Zusammenfassung
Einleitung
Jährlich stellen sich bundesweit zahlreiche Patienten in zentralen Notaufnahmen vor. Ziel der vorliegenden Untersuchung war es, alters- und geschlechtsabhängig Zuführung, Ersteinschätzung, Entlassart und Verweildauer an einem universitären Standort zu analysieren.
Material und Methodik
In dieser retrospektiven Studie wurden alle Patientenkontakte der zentralen Notaufnahme des Universitätsklinikums Düsseldorf des Jahres 2019 erfasst und anhand der Prozesskriterien Zuführung, Ersteinschätzung, Entlassart und Verweildauer kategorisiert und deren Verteilung untersucht.
Ergebnisse
Vom 01.01. bis 31.12.2019 wurden insgesamt 43.821 Patientenkontakte erfasst. Das durchschnittliche Alter der Patienten betrug 47 ± 24 Jahre (Median: 47, Min.–Max.: 0–106). Der Anteil weiblicher Patienten betrug 48 %. Ein Alter ≤ 17 Jahren wiesen 10 % der Patienten (♀ vs. ♂: 4 vs. 6 %, p < 0,0001) und ein Alter ≥ 70 Jahre 24 % auf (♀ vs. ♂: 13 vs. 11 %, p < 0,0001). Für beide Geschlechter nahm der Anteil der Triagekategorien „blau“ und „grün“ über die aufsteigenden Altersgruppen stetig ab. Ab der Altersgruppe der 50- bis 59-Jährigen lag für beide Geschlechter führend eine höhere Dringlichkeit („gelb“ bis „rot“) vor. Während im Alter ≤ 17 Jahren mit 84–90 % vorwiegend eine ambulante Behandlung erfolgte, reduzierte sich dieser Anteil über die weiteren Altersgruppen bis auf 22 % bei Männern und 28 % bei Frauen in der Altersgruppe der ≥ 90-Jährigen. Für die drei Entlassarten „ambulant“, „prästationär“ und „stationär“ stieg die Verweildauer bei beiden Geschlechtern mit dem Alter kontinuierlich an.
Schlussfolgerung
Es finden sich deutliche und vor allem altersabhängige Unterschiede in den Prozesskriterien Zuführung, Ersteinschätzung, Entlassart und Verweildauer. Rund 15 % der Patienten sind kritisch krank oder verletzt („orange“ und „rot“). Mit steigendem Alter nimmt der Anteil dieser Triagekategorien zu. Bei rund 30 % der Patienten besteht eine stationäre Aufnahmeindikation, entsprechende Bettenkapazitäten müssen täglich eingeplant werden.
Abstract
Introduction
Every year, numerous patients visit the emergency departments (ED) throughout Germany. The aim of this study was to investigate the age- and gender-associated distribution of the process criteria of admission, triage, type of discharge, and length of stay in a university ED.
Materials and methods
In this retrospective study, all patient contacts during the year 2019 were recorded and categorized according to the distribution of age, gender, admission, triage, discharge, and length of stay.
Results
From 1 January to 31 December 2019, 43,821 patient contacts were recorded. The mean age of these patients was 47 ± 24 years (median: 47, min–max: 0–106). The proportion of female patients was 48%. Overall, 10% of patients were ≤ 17 years (♀vs. ♂: 4 vs. 6%, p < 0.0001) and 24% were ≥ 70 years (♀ vs. ♂: 13 vs. 11%, p < 0.0001). For both genders, the proportion in the triage category “blue” and “green” was lower in the older age group. In the age groups above 50–59 years both genders showed a higher treatment priority (“yellow” to “red”). While 84–90% of patients in the ≤ 17 year age group were discharged home, this proportion decreased to 22% for men and 28% for women in the ≥ 90 year age group. In all discharge groups, the length of stay showed a stepwise increase in each age group.
Conclusion
We found significant and particularly age-dependent differences in the process criteria of admission, triage, discharge, and length of stay. About 15% of patients are critically ill or injured (“orange” and “red”). The proportion of these triage categories increases with age. Approximately 30% of patients have an indication for inpatient admission, and corresponding bed capacities must be planned on a daily basis.
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Einleitung
Jährlich werden in deutschen Notaufnahmen rund 21 Mio. Patienten behandelt [17]. Dabei nimmt die Anzahl der sich vorstellenden Patienten kontinuierlich zu. Im Rahmen der gestuften Notfallversorgung im Krankenhaus und durch die Novellierung der ambulanten Notfallversorgung kommt Notaufnahmen eine wichtige Rolle zu [11, 12, 17].
Neben Bagatellerkrankungen und -verletzungen kommen aber auch lebensbedrohlich erkrankte und verletzte Patienten aller Alterskategorien in Notaufnahmen zur Vorstellung [1, 3]. Es wird eine große Variation der stationär aufgenommenen Patienten von 20 bis 60 % (Konversionsrate) je nach Struktur und Nutzungsprofil der Notaufnahme berichtet [17, 19, 21]. Es muss davon ausgegangen werden, dass in einzelnen Alterskategorien Unterschiede hinsichtlich der Prozesskriterien Zuführung, Behandlungsdringlichkeit, chirurgischer vs. nichtchirurgischer Notfall, Entlassart und Verweildauer bestehen. Erkenntnisse über die Zusammensetzung der Altersstruktur und deren Auswirkung auf die Prozesskriterien sind auch für die Etablierung von Ausbildungskonzepten im Rahmen der Zusatzweiterbildung „Klinische Akut- und Notfallmedizin“ relevant [12].
Ziel der vorliegenden Studie war es den Prozesskriterien Zuführung, Ersteinschätzung, chirurgischer/nichtchirurgischer Notfall, Entlassart und Verweildauer unter Berücksichtigung des Geschlechts und des Altersspektrums einer zentralen Notaufnahme nachzugehen.
Material und Methodik
Studiendesign
In der retrospektiven EpiZNA-Studie (Epidemiologie in der Zentralen Notaufnahme) wurden die Daten des Patientendatenmanagementsystems (PDMS, COPRA, COPRA System GmbH, Berlin, Deutschland) und des Krankenhausinformationssystems (KIS, Medico, Cerner Deutschland GmbH, Itstein, Deutschland) aller Patienten, die zwischen dem 01.01.2019 und dem 31.12.2019 in der zentralen Notaufnahme des Universitätsklinikums Düsseldorf behandelt wurden, eingeschlossen. Die Studie wurde durch die Ethikkommission der Medizinischen Fakultät der Heinrich-Heine-Universität genehmigt (Nr. 2020-1161).
Studienzentrum
Als interdisziplinäre Betriebseinheit versorgt die zentrale Notaufnahme jährlich über 40.000 Patienten. Im Jahr 2019 umfasste die primäre Versorgung alle ungeplant zur Aufnahme kommenden Patienten des Universitätsklinikums. Die Ersteinschätzung erfolgte mit dem Manchester Triage System (MTS; [8]) durch speziell geschulte Pflegekräfte der Notaufnahme. In der zentralen Notaufnahme wurden sowohl traumatologisch als auch nichttraumatologisch kritisch kranke Kinder und Erwachsene behandelt. Durch den Rettungsdienst vorgestellte nicht kritisch kranke Kinder wurden direkt der Kindernotaufnahme zugeführt.
Datenerfassung
Die Daten wurden in Form einer Datenbankabfrage in anonymisierter Form aggregiert und in ein Tabellenkalkulationsprogramm überführt (Microsoft® Excel, Version 16.37, Microsoft Corporation, Redmond, WA, USA). Ein Rückschluss auf den individuellen Fall war aus diesen Daten nicht mehr möglich. Somit wurden die Anforderungen an den Datenschutz nach der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) eingehalten.
Altersgruppen
Aufgrund einer uneinheitlichen Definition der Altersgruppen (z. B. Statistisches Bundesamt [24]) wurde eine eigenständige Kategorisierung vorgenommen: Die Patienten wurden separat in 10 Altersgruppen (0–9, 10–17, 18–29, 30–39, 40–49, 50–59, 60–69, 70–79, 80–89 und ≥ 90 Jahre) und nach Geschlecht zusammengefasst.
Zuführung
Die Art der Vorstellung in der Notaufnahme wurde in die Kategorien „fußläufig“, „Rettungsdienst“ (Krankentransportwagen und Rettungswagen), „Notarzt“ (Rettungswagen/Notarzteinsatzfahrzeug, Rettungshubschrauber) und „interne Verlegungen“ unterteilt.
Ersteinschätzung
Im Rahmen der Ersteinschätzung wurde mittels des MTS eine Behandlungsdringlichkeit zugewiesen. Dabei wurde in die Gruppen „blau (niedrig)“, „grün (normal)“, „gelb (dringlich)“, „orange (sehr dringlich)“ und „rot (sofort)“ eingeteilt [8].
Chirurgischer/nichtchirurgischer Notfall
Die vorliegenden Notfälle wurden in „chirurgisch“ und „nichtchirurgisch“ eingeteilt. Zu den chirurgischen Notfällen zählen allgemein-/viszeral-, kinder-, herz‑, HNO- und kiefer-, neurochirurgische, unfallorthopädische, gynäkologische und urologische Erkrankungen, und zu den nichtchirurgischen Notfällen diabetologische, endokrinologische, gastroenterologische, hämatoonkologische, kardiologische, neurologische, nephrologische, pädiatrische, rheumatologische, strahlentherapeutische Erkrankungen.
Entlassart
Die Art des weiteren Verbleibs der Patienten wurde in „ambulant“, „prästationäre Abklärung (stationäre Abklärungsuntersuchung, SAKU)“ und „stationär“ unterteilt. Verbleibt der Patient nicht „einen Tag und eine Nacht“ im Krankenhaus, kann die Behandlung ggf. als vorstationär (sog. Abklärungsuntersuchung) abgerechnet werden, wobei eine Großgerätebildgebung gesondert in Rechnung gestellt werden kann [15]. Patienten mit „prästationärer Abklärung (stationäre Abklärungsuntersuchung, SAKU)“ verlassen die Notaufnahme in die ambulante Weiterbehandlung.
Verweildauer
Die zeitliche Dauer von der Aufnahme (administrative Erfassung) bis zum Verlassen der Notaufnahme wurde als „Verweildauer in der Notaufnahme“ definiert und in Minuten angegeben. Damit beinhaltet dieses Zeitintervall auch die Verweildauer in der Notaufnahmestation.
Statistische Analyse
Zur statistischen Analyse wurden definierte Patientenkollektive bezüglich diverser Merkmale miteinander verglichen. Alle Daten wurden mittels Excel für Mac (Microsoft® Excel, Version 16.37, Microsoft Corporation, Redmond, WA, USA) ausgewertet und die Abbildungen mittels DataGraph (Version 4.6.1, Visual Data Tool Inc., Chapel Hill, NC, USA) erstellt. Für qualitative Merkmale werden absolute und relative Häufigkeiten in Prozent angegeben. Quantitative Variablen werden als Mittelwert ± Standardabweichung (SD) präsentiert; außerdem wurden der Median, Minimum und Maximum ermittelt. Unterschiede zwischen Patientenkollektiven bezüglich qualitativer Faktoren wurden mittels eines Chi2-Tests untersucht. Bei quantitativen, annähernd normalverteilten Merkmalen kam der t‑Test für zwei unverbundene Stichproben zum Einsatz. Bei schief verteilten Variablen wurde stattdessen der U‑Test von Mann und Whitney durchgeführt. Ein Testergebnis mit p < 0,05 wurde als statistisch signifikant gewertet.
Ergebnisse
Im 12-monatigen Untersuchungszeitraum der EpiZNA-Studie wurden insgesamt 43.821 Patientenkontakte registriert. Das durchschnittliche Patientenalter betrug 47 ± 24 Jahre (Median: 47, Min.–Max.: 0–106). Der Anteil weiblicher Patienten lag bei 48,2 % (n = 21.114). Die Patienten suchten die Notaufnahme in 67,7 % fußläufig auf und wurden in 23,9 % bzw. 7,3 % durch den Rettungs- bzw. Notarztdienst zugeführt. Durch interne Verlegung aus anderen Klinikbereichen kamen 1,1 % der Patienten in die Notaufnahme. Nach MTS wurden die Patienten in 4,0 % „blau“, 41,4 % „grün“, 39,8 % „gelb“, 12,1 % „orange“ und 2,8 % „rot“ kategorisiert. Die Konversionsrate lag bei 28,6 %.
Altersverteilung
Die Altersverteilung der Patienten in Abhängigkeit vom Geschlecht zeigt die erste Abbildung im elektronischen Zusatzmaterial (siehe Box am Artikelanfang). Bei Vorstellung in der Notaufnahme wiesen 10,1 % der Patienten ein Alter ≤ 17 Jahren (weiblich vs. männlich: 4,1 vs. 6,0 %, p < 0,0001) und 24,0 % ein Alter ≥ 70 Jahre auf (weiblich vs. männlich: 13,0 vs. 11,0 %, p < 0,0001; Abb. 1). Für Frauen und Männer fand sich eine ähnliche Altersverteilung. Die 18- bis 29-Jährigen stellten die größte Gruppe dar und nahmen beim weiblichen im Vergleich zum männlichen Geschlecht einen höheren Anteil ein (18,6 vs. 16,7 %, p < 0,0001).
Zuführung
Die Art der Zuführung war bei 99,9 % der Datensätze dokumentiert. Bis in die Alterskategorie der 60- bis 69-jährigen Patienten war die häufigste Form der Zuführung in der Notaufnahme fußläufig (Abb. 2). Bei Patienten im Alter ≥ 70 Jahre erfolgte die Vorstellung am häufigsten durch den Rettungsdienst mit oder ohne Notarztbegleitung. Für Männer und Frauen findet sich eine gleichförmige Veränderung der Zuführung.
Ersteinschätzung
Eine mittels MTS ermittelte Behandlungspriorität lag in 96,1 % vor. Für beide Geschlechter nahm der Anteil der Triagekategorien „blau“ und „grün“ über die aufsteigenden Altersgruppen stetig ab (Abb. 3). Ab der Altersgruppe der 50- bis 59-Jährigen lag für beide Geschlechter führend eine höhere Dringlichkeit („gelb“ bis „rot“) vor. Der Anteil lebensbedrohter („rot“) Patienten war im Alter ≥ 60 Jahre signifikant höher als bei jüngeren Patienten (2,58 vs. 1,13 %, p < 0,0001).
Chirurgische und nichtchirurgische Notfälle
Im Untersuchungszeitraum wurden chirurgische und nichtchirurgische Notfälle in 43,0 % und 57,0 % versorgt. Bei chirurgischen Notfällen dominierte das männliche Geschlecht (54,5 vs. 45,5 %, p < 0,0001), während bei nichtchirurgischen Notfällen diesbezüglich kein Unterschied nachweisbar war (49,7 vs. 50,3 %, p = 0,1802). Bei Patienten ≤ 17 Jahren wurden geschlechtsunabhängig vorwiegend chirurgische Ursachen behandelt (Abb. 4). In den aufsteigenden Altersgruppen nahmen für beide Geschlechter chirurgische Notfälle dann einen immer kleiner werdenden Anteil ein (Abb. 4), der erst im Alter ≥ 90 Jahre wieder anstieg.
Entlassart
Die Entlassart war bei fast allen (99,9 %) Patienten dokumentiert. Während die meisten Patienten (84–90 %) im Alter ≤ 17 Jahren ambulant verblieben, reduzierte sich dieser Anteil bis in die Altersgruppe der ≥ 90-Jährigen (22–28 %) deutlich (Abb. 5). Bei erwachsenen Patienten lag der Anteil prästationärer Abklärungsuntersuchungen mit 14–24 % in einer vergleichbaren Größenordnung. Die Entlassart wurde wesentlich durch die Dringlichkeit bestimmt: Während bei den Dringlichkeitsstufen „blau“, „grün“ und „gelb“ die ambulante Entlassart überwog, wurden bei den Dringlichkeitsstufen „orange“ und „rot“ die meisten Patienten auf eine Station verlegt (Abb. 6).
Verweildauer
Die Verweildauer konnte bei 93,2 % der Patientenkontakte analysiert werden. Für die drei Entlassarten „ambulant“, „prästationär“ und „stationär“ stieg die Verweildauer bei beiden Geschlechtern in allen Altersgruppen kontinuierlich an (siehe Abbildung und Tabelle im elektronischen Zusatzmaterial; siehe Box am Artikelanfang). Hierbei fanden sich für alle Altersgruppen deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Entlassarten.
Diskussion
Die EpiZNA-Studie lieferte einen Beitrag zur Versorgungsforschung unter Einbeziehung der Ersteinschätzung und demografischer Gesichtspunkte zur Abschätzung der ambulanten, prästationären und stationären Entlassart. Diese Erkenntnisse vermitteln ein detailliertes Bild zu den Patientenströmen in und aus der zentralen Notaufnahme und können helfen nachgeschaltete Ressourcen in den versorgenden Krankenhäusern zukünftig besser zu planen. Insbesondere im Hinblick auf die demografische Entwicklung sind die Studienergebnisse wichtig, um reale Daten als Grundlage zur Ausgestaltung der intersektoralen Notfallversorgung heranzuziehen.
Geschlechts- und Altersstruktur
Der Frauenanteil in der Untersuchung stimmt sehr gut mit dem einer aktuellen Auswertung des AKTIN-Notaufnahmeregisters mit 15 Notaufnahmen und 436.149 Fällen mit 48,1 % überein [7].
Nach den Angaben des Statistischen Bundesamts weist die Bevölkerungszusammensetzung hinsichtlich der Altersstruktur deutliche Unterschiede zum unselektionierten Patientenspektrum unserer zentralen Notaufnahme auf [9].
Patienten im Alter ≤ 17 Jahren (10 %) werden hier regelhaft versorgt. Am eigenen Standort wird eine Kindernotaufnahme betrieben und nach klinikspezifischen Patientenpfaden werden insbesondere kritisch kranke Kinder und pädiatrische Traumapatienten über den Rettungs- und Notarztdienst der zentralen Notaufnahme zugeführt und diese erst nach Stabilisierung und ggf. notwendiger Bildgebung in die Kindernotaufnahme oder Kinderintensivstation weiterverlegt.
Während Rygiel et al. [18] einen Anteil der 16- bis 64-Jährigen von 73 % in ihrem Patientenspektrum angaben, betrug der Anteil an 18- bis 59-Jährigen in unserer Studie nur 55 %. Der Anteil an Patienten ≥ 70 Jahre mit 20–30 % und an Hochbetagten (> 90 Jahre) mit 1,3 % an Patientenkollektiven aus Notaufnahmen [13, 18] stimmt mit denen in der vorliegenden EpiZNA-Studie mit 24 % und 2,5 % sehr gut überein.
Zuführung
Hinsichtlich der Patientenzuführung (fußläufig 68 %, Rettungsdienst 24 % und Notarztdienst 7 %) ist unsere Untersuchung mit einer anderen Studie vergleichbar (n = 29.391, fußläufig 68 %, Rettungsdienst 20 %, Notarzt 9 %; [18]). In einer einjährigen Untersuchung an Münchener Notaufnahmen kamen 80 % von 524.000 Behandlungsfällen selbstständig zur Vorstellung [20].
In unserer Notaufnahme gilt für beide Geschlechter, dass pädiatrische Patienten < 10 Jahren nur in einem geringen Anteil, mit ansteigendem Alter aber weit über 50 % mit dem Rettungs- und Notarztdienst zugeführt werden. Untersuchungen zur Langzeitentwicklung in Notarztsystemen aus Heidelberg und Leipzig bestätigen diese wichtigste Form der Zuführung für ältere Patienten [2, 4].
Ersteinschätzung
Im Einklang mit der Literatur zeigt die vorliegende EpiZNA-Studie, dass die MTS-Kategorien „blau“ und „grün“ für beide Geschlechter mit zunehmendem Patientenalter deutlich abnahmen [18]. In allen Altersgruppen finden sich kritisch kranke bzw. verletzte Patienten (MTS „rot“), und vergleichbar mit anderen Untersuchungen war der Anteil in der Altersgruppe ≥ 65 Jahre mit 2–3 % zwei- bis dreimal so groß wie in der Altersgruppe < 65 Jahren [18]. Ab der Altersgruppe der 50- bis 59-Jährigen lag für beide Geschlechter führend eine höhere Dringlichkeit („gelb“ bis „rot“) vor.
Die Betrachtung der Ersteinschätzung und der Entlassart zeigte gerade bei Patienten ≥ 60 Jahre, dass für eine Vielzahl an Erkrankungen bzw. Verletzungen durchaus eine (notfall-)medizinische Behandlungsindikation, aber keine dringliche Behandlungspriorität in der Notaufnahme besteht. Die Ersteinschätzung hilft daher nur für die Priorisierung der Behandlung und nicht als Indikator für eine stationäre Aufnahmeindikation.
Chirurgische/nichtchirurgische Notfälle
Rund 40 % aller Patienten werden aufgrund einer führenden chirurgischen Ursache vorstellig. Der hohe Anteil chirurgischer Notfälle im Kindesalter repräsentiert damit keineswegs die vordringlichen Vorstellungsgründe, da nicht kritisch kranke allgemeinpädiatrische Patienten in der Kindernotaufnahme zur Aufnahme kommen. Ein Anteil von 3,2 % aller Patienten der zentralen Notaufnahme entfällt auf kritisch kranke Kinder, die aufgrund der lokalen hinterlegten Patientenpfade zunächst im Schockraum zur Aufnahme kommen. Zur Versorgung dieser pädiatrischen Patienten sind die in der Zusatzweiterbildung „Klinische Akut- und Notfallmedizin“ geforderten Kompetenzen besonders relevant und können durch eine interdisziplinäre Betreuung sichergestellt werden [12].
In den unterschiedlichen Altersgruppen findet sich dann ab dem 18. Lebensjahr ein kontinuierlich absteigender Anteil chirurgischer Notfälle. Chirurgische Ursachen sind führend in der Altersgruppe der 18- bis 29-jährigen Männer und nachfolgend häufiger bei Männern als bei Frauen entsprechend der Epidemiologie von Traumapatienten [10, 22]. Dieser führende chirurgische Anteil nimmt dann in den kommenden Altersgruppen und für beide Geschlechter kontinuierlich ab. Insbesondere bei geriatrischen Patienten muss auf (unfall-)chirurgische Ursachen für das vorliegende Leitsymptom (z. B. Dyspnoe bei Rippenfraktur) und auf konservative Befunde als eigentliche Ursache eines chirurgischen Problems (z. B. Hyponatriämie als Sturzursache [14]) geachtet werden.
Entlassart
Mit einer Konversionsrate von 28 % befindet sich der Anteil stationärer Aufnahmen in unserem unselektionierten Patientenkollektiv im unteren Drittel der Aufnahmeraten aus der Vergleichsliteratur mit 20–60 % [17, 19, 21]. Die ansteigende Verweildauer auch bei ambulanten und prästationären Patienten im höheren Lebensalter weist auf eine umfassendere Diagnostik hin.
Verweildauer
Kurze Verweildauern in der Notaufnahme sind hinsichtlich der parallelen Personalbindung bedeutend. Studien belegen dabei auch einen Zusammenhang zwischen Verweildauer und Behandlungsergebnis [5, 16, 23]. Ebenso ist eine längere Verweildauer bei älteren Patienten mit Komorbiditäten und kognitiven/funktionellen Beeinträchtigungen ungünstig [6]. In der EpiZNA-Studie stieg mit zunehmendem Alter bei beiden Geschlechtern die mittlere Verweildauer für die drei Entlassarten kontinuierlich an (z. B. Ressourcenverbrauch, Wartezeit [„boarding“] auf ein Normal- oder Intensivstationsbett; [6]).
Limitationen
Trotz der bestehenden Bypass-Verfahren zur Sicherstellung einer raschestmöglichen innerklinischen Versorgung (z. B. ST-Hebungs-Infarkt) und ergänzender Aufnahmelokalisationen (z. B. Geburtshilfe, stabile konservative pädiatrische Patienten) bezeichnen wir unser Patientenkollektiv als unselektioniert. Da aber nur die in der zentralen Notaufnahme behandelten Patienten erfasst und andere Ambulanzstrukturen nicht untersucht wurden, könnte dies eine Unterrepräsentation dieser Patienten darstellen.
Der Status als Universitätsklinikum kann zu einer weiteren Selektion des Patientenkollektivs geführt haben. Vorangegangene Untersuchungen haben eine deutliche Veränderung im notärztlichen Distributionsverhalten zugunsten von Maximalversorgern nachgewiesen [2].
Einen ergänzenden Selektionsbias stellt die vorwiegende Versorgung von Patienten ≤ 17 Jahren mit chirurgischen Notfällen in der zentralen Notaufnahme dar, während aus organisatorischen Gründen nur kritische nichttraumatologische Patienten ≤ 17 Jahren hier vorgestellt werden.
Limitierend muss beachtet werden, dass die Zuordnung eines Vorstellungsgrunds zu „chirurgischen/nichtchirurgischen Notfällen“ an der lokal gewählten Zuteilung liegt. Andere Institutionen können daher durch einen anderen Zuordnungsschlüssel abweichende Ergebnisse aufweisen.
Ausblick
Ausgehend von den EpiZNA-Studienergebnissen sollten zukünftig der notwendige altersabhängige Ressourcenbedarf (z. B. Behandlungsliegen, Wartezimmerplätze, Großgerätediagnostik, Schockraumeinsätze, Konsilrate) und die Triageeffizienz ermittelt werden, um so unter Berücksichtigung der Weiterentwicklung der Epidemiologie eine entsprechende innerklinische Anpassung vornehmen zu können.
Fazit für die Praxis
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Rund 15 % der Patienten sind kritisch krank oder verletzt („orange“ und „rot“). Mit steigendem Alter nehmen diese Triagekategorien zu.
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Bei rund 30 % der Patientenkontakte besteht eine stationäre Aufnahmeindikation, entsprechende Bettenkapazitäten müssen daher vorgehalten und täglich eingeplant werden.
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Rund ein Viertel der Patienten sind ≥ 70 Jahre. In den nächsten Jahren müssen Versorgungskapazitäten für eine zunehmende Anzahl älterer Patienten eingeplant werden.
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Die unterschiedliche Alters- und Geschlechtsverteilung des Patientenkollektivs in der zentralen Notaufnahme sollte auch in der Weiterbildung zum Erwerb der Zusatzbezeichnung „Klinische Akut- und Notfallmedizin“ Berücksichtigung finden.
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Danksagung
Die Autoren danken der Unterstützung des PDMS-Teams der IT-Abteilung des Universitätsklinikums Düsseldorf. Ebenso danken die Autoren den pflegerischen und den ärztlichen Kolleginnen und Kollegen für die inspirierende und engagierte tägliche Tätigkeit in der zentralen Notaufnahme.
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Open Access funding enabled and organized by Projekt DEAL.
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Interessenkonflikt
M. Michael, S. Al Agha, L. Böhm, H.M. Bosse, A. Pohle, J. Schürmann, O. Hannappel, E. Tengg, C. Weiß und M. Bernhard geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Für diesen Beitrag wurden von den Autoren keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien.
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Michael, M., Al Agha, S., Böhm, L. et al. Alters- und geschlechtsbezogene Verteilung von Zuführung, Ersteinschätzung, Entlassart und Verweildauer in der zentralen Notaufnahme. Notfall Rettungsmed 26, 39–48 (2023). https://doi.org/10.1007/s10049-021-00895-9
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Schlüsselwörter
- Prozessindikatoren
- Versorgungsforschung
- Altersverteilung
- Konversionsrate
- Versorgungsspektrum
- Triagekategorien