Der Aufbau von Infrastruktur für die Elektromobilität findet in einem Mobilitätssystem mit bestehenden Strukturen statt. Da nicht zu erwarten ist, dass die Menschen ihre Mobilitätsmuster den Rahmenbedingungen der Elektromobilität anpassen, muss sich umgekehrt das System Elektromobilität an den bestehenden Bedürfnissen der Menschen orientieren. Implikationen für die Infrastruktur für Elektromobilität ergeben sich damit vorrangig aus der Ladenotwendigkeit der Fahrzeuge und damit aus der notwendigen Ladeinfrastruktur. Das gilt sowohl für die Verkehrsinfrastruktur, etwa in Form von Ladepunkten im öffentlichen Straßenraum, als auch für die Stromnetz- und Kommunikationsinfrastruktur.

Der heute dominierende und sehr ähnlich sowie zeitlich und räumlich konzentriert ablaufende Tankprozess wird durch die Elektromobilität voraussichtlich von wesentlich vielfältiger ausdifferenzierten Ladevorgängen abgelöst. Dadurch, dass das Laden an viel mehr Orten, zu anderen Zeiten, langsam oder schnell, verbunden mit Aktivitäten oder als Zwischenstopp und mit unterschiedlichen Ladeinfrastrukturen vorgenommen werden kann, kann die Ladenachfrage auf vielfältige Weise bedient werden. Durch diverse denkbare Konstellationen der Verfügbarkeit von privaten Lademöglichkeiten, von Präferenzen der Nutzenden, von Ladeanreizen und verfügbaren Ladeleistungen ergeben sich zahlreiche Abhängigkeiten von Ladestandorttypen und Ladebedarfen. Dies führt in der Summe zu dem Ergebnis, dass die Ladeinfrastruktur-Nachfrage an einem Ort nicht nur von den Eigenschaften dieses Ortes, sondern immer auch von alternativen Lademöglichkeiten abhängig ist. So gilt etwa, dass weniger Ladeoptionen in Wohnquartieren mehr Lademöglichkeiten an dritten Orten notwendig machen, um den insgesamt anfallenden Ladebedarf zu decken.

Es zeigt sich somit, dass bestehender Ladebedarf nicht eins zu eins in einen daraus abzuleitenden Ladeinfrastrukturbedarf überführbar ist. Stattdessen gibt es sehr unterschiedliche Ladeinfrastrukturkonstellationen, die zur Deckung eines bestehenden Ladebedarfs geeignet sind. Bei der Auswahl und Entwicklung einer solchen Konstellation für ein Gebiet – zum Beispiel auf der Ebene von Kommunen oder Regionen – sind verschiedene Faktoren zu beachten. Dazu zählen die Verfügbarkeit geeigneter Flächen für Ladeinfrastruktur ebenso wie das Vorhandensein und die Dimensionierung von Stromnetzanschlüssen. In Abhängigkeit von verschiedenen Elektrofahrzeugdurchdringungen, Ladeleistungen und Lastmanagementstrategien dürften in vielen Regionen auch Ertüchtigungen der Strom- und Verteilnetze notwendig sein.

Aus verkehrsinfrastruktureller Sicht ist festzuhalten, dass sich die Substitution von Verbrennerfahrzeugen durch Elektrofahrzeuge zwar positiv auf Klimagas-, Luftschadstoff- und gegebenenfalls auch Lärmemissionen auswirkt, dass sie jedoch nicht zur Verringerung der Flächeninanspruchnahme durch den motorisierten Individualverkehr beiträgt. Insbesondere in urbanen Bereichen ist die Flächenkonkurrenz sehr groß, und neben Elektromobilität im motorisierten Individualverkehr sind weitere Maßnahmen notwendig, um dort die Lebens- und Aufenthaltsqualität zu verbessern sowie einen effizienten Verkehrsfluss zu ermöglichen. Durch eine Reduzierung von Flächen für den ruhenden Verkehr lassen diese sich etwa für Maßnahmen zur Klimaanpassung nutzen. Außerdem können auch besonders flächeneffiziente Formen der Elektromobilität – etwa Pedelecs oder Elektrobusse – zur Mobilitätswende beitragen.