FormalPara Zusammenfassung

Der Beitrag konzentriert sich auf die Lebenssituation von Menschen mit geistiger Behinderung. Er geht der Frage nach, inwieweit sich das fachliche und gesellschaftliche Verständnis für Menschen mit geistiger Behinderung gewandelt (oder eben nicht gewandelt) hat, wobei zwei Aspekte im Zentrum stehen: (a) Die Wahrnehmung und ausdrückliche Anerkennung der Ressourcen und Kompetenzen, (b) die Umsetzung der Rehabilitations- und produktiven Veränderungspotenziale. Vor dem Hintergrund dieser beiden Bereiche der Analyse diskutiert der Beitrag Fragen der Teilhabe wie auch des gleichberechtigten Zugangs zur gesundheitlichen – und dies heißt auch: rehabilitativen – Versorgung sowie der gegebenen (vs. mangelnden) Expertise von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Versorgungssystems mit Blick auf Bedarfe und Bedürfnisse, auf Kompetenzen und Vulnerabilitäten von Menschen mit geistiger Behinderung. Es wird auf die Notwendigkeit hingewiesen, die medizinisch-rehabilitative und pflegerisch-rehabilitative Versorgung systematisch auszubauen, wobei die in den beiden vergangenen Jahrzehnten erzielten Fortschritte in der differenzierten Einschätzung von Rehabilitations- und produktiven Veränderungspotenzialen nicht übersehen werden dürfen. Der Beitrag legt – in seiner ethischen Rahmung – großes Gewicht auf die Explikation des Person-Verständnisses und – daraus folgend – auf die Wahrnehmung und unbedingte Anerkennung der Personalität von Menschen mit geistiger Behinderung, die ihrerseits auf Konzepten wie jenen der Selbstverantwortung und Autonomie fundiert.

This article focuses on the life situation of people with intellectual disabilities. It explores the question of the extent to which the professional and societal understanding of people with intellectual disabilities has changed (or not changed), focusing on two aspects: (a) the perception and explicit recognition of resources and competencies, (b) the implementation of rehabilitation and productive change potentials. Against the background of these two fields of analysis, the article discusses (a) questions of participation, as well as (b) equal access to health and rehabilitative care, and (c) the given (vs. lack of) expertise of care givers with regard to needs and requirements, competencies and vulnerabilities of people with intellectual disabilities. It points out the need to systematically expand medical-rehabilitative and nursing-rehabilitative care, while not overlooking the progress made in the past two decades in the differentiated assessment of rehabilitation and productive change potentials. The article – in its ethical framing – places great emphasis on the explication of the understanding of the person and – following from this – on the perception and unconditional recognition of the personhood of people with intellectual disabilities, which in turn also underpins concepts such as those of self-responsibility and autonomy.

1 Einleitung

Die verbesserten Teilhabe-, Bildungs- und Lebensbedingungen, der demographische Wandel und die Verbesserungen mit Blick auf die Kompetenzförderung sowie der medizinische Fortschritt der letzten Jahrzehnte gehen damit einher, dass auch und besonders bei Menschen mit einer geistigen Behinderung die Lebenserwartung gestiegen ist. Dabei ist ein höheres Lebensalter nicht zuletzt mit einem erhöhten Risiko der Pflegebedürftigkeit verbunden. In diesem Beitrag soll der Frage nachgegangen werden, welche spezifischen Herausforderungen sich für die pflegerische Versorgung und Begleitung von älteren Menschen stellen, die eine geistige Behinderung aufweisen. Ausgangspunkt ist dabei die wiederholt im fachwissenschaftlichen Diskurs hervorgehobene Beobachtung, dass die professionelle Pflege und Betreuung dieser Personengruppe überwiegend von Pflegefachpersonen übernommen wird, deren Kompetenzprofil den speziell heil-erziehungspflegerischen Anforderungen und den spezifischen Bedürfnissen und Bedarfen von älteren Menschen mit geistiger Behinderung nicht oder nur in Teilen entspricht (Ding-Greiner und Kruse 2010; Ding-Greiner 2021a). Bei Eintritt einer altersassoziierten Pflegebedürftigkeit bei Menschen mit geistiger Behinderung stellen sich zahlreiche Fragen für die professionellen Akteure, die dieser Personengruppe mit ihren spezifischen Ressourcen-Vulnerabilitätsprofilen in ihrer je eigenen Lebens- und Pflegesituation gerecht werden wollen. Ausgewählte Aspekte dieser Thematik sollen nachfolgend skizziert werden.

Die Reflexion auf spezifische Herausforderungen in der Pflege und Begleitung von älteren Menschen mit geistiger Behinderung beginnt bereits auf konzeptioneller Ebene mit dem Nachdenken darüber, dass sich die jeweils einzigartige Person schon immer zu einem gewissen Grade sozial gewachsenen Kategorien bzw. Konstrukten entzieht. Was als eine geistige bzw. seelische Behinderung angesehen wird, ist nicht zuletzt wesentlich von dem abhängig, was jeweils kulturell als geistige Norm(alität) vorausgesetzt wird. Die Kategorie der Behinderung kann daher zunächst als „soziale Konstruktion einer negativen Abweichung von Normalitätserwartungen“ (Wansing 2014, S. 212) bezeichnet werden. Es lässt sich schließlich sogar in Frage stellen, ob es vor diesem Hintergrund sowie angesichts der großen Heterogenität der angesprochenen Personengruppe eine allgemeingültige Definition geistiger Behinderung überhaupt geben kann bzw. geben sollte (Wacker 2012). Verkompliziert wird dies zusätzlich dadurch, dass eine Vielzahl theoretisch-konzeptioneller Zugänge verschiedener wissenschaftlicher Disziplinen zu einer disparaten Vielfalt an Bestimmungsversuchen des Phänomens der geistigen Behinderung geführt hat (Haveman und Stöppler 2020).

Für die Themenstellung des vorliegenden Beitrags kann es hilfreich sein, auf die klinische Perspektive auf geistige Behinderung zurückzugreifen, wobei sich diese basal als nicht fortschreitende Schädigung des Gehirns verstehen lässt, die schon vor dem Abschluss der Hirnreifung eingetreten ist. Die resultierende Behinderung ist als Folge der Schädigung zu bestimmen und nicht als Krankheit (Kruse und Ding-Greiner 2012). Mit der American Association on Intellectual and Developmental Disabilities (AAIDD) lässt sich geistige Behinderung (intellectual disability) genauer als Sammelbegriff für Einschränkungen des Intellekts (intellectual functioning) sowie der Anpassungsfähigkeit einer Person (adaptive behavior) verstehen, die mit Beeinträchtigungen verschiedener messbarer Handlungskompetenzen einhergehen – von abstrakten Fähigkeiten (conceptual skills) über soziale Fähigkeiten (social skills) bis hin zu praktischen Fähigkeiten (practical skills) (Haveman und Stöppler 2020; AAIDD 2022).

2 Datenlage

Verlässliche epidemiologische Daten zu Menschen mit geistiger Behinderung im hohen und höheren Lebensalter sind nur teilweise verfügbar, da keine prinzipielle Meldepflicht für geistige Behinderungen oder psychische Erkrankungen besteht (Ding-Greiner 2021b). Anders verhält sich dies bei Menschen, deren Behinderung den Behinderungsgrad von 50 überschreitet und somit als Schwerbehinderung einzustufen ist: Durch die Erhebungen des Statistischen Bundesamtes ist es hier möglich, einen genaueren Überblick zu gewinnen: Das Ergebnis der Statistik der schwerbehinderten Menschen für das Jahr 2019 etwa war, dass Ende des Jahres 2019 insgesamt 7,9 Mio. Menschen in Deutschland amtlich als Schwerbehinderte anerkannt waren, was einem Anteil von ca. 9,5 % der Gesamtbevölkerung entspricht. Bezüglich des Alters lässt sich dabei eine Korrelation festhalten, insofern Behinderungen in älteren Personengruppen häufiger auftreten: Am häufigsten sind mit 43,8 % die 55- bis 75-Jährigen betroffen – gefolgt von der Gruppe der ab bzw. über 75-Jährigen, die mehr als ein Drittel (34,5 %) der Betroffenen bilden (Statistisches Bundesamt 2020). Dies ist nicht zuletzt deswegen bemerkenswert, weil der Anteil der Menschen über 55 an dem Bevölkerungsteil ohne Behinderung lediglich 32 % beträgt (Statistisches Bundesamt 2021). Weiter differenzieren lassen sich diese Daten nach der Form der jeweiligen Behinderungen: Geistige Behinderungen, die im vorliegenden Beitrag den Schwerpunkt bilden sollen, machten zusammen mit seelischen Behinderungen 13,3 % der Behinderungen aus; daneben entfielen auf zerebrale Störungen etwas weniger als ein Zehntel (9 %). Die größte Gruppe stellen mit mehr als der Hälfte (58,4 %) Menschen dar, die an einer körperlichen Behinderung leiden. Bei 19,3 % war die Art der schwersten Behinderung nicht angegeben. Im Zuge der statistischen Auswertungen des Kurzberichts 2019 finden sich die genaueren Daten zu Menschen mit geistig-seelischen Behinderungen in der übergeordneten Kategorie „Querschnittlähmung, zerebrale Störungen, geistig-seelische Behinderungen, Suchtkrankheiten“. In dem vom Kurzbericht erfassten Zeitraum von 2005 bis 2019 nahm die Anzahl schwerbehinderter Menschen in derselben Kategorie kontinuierlich zu: Zuletzt ließ sich etwa von 2017 auf 2019 ein 5,8%iger Anstieg verzeichnen. Exemplarisch seien hier ausgewählte absolute Zahlen der insgesamt 358.202 ab bzw. über 75-jährigen Menschen in Deutschland genannt, die am 31. Dezember 2019 unter dieser Kategorie erfasst wurden: Besonders häufig trat dabei das hirnorganische Psychosyndrom (Hirnleistungsschwäche, organische Wesensänderung) auf, wobei dieses bei 121.904 betroffenen Personen ohne und bei 133.086 Menschen mit neurologischen Ausfallserscheinungen am Bewegungsapparat auftrat. Hirnorganische Anfälle (auch mit geistig-seelischen Störungen) traten wiederum bei 14.642 der Betroffenen ohne sowie bei 10.390 Personen mit ebensolchen Ausfallerscheinungen auf. Störungen der geistigen Entwicklung wie etwa eine Lern- oder geistige Behinderung konnten für 10.387 Personen erfasst werden. Nicht nur bei den ab 75-jährigen Menschen mit einer schweren Behinderung, sondern auch bei anderen Altersgruppen steigt dabei der Anteil von Menschen mit einer Lern- oder geistigen Behinderung: Zuletzt war diesbezüglich etwa von 2017 auf 2019 ein Anstieg um 6,7 % zu verzeichnen (Statistisches Bundesamt 2020). Die Gründe für diesen Anstieg sind vielschichtig, jedoch lassen sich vor allem der rechtstaatlich garantierte Schutz von Menschen mit Behinderung sowie der rasante Fortschritt im medizinisch-technologischen Bereich als zwei exemplarische Faktoren anführen. Bezüglich des ersteren Faktors sei darauf hingewiesen, dass in Deutschland immer mehr Generationen von Menschen mit Behinderung das Rentenalter erreichen, die nach der NS-Herrschaft und deren systematischer Ermordung von Menschen mit Behinderung geboren wurden (Reibold 2010; BMFSFJ 2016; Wahl et al. 2022).

Weitere Daten, die einen Einblick in die Lebenssituation von Menschen mit (geistiger) Behinderung geben, lassen sich über die Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe und der Eingliederungshilfe (BAGüS) beziehen: Diese konnte für das Berichtsjahr 2019 feststellen, dass in diesem Jahr insgesamt 417.234 volljährige Menschen mit Behinderung in stationären Einrichtungen oder in ambulant unterstützten Wohnformen Wohnbetreuung erhielten. Von diesen lebten 52,1 % in ambulant unterstützten Wohnformen (1,4 % davon in Pflegefamilien), während 47,9 % in einer stationären Einrichtung wohnten. Unter den stationär betreuten Menschen überwogen mit beinahe zwei Dritteln (63,4 %) Menschen mit einer geistigen Behinderung, gefolgt von 30 % Personen mit einer seelischen und 6,6 % Personen mit einer körperlichen Behinderung. Im ambulanten Bereich waren umgekehrt 70,9 % der Menschen von einer seelischen Behinderung betroffen, während knapp ein Viertel (24,9 %) der Personen eine geistige und 4,2 % eine körperliche Behinderung aufwiesen – eine Verteilung, die seit 2008 im Wesentlichen unverändert geblieben ist (BAGüS 2021).

3 Zugänglichkeit der gesundheitlichen Versorgung

Wie der Siebte Altenbericht festhält, sind „[f]ür verschiedene soziale Gruppen Älterer […] die Zugangschancen zu sozialer Teilhabe, gesundheitlicher Versorgung und Formen des Engagements ungleich verteilt“ (BMFSFJ 2016, S. 54); in besonderer Weise gilt dies – wie auch der Dritte Teilhabebericht der Bundesregierung verdeutlicht hat – für Menschen mit Behinderung (BMAS 2021). Menschen mit einer geistigen Behinderung sind in Fragen einer adäquaten gesundheitlichen und pflegerischen Versorgung mit einigen Barrieren konfrontiert: Neben der räumlichen Ebene bestehen diese auch auf der kommunikativen sowie der Wissensebene, da bspw. viele niedergelassene Ärztinnen und Ärzte häufig nicht über die erforderliche Expertise verfügen, um eine angemessene medizinische Betreuung sicherzustellen. In kommunikativer Hinsicht sind sie wiederum oftmals nicht in der Lage, bei verbalen Defiziten der Menschen mit geistiger Behinderung eine geeignete Kommunikationsform zu finden. Wissensdefizite sowie erschwerende strukturelle Bedingungen (etwa Zeitdruck und Personalknappheit) lassen sich ebenso vonseiten der fachpflegerischen Versorgung von Menschen mit einer geistigen Behinderung konstatieren (BMAS 2021; Ding-Greiner 2021b). Als Barrieren des Zugangs von Menschen mit geistiger Behinderung im hohen oder höheren Lebensalter zu einer adäquaten gesundheitlichen Versorgung gelten darüber hinaus motorische Einschränkungen, hohe Kosten verbunden mit einem hohen Zeitaufwand sowie ein „geringer sozialer Status von älteren Menschen mit Behinderung“ (Kruse 2010a, S. 228). Auf allgemeiner Ebene kann festgehalten werden, dass Menschen mit geistiger Behinderung im Vergleich zur Gesamtbevölkerung weniger kurative, gesundheitsfördernde, präventive und rehabilitative Angebote erhalten, gleichzeitig jedoch umso häufiger von Übermedikalisierung (besonders, um auf das Verhalten einzuwirken) betroffen sind (Stölting et al. 2021). Mit Weber und Rojahn ist festzuhalten, dass etwa Psychopharmaka „teilweise zu Recht einen schlechten Ruf erlangt [haben]. Sie werden in der Praxis oft zu häufig und in zu hohen Dosen verschrieben, und die gleichzeitige Verabreichung mehrerer psychopharmakologischer Präparate ist eher die Regel als die Ausnahme“ (Weber und Rojahn 2009, S. 361). Es ergibt sich daraus insgesamt die Schlussfolgerung, dass „[e]lementare Gesundheits- und Pflegebedürfnisse und damit einhergehend ein Höchstmaß an Lebensqualität und Teilhabe […] unter den aktuellen Bedingungen nur unzureichend erfüllt [werden]“ (Stölting et al. 2021, S. 81). Angelehnt an Seidel identifiziert Ding-Greiner zusammenfassend einen Verbesserungsbedarf in der gesundheitlichen Versorgung von Menschen mit geistiger Behinderung auf den folgenden acht Ebenen (Ding-Greiner 2021b, S. 38):

  • Haltung und Einstellung zu Menschen mit Behinderung: Wertschätzung und Respekt

  • Haltung zu „Behinderung“

  • Fachwissen

  • Handlungskompetenz

  • Kommunikationskompetenz

  • Interpretationskompetenz

  • Zugänglichkeit

  • Barrierefreie Räumlichkeiten und barrierefreie Raumgestaltung (Licht, Orientierung)

4 Der Alternsprozess von Menschen mit geistiger Behinderung

Zunächst ist festzuhalten, dass Menschen mit einer geistigen Behinderung nicht grundsätzlich auf andere Weise altern als Menschen ohne geistige Behinderung. In theoretisch-konzeptuellen Beiträgen zum Verlauf und zur Gestaltbarkeit von Entwicklungsprozessen über die Lebensspanne dürfen zentral hervorgehobene Konstrukte wie Heterogenität, Multidimensionalität und Multidirektionalität, Plastizität, Potenzialität, Vulnerabilität oder Selbst- und Weltgestaltung auch in der Beschreibung und Erklärung von Alternsprozessen bei Menschen mit geistiger Behinderung nicht vernachlässigt werden. Alternsprozesse von dieser Personengruppe können jedoch durch spezifische, auf die Beeinträchtigung zurückzuführende Einschränkungen beeinflusst sein (Kruse 2010a; Deutscher Ethikrat 2018). So ist bspw. das Risiko von Menschen mit geistiger Behinderung, über die Lebensspanne hinweg, am Nervensystem, an den Sinnesorganen, der Schilddrüse, der Haut, dem Herz-Kreislauf-System, den Atemwegen oder den Verdauungsorganen zu erkranken, im Vergleich zur Gesamtbevölkerung erhöht; des Weiteren ist das Risiko, im hohen bzw. höheren Lebensalter psychisch zu erkranken, für Menschen mit einer geistigen Behinderung ebenfalls nachweislich erhöht (Kruse 2010a; BMAS 2021; Ding-Greiner 2021b; Griebler et al. 2021).

Auch innerhalb dieser Bevölkerungsgruppe gibt es wiederum beeinträchtigungsspezifische Unterschiede, da bspw. Menschen mit Down-Syndrom deutlich häufiger von Erkrankungen der Haut (z. B. Verdickung, Trockenheit, Pilzinfektionen), Essstörungen, Einschränkungen des Bewegungsapparats und Sinnesbeeinträchtigungen betroffen sind als Menschen mit einer geistigen Behinderung ohne Down-Syndrom (BMFSFJ 2016; Ding-Greiner 2021b). Darüber hinaus sind besonders Menschen mit Down-Syndrom häufig und im gesamtgesellschaftlichen Vergleich eher früh von Demenzerkrankungen betroffen (Kruse 2010b; Zeilinger et al. 2013). Ohnehin gilt, dass Menschen mit einer geistigen Behinderung im Vergleich zur Gesamtbevölkerung einer stärkeren Gefahr unterliegen, an einer Alzheimer-Demenz zu erkranken (BMFSFJ 2016).

5 Anerkennung der Personalität

An dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, dass die Personengruppe von demenziell erkrankten Menschen mit geistiger Behinderung eine besondere Vulnerabilität aufweist, der es im Rahmen der Pflege, Betreuung und Begleitung adäquat zu begegnen gilt. Die als Edinburgh Principles bekannten sieben Leitsätze, die im Jahr 2001 im Rahmen einer internationalen Konferenz von der Edinburgh Working Group on Dementia Care Practices erarbeitet und in Folge von der International Association for the Scientific Study of Intellectual and Developmental Disabilities (IASSID) angenommen wurden, können an dieser Stelle als orientierender Rahmen für den Schutz und die Gleichstellung von demenziell erkrankten Menschen mit geistiger Behinderung gelten (Wilkinson und Janicki 2002). Mit dem ersten Leitsatz wird dabei die Grundlage formuliert, dass die Erhaltung und Verbesserung der Lebensqualität in der Pflege und Betreuung von Menschen, die an einer Demenz und einer geistigen Behinderung leiden, von einem personzentrierten Ansatz auszugehen hat. Generell gilt, dass eine personzentrierte Haltung bzw. Ausrichtung des pflegerischen Sorgehandelns, die das Personsein des Pflegebedürftigen in den Mittelpunkt rückt, die Grundlage für eine gute Pflege darstellt – und dies in den verschiedensten Pflegesituationen (Bartholomeyczik und Halek 2017). In Bezug auf Menschen mit Demenz hat dies besonders der britische Sozialpsychologe und Theologe Tom Kitwood betont, der dabei Ansätze der humanistischen Psychologie bzw. der klientenzentrierten Therapie nach Rogers mit Impulsen aus der Dialogphilosophie Bubers zusammenführte (Kitwood 2019; Güther 2019). Seine Beobachtung, dass sich in der Gesellschaft Tendenzen abzeichneten, „Menschen mit schwerer körperlicher oder seelischer Behinderung zu depersonalisieren“ (Kitwood 2019, S. 38), führte unmittelbar zu der Forderung, das Personsein dieser vulnerablen Personengruppen zu schützen und zu stärken. Tatsächlich gilt für Menschen mit einer Demenzerkrankung ebenso wie für Menschen mit einer Behinderung – besonders einer geistigen –, dass ihr Personstatus und der damit verbundene Würdeanspruch immer wieder in Zweifel gezogen wird. Dies muss den Akteuren nicht immer bewusst sein, sondern kann immer wieder auch implizit in diskriminierenden Verhaltensweisen etwa bei der Allokation bzw. Vorenthaltung angemessener Therapie-, Rehabilitations-, Pflege- und gesundheitserhaltender bzw. gesundheitsfördernder Maßnahmen oder im persönlichen Umgang zu Tage treten. Kitwood spricht in einem solchen Zusammenhang von „maligner Sozialpsychologie“ (Kitwood 2019, S. 39). Ein in solchen Fällen zugrunde liegendes Menschenbild ist insofern als reduktionistisch zu kritisieren, als es das Personsein eines Menschen und alle damit einhergehenden ethischen Ansprüche auf eine vordefinierte Norm an zerebraler Funktionsfähigkeit reduziert (Fuchs 2010; Ritzi und Kruse 2019). Infolge dieser Reduktionismen werden Einbußen oder Beeinträchtigungen der kognitiven Fähigkeiten durch eine Behinderung oder eine (z. B. Demenz-)Erkrankung als Einbußen des Personstatus verstanden. Eine Widerlegung dieser Position, wie sie anderswo tiefgreifender erfolgt (Ritzi 2022), betont demgegenüber, dass die Vulnerabilität, die in einer (geistigen) Behinderung oder einer Demenzerkrankung zum Ausdruck kommt, kein der Humanität abträgliches Spezifikum einzelner Personengruppen darstellt, sondern als zentraler Aspekt der conditio humana das Menschsein selbst prägt. Die Personalität des Menschen mit oder ohne Behinderung verwirklicht sich nicht trotz Vulnerabilität, sondern vermittelt durch Vulnerabilität. Die Anerkennung dieser Personalität und Vulnerabilität von Menschen mit einer geistigen Behinderung manifestiert sich im pflegerischen Handeln konkret darin, in den Kommunikations- und Verhaltensweisen des jeweiligen Menschen mithin Ausdrucksformen seines personalen Kerns, d. h. seines Wesens, nicht bloß zu erkennen, sondern auch anzuerkennen (Kruse 2017; Ritzi 2022).

Unmittelbar an die Personzentrierung des ersten Leitsatzes anknüpfend hält der zweite Leitsatz fest, dass jede Entscheidung von bzw. über die individuelle Person von ihren je eigenen Wünschen, Fähigkeiten, Fertigkeiten und Stärken auszugehen hat. Dies impliziert laut dem dritten Leitsatz auch und besonders, dass die Person selbst ebenso wie ihre An- und Zugehörigen möglichst weitgehend an den entsprechenden Entscheidungs-, Planungs- und Assessment-Prozessen teilhaben und aktiv in diese eingebunden werden. Viertens ist als eine Voraussetzung für das Gelingen guter Pflege und Versorgung von demenziell erkrankten Menschen mit geistiger Behinderung der Ressourcenaspekt zu thematisieren: Hier müssen die nötigen Mittel für eine fachgerechte Diagnostik, medizinische Therapie und pflegerische Versorgung zur Verfügung gestellt werden, um die jeweils eigenen Bedarfe und Bedürfnisse der betroffenen Menschen erfüllen und ihnen ein gutes Altern ermöglichen zu können. Der fünfte Leitsatz adressiert den räumlich-wohnlichen Kontext sowie die soziale Einbettung, da diese von nicht zu unterschätzender Bedeutung für die Lebensqualität demenziell erkrankter Menschen mit geistiger Behinderung sind: Hier sind alle Mittel darauf zu verwenden, dass die Person am Ort ihrer Wahl verbleiben und an diesem – sei es ambulant, sei es stationär – die benötigte Pflege und Versorgung erhalten kann. Sechstens spricht sich die IASSID entschieden dafür aus, dass Menschen mit geistiger Behinderung, die an einer Demenz erkrankt sind, anderen Menschen mit Demenz, die keine geistige Behinderung aufweisen, gleichgestellt werden und denselben Zugang zu medizinischer und pflegerischer Versorgung haben. Dies eröffnet zuletzt mit dem siebten und letzten Leitsatz auch eine gesellschaftlich-politische Makroperspektive, insofern hier die Regierung sowie zuständige Behörden und Institutionen aufgerufen werden, die Bedarfe und Bedürfnisse von demenzkranken Menschen mit geistiger Behinderung in der Gegenwart und in Zukunft in die Gesundheitsplanung zu integrieren (Ding-Greiner 2021b).

Neben dem durch Beeinträchtigungen erhöhten Risiko physischer und/oder psychischer Erkrankungen im Laufe des Alternsprozesses können sich auch durch die Beeinträchtigung bedingte Unterschiede in der Biographie und Lebensführung auf das Altern und die Gesundheit auswirken. So üben etwa die institutionellen Rahmenbedingungen, in denen sich Menschen aufgrund ihrer Behinderung in teils langen Phasen ihres Lebens befinden, einen gewissen Einfluss auf das Altern dieser Personen aus (Deutscher Ethikrat 2018). Bei Menschen mit einer geistigen Behinderung, die in ein produktives und auf ihre Bedürfnisse ausgerichtetes Arbeitsverhältnis eingebettet waren, kann etwa der Übergang in den Ruhestand besondere Herausforderungen bergen, da ihnen dadurch soziale Netzwerke und eine unterstützende Tagesstrukturierung verloren gehen können (BMFSFJ 2016). Für viele ältere Menschen mit geistiger Behinderung ist die Übergangsphase nach der beruflichen Tätigkeit mit großen Unsicherheiten verbunden, in welchem Ausmaß es auch zukünftig gelingen kann, persönliche Netzwerke zu finden bzw. aufrechtzuerhalten und soziale Anerkennung zu erfahren (Kruse 2010a). Mit anderen Worten bedarf es also der Vorbereitung und des Angebots einer Nacherwerbsphase außerhalb der jeweiligen Institution (z. B. der Werkstatt für Menschen mit Behinderung), in der der Alltag sowie das eigene Altern produktiv gestaltet und erfahren werden kann – und dies trotz der altersgebundenen Einschränkungen und Verlusterfahrungen (Kruse und Ding-Greiner 2003). Steigt der Pflegebedarf mit zunehmendem Alter und fallen etwa durch den Tod Angehöriger (in vielen Fällen der Eltern) familiäre Sorgestrukturen weg, so steigt des Weiteren das Risiko, dass mit diesem erhöhten Pflegebedarf der Umzug in eine stationäre Altenpflegeeinrichtung erforderlich wird. Dieser wiederum kann oft zu einer verschlechterten Situation für die betroffene Person führen, da Personal und Ausstattung dieser Einrichtung – wie eingangs erwähnt – selten adäquat auf die Pflege und Betreuung von Menschen mit geistiger Behinderung ausgerichtet sind (Weber und Fritsch 1999; Kruse 2010a; BMFSFJ 2016). Zudem zeigt die Studienlage, dass ein zentraler Wunsch von Menschen mit (geistiger) Behinderung oftmals darin besteht, in der Einrichtung bleiben zu können, in der sie den Großteil ihres Lebens verbracht haben (Wahl et al. 2022). Nicht zu unterschätzen ist darüber hinaus, dass Menschen mit geistiger Behinderung einen solchen Umbruch und die damit einhergehenden Belastungen aufgrund einer häufig verringerten affektiv-emotionalen Kontrolle psychisch umso intensiver erfahren (Haveman 1997; Kruse 2010a).

6 Teilhabe und Inklusion

Über den institutionellen Rahmen hinaus beeinflussen auch allgemeine gesellschaftliche Stereotype gegenüber alten Menschen und Menschen mit Behinderung deren Lebensführung: Häufig wird dabei die Fähigkeit zur Plastizität von Menschen mit Behinderung verkannt (Deutscher Ethikrat 2018). Dass auch Menschen mit den unterschiedlichsten Behinderungen und Behinderungsgraden zu positiven Entwicklungen z. B. im Hinblick auf Selbstbestimmung und Teilhabe fähig sind, gerät demgegenüber erst durch einen Wechsel von einer vornehmlich defizitorientierten Verletzlichkeits- auf die Potenzialperspektive in den Blick (Kruse 2017; Deutscher Ethikrat 2018). Dies gilt dabei sowohl für die beteiligten professionellen Akteure als auch für die Betroffenen selbst, da es auch hier von zentraler Bedeutung ist, wie Menschen mit Behinderung im hohen und höheren Lebensalter ihre eigene Verletzlichkeit sowie ihre eigenen Potenziale wahrnehmen. Für Menschen mit einer geistigen Behinderung kann dies – ebenso wie bei Menschen ohne Beeinträchtigung – ganz unterschiedlich stattfinden: In Auseinandersetzung mit dem eigenen Altern können altersbedingte Veränderungen erkannt und akzeptiert oder umgekehrt verleugnet und verdrängt werden.

Während Menschen mit einer geistigen Behinderung ihre Verletzlichkeit durch ihre Angewiesenheit auf Hilfe und Betreuung stets mehr oder weniger vor Augen steht, kann vieles dazu beitragen, dass sie ihre eigenen Potenziale nicht erkennen: Zusätzlich zu ihrer kognitiven Einschränkung gepaart mit der oftmals eingeschränkten verbalen Kommunikationsfähigkeit kann vor allem eine historisch weit zurückreichende, abwertende Einstellung der Gesellschaft hierzu beitragen. Nach wie vor haben im öffentlichen Diskurs etwa um Diversität, Inklusion und Exklusion „Fragen des Umgangs mit Abweichungen, also Personen, die einer gesellschaftlichen Normalitätserwartung nicht entsprechen, sei es durch […] Handlungsgeschwindigkeit, besondere Lebenslagen oder andere als Defizite interpretierte Vielfaltsmerkmale“ (Wahl et al. 2022, S. 82) nicht an Aktualität verloren. Tatsächlich lässt sich – etwa mit Blick auf die zuvor skizzierten Tendenzen zur Depersonalisierung – die Frage stellen, ob unsere Gesellschaft unterdessen gelernt hat, überzeugend, offen und vorurteilsfrei mit Menschen umzugehen, die eine geistige Behinderung aufweisen. Vor diesem Hintergrund bedarf es einer immer wieder vorzunehmenden gesamtgesellschaftlichen, kritischen Selbstreflexion (Wacker 2013), denn „[s]oziale Distanz gegenüber Behinderung und deren Stigmatisierung können sich auf die soziale Integration, die Identität sowie auf die Lebensführung“ (Beck 2020, S. 61) eines Menschen mit Behinderung auswirken: Eine Marginalisierung und Abwertung von Menschen mit geistiger Behinderung kann nicht zuletzt geradezu von diesen internalisiert werden, was etwa – um nur ein Beispiel zu nennen – in Selbstzuschreibungen zum Ausdruck kommen kann, in denen sie sich sogar noch im hohen Alter als unmündige Kinder bezeichnen bzw. wahrnehmen (Ding-Greiner 2021b). Hierin sind nicht zuletzt die Folgen einer lang anhaltenden Phase der Exklusion von Menschen mit geistiger Behinderung zu vermuten, bei der Ungleichheit und Benachteiligung kombiniert zum Vorschein treten (Wacker 2013). Nach wie vor ist die soziale Teilhabe dieser Personengruppe nachhaltig erschwert (Wacker 2016; BMAS 2016, 2021). Auf die besondere Bedeutung der Teilhabe weist prominent die UN-Behindertenrechtskonvention hin, indem sie das Phänomen der Behinderung u. a. ausgehend von den Teilhabemöglichkeiten versteht (Hirschberg 2020): Folgt man Artikel 1 der Konvention, schließt der Begriff „Menschen mit Behinderungen“ solche Personen ein, „die langfristige körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, welche sie in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern können.“ (Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen 2018, S. 8) Besondere Bedeutung kommt dabei dem Konzept des Empowerments zu, und zwar insofern, als dass es Menschen mit geistiger Behinderung darin zu unterstützen gilt, ihre jeweils eigenen Vorstellungen von einer guten medizinischen, pflegerischen und sozialen Versorgung selbstverantwortlich zu formulieren und den Alltag entsprechend den individuellen Vorstellungen eines guten Lebens zu gestalten (Weber und Fritsch 1999; Kruse 2010a; Wansing 2013; Wacker 2016; Haveman und Stöppler 2020).

7 Zielgruppenspezifische Kompetenzen

Abschließend sei erneut die anfangs besprochene Beobachtung aufgegriffen, dass die Pflegefachpersonen, die im Rahmen der Altenhilfe z. B. in der stationären Langzeitpflege auch mit der Pflege und Begleitung von älteren Menschen mit geistiger Behinderung betraut sind, oftmals nicht über die nötige fachliche Expertise verfügen, um dieser Personengruppe in einem ganzheitlichen Sinne adäquat begegnen zu können. Tatsächlich haben die vorangegangenen Ausführungen gezeigt, dass Menschen mit geistiger Behinderung spezifische Bedarfe und Bedürfnisse aufweisen können, die es zu erkennen und wahrzunehmen gilt. In diesem Sinne bedarf es eines differenzierten beruflichen Kompetenzprofils sowohl auf dem Gebiet der Altenpflege als auch auf demjenigen der Heilerziehungspflege – eine Kombination bzw. ein Idealzustand, der in beiden Praxisfeldern eher selten anzutreffen ist: Im Kontext der Langzeitpflege alter Menschen sind zum gegenwärtigen Zeitpunkt unter Pflegefachkräften vor allem Alten- sowie Gesundheits- und Krankenpflegefachkräfte tätig, deren Ausbildung die spezifischen Bedarfe und Anforderungen an eine fachlich fundierte Pflege und Betreuung von älteren Menschen mit geistiger Behinderung – wenn überhaupt – nur am Rande thematisiert hat (Ding-Greiner 2021b). Ob die generalistische Pflegeausbildung, die in ihrer aktuellen Umsetzung tendenziell weniger mit einem höheren, sondern eher mit einem niedrigeren Maß an Spezialisierung einhergeht, diese Kompetenzdefizite ausgleichen kann, wird sich im Laufe der kommenden Jahre zeigen. Ob sich der wachsende Bedarf (auch) an zielgruppenspezifischen Kompetenzen für eine fachlich fundierte Pflege und Betreuung von älteren Menschen mit geistiger Behinderung durch das Pflegeberufegesetz curricular in entsprechenden Bildungseinrichtungen niederschlägt, bleibt ebenfalls abzuwarten.

8 Fazit

Ziel dieses Beitrags war es, ausgewählte Aspekte aufzuzeigen, die es für eine gute und fachlich fundierte Pflege, Betreuung und Begleitung von älteren Menschen mit geistiger Behinderung zu berücksichtigen gilt. Das Berufsfeld der professionellen Pflege wird zunehmend komplexen und hochkomplexen Pflegesituationen begegnen, die nicht nur gerontologisch-pflegerische Fachexpertise, sondern auch Kompetenzen auf dem Gebiet der Heilerziehungspflege erfordern. Mit Blick auf die Datenlage der amtlichen Erhebungen konnte dabei aufgezeigt werden, dass der Bevölkerungsanteil von Menschen mit einer geistigen Behinderung zunimmt und dass immer mehr Personen mit geistiger Behinderung ein höheres Lebensalter erreichen. Trotz positiver Entwicklungen zur Sicherung der Teilhabe von älteren Menschen mit geistiger Behinderung sowie deren adäquater medizinisch-pflegerischer Versorgung zeichnen sich dabei deutliche Barrieren ab: Diese beginnen bereits unmittelbar auf räumlicher Ebene, erstrecken sich jedoch auch auf den Umgang mit kommunikativen und motorischen Einschränkungen der Betroffenen, Wissens- und Kompetenzdefizite der medizinischen und pflegerischen Akteure und erschwerende strukturelle Bedingungen bis hin zu tieferliegenden Fragen der Haltung gegenüber Menschen mit Behinderung.

Auch wenn sich die Alternsprozesse von Menschen mit und ohne geistige Behinderung im Wesentlichen nicht voneinander unterscheiden, konnten einige beeinträchtigungsspezifische Einschränkungen von Menschen mit Behinderung aufgezeigt werden, die die Pflegesituation im Falle einer altersassoziierten Pflegebedürftigkeit beeinflussen. So ist etwa durch eine geistige Behinderung auch das Risiko für bestimmte körperliche und psychische Erkrankungen erhöht, wie etwa im Falle der Alzheimer-Demenz besonders bei Menschen mit Down-Syndrom. Nicht nur, aber auch im Kontext von Demenzerkrankungen wurde dabei die Wichtigkeit einer personzentrierten Haltung bzw. Ausrichtung der Pflege und Betreuung von Menschen mit geistiger Behinderung betont. Eine wichtige Orientierung für die Pflegepraxis um demenziell erkrankte Menschen mit geistiger Behinderung bieten die als Edinburgh Principles bekannt gewordenen Leitsätze. Von den spezifischen Herausforderungen, die sich aus einem altersassoziierten Übergang in die Pflegebedürftigkeit ergeben können, wurde besonders der plötzliche Wegfall von unterstützenden Tagesstrukturen und gewohnten sozialen Netzwerken erwähnt, den das Ende einer beruflichen Tätigkeit etwa in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung bedeuten kann. Vor diesem Hintergrund bedarf es zusammenfassend gesellschaftlicher Teilhabemöglichkeiten und Strukturen, die nicht nur die Verletzlichkeitsperspektive, sondern auch und besonders die Potenzialperspektive auf bzw. von ältere(n) Menschen mit geistiger Behinderung adressieren.