Zusammenfassung
Soziale Arbeit ist – als Disziplin wie Profession – gekennzeichnet durch Heterogenität. In ihr finden sich unterschiedliche historische Entwicklungsstränge, eine Vielfalt an Tätigkeitsfeldern und Gegenständen sowie unterschiedliche Theorietraditionen und theoretische Ansätze (vgl. Bommes/Scherr 2000: 15; Mühlum 1996: Kap. 3.2; Sachße 2005: 670). Die Bezeichnung ‚Soziale Arbeit‘ stellt dabei eine begriffliche Kompromisslösung dar, die zwei in ihrer Entstehung partiell autonome Teilbereiche verklammert: die Sozialpädagogik und die Sozialarbeit. Beide Entwicklungsstränge verfügen über unterschiedliche historische und disziplinäre Wurzeln, auf der einen Seite die Pädagogik, auf der anderen Seite die Sozialfürsorge (vgl. Merten 1998). Daraus folgend tritt Soziale Arbeit auch mit Blick auf die wissenschaftstheoretischen Selbstverortungen kaum als eine einheitliche Disziplin auf. Je nach dem, was als Leitdisziplin der Sozialen Arbeit gelten soll, variieren die wissenschaftstheoretischen Bezugspunkte. Das ‚Normativitätsproblem‘ jedoch eint die Soziale Arbeit sowie die verschiedenen Ansätze ihrer Theoriebildung. Gemeinsame Themen sind dabei Fragen nach dem Verhältnis von Sozialer Arbeit und Kritik, nach Handlungs- bzw. Bewertungsmaßstäben für Soziale Arbeit als Theorie und Praxis sowie nach wissenschaftlichen und wissenschaftstheoretischen Begründungen. Es geht in diesem Zusammenhang auch allgemein um die Frage, was eine Wissenschaft Sozialer Arbeit leisten müsste bzw. was ihr Beitrag zur Bearbeitung dieser Themen sein könne/solle.
Access this chapter
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Preview
Unable to display preview. Download preview PDF.
Literatur
Ahrens, Johannes/Beer, Raphael/Bittlingmayer, Uwe H./Gerdes, Jürgen (2008): Beschreiben und/oder Bewerten. Zur Einführung. In: Dies. (Hrsg.): Beschreiben und/oder Bewerten I. Normativität in sozialwissenschaftlichen Forschungsfeldern. Münsteraner Schriften zur Soziologie. Bd. 1. Berlin: LIT, S. 9-74.
Bauman, Zygmunt (2000): Am I my brother’s keeper? In: European Journal of Social Work, 3. Jg., Heft 1, S. 5-11.
Böhm, Wilfried (2000): Wörterbuch der Pädagogik. 15., überarb. Auflage. Stuttgart: Alfred Kröner.
Böhnisch, Lothar (1997): Sozialpädagogik der Lebensalter. Weinheim, München: Juventa.
Böhnisch, Lothar (2001): Lebensbewältigung. In: Otto, Hans-Uwe/Thiersch, Hans (Hrsg.): Handbuch Sozialarbeit/Sozialpädagogik. Neuwied: Luchterhand, S. 1119-1121.
Bommes, Michael/Scherr, Albert (2000): Soziologie der Sozialen Arbeit. Weinheim, München: Juventa.
Bourdieu, Pierre (1982). Die feinen Unterschiede. Kritik der gesellschaftlichen Urteilskraft. Frankfurt/M.: Suhrkamp.
Brumlik, Micha (2004): Advokatorische Ethik. Zur Legitimation pädagogischer Eingriffe. 2. Auflage. Berlin: Philo.
Brunkhorst, Hauke (2005): Gerechtigkeit. In: Otto, Hans-Uwe/Thiersch, Hans (Hrsg.): Handbuch Sozialarbeit/Sozialpädagogik. 3. Auflage. München: Ernst Reinhardt, S. 665-669.
Dollinger, Bernd (2008): Sozialpädagogische Theorie zwischen Analyse und Zeitdiagnose. In: WIDERSPRÜCHE 108, 28. Jg., Nr. 2, S. 31-42.
Dollinger, Bernd (2010): Ethik und Soziale Arbeit. In: Thole, Werner (Hrsg.): Grundriss Soziale Arbeit. Ein einführendes Handbuch. 3., überarb. und erw. Auflage. Wiesbaden: VS, S. 987-997.
Dworkin, Gerald (2010): Paternalism. In: Stanford Encyclopedia of Philosophy (Online-Ausgabe) Online: http://plato.stanford.edu/entries/paternalism/ [Stand: 28.02.2011]
Elster, Jon (1982): Sour Grapes: Utilitarianism and the Genesis of Wants. In: Sen, Amartya/Williams, Bernard (Hrsg.): Utilitarianism and Beyond. Cambridge/Paris: Cambridge University Press, 219-238.
Giesinger, Johannes (2006): Paternalismus und Erziehung. In: ZfPäd 52/2, S. 265-284.
Gosepath, Stefan (2009): Zum Ursprung der Normativität. In: Forst, Rainer/Hartmann, Martin/Jaeggi, Rahel/Saar, Martin (Hrsg.): Sozialphilosophie und Kritik. Axel Honneth zum 60. Geburtstag. Frankfurt/M.: Suhrkamp, S. 250-268.
Habermas, Jürgen (1998): Faktizität und Geltung. Beiträge zur Diskurstheorie des Rechts und des demokratischen Rechtsstaats. Frankfurt/M.: Suhrkamp.
Kessl, Fabian/Plößer, Melanie (Hrsg.) (2010): Differenzierung, Normalisierung, Andersheit. Soziale Arbeit als Arbeit mit den Anderen. Wiesbaden: VS.
Kessl, Fabian/Ziegler, Holger/Otto, Hans-Uwe (2006): Auf Basis systematischer Vergewisserungen aus dem Mainstream heraus. Ein Gespräch mit Hans-Uwe Otto. In: WIDERSPRÜCHE 100, 26. Jg., Nr. 2, S. 111-118.
Kleve, Heiko/Koch, Gerd/Müller, Matthias (Hrsg.) (2003): Differenz und Soziale Arbeit: Sensibilität im Umgang mit dem Unterschiedlichen. ASFH-Reihe: Berliner Schriften zur Sozialarbeit und Pflege. Berlin, Milow: Schibri.
Kunstreich, Timm (2005): kritische Theorie/historischer Materialismus. In: Otto, Hans-Uwe/Thiersch, Hans (Hrsg.): Handbuch Sozialarbeit/Sozialpädagogik. 3. Auflage. München: Ernst Reinhardt, S. 1084-1097.
Kutscher, Nadia (2003): Moralische Begründungsstrukturen professionellen Handelns in der Sozialen Arbeit. Eine empirische Untersuchung zu normativen Deutungs- und Orientierungsmustern in der Jugendhilfe. Bielefeld. Online unter: http://bieson.ub.uni-bielefeld.de/volltexte/2003/406/ [Stand: 21.03.2011]
Lob-Hüdepohl, Andreas/Lesch, Walter (Hrsg.) (2007): Ethik Sozialer Arbeit. Ein Handbuch. Paderborn u.a.: Schöningh.
Merten, Roland (Hrsg.) (1998): Sozialarbeit – Sozialpädagogik – Soziale Arbeit. Begriffsbestimmungen in einem unübersichtlichen Feld. Freiburg/Br.: Lambertus.
Mühlum, Albert (1996): Sozialarbeit und Sozialpädagogik. Ein Vergleich. Neu bearb. und erw. Auflage von: Sozialpädagogik und Sozialarbeit. Eine vergleichende Darstellung zur Bestimmung ihres Verhältnisses in historischer, berufspraktischer und theoretischer Perspektive. Frankfurt/M.: Eigenverlag des deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge.
Nussbaum, Martha C. (1999): Der aristotelische Sozialdemokratismus. In: Dies.: Gerechtigkeit oder das gute Leben. Frankfurt/M.: Suhrkamp, S. 24-85.
Nussbaum, Martha C. (2000): Women and Human Development. The Capabilities Approach. Cambridge: Cambridge University Press.
Oelkers, Nina/Gaßmöller, Annika/Feldhaus, Nadine (2010): Soziale Arbeit mit Eltern. Normalisierung durch Disziplinierung? In: Sozial Extra, 34. Jg., Heft 3|4, S. 24-27.
Oelkers, Nina/Schrödter, Mark (2008): Kindeswohl und Kindeswille. Zum Wohlergehen von Kindern aus der Perspektive des Capability Approach. In: Otto, Hans-Uwe/Ziegler, Holger (Hrsg.): Capabilities – Handlungsbefähigung und Verwirklichungschancen in der Erziehungswissenschaft. Wiesbaden: VS, S. 143-161.
Oelkers, Nina/Steckmann, Ulrich/Ziegler, Holger (2008): Normativität in der Sozialen Arbeit. In: Ahrens, Johannes/Beer, Raphael/Bittlingmayer, Uwe H./Gerdes, Jürgen (Hrsg.): Beschreiben und/oder Bewerten I. Normativität in sozialwissenschaftlichen Forschungsfeldern. Münsteraner Schriften zur Soziologie Bd. 1. Berlin: LIT, S. 231-256.
Offe, Claus (1987): Das Wachstum der Dienstleistungsarbeit: Vier soziologische Erklärungsansätze. In: Olk, Thomas/Otto, Hans-Uwe (Hrsg.): Soziale Dienste im Wandel. Bd. 1: Helfen im Sozialstaat. Neuwied, Darmstadt: Hermann Luchterhand, S. 171-198.
Olk, Thomas (1986): Abschied vom Experten. Sozialarbeit auf dem Weg zu einer alternativen Professionalität. Weinheim, München: Juventa.
Otto, Hans-Uwe/Scherr, Albert/Ziegler, Holger (2010): Wieviel und welche Normativität benötigt die Soziale Arbeit? Befähigungsgerechtigkeit als Maßstab sozialarbeiterischer Kritik. In: neue praxis 2/2010, S. 137-163.
Otto, Hans-Uwe/Seelmeyer, Udo (2004): Soziale Arbeit und Gesellschaft – Anstöße zu einer Neuorientierung der Debatte um Normativität und Normalität. In: Hering, Sabine/Urban, Ulrike (Hrsg.): „Liebe allein genügt nicht“. Historische und systematische Dimensionen der Sozialpädagogik. Opladen: Leske + Budrich, S. 45-63.
Otto, Hans-Uwe/Ziegler, Holger (Hrsg.) (2010): Capabilities – Handlungsbefähigung und Verwirklichungschancen in der Erziehungswissenschaft. 2. Auflage. Wiesbaden: VS.
Rawls, John (1979): Eine Theorie der Gerechtigkeit. Frankfurt/M.: Suhrkamp.
Sachße, Christoph (2005): Geschichte der Sozialarbeit. In: Otto, Hans-Uwe/Thiersch, Hans (Hrsg.): Handbuch Sozialarbeit/Sozialpädagogik. 3. Auflage. München: Ernst Reinhardt, S. 670-681.
Scherr, Albert (2006): Annäherungen an Kritikbegriffe einer kritischen Sozialen Arbeit. In: WIDERSPRÜCHE 100, 26. Jg., Nr. 2, S. 169-178.
Schönrich, Gerhard (2010): Die ontologische Dimension von institutioneller Macht, Normativitäts- und Rationalitätsmustern. In: Albert, Gert/Greshoff, Rainer/Schützeichel, Rainer (Hrsg.): Dimensionen und Konzeptionen von Sozialität. Wiesbaden: VS, S. 113-135.
Schrödter, Mark (2007): Soziale Arbeit als Gerechtigkeitsprofession. Zur Gewährleistung von Verwirklichungschancen. In: neue praxis 1/2007, S. 3-28.
Seelmeyer, Udo (2008): Das Ende der Normalisierung? Soziale Arbeit zwischen Normativität und Normalität. Weinheim, München: Juventa.
Staub-Bernasconi, Silvia (1995): Das fachliche Selbstverständnis Sozialer Arbeit – Wege aus der Bescheidenheit. Soziale Arbeit als „Human Rights Profession“. In: Wendt, Wolf Rainer (Hrsg.): Soziale Arbeit im Wandel ihres Selbstverständnisses. Beruf und Identität. Freiburg/Br.: Lambertus, S. 57-104.
Staub-Bernasconi, Silvia (1998): Soziale Arbeit als „Menschenrechtsprofession“. In: Wöhrle, Armin (Hrsg.): Profession und Wissenschaft Sozialer Arbeit. Positionen in einer Phase der generellen Neuverortung und Spezifika in den neuen Bundesländern. Pfaffenweiler: Centaurus, S. 305-331.
Steckmann, Ulrich (2010): Autonomie, Adaptivität und das Paternalismusproblem – Perspektiven des Capability Approach. In: Otto, Hans-Uwe/Ziegler, Holger (Hrsg.): Capabilities – Handlungsbefähigung und Verwirklichungschancen in der Erziehungswissenschaft. 2. Auflage. Wiesbaden: VS, S. 90-115.
Thiersch, Hans (1992): Lebensweltorientierte Soziale Arbeit. Aufgaben der Praxis im sozialen Wandel. Weinheim, München: Juventa.
Vester, Michael/Oertzen, Peter von/Geiling, Heiko/Hermann, Thomas/Müller, Dagmar (2001): Soziale Milieus im gesellschaftlichen Strukturwandel. Zwischen Integration und Ausgrenzung. Vollst. überarb., erw. und aktual. Neuauflage. Frankfurt/M.: Suhrkamp.
Wakefield, Jerome Carl (1988a): Psychotherapy, Distributive Justice, and Social Work. Part I: Distributive Justice as a Conceptual Framework for Social Work. In: The Social Service Review, 62. Jg., Heft 2, S. 187-210.
Wakefield, Jerome Carl (1988b): Psychotherapy, Distributive Justice, and Social Work. Part II: Distributive Justice as a Conceptual Framework for Social Work. In: The Social Service Review, 62. Jg., Heft 3, S. 353-382.
Weber, Max (1919/1994): Wissenschaft als Beruf. Schutterwald, Baden: Wissenschaftlicher Verlag.
Weber, Max (1921/1972): Wirtschaft und Gesellschaft: Grundriss der verstehenden Soziologie. Besorgt von Johannes Winckelmann. 5., revidierte Auflage. Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck).
Wilensky, Harold L. (1964): The Professionalization of Everyone? In: The American Journal of Sociology, 70. Jg., Heft 2, S. 137-158. Online: http://www.jstor.org/stable/2775206 [Stand: 14.03.2011]
Ziegler, Holger (2004): Jugendhilfe als Prävention. Die Refiguration sozialer Hilfe und Herrschaft in fortgeschritten liberalen Gesellschaftsformationen. Bielefeld. Online unter: http://bieson.ub.uni-bielefeld.de/volltexte/2004/533/ [Stand: 20.03.2011]
Author information
Authors and Affiliations
Editor information
Editors and Affiliations
Rights and permissions
Copyright information
© 2011 VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH
About this chapter
Cite this chapter
Oelkers, N., Feldhaus, N. (2011). Das (vernachlässigte) Normativitätsproblem in der Sozialen Arbeit. In: Mührel, E., Birgmeier, B. (eds) Theoriebildung in der Sozialen Arbeit. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-93367-2_5
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-531-93367-2_5
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Print ISBN: 978-3-531-18170-7
Online ISBN: 978-3-531-93367-2
eBook Packages: Humanities, Social Science (German Language)