Zusammenfassung
Im Rahmen des nutzerzentrierten Entwickelns von Dienstleistungen werden häufig Personas herangezogen. Durch die Beschreibung der unterschiedlichen Eigenschaften, Bedürfnisse, Ziele und Verhaltensweisen der verschiedenen Kundengruppen in Form von Personas können sich Designer, Software-Entwickler oder Marketing-Experten in den Nutzer hineinversetzen. Neben vielen Vorteilen, die zur Popularität des Persona-Ansatzes führen, existieren aber auch Herausforderungen. Insbesondere die üblicherweise qualitative Persona-Entwicklung in der Praxis kann zu Fehlinterpretationen oder mangelnder Akzeptanz führen. Dies hat zur Folge, dass entwickelte Personas in Unternehmen häufig nicht langfristig eingesetzt werden. In diesem Beitrag wird daher gezeigt, wie durch Verwendung von Design Science Research und Action Design Research eine kombinierte Forschungsmethodik den konsequenten Einbezug der Praxis im Zuge der Entwicklung von 360-Grad-Personas fördert.
Abstract
Personas are often used in the context of user-centered development of services. By describing the different properties, needs, goals and behaviours of different customer groups in the form of personas, designers, software developers or marketing experts can identify with and understand the user. In addition to many advantages that lead to the popularity of the persona approach, however, challenges also exist. In particular, the usually qualitative development of personas in practice bears the risk of misinterpretations or a lack of acceptance. As a result, the developed personas are often not used in a long-term context by organisations. Hence, by applying design science research and action design research, this paper shows how a combined research method improves the development process and the use of 360-degree personas in practice.
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1 Einleitung und Motivation
Das Bestreben, den Kunden in den Fokus zu stellen, ist in den letzten Jahren zum Vorsatz nahezu aller Unternehmen geworden. Durch verbesserte Möglichkeiten der Individualisierung und Personalisierung von Produkten ist es möglich geworden, sich direkt an den individuellen Bedürfnissen und Interessen der Menschen zu orientieren. Wie kann ein Unternehmen den Nutzern einen wirklichen Wert bieten, wo ihn in seinem Handeln und Denken unterstützen? Zur Beantwortung dieser Fragen kommen in der Praxis unter anderem Personas zum Einsatz, welche beispielsweise in der Produktentwicklung, im Marketing oder in der IT helfen, den Kunden in den Fokus des Handelns zu rücken. Doch diese werden zumeist nur anlassbezogen verwendet und kommen durch Nachteile wie einen fixen Zeitbezug, lange Entwicklungsdauer, mangelnde Repräsentativität oder fehlende Daten nicht konsequent und zielgerichtet zur Anwendung. Daher entsteht bei einem Praxispartner der Wunsch, eine Persona-Methodik zu entwickeln, die diese Nachteile aufwiegt und möglichst flexibel, dynamisch und datenbasiert ist, dies unter Berücksichtigung mehrerer Datenquellen. Doch schnell zeigt sich, dass es durchaus nötig ist, zunächst Design-Richtlinien zur Persona-Entwicklung herzuleiten, da diese einer durchgeführten systematischen Literaturanalyse zufolge (siehe Kap. 2) bisher nicht existierten. Die Richtlinien sind als Level-2-Artefakt das Ergebnis der Konzeptionsphase der Forschungsarbeit.
Daran anknüpfend und unter Berücksichtigung der aufgestellten Richtlinien werden 360-Grad-Personas für den Praxiseinsatz entwickelt. 360-Grad-Personas erlauben durch das Verknüpfen unterschiedlicher Datenquellen und unter Berücksichtigung von soziodemografischen Daten als auch verhaltensorientierten und psychografischen Daten sowie kontext- und produktbezogenen Daten, einen Rundum-Blick auf ausgewählte Kundengruppen. Sie dienen somit als Basis für eine kundenzentrierte Gestaltung von Produkten oder Dienstleistungen. Hierbei wird besonders auf den Einbezug des praktischen Kontexts Rücksicht genommen, um mit den 360-Grad-Personas einen essenziellen Mehrwert für Unternehmen zu schaffen. Diese Implementierung der Persona-Entwicklung stellt das zweite Artefakt des Forschungsauftrags dar und ist als Instanziierung als Level-1-Artefakt im Design Science Research (DSR) einzustufen. Beide Artefakte werden durch eine abschließende Experten-Evaluation bewertet. In diesem Beitrag soll die gesamte Forschungsmethodik zur Entwicklung dieser Persona-Methodik durch Design Science und Action Design Research (ADR) beschrieben werden.
Grundsätzlich wird im Rahmen der Entwicklung der 360-Grad-Persona-Methode daher der gestaltungsorientierte Forschungsansatz des DSR gewählt, um ein Artefakt zu gestalten, welches ein konkretes Problem aus der Praxis lösen kann (Robra-Bissantz und Strahringer 2020). Grundlage für den Forschungsprozess ist dabei der DSR-Ansatz nach Hevner (2007), welcher durch Elemente des ADR nach Sein et al. (2011) ergänzt wird.
2 Überblick zum Forschungsvorgehen
Das gesamte Forschungsvorgehen wird in Zusammenarbeit mit einem Praxispartner aus der automobilen Finanzdienstleistungsbranche durchgeführt. Der Forschungsprozess zur Entwicklung der 360-Grad-Personas ist dabei an den DSR-Prozess von Hevner (2007) angelehnt, der das wissenschaftliche Vorgehen in drei Zyklen beschreibt, in denen jeweils unterschiedliche Forschungsmethoden zum Einsatz kommen.
Diese teilen sich auf in:
-
Relevance Cycle
-
Design Cycle
-
Rigor Cycle
Der Relevance Cycle steht für die Relevanz und das Lösen von praktischen Problemstellungen. Hier wird sichergestellt, dass die Praxisrelevanz mit ihren Chancen und Risiken ausreichend berücksichtigt wird. Im Rigor Cycle ist ein wissenschaftlich fundierter Aufbau einer bestehenden Wissensbasis im Fokus. Damit wird der praxisgetriebene Relevance Cycle durch theoretisches Wissen und Methoden ergänzt. Im Design Cycle wird dann das eigentliche Artefakt gestaltet und evaluiert. Die Zyklen beeinflussen sich dabei gegenseitig und kommen jeweils in unterschiedlichen Phasen des Forschungsprojekts zum Einsatz (Hevner 2007).
Als Besonderheit im Forschungsprojekt mit der Praxis werden in den Relevance Cycle insgesamt drei Persona-Projekte im kooperierenden Unternehmen durchgeführt, um Design-Richtlinien für die Gestaltung der 360-Grad-Personas zu entwickeln. Diese sind als Action Design Research-Projekte einzuordnen. Action Design Research (ADR) beschreibt eine Kombination aus Design- und Aktionsforschung. Elementar ist dabei, dass Forschung und Praxis gemeinsam eine Problemstellung zu lösen versuchen und dabei durch bewusste Beeinflussung Erkenntnisse gewonnen werden. Das so entstehende Design-Wissen wird dementsprechend durch das iterative Entwickeln und Evaluieren eines Artefaktes in einer Organisationsumgebung erlangt (Sein et al. 2011). Das Durchlaufen der DSR- und ADR-Zyklen stellt für die Forschungsarbeit sicher, dass im ersten Schritt, der Konzeptionsphase, erstmalig entsprechende Design-Richtlinien als Artefakt zur Persona-Entwicklung aufgestellt werden. Diese wiederum dienen in der Umsetzungs- und Anwendungsphase dazu, das Artefakt zur Entwicklung einer Persona-Methodik herzuleiten. Einen Überblick über die Phasen gibt Abb. 1.
Die Konzeptionsphase beinhaltet somit mit zehn DSR- (bzw. ADR-) Zyklen, um schlussendlich die Richtlinien zur Persona-Entwicklung aufzustellen. Hierunter fallen:
-
Problemformulierung
-
Systematische Literaturanalysen zu Kundenanalyse und Personas
-
Qualitative Experteninterviews
-
Persona-Projekte (als ADR-Projekte)
-
Generalisierung und finale Konzeption (in Form von Richtlinien und Definition)
Die Umsetzungsphase beinhaltet hingegen vier DSR-Zyklen, mit dem Ziel, eine entsprechende Persona-Methode unter Berücksichtigung aufgestellter Richtlinien zu entwickeln. Die Forschungszyklen umfassen:
-
Quantitative Kundenbefragung
-
Datenverknüpfung aus Kundenbefragung und vorhandenen Kundendaten
-
Systematische Literaturanalyse zu Segmentierungsansätzen
-
Segmentierung auf Basis eines neuronalen Netzes und Darstellung im prototypischen Dashboard
Abschließend erfolgt in der Anwendungsphase, neben der Beschreibung und Umsetzung eines Anwendungsbeispiels, ein DSR-Zyklus mit der quantitativen Experten-Evaluation des entwickelten Artefakts zur Persona-Entwicklung, ehe der letzte Zyklus die Dokumentation der Ergebnisse beinhaltet.
Somit gliedert sich das gesamte Vorgehen in mehrere Zyklen. Eine Übersicht und Einordnung dieser Zyklen sind in Abb. 2 dargestellt.
Die Zielvorgabe aus der Praxis, verschiedene Datenquellen zur Beschreibung von Kunden zu verknüpfen, stellt den ersten Relevance Cycle dar. Hierbei sollen Customer-Relationship-Management (CRM)-Daten und Marktforschungsdaten zusammengefügt werden.
Darauf aufbauend schließt sich ein Wechsel der Zyklen zwischen Relevance und Rigor Cycle an (Ziffer 2 bis 5). Neben Literaturanalysen werden Experteninterviews (Ziffer 3) durchgeführt, um die Notwendigkeit eines vollumfänglichen Kundenblicks aufzuzeigen. Dieses Wechselspiel zwischen Environment und Knowledge Base stellt den Ausgangspunkt zwischen der Verbindung aus Forschung und Praxis dar und ermöglicht ein tiefes Basiswissen. Daran anknüpfend werden die drei praktischen Persona-Projekte durchlaufen. Hierbei werden Persona-Projekte in der Praxis begleitet und mitgestaltet. Sie sollen die Ausgangsbasis für Design-Richtlinien sein und somit als Grundlage für das Konzept der 360-Grad-Personas stehen. Die drei Projekte stellen dabei einzelne ADR-Projekte im Rahmen des gesamten Forschungsprozesses dar (Ziffer 6 bis 8) und fließen direkt in den ganzheitlichen DSR-Prozess ein.
Anschließend folgt, als Ergebnis der Konzeptionsphase, die Generalisierung der Persona-Projekte für die Persona-Entwicklung (Ziffer 9). Darauf aufbauend werden die 360-Grad-Personas mit entsprechenden Design-Richtlinien im Design Cycle definiert (Ziffer 10). Dabei werden sowohl die Ergebnisse aus den Experteninterviews und den Literaturanalysen als auch die Erkenntnisse aus den Persona-Projekten berücksichtigt. Durch die Experteninterviews, die Literaturanalysen und die praktischen Persona-Projekte kann somit folgende Definition für 360-Grad-Personas aufgestellt werden:
360-Grad-Personas erlauben einen vollumfänglichen Blick auf diverse Kundengruppen einer Organisation unter Berücksichtigung aufgestellter Design-Richtlinien. Sie beschreiben prototypische Kundenprofile zu verschiedensten Problemstellungen. Dabei werden sowohl weiche als auch harte Eigenschaften der Kundensegmente verknüpft und berücksichtigt. Sie dienen als Basis für eine kundenzentrierte Gestaltung von Produkten oder Dienstleistungen.
Um diesen vollumfänglichen Blick zu gewährleisten, werden nun in der Umsetzungsphase die vorhandenen Daten beim Praxispartner analysiert und durch eine quantitative Kundenbefragung angereichert (Ziffer 11). Hier sind insbesondere die weichen Faktoren, wie Werte, Persönlichkeit und Einstellungen der Kunden enthalten. Anschließend werden alle vorhandenen Datenquellen aus CRM und Marktforschung verknüpft (Ziffer 12). Diese bilden die Grundlage für einen Segmentierungsansatz auf Basis neuronaler Netze (Ziffer 13 und 14), ehe der letzte Zyklus im Design-Prozess mit der Evaluation der 360-Grad-Personas in der Anwendungsphase stattfindet (Ziffer 15). Die finale Dokumentation und Kommunikation der Ergebnisse im Rigor Cycle schließt das gesamte Forschungsvorgehen ab (Ziffer 16).
Zusammenfassend beinhaltet der Forschungsprozess insgesamt sechs Zyklen im Relevance Cycle, als Verbindung zwischen Environment und der Entwicklung des eigentlichen Artefakts. Ebenso umfasst das Forschungsprojekt zwischen Knowledge Base und DSR sechs Zyklen im Rigor Cycle. Der Design Zyklus wird insgesamt vier Mal durchlaufen.
3 Die Entwicklung der Design-Richtlinien im Detail
Die Ausgangsbasis des Forschungsvorhabens bildet das aus der Praxis vorgegebene Ziel der Verknüpfung von Marktforschungs- und CRM-Daten, um Vertriebs- und Marketingaktivitäten kundenorientierter gestalten zu können.
Dieses vielseitige Themenspektrum wird durch eine systematische Literaturanalyse und anschließende Experteninterviews weiter spezifiziert. Dabei wird deutlich, dass insbesondere die Verfügbarkeit von Daten als auch die Datenanalyse für die Fachbereiche problematisch ist. Dafür nötiges statistisches und analytisches Know-How steht häufig nicht im notwendigen Umfang zur Verfügung. Die Verwendung von Personas wird hingegen häufig eingesetzt, da diese verständlich und leichter einsetzbar sind. Sie werden allerdings zumeist qualitativ im Rahmen von Workshops ermittelt. Somit stellt sich im Forschungsprozess an dieser Stelle erstmals die Verbindung aus Datenanalyse und Personas als eine attraktive Methode dar. So können komplexe Auswertungen beispielsweise in Form von Steckbriefen kompakt und übersichtlich dargestellt werden.
Der erste Schritt zur Konzeptualisierung der 360-Grad-Personas erfolgt zunächst auf Grundlage einer umfangreichen qualitativen Expertenbefragung. Bei dieser wird eine Bestandsaufnahme des gesamten Oberbegriffs der Kundenanalyse im unternehmerischen Kontext durchgeführt. Ziel hierbei ist es, ein möglichst umfangreiches Bild über die Analyse von Kundendaten im Praxisalltag zu erlangen und erste Anhaltspunkte für die Konzepterstellung der 360-Grad-Personas zu gewinnen. Eine weitere systematische Literaturanalyse zum Persona-Ansatz schließt daran an, um damit die folgenden praktischen Persona-Projekte im Relevance Cycle aufbauen zu können. Diese sind durch die abschließende Generalisierung elementar für die Konzeption und Umsetzung der 360-Grad-Personas.
3.1 Erkenntnisse aus Forschung und Praxis
Um Design-Richtlinien zur Persona-Entwicklung aufzustellen, fließen in diese Arbeit insgesamt zwei systematische Literaturanalysen nach Moher et al. (2010) sowie eine qualitative Experten-Studie ein. Ferner werden die Ergebnisse durch insgesamt drei Praxis-Projekte begleitet (siehe Abschn. 3.2). Die dadurch entwickelte Wissensbasis fließt in die Formulierung der Design-Richtlinien ganzheitlich ein.
Grundsätzlich lassen sich die Anforderungen an Kundenanalysen respektive Personas zusammenfassen als „(…) prototypische Kundenprofile, die Nutzergruppen und ihre unterschiedlichen Ziele, Eigenschaften, Verhaltensweisen und Motive beschreiben.“ (Cooper 1999). Im Zuge des service-orientierten Denkens kommen Personas seit einigen Jahren vermehrt zum Einsatz und ein datengetriebenes, hybrides Vorgehen zur Persona-Entwicklung steht klar im Fokus (Salminen et al. 2021).
Die Experten für die qualitative Studie sind durch spezifische Kriterien (Erfahrung und Expertise) ausgewählt, um den inflationär verwendeten Begriff des „Experten“ entsprechend zu belegen (Meuser und Nagel 2009). In dieser Studie sind die Experten so ausgewählt, dass sie mindestens fünf Jahre Projekterfahrung in den Bereichen Data Analytics, CRM oder datenbasiertes Marketing haben und bereits mit Personas gearbeitet haben. Die Interviews sind durch die qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring (2015) kategorisiert und analysiert.
Insgesamt wird durch das Durchlaufen der drei Zyklen deutlich, dass es insbesondere in der ganzheitlichen Betrachtung von Kunden als auch in der eigentlichen Persona-Entwicklung Forschungslücken gibt. Hier seien insbesondere folgende zwei Erkenntnisse zu nennen:
-
Für einen Rundum-Blick auf den Kunden sollten neben soziodemografischen und produktspezifischen Variablen auch „softe“ Aspekte wie Einstellungen, Bedürfnisse oder Lifestyle berücksichtig werden.
-
Personas stellen bis dato immer nur eine Momentaufnahme dar, diese Starrheit in der Persona-Entwicklung sollte aufgehoben und durch ein flexibles, dynamisches Vorgehen ersetzt werden.
3.2 Durchführung der ADR-Projekte
Die Erkenntnisse aus Abschn. 3.1. werden nun im weiteren Schritt hin zu Design-Richtlinien durch praktische Persona-Projekte ergänzt, da im Rahmen des Forschungsprozesses der Einbezug des praktischen Kontextes in den Fokus gesetzt wird, um ein lösungsorientiertes Artefakt zu generieren. Dies wird allerdings dem DSR häufig abgesprochen, da hier die Entwicklung innovativer Artefakte aus Sicht einer Problemstellung im Vordergrund steht. ADR stellt hier eine gute Möglichkeit dar, diesen Kritikpunkt aufzulösen. Die Ausgangsbasis im ADR ist eine reale Problemsituation im unternehmerischen Sinn, welche gelöst werden soll und in welcher der praktische Bezug und die Kooperation mit Mitarbeitenden aus dem Unternehmen im Fokus steht (Iivari und Venable 2009).
Jedes einzelne der drei Persona-Projekte stellt im Forschungsprozess ein eigenes ADR-Projekt dar, welches zur Entwicklung der 360-Grad-Personas beiträgt. Dem jeweiligen ADR-Team zugehörig sind neben dem Forscher und den entsprechenden wechselnden Fachbereichen (Customer Experience und IT) auch die potenziellen End-Nutzer als Mitarbeiter im Unternehmen sowie die tatsächlichen Kunden des Unternehmens.
In den Praxis-Projekten sollen jeweils Personas mit unterschiedlichen Zielgruppen entwickelt werden. Die Durchführung der drei Praxis-Projekte folgt dabei dem Ansatz nach Sein et al. (2011) und enthält nachfolgende Stufen:
-
1.
Problemformulierung
-
2.
Gestaltung, Intervention und Evaluation
-
3.
Reflexion und Schlussfolgerung
-
4.
Generalisierung der Schlussfolgerung
Die Stufen werden dabei nicht im klassischen Wasserfallprinzip durchlaufen, sondern können auch wechselseitig aufeinander einwirken. Abb. 3 zeigt die Abhängigkeit der Stufen im ADR mit den jeweiligen Prinzipien einer Stufe.
Bestandteil der Stufe 1 (Problemformulierung) ist zunächst die aus der Praxis hervorgegangene Problemstellung (Prinzip 1). In allen drei Projekten sollten verschiedene Personas entwickelt werden, um die entsprechenden Kunden besser analysieren zu können. Neben digital-affinen Personas sollten Finanzierungs-Personas als auch Großkunden-Personas für den Praxispartner erarbeitet werden.
Darauf aufbauend erfolgt unter Berücksichtigung von Prinzip 2 die Identifikation der jeweiligen Forschungsfragen und Identifizierung geeigneter Theorien und Forschungsmethoden zur Artefakt-Entwicklung.
Anschließend wird die Stufe Gestaltung, Intervention und Evaluation (GIE) erreicht. Das Artefakt wird auf Basis einer wechselseitigen Gestaltung durch IT und Organisation (Prinzip 3) erarbeitet. In Tab. 1 sind die jeweiligen Schritte für ein praktisches Projekt detaillierter beschrieben.
Zudem erfolgt die Bearbeitung durch sich gegenseitig positiv beeinflussende Projektteilnehmer (Prinzip 4). Hier kommen sowohl agile Projektteams als auch klassische Projektteams zum Einsatz. Die Projektstruktur wird dabei vom Praxispartner vorgegeben.
Die kontinuierliche Evaluation (Prinzip 5) wird beispielsweise durch quantitative oder qualitative Befragungen oder wiederkehrenden Bestandsaufnahmen durchgeführt. Das einmalige Durchlaufen der Prinzipien aus der zweiten Stufe (Prinzip 3 bis 5) stellt dabei einen GIE-Zyklus dar. In einem ADR-Projekt können, je nach Komplexität, mehrere GIE-Zyklen durchlaufen werden.
Stufe 3 (Reflexion und Schlussfolgerung) stellt die Verbesserung des ursprünglichen Problems (Prinzip 6) in den Fokus und wirkt direkt auf die vorangegangenen Stufen ein. Hierbei wird sichergestellt, dass das Projektziel erreicht wird, indem, neben der Artefakt-Entwicklung, auch die Einhaltung der Prinzipien betrachtet wird (Sein et al. 2011).
Die Generalisierung (Stufe 4) stellt die Verallgemeinerung und Kommunikation der Ergebnisse (Prinzip 7) in den Vordergrund und schließt ein ADR-Projekt ab. Im Kontext der drei ADR-Projekte, als Teil des Forschungsvorgehens zur Entwicklung von 360-Grad-Personas, schließt Stufe 4 die Generalisierung aller drei Projektergebnisse ein. Darauf aufbauend sind Design-Richtlinien für die Entwicklung von Personas aufgestellt. Diese dienen wiederum als Ausgangsbasis für die Konzeption der 360-Grad-Personas.
Um diesen Lerneffekt aus jedem ADR-Projekt nutzen zu können, erfolgt zu jedem Projekt eine Zusammenfassung nach Sein et al. (2011), um direkt Ableitungen für das Folgeprojekt nutzen zu können. Somit werden schlussendlich auch die Design-Richtlinien umfassend definiert. Für einen Einblick in dieses Vorgehen, sind in Tab. 1 die Forschungsergebnisse zum Persona-Projekt 1 („Digital-affine Personas“) aufgelistet.
3.3 Generalisierung und Aufstellen der Design-Richtlinien
Nach Durchlaufen aller drei Persona-Projekte erfolgt die Generalisierung des gesamten ADR-Prozesses als Zyklus im Rigor Cycle (siehe Abb. 1). Anschließend sind 14 evaluierte Design-Richtlinien für eine allgemein verbesserte Entwicklung von Personas aufgestellt worden. Diese münden in die Initialisierung der 360-Grad-Personas. Die Design-Richtlinien werden dabei in vier Kategorien unterteilt:
-
Daten
-
Segmentierung
-
Darstellung
-
Sonstiges
In der Kategorie Daten sei beispielsweise die Richtlinie zur datenbasierten Entwicklung genannt. Sie beschreibt, dass bei der Erstellung von Personas darauf geachtet werden soll, dass diese auf realen Daten beruhen. Die Darstellung der Design-Richtlinien orientiert sich an dem Vorgehen von Gregor et al. (2020) zur Darstellung von Design-Prinzipien. Jede Design-Richtlinie besteht aus einer Beschreibung, ihrem Zweck und der Einordnung in den Prozessschritt der Persona-Entwicklung. Abb. 4 zeigt die exemplarische Darstellung zur Richtlinie der datenbasierten Entwicklung.
Eine weitere Design-Richtlinie ist beispielsweise die Richtlinie zur Datenerweiterung. Sie ist Teil der Kategorie Segmentierung. Dort wird beschrieben, dass ein Persona-Modell erweiterbar in den Daten sein sollte. Auf ähnliche Weise sind die übrigen 12 Design-Richtlinien aufgestellt. Sie stellen allesamt das Ergebnis der Konzeptionsphase dar und sind in Tab. 2 zusammenfassend aufgelistet.
4 Die Entwicklung der 360-Grad-Personas im Detail
Auf Grundlage dieser umfangreichen, praktischen Durchführung der Persona-Projekte und entsprechender Abstrahierung erfolgt anschließend die Entwicklung des Design-Produktes als 360-Grad-Persona-Anwendung. Dieses wird in Form eines neuronalen Netzes zur Segmentierung und Darstellung als prototypisches Dashboard dargestellt. Hier sollen die entwickelten Design-Richtlinien erstmals Berücksichtigung in der Anwendung finden.
Dafür erfolgt anschließend an die Konzeptionsphase die tatsächliche Umsetzung und Implementierung der Persona-Methodik. Für die Segmentierung der Personas sollen nun sämtliche Kundendaten zum Einsatz kommen, die diese bestmöglich beschreiben. Dafür werden zunächst die vorhandenen Kundendaten beim Praxispartner analysiert. Neben den Produktdaten befinden sich in den CRM-Systemen aber lediglich ausgewählte Daten zum Kunden selbst. Dies sind soziodemografische Angaben, beispielsweise zum Geschlecht, Alter und Wohnort. Sämtliche Angaben zum Verhalten des Kunden, den Einstellungen, Werten und der Persönlichkeit, liegen nicht vor. Diese werden für die 360-Grad-Personas allerdings benötigt, um den umfänglichen Blick auf den Kunden zu bekommen. Aus diesem Grund wird eine zusätzliche quantitative Kundenbefragung durchgeführt. Anschließend werden die Daten aus dem CRM-System und der Kundenbefragung zusammengefügt. Dies stellt den eingesetzten Datensatz für die Segmentierung der 360-Grad-Personas dar (Ziffer 11 und 12, siehe Abb. 2).
Darauf aufbauend wird eine Literaturanalyse zu geeigneten Segmentierungsmodellen durchgeführt (Ziffer 13). Auf Basis des Modellvergleichs wird ein neuronales Netz zur Segmentierung der Personas aufgesetzt. Diese Segmentierungsform für die Persona-Erstellung ist neuartig und ist bisher nicht eingesetzt (Salminen et al. 2021). Die Flexibilität und Lernfähigkeit des neuronalen Netzes ermöglichen aber die Einhaltung der Design-Richtlinien. Hier sei zum Beispiel auf den Aspekt der Datenerweiterung und automatisierten Datenanalyse verwiesen. Im nächsten Design-Zyklus (Ziffer 14) entstehen die eigentlichen 360-Grad-Personas. Diese definieren sich je nach Zielsetzung und werden in Form eines prototypischen Dashboards dargestellt. Die abschließende Evaluation, als weiterer Design-Zyklus, wird wiederum als quantitative Experten-Befragung durchgeführt (Ziffer 15).
4.1 Aufbau der Datenbasis
Für den Aufbau der Datenbasis zur Umsetzung der 360-Grad-Personas erfolgt zunächst ein Daten-Audit der CRM-Datenbank beim Praxispartner. Hierfür werden sämtliche vorhandene Kundendaten herangezogen und nach Cichy und Rass (2019) hinsichtlich der Datenqualität bewertet. Die CRM-Daten werden somit hinsichtlich ihrer Vollständigkeit, Genauigkeit, Aktualität, Konsistenz und Verfügbarkeit analysiert. Insgesamt fließen somit 17 Items mit insgesamt 78 Ausprägungen in die weitere Analyse ein.
Im Daten-Audit ist insbesondere das Fehlen von Daten mit dem Kontext Persönlichkeit und kontextbezogenen Variablen auffällig, welche elementar für das Erfüllen der in Abschn. 3.3 beschriebenen Design-Richtlinien sind.
Aus diesem Grund erfolgt im nächsten Schritt eine quantitative Kundenbefragung mit deskriptiven Forschungsdesign, um diese später als Ausgangsbasis für die Implementierung der 360-Grad-Personas zu nutzen. Aufgrund von Vorteilen wie Repräsentanz, Datenqualität, Aufwand und Untersuchungsdauer ist die Befragung als Online-Befragung aufgestellt, wobei entsprechende Einladungen per E‑Mail an eine ausgewählte Stichprobe des Kundenstamms versandt werden. (Kuß et al. 2018).
Die quantitative Befragung verfolgt somit das Ziel, die ausgewählten CRM-Daten zu ergänzen, um eine Rundum-Kundensicht aufzustellen. Daher gliedert sich der Fragebogen in zwei elementare Teile: den kontextbezogenen Themen und den persönlichkeitsbezogenen Themen. Zu den kontextbezogenen Themen sind insgesamt 17 Items zu folgenden Kategorien aufgestellt:
-
Mobilität im Allgemeinen
-
Fahrzeug im Allgemeinen
-
Nutzung und Zufriedenheit automobiler Finanzdienstleistungen
Zu den persönlichkeitsbezogenen Themen mit insgesamt 36 Items zählen:
-
Digitale Affinität
-
Lifestyle und Persönlichkeit
-
Soziodemografika im weiteren Sinne
Für die Ermittlung des Lebensstils kommt mit dem AIO-Modell nach Paetz (2016) ein entsprechend standardisiertes Fragenset zum Einsatz. Auch bei den Persönlichkeitsfragen kommt mit einem reduzierten Big-Five-Modell nach Rammstedt et al. (2012) ein bekannter und etablierter Ansatz zum Tragen. Nach Durchführung eines Pre-Tests (siehe Kuß et al. 2018) und anschließender Feldphase wird die Prüfung der Datenstruktur nach Theobald (2017) vorgenommen. Somit wird die Güte der Befragung nach den Kriterien Objektivität, Reliabilität, Validität und Praktikabilität beurteilt. Somit können insgesamt 914 vollständig ausgefüllte Fragebögen für die Verknüpfung mit den CRM-Daten weiterverwendet werden.
Die Zusammenführung der CRM-Daten mit den Ergebnissen aus der quantitativen Befragung erfolgt in Python durch einen merge-Befehl, der auf Basis der Daten die erste gefundene Kombination verknüpft und zusammenführt. Die Zusammenführung erfolgt dabei unter Berücksichtigung der anonymisierten Befragungsdaten, sodass der implementierte rightjoin-Befehl Datensätze zusammenführt, die sich durch die Kombination gleicher Variablen zusammenführen lassen und somit einen Match erzeugen. Aus diesem Grund sind im Fragebogen der quantitativen Befragung soziodemografische Fragen enthalten, die ebenfalls in den CRM-Daten zu finden sind. Insgesamt können somit 914 Datensätze mit 70 Variablen und 178 Ausprägungen für die Persona-Entwicklung herangezogen werden.
4.2 Wahl des Segmentierungsansatzes
Der Auswahl eines geeigneten Segmentierungsansatzes liegt eine weitere systematische Literaturanalyse nach Moher et al. (2010) zu Grunde. Dabei kommt zum Vorschein, dass bisherige Veröffentlichungen zur Entwicklung datenbasierter Personas zumeist auf einer K‑Means-Segmentierung beruhen. Dafür sind 77 Veröffentlichungen zu Personas eingeflossen, von denen 45 durch eine quantitative Segmentierung entwickelt sind. Zusätzlich kommen Faktoranalyse, hierarchisches Clustering oder Hauptkomponentenanalysen zum Einsatz. (Salminen et al. 2021).
Bei Betrachtung weiterer möglicher Verfahren rückt die Segmentierung mit neuronalen Netzen in den Vordergrund. Bei Durchführen der Literaturanalyse wird deutlich, dass die Segmentierung mit neuronalen Netzen am ehesten die Voraussetzungen der aufgestellten Design-Richtlinien erfüllt. Diese Form der Kundensegmentierung geht auf Hruschka und Natter (1995) zurück, welche die Methode erstmals zur Kundensegmentierung präsentierten. Doch erst in den letzten Jahren gewann die Form der Segmentierung an Bedeutung, da die Komplexität des Ansatzes nun durch erhöhte Rechnerkapazitäten verarbeitet werden kann. Die Vorteile der Verwendung eines neuronalen Netzes zur Abbildung der 360-Grad-Personas sind zusammenfassend folgende:
-
Flexibilität des Modells
-
Abbildung eines erheblichen Umfangs an Daten
-
Änderungen der Daten sind ohne Änderung des Ursprungsmodells möglich
-
Umgang mit unterschiedlichen Datenformen
Für die Umsetzung der 360-Grad-Personas kommt daher erstmalig ein dreischichtiges Multi-Layer-Perceptron-Netz (MLP-Netz) zum Einsatz, welcher in Python programmiert ist. Dabei wird die Annahme verfolgt, dass ähnliche Eingabemuster zu ähnlichen Ausgaben führen und somit eine gleich geartete Aktivierung in der Zwischenschicht des Netzes erfahren. Somit können schlussendlich Kunden mit ihren dazugehörigen Daten und ähnlichen Verhaltensmustern zu Segmenten zusammengefasst werden.
Nach erfolgreichem Berechnen der optimalen Segmentanzahl durch die Anzahl an Neuronen in der Zwischenschicht erfolgt die Überführung in Persona-Profile. Dabei werden folgende Schritte durchgeführt:
-
Zuordnung der Daten zu den Segmenten
-
Identifikation der Segment-Unterschiede
-
Erzeugen der Metadaten
Die Metadaten enthalten somit alle Daten der 360-Grad-Personas zu einem spezifischen Anwendungsfall. Wird ein weiterer Anwendungsfall betrachtet, werden die Metadaten entsprechend angereichert und erweitert.
4.3 Evaluation des Artefakts am Anwendungsbeispiel
Nach Implementierung der 360-Grad-Personas mit dem Aufbau des Segmentierungsansatzes in Form eines neuronalen Netzes, soll dieses nun nutzbar gemacht werden. Dafür wird die Darstellung der in Abschn. 4.2 beschriebenen Metadaten in Form eines Dashboards für verschiedene Anwendungsfälle erprobt. Folgende 360-Grad-Personas werden dabei auf Basis des vorhandenen Datensatz ermittelt und im entwickelten Dashboard dargestellt:
-
1.
Personas für Elektromobilität
-
2.
Personas für Digitalisierung
-
3.
Personas für Einstellung zum Fahrzeug
Bei den Elektromobilitäts-Personas werden durch das neuronale Netz beispielsweise vier Segmente errechnet. Diese teilen sich in
-
Kunden, die bereits ein Elektrofahrzeug nutzen
-
affine Kunden, die sich den Kauf eines Elektrofahrzeugs zeitnah vorstellen können
-
skeptische Kunden, die abwarten wollen, wie sich Elektromobilität weiterentwickelt
-
ablehnende Kunden, die kein Elektrofahrzeug nutzen wollen
Basierend auf den Anwendungsfällen wird nun die Darstellung im Dashboard erprobt. Dafür ist eine Anwendung entwickelt worden, welches über eine API (Application Programming Interface) die Ergebnisse aus dem neuronalen Netz übermittelt. Diese werden dann in Form eines Dashboards dargestellt. Am Beispiel der Elektromobilitäts-Personas werden somit die vier Segmente gegenübergestellt und alle vorhandenen Daten ausgewertet und dargestellt. Somit können Rückschlüsse auf die Persönlichkeit und Werte der einzelnen Personas gezogen werden – aber auch welche Produkte sie heute nutzen und wie ihr Mobilitätsverhalten ist. Dies ermöglicht beispielsweise das gezielte Unterstützen und Bedienen der affinen Kunden für Elektromobilität, um sie schlussendlich zum Kauf eines Elektrofahrzeugs zu bewegen.
Abb. 5 zeigt einen exemplarischen Auszug des Dashboards der Elektromobilitäts-Personas.
Abschließend wird die Experten-Evaluation zur Bewertung der 360-Grad-Personas durchgeführt. Die Auswahl der Experten erfolgt analog zum Vorgehen in Abschn. 3.1 nach Meuser und Nagel (2009). Insgesamt nehmen zwölf Experten an der abschließenden Befragung teil, welche teilweise bereits Projektteilnehmer der ADR-Projekte (siehe Abschn. 3.1) waren. Als Grundlage für den standardisierten Online-Fragebogen dienen Konstrukte zur Evaluation von Artefakten aus dem DSR sowie Usability-Fragebögen (Figl 2009; Sonnenberg und vom Brocke 2012; Mijač et al. 2019).
Insgesamt ist das Gesamtkonzept der 360-Grad-Personas als sehr gut bewertet. In der übergreifenden Sterne-Bewertung sind im Durchschnitt 4,58 von 5 Sternen vergeben. Ebenso sind die standardisierten Fragestellungen zur Nützlichkeit, Durchführbarkeit und Brauchbarkeit als sehr gut bewertet. Da hier aber auch die Schwachpunkte in der Praxisanwendung deutlich werden, sind die Ergebnisse in Abb. 6 detaillierter dargestellt. Durch die Befragung von praktisch-orientieren Experten lässt sich die eher konservative Bewertung in Bezug auf die praktische Implementierung durchaus erklären. Hier lässt sich vermuten, dass eine gewisse Voreingenommenheit existiert, die aber gegebenenfalls aufgrund der Komplexität des Ansatzes nicht unbegründet ist.
Grundsätzlich lässt die volle Zustimmung für die Nützlichkeit des Dashboards in Höhe von 75 % der Befragten einen Erfolg des Konzepts verzeichnen. Auch die Top-2-Weiterempfehlungsrate in Höhe von 92 % spricht für die Verwendung der 360-Grad-Personas.
Nach Beantwortung der standardisierten Fragestellungen in Form der fünfstufigen Likert-Skala erfolgt im Anschluss die Bewertung der Stärken und Schwächen des Ansatzes sowie etwaiger Maßnahmen zur Weiterentwicklung. Diese sind in Form offener Freitextfelder abgefragt. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass der Ansatz der 360-Grad-Personas durchaus Mehrwerte im Vergleich zu bestehenden Segmentierungen und Darstellungsformen bietet. Dies lässt sich mit dem praxisorientierten Forschungsansatz begründen, der von Beginn an ausgewiesene Praktiker und Experten mit einbezogen hat.
5 Schlussbemerkungen
Grundsätzlich lässt sich der dargestellte Ansatz der 360-Grad-Personas als erfolgreich und neuartig beschreiben. Die in der Evaluation angeführten Schwächen sind eher externer Natur und durch das Modell an sich nicht beeinflussbar. Vielmehr müssen diese im konsistenten Praxiseinsatz minimiert werden. Ebenso haben die technischen Komponenten der Datenverknüpfung und Segmentierungsform Anwendung gefunden und übertreffen bisherige Segmentierungsmodelle der Persona-Entwicklung. Mittels der Implementierung in die Praxis und der Anknüpfung an bereits bestehende Systeme lässt sich somit ein hilfreiches Tool für Produktentwickler, Marketing-Experten und Software-Entwickler bereitstellen, welches auch die weichen Kriterien der (potenziellen) Kunden berücksichtigt. Die Erweiterung durch anwendungsbezogene Kundenbefragungen rundet dabei den Ansatz der 360-Grad-Personas ab.
Diese Schlussfolgerungen liegen begründet in der Verknüpfung aus Praxis und Forschung durch den gewählten Ansatz aus Action- und Design Science Research. Insbesondere der große Fokus auf die drei Praxis-Projekte hat die Entwicklung des Artefaktes der 360-Grad-Personas maßgeblich beeinflusst und somit zu einem erfolgsversprechenden Ansatz verholfen.
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Alex, S., Robra-Bissantz, S. Implementierung von 360-Grad-Personas auf Basis von Action Design Research und Design Science Research – Ein Forschungsprojekt mit der Praxis. HMD 61, 802–819 (2024). https://doi.org/10.1365/s40702-023-01024-5
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