Zusammenfassung
Die Inzidenz von Morbus Crohn, einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung, steigt an. Obwohl die Therapiemöglichkeiten verbessert wurden, entwickelt ein Großteil der PatientInnen Komplikationen, die eine chirurgische Intervention benötigen. So können neben Stenosen auch Perforationen oder Fisteln entstehen, die eine dringliche chirurgische Darmresektion notwendig machen. Aufgrund des hohen Lebenszeitrisikos für die Notwendigkeit einer chirurgischen Therapie von Komplikationen, bedarf es einer optimalen Koordination von konservativer und operativer Therapie. Dies inkludiert sowohl Indikation zur Art der Chirurgie, als auch die postoperative Rezidivprophylaxe, sodass die Behandlung wegen der komplexen Interaktion in einem spezialisierten Zentrum erfolgen sollte, um den besten Operationszeitpunkt zu wählen. Um nach einer Darmresektion die Rekonvaleszenz zu beschleunigen und das Komplikationsrisiko zu minimieren, sind in den letzten Jahren einerseits die Laparoskopie als Standardzugang, andererseits spezielle chirurgische Anastomosen- und Resektionstechniken propagiert worden. Zusätzlich sollte in der Nachsorge die Einbindung der PatientInnen in ein gastroenterologisches Nachsorgeprogramm mit regelmäßigen, endoskopischen Untersuchungen erfolgen, um Rezidive zu erkennen und zu behandeln. Risikofaktoren für ein Frührezidiv nach Operationen beinhalten Rauchen, vorherige Operationen, das Fehlen von prophylaktischer medikamentöser Therapie, penetrierende/fistulierende Komplikationen bei Erstoperation, perianale Komplikationen, Granulome und myenterische Plexitis. In diesem Artikel fassen wir die gängigen Richtlinien sowie aktuelle Studien, die möglicherweise Einzug in die gängige Praxis finden, zusammen.
Abstract
The incidence of Crohn’s disease, an inflammatory bowel disease, has increased in recent years. Despite a large new armamentarium of drugs, a significant fraction of patients with Crohn’s disease develop intestinal complications requiring surgical intervention. In addition to strictures, fistulas or perforations can require urgent or elective surgery and intestinal resection. Due to the high lifetime risk for complications, surgeries should be planned and conducted in specialized centres with adequate caseloads, as this also minimizes the risk of postoperative complications. In general, decisions to perform a surgical intervention should be made in an interdisciplinary setting. Laparoscopy has become the standard of care and is increasingly utilized for recurrent interventions. In addition, scientific literature has shown that special surgical anastomotic techniques may reduce clinical and endoscopic recurrence. Postoperatively, surveillance should be offered by specialized gastroenterologists and endoscopy should be performed regularly to identify early recurrence. While several of the perioperative factors can be optimized, independent risk factors for recurrence are smoking, prior surgery, lack of prophylactic immunosuppression, penetrating/fistulizing disease at the time of index surgery, perianal complications, and presence of granulomas and/or myenteric plexitis. In this article, we summarize current guidelines and highlight studies that may be of relevance for clinical practice in the future.
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Trotz der Zulassung neuer effektiver Medikamente stellt die chirurgische Therapie nach wie vor eine wichtige Säule in der Betreuung von PatientInnen mit Morbus Crohn dar. Daher ist es wesentlich, konservative und chirurgische Therapie in der richtigen Kombination einzusetzen. PatientInnen mit Morbus Crohn haben ein hohes Lebenszeitrisiko für einen operativen Eingriff. Es muss den PatientInnen daher vermittelt werden, dass ein chirurgischer Eingriff kein „worst case scenario“ ist, sondern einen sehr effektiven Teil der Therapie darstellen kann. Wesentlich im Zusammenspiel von Chirurgie und konservativer Therapie erscheint daher nicht nur die Art der Rezidivprophylaxe, sondern auch die richtige chirurgische Indikationsstellung bezüglich des Zeitpunkts und der Art der Operation. Daher wird in diesem Artikel auch auf diese Aspekte eingegangen, zusätzlich haben wir die wichtigsten Punkte, die für die Behandlung vor und nach einer Operation eine Rolle spielen, in Abb. 1 zusammengefasst. Wesentlich in der Entscheidung bezüglich einer potenziellen chirurgischen Therapie erscheint auch das Wissen um die potenziellen Nebenwirkungen der konservativen Alternativen. Um die Indikationsstellungen genauer zu definieren und evidenzbasierte Entscheidungen treffen zu können, wurden sowohl britische als auch europäische Richtlinien erarbeitet, in denen die Indikationen zur chirurgischen Intervention genauer dargelegt werden [1, 2].
Prinzipiell sollen PatientInnen mit Rezidiv unter medikamentöser Therapie eine Eskalation der Basistherapie bekommen, um ein Fortschreiten/ein Aggravieren der Erkrankung zu verhindern. Es muss aber berücksichtigt werden, dass Steroide nicht als Dauertherapie eingesetzt werden. Die chirurgische Therapie ist in erster Linie auf jene PatientInnen beschränkt, bei denen i) Komplikationen auftreten, die durch medikamentöse Therapie nicht beherrschbar sind, und bei ii) Versagen der medikamentösen Therapie.
Aufgrund des oben genannten Vorgehens sind die meisten PatientInnen, die operiert werden müssen, zum Zeitpunkt der chirurgischen Indikationsstellung unter medikamentöser Therapie. Neuere Daten zeigen, dass eine perioperative Anti-TNF-Therapie das Risiko für postoperative septische bzw. infektionsassoziierte Komplikationen steigert und eine Kombination mit Steroiden das Risiko zusätzlich erhöht [3, 4]. Daher ist ein Absetzen dieser Therapien vor geplanten chirurgischen Eingriffen günstig. Optimal wäre das Absetzen von Steroiden bzw. Anti-TNF-Therapien 6 Wochen präoperativ, sofern die Indikation zur Operation keinen dringlicheren Handlungsbedarf erfordert. In der Praxis wird dieser Zeitraum des Absetzens von TNF-Blockern meist auf 2 Wochen verkürzt und Steroide werden bis zum Operationszeitpunkt ausgeschlichen. Azathioprin hingegen scheint mit keinem erhöhten Risiko einherzugehen [5].
Indikationen zur chirurgischen Therapie
Die Indikationsstellung zur chirurgischen Intervention sollte im interdisziplinären Konsens entschieden werden. Daher finden in spezialisierten Zentren regelmäßige, individuelle Fallbesprechungen für PatientInnen mit chronischen entzündlichen Darmerkrankungen statt. Prinzipiell gilt, dass bei PatientInnen mit entzündlichen Komplikationen ohne Fisteln, Perforationen oder Blutungen initial medikamentöse Therapieversuche erfolgen sollten [1]. Bei Auftreten von Perforationen mit Peritonitis und/oder Blutungen muss die Entscheidung zur Operation jedoch rasch getroffen werden. Bei fistulierender Erkrankung sollte eine chirurgische Therapie ebenfalls zu einem frühen Zeitpunkt erfolgen [1, 2]. Wann immer möglich, sollte ein laparoskopischer Zugang auch bei Rezidiven erfolgen, da hier die Ergebnisse vergleichbar mit offenen Operationen sind, das operative Trauma jedoch minimiert wird [6,7,8].
Bei intraabdominalen Abszessen sollte initial, sofern möglich, eine interventionelle Abszessdrainage und eine antibiotische Therapie erfolgen und eine Operation erst im Intervall angeboten werden. Dieses Vorgehen vermeidet perioperative Komplikationen [9].
Prinzipiell sollten der klinische Befund und die Symptomatik der PatientInnen jedoch im Vordergrund der Therapieentscheidung stehen. In ausgewählten Fällen kann auch eine chirurgische Resektion anstatt einer langfristigen medikamentösen/immunsuppressiven Therapie angeboten werden. Kürzlich veröffentlichte Daten der LIR!C-Studie zeigten, dass PatientInnen mit entzündlichem Befall des terminalen Ileums, die 3 Monate lang nicht auf eine medikamentöse Therapie mit Steroiden, Thiopurinen oder Methotrexat reagierten, von einer laparoskopische Ileozökalresektion genauso profitieren wie von Infliximab (Anti-TNF-Therapie; [10, 11]). Während eines medianen Nachverfolgungszeitraums von 4 Jahren benötigten 39 % der Infliximabgruppe eine Operation, während nur 26 % der laparoskopischen Ileozökalresektionsgruppe Infliximab zur Behandlung benötigten. Zu erwähnen ist jedoch, dass hier PatientInnen, die bereits Resektionen, einen Befall von mehr als 40 cm und/oder Abszesse hatten, von einer Studienteilnahme ausgeschlossen wurden [11]. Nichtsdestotrotz zeigen die Ergebnisse, dass eine chirurgische Intervention bei ausgewählten PatientInnen Vorteile bringen kann und man sie anbieten sollte, wenn PatientInnen eine weiterführende medikamentöse Therapie ablehnen, insbesondere da die Erstmanifestation sehr häufig im terminalen Ileum auftritt.
Wenn exklusiv das terminale Ileum betroffen ist und keine aktive Entzündung, sondern lediglich symptomatische Stenosen vorliegen, wird das chirurgische Vorgehen gegenüber einer medikamentösen Therapie bevorzugt, da eine Verbesserung der obstruktiven Symptomatik bei fehlender entzündlicher Reaktion nicht zu erwarten ist [1].
Bei PatientInnen mit Befall des proximalen Ileums, was in etwa 16 % der PatientInnen betrifft, treten in etwa bei der Hälfte der PatientInnen zusätzlich Läsionen im Jejunum auf [12]. Diese PatientInnen haben auch ein höheres Risiko für stenosierende Komplikationen und mehrfache Operationen [12]. Zusätzlich zeigen PatientInnen mit jejunalem Befall und zusätzlichen anderen Läsionen eine höhere Rezidivrate [13]. Da diese Läsionen endoskopisch schwierig zu erreichen sind und Ballondilatationen daher meist nicht möglich sind, sollten diese PatientInnen ebenfalls im multidisziplinären Board besprochen werden.
Wenn Läsionen noch weiter proximal im Duodenum, Magen oder der Speiseröhre auftreten, wird die Ballondilatation bei Stenosen empfohlen, klare Indikationen zur chirurgischen Intervention sind derzeit nicht definiert und Operationen sollten so minimal-invasiv wie möglich durchgeführt werden [2].
Chirurgische Techniken und deren Einfluss auf die postoperative Rezidivrate
Während die Indikationsstellungen und das präoperative Absetzen von Steroiden und Biologika relativ gut durch Evidenz und Richtlinien definiert sind, gibt es Bestrebungen, die Wahl der chirurgischen Therapie ebenso zu standardisieren. Während bei Fisteln und Perforationen nur die Resektion möglich ist, gibt es bei fibrostenotischen Komplikationen die Möglichkeit, eine Strikturplastik oder eine Resektion durchzuführen. Bei beiden Techniken gibt es unterschiedliche Methoden: Während bei der Strikturplastik Methoden von Heineke-Mikulicz, Finney, Jaboulay bzw. Michelassi beschrieben wurden [14], gibt es bei der Resektion genähte bzw. geklammerte Techniken [15, 16]. Wichtig ist anzumerken, dass Strikturplastiken nur bei Dünndarmbefall indiziert sind, bei Dickdarmläsionen ist lediglich die Resektion empfohlen, um das maligne Entartungsrisiko so gering wie möglich zu halten [1].
Obwohl die Prämisse bei der chirurgischen Therapie des Morbus Crohn weiterhin gilt, dass bei jeder Operation so wenig Darm wie möglich reseziert werden soll, um ein Kurzdarmsyndrom zu vermeiden, favorisieren kürzlich erschienene Arbeiten die Resektion im Vergleich zu Strikturplastiken zur Vermeidung von postoperativen Rezidiven (Tab. 1, [17]). In der im Jahr 2020 veröffentlichten Metaanalyse von Butt und Kollegen, die insgesamt 12 Studien mit 1026 PatientInnen analysierte, zeigt sich, dass Strikturplastiken im Vergleich zu Resektionen ein 1,61-fach erhöhtes Risiko für ein Rezidiv hatten, obwohl die Morbidität der Operationen in beiden Gruppen gleich war [17]. Bei PatientInnen mit Risiko für ein Kurzdarmsyndrom bzw. vielen „skip lesions“ mit kurzstreckigen Stenosen sollten die Strikturplastiken jedoch weiterhin utilisiert werden, da Rezidive an der Striktuplastikstelle mit einer neuerlichen Strikturplastik behoben werden können [18]. In der ECCO-ESCP-Richtlinie wird jedoch weiterhin ein „individualisiertes“ Vorgehen empfohlen, bei mehrfachem Befall und „skip lesions“ kann daher eine Resektion mit Strikturplastiken kombiniert werden, um möglichst viel Darm zu erhalten [1].
Konträr zu der Bestrebung, möglichst wenig Mesenterium und Darm zu resezieren, propagierte eine irische Arbeitsgruppe die Inklusion des Mesenteriums und veröffentlichte Daten, die eine reduzierte postoperative Rezidivrate zeigten [19]. Eine geplante Studie, die diese Effekte unabhängig überprüfen sollte, wurde vorzeitig abgebrochen (clinicaltrials.gov; NCT03172143), während 4 weitere Studien derzeit aktiv rekrutieren (NCT03769922; NCT04539665; NCT04578392; NCT04538638) und eine Studie bereits beendet ist (NCT02542904). Bisher wurden jedoch noch keine Daten veröffentlicht, es liegen also noch keine unabhängig überprüfbaren Ergebnisse mit adäquaten Fallzahlen vor.
Im Gegensatz dazu wurde von Toru Kono bereits 2011 eine neue Anastomosentechnik beschrieben, die das postoperative Rezidivrisiko, unabhängig von postoperativer Anti-TNF-Therapie, in der ersten publizierten Studie signifikant reduzierte [20]. Neuere, multizentrische Daten bzw. unabhängig durchgeführte Studien mit allerdings wenigen PatientInnen (n = 79) bestätigten bisher den Effekt [16, 21]. Das Prinzip der Kono-S-Anastomose besteht darin, eine antimesenteriale Seit-Seit(funktionelle End-End)-Anastomose mit einer Größe von etwa 7–8 cm mit Einzelknopftechnik oder in fortlaufender Art und Weise zu nähen, die zusätzlich von den Absetzungsstellen des resezierten Teils unterstützt wird [16]. In den Originalarbeiten argumentiert Toru Kono damit, dass durch die spezielle Technik die luminale Transitzeit des Darminhalts an der betroffenen Stelle reduziert wird und somit weniger Stase sowie bakterielle Translokation erfolgt, was wiederum das entzündliche Rezidivrisiko minimiert. Funktionelle Arbeiten, die diese Behauptung unterstützen, sind den Autoren dieses Artikels bisher jedoch nicht bekannt. Es ist allerdings auffällig, dass bei der maschinellen Anastomosentechnik nach Mayo das Rezidiv nicht direkt an der etwa 8 cm langen Seit-zu-Seit-Anastomose auftritt, sondern üblicherweise am zuführenden Schenkel. Hier könnte eine blindsackbedingte Veränderung des Mikrobioms vorstellbar sein.
Abgesehen von dem zusätzlichen Vernähen der Absetzungsstellen scheint der funktionelle Nutzen gegenüber der geklammerten, antimesenterialen Seit-Seit-Anastomose jedoch nicht offensichtlich zu sein, sodass hier für die abschließende Beurteilung weitere Studien abgewartet werden müssen, vor allem da die Rezidivraten in der Literatur sehr schwanken und wir selbst in unserem Zentrum eine sehr geringe chirurgische Rezidivrate beobachtet haben [22]. Zusätzlich muss der Effekt der in der Vergangenheit publizierten und von der Operation unabhängigen Risikofaktoren bei der beschriebenen Technik separat untersucht werden. Interessant ist sicherlich auch zu erwähnen, dass bei den vor 15 Jahren üblichen handgenähten, ca. 3 cm weiten Anastomosen die Rezidive direkt an der Anastomose auftraten. Hier müsste demnach ein anderer Mechanismus, der zum Auftreten eines Rezidivs beigetragen hat, zum Tragen gekommen sein. Es erscheint daher sehr wahrscheinlich, dass die Anastomosentechnik die Art des Rezidivs beeinflusst. Retrospektive Beobachtungen sind allerdings davon gekennzeichnet, dass über einen bestimmten Zeitraum meist mehrere Faktoren geändert wurden [23].
PatientInnenspezifische Risikofaktoren und deren Einfluss auf die postoperative Rezidivrate
Neben der chirurgischen Technik wurden in der Vergangenheit PatientInnencharakteristika bzw. histologische Merkmale identifiziert, die die postoperative Rezidivrate signifikant beeinflussen. In den gängigen Leitlinien wird empfohlen, die direkt eingeleitete postoperative Therapie vom Vorliegen gewisser Risikofaktoren abhängig zu machen (Abb. 1). Der wichtigste Faktor hierfür ist Rauchen, zusätzlich gelten aber auch eine penetrierende Erkrankung, also eine Perforation zum Zeitpunkt der Operation, sowie vorhergegangene Resektionen, perianale Beteiligung, extensive Erkrankung mit Befall mehrerer Dünndarmanteile, Zurücklassen aktiv entzündeter Anteile und das Vorliegen von Granulomen oder myenterischer Plexitis in der Histologie als Risikofaktoren [1, 2]. Wenn mindestens einer der oben genannten Faktoren vorliegt, wird die Einleitung einer Therapie mit Thiopurinen oder TNF-Blockern direkt nach der Operation empfohlen.
Kürzlich erschienene Arbeiten haben hier jedoch zusätzliche Faktoren identifiziert, die womöglich in Zukunft an Wichtigkeit gewinnen (Tab. 2). Eine Arbeit unserer eigenen Arbeitsgruppe zeigte, dass die Lokalisation der Granulome einen prognostischen Einfluss auf die chirurgische Langzeitrezidivrate hat und PatientInnen mit mesenterialen Granulomen signifikant häufiger eine neuerliche Operation benötigen, wohingegen Granulome in der Darmwand selbst keinen Einfluss hatten [24]. Die Bedeutung der mesenterialen Granulome wurde zusätzlich von anderen Arbeitsgruppen untersucht, wobei die Daten hier ähnliche Ergebnisse lieferten [25]. Derzeit laufen Folgestudien, die untersuchen, welche Immunzellen an der Granulombildung beteiligt sind und welche Rolle sie in der Aufrechterhaltung der Entzündung spielen. Klar ist jedoch, dass die Bedeutung des Mesenteriums weiter in den Studienfokus rückt, da eine geänderte Lympharchitektur mit klinischem Outcome korreliert und eine erhöhte Dichte an Lymphgefäßen neben „creeping fat“ oder „fat wrapping“ und Granulomen zu erhöhten Rezidivraten führt [26]. Dass die verbleibende entzündliche Aktivität in der Darmwand selbst ebenfalls eine Rolle spielt, unterstrichen in den letzten Jahren wiederholt eine prospektive Studie sowie einige rezente Metaanalysen, die zeigten, dass positive Resektionsränder mit einem erhöhten Risiko für postoperative Rezidive assoziiert waren [27,28,29].
Anzumerken ist als größtes Problem für die Vergleichbarkeit der Studien, dass das Mesenterium in der Regel bei Resektionen erhalten wird und damit eine komplette Beurteilung, für z. B. Granulome, fehlt. Zusätzlich evaluieren nicht alle Studien alle der genannten histologischen Parameter, um mögliche Korrelationen von Faktoren zu detektieren. Zusammenfassend ist also anzumerken, dass die direkte postoperative Eskalation der immunsuppressiven Therapie weiterhin anhand der gängigen Richtlinien erfolgen und individuell mit den PatientInnen besprochen werden sollte. Die Empfehlung der britischen Richtlinien, bei Rauchern bzw. Vorliegen von 2 oder mehr Risikofaktoren direkt postoperativ mit einer immunsuppressiven Therapie zu starten, scheint hier ein guter, pragmatischer Mittelweg zu sein. Unbedingt sollte jedenfalls, unabhängig von den Risikofaktoren, eine endoskopische Kontrolle 6 Monate nach der Operation durchgeführt werden, um bei Vorliegen eines Rutgeerts-Scores von ≥ i2 im neoterminalen Ileum die Therapie zu eskalieren und somit das weitere Rezidivrisiko zu minimieren bzw. eine Remission zu erreichen [30].
Postoperative immunsuppressive Therapie
Eine prophylaktische Therapie nach intestinalen Resektionen wegen Befall des terminalen Ileums wird laut den britischen Richtlinien bei Rauchern bzw. Vorliegen von 2 Risikofaktoren [2], nach den gängigen ECCO-ESCP-Richtlinien bei PatientInnen mit mindestens einem Risikofaktor für ein postoperatives Rezidiv indiziert [1]. Die Medikamente der Wahl sind derzeit Azathioprin oder TNF-Blocker, wobei kürzlich publizierte Daten generell eine Kombination aus beiden zur Reduktion der Antikörperbildung auf die Anti-TNF-Antikörper selbst („anti-drug antibodies“, ADA) suggerieren und genetische Faktoren für die Bildung von ADA identifiziert wurden [31, 32]. Dass ADA einen Einfluss auf postoperative Rezidivraten haben, wurden ebenfalls kürzlich belegt [33]. Welche Therapie am besten funktioniert, wird jedoch weiterhin intensiv untersucht. Ein Auszug aus aktuellen Studien ist in Tab. 3 zu sehen. Während in manchen Studien Infliximab, ein Anti-TNF-Antikörper, zwar endoskopische Rezidive senken konnte, hatte er keinen Effekt auf das Auftreten von klinischen Rezidiven [34]. In Bezug auf chirurgische Rezidive, also die Notwendigkeit eines neuerlichen chirurgischen Eingriffs aufgrund von Komplikationen, senkte die Verwendung von Anti-TNF-Antikörpern in einer koreanischen Studie das Risiko jedoch um fast die Hälfte (Hazard Ratio 0,521), wenn auch die Fallzahl der Studie mit 260 PatientInnen begrenzt war [35]. In einer Metaanalyse von prospektiven Studien zeigte sich ebenfalls, dass sowohl Adalimumab als auch Infliximab, beides Anti-TNF-Antikörper, die geringste endoskopische als auch klinische Rezidivrate aufwiesen, während Thiopurine oder Mesalazin keinen positiven Effekt zeigten [36]. Die verbesserten Rezidivraten von Anti-TNF-Therapien verglichen mit Thiopurinen wurden auch in einer weiteren, unabhängigen Metaanalyse bestätigt [37].
Während der Effekt von Anti-TNF-Antikörpern mittlerweile gut untersucht ist, fehlen Daten zu neueren Therapien mit den sog. Biologika weitgehend. Lediglich eine retrospektive, bezüglich des „propensity score“ gematchte Studie, die den Effekt von Vedolizumab, einem α4β7-Integrin-Blocker, untersuchte, ist bisher verfügbar und zeigte, dass PatientInnen mit Vedolizumab ein höheres, endoskopisches Rezidivrisiko hatten als PatientInnen mit Anti-TNF-Antikörpern (Odds-Ratio 5,77; 95 %-Konfidenzintervall 1,71–19,4; p = 0,005; [38]). Ob diese Daten sich jedoch auch in prospektiven Studien bestätigen, bleibt abzuwarten.
Ustekinumab, ein Antikörper gegen Interleukin-12 und Interleukin-23, wurde bisher auch nur in einer retrospektiven Studie bezüglich der postoperativen Effektivität untersucht und zeigte eine bessere Wirkung als Azathioprin [39]. Es liegen allerdings keine Daten vor, ob Ustekinumab jedoch bessere Ergebnisse als Anti-TNF-Antikörper erzielen kann.
Zusammenfassend kann also gesagt werden, dass die Induktion der postoperativen immunsuppressiven Therapie anhand der individuellen Risikofaktoren bzw. anhand der postoperativen Endoskopie erfolgen sollte und eine gut validierte und getestete Therapie mit Anti-TNF-Antikörpern sicher und effektiv ist, unabhängig ob Infliximab oder Adalimumab verwendet wird.
Fazit für die Praxis
Um zu gewährleisten, dass PatientInnen mit Morbus Crohn eine optimale Therapie bekommen, sollte frühzeitig die Vorstellung in einem spezialisierten Zentrum erfolgen. Idealerweise sollte vor einer Operation eine interdisziplinäre Fallbesprechung erfolgen, um den Zeitpunkt der Operation festzulegen und unerwünschte Arzneimittelwirkungen der immunsuppressiven Therapie auf den Operationserfolg zu vermeiden. In chirurgischen Exzellenzzentren kann die Rate an laparoskopischen Eingriffen erhöht und postoperative Komplikationen vermieden werden. Postoperativ sollten engmaschige klinische Kontrollen sowie eine weiterführende endoskopische Surveillance erfolgen, um rechtzeitig eine Eskalation der Therapie, vorzugsweise mit Anti-TNF-Antikörpern, durchführen zu können.
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Open access funding provided by Medical University of Vienna.
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L.W. Unger, G.J. Schuld und M. Bergmann geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Für diesen Beitrag wurden von den Autoren keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien.
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Unger, L.W., Schuld, G.J. & Bergmann, M. Bedeutung der Chirurgie bei M. Crohn. J. Gastroenterol. Hepatol. Erkr. 20, 13–21 (2022). https://doi.org/10.1007/s41971-022-00121-4
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