Trotz ihrer bisher weiterhin geringen Marktdurchdringung sind Elektrofahrzeuge bereits heute in vielen verschiedenen Einsatzfeldern vorzufinden. Für die kommenden Jahre ist in allen Bereichen mit einem deutlichen Bedeutungszuwachs der Elektromobilität zu rechen. Die folgenden Unterkapitel widmen sich der Etablierung der Elektromobilität in der Individualmobilität von Privathaushaushalten, im öffentlichen Verkehr, in Mobilitätskonzepten und im Wirtschaftsverkehr.

1 Elektromobilität in Privathaushalten: Elektrische Pkw

Anfang 2021 hatte nur etwas mehr als die Hälfte der elektrischen Pkw (BEV und PHEV) eine private Zulassung.Footnote 1 Dennoch ist davon auszugehen, dass auch ein Großteil der elektrischen Pkw mit gewerblicher Zulassung Privathaushalten zur Verfügung steht. Es handelt sich bei Elektrofahrzeugen meist um sehr junge Fahrzeuge, die vielfach als Dienstwagen von Privathaushalten genutzt werden. Dies bestätigen auch Zahlen aus dem Jahr 2017,Footnote 2 als etwa die Hälfte der elektrischen Autos bei Privathaushalten als Firmenwagen zugelassen war. Bei den Pkw ist die Elektromobilität somit deutlich von den Privathaushalten dominiert.

Aus dem Jahr 2017 stammt die bis dato jüngste große bundesweite Mobilitätsbefragung. Die Erhebung „Mobilität in Deutschland“ erlaubt einen umfangreichen Vergleich elektrischer Pkw mit konventionellen Pkw aus Privathaushalten im Hinblick auf Nutzung und Rahmenbedingungen. Auch wenn der Bestand elektrischer Pkw (BEV und PHEV) sich von etwa 55.000 im Jahr 2017 auf fast 600.000 im Jahr 2021 vervielfacht hat,Footnote 3 liefert der Vergleich auf der Basis von 2017 immer noch wichtige Aufschlüsse. Dabei sind Unterschiede zwischen elektrischen Pkw und konventionellen Pkw zu erkennen. Die folgenden Abschnitte zeigen diese Besonderheiten auf und formulieren Hypothesen dazu, wie sich diese Unterschiede weiterentwickeln dürften, wenn die Elektromobilität die Nische der „Early Adopters“ verlässt und ein Mainstream-Markt wird.

Die mittlere Jahresfahrleistung von Elektrofahrzeugen (vgl. Tab. 23.1) lag 2017 unter der mittleren Jahresfahrleistung des Gesamtbestandes der Pkw, aber über derjenigen für Benziner. (In diesem Fall handelt es sich um durch die Befragten selbst geschätzte Jahresfahrleistungen, weshalb sie von den oben gezeigten, durch das KBA ausgewiesenen Werten abweichen.) Wird zusätzlich beachtet, dass Elektrofahrzeuge unterdurchschnittliche Fahrtweiten und einen deutlich geringeren Anteil längerer Fahrten aufweisen, wird deutlich, dass die Einsatzmuster von Elektrofahrzeugen durch viele Einzelfahren im unteren Entfernungssegment bestimmt sind. Dies entspricht der Erwartung – einerseits aufgrund der Reichweitenproblematik und andererseits, weil die Elektromobilität sich wegen der höheren Investitionskosten bei insgesamt geringeren Fahrleistungen derzeit nicht lohnt. In diesem Punkt bleibt abzuwarten, ob sich die Nutzungsmuster von Elektrofahrzeugen im Zuge des Markthochlaufs zunehmend an diejenigen konventioneller Fahrzeuge anpassen oder ob sich durch die Elektromobilität die Nutzungsmuster von Pkw langfristig verändern.

Tab. 23.1 Mittlere Jahresfahrleistungen, mittlere Fahrtweiten und Anteil längerer Fahrten für Pkw mit unterschiedlichen Antriebsarten im Vergleich. (Auswertung der MiD 2017)

Auch die Rahmenbedingungen im Hinblick auf das Vorhandensein eines Stellplatzes zu Hause und die Verfügbarkeit weiterer Pkw im Haushalt lassen den Schluss zu, dass im Jahr 2017 die Reichweitenproblematik neben der Verfügbarkeit von Ladeinfrastruktur ein wichtiger Faktor bei der Entscheidung für oder gegen ein Elektroauto war: Während ein Viertel aller Pkw aus Privathaushalten daheim nicht auf eigenem Gelände parkte, war dies bei den Elektroautos weniger als jedes zehnte. Vieles spricht dafür, dass dies maßgeblich von der Möglichkeit beeinflusst ist, zu Hause laden zu können. Allerdings können auch andere Faktoren wie etwa höhere Haushaltseinkommen eine Rolle spielen. Dies dürfte zum Teil auch den größeren Pkw-Besitz von Haushalten mit Elektrofahrzeug erklären: Während im Gesamtbestand etwa jedes zweite Auto das einzige im jeweiligen Haushalt ist, gilt dies nur für ein Viertel der Elektro-Pkw. Mit Blick auf Ladeinfrastruktur und vor allem das Laden im öffentlichen Raum bedeutet das: 2017 konnte der weit überwiegende Teil der Elektro-Pkw zu Hause am eigenen Stellplatz geladen werden und bei einem Großteil der Elektroautos konnten die Nutzer für längere Fahrten auf andere Pkw im Haushalt ausweichen.

Die Summe der genannten Faktoren – vergleichsweise viele Fahrten, darunter nur wenige weite Strecken, hoher Anteil mit eigenem Stellplatz und mehrere Pkw pro Haushalt – spiegelt sich auch darin wider, dass Elektromobilität 2017 eher ein Phänomen der kleinen und mittelgroßen Städte oder der ländlichen Bereiche war: Während damals ein knappes Drittel des gesamten Pkw-Bestandes Haushalten aus Metropolen und Großstädten gehörte, traf dies auf weniger als ein Viertel der Elektro-Pkw zu.

Die Verteilung des Pkw-Bestandes auf Raumtypen insgesamt, die räumlichen Bedingungen des Wohnungsbestandes im Hinblick auf Stellplatzverfügbarkeit und die Ausstattung der Haushalte mit mehreren Pkw ändern sich nur langsam. Insofern ist für den Markthochlauf der Elektromobilität in den kommenden Jahren davon auszugehen, dass sich die Rahmenbedingungen für E-Fahrzeuge hinsichtlich dieser Faktoren immer mehr denen des gesamten Pkw-Bestandes anpassen werden.

Mit Blick auf die Ladeinfrastruktur für Elektroautos lässt sich aus der großen Bedeutung von Pkw aus Privathaushalten ableiten, dass diese und ihre Nutzungsmuster zu großen Teilen maßgeblich für die Ladeinfrastruktur sind. Es existieren Unterschiede zwischen elektrischen und konventionellen Pkw bezüglich wichtiger Rahmenbedingungen und Nutzungsmuster. Allerdings sind diese nicht sehr groß, und es ist zu erwarten, dass sie sich im Zuge der weiteren Verbreitung der Elektromobilität nivellieren. Dies gilt auch deshalb, weil Einschränkungen in der frühen Phase der E-Mobilität – etwa durch mangelhafte Reichweite oder Lademöglichkeiten – immer mehr an Bedeutung verlieren dürften. Gleichzeitig gehen mit Elektroautos aber keine grundsätzlich neuen oder gegenüber konventionellen Pkw maßgeblich erweiterten Einsatzmöglichkeiten einher, wie es zum Beispiel bei Pedelecs im Vergleich zu Fahrrädern der Fall ist.

Somit wird wahrscheinlich ein zunehmend größerer Teil konventioneller Pkw-Mobilität durch Elektromobilität ersetzt, ohne dass sich an den Grundstrukturen der Pkw-Nutzung Maßgebliches ändert. Dies lässt den Schluss zu, dass die Nutzungsmuster auch konventioneller Pkw eine wichtige Orientierung für den Aufbau von Ladeinfrastruktur in den kommenden Jahren bieten. Dennoch sollte immer wieder überprüft werden, ob Elektromobilität nicht zu einem insgesamt veränderten Mobilitätsverhalten – beispielsweise bei der Wahl des Ziels – und infolgedessen zu einer veränderten Pkw-Nutzung führt. Nur so lässt sich sicherstellen, dass der Ladeinfrastruktur-Aufbau bedarfsgerecht erfolgt.

2 Elektromobilität in Privathaushalten: Pedelecs

Im Vergleich zum Pkw ist die Elektrifizierung von Zweirädern beziehungsweise Fahrrädern anders einzuordnen: Pedelecs ermöglichen für viele Menschen ein gegenüber dem Fahrrad erweitertes Einsatzspektrum – insbesondere, was Entfernungen betrifft. Deshalb geht mit der Elektrifizierung des Fahrrads nicht vor allem der Ersatz muskelbetriebener Mobilität einher, sondern es entsteht eine neue Zweiradmobilität, die sich etwa durch eine Verlagerung von anderen Verkehrsmitteln auf das Pedelec ergeben kann.

Im Jahr 2017, auf das sich die folgenden Darstellungen zum Einsatz von Pedelecs beziehen, gab es in Deutschland bereits einen Pedelec-Bestand von mehr als 200.000 Fahrzeugen. Dies und die seitdem noch stark gewachsenen Verkaufszahlen machen deutlich, dass der Bestand der Pedelecs denjenigen der Elektroautos bei Weitem in den Schatten stellt. Dabei war elektrische Zweiradmobilität 2017 noch deutlicher ein Phänomen der mittelgroßen und kleinen Städte als dies bei den Elektroautos der Fall war: Während in Metropolen auf 1000 Personen etwa 20 Pedelecs kamen, waren dies außerhalb der großen Städte mit rund 60 Pedelecs je 1000 Personen etwa dreimal so viele.Footnote 4

Durchschnittlich wurden 2017 bereits rund 5 % des gesamten Fahrradverkehrs mit dem Pedelec erledigt. Mit Blick auf das Alter von Radfahrenden gilt: je älter, desto höher war der Anteil der Pedelec-Nutzung am Radverkehr. Während bei Personen unter 40 Jahren eine deutlich unterdurchschnittliche Pedelec-Nutzung von weniger als 3 % vorlag, bewältigten insbesondere Personen im Alter von über 60 Jahren einen großen Teil ihrer Fahrradwege mit dem Pedelec (mehr als 12 %). Vor allem längere Wege von mehr als 15 km wurden gerne mit dem Pedelec absolviert. So kam ein Pedelec 2017 auf eine Jahresfahrleistung, die mit gut 900 km etwa beim Doppelten eines konventionellen Fahrrads liegt.Footnote 5

In der Summe ermöglichen Pedelecs somit eine sehr weitverbreitete Form der Elektromobilität. Dennoch sind sie im Hinblick auf ihre Bedeutung für Ladeinfrastruktur nahezu irrelevant. Ihr Stromverbrauch ist vergleichsweise gering, sie werden üblicherweise an normalen Haushaltssteckdosen geladen, und es dominiert der Ladevorgang zu Hause. Ladeinfrastruktur für Pedelecs an öffentlichen oder öffentlich zugänglichen Orten bildet eine Ausnahme. Sie ist vielfach eher ein Komfortfaktor oder eine Serviceleistung im Sinne des Marketings, etwa an touristischen Zielorten, als dass sie in Form einer flächendeckenden Versorgung zur Sicherung der Mobilität bereitgestellt werden müsste.

3 Öffentlicher Verkehr

Elektrifizierter öffentlicher Verkehr hat bis heute vor allem im Hinblick auf den Schienenverkehr einen großen Stellenwert – und eine mehr als 100-jährige Geschichte. Im Kontext der Elektrifizierung von Straßenfahrzeugen, auf denen hier das Augenmerk liegt, sind jedoch vor allem Busse mit elektrischen Antrieben von Bedeutung. Maßgeblich getrieben durch das Ziel von Verbesserungen der Luftqualität, nehmen sich zahlreiche Städte der Elektrifizierung ihrer Busflotten an. Dabei stehen batterieelektrische Busse im Vordergrund. (Die Alternative Oberleitungsbus ist eine seltene Ausnahme.) Auch wenn Anteil und Anzahl der batterieelektrischen Busse bei den Neuzulassungen noch sehr gering sind (2019: 180 BEV-Busse bei insgesamt 6437 Neuzulassungen;Footnote 6 2020: 370 BEV-Busse bei insgesamt 6460 NeuzulassungenFootnote 7), ist der Zuwachs deutlich.

Der Anteil batterieelektrischer Busse dürfte in den kommenden Jahren – auch getrieben durch aktuelle EU-Vorgaben – noch deutlich zunehmen: Seit August 2021 müssen in Deutschland 45 % der durch die öffentliche Hand neu beschafften Busse einen alternativen Antrieb haben. Ab 2026 beträgt dieser Anteil 65 %. Die Hälfte dieser Fahrzeuge mit alternativem Antrieb muss emissionsfrei sein, was hauptsächlich durch batterieelektrische Busse erreicht werden dürfte. Somit ist für die nächsten Jahre eine spürbare Umstellung öffentlicher Busflotten auf elektrische Fahrzeuge zu erwarten.Footnote 8

Damit gehen auch Fragen zur Ladeinfrastruktur und zur Integration batterieelektrischer Busse in den Linienbetrieb einher. Dabei sind die Rahmenbedingungen der Elektromobilität durch die vorgegebenen regelmäßigen Einsatzmuster grundlegend verschieden zu den anderen Fahrzeuggruppen. Investitionsentscheidungen, die in diesem Zusammenhang getroffen werden müssen, betreffen die Größe der Batteriespeicher in Fahrzeugen, das Ladesystem (Normallladen, Schnellladen oder Batterietausch) sowie ein Ladekonzept in Verbindung mit einem Standorttyp für Ladeinfrastruktur (etwa Nachtladen im Depot beziehungsweise Gelegenheitsladen an Haltestellen oder Endstationen).

Ladeinfrastrukturen, die sich elektrische Busse mit anderen Fahrzeugen teilen, spielen so gut wie keine Rolle. Das bedeutet, dass die Entwicklung der Infrastruktur für elektrische Busse weitgehend abgekoppelt von der übrigen Ladeinfrastruktur erfolgt. Die große Vorhersagbarkeit des Fahrzeugeinsatzes von Bussen macht Investitionsentscheidungen zur Elektromobilität in diesem Feld außerdem zu einem betriebswirtschaftlichen Optimierungsproblem. Ihr Charakter unterscheidet sich somit grundlegend von den Entscheidungen zum Ausbau der Ladeinfrastruktur für andere Fahrzeuggruppen. Dieses Kapitel geht auf diesen Spezialfall nicht detaillierter ein. Stattdessen sei hier auf die einschlägige und sich schnell entwickelnde Fachliteratur verwiesen.Footnote 9, Footnote 10, Footnote 11

4 Mobilitätskonzepte – Elektrifizierung der Shared Micromobility

Die sogenannte Shared Micromobility umfasst verschiedene Service-Modelle und Verkehrsmittel, die den unterschiedlichen Bedürfnissen der Reisenden gerecht werden. Hierunter fallen etwa Fahrradverleihsysteme, wobei sowohl Fahrräder mit als auch ohne elektrische Unterstützung verwendet werden. Darüber hinaus haben sich in vielen Städten E-Scooter-Systeme verbreitet. Zielsetzungen und erhoffte Wirkungen der Shared Micromobility sind ein reduzierter Autoverkehr, die damit einhergehende Verminderung von Treibhausgasen und Luftschadstoffen sowie positive Auswirkungen auf die Gesundheit.Footnote 12

Grundsätzlich ist dabei zwischen zwei Systemen zu unterscheiden: stationsgebunden und nicht stationsgebunden (Free Floating). Daneben existieren Hybridsysteme – etwa in Gestalt eines Pedelec-Verleihsystems, das sowohl über bauliche Stationen mit Lademöglichkeit als auch über Ausleih- und Abgabepunkte ohne Lademöglichkeiten verfügt. Die Systeme im Rheinisch-Bergischen Kreis und im Kreis Euskirchen verfügen beispielsweise neben ihren Stationen mit Bedienterminals, physischen Abstellständern und einer Lademöglichkeit auch über „virtuelle Stationen“, die durch Markierungen und Hinweisschilder sowie in einer App gekennzeichnet sind.Footnote 13

4.1 Pedelecs

Pedelecs bilden eine Alternative oder Ergänzung zu herkömmlichen Share-Bikes. Durch die elektrische Unterstützung lassen sich weitere Nutzergruppen erschließen. Auch lässt sich die Abdeckung gegenüber klassischen Leihfahrrädern von zwei bis vier Kilometern auf etwa fünf bis zehn Kilometer steigern.Footnote 14 Pedelecs können körperliche Anstrengungen ausgleichen, die durch die Topografie des Raumes entstehen. Neben höheren Kundenpotenzialen ergibt sich für die Betreiber von Pedelec-Verleihsystemen ein zusätzlicher Aufwand, da die Akkus der Fahrräder geladen oder ausgetauscht werden müssen.Footnote 15

Fahrradverleihsysteme sind in zahlreichen Städten und Regionen auf der ganzen Welt zu finden. In den vergangenen Jahren sind zuerst in Europa und dann vermehrt in Asien und Nordamerika Pedelec-Verleihsysteme eingeführt worden. Dabei wurden zu Beginn häufig bestehende Fahrradverleihsysteme um Pedelecs erweitert. Die Möglichkeit der Integration des Lademechanismus führte in Europa zunächst zu einer Dominanz der stationsgebundenen Systeme. Free-Floating-Pedelec-Verleihsysteme sind in den USA und in Asien insgesamt verbreiteter als in Europa. Solche Systeme verfügen häufig schon bei der Markteinführung über größere Flotten. In den vergangenen Jahren sind auch in Europa vermehrt stationslose Pedelec-Sharing-Systeme eingeführt worden. Von den im Jahr 2019 neu entstandenen Systemen sind 78 % nicht stationsgebunden.Footnote 16

Die primären Nutzungsgruppen können sich je nach Ausrichtung und Betriebsgebiet deutlich unterscheiden. Es existieren sowohl Systeme, die vor allem als Ergänzung zum ÖPNV auf dem letzten Kilometer vorrangig von Pendelnden genutzt werden, als auch solche, bei denen die touristische Nutzung im Vordergrund steht.Footnote 17 Teilweise richten sich Systeme mit verschiedenen spezifischen Angeboten auch explizit an unterschiedliche Gruppen, etwa an Reisende oder an Einwohnende.Footnote 18 Pedelec-Verleihsysteme in Kooperation mit Akteuren des lokalen öffentlichen Personennahverkehrs können von Personen mit ÖPNV-Zeitkarten häufig vergünstigt oder für einen gewissen Zeitraum gratis genutzt werden.Footnote 19

In geringerem Umfang werden auch Lastenfahrräder in Sharing-Flotten angeboten. Diese lassen sich zum Transport unterschiedlicher Waren kurzzeitig ausleihen. Dabei sind jedoch verschiedene zusätzliche Hindernisse zu beachten – zum Beispiel eine unzureichende Breite der Radverkehrswege oder fehlende Abstellmöglichkeiten.Footnote 20

4.2 E-Scooter

Elektrisch betriebene City-Roller, auch „E-Scooter“ genannt, sind zulassungsfreie Fahrzeuge mit Lenk- und Haltestange, deren bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit 20 km/h nicht überschreitet. Fahrzeuge mit einer Höchstgeschwindigkeit von weniger als 12 km/h dürfen auf Gehwegen oder in Fußgängerzonen genutzt werden.Footnote 21

In jüngerer Vergangenheit haben verschiedene Anbieter E-Scooter in mehreren deutschen Städten eingeführt. E-Scooter werden vorrangig in einem Free-Floating-System angeboten. Innerhalb eines bestimmten Gebietes dürfen die Elektroroller nahezu überall abgestellt werden. Es gibt keine festen Stationen, an denen die E-Scooter beispielsweise geladen werden können. Als Konsequenz müssen die Roller vom Anbieter zum Laden eingesammelt oder die Akkus ausgetauscht werden.

Bisher liegen nur wenige gesicherte Erkenntnisse zu den Nutzenden und den Wirkungen der E-Scooter auf den „Modal Split“ als dem Mobilitätsverhalten vor. Eine Befragung von E-Scooter-Nutzenden in Paris kam zu der Erkenntnis, dass ihre Hauptmotivation in der Reisezeitersparnis, gefolgt vom Fahrspaß und von Kosteneinsparungen begründet liegt. Dabei werden die E-Scooter vorrangig auf Freizeitwegen verwendet. In Bezug auf die modale Verlagerung kommt die Untersuchung zu zentralen Ergebnissen. Etwa 72 % der Befragten haben Wege, die zuvor zu Fuß und mit dem ÖPNV zurückgelegt wurden, mit dem E-Scooter absolviert. Rund 18 % haben motorisierte Verkehrsmittel einschließlich Taxi durch die E-Scooter ersetzt. Bei knapp 8 % kam es zu einer erhöhten Verkehrsnachfrage durch die Nutzung der Elektroroller.Footnote 22 Im US-amerikanischen Portland wiederum werden gemäß dem „Portland Scooter User Survey“ neben Fußwegen (36 %) auch in einem größeren Umfang von 20 % Taxis und taxiähnliche Dienstleistungen substituiert. Auf den motorisierten Individualverkehr entfallen etwa 18 %.Footnote 23

Im Zusammenhang mit E-Scootern treten vielerorts zahlreiche Probleme auf. In den Medien wird von Vandalismus, verantwortungslosem Fahrverhalten oder achtlosem Abstellen und Blockieren von Wegen berichtet.Footnote 24 In der US-Stadt San José wurden im Sommer 2018, im Jahr der Einführung, die Abstellorte der Elektroroller dokumentiert. Mit etwa 72 % wurde ein Großteil der E-Scooter auf Gehwegen abgestellt – von denen wiederum rund 10 % Behinderungen des Fußverkehrs verursachten.Footnote 25

4.3 Carsharing

Carsharing-Systeme verfolgen das Ziel, die Abhängigkeit von eigenen Fahrzeugen zu reduzieren. Dabei kann der Einsatz von Elektrofahrzeugen Emissionseinsparungen bewirken. Zusätzlich kann ein solches Angebot als „Schaufenster“ für die Elektromobilität dienen, indem E-Mobile im Straßenraum sichtbar werden. In einigen deutschen und europäischen Städten bietet es Vorteile, Elektrofahrzeuge einzusetzen; andernorts ist es gar die einzige Möglichkeit, Carsharing anzubieten. So dürfen etwa in der Innenstadt von Madrid keine Sharing-Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor angeboten werden.Footnote 26 In Deutschland kann das Kriterium „einer Entlastung von straßenverkehrsbedingten Luftschadstoffen, insbesondere durch das Vorhalten elektrisch betriebener Fahrzeuge im Sinne des Elektromobilitätsgesetzes“ (§ 16a (3) 2. StrWG NRW) als Entscheidungskriterium für die Erteilung der Sondernutzungserlaubnis für ein stationsbasiertes Carsharing festgelegt werden.

Laut dem Bundesverband CarSharing e.V. kamen in Deutschland zum 1. Januar 2021 rund 26.200 Fahrzeuge im Carsharing zum Einsatz. Der Anteil der batterieelektrischen Fahrzeuge in den deutschen Carsharing-Flotten beträgt etwa ein Fünftel.Footnote 27 Neben Mischsystemen mit Verbrenner- und Elektrofahrzeugen gibt es Sharing-Systeme, die ausschließlich E-Mobile anbieten. Das gilt insbesondere für Sharing-Angebote von Fahrzeugherstellern. So war ein OEM-Carsharing-Anbieter im Jahr 2019 mit 1900 Elektrofahrzeugen gestartet. Inzwischen soll das Angebot kurzfristig auf eine Flotte von insgesamt 8400 Fahrzeugen ausgebaut werden.Footnote 28

Ähnlich wie für Privatfahrzeuge, ist auch für Sharing-Fahrzeuge die Ladeinfrastruktur von Bedeutung. Dabei kommen verschiedene Ladekonzepte zum Einsatz, wobei zwischen stationsbasierten und Free-Floating-Carsharing-Systemen zu unterscheiden ist. Abhängig vom System des Carsharing-Angebots können die Fahrzeuge unter Verwendung öffentlich zugänglicher Ladeinfrastruktur oder dedizierter Ladeinfrastruktur an dezentralen oder zentralen Standorten geladen werden. Ein weiteres innovatives Konzept besteht beispielsweise in der Kooperation mit Lebensmitteleinzelhändlern, die eine öffentlich zugängliche Ladeinfrastruktur auf den Parkplätzen ihrer Märkte errichten. Während der Öffnungszeiten stehen diese Lademöglichkeiten der Kundschaft zur Verfügung. In den Nachtstunden können dort die Sharing-Fahrzeuge geladen werden.Footnote 29

5 Wirtschaftsverkehr

Die Anforderungen an Elektrofahrzeuge unterscheiden sich im Wirtschaftsverkehr je nach Branche und Einsatzfeld zum Teil deutlich. Der Wirtschaftsverkehr ist unter anderem in Personen- und Güterverkehr zu differenzieren. Viele Unternehmen kennen ihr Einsatzgebiet oder können etwa über Fahrtenbücher die benötigte Reichweite pro Tag aus der bisherigen Nutzung ableiten.

Im Bereich des Personenwirtschaftsverkehrs kommen in vielen Fällen Pkw zum Einsatz. Auf Basis der Flottengröße und Zusammensetzung sowie der durchschnittlichen und maximalen Fahrleistungen bieten sich beispielsweise im Gesundheitssektor große Potenziale für die Umstellung auf elektrische Unternehmensflotten. Abgeschwächt gilt dies auch für den Handwerksbereich, in dem teilweise auch leichte Nutzfahrzeuge zum Einsatz kommen.Footnote 30

Im Güterverkehr können die Arten der eingesetzten Fahrzeuge und deren Eigenschaften stark variieren. So ist insbesondere bei Fahrzeugen, die vorranging im Fernverkehr eingesetzt werden, eine hohe Reichweite wichtig.

5.1 „Last-Mile“-Logistik

Das fortschreitende Wachstum des Onlinehandels hat das Aufkommen von Paketlieferungen deutlich erhöht. Die größere Anzahl von Zustellfahrzeugen hat vor allem in den Städten zu einer verstärkten Flächenkonkurrenz sowie zu Lärm und zunehmenden Schadstoffemissionen geführt.

Neue Verteilkonzepte, wie etwa Micro-Hubs, führen dazu, dass neben leichten Nutzfahrzeugen auch Lastenräder im Bereich der „Last-Mile“-Logistik eingesetzt werden.Footnote 31 Die Radverkehrsinfrastruktur ist jedoch nicht immer für die Ansprüche von Lastenfahrrädern ausgebaut, so dass auch eine Belieferung mit diesen Verkehrsmitteln nicht immer konfliktfrei ist. Eine allgemeine Stärkung des Rad- und Fußverkehrs führt zu einer zusätzlichen Attraktivitätssteigerung des Lastenfahrrads. Geschwindigkeitsvorteile gegenüber konventionellen Lieferfahrzeugen können entstehen oder ausgebaut werden.

Die zunehmende Fragmentierung und Häufigkeit der Sendungen, etwa durch Angebote wie „Same Day Delivery“, führen insgesamt zu einer Reduzierung der notwendigen Fahrzeuggrößen bei gleichzeitig höherer Fahrtenanzahl.Footnote 32 Neben Lastenfahrrädern werden weitere Lieferfahrzeuge vermehrt elektrifiziert und in ihrer Größe den spezifischen Anforderungen angepasst. Nahezu alle großen Logistikkonzerne, die im Kurier-Express-Paket (KEP)-Segment tätig sind, haben sich Ziele zur Elektrifizierung ihrer Flotten gesetzt. Vor allem für Fahrzeuge, die auf der „Letzten Meile“ zum Einsatz kommen, gibt es häufig konkrete Ziele.Footnote 33 Einsatzzeiten und Aktionsradien erlauben das Laden der entsprechenden Fahrzeuge im Depot oder am Unternehmensstandort. Öffentlich zugängliche Ladeinfrastruktur wird weder von Lastenrädern noch von anderen Lieferfahrzeugen in Anspruch genommen.

5.2 Elektrifizierung schwerer Nutzfahrzeuge

In der EU sind schwere Nutzfahrzeuge für etwa ein Viertel der CO2-Emissionen des Straßenverkehrs und für etwa 6 % der CO2-Emissionen sämtlicher Sektoren verantwortlich. Trotz technischer Verbesserungen nehmen diese Emissionen weiter zu, hauptsächlich aufgrund des wachsenden Straßengüterverkehrs. Mit der Verordnung 2019/1242 hat die Europäische Union Vorgaben zur Reduzierung der durchschnittlichen Emissionen neuer Lastkraftwagen für 2025 und 2030 festgelegt. Die Verordnung enthält auch einen Mechanismus, der Anreize für die Einführung emissionsfreier und emissionsarmer Fahrzeuge schaffen soll.Footnote 34

Ein hoher Energiebedarf, die damit einhergehend benötigten großen Batteriekapazitäten und die begrenzte Verfügbarkeit von Fahrzeugmodellen haben zu einer deutlich langsameren Adaption der Elektromobilität im Bereich der schweren Nutzfahrzeuge geführt.Footnote 35 Insgesamt gilt: Je schwerer das Fahrzeug, desto schwieriger ist eine batteriegestützte Elektrifizierung. Batterieelektrische Schwerlastnutzfahrzeuge sind weltweit bisher sehr selten. Global befinden sich etwa 31.000 solcher Fahrzeuge im Bestand. Im Jahr 2020 wurden etwa 6700 Fahrzeuge in China, 450 in Europa und 240 in den USA zugelassen.Footnote 36

In den nächsten Jahren ist mit einer Zunahme der Modellvielfalt emissionsfreier Nutzfahrzeuge zu rechnen. Dabei kommt sowohl batterieelektrische als auch brennstoffzellenbasierte Antriebstechnologie zum Einsatz. Im Bereich der Schwerlastnutzfahrzeuge als demjenigen Segment, in dem das stärkste Wachstum aller Nutzfahrzeuge erwartet wird, ist die größte Modellvielfalt derzeit in Europa vorzufinden. Für die Jahre 2022/2023 wird mit einer Markteinführung batterieelektrischer Modelle mit einer Reichweite von mehr als 1000 km gerechnet.Footnote 37 Die „European Automobile Manufacturers Association“ (ACEA) prognostiziert, dass im Jahr 2030 rund 200.000 batterieelektrische Lkw (größer 3,5 t) in europäischen Flotten vorhanden sein werden.Footnote 38

Neben dem Fahrzeughochlauf selbst stellt auch die Ladeinfrastruktur eine Herausforderung dar. Ähnlich wie im privaten Personenverkehr können im Wirtschaftsverkehr sowohl private als auch öffentlich zugängliche Ladeoptionen von Bedeutung sein. Die Fahrzeughersteller fordern, dass die Ladung für eine Fahrt von viereinhalb Stunden im Fernverkehr nicht länger als 45 min dauern darf. Nur so ließen sich Elektrofahrzeuge in bestehende Regularien und Geschäftsmodelle einfügen. Daher werden vor allem Lademöglichkeiten mit einer Leistung von mehr als 500 Kilowattstunden gefordert.Footnote 39