Die Umstellung des Straßenverkehrs auf Elektroantriebe erfordert die Errichtung von Lademöglichkeiten, die als neue Infrastruktur bereitstehen. Der Aufbau von Ladeinfrastruktur ist mit weiteren Implikationen für die Verkehrsinfrastruktur verbunden.

1 Tankstellen

Der Straßenverkehr ist für fast 20 % des Primärenergieverbrauchs in Deutschland verantwortlich.Footnote 1 Ein Großteil dieser Energie wird an den bundesweit mehr als 14.000 Tankstellen an die Fahrzeuge als Endverbrauchende übergeben.Footnote 2 Durch eine flächendeckende Marktdurchdringung der Elektromobilität wird diese eher gebündelte Struktur dezentralisiert und die Tankstelle in ihrer heutigen Form kann an Bedeutung verlieren.

Im Bereich des „Transit Charging“ oder als urbane Lade-Hubs können tankstellenartige Strukturen durchaus infrage kommen. Es ist denkbar, dass sich die Tankstelle durch eine Verbesserung des Angebots während der Ladedauer als bevorzugte Lademöglichkeit im „Transit Charging“ und bei der Zwischenladung an urbanen Lade-Hubs etabliert. Beim „Destination Charging“ ist – vor allem bei langen Aufenthaltszeiten – zu erwarten, dass auf andere Orte zurückgegriffen wird.

An bestehenden Tankstellen können die Geschäftsfelder „Einkauf“ und „Autowäsche“, die derzeit bereits etwa die Hälfte der Wertschöpfung ausmachen, an Bedeutung gewinnen.Footnote 3 Im Zuge der Umstrukturierung des Tankstellengeschäfts sind weitere Nutzungen von Tankstellen möglich, die zum Teil bereits anlaufen. Beispielsweise können sie als Mobilitätsstation, zur Fahrzeugreparatur oder als Mikrodepot im Logistikverkehr genutzt werden.Footnote 4

2 Lärm- und Schadstoffemissionen

Elektrofahrzeuge bieten die Chance zur Emissionsreduktion. Allerdings sind die entsprechenden Potenziale von der Art der Emission und weiteren Rahmenbedingungen abhängig. Das gilt insbesondere für die Reduktion innerstädtischer Lärmemissionen, die dann wirksam werden kann, wenn Elektromobilität mit weiteren Anpassungen vor allem mit Blick auf die Fahrgeschwindigkeit kombiniert wird. Bei Verbrennerfahrzeugen ist das Rollgeräusch der Pkw ab einer Geschwindigkeit von 30 km/h dominierend. Unterhalb dieser Geschwindigkeit überwiegt das Motorengeräusch.Footnote 5 Da Elektrofahrzeuge lediglich geringeren Motorenlärm emittieren und das Rollgeräusch nicht reduziert wird, ist eine flächendeckende Senkung der innerstädtischen Lärmemissionen von Pkw mittels Elektromobilität nur durch eine zusätzliche flächendeckende Herabsetzung der zulässigen Geschwindigkeit auf 30 km/h erreichbar. Bei Lkw sind die Antriebsgeräusche bis zu einer Geschwindigkeit von etwa 50 km/h dominierend.Footnote 6 Somit könnte bei Lkw die Einführung der Elektromobilität auch ohne zusätzliche Geschwindigkeitsreduktionen zu einer Verringerung der innerstädtischen Lärmemissionen führen. Bei motorisierten Zweirädern und Nutzfahrzeugen wie Räum- oder Müllwagen sind die elektrischen Varianten im innerstädtischen Verkehr aus Lärmemissionssicht vorteilhaft.Footnote 7

Die Schadstoffemissionen des Verbrennungsprozesses konventioneller Fahrzeuge fallen bei Elektrofahrzeugen nicht an. Dennoch emittieren E-Mobile während der Fahrt durch Bremsen und Reifenabrieb Feinstaub. Abhängig von der Art der Bremsanlage und dem Gewicht des Fahrzeugs, lassen sich die Feinstaubemissionen im urbanen Raum um bis zu 25 % verringern.Footnote 8 Jedoch nehmen die Feinstaubemissionen mit dem Gewicht des Fahrzeugs zu, so dass infolgedessen die typischerweise schwereren Elektrofahrzeuge zumindest hinsichtlich der Bremsen und des Reifenabriebs mehr Feinstaub emittieren als leichtere konventionelle Fahrzeuge.Footnote 9

Mit Blick auf aktuelle Diskussionen über Fahrverbote wegen erhöhter Schadstoffbelastung in Städten kann die Nutzung von Elektrofahrzeugen teilweise zur Lösung des Problems beitragen. Dabei ist jedoch zu beachten, dass das Durchschnittsalter der Fahrzeuge in Deutschland am 1. Januar 2021 etwa 9,8 Jahre betrug.Footnote 10 Eine großflächige Elektrifizierung des Fahrzeugbestands und die damit einhergehende Verringerung der Emissionen sind dementsprechend erst langfristig zu erwarten, so dass durch die Einführung von Elektrofahrzeugen keine kurzfristigen Effekte in Form von verringerter Schadstoffbelastung zu erzielen sind.

3 Flächeninanspruchnahme

Parkraum und Ladeinfrastruktur sind als Resultat der benötigten Standdauer für den Ladevorgang miteinander verknüpft. Insbesondere beim „Destination Charging“ werden die Fahrzeuge für einen längeren Zeitraum abgestellt und währenddessen geladen. Zwar werden Sondernutzungserlaubnisse des öffentlichen Straßenraums nur für eine festgelegte Dauer erteilt, doch verstetigt der Aufbau von Ladeinfrastruktur die Zugänglichkeit eines Gebiets für den motorisierten Individualverkehr. So könnte sie Maßnahmen zur Umgestaltung des öffentlichen Straßenraums etwa zur Verbesserung der Fußgänger- und Fahrradinfrastruktur erschweren. Kommunale Entscheidungstragende müssen die Belange der verschiedenen Verkehrsteilnehmenden daher auch bei der Errichtung von Ladeinfrastruktur berücksichtigen. So ist beispielsweise abzuwägen, ob eine Ladesäule oder eine Anlage des Radverkehrs priorisiert werden soll. Diese Zielkonflikte können sowohl zu Lasten des RadverkehrsFootnote 11 als auch des LadeinfrastrukturausbausFootnote 12 gehen. Als bauliche Anlage benötigen Ladesäulen eine gewisse Fläche. Insbesondere bei der Errichtung innerstädtischer Lade-Hubs kann eine neue Konkurrenzsituation um knappe Flächen entstehen.

Weitere Flächenkonkurrenz ergibt sich in der Übergangsphase der Elektrifizierung des Individualverkehrs zwischen den Elektrofahrzeugen und den Verbrennerfahrzeugen. Existierende Abstellmöglichkeiten, die mit Ladeinfrastruktur ausgestattet werden, stehen Verbrennerfahrzeugen häufig nicht mehr zur Verfügung. Im fließenden Verkehr können sich Bevorrechtigungen von Elektro-Pkw – etwa in Gestalt der Mitbenutzung der Busspur – negativ auf den ÖPNV-Betriebsablauf auswirken.Footnote 13 Des Weiteren kann es zu einer zusätzlichen Konkurrenz mit dem Radverkehr kommen, der teilweise dazu berechtigt ist, die Busspur zu nutzen.Footnote 14