1 Motivation und Einführung

Die Zusammenarbeit von IT und Geschäft wurde in den meisten Unternehmen lange Zeit im Sinne einer internen Dienstleistung (Demand/Deliver-Ansatz) organisiert. Als Konsequenz war der „IT-Bereich“ typischerweise dem CFO unterstellt und wurde primär über Kosten gesteuert. Zu den Kernaufgaben gehörten die Sicherstellung des elektronischen Arbeitsplatzes sowie der Betrieb – und seltener auch die Entwicklung – von Softwaresystemen zur Automatisierung und Integration betriebswirtschaftlicher Transaktionen (z. B. ERP) und zur Informationsversorgung (z. B. finanzielles Reporting). Die vergangenen Jahrzehnte waren durch eine immer breitere und tiefere Durchdringung vieler betrieblicher Aufgaben und Produkte durch IT geprägt. Heute gehen viele Unternehmen sogar durch eine digitale Transformation, d. h. verändern auf Grundlage digitaler Technologien und neuer Arbeitsmodelle ihre Geschäftsmodelle und Prozesse grundlegend. Es ist naheliegend, dass sich dadurch das Aufgabenspektrum des „IT-Bereichs“ vertieft (breitere und tiefer gehende Unterstützung des „Geschäfts“) und dass neue Funktionen hinzukommen bzw. Bedeutung gewinnen (z. B. Innovationsunterstützung). Die Schaffung von CIO-Bereichen und Aufwertung von CIO-Rollen als Geschäftsleitungsfunktionen ist ein Indikator für diese Veränderung. Auf der anderen Seite können auch traditionelle „IT-Funktionen“ (wie z. B. digitaler Standard-Arbeitsplatz, digitale „Customer Touchpoints“) wegfallen, da sie Teil des „Geschäfts“ werden oder durch Dienstleister wahrgenommen werden. Ist unter diesen Umständen die – nach wie vor häufig in Unternehmen anzutreffende – funktionale Strukturierung der IT im Sinne eines Dienstleiters noch angebracht? Falls nein, welche Strukturierung wäre besser geeignet, den CIO-Bereich zeitgemäss zu positionieren, zu organisieren und seinen Wertbeitrag im Unternehmen zu kommunizieren?

2 Typisches Aufgabenspektrum von CIO-Bereichen in komplexen Organisationen

Traditionell führte die zunehmende IT-Nutzung aufgrund spezifischer, in Unternehmen noch nicht breit vorhandener Kompetenzen und aufwändiger Hard‑/Software anfangs zu mehr oder weniger stark zentralisierten Strukturen.

Die zunehmende Durchdringung der Kunden‑/Partnerinteraktion durch IT und die zunehmende Rolle von IT in Produkten und Leistungen verbreitern das Spektrum der CIO-Aufgaben. Es reicht heute oft vom aktiv wertschöpfenden Teil, der dem eigentlichen Geschäftszweck zwingend nötige Funktionalitäten bereitstellt, bis zu einem starken Beitrag/Treiber für die Entwicklung neuer Funktionalitäten. Die jeweiligen Führungs‑, Planungs‑/Organisations- und Steuerungsziele sind sehr unterschiedlich und reichen von sicherem, stabilem und kosteneffizientem Betreiben von Funktionen/Services bis zur Unterstützung von „Business Innovation“ oder sogar Disruption der aktuellen Geschäftstätigkeit. Aus Sicht der Unternehmensführung reichen die Verantwortlichkeiten des CIOs damit von der Unterstützung der bestehenden strategischen Positionierung bis zur Entwicklung neuer strategischer Differenzierungsmerkmale. In komplexen Organisationen sind manche der entsprechenden Aktivitäten zentral organisiert, manche in dezentralen Einheiten (des CIO-Bereichs) – und für viele weitere (meist dezentral entsprechend des Geschäfts organisierte) Aktivitäten leistet der CIO-Bereich im Sinne von „co-creation“ Beiträge.

Während in den vergangenen Jahrzehnten die Aufgaben zur Unterstützung von Innovation und Transformation stetig an Bedeutung gewonnen haben, führt die „Commoditisierung“ bestimmter IT-Funktionen (Betrieb von Basis-Komponenten, „alles was per IaaS oder PaaS von Dritten bezogen werden kann“) auch zum Wegfall von Aufgaben. Dabei wird immer dort reduziert, wo sich einer Unternehmung kein Markt-Differenzierungspotential bietet. Die entsprechenden Aufgaben fallen weg oder werden auf reines Vendoren- und Service Level Management reduziert.

Die Unterschiedlichkeit der CIO-Aufgaben einerseits und ihre stetige Verschiebung sind eine Herausforderung in mehrfacher Hinsicht:

  • Die Unterschiedlichkeit der Anspruchsgruppen, Ziele und Rahmenbedingungen führt zu einer Vielfalt paralleler Teilstrategien, Umsetzungsformen und Führungserfordernisse.

  • Die Abgrenzung des Verantwortungsbereichs des CIO von dem anderer Führungsrollen auf Unternehmensebene wie z. B. Chief Digitalization Officer, Chief Process/Operations Officer oder Chief Technology Officer ist oft problematisch, da „ähnliche“ Themen behandelt werden.

  • Die Rechtfertigung von Kosten und Investitionen wird durch die Verantwortlichkeit für im Wesentlichen zwei sehr unterschiedliche funktionale Cluster erschwert: Dabei handelt es sich einmal um unterstützende, strategisch nicht differenzierende, alternativlose Standard-Funktionen (Kostenfokus, „cost of doing business“) und daneben um Potenziale schaffende, Differenzierung ermöglichende, am Ende aber diskretionäre Funktionen (Investitionsfokus, „enabler for business innovation/transformation“).

Gemeinsam ist diesen Herausforderungen, dass sie zumindest teilweise durch offenbar ungeeignete Strukturierungen des CIO-Bereichs entstehen bzw. erschwert werden: Sowohl die traditionelle, funktional orientierte Strukturierung wie auch an „lean & agile“ und damit produkt-/ergebnisorientierte Strukturierungen sind häufig kleinteilig und inkonsistent, werden „im Geschäft“ bzw. aus Sicht des strategischen Dialogs der Geschäftsleitung oft wenig verstanden und sind kaum als ein Aktivitätsportfolio vermittelbar, wie es andere Querschnittfunktionen wie z. B. Unternehmensentwicklung, Finance oder Human Resources praktizieren. Im Folgenden werden wir uns deshalb primär auf die Strukturierung des CIO-Bereichs fokussieren, auf dessen Grundlage dann die genannten Herausforderungen unserer Überzeugung nach zumindest teilweise adressiert werden können.

3 Bestehende Strukturierungsansätze

Existierende Strukturierungsansätze des typischen CIO-Aufgabenbereichs sind mehr oder weniger stark von einer „inside-out“-Perspektive geprägt, die einem industriellen Paradigma folgt (siehe z. B. (Aghina, De Smet et al. 2018)). Die Bündelung von Aufgabenbereichen folgt dabei primär „was wird gemacht“ oder „wie wird es gemacht“, manchmal auch „für wen wird es gemacht“. Im Zeitverlauf wurden verschiedene, allesamt primär funktional orientierte Vorschläge gemacht:

  • Funktionale Strukturierung nach „Scope“ und Business- bzw. Techniknähe: Das St.Galler Informationsmanagement-Modell (Österle, Brenner et al. 1992) unterscheidet die fünf Aufgabenbereiche IS-Konzeption/-Strategie, IS-Architektur(management), IS-Projektportfoliomanagement, IS-Projektmanagement und IS-Betreuung/-Betrieb. Grundlage ist einerseits der „Scope“ der Aufgabe (Enterprise‑, Projekt- oder Applikationslevel, strategisch vs. taktisch vs. operativ) und andererseits die unterschiedliche Geschäfts- bzw. IT-Nähe der entsprechenden Aufgaben.

  • Funktionale Strukturierung nach Stakeholder und Aufgabencharakter: Feeny und Willcocks (1998) unterscheiden drei Wirkungsdimensionen (Business-Alignment, IT-Architekturdesign, Vendormanagement) und bilden, je nach Überlappung der Wirkungsfelder, neun Aufgabenbereiche (z. B. „Informed Buying“, (IT‑)Architekturplanung, Vertragsgestaltung vs. Vertragsüberwachung).

  • Funktionale Strukturierung nach Risikoappetit und Produktionstiefe: Chun und Mooney (2009) schlagen ein zweidimensionales Tradeoff-System vor, das CIO-Arbeit danach unterscheidet, ob sie hinsichtlich „Risikoappetit“ eher auf Risikovermeidung oder eher auf Innovation ausgerichtet ist bzw. ob sie hinsichtlich „Produktionstiefe“ eher auf Orchestrierung oder eher auf funktionale Bedürfnisse ausgerichtet ist. Es ergeben sich vier mögliche Positionierungen, die als „Landscape Cultivator“, „Innovator & Creator“, „Triage Nurse & Firefighter“ bzw. „Opportunity Seeker“ bezeichnet werden.

  • Funktionale Strukturierung nach Prozesspartner: Sehr häufig (z. B. (Lohmann 2009)) werden je nach Wertschöpfungs-Prozesspartner „Demand“-Funktionen (einschl. Investment‑, Portfolio- und Projektmanagement), „Supply“-Funktionen (Vendoren- und Servicemanagement) und IT-interne Koordinationsfunktionen (z. B. IT-Strategie, IT-Architektur, IT-Governance/-Organisationsdesign, IT-Finanzmanagement, IT-Performancemanagement) unterschieden.

  • Funktionale Strukturierung entsprechend Wertschöpfungsmodell: Natürlich können auch für den CIO-Bereich funktionale Unterbereiche wie z. B. die klassischen Wertschöpfungsfunktionen Marketing, Verkauf, Angebotsmanagement, Business Analyse, Lösungsarchitektur, Engineering, Transition, Betrieb, Support und Order Management unterschieden werden (Walser, Stucki et al. 2017).

Die wachsende Ausrichtung grosser Teile der IT nach agilen Prinzipien führte auch zu entsprechenden Vorschlägen für die Strukturierung des CIO-Bereichs. BCG (Evans, Grebe et al. 2017) schlägt für das Design der „Tech Function of the Future“ die Unterscheidung von Applikationscluster-spezifischen „Stacks“ vor, wobei die fein-granulare Differenzierung entsprechend von Produkten bzw. Services („top of stack“) auf gröber granularen, soweit wie möglich entkoppelten Schichten für Standardsoftware (z. B. ERP, CRM), Plattformen (z. B. Data Integration, Web Server) und IT-Infrastruktur (z. B. Storage, Network) basiert. Innerhalb der Stacks wird vorgeschlagen, entsprechend der Produkte/Services und der Skills eine zweidimensionale Struktur aus „Tribes/Squads“ und „Chapters“ zu bilden.

Zusammenfassend lassen sich für die Strukturierung der Aufgaben des CIO-Bereichs zwei Grundansätze unterscheiden, wie Funktionscluster gebildet werden:

  1. 1.

    Charakteristika der jeweiligen Aktivität (Scope, Risiko, IT-Nähe, Prozesspartner, etc.)

  2. 2.

    Charakteristika der jeweils erzeugten Ergebnisse (Produkte, Services)

Beide Grundansätze können natürlich kombiniert werden. Allen gemeinsam ist, dass sie auf „was wird gemacht“, „wie wird es gemacht“ oder seltener „für wen wird es gemacht“ fokussieren. Zwar haben sich entsprechend aufgebaute IT-Steuerungssysteme (z. B. ITIL) oder -Governanceframeworks (z. B. COBIT) für ihre jeweiligen Verwendungszwecke bewährt. Aber solche Strukturierungen sind weniger geeignet, wenn es z. B. darum geht, die Performance des CIO-Bereichs gegenüber anderen Geschäftsleitungsfunktionen zu erklären, Abgrenzungsdiskussionen mit anderen Führungsbereichen in einem sich verändernden Umfeld zu führen oder Wertbeiträge auf strategischer Ebene zu kommunizieren. Für diese Zwecke bedarf es eines Strukturierungsansatzes, der vor allem eine Verbindung zu den übergeordneten Unternehmensstrategien unterstützt, also auf den Aspekt „welcher Wertbeitrag wird geliefert“ fokussiert – und dafür muss die funktionale inside-out Perspektive verlassen werden.

Mit CIOverview (Walser, Stucki et al. 2017) wurde ein Strukturierungsansatz vorgeschlagen, auf dessen Grundlage z. B. Wertschöpfungs-orientiertes Performance-Reporting und -Controlling (127 Kennzahlen) möglich werden soll. Die Aufgabenstrukturierung erfolgt in CIOverview zwar auf der Grundlage unterschiedlicher Wertschöpfungsbeiträge – aber diese sind immer noch stark funktional geprägt, so dass ihre konzeptionellen Unterschiede aus Sicht der Unternehmensstrategie immer noch nicht ausreichend deutlich werden. So werden z. B. die Business Analyse und Lösungsarchitektur losgelöst (Funktionen) betrachtet, deren Wertschöpfungsbeiträge erst nach mehrfacher Aggregation (Engineering, Transition, Betrieb, …) sichtbar und damit nur sehr indirekt messbar. Diese hier propagierte Struktur der linearen Aggregation verschiedener Halbfabrikate bietet zwar passende Steuerungsmöglichkeiten für die Innensicht des CIO-Bereichs, lässt aber die bereichsübergreifenden, komplexen Wechselwirkungen ausser Acht, die bereits im Verlauf der Entwicklung dieser Wertschöpfungsbeiträge entstehen. Damit werden z. B. Kosten- oder Investitionsdiskussionen auf Ebene Unternehmensführung nur unzureichend unterstützt.

Zusammenfassend tragen funktional und/oder Produkt-orientierte Strukturierungsansätze der zunehmend stärkeren horizontalen Verankerung des CIO-Bereichs bzw. der Informatik im Kern sämtlicher Geschäftsbereiche und -Prozesse nicht genügend Rechnung: Technologie ist zunehmend Enabler für neue Kollaborationsformen (agile Transformation) und IT damit im Schulterschluss (Analyse- und Beratungskompetenz) mit anderen Querschnittsdisziplinen wie z. B. Human Resources oder auch Finance & Controlling eine Keimzelle für die Modernisierung nicht nur der Prozesse und Strukturen, sondern letztlich auch der Unternehmenskultur. Um mit strategischen Geschäftseinheiten, Corporate HR oder Corporate Finance über Investitionen, Budgets und Transformation zu diskutieren, erscheint uns ein grundsätzlich anderes Modell notwendig zu sein.

4 Der Wertbeitrag als gemeinsamer Nenner des gesamten CIO-Aufgabenspektrums

Unsere Hypothese ist, dass angesichts immer grösserer Heterogenität, zunehmender strategischer Bedeutung und permanenten Wandels der Verantwortungsbereich des CIO so strukturiert werden sollte, dass (1) die Kollegen/innen aus der Unternehmensführung diesen Bereich in seiner Vielgestaltigkeit verstehen, (2) die Strukturierung für strategischen Dialog auf dieser Ebene geeignet ist und (3) auf dieser Basis Konsequenzen nicht nur für Kommunikation und Rechtfertigung, sondern auch für Fähigkeitsentwicklung, Organisation/Aufhängung, Finanzierung, Verrechnung etc. der unterschiedlichen CIO-Teilbereiche abgeleitet werden können.

Angesichts der Tatsache, dass durch permanent fortschreitende Digitalisierung die Business IT zunehmend in den Kern der Wertschöpfung rückt, bietet sich als gemeinsamer Nenner des „Gemischtwarenladens“ CIO-Bereich der jeweils erzielte bzw. angestrebte Wertbeitrag an. An die Stelle von „was wird gemacht“, „wie wird es gemacht“ und/oder „für wen wird es gemacht“ soll als primäres Merkmal „welche Art Wertbeitrag wird geschaffen“ (und damit „warum“ wird es gemacht) treten.

Starke IT-Teams bilden sich in Zukunft interdisziplinär und sorgen so für die Integration der Valuestreams in interne wie externe Ökosysteme.

Paul Kreis, CIO SwissBankers Prepaid Services AG

5 Wirkungsbreite vs. Wirkungszeitraum von Wertbeiträgen des CIO-Bereichs

Wertbeiträge werden typischerweise „outside-in“, d. h. aus „Kunden“-Perspektive definiert. Unterschiedliche Stakeholder und vielleicht auch unterschiedliche Wahrnehmungen der Leistungen des CIO-Bereichs aus Kundensicht erschweren eine klare Strukturierung, da eine entsprechende Analyse zunächst nur zu einer langen Liste unterschiedlich wahrgenommener Wertbeiträge führt. Wir suchen deshalb nach einem Wertbeitrags-orientierten Modell, das sich nicht primär an Aktivitäten oder Ergebnissen orientiert. Wenn wir „Wirkung“ in den Mittelpunkt stellen, lassen sich folgende zentrale Dimensionen unterscheiden:

  1. 1.

    Wirkungsbreite („wo überall in der Organisation wird die Wirkung sichtbar“)

  2. 2.

    Wirkungszeitraum („wann wird die Wirkung sichtbar“)

  3. 3.

    Wirkungstiefe („welches Ausmass hat der strategische Beitrag der Wirkung“)

In einer komplexen Organisation sind typische Wirkungsbreiten:

  • ein/e bestimmte/s Projekt/Funktion/Prozess/Produkt

  • ein Bereich, der verschiedene Projekte, Funktionen, Prozesse, Produkte etc. umfasst (z. B. strategische Geschäftseinheit)

  • ein Gesamtunternehmen oder sein Business Ecosystem (d. h. inkl. Überschneidungen zu anderen Organisationen)

Typische Wirkungszeiträume sind:

  • die aktuelle Berichtsperiode (reicht von Quartal bei börsennotierten Unternehmen bis zum aktuellen Jahr und/oder Folgejahr bei familiengeführten KMU)

  • mittelfristige Wirkung (reicht von einem Jahr bis zu mehreren Jahren)

  • langfristige Wirkung (reicht von wenigen Jahren bis zu einem oder sogar mehreren Jahrzehnten)

Wertbeiträge des CIO-Bereichs können verschiedene Wirkungstiefe haben:

  • Sehr hohe Wirkungstiefe haben Beiträge, die fundamental zur Unternehmensstrategie beitragen. Beispiele sind Operations Support für ein Kostenführerschafts-Geschäftsmodell oder Change Coordination Support für eine heterogene Organisation in einem hochvolatilen Umfeld.

  • Sehr geringe Wirkungstiefe haben Beiträge, die nur marginal zur Unternehmensstrategie beitragen. Beispiele sind Capability Development and Sharing in einer extrem dezentral aufgestellten Organisation oder Business Innovation Support in einer Organisation, die sich in einem extrem stabilen Umfeld bewegt.

Die drei Wirkungsdimensionen spannen ein dreidimensionales Modell auf, in dem die unterschiedlichen Wertbeiträge des CIO-Bereichs differenziert und orientiert an der gemeinsamen Währung „Wirkung“ als Portfolio strukturiert werden können. Dabei kann angenommen werden, dass Wirkungsbreite und Wirkungszeitraum im Prinzip unabhängig sind, d. h. alle Quadranten abgedeckt werden können.

6 Wertbeitrag-(„Impact“-)orientiertes Modell zur Strukturierung des CIO-Bereichs

Auf Grundlage der Diskussion mit einer Fokusgruppe von mehr als 30 CIOs aus verschiedenen Branchen (Finance, Insurance, Industry, Travel/Logistic, Rail, Media und Health) und Unternehmensgrössen (KMU bis Konzern) im Rahmen von Workshops werden im Folgenden zur Demonstration des Vorschlags zunächst in generischer Form häufig genannte Wertbeiträge des CIO-Bereichs im vorgeschlagenen Modell abgebildet (Abb. 1).

  • Operations Support: Weiterentwicklung, Betrieb und Betreuung der Business Technology wirkt an vielen lokalen Stellen und laufend – der einfachste Fall und auch der klassische Schwerpunkt des CIO-Bereichs (sowohl hinsichtlich Kosten wie auch hinsichtlich Wirkung). Dieser Wirkungscluster ist durch neue Betriebsmodelle (XaaS/Cloud) unter Veränderungsdruck.

  • Asset Sharing: Das Engineering von Plattformen, die Daten- und Prozessintegration sowie Etablierung und Betrieb von Shared/Common Services brauchen einen längeren Wirtschaftlichkeits-Betrachtungszeitraum und wirken auf viele einzelne Bereiche, die dann von (durchaus auch kurzfristigen) Synergien profitieren.

  • Strategic Decision Support ist ein spezieller, aber wichtiger Wertbeitrag, der unternehmensweite Entscheidungen/Aufgaben mit Querschnitt- bzw. ganzheitlichen Informationen unterstützt (z. B. im Rahmen von Management Reporting, Compliance oder Risikomanagement). Auch hier tritt der Nutzen eher unmittelbar auf (ist also theoretisch verrechenbar).

  • Change Coordination Support: Die breiter angelegten Unterstützungsleistungen des CIO-Bereichs für Projektportfoliomanagement und architektonische Unterstützung/Koordination von Change-Projekten wie auch für die strategische Planung und das Controlling der gesamten Business Technology wirken erst mittel- oder sogar langfristig (z. B. durch Verhinderung zu hoher IS-Komplexität durch Tool‑/Daten‑/Applikationsredundanz).

  • Capability Development and Sharing: Der Aufbau und das Sharing geschäftsrelevanter Kompetenzen (z. B. ERP CC, Analytics/ML CC) oder von Assets (Master Data, Data/Functional Services) im Business-to-IT-Stack wirkt mittelfristig und erzeugt aufgrund seiner Natur Impact in verschiedenen Konstellationen von nutzenden Unternehmensteilen.

  • Business Innovation Support: Die methodische und personelle Unterstützung von Change-Projekten ist wertvoll, aber in der Wirkung an die Nutzungsdauer der entwickelten Geschäftslösungen gebunden und auf die jeweils nutzenden Unternehmensteile beschränkt.

  • Orchestration of (Digital) Transformation: Sie ist definitionsgemäss unternehmensweit wirksam und aufgrund des Charakters (digitaler) „Enterprise Transformation“ strategisch, aber deshalb auch nur langfristig wirksam. Als Konsequenz erfordert sie nicht nur ein spezielles Skillset und spezielle Ansätze (z. B. aufgrund der besonderen Bedeutung von kulturellen und Verhaltensaspekten), sondern deshalb auch ein besonderes Planungs‑, Finanzierungs- und Steuerungskonzept.

Abb. 1
figure 1

Beispiel für Wirkungsportfolio der Wertbeiträge des CIO-Bereichs

Die verschiedenen Wertbeiträge haben natürlich Wechselwirkungen. So erfordert die Orchestrierung der digitalen Transformation an verschiedensten Stellen Business Innovation Support wie auch gesamthaft Change Coordination Support. Eine hohe Effizienz von Operations Support wird meist nur durch wirksames Asset Sharing und Capability Development and Sharing erreicht. Gleichwohl macht es Sinn, Wertbeitrags-Cluster immer dann zu unterscheiden, wenn die Wirkungen an unterschiedlichen Orten oder in unterschiedlichen Zeiträumen auftreten, weil eine gemeinsame Betrachtung dann eben zu den eingangs erwähnten Organisations‑, Finanzierungs- und Kommunikationsschwierigkeiten beitragen würde.

In kleineren Unternehmen deckt ein CIO-Bereich unter Umständen mehrere oder alle hier skizzierten Wirkungscluster ab, wenn auch in stark unterschiedlicher Intensität. Existieren, z. B. in globalen oder sehr heterogenen Unternehmen, parallel lokale und zentrale CIO-Bereiche, werden diese sich auf den oberen bzw. unteren Teil (=lokale Dimension) des Koordinatensystems konzentrieren.

Operational Excellence wird dank Technologisierung und Digitalisierung zukünftig häufig durch die IT bestimmt. Zur Beherrschung, der damit steigender Komplexität, braucht es einen konsequenten Fokus auf den elementaren Wertbeitrag und Schulterschluss mit den Businessbereichen.

Matthias Bryner, CIO Kinderspital Zürich

7 Fallbeispiele

Die folgenden Fallbeispiele haben primär einen illustrierenden Charakter. In beiden Fällen war ein Ko-Autor wesentlich an Entwicklung und/oder Umsetzung beteiligt. Fallbeispiel 1 steht exemplarisch für die Umsetzung in einer Firma, die als Konzerntochter in übergeordnete Strukturen eingebettet ist und Anschlussfähigkeit an diese ein wesentliches Effizienzpotential darstellt. Die Konzerntochter ist aufgrund ihrer höheren Agilität einerseits Treiber in der Umsetzung entsprechender Entwicklungen und profitiert gleichzeitig sehr stark von der konzeptionellen Vorarbeit des Mutterkonzerns. Fallbeispiel 2 zeigt anhand eines kleinen Konzerns (in vergleichbarer Grösse zur Konzerntochter aus Fallbeispiel 1) auf, wie eine eher organische Entwicklung verlaufen kann. Der Reifegrad des kleinen Konzerns entwickelt sich im Vergleich ohne (starke) externe Treiber, dafür aber auch ohne begrenzende Rahmenbedingungen.

Auch wenn in den beiden Fallbeispielen der in diesem Beitrag vorgeschlagene Strukturierungsansatz nicht explizit und umfassend umgesetzt werden konnte, lassen sich doch Situationen und Veränderungen erkennen, die von einer Wertbeitragsorientierung profitieren.

7.1 Fallbeispiel 1: Wertbeitrags-orientierte Strukturierung des CIO-Bereichs als Konsequenz agiler Transformation

Im Rahmen einer konzernweiten agilen Transformation wurde das IT-Management, ausgehend von einem eher klassischen Demand/Supply-Ansatz, fundamental umgebaut. Aufgrund stark unterschiedlicher Grössenordnungen der betroffenen Konzernbereiche fiel dieser Umbau unterschiedlich aus, wobei insbesondere ein Bereich für unser Fallbeispiel beachtenswert ist. Dabei handelt es sich um eine weitgehend unabhängig im Markt agierende, kleinere Konzerntochter, die sich für den eher unspezifischen Teil ihrer Informatikbedürfnisse im Angebot des Konzerns bedient und für die businessnahen, spezifischen Bedürfnisse eigene IT-Capabilities aufgebaut hat. Der Konzern reorganisierte sich auf Basis von Full-SAFe™ (Scaled Agile 2021), einem Framework für skalierte Agilität für grösste Unternehmungen.

Für die Konzerntochter wurde der Fokus auf das in Aghina, De Smet et al. (2018) skizzierte organische Paradigma gelegt, allerdings unter Beachtung der Anschlussfähigkeit an das im Gesamtkonzern ausgerollte SAFe™-Framework. Zu diesem Zweck wurden analog zum Gesamtkonzern Ordnungsstrukturen geschaffen wie z. B. (in abnehmender Fokus‑/Wirkungsbreite) Portfolio- und Governance-Gremien, Solution-Trains, Release-Trains und Teams. Auf oberster Ebene handelte es sich dabei um reine Hüllen, um die Konzerngesellschaft an die entsprechenden Gegenstellen im Konzern andockbar zu machen. Jenseits dieser formellen „Andockstellen“ wurden entsprechend des Netzwerk-Charakters organischer Organisationen (Aghina, De Smet et al. 2018) Innovations‑/Transformationscluster geschaffen, während für die Betriebs‑/Commodity-Teile der IT eine Reduktion auf die klassischen Dienste/Services erfolgte, die den Solution-Trains zur Verfügung stehen müssen. Dabei war es eine relativ untergeordnete Frage, ob diese Dienste/Services selbst erbracht oder via Konzern bzw. über ein Vendor- bzw. SLA-Management angeboten werden. Das organische Paradigma erlaubte insbesondere in den Innovations‑/Transformationsclustern, aber auch im Bereich der Betriebs-IT eine Fokussierung der Wirkungsbreite bei klarer Differenzierung nach zeitlichen Horizonten. Die Konzerntochter profitiert dabei von einem stark auf den strategischen IT-Support und Einsatz entsprechender Sourcingmodelle ausgerichteten CIO (siehe CIO Archetypen in Abschnitt 8 (4)).

7.2 Fallbeispiel 2: Wertbeitrags-orientierte Strukturierung des CIO-Bereichs als logische Entwicklung vom KMU zum Konzern

Das betrachtete KMU (ursprünglich ~ 500 FTE) entwickelte sich in den letzten 10–15 Jahren über organisches wie anorganisches Wachstum zu einem Konzern mit mehreren rechtlich selbstständigen Einheiten (> 2000 FTE). Das IT-Management – wie auch die Führung insgesamt – waren geprägt von pragmatischen Strukturen und einer KMU-typischen Ausrichtung auf den Kern des Geschäfts. Mit zunehmendem Wachstum entwickelte sich dieser Pragmatismus hin zu einer natürlichen Agilität, wobei der starke Kundenfokus nahezu kompromisslos erhalten blieb. Gleichzeitig erlaubte die Erhaltung der Agilität die Integration der für einen Konzern notwendigen Governance- und Compliance-Elemente.

Die im Rahmen des lang anhaltenden, starken Wachstums entstandenen Informatik-Organisationselemente entsprechen auf den ersten Blick einem klassischen Setup mit funktionaler Ausrichtung (was, wann, wie) und einem Demand/Supply-Charakter (durch wen/für wen) mit einem stark auf den operativen Betrieb ausgerichteten CIO (siehe CIO-Archetypen in Abschnitt 8 (4)). In zwei wesentlichen Aspekten wird jedoch gleichwohl die Entwicklung hin zu einer Wertbeitrags-orientierten Struktur deutlich:

  1. a)

    Kultur des miteinander- bzw. „füreinander-Leistens“ (Werner 2004): Ganz im Sinne des organischen Paradigmas (z. B. (Aghina, De Smet et al. 2018)) besteht eine über Dekaden weiterentwickelte Kultur mit stark überdurchschnittlichem Fokus auf die Zufriedenheit der Kunden. Diese Kultur erlaubt eine differenzierte Diskussion losgelöst von politischer Instrumentalisierung und ist ganz dem Wertbeitrag mit Fokus Kundenzufriedenheit gewidmet.

  2. b)

    Dezentrale (Business‑)Digitalisierung bei starker Konzentration der technologischen Enabler in der Informatik: Dezentralisierung erlaubt und fördert eine Ownership für die entsprechenden digitalen (oder datengetriebenen) Ansätze genau dort, wo sie sich in ihrer Wirksamkeit optimal entfalten können. Der Schulterschluss zwischen dezentralen, digitalen Business-Einheiten und der eher zentralen Informatik funktioniert in der Verhandlung der (gemeinsamen) Wirksamkeit und erlaubt eine pragmatische Dynamik, die sich näher an der Kultur eines KMU orientiert als an der eines klassischen Konzerns (d. h. CIO Archetyp mit Fokus auf Sharing und Harmonisierung).

Insgesamt ist die Entwicklung aus den KMU-Wurzeln hin zu einem modernen Konzern in vollem Gange. Absehbare Entwicklungsschritte umfassen

  • den Wechsel von der projektorientierten Weiterentwicklung zu einer (IT-)Produktorientierung: Stehende Produkt-Teams werden zur kontinuierlichen Entwicklung von (digitalen) Fähigkeiten in einem Segment aufgebaut. Die Wirkungsbreite wird dabei nachhaltig fokussiert (Business Innovation Support bzw. Capability Development and Sharing) auf das betreffende Segment, und der Wirkungszeitraum wird – auf strategischer Ebene potenziell unendlich – verlängert (weniger Reibung dank Reduktion von Start/Stopp-Verlustleistung im Vergleich zu Projekten), wobei eine entsprechende Lieferlogik sicherstellt, dass wirksame/nützliche Produkt-Artefakte regelmässig zur Verfügung gestellt werden können.

  • eine Anpassung der heutigen Fertigungstiefe mit Fokus auf Asset Sharing und Operations Support. In diese Entwicklung fällt potenziell der gesamte Teil der klassischen Engineering- und Betriebs-IT. Hier werden Aufgaben zunehmend in Form von Drittservices (z. B. via Cloud) bezogen werden, die Fertigungstiefe fokussiert sich damit auf Supplier‑/Vendorenmanagement und auf die Kernaufgabe der (technischen und fachlichen) Integration.

  • die Entwicklung eines Enabling Governance-Frameworks, um einerseits steigenden regulatorischen Anforderungen (Datenschutz, Compliance etc.) gerecht zu werden und andererseits die kulturelle Stärke der Unternehmung (Pragmatismus) zu erhalten.

8 Potenziale einer Wertbeitrags-orientierten Strukturierung des CIO-Bereichs

Wenn die Aufgaben des CIO-Bereichs konsequent wertbeitrags-orientiert strukturiert werden, lassen sich damit die folgenden Wirkungen erzielen:

  1. 1.

    Gemeinsames Verständnis von Fokus, Zielen und Verantwortung: Die Ausrichtung am übergeordneten Wertbeitrag führt zu einem wirkungsorientierten Dialog auf Augenhöhe. Digitale Produkte werden gemeinsam geschaffen und im Ergebnis gemeinsam verantwortet. Die Informatik bleibt damit über die technische Bereitstellung hinaus verantwortlich für den Erfolg – die Wirkung – einer digitalen Lösung. Die Businessbereiche engagieren sich frühzeitig und wiederkehrend bereits im Rahmen der (iterativen) Konzeption und Umsetzung für den passenden Fit digitaler Produkte. Fortschritt wird gemeinsam immer dann erzielt, wenn sich Einigkeit über den Nutzen und Wirkung in messbarer Form (z. B. gewonnene Marktanteile oder zusätzlich erreichte Effizienz) einstellt. Dann gilt auch – und vielleicht gerade – geschäftsbereichsübergreifend:

Mit einer Wertorientierung in der IT werden sogar die häufigen organisatorischen Brüche im Business quer zum Geschäftsprozess überwunden und die IT treibt die Integration des Geschäfts.

Jochen Decker, CIO Schweizerische Bundesbahnen SBB CFF FFS

  1. 2.

    Differenzierte Steuerung der Wirkungsbereiche: Unterschiedliche Stakeholder, Konflikte und Wertbeiträge können in der Steuerung für den jeweiligen Wirkungsbereich passend adressiert werden. Der Einsatz unterschiedlicher Fähigkeiten aber auch Prozesse oder Methoden bis hin zu lokal passenden Führungsstilen in Ausprägung von einer oder mehrerer (Sub‑)Organisationskulturen wird so möglich. Entscheidungssysteme und Governance können anschlussfähig ausgebildet werden und nicht zuletzt stärkt diese wirkungsorientierte Steuerung die Positionierung (der Themen und Bereiche) im Unternehmen. Für Finanzierungs- und Verrechnungsmodelle lässt sich dabei nach Wirkungszeitraum und Härtegraden unterscheiden und als Priorisierungsbasis für ein übergeordnetes Portfolio-Management nutzen: (in Anlehnung an (Nagel 1989))

    1. a.

      Gerechnete Business Cases und lokale Verrechnung bei Kurzfristwirkungen

    2. b.

      Geschätzte Business Cases und Investitionsfunding bei Mittelfristwirkungen

    3. c.

      Zentrale Finanzierung ohne explizite Business Cases bei Langfristwirkungen

  2. 3.

    Tiefere Integration der Informatikfähigkeiten: Das gemeinsame Verständnis über den (bestehenden) Aufgabenbereich der Informatik durch die Businessbereiche trägt dazu bei, den typischen Tradeoff zwischen Weiterentwicklung und betrieblicher Stabilität in den Wirkungsbereichen sichtbar und transparent kalkulierbar zu machen. Übergeordnet wird in der Geschäftsleitung die Grundlage für die Dimensionierung des CIO-Bereichs transparent, und es entsteht eine bessere Grundlage für Diskussionen von Verantwortlichkeiten und unterschiedlicher, bereichsübergreifender Zusammenarbeitsmodelle, z. B.

    1. a.

      mit CTO: Operations & Business-Innovation-Support mit Businessbereichen (und Unternehmensentwicklung);

    2. b.

      mit der Unternehmensleitung: Orchestration von Transformation & Strategic Decision Support bis hin zur Kulturentwicklung (Agilität, New Work etc.);

    3. c.

      mit HR: Capability Sharing (z. B. Business Analyse, Projektleitung etc.);

    4. d.

      mit COO: Asset Sharing (z. B. Plattformen).

  3. 4.

    CIO-Archetypen: Neben einer spezifischeren Behandlung der unterschiedlichen Aufgabengebiete könnten auf Grundlage breiter empirischer Studien auch Patterns identifiziert werden, die sich in verschiedenen Kontexten, Industrien etc. hinsichtlich der Bedeutung und Umsetzung dieser verschiedenen Aufgabengebiete im CIO-Aufgabenportfolio ergeben („CIO-Archetypen“). Als mögliche Muster (auf Grundlage des Modells in Abb. 1) könnten sich z. B. ergeben:

    1. a.

      Fokus Operate: IT-Support in stabilen, wenig IT-affinen Kontexten;

    2. b.

      Fokus Aussenbereiche: Strategic IT-Support, z. B. bei grossflächigem Sourcing;

    3. c.

      Fokus Mitte: Sharing und Harmonisierung, z. B. bei heterogenen Geschäften und hoher Komplexität.

Diese CIO-Archetypen stehen in direkter Abhängigkeit zur Ausrichtung des CIO-Bereichs mit Blick auf die Wertbeitragsorientierung. Sie sind damit weniger Treiber als vielmehr Ergebnis der rahmengebenden Ausrichtung.

9 Ausblick: Mittelbare Konsequenzen einer Wertbeitrags-orientierten Strukturierung

Bei den denkbaren Konsequenzen steht paradoxerweise zu den genannten Differenzierungspotentialen die geringere Wertungsdifferenzierung zwischen CIO und anderen Top Management-Rollen mit an erster Stelle. Auflösen lässt sich dieses Paradoxon bei Betrachtung der Qualität der bisherigen Differenzierung. Statt (bestehender) Siloorientierung und Reduktion der Informatik auf eine rein technische Rolle wird neu der Wertbeitrag übergeordnet gewürdigt und gegen den Unternehmenserfolg bewertet. Auf dieser Ebene erbringen alle Top Management-Rollen (unterschiedliche) Wertbeiträge. Zusätzlich können diese Beiträge geschäftsbereichsübergreifend passend adressiert und verfolgt werden. Dabei können Redundanzen vermieden werden, indem entsprechende Prozesse in bereichsübergreifenden Gefässen (z. B. Solution Trains nach SAFe™) als Portfolio abgebildet werden.

Mit dieser neuen Ausrichtung erfolgt eine entsprechende Anpassung der Leistungsplanung und des Leistungsreportings des CIO-Bereichs. Mit geeigneter Strukturierung folgen beide der Wertorientierung und sind tragendes Element und sichtbare Messung der neu geschaffenen Transparenz und Wirkung. Als Nebeneffekt (neben einer besseren Wirksamkeit) dürfte sich idealerweise ein erhöhtes Verständnis und bessere Akzeptanz der Leistung des CIO-Bereichs im Vergleich zum traditionellen Setup einstellen.

Dazu gehört, dass für jedes Cluster aus Wirkungsbereich-/zeitraum passende Budgetierungs‑, Steuerungs- und Controlling-Ansätze (bzw. die entsprechenden agilen Pendants wie finanzielle Dimensionierung bzw. rollierende Planung, Retrospektiven, Sprint-Reviews etc.) zur Anwendung kommen. Damit lassen sich Effektivität und Effizienz entsprechend „artgerecht“ steuern. Für die Organisation nicht-operativer Aufgaben könnte dabei die Analyse bestehender Planungs- und Steuerungspraktiken aus anderen Domänen (Maschinenbau, Infrastrukturökonomie) wertvolle Impulse für die Ausgestaltung differenzierter Managementansätze liefern. Auch ist denkbar, dass Allokations- und Priorisierungsansätze sinnvoller auf Wertbeitragsclustern als auf funktional definierten Aufgabenbereichen ansetzen.

Eine auf Wirkung ausgerichtete Informatik, die nach dem beschriebenen Modell im Unternehmen integriert ist, bietet auf natürliche Weise ein technologisches wie auch – im direkten Schulterschluss mit den Businessbereichen – digitales Enablement der Geschäftsprozesse. Die Verhandlung von Aufgaben und Verantwortung zwischen Chief Digital Officer (CDO) und CIO lässt sich dabei besser fundiert umsetzen. Dabei ist es unerheblich, ob dedizierte Verantwortungsbereiche geschaffen, ob eine dezentrale Verteilung der Digitalisierungsdisziplin über die Businessbereiche oder ob – je nach CIO-Archetyp – bewusst auf eine Trennung verzichtet wird: Organisation folgt Wirkung als integrales Mantra.