Das hier vorgelegte Themenheft präsentiert neuere Zugänge in den Feldern der Organisations- und Professionsforschung, zwei etablierten und zugleich dynamisch sich entwickelnden Forschungsfeldern der Erwachsenen- und Weiterbildung. Befunde beider Forschungsbereiche sind fest im Curriculum grundständiger und weiterbildender Studiengänge der Erwachsenen- und Weiterbildung verankert. Ihrer Relevanz für Forschung und Praxis tragen auch zwei in Vorbereitung befindliche „Lehrbücher zur Erwachsenen- und Weiterbildung“ Rechnung, die sich an den wissenschaftlichen Nachwuchs in Praxis und Forschung richten.

Die Professionsforschung kann auf eine Historie verweisen, die spätestens mit der Etablierung der Erwachsenenbildung an Pädagogischen Hochschulen und Universitäten in den 1970er-Jahren beginnt. Demgegenüber hat die Organisationsforschung erst seit den späten 1980er-Jahren größere Aufmerksamkeit gefunden (Herbrechter und Schrader 2018). Seit einigen Jahren lassen sich in beiden Feldern nicht nur Weiterentwicklungen etablierter Forschungszugänge beobachten, sondern auch Bestrebungen, organisations- und professionsbezogene Forschungsfragen stärker miteinander zu verschränken. Während die auch bildungspolitisch motivierte Erwartung an die Etablierung von Systemen des Qualitätsmanagements in Einrichtungen der Erwachsenen- und Weiterbildung solche Verschränkungen gleichsam extern stimuliert hat, ergeben sich wechselseitige Bezugnahmen inzwischen häufiger auch aus neuen Zugängen in der Forschung. Dies wird u. a. ersichtlich an den einschlägigen Lemmata von Andreas Martin, Ortfried Schäffter, Dörthe Herbrechter und Michael Schemmann, Sabine Schmidt-Lauff und Ekkehard Nuissl in der dritten Auflage des „Wörterbuchs Erwachsenen- und Weiterbildung“ (2023).

So werden in der Organisationsforschung nicht mehr nur interne Handlungen, Prozesse und Strukturen etwa im Blick auf die Leitung und das Management sowie die Angebotsentwicklung untersucht, sondern auch die Bildsamkeit und Lernfähigkeit von Organisationen selbst in den Blick genommen (Göhlich et al. 2018; Asselmeyer 2020). Auch werden nicht mehr nur Phänomene der Handlungskoordination auf der Makro- und der Mikroebene von Organisationen der Weiterbildung „für sich“ untersucht, sondern auch solche zwischen diesen Ebenen. Dies geschieht etwa dann, wenn die Positionierung von Weiterbildungseinrichtungen in regionalen Weiterbildungslandschaften untersucht wird (z. B. Martin et al. 2021), so dass sich Perspektiven für eine kontextvergleichende Organisations- und Professionsforschung ergeben. Auch die Gestaltung der Zusammenarbeit zwischen Einrichtungen der Weiterbildung und ihren oft nur temporär beschäftigten Mitarbeitenden gerät inzwischen vermehrt in den Blick (z. B. Harmeier 2009; Schicke 2012). Exemplarisch lässt sich auf die Studien von Julia Franz (2017) sowie Annika Goeze et al. (2014) verweisen. Während Franz den Zusammenhang von Organisations- und Lehr-Lernkulturen untersuchte, haben Goeze et al. Rekrutierungsstrategien von neben- und freiberuflichen Lehrkräften in Organisationen der Weiterbildung analysiert.

Blickt man auf die jüngere Professionsforschung, so wurden in den vergangenen Jahren Anschlüsse an die Modellierung sowie die empirische Erfassung von Kompetenzen des pädagogischen Personals auf unterschiedlichen Handlungsebenen hergestellt (z. B. von Hippel 2019; Marx et al. 2022). Damit wurden Voraussetzungen geschaffen, um die Bedeutung pädagogischer Kompetenzen für die Qualität von Lehr-Lernprozessen zu untersuchen. Teils implizit, teils explizit werden dabei Gemeinsamkeiten und Unterschiede zur Lehrerbildungsforschung hergestellt, sowohl im Blick auf die Konstrukte, die Methoden ihrer Erfassung sowie die empirisch beobachtbaren Befunde. Zudem finden sich sowohl in der Organisations- als auch in der Professionsforschung verstärkt Anschlüsse an internationale Forschungsarbeiten, die ebenfalls in diesem Heft berücksichtigt werden.

Auf den breit formulierten Call for Papers (CfP) hin erreichten uns zahlreiche Einreichungen, von denen nach dem Begutachtungsprozess mit dem vorliegenden Heft bereits 10 Beiträge präsentiert werden können. Die hier präsentierten Arbeiten sind durchgehend empirisch ausgerichtet, mal mit quantitativen, mal mit qualitativen, mal mit Mixed-Method-Designs.

In ihrem Beitrag „Im Fokus“ skizzieren Rudolf Tippelt und Nick Lange in weit differenzierterer Weise, als dies im CfP angedeutet wurde, aktuelle Entwicklungen der Organisations- und Professionsforschung in der Erwachsenen- und Weiterbildung. Vor allem richten die Autoren den Blick auf Gestaltungsaufgaben pädagogischer Akteure in Organisationen und den damit einhergehenden Bedarf einerer Weiterentwicklung von Angeboten der Aus- und Fortbildung des pädagogischen Personals. Den Hintergrund bildet die zunehmende Anerkennung des notwendigen Aufbaus eines „Systems des Lebenslangen Lernens“, die von der Bildungspolitik seit längerem eingefordert, teils auch forciert wird. Anhand einer Sichtung von Arbeiten zur Makro‑, Exo‑, Meso‑, Mikro- und Chronoebene der Weiterbildung zeichnen die Autoren nach, wie auf diesen Ebenen sowohl interne als auch externe Entwicklungen für Organisationen, für professionell Handelnde und für Teilnehmende wirksam werden. Besondere Aufmerksamkeit widmen die Autoren handlungstheoretischen Perspektiven in der Organisationsforschung. Sie betonen u. a., dass inter- und transdisziplinäre Kommunikation eine nicht zu unterschätzende Voraussetzung für den wissenschaftlichen Erfolg der Organisations- und Professionsforschung in der Erwachsenen- und Weiterbildung darstellt.

Der Handlungskoordination innerhalb von Organisationen der Weiterbildung, vornehmlich zwischen haupt- und nebenberuflichem Personal, widmen sich gleich mehrere Beiträge des Themenheftes. Kirsten Aust, Stefanie Hartz und Lara M. Gottfried verknüpfen in ihrem Beitrag Fragen der Organisations- und Professionsforschung und untersuchen, wie professionelle Kompetenzen von Lehrenden in verschiedenen Hochschulen organisational variieren. Zur Erfassung der Kompetenzbestandteile Wissen, Können und Einstellungen verwenden die Autorinnen Interviews, Videoaufzeichnungen sowie standardisierte Fragebögen, die qualitativ und varianzanalytisch ausgewertet werden. Die Befunde der Autorinnen zeigen, dass sich das pädagogische, methodisch-didaktische Wissen und Können, die Lehrmotivation und auch die Wahrnehmung des jeweiligen Arbeitsumfeldes hinsichtlich Unterstützung durch Kolleginnen und Kollegen je nach Hochschule unterscheiden. Dies verweist auf die Bedeutung der Zugehörigkeit zu einer Organisation und für die spezifische Ausprägung der professionellen Kompetenzen Lehrender.

Den Ausgangspunkt des Beitrags von Annabel Jenner bilden die zunehmenden Qualitätsanforderungen an Organisationen der Weiterbildung. Die Autorin legt dar, dass die Weiterbildungsforschung auf diese Entwicklung bislang besonders unter Perspektiven der Koordination und Steuerung Bezug genommen hat. Demgegenüber ist der Bedeutung regulatorischer Einflüsse für die operative Entwicklung von Qualität durch die Mitarbeitenden in Weiterbildungsorganisationen weniger Aufmerksamkeit zuteilgeworden. Der Beitrag gibt auf der Basis eines Mapping Review einen Überblick über den aktuellen Diskurs zu Qualität in Organisationen der Weiterbildung. Entlang von sechs Themensträngen verweisen die Befunde auf zentrale Schwerpunkte. Zugleich bieten die Befunde erste Anhaltspunkte für das Verständnis der organisationsinternen Handlungskoordination bei der Entwicklung von Qualität. Mit Blick auf die Perspektive der Educational Governance werden diese Anhaltspunkte für künftige Forschung weiterentwickelt. Im Ergebnis stehen Vorschläge, die den Qualitätsdiskurs im Hinblick auf eine verschränkte Auseinandersetzung mit Steuerungsphänomenen auf der Makroebene und binnenorganisatorischen Prozessen der Qualitätsentwicklung voranbringen.

Josef Schrader, Theresa Büchler und Jonathan Kohl präsentieren in ihrem Beitrag Ergebnisse einer quantitativen Untersuchung zu den bislang seitens der Forschung wenig berücksichtigten Rekrutierungsstrategien von Lehrkräften in Organisationen der Weiterbildung. Ausgehend u. a. vom Modell der Reproduktionskontexte untersuchen die Autoren und die Autorin anhand von Befragungsdaten von Weiterbildungsanbietern (N = 1000) Rekrutierungswege, Auswahlverfahren und Rekrutierungskriterien sowie Zusammenhänge zwischen Kontext- und Organisationsmerkmalen. Die Befunde der Untersuchung verweisen u. a. auf die Existenz unterschiedlicher Teilarbeitsmärkte sowie die zentrale Rolle der Rekrutierenden in Organisationen der Weiterbildung bei der Struktur und Entwicklung des Arbeitsmarktes in der Weiterbildung.

Zu den Beiträgen, die Kernthemen der erwachsenenbildungswissenschaftlichen Professionsforschung berühren, gehört die Studie von Karoline Werner und Andreas Martin. Der Autor und die Autorin präsentieren Ergebnisse einer empirischen Untersuchung zur Weiterbildungsteilnahme Lehrender in der Erwachsenen- und Weiterbildung. Sie gehen aus von der Annahme, dass angesichts des technologischen und gesellschaftlichen Wandels die kontinuierliche Teilnahme an Weiterbildung zur Aufrechterhaltung der Professionalität von Lehrkräften in allen Bildungsbereichen nötig ist. Während für die Fortbildung von Lehrerinnen und Lehrern im allgemeinbildenden Schulwesen institutionelle Vorgaben existieren, besteht für Lehrkräfte in der Weiterbildung meist keine vergleichbare Verpflichtung. Vielmehr obliegt die Entscheidung für oder gegen eine eigene Weiterbildung ihnen selbst. Gleichzeitig sind die Beschäftigungsverhältnisse häufig prekär und durch ein hohes Maß an Unsicherheit bestimmt. Vor diesem Hintergrund prüfen Karoline Werner und Andreas Martin mittels linearer und logistischer Regressionsanalysen die Annahme, dass sich die Unsicherheit über die berufliche Situation in einer reduzierten Weiterbildungsbeteiligung niederschlägt. Hierzu nutzen die Autoren Daten des wb-personalmonitors.

Mit der Etablierung spezifischer Berufsbilder für die öffentlich anerkannte Erwachsenenbildung beschäftigt sich der Beitrag von Matthias Alke, Laura Uhl und Kilian Troidl. Die Autoren greifen die historische Genese von Berufsbildern und die hiermit verknüpften (Teil‑) Arbeitsmärkte in der Erwachsenen- und Weiterbildung auf. Es konzentriert sich hierbei auf die Reformära der 1960er und 1970er-Jahre, welche infolge neuer Weiterbildungsgesetze für die öffentlich verantwortete Erwachsenenbildung mit einem starken Ausbau hauptberuflicher Stellen verbunden war. Um die Entwicklung dieser Berufsbilder und Arbeitsmärkte zu analysieren, greifen sie auf die Konzepte der Situation, Intermediäre und Forminvestition aus der konventionensoziologischen Forschung zurück. Mittels einer qualitativ-quantitativen Analyse historischer Dokumente und Stellenanzeigen (n = 653) zeichnen die Autorinnen und Autoren u. a. nach, wie sich Berufsbilder der Erwachsenen- und Weiterbildung im Zusammenwirken zwischen Intermediären und Organisationen vor dem Hintergrund veränderter gesetzlicher Rahmenbedingungen entwickelten.

Der Beitrag von Julia Koller, Jana Arbeiter, Jakob Bickeböller und Thomas Theurer schließt an die Traditionen der erwachsenenpädagogischen Organisations- und Programmforschung an. Die Autorinnen und Autoren beschäftigen sich mit der digitalen Transformation und den sich hieraus ergebenden Auswirkungen auf die Legitimationsgrundlagen des Programmbereichs digitaler Grundbildung in Organisationen der Erwachsenenbildung. Aus der Perspektive des soziologischen Neo-Institutionalismus erfolgt eine qualitative Inhaltsanalyse von insgesamt 16 Experteninterviews mit professionellen Akteuren digitaler Grundbildung in Volkshochschulen und konfessionellen Einrichtungen. Die Autoren ermitteln hierüber zum einen Legitimitätsbehauptungen zu Angeboten digitaler Grundbildung, die aus Sicht der Akteure als selbstverständlich angesehen und nicht hinterfragt werden. Zum anderen identifizieren sie Muster, mittels derer Legitimität hergestellt wird.

Im Beitrag von Franziska Bellinger werden die Ergebnisse einer in der Grounded Theory verankerten explorativen Studie zur medienpädagogischen Grundbildung vorgestellt. Hierzu wurden an drei kontrastiv ausgewählten Hochschulstandorten thematisch grundlegende Dokumente analysiert sowie mit insgesamt elf erwachsenen- und medienpädagogischen „Profilträgerinnen und Profilträgern“ leitfadengestützte Experteninterviews geführt. Die Analysen sind auf die Frage gerichtet, ob eine medienpädagogische Professionalisierung als Teil erwachsenenpädagogischer Professionalitätsentwicklung innerhalb ausgewählter Bachelor- und Masterstudiengänge der Erwachsenenbildung mit medienpädagogischen Schwerpunkten möglich ist. Die Ergebnisse zeigen u. a., dass medienpädagogische Professionalisierung zumindest in den durch die Autorin untersuchten Studiengängen keinen festen Bestandteil erwachsenenpädagogischer Professionalitätsentwicklung ausmacht, sondern über studentische Eigenleistung erfolgt. Gründe hierfür sind u. a. strukturelle Rahmenbedingungen an den Hochschulen, die mit einer strikten Trennung von Erwachsenenbildung und Medienpädagogik innerhalb von Studiengängen einhergehen.

Julia Elven beschäftigt sich in ihrem Beitrag mit Prozessen organisationalen Lernens und fragt, wie etablierte, häufig unreflektierte, organisationale modi operandi im Zuge von Transformationsprozessen und hierdurch angeregten Legitimations‑, Aushandlungs- und Durchsetzungsprozessen verändert werden. Hierzu untersucht die Autorin vergleichend zwei universitäre Green Offices. Sie analysiert öffentliche Dokumente und führt vier qualitative Interviews mit Akteuren dieser Organisationseinheiten zu der Frage, ob sich bei der Bearbeitung von Nachhaltigkeit unterschiedliche Strategien ausmachen lassen und welche Investitionen in organisationale Strukturen, aber auch in Denk- und Handlungsvermögen beteiligter Akteure damit verbunden sind. Um solche organisationalen Lernsituationen empirisch zu erfassen, nutzt die Autorin einen konventionenanalytischen Ansatz und konzeptualisiert hierüber Konzertiertheit, Stabilität und Anlassbezogenheit als zentrale Aspekte organisationalen Lernens. Gestützt auf eine qualitative Inhaltsanalyse arbeitet die Autorin Kompromisse als auch Relativierungen als zentrale Strategien organisationaler Bearbeitung von Nachhaltigkeit heraus, welche mit unterschiedlichen Investitionsbedarfen einhergehen.

Eva Bulgrin und Susanna M. Weber schließlich untersuchen universitäre Websites diskursanalytisch, um der Frage nachzugehen, wie sich Institutionen der höheren Bildung imaginär verorten. Vor dem Hintergrund einer globalen performativen Wende in einer „Ökonomie der Aufmerksamkeit“, die auch für Bildungseinrichtungen mit einem erhöhten Wettbewerb der Sichtbarkeit und schließlich Positionierung mündet, verstehen die Autorinnen universitäre Websites als spezifische Anordnung von Sicht- und Sprechbarkeiten, welche ausgewählte Diskurse, wie z. B. Gender oder Nachhaltigkeit, sichtbar machen. Foucaults Archäologie des Wissens dient den Autorinnen als Ausgangspunkt ihrer Analysen.

Die zu diesem Heft eingereichten Beiträge zeigen eindrucksvoll die thematische Bandbreite, die vielfältigen theoretischen und empirischen Anknüpfungspunkte sowie die dynamische Entwicklung der Organisations- und Professionsforschung. Die Untersuchungen basieren neben z. T. umfangreichen standardisierten Befragungen und qualitativen Interviews auch auf Videoanalysen sowie historischen Dokumentenanalysen.

Eine noch deutlichere internationale Besetzung hat der neu berufene Wissenschaftliche Beirat der Zeitschrift für Weiterbildungsforschung, welcher zunächst auf vier Jahre mit der Option auf eine einmalige Verlängerung berufen wurde. Neben Prof. em. (Hon), Dr. h. c. mult. Arne Carlsen (UNESCO Institute for Lifelong Learning, Hamburg/Danish National Institute of Educational Research, Dänemark), Prof. Richard Desjardins (University of California at L.A., USA), Prof. Larissa Jögi (Tallinn University, Estland), Prof. Peter Mayo (University of Malta, Malta), Associate Prof. Borut Mikulec (University of Ljubljana, Slowenien), Prof. Michael Osborne (University of Glasgow, Großbritannien) und Prof. Simona Sava (West University of Timisoara, Rumänien) beraten und begleiten auch Prof. Silke Schreiber-Barsch (Universität Duisburg-Essen, Deutschland) sowie Associate Prof. Georgios Zarifis (Aristotle University of Thessaloniki, Griechenland) die Herausgeberinnen und Herausgeber sowie die Entwicklung der Zeitschrift.