfälle in 43,0 % und 57,0 % versorgt. Bei chirurgischen Notfällen dominierte das männliche Geschlecht (54,5 vs. 45,5 %, p < 0,0001), während bei nichtchirurgischen Notfällen diesbezüglich kein Unterschied nachweisbar war (49,7 vs. 50,3 %, p = 0,1802). Bei Patienten ≤ 17 Jahren wurden geschlechtsunabhängig vorwiegend chirurgische Ursachen behandelt (Abb. 4). In den aufsteigenden Altersgruppen nahmen für beide Geschlechter chirurgische Notfälle dann einen immer kleiner werdenden Anteil ein (Abb. 4), der erst im Alter ≥ 90 Jahre wieder anstieg.

Abb. 4
figure 4

Anteil chirurgischer und nichtchirurgischer Notfälle in den einzelnen Alterskategorien unter Berücksichtigung des Geschlechts

Entlassart

Die Entlassart war bei fast allen (99,9 %) Patienten dokumentiert. Während die meisten Patienten (84–90 %) im Alter ≤ 17 Jahren ambulant verblieben, reduzierte sich dieser Anteil bis in die Altersgruppe der ≥ 90-Jährigen (22–28 %) deutlich (Abb. 5). Bei erwachsenen Patienten lag der Anteil prästationärer Abklärungsuntersuchungen mit 14–24 % in einer vergleichbaren Größenordnung. Die Entlassart wurde wesentlich durch die Dringlichkeit bestimmt: Während bei den Dringlichkeitsstufen „blau“, „grün“ und „gelb“ die ambulante Entlassart überwog, wurden bei den Dringlichkeitsstufen „orange“ und „rot“ die meisten Patienten auf eine Station verlegt (Abb. 6).

Abb. 5
figure 5

Entlassart (ambulant, SAKU = prästationäre Abklärungsuntersuchung, stationäre Aufnahme) in den einzelnen Alterskategorien unter Berücksichtigung des Geschlechts

Abb. 6
figure 6

Entlassart (ambulant, SAKU = prästationäre Abklärungsuntersuchung, stationäre Aufnahme) je nach einzelner Kategorie des Manchester Triage System (a rot, b orange, c gelb, d grün, e blau) in den einzelnen Alterskategorien unter Berücksichtigung des Geschlechts (weiblich links, männlich rechts)

Abb. 6
figure 7

(Fortsetzung) Entlassart (ambulant, SAKU = prästationäre Abklärungsuntersuchung, stationäre Aufnahme) je nach einzelner Kategorie des Manchester Triage System (d grün, e blau) in den einzelnen Alterskategorien unter Berücksichtigung des Geschlechts (weiblich links, männlich rechts)

Verweildauer

Die Verweildauer konnte bei 93,2 % der Patientenkontakte analysiert werden. Für die drei Entlassarten „ambulant“, „prästationär“ und „stationär“ stieg die Verweildauer bei beiden Geschlechtern in allen Altersgruppen kontinuierlich an (siehe Abbildung und Tabelle im elektronischen Zusatzmaterial; siehe Box am Artikelanfang). Hierbei fanden sich für alle Altersgruppen deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Entlassarten.

Diskussion

Die EpiZNA-Studie lieferte einen Beitrag zur Versorgungsforschung unter Einbeziehung der Ersteinschätzung und demografischer Gesichtspunkte zur Abschätzung der ambulanten, prästationären und stationären Entlassart. Diese Erkenntnisse vermitteln ein detailliertes Bild zu den Patientenströmen in und aus der zentralen Notaufnahme und können helfen nachgeschaltete Ressourcen in den versorgenden Krankenhäusern zukünftig besser zu planen. Insbesondere im Hinblick auf die demografische Entwicklung sind die Studienergebnisse wichtig, um reale Daten als Grundlage zur Ausgestaltung der intersektoralen Notfallversorgung heranzuziehen.

Geschlechts- und Altersstruktur

Der Frauenanteil in der Untersuchung stimmt sehr gut mit dem einer aktuellen Auswertung des AKTIN-Notaufnahmeregisters mit 15 Notaufnahmen und 436.149 Fällen mit 48,1 % überein [7].

Nach den Angaben des Statistischen Bundesamts weist die Bevölkerungszusammensetzung hinsichtlich der Altersstruktur deutliche Unterschiede zum unselektionierten Patientenspektrum unserer zentralen Notaufnahme auf [9].

Patienten im Alter ≤ 17 Jahren (10 %) werden hier regelhaft versorgt. Am eigenen Standort wird eine Kindernotaufnahme betrieben und nach klinikspezifischen Patientenpfaden werden insbesondere kritisch kranke Kinder und pädiatrische Traumapatienten über den Rettungs- und Notarztdienst der zentralen Notaufnahme zugeführt und diese erst nach Stabilisierung und ggf. notwendiger Bildgebung in die Kindernotaufnahme oder Kinderintensivstation weiterverlegt.

Während Rygiel et al. [18] einen Anteil der 16- bis 64-Jährigen von 73 % in ihrem Patientenspektrum angaben, betrug der Anteil an 18- bis 59-Jährigen in unserer Studie nur 55 %. Der Anteil an Patienten ≥ 70 Jahre mit 20–30 % und an Hochbetagten (> 90 Jahre) mit 1,3 % an Patientenkollektiven aus Notaufnahmen [13, 18] stimmt mit denen in der vorliegenden EpiZNA-Studie mit 24 % und 2,5 % sehr gut überein.

Zuführung

Hinsichtlich der Patientenzuführung (fußläufig 68 %, Rettungsdienst 24 % und Notarztdienst 7 %) ist unsere Untersuchung mit einer anderen Studie vergleichbar (n = 29.391, fußläufig 68 %, Rettungsdienst 20 %, Notarzt 9 %; [18]). In einer einjährigen Untersuchung an Münchener Notaufnahmen kamen 80 % von 524.000 Behandlungsfällen selbstständig zur Vorstellung [20].

In unserer Notaufnahme gilt für beide Geschlechter, dass pädiatrische Patienten < 10 Jahren nur in einem geringen Anteil, mit ansteigendem Alter aber weit über 50 % mit dem Rettungs- und Notarztdienst zugeführt werden. Untersuchungen zur Langzeitentwicklung in Notarztsystemen aus Heidelberg und Leipzig bestätigen diese wichtigste Form der Zuführung für ältere Patienten [2, 4].

Ersteinschätzung

Im Einklang mit der Literatur zeigt die vorliegende EpiZNA-Studie, dass die MTS-Kategorien „blau“ und „grün“ für beide Geschlechter mit zunehmendem Patientenalter deutlich abnahmen [18]. In allen Altersgruppen finden sich kritisch kranke bzw. verletzte Patienten (MTS „rot“), und vergleichbar mit anderen Untersuchungen war der Anteil in der Altersgruppe ≥ 65 Jahre mit 2–3 % zwei- bis dreimal so groß wie in der Altersgruppe < 65 Jahren [18]. Ab der Altersgruppe der 50- bis 59-Jährigen lag für beide Geschlechter führend eine höhere Dringlichkeit („gelb“ bis „rot“) vor.

Die Betrachtung der Ersteinschätzung und der Entlassart zeigte gerade bei Patienten ≥ 60 Jahre, dass für eine Vielzahl an Erkrankungen bzw. Verletzungen durchaus eine (notfall-)medizinische Behandlungsindikation, aber keine dringliche Behandlungspriorität in der Notaufnahme besteht. Die Ersteinschätzung hilft daher nur für die Priorisierung der Behandlung und nicht als Indikator für eine stationäre Aufnahmeindikation.

Chirurgische/nichtchirurgische Notfälle

Rund 40 % aller Patienten werden aufgrund einer führenden chirurgischen Ursache vorstellig. Der hohe Anteil chirurgischer Notfälle im Kindesalter repräsentiert damit keineswegs die vordringlichen Vorstellungsgründe, da nicht kritisch kranke allgemeinpädiatrische Patienten in der Kindernotaufnahme zur Aufnahme kommen. Ein Anteil von 3,2 % aller Patienten der zentralen Notaufnahme entfällt auf kritisch kranke Kinder, die aufgrund der lokalen hinterlegten Patientenpfade zunächst im Schockraum zur Aufnahme kommen. Zur Versorgung dieser pädiatrischen Patienten sind die in der Zusatzweiterbildung „Klinische Akut- und Notfallmedizin“ geforderten Kompetenzen besonders relevant und können durch eine interdisziplinäre Betreuung sichergestellt werden [12].

In den unterschiedlichen Altersgruppen findet sich dann ab dem 18. Lebensjahr ein kontinuierlich absteigender Anteil chirurgischer Notfälle. Chirurgische Ursachen sind führend in der Altersgruppe der 18- bis 29-jährigen Männer und nachfolgend häufiger bei Männern als bei Frauen entsprechend der Epidemiologie von Traumapatienten [10, 22]. Dieser führende chirurgische Anteil nimmt dann in den kommenden Altersgruppen und für beide Geschlechter kontinuierlich ab. Insbesondere bei geriatrischen Patienten muss auf (unfall-)chirurgische Ursachen für das vorliegende Leitsymptom (z. B. Dyspnoe bei Rippenfraktur) und auf konservative Befunde als eigentliche Ursache eines chirurgischen Problems (z. B. Hyponatriämie als Sturzursache [14]) geachtet werden.

Entlassart

Mit einer Konversionsrate von 28 % befindet sich der Anteil stationärer Aufnahmen in unserem unselektionierten Patientenkollektiv im unteren Drittel der Aufnahmeraten aus der Vergleichsliteratur mit 20–60 % [17, 19, 21]. Die ansteigende Verweildauer auch bei ambulanten und prästationären Patienten im höheren Lebensalter weist auf eine umfassendere Diagnostik hin.

Verweildauer

Kurze Verweildauern in der Notaufnahme sind hinsichtlich der parallelen Personalbindung bedeutend. Studien belegen dabei auch einen Zusammenhang zwischen Verweildauer und Behandlungsergebnis [5, 16, 23]. Ebenso ist eine längere Verweildauer bei älteren Patienten mit Komorbiditäten und kognitiven/funktionellen Beeinträchtigungen ungünstig [6]. In der EpiZNA-Studie stieg mit zunehmendem Alter bei beiden Geschlechtern die mittlere Verweildauer für die drei Entlassarten kontinuierlich an (z. B. Ressourcenverbrauch, Wartezeit [„boarding“] auf ein Normal- oder Intensivstationsbett; [6]).

Limitationen

Trotz der bestehenden Bypass-Verfahren zur Sicherstellung einer raschestmöglichen innerklinischen Versorgung (z. B. ST-Hebungs-Infarkt) und ergänzender Aufnahmelokalisationen (z. B. Geburtshilfe, stabile konservative pädiatrische Patienten) bezeichnen wir unser Patientenkollektiv als unselektioniert. Da aber nur die in der zentralen Notaufnahme behandelten Patienten erfasst und andere Ambulanzstrukturen nicht untersucht wurden, könnte dies eine Unterrepräsentation dieser Patienten darstellen.

Der Status als Universitätsklinikum kann zu einer weiteren Selektion des Patientenkollektivs geführt haben. Vorangegangene Untersuchungen haben eine deutliche Veränderung im notärztlichen Distributionsverhalten zugunsten von Maximalversorgern nachgewiesen [2].

Einen ergänzenden Selektionsbias stellt die vorwiegende Versorgung von Patienten ≤ 17 Jahren mit chirurgischen Notfällen in der zentralen Notaufnahme dar, während aus organisatorischen Gründen nur kritische nichttraumatologische Patienten ≤ 17 Jahren hier vorgestellt werden.

Limitierend muss beachtet werden, dass die Zuordnung eines Vorstellungsgrunds zu „chirurgischen/nichtchirurgischen Notfällen“ an der lokal gewählten Zuteilung liegt. Andere Institutionen können daher durch einen anderen Zuordnungsschlüssel abweichende Ergebnisse aufweisen.

Ausblick

Ausgehend von den EpiZNA-Studienergebnissen sollten zukünftig der notwendige altersabhängige Ressourcenbedarf (z. B. Behandlungsliegen, Wartezimmerplätze, Großgerätediagnostik, Schockraumeinsätze, Konsilrate) und die Triageeffizienz ermittelt werden, um so unter Berücksichtigung der Weiterentwicklung der Epidemiologie eine entsprechende innerklinische Anpassung vornehmen zu können.

Fazit für die Praxis

  • Rund 15 % der Patienten sind kritisch krank oder verletzt („orange“ und „rot“). Mit steigendem Alter nehmen diese Triagekategorien zu.

  • Bei rund 30 % der Patientenkontakte besteht eine stationäre Aufnahmeindikation, entsprechende Bettenkapazitäten müssen daher vorgehalten und täglich eingeplant werden.

  • Rund ein Viertel der Patienten sind ≥ 70 Jahre. In den nächsten Jahren müssen Versorgungskapazitäten für eine zunehmende Anzahl älterer Patienten eingeplant werden.

  • Die unterschiedliche Alters- und Geschlechtsverteilung des Patientenkollektivs in der zentralen Notaufnahme sollte auch in der Weiterbildung zum Erwerb der Zusatzbezeichnung „Klinische Akut- und Notfallmedizin“ Berücksichtigung finden.