Zusammenfassung
Unsere Städte sollen smarter werden. Das heißt, sie sollen durch vernetzte Telekommunikationsmedien benutzerfreundlicher, sicherer, ökologisch und ökonomisch nachhaltiger organisiert werden. Um all diesen Erwartungen gerecht zu werden, bedarf es neuer Strategien. Nicht mehr besitzen, sondern teilen lautet immer häufiger die Devise. Nicht mehr ein Fahrzeug für alles, sondern dem Bedarf gerecht werdende Mobilitätskonzepte müssen gefunden werden. Das verändert nicht nur die Städte, sondern auch die Unternehmen und die Mobilität ihrer Mitarbeiter/-innen. Im Bereich der Organisation einer Firmenflotte können smarte Systeme ein unterstützendes Medium sein, um den Ansprüchen sowohl der Fuhrparkverwaltung als auch der Nutzer/-innen gerecht zu werden.Wir fragen im vorliegenden Beitrag nach der Interpretation der angestrebten elektronischen Vernetzung durch unterschiedliche Nutzergruppen und den Risiken, die sich im Hinblick auf die Privatsphäre des Einzelnen, in Smart City-Konzepten (oder smarten Interaktionsräumen) ergeben. Dies wird beispielhaft am Einsatz der Elektromobilität im beruflichen Kontext dargestellt.
Notes
Vgl. Bundesverband CarSharing e. V. (2014) Carsharing-Boom hält an. Berlin. http://www.carsharing.de/presse/pressemitteilungen/carsharing-boom-haelt-an, zuletzt geprüft am 01.01.2015, Flottenmanagement (Hrsg) (2011) Mein Auto, dein Auto – unser Auto. In: Flottenmanagement 1:44–48.
Wir verwenden in diesem Artikel das generische Maskulinum, um die Lesbarkeit zu erleichtern. Bezeichnet sind aber immer Männer und Frauen, sofern nicht anders angegeben.
„Raum ist eine relationale (An)Ordnung sozialer Güter und Menschen (Lebewesen) an Orten“ (Löw 2001, S. 224).
„[…] als privat gilt etwas dann, wenn man selbst den Zugang zu diesem „etwas“ kontrollieren kann. Umgekehrt bedeutet der Schutz von Privatheit dann einen Schutz vor unerwünschtem Zutritt anderer“ (Rössler 2001, S. 23). Wobei Rössler den Zutritt nicht nur konkret-physisch sondern auch symbolisch-metaphorisch versteht (ebd. ff.).
Zur Definition der Rolle siehe Erving Goffman (2003, S. 18).
„[…] Der Schutz der räumlichen Privatsphäre besitzt im freiheitlichen Rechtsstaat überragendes Gewicht“ BVerwG „Kohl IV“, Urteil vom 23.06.2004,20.
„Vielmehr gebietet der hohe Rang des Rechts auf freie Entfaltung und Achtung der Persönlichkeit, der sich aus der engen Beziehung zum höchsten Wert der Verfassung, der Menschenwürde ergibt, daß dem aus einem solchen Interesse [Aufklärung von Straftaten] erforderlich erscheinenden Eingriff ständig das Schutzgebot des Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG als Korrektiv entgegengehalten wird. (vgl. BVerfGE 27, 344 [353 f.]; 32, 373 [381]; 2 BvR 454/71 B II 5)“ BVerfGE 35, 202– „Lebach“, Urteil vom 05.06.1973.
Dass die Würde des Menschen unantastbar sei, ist die, für die Konstitution des Selbstverständnisses der sich als freiheitlich und demokratisch begreifenden Gesellschaften, nach dem Zweiten Weltkrieg, wichtigste Schutzgarantie und das angeborene, unveräußerliche Recht eines jedes Einzelnen. Mit ihr beginnt die Präambel der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (Vereinte Nationen 1948: 1), sie ist festgehalten in den ersten zwei Sätzen des ersten Artikels der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Art. 1 Satz 1 und 2 EU-Charta), sowie des deutschen Grundgesetzes (Art. 1 Abs. 1 Satz 1 und 2 GG).
„Das Wertsystem der Grundrechte geht von der Würde und Freiheit des einzelnen Menschen als natürlicher Person aus. Die Grundrechte sollen in erster Linie die Freiheitssphäre des Einzelnen gegen Eingriffe der staatlichen Gewalt schützen und ihm insoweit zugleich die Voraussetzungen für eine freie aktive Mitwirkung und Mitgestaltung im Gemeinwesen sichern“ BVerGE 21, 362– “Sozialversicherungsträger“, Beschluss vom 02.05.1967.
„Durch diese Ordnung soll die Eigenständigkeit, die Selbstverantwortlichkeit und die Würde des Menschen in der staatlichen Gemeinschaft gesichert werden. Die obersten Prinzipien dieser Wertordnung sind gegen Verfassungsänderungen geschützt (Art. 20, 79 Abs. 3 GG)“ BVerfGE 6, 32– „Elfes“, Urteil vom 16.01.1957, vgl. BVerfG 65, 1 (43) – „Volkszählung“, Urteil vom 15.12.1983, BerfGE 27, 1– „Mikrozensus“, Urteil vom 16.07.1969.
Die fahrerunterstützenden Systeme wie etwa zur Kontrolle des Abstandes des Fahrzeugs zu anderen Objekten, der Spurhalterassistent, der Tempomat aber auch die Kommunikation zwischen Fahrzeugen oder zwischen Fahrzeugen und verfügbarer Kommunikationsinfrastruktur zur Registrierung des Verkehrsflusses, Erkennung von Staus, helfen das Fahren sicherer zu machen und vor allem schwere Unfälle zu vermeiden. Laut Statistischem Bundesamt gab es 414.362 Verkehrsunfälle mit Personenschaden im Jahr 1970, im Vergleich hierzu 291.105 Unfälle mit Personenschaden im Jahr 2013. Man kann den Rückgang dieser Unfälle als kontinuierlich bezeichnen. Als Grund hierfür wird nicht etwas die Verbesserung der Fähigkeiten der Fahrer genannt sondern die Verbesserungen auf dem Gebiet der Karosserie und Fahrzeugtechnik (siehe : 5; Scheurer 2013).
Zitat aus einem Interview. Die Interviews wurden anonymisiert und nach dem Datum, dem Interviewer und der Anzahl der an diesem Tag von dem entsprechenden Interviewer durchgeführten Interviews benannt.
(Vgl. Datenschutzbeauftragter INFO (2013) GPS-Überwachung von Fahrzeugen. Telematik-Lösungen im Flottenmanagement häufig verzichtbar. http://www.datenschutzbeauftragter-info.de/gps-ueberwachung-von-fahrzeugen-telematik-loesungen-im-flottenmanagement-haeufig-verzichtbar/, zuletzt geprüft am 01.01.2015; Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (2011) Für Elektromobilität, aber gegen gläserne Autofahrer! Nr.: 14/2011. http://www.bfdi.bund.de/DE/Oeffentlichkeitsarbeit/Pressemitteilungen/2011/14_Elektromobilitaet.html;jsessionid=F45073F7D0A407E3C3B8C164860075F1.1_cid344?nn=40980, zuletzt geprüft am 01.01.2015, Hamann G, Rohwetter M (2014) Google, sei bei uns! Auf welchen Wegen sich der Internetkonzern im Alltag einmischt. In: Die Zeit vom 06.02.2014, Nr. 7, S. 7).
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Löw, M., Rothmann, L. Privatsphäre in smarten Interaktionsräumen? Von intelligenten Städten und der Hoffnung auf die gute Gesellschaft. HMD 52, 610–623 (2015). https://doi.org/10.1365/s40702-015-0144-2
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