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1 Translation in religiösen und notariellen Texten: Übersicht und Fragestellungen

Im Forschungsprojekt zur kolonialen Übersetzung in Neu-Spanien geht es darum, Konzept(e) von Translation anhand religiöser und notarieller Texte des 16. bis 18. Jahrhunderts und deren intertextuelle Beziehungen zu rekonstruieren, die in einer spezifischen Region Neu-Spaniens in – unter anderen – der indigenen Sprache Zapotekisch verfasst und ins Spanische übersetzt wurden. Dabei geht es zum einen um eine Annäherung an prototypische und ideale Vorstellungen von schriftlicher Übersetzung, die in den im Zuge der kolonialen Evangelisierung entstandenen Texten,Footnote 1 für die – unter anderem – vom Spanischen ins Zapotekische übersetzt wurde, oftmals mit normativen Ansprüchen eingeführt wurden und sich in kolonialen notariellen Texten fortsetzen oder auch ändern.Footnote 2 Diese Konzepte von Translation lassen sich aus meta-translatorischen Texten, wie einschlägigen Gesetzestexten, Kommentaren und Eidschwüren des Übersetzers erschließen. In diesen Texten, die oft auch in Funktion von Paratexten zu Übersetzungen zu finden sind, finden sich häufig explizite Aussagen zu Translationskonzepten. Zum anderen können diese jedoch durchaus in Widerspruch zu Konzepten stehen, die sich aus übersetzten Texten rekonstruieren lassen. In diesem Beitrag wird eine exemplarische Analyse von Übersetzungen anvisiert, die einen Beitrag zur Herausarbeitung von Übersetzungskonzepten der spanischen Kolonialzeit und damit der Frühneuzeit leisten soll.

Nach einer kurzen Übersicht über den historischen Kontext sowie der Präsentation des Korpus, das sich aus sowohl aus dem Kontext der Evangelisierung als auch dem der indigenen Rechtsprechung stammenden Texten konstituiert, und der Analysemethoden, wird in zwei größeren Kapiteln exemplarisch der sprachliche Gebrauch und die Übersetzung des christlichen Konzepts der Dreieinigkeit (Trinität) analysiert. Dafür wurde ein Subkorpus an Texten und Textfragmenten aus dem missionarischen Kontext einerseits und dem notariellen Bereich andererseits gebildet, die in diesem Beitrag exemplarisch untersucht werden. Der christliche Begriff der Dreieinigkeit wurde zu Analysezwecken ausgewählt, da er in beiden Kontexten verwendet wird. Zudem erscheint eine Analyse dieses Konzepts und seiner Übersetzung besonders interessant, da es der indigenen Bevölkerung erst im Rahmen religiöser Indoktrination seitens spanischer Missionare bekannt gemacht wurde und somit nicht nur in deren Sprache(n), sondern auch in ihre bestehende Kultur und Denkweise ‚übersetzt‘ werden musste (vgl. 14.5 zur missionarischen Übersetzung). In Hinblick auf die Praktiken der Missionarsübersetzung ist es deshalb zunächst notwendig, die Übertragung der christlich-religiösen Konzepte ins Zapotekische zu untersuchen. In der Folge soll herausgearbeitet werden, wie diese zapotekischen lexikalischen Innovationen (Lehnübersetzungen, Entlehnungen etc.) in notariellen Texten des Zapotekischen gebraucht und ins Spanische übersetzt wurden. Entsprechend der diesem Beitrag übergeordneten Frage nach Konzepten der Translation werden die Analysen von den folgenden Fragestellungen geleitet:

  • Von welchen Translationskonzepten und -normen war die missionarische Übersetzung christlicher Inhalte in die indigenen Sprachen, die diese nicht kannten, geprägt?

  • Wie wurde ein kompliziertes und zudem für das Ziel der Evangelisierung höchst ‚brisantes‘ Konzept wie das der Dreieinigkeit so ins Zapotekische übersetzt, dass keine Bedeutungsambivalenzen und ‚Verwechslungsmöglichkeiten‘ mit der polytheistischen indigenen Religion entstanden?

  • Inwieweit ent- oder widersprechen sich translatorische Normen und translatorische Strategien?

  • In welchen notariellen Texttypen findet sich das Konzept der Dreieinigkeit?

  • Von welchen Normen war sein Gebrauch geleitet?

  • Wie wurde das Konzept in den notariellen Texten vom Zapotekischen ins Spanische übersetzt?

2 Historischer und sprachlicher Kontext

Der für dieses Projekt zentrale Verwaltungsbezirk und heutige Distrikt Villa Alta liegt in der Region der Sierra Norte des Bundesstaates Oaxaca in Mexiko, an der Peripherie des ehemaligen spanischen Kolonialreiches. Aufgrund seiner peripheren Lage wurde die Region erst relativ spät und wegen der Unzugänglichkeit der bergigen Region sowie indigenen Widerstands mit großen Problemen von Spaniern zusammen mit aztekischen Verbündeten erobert und kolonisiert.Footnote 3 Der Sitz der kolonialen Verwaltung befand sich in der Stadt Villa Alta, die von spanischen Eroberern zusammen mit ihren Nahuatl-sprechenden Verbündeten gegründet wurde. Sie war damit auch der Sitz des spanischen Obersten Richters (‚Alcalde Mayor‘), Adressat der für dieses Projekt relevanten spanischen Übersetzungen der in indigenen Sprachen, spezifisch in zapotekischer Sprache verfassten Texte.

Bis heute handelt es sich um eine Region sprachlicher Diversität, die sich aus der Verwendung der indigenen Sprachen Mixe, Chinantekisch, dreier unterschiedlicher Varietäten des Zapotekischen, Nahuatl und des Spanischen konstituiert. Übersetzung, das für dieses Projekt relevante Thema, besaß sowohl für die koloniale Evangelisierung als auch das koloniale Gerichtswesen in der Region eine Schlüsselbedeutung. Die besondere Herausforderung für Übersetzung ergab sich aus der Tatsache, dass das Spanische zwar den Status einer kodifizierten Sprache mit sowohl christlicher als auch juristischer Terminologie und Diskurstraditionen besaß, dies jedoch nicht für die indigenen Sprachen der Region galt. Deren Kodifizierung vollzog sich im Verlauf der Evangelisierung der indigenen Bevölkerung durch den Dominikanerorden und wurde durch die Möglichkeit autochthoner Rechtsprechung (vgl. 14.3) und deren Protokollierung weiterentwickelt.

3 Rechtshistorischer Kontext und Übersetzung

Im Zuge des Übergangs von vorkolonialen Formen indigener Herrschaft zum kolonialen System getrennter Verwaltungseinheiten, den sog. repúblicas de españoles (‚Republik der Spanier‘) und repúblicas de indios (‚Republik der Indios‘), wurde den indigenen Gemeinden eine eigene, auf die Abwicklung von Bagatelldelikten beschränkte Gerichtsbarkeit gewährt.Footnote 4 Mit dem Entstehen der república de indios bildeten sich neue Figuren indigener Autorität und (politische) Affiliationen heraus, die sich in Form neuer Ämter wie z. B. das erstinstanzlicher Richter für Bagatelldelikte, aber auch in Bündnissen mit Spaniern und persönlichen Beziehungen zu Missionaren manifestierten. Diese wurden von der indigenen Bevölkerung zur Aneignung sprachlicher und kultureller Kompetenzen genutzt, die für die Ausübung ihrer neuen administrativen und rechtsprechenden Funktionen notwendig waren und durchaus auch strategisch eingesetzt wurden. Dazu gehörten Alphabetisierung und der Erwerb von Kenntnissen des Übersetzens, beides kulturelle Techniken, die von den dominikanischen Missionaren mit der Niederschrift und Lehre der Doctrina, d. h. der christlichen Glaubenslehre und deren Übersetzung in die indigenen Sprachen im Zuge der Evangelisierung praktiziert und an die indigene Bevölkerung weitergegeben wurden.

Mit dem Erwerb und der Nutzung dieser Techniken verbunden war das Entstehen eigener Rechts- sowie Übersetzungspraktiken. Das Abfassen von notariellen Dokumenten durch indigene Notare (escribanos) innerhalb der autochthonen Gemeinden war Teil der genannten weitreichenden Befugnisse, die die spanische Kolonialregierung der indigenen Bevölkerung Neu-Spaniens gewährte. Die Anforderungen, die bezüglich ihrer Ausbildung und Kenntnisse an die indigenen (sowie auch an die spanischen) escribanos gestellt wurden, waren gesetzlich festgeschrieben.Footnote 5 Indigene escribanos betätigten sich in Neu-Spanien recht früh nach dem Beginn der spanischen Kolonialherrschaft ab der Mitte des 16. Jahrhunderts.Footnote 6 De facto waren (sowohl indigene als auch spanische) escribanos oftmals keine ausgebildeten Juristen; zwar waren sie alphabetisiert, mussten sich die für ihr Amt notwendigen Kenntnisse jedoch selbst aneignen.Footnote 7 Für das Verfassen der Dokumente waren ausreichende Kenntnisse eine Grundvoraussetzung, da sie sowohl hinsichtlich des Prozesses ihrer Produktion als auch hinsichtlich ihrer textuellen und sprachlichen Gestalt strengen formalen Vorgaben unterlagen.

Das Amt der intérpretes (‚Dolmetscher‘) umfasste die Tätigkeitsfelder sowohl des schriftlichen als auch des mündlichen Übersetzens in der kolonialen Verwaltung und Rechtsprechung. Es wurde durch die spanische Kolonialgesetzgebung genau definiert und reguliert. In der Recopilación de Leyes de los Reynos de las Indias (‚Sammlung der Gesetze der indianischen Königreiche‘) von 1681 wurden die einschlägigen Gesetze im libro II, título XXIX De los intérpretes (‚Buch II, Titel XXIX Über die Dolmetscher‘) zusammengetragen; hier zeigt sich, dass die Regulierung dieses Amtes bereits im 16. Jahrhundert begann, das Amt also bereits zur Zeit der Gründung des Vizekönigreichs Neu-Spanien bestand (bzw. sogar früher, denn die frühesten Gesetze sind vor dessen offizieller Gründung im Jahr 1535 datiert).

Für dieses Projekt ist die enge Verbindung von missionarischen Übersetzungstätigkeiten und der juristisch-notariellen Textproduktion in Neu-Spanien von besonderer Bedeutung, die unter anderem am Beispiel von Testamenten deutlich wird, die im kolonialen Gerichtsbezirk Villa Alta auf Zapotekisch verfasst wurden. Für bestimmte Verwendungszwecke vor Gericht, etwa zur Klärung von Besitzansprüchen auf Landparzellen, wurden diese in Fällen auf Spanisch übersetzt, in denen ein Rechtsstreit nicht auf lokaler Ebene und damit durch die indigene Jurisdiktion beizulegen war und somit vom Obersten Richter getragen wurde, dessen Amt immer ein spanischer Kolonialbeamter bekleidete.

4 Präsentation des Korpus und Methodologie

Im Zentrum der Analysen stehen Texte, die in einer durch sprachliche Diversität geprägten Region Neu-Spaniens verfasst wurden. Für die Analysen in diesem Beitrag stehen das schriftliche Übersetzen und zapotekisch-spanischsprachige Textpaare im Mittelpunkt: Sowohl die religiösen als auch die notariellen Texte, die in das Analysekorpus eingehen, bilden Paare aus zweisprachigen Basis- und Zieltexten und ermöglichen so Analysen, die unter dem Begriff der translation proper im Sinne von Jakobson (1959) gefasst werden können.Footnote 8

Für den Bereich der christlichen Übersetzung wird das Subkorpus aus Textfragmenten aus der Doctrina cristiana von Francisco Pacheco de Silva konstituiert. Fokussiert werden die Textausschnitte, in denen der spanische Begriff trinidad (‚Dreieinigkeit‘) verwendet und ins Zapotekische übersetzt wurde. Für den notariellen Bereich besteht das Subkorpus aus Fragmenten dreier auf Zapotekisch verfasster Testamente und deren Übersetzungen ins Spanische, die den Gebrauch des Begriffs exemplifizieren.

5 Übersetzungskonzepte in der Doctrina cristiana en lengua zapoteca nexitza

‚Christliche Glaubenslehre in der Sprache Zapotekisch Nexitza‘. Mit der Bezeichnung ‚nexitza‘ bezieht sich der Autor des Werks auf die mit diesem Begriff bezeichnete regionale Varietät des Zapotekischen.

5.1 Der Katechismus

Der Katechismus besteht aus Texten unterschiedlicher Textarten mit didaktischer Funktion. Das hier fokussierte Konzept der Trinität findet sich bei Francisco Pacheco eingebettet in dialogische Textarten und -strukturen, wie z. B. die artículos de la fé, die ‚Glaubensartikel‘. Diese dialogischen Textstrukturen bestehen aus zahlreichen, oftmals aufeinander aufbauenden Fragen und den dazugehörenden Antworten und sind damit an der Schnittstelle zwischen sowohl konzeptioneller als auch medialer Mündlichkeit und Schriftlichkeit situiert:Footnote 9

Der Katechismus als Textart zeigt also eine sehr spezifische Charakteristik in bezug [sic] auf das Verhältnis von Mündlichkeit und Schriftlichkeit […]. In ihr zeigt sich sozusagen eine Sistierung des Schriftlichkeits-Mündlichkeitsdilemmas. Die Textart partizipiert in herausragender Weise an beiden Modi des sprachlichen Handelns.Footnote 10

Der Dialog gilt hier als Textsorte der Mündlichkeit, auch wenn er im Katechismus medial schriftlich präsentiert wird. Dies bietet die Möglichkeit ständiger (mündlicher) Wiederholung und ist damit ein ökonomisches Muster der Verbreitung der christlichen Lehre. Wie der gesamte Katechismus wurde auch die dialogisch angelegte Prüfung der Glaubensartikel verfasst, um mündlich weitergegeben zu werden. Dies ist sowohl für die Analyse des ‚Ausgangstextes‘ in spanischer Sprache als auch für die Übersetzung ins Zapotekische von Bedeutung. Bereits im ‚Ausgangstext‘ ist konzeptionelle Mündlichkeit mit einem Zuschnitt auf einen spezifischen Adressatenkreis und damit eine Polyphonie angelegt, den man eher im Zieltext erwarten würde (vgl. 14.5.3). Wie auch in den dem Hauptteil vorangestellten Begutachtungen hervorgehoben, besitzt der spanische Ausgangstext Pachecos intertextuelle Beziehungen zum 1591 und erneut 1618 in Spanien veröffentlichten Katechismus Catecismo y exposición breve de la doctrina cristiana (‚Katechismus und kurze Darstellung der christlichen Glaubenslehre‘) des Jesuiten Gerónimo de Ripalda. Dieser war ein häufiges Modell für Übersetzungen in die indigenen Sprachen Amerikas, sodass der Name des Autors als Synonym für Katechismen im Allgemeinen galt.Footnote 11 Es kann davon ausgegangen werden, dass sich der scheinbar an einem indigenen Zielpublikum orientierte sprachliche Duktus des Ausgangstextes durch die intertextuelle Beziehung zu dem von Ripalda (1754 [1618]) in Spanien verfassten Katechismus erklären lässt, der an Kinder als Zielpublikum gerichtet war. Wie auch zumindest in einer der Begutachtungen angedeutet wird,Footnote 12 erschien diese Ausrichtung an Kindern in besonderer Weise geeignet für die Katechese in den indigenen Sprachen und die Evangelisierung der indigenen Bevölkerung.

5.2 Übersetzungskonzepte in metatranslatorischen Kommentaren

Im ersten Teil des Werks von Pacheco, vor dem eigentlichen Katechismus, finden sich eine Reihe von Paratexten – Widmungen, Gutachten etc. – die von dominikanischen Ordensbrüdern sowie von Pacheco selbst verfasst wurden. Die gesetzlich vorgeschriebenen GutachtenFootnote 13 enthalten Kommentare, die, wie im folgenden Ausschnitt aus einer Begutachtung der Doctrina zu sehen ist, die zapotekische Übersetzung des spanischen Ausgangstexts betreffen:

[…] tengo vis-/to el libro que V. S, fué servido remitirme de/ Doctrina Cristiana traducida de la lengua Cas-/tellana en lengua Zapoteca Nexitza, con otras/ adiciones útiles y necesarias para educacion y/ excitacion á la devocion católica.Footnote 14

[…] ich habe das Buch, welches mir zuzusenden Eurer Gnaden dienlich war, den Christlichen Katechismus, übersetzt vom Spanischen ins Nexitza-Zapotekische, mit weiteren nützlichen und notwendigen Hinzufügungen für die Unterweisung und Aufforderung zur katholischen Gottergebenheit eingesehen. (Übers. Y.K.)

Das Zitat zeigt zunächst, dass der Autor der Begutachtung die expandierenden Übersetzungen, die sich in der Doctrina finden und die auf Zapotekisch übersetzen Texte jeweils länger als die spanischen Ausgangstexte wirken lassen, wahrnimmt. Einige Zeilen zuvor räumt er ein, die Übersetzung selbst aufgrund der großen Variation des Zapotekischen nicht beurteilen zu können:

En órden á la concordia de/ las dos lenguas, no puedo hacer juicio por la mu-/cha diversidad que tiene esta lengua Nexitza con/ la que yo estudio […]Footnote 15

Bezüglich der Übereinstimmung beider Sprachen kann ich kein Urteil abgeben aufgrund der großen Andersartigkeit, die diese Nexitza-Sprache hat mit derjenigen, die ich erlerne […] (Übers. Y.K.)

Beide Textpassagen können als metatranslatorische Kommentare interpretiert werden. Der Begriff der concordia de/ las dos lenguas (‚Übereinstimmung beider Sprachen‘) verweist auf das Ideal einer auf Äquivalenz basierenden Übersetzung, in der sich jeweils der spanische und der dafür gesetzte zapotekische Begriff entsprechen sollten. Es wird aber auch deutlich, dass der Autor der Übersetzung die Expansion des spanischen Textes in dessen zapotekischer Übersetzung nicht nur registriert, sondern auch gutheißt, da er sie als didaktisches Mittel für ‚nützlich‘ hält. An dieses Urteil schließt sich auch eine weitere Begutachtung an:

To-/do cuanto contiene esta traduccion y las adicio-/nes es bueno, bien dicho y fielmente traducido,/ pues cumple con la obligacion del que traduce,/ que es que: Servando sententiam, mutet solum mo-/dum loquendi, secundum propietatem linguæ, in/ quam trasfert. Las locuciones, frases y voces/ con que lo explica, no solo son ornato del idio-/ma Nexitza, pero comprensivas y fáciles; es este/ sugeto tan elegante y con tanta facilidad claro/ en este idioma, que todo se lo halla dicho; mas/ esta facultad en el decir ahora, la ha consegui-/do empleando siempre los fervorosos conatos de/ su encendido celo en predicar.Footnote 16

All das, was diese Übersetzung und die Hinzufügungen enthalten, ist richtig, gut gesagt und getreu übersetzt, denn es erfüllt die Verpflichtung dessen, der übersetzt, die da ist: Beim Bewahren des Sinns soll er allein die Art des Sprechens ändern gemäß der Eigenheit der Sprache, in die er übersetzt. Die Redensarten, Sätze und Vokabeln, mit denen ich es erkläre, sind nicht nur Redeschmuck des Nexitza, sondern verständlich und einfach: Dieses Thema ist so elegant und mit solcher Schlichtheit anschaulich, dass man alles gesagt vorfindet; aber diese Begabung beim Reden nun hat sie erlangt, indem sie stets die inbrünstigen Versuche ihres entflammten Eifers beim Predigen angewandt hat. (Übers. Y.K.)

In diesem Zitat zeigt sich zudem, dass diese ‚Hinzufügungen‘ nicht nur als ‚gute‘ Übersetzungen im Sinne einer an den Eigenheiten der Zielsprache orientierten Übersetzung galten, sondern auch das Ideal einer ‚treuen‘ Übersetzung erfüllten. In beiden Zitaten, die hier beispielhaft ausgewählt und analysiert wurden, wird deutlich, dass die Spannung zwischen übersetzerischer Treue und der Notwendigkeit der Expansion im Zusammenhang mit dem Ziel der Verständlichkeit durch die zielsprachliche Gemeinschaft steht. Ein weiterer Gutachter zieht eine Aussage des Kirchenvaters Augustinus heran, um auf die Unübersetzbarkeit einschlägiger Begriffe zu verweisen und die Übersetzung Pachecos in dieser Hinsicht zu legitimieren:

Sunt enim quædum verba certarum/ linguarum, quæ in usum alterius linguæ, per in-/terpretationem transire non possunt [sic].Footnote 17

Es gibt nämlich einige Wörter gewisser Sprachen, die in den Gebrauch einer anderen Sprache durch Übersetzung nicht übergehen können (Übers. Y.K.)

Wie zu sehen sein wird, ist das komplizierte Konzept der trinidad ein prototypisches Beispiel für die hier implizit angedeuteten Übersetzungsstrategien. Anhand der Übersetzung dieses Konzepts kann zudem der Einfluss des übergeordneten Ziels der Ausrottung indigener Glaubensinhalte (idolatría, ‚Götzendienst‘) auf die gewählten Übersetzungsstrategien besonders anschaulich gezeigt werden, da in der Idee der Dreieinigkeit eine polytheistische Deutungsmöglichkeit angelegt ist, die zur Erreichung dieses Ziel verhindert werden musste. Auch dieser Aspekt wird in den dem eigentlichen Katechismus vorangestellten Paratexten thematisiert, insbesondere in der Widmung an die Jungfrau Maria von Pacheco selbst, der unter anderem schreibt:

Pa-/ra que por medio de esta Señora y su Pa-/trocinio, destruida la locura de falsas som-/bras de la idolatría, venga toda criatura, y/ con especialidad la mas necesitada por mas/ tierna, al conocimiento de la verdad de/ nuestra ley evangélica […].Footnote 18

Damit mittels dieser Herrin und ihrer Obhut, nachdem der Irrsinn der falschen Schemen der Idolatrie ausgerottet wurde, jedes Lebewesen und ganz besonders das wegen seiner Zartheit bedürftigste zur Kenntnis der Wahrheit unseres evangelischen Gesetzes komme […]. (Übers. Y.K.)

Die hier angesprochene ‚Ausrottung‘ der indigenen religiösen Inhalte und Formen entsprach den rechtlichen Vorgaben, die in den Gesetzen der spanischen KroneFootnote 19 und der Katholischen Kirche niedergelegt waren.Footnote 20 Es ist also nachvollziehbar, wenn missionarische Übersetzer besondere Vorsicht walten ließen, um den naturalistischen Polytheismus der Zapoteken, in deren Götteruniversum unter anderem Erde, Sonne und Regen verehrt werden,Footnote 21 vom christlichen Monotheismus abzugrenzen.

5.3 Übersetzungsstrategien der Evangelisierung am Beispiel des Konzepts der ‚trinidad‘

Wie auch in anderen sprachlichen Kontexten Neu-Spaniens,Footnote 22 stellte das Konzept der Dreieinigkeit eine besondere Herausforderung für die Evangelisierung der indigenen Bevölkerung dar. In der Doctrina von Pacheco wird der Begriff der ‚Dreieinigkeit‘ zum ersten Mal innerhalb der dialogisch angelegten Struktur der Erklärung der Glaubensartikel gebraucht (Tab. 14.1Footnote 23).

Tab. 14.1 Pacheco de Silva (1882 [1687], S. 43–44). (dt. Übers. Y.K.)

Die aufgrund aufeinanderfolgender Fragen und Antworten rhythmisch wirkende dialogische Struktur des Ausgangstextes findet sich im zapotekischen Zieltext als wortgetreue Übersetzung wieder. Von dieser Orientierung am Prinzip der Äquivalenz wird lediglich in der letzten hier zitierten Antwort abgewichen, deren zapotekischer Version eine expandierende Übersetzungsstrategie zugrunde liegt. Der Fokus der Frage-Antwort-Sequenz liegt damit auf dieser Antwort, die das Konzept der Dreieinigkeit offenbar mit dem Ziel der Vermeidung ‚irrtümlicher‘ Deutungsmöglichkeiten durch verbale Insistenz auf seinen besonders kritischen Aspekten ausführt. Wie die Textpassage zeigt, wird für die Übersetzung des Konzepts zu einem Teil auf zapotekische Lexeme und zu einem anderen auf Entlehnungen aus dem Spanischen zurückgegriffen. Daraus ergibt sich ein zapotekischer Text mit spanischen, d. h. dem Zapotekischen fremden Elementen und somit eine ‚verfremdende Übersetzung‘. Für die zapotekischen Lexeme hat die Übersetzung Bedeutungsveränderungen und die Herausbildung von hybriden Kollokationen zur Folge. Es werden, wie gezeigt werden kann, auch zapotekische Wörter mit nicht-christlicher religiöser Bedeutung im christlichen Kontext und Kotext gebraucht. Es kann also auch für das Zapotekische ähnlich den Beobachtungen im Kontext des QuechuaFootnote 25 die Herausbildung einer ‚christlichen Varietät‘ des Zapotekischen angenommen werden.

Die spanischen Entlehnungen wirken in der hier zitierten Textpassage prominent, es sind die christlichen Konzepte Santísima Trinidad, Espíritu Santo und Dios (‚Allerheiligste Dreieinigkeit‘, ‚Heiliger Geist‘, ‚Gott‘) sowie das Wort persona(s) (‚Personen‘). Es kann angenommen werden, dass die christliche Einzigartigkeit des Konzepts der Dreieinigkeit die Entlehnung des spanischen Wortes ins Zapotekische motivierte und darüber hinaus mit dem Superlativ des Adjektivs ‚heilig‘ (santísima) die besondere Heiligkeit der Trinität hervorgehoben werden sollte. Wie in Analysen für die Übersetzungen des Katechismus in anderen indigenen Sprachen festgestellt, findet sich auch in der Doctrina von Pacheco eine einbürgernde Übersetzung für die Bezeichnung von zwei der drei Wesenheiten, die die christliche Dreieinigkeit konstituieren: zapotekisch xoci (xoxi) bedeutet ‚Vater‘ und xijni ist das zapotekische Wort für ‚Kind‘, das aber aufgrund der Übersetzung hier eine geschlechtsspezifische Festlegung auf ‚Sohn‘ erfährt. Dagegen wird das sehr abstrakte und mit christlicher Bedeutung konnotierte Konzept des ‚heiligen Geistes‘ als Entlehnung in den Zieltext übernommen.

Die Entlehnung des spanischen Wortes für ‚Gott‘, Dios, findet sich sowohl im hier zitierten Textausschnitt, als auch im gesamten Katechismus im Zusammenhang mit den zapotekischen Lexemen balij Betaao, ‚wahrhaftige Gottheit‘ und bildet mit diesen eine Kollokation, Dios balij betaao, ‚Gott wahrhaftige Gottheit‘. Diese hybride Form wird offenbar gebraucht, um den Christengott von zapotekischen Gottheiten abzugrenzen und ihn allein als wahrhaftig hervorzuheben. Während balij eine direkte Übersetzung des spanischen verdadero (‚wahrhaftig‘) ist, ist Betaao die Bezeichnung für eine indigene Gottheit, die durch ihre Verwendung im Kontext von Dios eine semantische Umdeutung erfährt.

Die sprachliche Hervorhebung der Einzigartigkeit des christlichen Gottes findet sich zudem in dem Attribut tobici, eine Zusammensetzung aus dem zapotekischen Zahlwort to, ‚eins‘, dem Suffix -bi für die dritte Person Singular sowie der Partikel ci, ‚nur‘, das als Übersetzung des spanischen un solo (‚ein einziger‘) fungiert. Die sprachliche Kontrastierung des einen Gottes gegenüber den drei Personen, aus denen er konstituiert wird, ist ein wiederkehrendes Motiv, das darauf hindeutet, dass bei dieser Unterscheidung – wie auch für andere Kontexte angenommenFootnote 26 – besondere Schwierigkeiten erwartet wurden.

Im Katechismus von Pacheco wie auch z. B. in den Katechismen der Andenregion erscheint die spanische Entlehnung persona als kontrapunktisch zum Überbegriff Dios. Mit dieser Entlehnung werden Vater, Sohn und Heiliger Geist als ‚Bestandteile‘ der Trinität charakterisiert. Pacheco entscheidet sich damit gegen eine einbürgernde Übersetzung und gegen die von Córdova in dessen Wörterbuch angeführten Entsprechungen von persona (pèni, bèni, peniàti)Footnote 27 im Sinne von ‚Mensch‘. In der indigenen Glaubenswelt waren viele Gottheiten anthropomorph,Footnote 28 sodass eine an Menschen erinnernde sprachliche Bezeichnung für Gott einen verstärkten Bezug zu den ‚alten Göttern‘ zuließ. Diese musste vermieden werden, da sie mit dem Verdacht auf Idolatrie einherging.

Ebenfalls auffällig ist die expandierende Übersetzung der letzten Antwort im zitierten Text, da hier versucht wird, das Konzept der persona und damit das der Konstituenten der Dreieinigkeit in zapotekischer Sprache zu durchdringen. Von besonderer Bedeutung ist im spanischen Ausgangstext der Begriff der esencia‚ ‚Wesenheit‘, der auch im Spanischen dem synonym gebrauchten Begriff persona sein Bedeutungsmerkmal ‚Mensch‘ nimmt. Im zapotekischen Text findet sich zunächst eine Wiederholung der Insistenz darauf, dass es sich bei dem christlichen Gott um einen Gott und nicht um drei Götter handelt. Die Übersetzung für span. esencia findet sich im Zapotekischen in den Worten lao iela/ nacca, tzela lao iela huacca, ‚im Sein des Seins ist er, im Sein des Seins wird er sein‘. Das Wort iela besitzt im Zapotekischen unterschiedliche Funktionen. Zum einen ist es (im heutigen Zapotekisch) ein Verb oder ein Adjektiv substantivierendes Element; einem Substantiv vorangestellt verleiht es die Bedeutung von etwas Höhergestelltem, Essentiellem. Für die Geltung dieser Bedeutung spricht auch der Eintrag bei Córdova (1987 [1578], S. 377) ser el ser de cualquier cosa‚ ‚das Sein des Seins jeglicher Sache‘.

Interessant ist nun, dass nicht im gesamten Katechismus konsequent dieser Weise des Übersetzens gefolgt wird, wie gleich zu Beginn einer Passage deutlich wird, die die wichtigsten Fragen zum Verständnis des christlichen Glaubens nochmals aufgreift (Tab. 14.2).

Tab. 14.2 Pacheco de Silva (1882 [1687]), S. 144. (dt. Übers. Y.K.)

In diesem Ausschnitt, der Parallelen zur Erklärung in den Glaubensartikeln aufweist, bilden ‚Vater‘, ‚Sohn‘ und ‚Heiliger Geist‘ sowohl im Ausgangstext als auch im Zieltext jeweils eine untrennbare Einheit mit dem Wort Dios. Für den zapotekischen Zieltext wirft diese Übersetzung Fragen auf, da sie möglicherweise die Abgrenzung zwischen ‚Gott‘ und den ‚Personen‘ aufhebt. Übersetzt wird Dios balij Betaao, ‚Gott wahrhaftige Gottheit‘, Betaao Xoxi, ‚Gott Vater‘, Betaao Xijni, ‚Gott Sohn‘, und Betaao Espíritu Santo‚ ‚Gott Heiliger Geist‘. Im Vergleich zu der zuvor analysierten Textstelle ist hier die Entlehnung aus dem Spanischen, Dios, ‚Gott‘, an die Stelle des zapotekischen Worts Betaao, ‚Gottheit‘ gerückt. Neben der Erklärungsmöglichkeit inkonsistenter Übersetzungsweisen, die sich im gesamten Katechismus finden und nicht nur die Orthographie betreffen, könnte hierfür auch Pedro de Feria modellgebend gewesen sein, der 120 Jahre vor Pacheco einen Katechismus, Doctrina Christiana en lengua Castellana y Çapoteca, ‚Christliche Glaubenslehre in spanischer und zapotekischer Sprache‘ veröffentlichte. Hier findet sich das Konzept der Dreieinigkeit wie folgt erklärt und übersetzt (Tab. 14.3).

Tab. 14.3 Feria (1567), S. 24. (dt. Übers. Y.K.)

Dieser erste Katechismus für das Zapotekische unterscheidet sich von der Doctrina des Pacheco unter anderem durch den Gebrauch einer anderen Varietät des Zapotekischen, ist also nicht in der des zapoteco nexitza verfasst. Ohne an dieser Stelle näher auf die Tatsache einzugehen, dass ‚Gott‘ bei Feria als Einheit und nicht als Dreieinigkeit dargestellt wird,Footnote 29 sind auch in diesem Werk die Bezeichnungen für ‚Vater‘, ‚Sohn‘ und ‚Heiliger Geist‘ jeweils mit der für ‚Gott‘, Dios, als verbale Einheit zu finden. Sollte die Annahme zutreffen, dass Feria modellgebend für die Übersetzung des Katechismus durch Pacheco war, so trifft dies nicht für alle Facetten des Konzepts zu, denn in der Übersetzung von Feria findet sich über die hier zitierte Passage hinaus kein Beispiel für die relativ willkürlichen und inkonsistenten Übersetzungen der Begriffe für ‚Gott‘ einerseits und die seine Dreieinigkeit konstituierenden Wesenheiten andererseits. Die These von Tavárez, der anhand des Dominikaners Martín de León die Verbreitung von Übersetzungsstrategien an den Zuständigkeitsbereich der Missionarsorden knüpft – wenngleich er keine Aussage über die Ausweitung über Sprachgrenzen hinaus trifftFootnote 30 –, wird durch diesen Befund jedenfalls nicht gestützt. Der einzige, mit Zurückhaltung zu vertretende Ansatz, der sich aus den hier analysierten Texten ergibt, deutet auf sprachlicher Ebene lediglich auf die Übertragung von Konzepten und Strategien innerhalb einer Sprache hin, die jedoch nicht frei von Modifikationen ist.

6 Übersetzungskonzepte im notariellen Bereich

6.1 Die Diskurstradition des Testaments

Der Texttyp Testament hat eine sehr lange Tradition und geht in seiner Konzeption auf das Römische Recht zurück. Der ursprüngliche Zweck der sog. testatio mentis war es, die Weitergabe der Rechte und Pflichten, die mit der juristischen Person eines Familienoberhaupts verbunden waren, nach dessen Tod zu regeln. Diese Tradition wurde durch die römische Expansion auf die iberische Halbinsel gebracht. Dort erfuhr sie nach dem Zusammenbruch des römischen Reichs gewisse Modifikationen unter der Herrschaft germanischer Stämme; substanzielle Änderungen in der Diskurstradition des Testaments bewirkten jedoch erst die Siete Partidas (‚Sieben Artikel‘) unter König Alfons X. im 13. Jahrhundert.Footnote 31 Die Gesetze und Normen, die die Struktur von Testamenten in Neu-Spanien regelten, entsprachen im Grundsatz der Rechtslage in Spanien, die sich im 16. Jahrhundert noch immer auf einschlägige Bestimmungen in der Partida Sexta (‚Sechster Artikel‘) der Siete Partidas zurückführen ließ. Zwar wurden die dort festgelegten Bestimmungen zu Beginn des 16. Jahrhunderts durch die Leyes de Toro (‚Gesetze von Toro‘) vereinfacht, jedoch wurde die Reglementierung durch die Partidas in ihrem Grundsatz beibehalten und war auch in der Nueva Recopilación de leyes de estos reynos (‚Neue Sammlung der Gesetze dieser Königreiche‘) durch König Felipe II von 1567 maßgeblich, welche ihrerseits bis ins 19. Jahrhundert in Spanien gültig war.Footnote 32

Die Bestimmungen in den Partidas betrafen zunächst noch nicht die Textstruktur von Testamenten an sich, sondern regulierten die Art und Weise der Abfassung des TestamentsFootnote 33 sowie deren erbrechtliche Umstände (beispielsweise die notwendige Anzahl an Zeugen und Möglichkeiten zur Bestimmung der Erben). Jedoch gab es bereits zu dieser Zeit Traditionen in der Verwendung bestimmter Textstrukturen in Testamenten,Footnote 34 die sich mit der Zeit weiterentwickelten und zu deren Festigung Handbücher für escribanos beitrugen, die ab dem 16. Jahrhundert in Spanien verwendet wurden.Footnote 35 Auch in Neu-Spanien zirkulierten solche Handbücher, die didaktisch aufbereitet waren und Textschablonen zur Verfügung stellten, die von den Schreibenden kopiert und um die fallspezifischen Angaben ergänzt werden konnten. Dies bewirkte, dass Testamente in der Regel einer streng organisierten Form folgend aufgebaut waren. Die Handbücher regulierten jedoch lediglich die Abfassung von Testamenten in spanischer Sprache, wodurch sich für das Abfassen solcher Dokumente in indigenen Sprachen eine deutliche Problematik ergibt. Eine Besonderheit stellt in diesem Zusammenhang der Confessionario mayor, en lengua mexicana y castellana (‚Höchste Anleitung zur Beichte, in mexikanischer und kastilischer Sprache‘) von Alonso de Molina aus dem Jahr 1565 dar. Dieser beinhaltet eine umfangreiche Anleitung zur Abfassung von Testamenten für indigene escribanos auf Spanisch und Nahuatl, zu der auch eine Textvorlage zählt.Footnote 36 Jedoch umfasst dieses Werk nur eine indigene Sprache, während explizite Instruktionen für das Verfassen juristisch-notarieller Texte in anderen indigenen Sprachen wie beispielsweise Zapotekisch nicht bekannt sind.

Es ist dennoch anzunehmen, dass Anleitungen wie der Confessionario mayor auch die Tätigkeiten der escribanos in den indigenen Gemeinden Villa Altas maßgeblich beeinflussten. Hierfür spricht die Tatsache, dass Bewohner der indigenen Dörfer der Region der Mixe, eine der im Gerichtsbezirk gesprochenen Sprachen, straf- und zivilrechtliche Texte auf Nahuatl verfassten.Footnote 37 Eine Einflussnahme durch Werke wie das von Molina ist somit denkbar und könnte mittelbar auch für die Textproduktion auf Zapotekisch maßgeblich gewesen sein.

6.2 Translationskonzepte als Teil der kolonialen Gesetzgebung

Die Translationskonzepte, die sich in der kolonialen Gesetzgebung widerspiegeln, stehen in engem Zusammenhang mit der Tätigkeit von zwei Gruppen von Akteuren: zum einen der indigenen Notare (escribanos, vgl. 14.3), die die Ausgangstexte in indigenen Sprachen verfassten, und zum anderen der Übersetzer und Dolmetscher im Dienst der Kolonialverwaltung (intérpretes, vgl. 14.3), die sie ins Spanische übertrugen. Von essenzieller Bedeutung für die Frage nach den die Translationstätigkeit der intérpretes leitenden Normen ist das zweite Gesetz des Kapitels in den Leyes de Indias (‚Gesetze der Indias‘), das den Übersetzungsauftrag und die Ansprüche an die Tätigkeit spezifiziert:

Que ántes de ser recibidos juren en forma debida, que usarán su oficio bien y fielmente, declarando, é interpretando el negocio y pleyto, que les fuere cometido, clara y abiertamente, sin encubrir, ni añadir cosa alguna, diciendo simplemente el hecho, delito, ó negocio […] sin ser parciales á ninguna de las partes, ni favorecer mas á uno, que á otro, y que por ello no llevarán interes alguno, mas del salario, que le fuere tasado.Footnote 38

Dass sie [die intérpretes], bevor sie gehört werden, vorschriftsmäßig schwören sollen, dass sie ihr Amt gut und getreu ausüben werden, indem sie die Angelegenheit und den Streit, der ihnen anvertraut wird, klar und offen verkünden und übersetzen, ohne irgendetwas zu verbergen oder hinzuzufügen; dass sie nur sagen, was der Fakt, das Delikt oder die Angelegenheit ist […] ohne sich auf die Seite einer der Parteien zu stellen, ohne die eine der anderen gegenüber zu bevorzugen, und dass sie deshalb keinen Gewinn daraus mitnehmen als den Lohn, der ihnen zugeschrieben wird. (Übers. M.K.)

Die Übersetzung sollte demnach wort- sowie inhaltsgetreu angefertigt werden. Dieser Anspruch sowohl an die Tätigkeit der intérpretes sowie auch an deren Produkte spiegelt sich in Eidschwüren wider, die die Übersetzer ihren Translaten in der Regel nachstellten und unterschrieben. Hierfür wurde eine Eidesformel verwendet, die von Text zu Text lediglich eine geringe Variation aufweist. In den vorliegenden Beispielen ist ihr Wortlaut:Footnote 39

[...] concuerda este trasumpto. consu original de Ydiom[a]/ zapoteco al castellano quepo[r] Mdo.[mandado] Del ssr. then.te gen[eral]/ Le he tra suptado yo el ynterprete deste Jusgdo. Va bien Y/ fielmte. trasumptado atodo mi leg. saver yentender y/ deser cierto lojuro endevida phorma y para que/ asi conste lofirme en la V;a Alta de San ylde phonso a/ Veinte Ydos dias delmes defb;o de millseteztos. Y ziete as./ Joseph Ramos.Footnote 40

[...] Diese Übersetzung stimmt mit ihrem Original aus der zapotekischen Sprache ins Kastilische überein, das ich, der intérprete general dieses Gerichtsbezirks, auf Befehl des Herrn teniente general übersetzt habe. Es ist gut und getreu übersetzt, nach all meinem rechtlichen Wissen und Verständnis, und dass das stimmt, das schwöre ich formgemäß, und damit es so gültig ist, unterschrieb ich es in Villa Alta de San Ildefonso, bei zweiundzwanzig Tagen des Monats Februar im Jahr 1707. Joseph Ramos. (Übers. M.K.)

Con querda con su orixinal aqueme refiero ba fiel/ mente correxido y conserttado, y assi lo Juro/ endevida forma, Yes fho enesta Villa al/ ta del señor san Yldephonzo, en veintte, y/ ocho dias deel mes de febrero demillsetecientos/ sinquenta y sinco años. ylo firme Yo el/ Ynterprette/ Fran[cisco] Bohorques.Footnote 41

Es stimmt mit seinem Original überein, auf das ich mich beziehe, es ist getreu korrigiert und verbessert, und so schwöre ich es formgemäß, und es ist in dieser Villa Alta des Herrn San Ildefonso gemacht, am achtundzwanzigsten Tag des Monats Februar im Jahr 1755. Und das unterschrieb ich, der intérprete Francisco Bohorques. (Übers. M.K.)

Die Eide verdeutlichen zum einen den Anspruch an die intérpretes, ihre Übersetzungen fielmente, also ‚texttreu‘ (und auch pflichttreu) anzufertigen, sowie zum anderen die Erwartung bezüglich ihres amtsspezifischen Wissens. Das Konzept der ‚treuen‘ Übersetzung erhält durch die Eidesformel somit einen juristisch-verbindlichen Wert – ein Verstoß gegen diesen Anspruch war theoretisch sanktionsfähig –, es bleibt jedoch gleichzeitig abhängig von der Person des Übersetzers. Eine gesetzliche Definition für eine ‚treue‘ Übersetzung existierte nicht, maßgeblich konnte daher nur die Argumentation des Übersetzers hinsichtlich seiner Entscheidungen im Translationsprozess sein. Dennoch bleibt zu bemerken, dass die Übersetzer in ihrer Amtsausübung der spanischen kolonialen Verwaltung unterstanden und ihr gegenüber weisungsgebunden waren.

6.3 Übersetzungsstrategien

Um die den Übersetzungen der Testamente zugrunde liegenden Strategien exemplarisch herauszuarbeiten und gleichzeitig einen Bezug zum Einfluss der Missionarsübersetzung herzustellen, eignen sich die religiösen Anrufungen, die die ausgewählten drei Textbeispiele eröffnen. Die Anrufung gilt als ein in der Frühen Neuzeit üblicher Bestandteil von Testamenten,Footnote 42 obwohl die Siete Partidas sie nicht explizit vorschreiben. Dies mag damit zusammenhängen, dass Testamente über lange Zeit nicht nur als ein Mittel zur Regelung des Nachlasses, sondern auch zur Garantie des Seelenheils galten und somit die Abfassung eines Testaments als eine wichtige christliche Pflicht angesehen wurde.Footnote 43 In Neu-Spanien und dort insbesondere für die indigene Bevölkerung dürfte daneben ausschlaggebend gewesen sein, dass nur Menschen katholischen Glaubens überhaupt Testamente hinterlassen durften.Footnote 44 Mártir Alario bestätigt den praktischen Zweck solcher Anrufungen als ein Zeichen zur Hervorhebung der Akzeptanz des Glaubens durch konvertierte Christen.Footnote 45 Vor diesem Hintergrund wird die religiöse Anrufung in indigenen Testamenten de facto zu einem notwendigen Textbestandteil.

Mártir Alario führt aus, dass die meisten Handbücher für escribanos Vorlagen für eine solche Anrufung enthalten, diese jedoch uneinheitlich und je nach Autor mehr oder weniger ausführlich erscheinen. Als eines der ausführlichsten Beispiele führt sie ein Handbuch von Gabriel de Monterroso (1609) an, dessen Anrufung Gott, die Jungfrau Maria, die Gemeinschaft der Heiligen sowie auch die Dreieinigkeit beinhaltet.Footnote 46

Die als Beispiele aufgeführten zapotekischsprachigen Testamente (1667, 1707, 1734) beinhalten allesamt eine solche religiöse Anrufung am Anfang des Dokuments. Sie sind jeweils von unterschiedlicher Länge und Inhalt, was bereits eine Beeinflussung durch verschiedene Vorlagen zu ihrem jeweiligen Entstehungszeitraum insinuiert.Footnote 47

Tab. 14.4 AJHO Villa Alta Civil Leg. 0003 Exp.0011 (1692), Fol. 5; #096 (1707), Fol. 5; #230 (1755), Fol. 3. (dt. Übers. M.K.)

Diese werden in den beigelegten spanischen Versionen wie folgt übersetzt (Tab. 14.5).

Tab. 14.5 AJHO Villa Alta Civil Leg. 0003 Exp.0011 (1692), Fol. 4; #096 (1707), Fol. 6; #230 (1755), Fol. 5. (dt. Übers. M.K.)

In allen drei Beispielen ist eine Reihe an Konzepten der katholischen Kirchenlehre verarbeitet: das Konzept eines ‚einzigen wahren Gottes‘ (un solo dios verdadero), der Dreieinigkeit (santísima trinidad), der Jungfrau Maria und der ‚heiligen Mutter Kirche‘ (santa madre iglesia), sowie auch die ‚Glaubensartikel‘ (artículos de la fe), die ‚zehn Gebote‘ (los diez mandamientos), die ‚fünf Kirchengebote‘ (los cinco mandamientos) oder die ‚Sakramente‘ (sacramentos).

Bezüglich des Konzepts der Dreieinigkeit lässt sich in den drei Textbeispielen in der Darstellung auf Zapotekisch eine diachrone Entwicklung erkennen. Im Testament von 1667 wirkt die Beschreibung des Konzepts in gewisser Weise didaktisch, wie eine genaue Betrachtung zeigt:

[...] dios balibedao tzonna persona santissima ttrinidad xoci/ xini sepirito santo naca giyona persona [...]Footnote 49

[...] Gott wahre Gottheit, drei Personen, heiligste Dreifaltigkeit, Vater, Sohn, der Heilige Geist ist die dritte Person [...] (Übers. M.K.)

Die hier verwendete Formulierung entspricht in weiten Teilen der Darstellung durch Pacheco und legt nahe, dass die verwendete Formulierung auf – möglicherweise auswendig gelernte – Doktrinen zurückgeht, die christliche Missionare in der Bevölkerung verbreiteten. Allerdings deutet die explizite Erklärung, dass der Heilige Geist die dritte Person ist, darauf hin, dass der Textproduzent es für notwendig hielt, die drei Entitäten getrennt zu benennen und aufzuzählen, was ein nicht vollumfängliches Verständnis des katholischen Konzepts suggeriert. Passend hierzu ist außerdem nicht auszuschließen, dass es sich bei der Formulierung um ein direktes Zitat des Testators und damit eine konzeptionell mündliche Äußerung handelt. Diese Hypothese lässt sich jedoch nicht anhand des Dokuments belegen, da der Verfasser nicht eindeutig identifizierbar ist.

Im Testament von 1707 findet sich folgende Formulierung:

[...] zieg li li ladija tozi Dios bali be/ dao tzela zieg li la dija guionna peresona santisi/ ma trinidad Dios xocci Dioxini tzela Dios es/ pirito s.n to [...]Footnote 50

[...] Ich glaubte an einen einzigen Gott wahre Gottheit, auch glaubte ich an die drei Personen, heiligste Dreifaltigkeit, Gott Vater, Gott Sohn, auch Gott der Heilige Geist [...] (Übers. M.K.)

An dieser Stelle lässt sich ein gefestigteres Verständnis des Dreieinigkeits-Konzepts erkennen, in dem xocci (‚Vater‘), xini (‚Sohn‘) und espirito santo (‚heiliger Geist‘ als spanisches Lehnwort) jeweils mit dem spanischen Lehnwort dios auftreten und somit als Teilaspekte desselben identifiziert werden. Dennoch wird die Dreieinigkeit hier als von Dios bali bedao (‚Gott wahre Gottheit‘) separierte Entität aufgeführt: Im Text wird deutlich gemacht, dass an Gott und ‚auch‘ (tzela) an die Dreieinigkeit geglaubt wurde.

Das jüngste Testament von 1734 weist schließlich eine ähnliche Formulierung auf wie das von 1707, jedoch mit einem entscheidenden Unterschied:

[...] Bareag/ li lachia tosi Dios bali vedao guiiona perzona q.e/ S.nttissima trin.d xoci xijni tzela Dios espiritu santo [...]Footnote 51

[...] Ich glaube an einen einzigen Gott wahre Gottheit, drei Personen der heiligsten Dreifaltigkeit, Vater, Sohn und Gott der Heilige Geist [...] (Übers. M.K.)

Ausschlaggebend ist hier die Verwendung des Possessivpronomens quie (‚sein‘), das die drei Entitäten xoci, xijni und Dios espiritu santo in ein Besitzverhältnis zur S[an]ttissima trin[idad] stellt. Hier wird also das Verständnis der Dreieinigkeit als eigenständige Entität bzw. als Kollektiv aus den drei personas deutlich. Darüber hinaus kann die Dreieinigkeit hier auch als ein Attribut von Dios bali vedao verstanden werden; die Konzepte werden also – im Unterschied zum Dokument von 1707 – nicht mehr voneinander getrennt, sondern als zusammengehörig verstanden. Es lässt sich vermuten, dass diese Entwicklung mit einer fortschreitenden Indoktrinierung der indigenen Bevölkerung durch christliche Missionare und einer allmählichen Etablierung des katholischen Glaubens in Verbindung steht.

In den Übersetzungen zu den Testamenten werden die besprochenen Abschnitte – entgegen dem Anspruch und in zwei Fällen dem Eid, fielmente, d. h. also gemäß dem Prinzip einer ‚treuen‘ Übersetzung zu operieren – modifiziert, entsprechen also nicht dem Ausgangstext im Sinne einer äquivalenten Beziehung. Die Übersetzung zum Testament von 1667 macht dies sehr deutlich:

[...] La santissima trinidad, Dios hijo y dios espiritu/ santo [...]Footnote 52

[...] Die heiligste Dreieinigkeit, Gott Sohn und Gott der Heilige Geist [...] (Übers. M.K.)

In dieser Übersetzung fehlen die Elemente xoci (‚Vater‘) und naca goyona persona (‚ist die dritte Person‘). Die Auslassung des Letzteren Elements kann dadurch begründet werden, dass der Zieltext der spanisch-christlichen Terminologie angepasst werden sollte, in der eine Erklärung zum Konzept des espiritu santo nicht benötigt wird. Das Fehlen von xoci ist jedoch unerklärlich, da es sich um einen essentiellen Bestandteil der Dreieinigkeit handelt. Zu vermuten wäre hier ein Fehler des Übersetzers. Darüber hinaus wurden im Zieltext den Elementen hijo und espiritu santo das Substantiv dios vorangestellt, wodurch die Elemente eine attributive Funktion in der Textpassage erhalten. Möglicherweise wurde diese Ergänzung zur Angleichung an die Terminologie der christlichen Doktrin, im Sinne einer einbürgernden Übersetzung, vorgenommen. Ein Argument, das hierfür spricht, ist auch die zu vermutende zeitliche Distanz zwischen der Abfassung des Testaments und dessen Übersetzung. Zwar ist die Übersetzung nicht datiert, es ist jedoch anzunehmen, dass sie erst ca. 25 Jahre später, im Jahr 1692, entstand, da sie in einem Prozess aus diesem Jahr als Beweismittel angeführt wurde. Die Übersetzung ‚aktualisiert‘ somit das Konzept im Vergleich zum Ausgangstext.

Die Übersetzung des Testaments von 1707 weist vergleichsweise weniger auffällige Anpassungen im Zieltext auf:

[...] y que Crey Las tres personas dela Santisima trinidad, Dios [padre];/ Dios hijos y Dios espirituss.to.Footnote 53

[...] und dass ich die drei Personen der heiligsten Dreieinigkeit glaubte, Gott Vater, Gott Söhne und Gott der Heilige Geist. (Übers. M.K.)

Eine Modifikation liegt hier lediglich in der Einfügung der Präposition de, die die tres personas (‚drei Personen‘) in ein attributives Verhältnis zur Santisima trinidad stellt und somit ein Verständnis der Entität ‚Dreieinigkeit‘ als Kollektiv von drei zusammengehörigen Elementen suggeriert, was im Ausgangstext nicht zum Ausdruck kam. Besonders deutlich wird dies im Vergleich zum Dokument von 1707, in dem eine nahezu identische Formulierung im Ausgangstext (dort: tzonna persona santissima trinidad) noch Lexem für Lexem übersetzt wurde (tres perssonas la santissima trinidad). Als mögliche Motivation für dieses Vorgehen kann erneut eine Angleichung an die spanische Terminologie und ein fortschreitendes Verständnis der beschriebenen Konzepte angesehen werden. In diesem Fall ist die Übersetzung überdies zeitgenössisch zum Ausgangstext: Der intérprete datiert seinen Eid auf den 22. Februar 1707, denselben Monat, auf den auch das Testament datiert ist.

Die Übersetzung des letzten Dokuments von 1737 weist noch weniger Veränderungen im Vergleich zum Ausgangstext auf:

[...] y creo en un/ solo Dios Berdadero, y enlas tres Perzonas de/ la santtissima trenidad, Padre hijo y esprittu/ santto [...]Footnote 54

[...] und ich glaube an einen einzigen wahren Gott, und an die drei Personen der heiligsten Dreieinigkeit, Vater Sohn und Heiliger Geist [...] (Übers. M.K.)

Hier ist lediglich die unvollständige Wiedergabe der Passage xoci xijni tzela Dios espiritu santo (‚Vater Sohn auch Gott heiliger Geist‘) zu verzeichnen. Dies kann daher rühren, dass dem Übersetzer bewusst war, dass das Lexem espiritu santo in der spanisch-christlichen Terminologie auch ohne den determinierenden Zusatz dios verstanden und verwendet wurde. Die Verwendung im zapotekischen Ausgangstext dürfte wiederum auf missionarische Doktrinen zurückgehen, um das Konzept eines espíritu (‚Geist‘) eindeutig mit dem christlichen Glauben zu verknüpfen. In diesem Zusammenhang ist interessant, dass die Übersetzung des Testaments erneut mit erheblichem zeitlichem Abstand im Jahr 1755 entstanden ist. Die Übersetzung impliziert somit, wie in den vorigen Beispielen, ein aktualisiertes Verständnis des Konzepts der Dreieinigkeit.

7 Konklusion

Für eine Annäherung an aus christlichen und notariellen Texten Neuspaniens rekonstruierbare Translationskonzepte wurden zum einen die Ideen und Ideologien zu Translation in den normativen Vorgaben sowohl der Kirche als auch der spanischen Krone herausgearbeitet, zum anderen wurden die Übersetzungen selbst, die für die jeweiligen Texte als Textpaare vorliegen, analysiert.

Die normativen Vorgaben der Kirche sind vom translatorischen Ideal der ‚treuen Übersetzung‘ geprägt, definieren aber nicht, was damit genau gemeint ist. Es kann jedoch angenommen werden, dass damit auf Wort-für-Wort-Übersetzungen verwiesen wird. Die Formulierung der jeweiligen Regeln der Übersetzung zeigen auch ein Bewusstsein für Probleme der Translation aufgrund möglicher sprachlicher Inkompatibilitäten oder aber kultureller Eigenheiten der Zielgruppe und öffnen damit Raum für Translationsstrategien, die sich von Wort-für-Wort-Übersetzungen deutlich unterscheiden und in den Übersetzungen dann auch zeigen.

Auch in den Übersetzungen der notariellen Texte entspricht der normativ vorgegebene Anspruch, fielmente, also ‚treu‘ zu übersetzen, nicht dem Konzept einer Wort-für-Wort-Übersetzung, sondern äußert sich in dem Bestreben, sowohl die Treue zum Text als auch die Treue zur (wahrgenommenen?) Norm in den Sprachen der Übersetzung zu bewahren. Damit ähnelt er dem translatorischen Anspruch der christlichen Missionare, dient jedoch hier nicht dem Ziel, Inhalte in der Zielsprache verständlicher zu machen, sondern umgekehrt dazu, den in der Zielsprache bereits etablierten diskursiven Normen zu entsprechen.

Als zu analysierendes Beispiel wurden Übersetzungen des Konzepts der Dreieinigkeit (trinidad) zwischen dem Spanischen und dem Zapotekischen gewählt. Das Konzept erscheint in besonderer Weise geeignet, da es sich sowohl in Texten der Evangelisierung als auch notariellen Texten findet und damit die in diesem Projekt zu untersuchende Verbindung dieser beiden Bereiche besonders deutlich zeigen kann.

Die Analysen der im Zuge der Evangelisierung erstellten Übersetzungen zeigen, dass nicht die direkte Ausrichtung am Zielpublikum, sondern vielmehr inter- bzw. transtextuelle Bezüge translatorische Entscheidungen leiteten. Insbesondere die Übersetzungen unterschiedlicher Textarten, wie z. B. die dialogischer Texte, die sich im Katechismus finden, in deren Zentrum in diesem Beitrag das Konzept der Dreieinigkeit steht, lassen sich auf vorausgegangene Texte, die im Zuge der Evangelisierung modellgebend waren, zurückführen. Im Zentrum der Analysen in diesem Beitrag stand die Doctrina von Pacheco, für die in den verschiedenen Teilen der dem eigentlichen Katechismus vorausgehenden Texte der (vermeintliche) Autor sogar ausdrücklich als Übersetzer bezeichnet wird. Für die Texte des notariellen Kontextes lässt sich auf der Ebene der Textstruktur entsprechend eine starke intertextuelle Beziehung zu den für die Notare und Übersetzer maß- und modellgebenden Handbüchern feststellen, sodass auch hier das Prinzip der Ausrichtung des Textes am Modell vor dem der Ausrichtung an Zielsprache und -sprechergemeinschaft ausschlaggebend war.

Im Bereich der notariellen Übersetzungen zeigt ein Vergleich von drei chronologisch ausgewählten Beispielen und damit Übersetzungsprozessen deutlich auf, dass in allen Fällen das Prinzip der Wort-für-Wort-Übersetzung zugrunde liegt. Dennoch findet eine mehr oder weniger ausgeprägte einbürgernde Übersetzung im Zieltext statt. Das Konzept der Dreieinigkeit wird in den zapotekischen Ausgangstexten mittels sprachlicher Innovationen wiedergegeben, die zwar auf spanische Vorbilder, vor allem Missionarsliteratur, zurückgeführt werden können, jedoch eine Auffassung des religiösen Konzepts suggerieren, die dem spanischen Verständnis dieses Konzepts nicht entspricht. Deshalb werden die entsprechenden Textstellen im Zieltext der spanischen (und religiösen Fach-)Terminologie angepasst. Aus diachroner Perspektive fallen diese Anpassungen in früheren Dokumenten gravierender aus, da in den späteren Dokumenten die zapotekischen Formulierungen dem spanischen Diskurs bereits näherstehen.