Wie in Abschn. 3.1 erläutert, tragen Aufbau und Funktionalität der INSELpro-App an vielen Stellen zur Stärkung des Dienstleistungsmarktes bei, beziehungsweise helfen bei der Überwindung von Hürden. Zusätzlich relevante Faktoren sind die extrinsischen immateriellen und materiellen Belohnungen, die mit der aktiven Beteiligung an der einhergehen.
Auszeichnungen
Auszeichnungen werden nach Frey und Neckermann (2006) bei der ökonomischen Betrachtung von Anreizsystemen oft vernachlässigt, finden aber zunehmend Aufmerksamkeit. Sie verfügen über eine Signalwirkung und motivieren damit andere Individuen intrinsisch, nach ihnen zu streben; gleichzeitig sind die Kosten äußerst gering.
Immaterielle Belohnungen der INSELpro-Plattform werden durch ein Statussymbol- und Auszeichnungssystem zuerkannt und tangieren damit die soziale Ebene der Anreizsetzung. Die Vergabe von Bonuspunkten kann automatisiert und abhängig von vordefinierten Bedingungen erfolgen, wie etwa der Zahl geleisteter Einsätze, der Reaktionszeit auf Anfragen oder auf Basis der Bewertungen durch die Dienstleistungsanfrager.
Implementiert ist zunächst ein Statussymbolkonzept (Badge), das aus der Summe geleisteter Hilfestellungen für jeden Nutzer abgeleitet wird (z. B. Symbole wie Kinderwagen, Fußabdruck, Fahrrad, Motorrad, Bus, Auto, Helikopter, Flugzeug, Rakete). Diese Status werden im Allgemeinen über die Mitgliedsdauer eines Nutzers auf der Plattform fortgeschrieben, repräsentieren die Beteiligung am Dienstleistungsaustausch und damit das Erfahrungslevel.
In einem zweiten Schritt wird die mit ihrer jeweiligen Bewertung gewichtete Anzahl der geleisteten Hilfseinsätze aufsummiert. Derjenige Nutzer mit der höchsten Quote wird am Monatsende als „Nachbarschaftsheld des Monats“ ausgezeichnet und bekommt ein entsprechendes Badge verliehen. Es wird wie die Statussymbole im persönlichen Profil und bei jedem Anfrage- oder Angebotseintrag des ausgezeichneten Nutzers angezeigt und dient damit als virtuelles Aushängeschild für besondere Verdienste um die Nachbarschaftshilfe.
Qualitätsmanagement
Wie in Abschn. 3.3 erläutert, ist die Qualität der Angebote neben der zur Verfügung stehenden technischen Plattform ein wichtiger Aspekt für die Nutzung der Angebote im Rahmen der Vermittlung personennaher Dienstleistungen. Da eine INSELpro-vermittelte Leistungserbringung gewerbliche Dienstleister nicht ersetzen soll, durch den privaten Charakter einer Nachbarschaftshilfe keinen professionellen Anforderungen entsprechen muss sowie offline stattfindet, sind herkömmliche Ansätze des Qualitätsmanagements nicht zielführend.
Es gilt daher, die bei der Nutzung der Vermittlungsplattform anfallenden Daten zu operationalisieren, um die Vorschläge des Zuordnungsalgorithmus zu beeinflussen und einen lokalen Quartiersverantwortlichen als Qualitätsmanager zu unterstützen. Ihm/ihr werden diejenigen Nutzer bzw. abgeschlossenen Dienstleistungen zur manuellen Sichtung vorgeschlagen, die vom System als überprüfenswert klassifiziert werden.
Bewertungen
Bewertungen von Produkten in Online-Shops sind meist J‑verteilt, weshalb die reine Betrachtung des Mittelwertes zur Einschätzung der Qualität nicht ausreichend ist (vgl. Abschn. 3.3). Dies ist auch für die Bewertung von Dienstleistungen zu erwarten. Für die INSELpro-Plattform werden daher nach Abschluss jeder Dienstleistung Bewertungen der Beteiligten über die Qualität der Dienstleistung und Zuverlässigkeit des Helfers bzw. Hilfesuchenden eingeholt, die aus Gründen der Bedienbarkeit lediglich über die Auswahl eines von jeweils drei Smileys (traurig, normal und lachend) charakterisiert werden.
Weichen die Bewertungen der Beteiligten stark voneinander ab (d. h. zufrieden vs. unzufrieden), wird dieser Fall an das Quartiersmanagement zur persönlichen Untersuchung gemeldet. Auch auffällig häufige unterschiedliche, gegenseitige Bewertungen oder kurzfristige Absagen werden angezeigt. Persönliche Rückfragen an die Beteiligten helfen dabei, Qualitäts‑, Kommunikations‑, Bedien- oder Zuordnungsprobleme zeitnah zu erkennen und an ihrer Lösung zu mitzuwirken.
Zusätzlich gehen die Bewertungen der Servicequalität in die Berechnung von geeigneten Helfern einer Suchanfrage ein. Besser bewertete Helfer werden bei gleicher Eignung aufgrund ihrer Kompetenzen prominenter angezeigt, was ebenfalls die Qualität der zu erbringenden Dienstleistung beeinflusst. Gleichzeitig steigt allerdings die Gefahr der Überlastung von sehr gut bewerteten Prosumern. Daher ist es wichtig, in der Hilfskultur zu verankern, dass die Absage einer Anfrage keinen negativen Akt darstellt. Die Bewertungen einzelner Nutzer werden wie auch die Auszeichnungen daher auf der Plattform lediglich im Rahmen einer Hilfsanfrage in der Liste potenzieller Unterstützer angezeigt. Eine Art genereller Nutzerübersicht oder Mitgliederliste ist weder öffentlich noch für registrierte Prosumer einsehbar.
Der Einfluss älterer Bewertungen kann mit fortschreitender Zeit verringert werden, um sich den eventuell geänderten Lebens- und Hilfsumständen anzupassen. So ist es wenig sinnvoll, einen ehemals sehr guten Anbieter auch dann noch auf vorderen Plätzen der Vorschlagsliste anzuzeigen, wenn dieser aufgrund einer veränderten Lebenssituation (z. B. nun selber ein Pflegefall) zu Hilfsangeboten gar nicht mehr fähig ist. Zunächst ist vorgesehen, weiter als ein Jahr zurückliegende Bewertungen nur noch zu 50 % im Matching-Algorithmus zu berücksichtigen. Die Werte können durch das Quartiersmanagement den realen Nutzungsbedingungen angepasst werden.
Weitere Motivatoren
Neben allgemeinen, intrinsischen Motivationsaspekten wie der Freude am Helfen und dem Erleben der Nützlichkeit einer Hilfsdienstleistung, werden auch weitere Motivatoren eingeführt:
Regelmäßige, öffentlich angekündigte Vernetzungstreffen für die lokalen Anwohner dienen der Steigerung der Projektbekanntheit und der App vor Ort. Hier kommen potenzielle Neu-Prosumenten mit bereits aktiven Hilfegebern- und Empfängern zusammen, welche die „Neuen“ mit in das soziale Netzwerk der Nachbarschaft integrieren und als Projektbeteiligte binden. Das Vorstellen von „Erfolgsgeschichten“ der nachbarschaftlichen Dienstleistungen beispielsweise im Rahmen der persönlichen Auszeichnung besonders verdienter Prosumenten aus Abschn. 4.1 kann ebenfalls dabei helfen, die Beteiligung am Netzwerk zu steigern bzw. hoch zu halten. Darauf zielt auch die Verlosung von durch örtliche Unternehmen gesponserten Kleinstpreisen an aktive Nutzer auf Geber- und Nehmerseite über die App ab.