1 Einleitung

In Deutschland hat sich Forschendes Lernen in der universitären Lehrer*innenbildung, v. a. im Zusammenhang mit dem Ausbau von Schulpraktika, als (hochschul-)didaktisches Konzept in unterschiedlichen Formaten etabliert (Weyland 2019). Mit der Vielfalt an Formaten und Umsetzungsvarianten gehen unterschiedliche Zielsetzungen einher, die mit Forschendem Lernen verbunden werden. Verbreitet ist die Anbahnung einer „forschenden Grundhaltung“ (Wissenschaftsrat 2001, S. 41), die etwa dazu befähigen soll, heterogene Voraussetzungen von Schüler*innen erkennen, auf neue Anforderungen antworten und die Schule analysieren und weiter entwickeln zu können (Huber und Reinmann 2019, S. 289; ähnlich Fichten 2017, S. 156). Andere Autor*innen fokussieren auf eine Kompetenzentwicklung durch Forschendes Lernen, wobei verschiedene Kompetenzen in den Blick geraten, v. a. die Kompetenz zur (kritischen) Rezeption von Forschung und Kompetenzen durch eine aktiv forschende Auseinandersetzung mit dem eigenen Berufsfeld (etwa Schiefner-Rohs 2015), eine „Forschungskompetenz“ bzw. „Evaluationskompetenz“ (etwa Fiegert und Kunze 2017, S. 29) oder eine „Reflexionskompetenz“ (Fichten und Meyer 2014, S. 26).

Mit Forschendem Lernen sind somit eine Reihe von Erwartungen und Hoffnungen verbunden, denen trotz aktueller Studien nur wenige und belastbare empirische Befunde gegenüberstehen, die eine Euphorie um die erhofften Wirkungen stützen könnten (Fichten und Meyer 2014; Fichten und Weyland 2018; Rothland und Boecker 2014). Im Zentrum dieses Beitrags stehen mit der Erfassung der Entwicklung von durch Lehramtsstudierende eingeschätzter Forschungskompetenz und ihres wahrgenommenen Forschungsinteresses im Zuge Forschenden Lernens Aspekte, die in vorliegenden Arbeiten zum Forschenden Lernen nur teilweise untersucht wurden, allerdings für die berufliche Qualifikation von Lehramtsstudierenden relevant erscheinen.

Zur Plausibilisierung dieser Relevanz werden im Zuge der theoretischen Rahmung zunächst Qualifikationsansprüche an die universitäre Lehrer*innenbildung vorgestellt, bevor Einblicke in den Forschungsstand zur Förderung von Forschungskompetenz und Forschungsinteresse durch Forschendes Lernen gegeben werden. Das der Studie zugrundeliegende Konzept Forschenden Lernens und die an einer deutschen Universität verorteten Forschungswerkstätten werden vorgestellt (2). Das Untersuchungsdesign und die Entwicklung des Messinstruments werden erläutert (3), ehe zentrale Befunde dargestellt werden (4). Deren Diskussion (5) schließt den Beitrag ab.

2 Theoretische Rahmung und Forschungsstand

Als Legitimierung für Forschendes Lernen an Universitäten werden mehrere Begründungslinien herangezogen (Fichten 2010a; Fichten und Meyer 2014; Huber 2003; Huber und Reinmann 2019; Weyland 2019). Für den vorliegenden Beitrag wird an eine qualifikatorische Begründungslinie angeknüpft, aus deren Perspektive die Entwicklung einer fragend-entwickelnden und kritisch-reflexiven Haltung in der Lehrer*innenbildung ebenso gefordert wird wie die Entwicklung von entsprechenden Schlüsselkompetenzen, vor allem Forschungskompetenz (Huber und Reinmann 2019, S. 101). Die Nutzung von Forschungskompetenz ist dabei – so kann zumindest angenommen werden – mit einem gewissen Forschungsinteresse verbunden (Huber und Reinmann 2019, S. 224f.; Visser-Wijnveen et al. 2016). Daher wird in diesem Beitrag die Frage verfolgt, wie sich in Lehrveranstaltungen, die Forschendes Lernen als hochschuldidaktischen Ansatz nutzen, die selbsteingeschätzte Forschungskompetenz und das Forschungsinteresse von Studierenden entwickeln.

2.1 Forschungskompetenz und Forschungsinteresse als Qualifikationsansprüche in der Lehrer*innenbildung

Im Zusammenhang mit Herausforderungen für den Lehrer*innenberuf hat die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) im Jahr 2017 unter mehreren Gesichtspunkten auf die Bedeutung von Forschung für Lehrpersonen hingewiesen. Um den Status dieser Berufsgruppe zu verbessern, wird postuliert, dass Lehren und Lernen „more scientific and evidence-based“ zu werden habe (Guerriero und Deligiannidi 2017, S. 30). Révai und Guerriero (2017) schlagen dazu vor, Lehrpersonen stärker in Forschung zu involvieren. Zu den professionellen Standards für Lehrpersonen sollte Wissen über den Gebrauch und die Nutzung von Daten ebenso gehören wie die Teilhabe an Forschung (Toledo-Figueroa et al. 2017, S. 90). Daraus wird die Forderung nach mehr Forschungsorientierung in der Lehrer*innenbildung abgeleitet (ebd., S. 91).

In Deutschland sind die ‚Standards für die Lehrerbildung‘ der Kultusministerkonferenz (Kultusministerkonferenz 2019), in denen sich an mehreren Stellen Hinweise auf Forschung finden, normativ leitend. Bei den Erläuterungen zum Berufsbild von Lehrer*innen heißt es: „Lehrerinnen und Lehrer entwickeln ihre Kompetenzen ständig weiter […], um die neuen Entwicklungen und wissenschaftlichen Erkenntnisse in ihrer beruflichen Tätigkeit zu berücksichtigen“ (ebd., S. 3). „Lehrerinnen und Lehrer beteiligen sich an der Schulentwicklung, an der Gestaltung einer lernförderlichen Schulkultur und eines motivierenden Schulklimas. Hierzu gehört auch die Bereitschaft zur Mitwirkung an internen und externen Evaluationen“ (ebd.).

Damit sind zwei Einsatzbereiche von Forschung im zukünftigen Beruf angesprochen: in der konkreten pädagogischen Arbeit von Lehrer*innen im Unterricht und im Rahmen von Schulentwicklungsprozessen. (1) Für die Planung des Unterrichts benötigen Lehrkräfte aktuelles Fachwissen auf Basis von Forschungsbefunden, aber auch evidenzbasiertes fachdidaktisches und pädagogisches Wissen z. B. hinsichtlich der Gestaltung von Lehr- und Lernprozessen (Baumert und Kunter 2011). Zudem scheint es wichtig, dass Lehrkräfte empirische Methoden kennen, die ihnen helfen, die eigene Tätigkeit forschend zu erschließen und Schule weiter zu entwickeln (Huber und Reinmann 2019, S. 289). (2) Schulen als Organisationen sind gefordert, ihre eigene Qualität immer wieder zur Disposition zu stellen (z. B. im Rahmen der Schulinspektion) und die Umsetzung von Innovationen zu evaluieren. Auf Basis von neuen Evidenzen können Entscheidungen für die Weiterentwicklung getroffen werden. Im Rahmen solcher Entwicklungsprozesse ist forschungsmethodische Expertise hilfreich und gefordert (Fend 2008, S. 219).

Vor diesem Hintergrund ist Forschungskompetenz auf zwei Ebenen notwendig: Lehrkräfte müssen erstens in der Lage sein, vorliegende berufsrelevante Forschungsbefunde zu rezipieren, einzuordnen und zu nutzen. Dazu bedarf es expliziten Wissens, um die den Forschungsarbeiten zugrundeliegenden Methoden soweit zu kennen, dass diese in ihrer Qualität und Reichweite kritisch beurteilt und Forschungsergebnisse für die konkrete Arbeit genutzt werden können („engagement with research“ nach Borg 2010). Zweitens ist Können notwendig, um selber zu forschen bzw. an Forschungs- oder Evaluationsprojekten als Forschende mitwirken und die Ergebnisse in der weiteren Arbeit berücksichtigen zu können („engagement in research“ nach Borg 2010; auch: Groß Ophoff und Rott 2017; Altrichter et al. 2018).

Basierend auf den Überlegungen von Roth (1971, Klieme und Hartig 2007) und seinem Plädoyer für einen breiten Kompetenzbegriff wird Forschungskompetenz als Wissen zu bzw. über Forschung, aber auch als Handlungsfähigkeit und motivationale Bereitschaft verstandenFootnote 1. Kompetenz definiert Roth als „Mündigkeit“ im dreifachen Sinn (ebd., S. 180) – eine Differenzierung, die in dieser Studie in Anlehnung an Ammann und Ostendorf (2007) auf drei forschungsmethodische Kompetenzen übertragen wurde:

  1. a)

    Unter Sachkompetenz fasst Roth (1971, S. 180) die „Fähigkeit, für Sachbereiche urteils- und handlungsfähig und damit zuständig sein zu können“. In dieser Studie wird unter forschungsmethodischer Sachkompetenz die Fähigkeit und Bereitschaft verstanden, Forschungsmethoden kennenzulernen, auszuprobieren sowie deren Einsatz und Nutzen zu reflektieren.

  2. b)

    Als Sozialkompetenz beschreibt Roth (ebd.) die „Fähigkeit, für sozial, gesellschaftlich und politisch relevante Sach- oder Sozialbereiche urteils- und handlungsfähig und also ebenfalls zuständig sein zu können“. Forschungsmethodische Sozialkompetenz wird in dieser Studie als Fähigkeit und Bereitschaft verstanden, im Team zu forschen, sich wechselseitig zu beraten und mit weiteren Personen, die in die Forschungsarbeit involviert sind, zu kooperieren.

  3. c)

    Unter Selbstkompetenz fasst Roth (ebd.) die „Fähigkeit, für sich selbstverantwortlich handeln zu können“. In dieser Studie wird forschungsmethodische Selbstkompetenz als Fähigkeit und Bereitschaft definiert, eigene Entwicklungschancen im Forschungshandeln zu erkennen, sich seiner eigenen Rolle im Forschungsprozess bewusst zu werden und diese zu reflektieren sowie daraus Erkenntnisse für den zukünftigen Beruf abzuleiten (vgl. dazu auch die Hinweise in Wessels et al. 2020, S. 3).

Für die Lehrer*innenbildung leitet sich daraus die Frage ab, wie sich eine solch verstandene Forschungskompetenz vermitteln lässt. Als ein Ansatz hierfür wird innerhalb des Diskurses um universitäre Lehrer*innenbildung das (hochschul-)didaktische Konzept des Forschenden Lernens angeführt (etwa Fiegert und Kunze 2017; Huber und Reinmann 2019), das sich dadurch kennzeichnen lässt, dass Studierende selber methodengeleitet Forschung durchführen (Huber 2009; Pedaste et al. 2015).

Mit der Vermittlung von Forschungskompetenz qua Forschendem Lernen ist zudem die Hoffnung verbunden, dass das Interesse an Forschung gefördert wird (u. a. Fichten und Meyer 2014; Weyland 2019). Folgt man dem Verständnis Forschenden Lernens nach Huber und Reinmann (2019, S. 4), so liegt die Relevanz von Forschungsinteresse darin, dass die Studierenden eine eigene, für sie interessante Forschungsfrage entwickeln können. Mit Visser-Wijnveen et al. (2016) lässt sich Forschungsinteresse zudem als Kriterium für die Erfassung von Motivation auffassen, schulbezogene Forschung nicht nur zu rezipieren, sondern eine solche auch selber durchzuführen.

2.2 Forschungsstand zur Förderung von Forschungskompetenz und Forschungsinteresse durch Forschendes Lernen

Kennzeichnend für den Forschungsstand zu Forschendem Lernen in der Lehrer*innenbildung im deutschsprachigen Raum ist insgesamt, dass es noch keinen Konsens über etwaige Wirkungen Forschenden Lernens gibt. So resümieren Fichten und Weyland (2019) etwa als Bilanz ihrer Sichtung deutschsprachiger wie auch internationaler empirischer Arbeiten, dass Forschen im Studium „nicht unbedingt positive Effekte“ (ebd., S. 32) haben muss. Vielmehr könne darin auch eine „Komplexitätssteigerung“ (ebd.) gesehen werden. Manche Untersuchungen würden Vorbehalte von Studierenden gegenüber forschungsmethodischen Studienanteilen und negative Einstellungen gegenüber Forschung ausweisen, in anderen Untersuchungen zeige sich eher das Gegenteil (ebd., S. 33). In neuerer Forschung zu Forschendem Lernen in Verschränkung mit verlängerten Praxisphasen im deutschsprachigen Raum zeichnet sich ab, dass zumindest ein Teil der Studierenden forschende gegenüber unterrichtlichen Tätigkeiten als weniger relevant einschätzt (etwa Fichten und Weyland 2018; Liegmann et al. 2018; v. Ackeren und Herzig 2016). Aus einer Studie zum wahrgenommenen Handeln Studierender im Praxissemester Nordrhein-Westfalen geht hervor, dass die Befragten wesentlich weniger forschend aktiv sind als sie pädagogische Handlungssituationen planen und durchführen, auch wenn beide Tätigkeiten in den Praktika konzeptionell vorgesehen sind (König et al. 2018). In der Längsschnittuntersuchung von Ophuysen et al. (2017) zeigt sich in Selbstaussagen von 89 bzw. 60 Münsteraner Studierenden, dass deren forschungsbezogene Fähigkeitsüberzeugungen und ihr selbsteingeschätztes Wissen im Verlauf zweier Seminare gestiegen ist, während dies bei der Einschätzung des Nutzens Forschenden Lernens nicht der Fall ist (ebd., S. 294ff.).

Zu Forschendem Lernen ohne Verschränkung mit längeren Praxisphasen liegen weniger aktuelle Studien vor. Aus den Interviewstudien von Feindt (2007) und Bolland (2011) geht hervor, dass Forschendes Lernen von Studierenden auf unterschiedliche Weise wahrgenommen und genutzt wird und es durch das Forschen zu divergenten Lernerfahrungen kommt, die in studienbiographische Verläufe eingebettet sind. So unterscheidet Feindt (2007) Typen studentischer Forschung, die von der Abarbeitung externer Vorgaben und formaler Kriterien bis hin zum Transfer des erworbenen Wissens in die Unterrichtspraxis reichen. Studien dazu, welche Forschungskompetenzen Studierende indes beim Forschenden Lernen aufbauen und ob sich ihr Forschungsinteresse bzw. der wahrgenommene Nutzen verändern, liegen kaum vor. Fichten (2010b) fand auf Basis einer Querschnitt-Befragung von 39 Lehramtsstudierenden heraus, dass die Mehrzahl der Befragten angibt, ihr Interesse am Forschungsthema sei im Laufe der Teilnahme an der Oldenburger Teamforschung gestiegen (ebd., S. 275f.). Zudem hielten es die meisten für möglich, selbst wieder einmal zu forschen (ebd., S. 278). Die Mehrheit der Studierenden beurteilt zudem am Ende der Veranstaltung laut Eigenaussage Forschungsberichte kritischer als zuvor (ebd., S. 279). Haberfellner und Fenzl (2017) konnten in ihrer qualitativen Befragung von 30 österreichischen Lehramtsstudierenden herausarbeiten, dass diese einen Nutzen von Forschungsergebnissen sowohl für das Studium als auch für die Praxis erkennen, allerdings mit unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen.

Im Kontext forschungsorientierter Lehre liegt zudem eine aktuelle Studie vor, die sich der Entwicklung geeigneter Messinstrumente widmet. So präsentieren Böttcher-Oschmann, Groß Ophoff und Thiel (2019) einen Fragebogen, der studentische Forschungskompetenzen über Selbsteinschätzungen erfassen soll. Die Autorinnen stellen dabei heraus, dass diesbezügliche Kompetenzselbsteinschätzungen ein „nützliches und valides Erhebungsverfahren“ (ebd., S. 501) sein können. Sie heben aber auch eine Reihe von Kritikpunkten solcher Selbsteinschätzungen hervor, etwa die Beobachtung, dass Selbsteinschätzungen allenfalls geringe Zusammenhänge mit objektiven Kompetenzmessungen aufweisen (ebd., S. 502).

Aus diesem Einblick in den Forschungsstand resultiert das Desiderat, aufbauend auf den wenigen vorhandenen Studien (Fichten 2010b; von Ophuysen et al. 2017) mehr Wissen darüber zu generieren, welche Kompetenzen und Interessen Studierende beim Forschenden Lernen entwickeln. Die vorliegende Studie fokussiert dabei auf den Aufbau selbsteingeschätzter Forschungskompetenz und selbsteingeschätzten Forschungsinteresses bei Lehramtsstudierenden.

2.3 Forschendes Lernen: Begriffsklärung und Forschungswerksstätten an einer deutschen Universität

Unter Forschendem Lernen werden im Rahmen universitärer Lehrer*innenbildung eine Reihe von Lehr-Lern-Settings subsummiert, deren Vielfalt durch Ausweitungen von Schulpraktika im Studium sowie Maßnahmen der Qualitätsoffensive Lehrerbildung in den letzten Jahren deutlich gestiegen ist (etwa Fichten 2017; Weyland 2019). Aus Veröffentlichungen zu diesen Settings geht dabei nicht immer hervor, auf welchen konzeptionellen Überlegungen die jeweils umgesetzte Variante Forschenden Lernens basiert. Eine klare konzeptionelle Fassung stellt jedoch eine Voraussetzung dafür dar, die Aussagekraft und Reichweite empirischer Ergebnisse zum Forschenden Lernen einschätzen zu können.

Diesem Beitrag liegt ein Verständnis Forschenden Lernens zugrunde, das die hochschuldidaktischen Wurzeln des Konzepts aufgreift, wie sie von der Bundesassistentenkonferenz (BAK) vor fünfzig Jahren veröffentlicht wurden. Forschendes Lernen wurde in Abgrenzung zu einem genetischen Lernen, d. h. dem Nachvollzug von Forschungs- und Erkenntnisprozessen, und einem kritischen Lernen, d. h. dem Wecken von forschenden Einstellungen und Haltungen gegenüber Fragen der jeweiligen Disziplin, entworfen. Es sollte dazu dienen, dass Studierende die „Selbstorganisation des Studiums“ (BAK 1970, S. 7) zurückgewinnen. Entsprechend wurde die Steigerung der Selbsttätigkeit und Selbstständigkeit betont. Demnach zeichnet sich Forschendes Lernen durch eine selbstständige Wahl des Themas und der Strategie (u. a. Recherchen und Methoden), durch ein Risiko an Irrtümern und Umwegen sowie Chancen für Zufallsfunde, durch ein Arbeiten gemäß dem Anspruch der Wissenschaft, eine selbstkritische Prüfung und eine nachvollziehbare Darstellung der Ergebnisse aus (ebd., S. 14f.). Es geht um eine „Teilnahme an der vorfindlichen aktuellen Forschung der Disziplin“ bzw. um eine „Realisierung potenzieller Forschungsaufgaben, u. U. über den bisherigen Rahmen hinaus – mit allen Enttäuschungen, Risiken und Langwierigkeiten, die zum Forschen gehören“ (ebd., S. 11).

Diese Umschreibung aufgreifend, folgert Huber in seiner Definition Forschenden Lernens, dass „Lernende den Prozess eines Forschungsvorhabens […] in seinen wesentlichen Phasen […] (mit-)gestalten, erfahren und reflektieren“ (Huber 2009, S. 11; Huber und Reinmann 2019). In diesem Sinne wird Forschendes Lernen in diesem Beitrag als ein (hochschul-)didaktisches Konzept verstanden, nach dem Lehramtsstudierende im Rahmen einer universitären Lehr-Lern-Veranstaltung den gesamten Forschungsprozess durchlaufen (auch Pedaste et al. 2015).

An der Universität Hamburg wird das Konzept Forschendes Lernen im Master-Studiengang der Lehrämter für Primar- und Sekundarstufe I (LAPS) und Gymnasium (LAGym) umgesetzt. Dazu wurden „Forschungswerkstätten“ im ersten und zweiten Mastersemester verankert und dabei nicht mit der Praxisphase, dem „Kernpraktikum“, verschränkt. Die Workload beträgt inkl. Modulprüfung zehn Leistungs- oder ECTS-Punkte.

In den in diesem Beitrag fokussierten schulpädagogischen Forschungswerkstätten wird den Studierenden gemäß dem Huber’schen Verständnis Forschenden Lernens Freiraum gegeben, um eigenständig Entscheidungen im Forschungsprozess zu treffen. Dabei werden den Studierenden Strukturen angeboten, die sie bei der Entscheidungsfindung unterstützen können. Hierzu zählen die Umsetzung von Forschungsprojekten in studentischen Teams, der Input und die Beratung der Studierenden durch die Dozent*innen sowie die feste Zusammenarbeit jeder Forschungswerkstatt mit einer Hamburger Schule. Aus dieser Konstellation heraus ergibt sich aus didaktischer Sicht für die Dozierenden immer wieder die Frage, wie viel Autonomie sie den Studierenden ermöglichen bzw. zumuten, wie viel Vorgaben sie machen und Unterstützung anbieten sollten.

Im Zentrum der empirischen Untersuchung stehen fünf (Kohorte 1) bzw. vier (Kohorte 2) Forschungswerkstätten zum Rahmenthema Inklusiver Unterricht, die in den Studienjahren 2016/17 und 2017/18 angeboten wurden und von je maximal 20 Masterstudierenden angewählt wurden. Das didaktische Design wurde für alle Forschungswerkstätten durch die beteiligten Dozent*innen im Rahmen der „Qualitätsoffensive Lehrerbildung“ entwickelt und umgesetzt, d. h. wesentliche Teile (z. B. thematische Ausrichtung, Inputs zu den ausgewählten Forschungsmethoden) und auch Vorgaben für die Studierenden (z. B. Arbeitsaufträge, Leistungserbringung) waren in allen neun Forschungswerkstätten ident. Der Ablauf des umgesetzten Konzepts zum Forschenden Lernen erfolgte dabei in fünf hintereinander folgenden Phasen, die sich in Anlehnung an das von Pedaste et al. (2015, S. 55f.) entwickelte Ablaufmodell wie folgt beschreiben lassen:

  1. 1.

    Orientierung („orientation“): Im ersten Semester der Veranstaltung erhielten die Studierenden zunächst eine Einführung in Theorie und Forschungsstand zum Rahmenthema inklusiver Unterricht, ehe sie in die Datenerhebungsmethode Teilnehmende Beobachtung eingeführt wurden. In dieser Startphase bekamen die Studierenden eine Idee von dem zu untersuchenden Rahmenthema und wurden für offene Fragestellungen sensibilisiert.

  2. 2.

    Konzeptualisierung („conceptualization“): Die Studierenden generierten auf Basis der ersten Phase eigene Erkenntnisinteressen, die sich in einer Fokussierung auf abgegrenzte Untersuchungsthemen sowie einer Formulierung erster Forschungsfragen niederschlugen.

  3. 3.

    Untersuchung („investigation“): In Zweier- oder Dreier-Teams führten die Studierenden daraufhin Unterrichtsbeobachtungen an den kooperierenden Schulen durch und fertigten im Zuge dessen Beobachtungsprotokolle an. Dabei kehrten die Studierenden oftmals insofern in die Phase der Konzeptualisierung zurück, als sich die Forschungsfragen im Verlauf der Unterrichtsbeobachtungen veränderten bzw. ausschärften. Im zweiten Semester wurden die Daten mittels der Grounded Theory (Strübing 2013) ausgewertet. Der Werkstattcharakter zeigte sich darin, dass die Teams auch in den Sitzungen Daten auswerteten, untereinander ins Gespräch kamen und die Dozent*innen eher beratend denn instruierend aktiv waren.

  4. 4.

    Schlussfolgerung („conclusion“): Die Teams verdichteten ihre Auswertungen, indem sie mit Blick auf die Beantwortung ihrer Forschungsfragen Erkenntnisse formulierten.

  5. 5.

    Diskussion („discussion“): Am Ende der Veranstaltungen präsentierten die Studierenden ihre Ergebnisse und Erkenntnisse im Seminar sowie an den beteiligten Schulen, fertigten einen benoteten Forschungsbericht an und reflektierten ihren Lernprozess.

Durch das Durchlaufen eines Forschungsprozesses in seinen wesentlichen Phasen und dessen Reflexion wurde das Ziel verfolgt, dass die Studierenden im Rahmen der Forschungswerkstätten forschungsmethodische Kompetenzen ausbilden und Interesse an Forschung gewinnen.

Die Begleitforschung zu den Forschungswerkstätten bestand aus drei Teilstudien: einer längsschnittlichen quantitativen Teilstudie, für die ein Fragebogen entwickelt und in beiden Kohorten eingesetzt wurde, und zwei qualitativen Teilstudien, die nur in der ersten Kohorte durchgeführt wurdenFootnote 2. Die erste qualitative Teilstudie befasste sich mit schriftlichen Reflexionen der Studierenden und wertete diese mittels qualitativer Inhaltsanalyse aus (Paseka und Kuckuck 2020), die zweite qualitative Teilstudie fokussierte auf die erfahrenen Irritationen der Studierenden und analysierte dazu Gruppendiskussionen mittels Dokumentarischer Methode (u. a. Hinzke und Paseka 2021). Im Fokus dieses Beitrages stehen die Ergebnisse der quantitativen Teilstudie (zum Vergleich der Ergebnisse der drei Teilstudien siehe Paseka et al. 2021).

2.4 Forschungsfrage und Annahme

Auf Basis der theoretischen Überlegungen wurde die folgende Forschungsfrage formuliert: Wie verändern sich die selbsteingeschätzte Forschungskompetenz und das Forschungsinteresse im Zeitverlauf?

Dieser Frage liegt die Annahme zugrunde, dass sich die von den Studierenden wahrgenommene Forschungskompetenz und das Forschungsinteresse im Zeitverlauf, d. h. von Beginn bis zum Ende der Forschungswerkstätten, erhöhen. Begründet wird dies durch vorhandene Untersuchungen zu Veränderungen betreffend Fähigkeitsüberzeugungen bzw. Wissenseinschätzung in Kontexten Forschenden Lernens (Amman und Ostendorf 2007; Fichten 2010b; Ophuysen et al. 2017).

3 Methode

3.1 Erhebungsinstrumente

Für die paper & pencil-Befragung wurden eigene Items und Skalen für selbsteingeschätzte Forschungskompetenz und Forschungsinteresse entwickelt. Der Einsatz von Items zur Kompetenzselbsteinschätzung ist aufgrund von forschungsökonomischen Überlegungen im Hochschulbereich weit verbreitet, weil damit eine schnelle ressourcenschonende Erfassung bei vielen Personen möglich ist (Frey 2008, S. 59). Die Kritik an einer solchen Vorgehensweise bezieht sich vor allem darauf, was eigentlich mit solchen Items abgebildet wird (Böttcher-Oschmann et al. 2019; Schrittesser 2011). So verweist Cramer (2010, S. 94) darauf, dass mit Kompetenzselbsteinschätzungen nicht Fähigkeiten und Fertigkeiten erfasst werden können, sondern dass diese eher als „Ausdruck des (beruflichen) Selbstverständnisses“ zu interpretieren seien.

Die Entscheidung, ein neues Erhebungsinstrument zu entwickeln, obwohl bereits einige Selbsteinschätzungsinstrumente zur Erfassung von Forschungskompetenz vorliegen (etwa Böttcher-Oschmann et al. 2019), fiel auf Grund der konzeptionellen Überlegung, forschungsmethodische Kompetenzen unter Rückgriff auf Roth (1971) dreifach differenziert zu erfassen (s. Abschn. 2.1). Bei der Itementwicklung konnte auf Vorarbeiten von Ammann und Ostendorf (2007) zurückgegriffen werden, die Items zur selbsteingeschätzten Forschungskompetenz differenziert nach forschungsmethodischer Sach‑, Sozial- und Selbstkompetenz entwickelt und in einem Kurs mit Lehramtsstudierenden im Fach Wirtschaftspädagogik einmalig abgefragt haben. Dabei wurde die Einschätzung der Forschungskompetenz retrospektiv (mit Rückblick auf den Beginn der Lehrveranstaltung) sowie aktuell am Ende der Lehrveranstaltung abgefragt.

Im Forschungsteam an der Universität Hamburg wurden diese Items gesichtet und reformuliert, um sie inhaltlich auf das Lehrveranstaltungsdesign abzustimmen, das den Forschungswerkstätten zugrunde liegt. Das folgende Beispiel soll die Vorgehensweise veranschaulichen. Die ursprüngliche Formulierung, mit der das eigene Kompetenzniveau am Beginn und am Ende der Lehrveranstaltung eingeschätzt werden sollte, lautete: „Forschungsmethodische Sozialkompetenz als Fähigkeit und Bereitschaft als Forschungshandeln im Team zu organisieren“. Dies wurde reformuliert in: „Ich kann die im Forschungsprozess anfallende Arbeit gemeinsam mit anderen organisieren“.

Für diese systematisch vorgenommene Adaption wurden im Forschungsteam Vorschläge entwickelt sowie inhaltlich diskutiert und im Arbeitsbereich auf Verständlichkeit und sprachliche Qualität überprüft. Am Ende dieses iterativen Prozesses lagen insgesamt 15 Items zur Forschungskompetenz vor. Zusätzlich wurden zwei Items zur Erfassung des Forschungsinteresses der Studierenden neu entwickelt. Für deren Konzeption wurde auf die zwei Einsatzbereiche von Forschung laut Vorgaben der KMK (2019, siehe oben) zurückgegriffen. Die zwei Items adressieren damit zum einen das generelle Interesse an schulbezogener Forschung, das sich auf das Wissen über neue Entwicklungen und wissenschaftliche Erkenntnisse auf Basis von aktuellen Untersuchungen bezieht („engagement with research“ nach Borg 2010), zum anderen das Interesse selbst forschen zu wollen, das in einer erhöhten Bereitschaft sich beispielweise an der Konzeption von schulischen Evaluationen zu beteiligen zum Ausdruck kommen könnte („engagement in research“ nach Borg 2010) (Visser-Wijnveen et al. 2016).

Der Itemstamm wurde für alle Items gewählt mit „Ich kann …“, „Ich bin in der Lage …“ oder „Es gelingt mir …“. Damit sollte die Fokussierung auf die subjektive Selbsteinschätzung betont und ein Ausweichen auf allgemeine Einschätzungen über andere Studierende vermieden werden (Thielsch et al. 2012). Alle Aussagen wurden auf einer vierstufigen Likertskala (1 = trifft nicht zu bis 4 = trifft zu) eingeschätzt. Tab. 1 gibt eine Übersicht über das Erhebungsinstrument. Bis auf die Forschungsmethodische Sozialkompetenz zu MZP1 waren alle internen Konsistenzen zufriedenstellend (0,67 ≤ α ≤ 0,90). In Tab. 4 im Anhang findet sich eine vollständige Auflistung aller Items.

Tab. 1 Skalen und Beispielitems zur Erfassung sowie interne Konsistenzen (Cronbachs alpha) der Skalen zu forschungsmethodischen Kompetenzen und Interesse an Forschung (Selbsteinschätzung durch Studierende)

Die Erhebung der Forschungskompetenzen wurde mittels konfirmatorischen Faktoranalysen überprüft. Für jede Skala wurde für jeden Messezeitpunkt ein eindimensionales Messmodell überprüft. Messmodelle wurden als passend angenommen, wenn die χ2-Statistik nicht signifikant (p ≥ 0,05) war (Greiff und Heene 2017) und RMSEA < 0,08, SRMR < 0,08 und CFI ≥ 0,95 (Hu und Bentler 1999; Marsh et al. 2004) waren. Bei nicht zufriedenstellender Modellpassung wurde inspiziert, ob durch Zulassen einer Korrelation zwischen Messfehlern ein zufriedenstellender Modellfit erreicht werden konnte. Konnte damit eine zufriedenstellende Modellpassung für alle drei Messzeitpunkte erreicht werden, wurde auf eine eindimensionale Faktorstruktur geschlossen. Zusätzlich wurden die Faktorladungen der Items auf Signifikanz überprüft (Critical Ratio Test mit p < 0,05). Zur Bestätigung des Faktors mussten alle Faktorladungen signifikant sein. Letztlich wurde die Re-Test Reliabilität der Skalen betrachtet. Nur wenn hier ausreichend Stabilität gegeben war, wurde der Faktor als verwendbar für die vorliegende Studie angesehen.

Die konfirmatorischen Faktoranalysen wurden in R (R Core Team 2018) mit lavaan (Rosseel 2012) durchgeführt. Alle Faktoranalysen wurden mittels Full Information Maximum Likelihood mit robusten Standardfehlern (MLR) geschätzt. Full Information wurde verwendet, da innerhalb der drei Messzeitpunkte nur vereinzelt fehlende Werte vorlagen (s. Tab. 4 im Anhang). Robuste Standardfehler wurden verwendet, da Items vereinzelt eine Schiefe und Kurtosis über |1| hatten (s. Tab. 4 im Anhang).

Das oben beschriebene Vorgehen konnte nicht auf die Skala Interesse an Forschung übertragen werden, da dieses mit zwei Items erhoben wurde. Deshalb wurde die Erhebung des Interesses an Forschung mittels Interkorrelation und Re-Test Reliabilität überprüft. Die Forderung war einerseits, dass die beiden Items zu jedem Messzeitpunkt intern konsistent sind; andererseits, dass die Re-Test Reliabilität der Items und der Skala hoch genug ausfiel. War beides gegeben, wurde der Faktor als bestätigt betrachtet.

3.2 Stichprobe und Durchführung

Die Studierenden der zweisemestrigen Forschungswerkstätten wurden dreimal befragt. In der ersten Kohorte, im Sommersemester 2016 und Wintersemester 2016/2017, besuchten 84 Studierende die Forschungswerkstätten, in der zweiten Kohorte, im Sommersemester 2017 und Wintersemester 2017/2018, waren es 67 Studierende. Durch die Befragungen zu drei Messzeitpunkten – im April, Juli und Januar des jeweiligen Forschungsjahres – war es möglich, Veränderungen in den Selbsteinschätzungen im Zeitverlauf des Besuchs der Forschungswerkstatt abzubilden (Beginn und Ende des ersten Semesters und Ende des zweiten Semesters). Die Beantwortung der Fragebögen dauerte etwa 20 min pro Messzeitpunkt und erfolgte auf freiwilliger Basis.

Aus Kohorte 1 konnten zum ersten Messzeitpunkt 77 Studierende (Rücklaufquote 91,7 %) gewonnen werden (86 % weiblich, 14 % männlich bzw. 65 % LAGym = LA für Gymnasium, 35 % LAPS = LA für Primar- und Sekundarstufe I), in Kohorte 2 nahmen alle 67 Studierenden zum ersten Messzeitpunkt an der ersten Befragung teil (79 % weiblich, 21 % männlich bzw. 57 % LAGym, 43 % LAPS). Aufgrund der Nichtanwesenheit von Studierenden verringerten sich die Stichprobengrößen der beiden Kohorten im Verlauf der Studie (Kohorte 1: nMZP2 = 67; nMZP3 = 59; Kohorte 2: nMZP2 = 59; nMZP3 = 58).

Die Kohorten 1 und 2 wurden mit dem Ziel, die Stichprobe zu vergrößern und dadurch differenzierte Analysen zu ermöglichen, zusammengefasst. Inhaltlich lässt sich das damit begründen, dass den beiden Kohorten sowie den einzelnen Forschungswerkstätten identische Seminarkonzepte zugrunde lagen, gewährleistet durch die gemeinsame Seminarvorbereitung der Lehrenden und regelmäßigen Austausch zwischen den Lehrenden im Seminarverlauf. Ergänzend erfolgte eine statistische Überprüfung möglicher Kohortenunterschiede. Die gebildeten Skalen wurden mit Hilfe einer Varianzanalyse mit Messwiederholungen zwischen den beiden Kohorten im Zeitverlauf verglichen. Hierbei konnte kein signifikanter Unterschied (p < 0,05) zwischen den beiden Gruppen festgestellt werden (Interaktionseffekt Zeit × Gruppe). Insgesamt besteht die verwendete Stichprobe zum ersten Messzeitpunkt aus 144 Studierenden (83 % weiblich, 17 % männlich bzw. 61 % LAGym, 39 % LAPS) und nimmt im Verlauf der Studie im Stichprobenumfang ab (nMZP2 = 126; nMZP3 = 117)Footnote 3.

4 Ergebnisse

4.1 Skalen

Alle deskriptiven Statistiken der Items finden sich in Tab. 3 im Anhang. Deskriptiv betrachtet wurden die Items eher zustimmend beantwortet (alle Ms zwischen 2,26 und 3,67 bei möglichen Werten von 1 bis 4) und die Antworten streuten im Mittel ca. zwischen einem halben und einem ganzen Skalenpunkt (alle SDs zwischen 0,51 und 1,11). Die meisten Items waren normalverteilt (Schiefe und Kurtosis unter |1|), einzelne eher nicht (maximale Schiefe = |1,36|, maximale Kurtosis = |1,39|).

Im ersten Schritt wurden die eindimensionalen Messmodelle der Forschungskompetenzen überprüft (s. Tab. 5 im Anhang für alle Kennwerte). Die Messmodelle zeigten einen zufriedenstellenden Modellfit zu allen Messzeitpunkten (alle ps > 0,082, alle RMSEA < 0,075, alle SRMR < 0,039, alle CFI > 0,965). Hierfür war es notwendig teilweise eine Korrelation zwischen Messfehlern zuzulassen. Für die Sozial- und Selbstkompetenz zeigte sich hierbei keine über die Messzeitpunkte reproduzierbare Korrelation zwischen Messfehlern. Folglich wurde diese dem Stichprobenfehler attribuiert und die eindimensionale Struktur dieser Skalen geschlussfolgert. Für die Sachkompetenz zeigte sich eine systematische Korrelation zwischen Messfehlern (Item4 und Item5 zu MZP1 und MZP3). Eine Weiterentwicklung des Instruments sollte dies berücksichtigen, doch wurde eine eindimensionale Faktorstruktur für die vorliegende Studie akzeptiert.

Danach wurden die Faktorladungen und die Re-Test Reliabilität der selbsteingeschätzten Forschungskompetenz analysiert. Die Faktorladungen aller Items waren zu allen Messzeitpunkten signifikant. Die Re-Test Reliabilität der Forschungskompetenzen (s. Tab. 6 im Anhang) war für die Sachkompetenz 0,378 ≤ rtt ≤ 0,577, für die Sozialkompetenz 0,287 ≤ rtt ≤ 0,507 und für die Selbstkompetenz 0,423 ≤ rtt ≤ 0,596. Zusammengenommen wurde die Verwendbarkeit der drei Skalen zur Forschungskompetenz für die vorliegende Studie geschlussfolgert.

Im zweiten Schritt wurden interne Konsistenz und Re-Test Reliabilität des Interesses an Forschung analysiert. Es zeigte sich, dass die beiden Items zu allen drei Messzeitpunkten intern konsistent waren (0,84 < r < 0,90). Die Re-Test Reliabilität zeigte für einen Re-Test Intervall von drei Monaten eine Stabilität von r = 0,436, für sieben Monate r = 0,521 und für neun Monate r = 0,481.

4.2 Veränderungen im Längsschnitt

Tab. 2 gibt die mittleren Ausprägungen und Standardabweichungen der Kompetenzen bzw. des Interesses für alle drei Messzeitpunkte an (zur Veranschaulichung siehe die vereinfachte Darstellung in Abb. 1). Die Veränderung der Kompetenzen und des Interesses von MZP1 zu MZP2 zu MZP3 wurde mit latenten Wachstumskurven analysiert. Dafür wurden vier separate latente Wachstumskurven in R (R Core Team 2018) mit lavaan (Rosseel 2012) berechnet. Die latenten Wachstumskurven wurden mittels Full Information Maximum Likelihood und robusten Standardfehlern (MLR) geschätzt. In jede latente Wachstumskurve gingen die drei Skalenmittelwerte der jeweiligen Skala ein.

Tab. 2 Veränderungen hinsichtlich Forschungskompetenz und Forschungsinteresse im Zeitverlauf (Selbsteinschätzung durch Studierende)
Abb. 1
figure 1

Mittelwerte der selbsteingeschätzten Forschungskompetenz und des Forschungsinteresses im Zeitverlauf. Hinweis: Aus Gründen der Anschaulichkeit wurde auf Angaben bzgl. der Signifikanz und der Standardabweichungen verzichtet

Es wurde das Ausgangsniveau und die gesamte mittlere Veränderung von MZP1 zu MZP3 modelliert (λMZP1 = 0; λMZP3 = 1). Für das Wachstum zu MZP2 wurde offengelassen, wie viel Prozent des gesamten Wachstums bis zu MZP2 erfolgten (λMZP2 freier Parameter). Damit berücksichtigten die Modelle, dass das Wachstum über die Messzeitpunkte nicht linear erfolgen muss. Sowohl für das Ausgangsniveau als auch für die Veränderung von MZP1 zu MZP3 wurden auch die Varianzen analysiert. Diese Varianz erlaubt Aussagen darüber, wie ähnlich sich die Studierenden in ihrem Ausgangsniveau und ihrem Wachstum waren. Schließlich wurde der Zusammenhang zwischen dem Ausgangsniveau und der Veränderung von MZP1 zu MZP3 modelliert. Dieser Zusammenhang liefert Hinweise darauf, ob eine zu Beginn höhere Forschungskompetenz bzw. ein höheres Forschungsinteresse mit mehr/weniger Wachstum zusammenhingen. Tab. 3 fasst alle unstandardisierten Ergebnisse der latenten Wachstumskurven zusammen.

Tab. 3 Unstandardisierte Ergebnisse der latenten Wachstumskurven. Es ist zuerst das Ausgangsniveau (τ_A) und dessen Varianz (σ2(τ_A)) angegeben. Danach ist das Wachstum von MZP1 zu MZP3 (τ_W) und dessen Varianz (σ2(τ_W)) angegeben. Schließlich folgt das relative Wachstum bis MZP2 (λ) und der Zusammenhang zwischen dem Ausgangsniveau und dem Wachstum von MZP1 zu MZP3 (Cov). Für alle Parameter ist der p-Wert angegeben und Parameter mit p < 0,05 sind zusätzlich fett

Kompetenzen bzw. Interesse waren bereits zu MZP1 vorhanden. Studierende schätzen sich im Mittel zwischen ca. 2,5 und 3 Antwortkategorien ein (2,581 ≤ τ_A ≤ 3,298). Diesbezüglich konnten innerhalb der Studierenden keine signifikanten Unterschiede in deren Sozialkompetenz und in deren Interesse gefunden werden (σ2(τ_A) = 0,090 bzw. σ2(τ_A) = 0,270), aber signifikante Unterschiede in deren Sachkompetenz und Selbstkompetenz (σ2(τ_A) = 0,284 bzw. σ2(τ_A) = 0,133).

Für alle Kompetenzen und das Interesse konnte eine signifikante Veränderung im Mittel festgestellt werden. Diese Veränderung betrug maximal eine halbe Antwortkategorie: Der größte Zugewinn zeigte sich in der Sachkompetenz (τ_W = 0,545), während das Interesse abnahm (τ_W = −0,593). Weder für die Veränderung der Kompetenzen noch für die Veränderung des Interesses konnten signifikante Unterschiede zwischen den Studierenden gefunden werden (0,043 ≤ σ2(τ_W) ≤ 0,240: alle ps ≥ 0,113).

Es zeigten sich unterschiedliche Raten der Veränderung. Für das Forschungsinteresse zeigten sich bereits 78,2 % der Abnahme von MZP1 zu MZP2 und die verbleibenden 21,8 % von MZP2 zu MZP3 (λ = 0,782). Dem gegenüber zeigten sich erst 41,9 % des Zugewinns der Sachkompetenz von MZP1 zu MZP2 und die verbleibenden 58,1 % von MZP2 zu MZP3 (λ = 0,419). Schließlich konnte weder für die Kompetenzen noch für das Interesse ein Zusammenhang des Ausgangsniveaus und des Wachstums gefunden werden (−0,142 ≤ Cov ≤ 0,085). Der Zugewinn in den Kompetenzen und die Abnahme im Interesse hingen somit nicht damit zusammen, wie hoch die Kompetenzen und das Interesse zu Beginn ausgeprägt waren.

5 Zusammenfassung und Diskussion

Die vorliegende Studie fokussierte zunächst die Entwicklung von geeigneten Skalen zur Erfassung selbsteingeschätzter Forschungskompetenz und selbsteingeschätzten Forschungsinteresses. Für die Operationalisierung der drei Dimensionen von Forschungskompetenz konnte auf Überlegungen aus der explorativen Studie von Ammann und Ostendorf (2007) zurückgegriffen werden. Für das Forschungsinteresse wurden zwei Items entwickelt (Visser-Wijnveen et al. 2016). Mittels einer konfirmatorischen Faktorenanalyse wurden alle vier Skalen abgebildet.

Die dreimalige Datenerhebung über zwei Semester machte es möglich, Veränderungen im Längsschnitt in der Selbstwahrnehmung der Studierenden zu untersuchen. Dabei zeigen sich nur teilweise erwartungskonforme Ergebnisse. Erwartungsgemäß haben sich die selbsteingeschätzten forschungsmethodischen Kompetenzen der Studierenden signifikant (p < 0,05) erhöht – ein Ergebnis, das in die Richtung der von Fichten (2010b) und Ophuysen et al. (2017) berichteten Selbstaussagen von Studierenden weist, aber auch durch Studien, die objektive Testinstrumente nutzen (Wessels et al. 2020), belegt werden kann. Es ist dabei darauf hinzuweisen, dass der Zugewinn nicht mit der Höhe der selbsteingeschätzten Kompetenz am Anfang zusammenhängt. Hieraus lässt sich schließen, dass die selbsteingeschätzte Kompetenzzunahme unabhängig vom wahrgenommen Ausgangsniveau der Studierenden ist und somit das Lernformat unterschiedliche Lernniveaus ähnlich unterstützt.

Aufgrund dieser aus Sicht der Studierenden wahrgenommenen Verbesserung ihrer Forschungskompetenz wäre zu erwarten gewesen, dass sich auch deren Interesse an Forschung erhöht (Fichten 2010b). Das ist allerdings nicht der Fall, im Gegenteil: Das Interesse an Forschung hat kontinuierlich abgenommen, sowohl bezogen auf das Interesse selbst zu forschen als auch bezogen auf das Interesse an Forschungsergebnissen. Auch dieses Ergebnis ist signifikant (p < 0,05). Dabei ist besonders interessant, dass eine besonders hohe Abnahme bereits vom MZP1 zu MZP2 erfolgte. Dieses Ergebnis deckt sich mit Befunden aus einer deutschen Studie, in der Studierende aus dem Bereich „social sciences“ befragt wurden: Auch diese zeigen am Ende von „research courses“ ein geringeres Interesse an Forschung (Wessels et al. 2020). Für zukünftige Studien wäre zu überlegen, den Faktor Forschungsinteresse differenzierter zu erheben, z. B. hinsichtlich Interesse an Forschen im eigenen Unterricht oder an Forschen im Rahmen von schuleigenen Evaluationen.

Bei der Einschätzung und Interpretation dieser Ergebnisse sind einige Limitationen zu bedenken. Eine Stärke der Studie ist, dass neun Forschungswerkstätten untersucht werden konnten, die alle auf demselben hochschuldidaktischen Konzept und einem gemeinsamen Curriculum aufbauten. Da in der Lehre gleichschrittig vorgegangen wurde und der inhaltliche Schwerpunkt (Umsetzung von Inklusion an den jeweiligen Schulen) identisch war, erschien die Zusammenfassung der Daten aus allen Forschungswerkstatten konsequent, um eine für die Auswertung notwendige ausreichende Datenmenge zu haben. Gleichzeitig könnten weiterführende Studien bewusst verschiedene Forschungsschwerpunkte betrachten, da sich hier differenzierte Effekte zeigen können (vgl. Heissenberger-Lehofer und Krammer (in press) für eine ähnliche Kritik). Eine Kontrolle aller Kontextvariablen war nicht möglich. Es konnten weder die Zusammensetzung der Studierenden noch die Möglichkeiten an den Schulen (Forschungsfeld der Studierenden) vorab kontrolliert werden, genauso wenig wie die sich in den einzelnen Lehrveranstaltungen entwickelnden Interaktionen und Fragestellungen. Zudem muss bedacht werden, dass Forschungskompetenz über die Selbsteinschätzung der Studierenden erhoben wurde. Es ist auf Grundlage der Forschungslage stark anzunehmen, dass diese Selbsteinschätzungen von objektiven Maßen, wie sie etwa Kompetenztests ermöglichen (etwa Gess et al. 2017; Wessels et al. 2020), abweichen würden. Kompetente Personen neigen dazu, ihre Kompetenzen zu unterschätzen, während inkompetente Personen ihre Kompetenzen eher überschätzen (Böttcher-Oschmann et al. 2019, S. 502). Auch Beobachtungen im Forschungsprozess sowie die Analyse von Arbeitsprodukten wie beispielsweise Abschlussarbeiten könnten andere, weiterführende Hinweise geben (Drahmann et al. 2018; Holler-Nowitzki et al. 2018). Es besteht durch die Arbeit an den Kompetenzen bzw. dem Interesse auch die Möglichkeit, dass sich die selbsteingeschätzten Konstrukte nicht nur im Mittel, sondern in ihrer Art veränderten. Künftige Studien könnten an größeren Stichproben analysieren, ob dies zutrifft oder nicht. Solche Studien könnten auch multivariat analysieren, wie sich die Kompetenzen und das Interesse gegenseitig beeinflussen. Für die vorliegende Studie müssen diese Fragen offenbleiben.

Was bedeuten die generierten Ergebnisse für die weitere Arbeit in den Forschungswerkstätten sowie das Konzept der Lehrveranstaltungen? Die Forschungsergebnisse erlauben es, die mit den Forschungswerkstätten verbundenen hochschuldidaktischen Ziele zum Aufbau von Forschungskompetenz als weitgehend erfüllt zu betrachten – zumindest, wenn man die Kompetenzselbsteinschätzungen der Studierenden zu Grunde legt. Der Befund, dass die Selbsteinschätzungen unabhängig von der Ausgangslage gestiegen sind, verweist dabei auf ein grundlegendes Spannungsverhältnis, in dem sich die Gestaltung universitärer Lehre und konkret die Gestaltung von Veranstaltungen Forschenden Lernens vollzieht: jenes zwischen individuellen Lernfortschritten auf der einen und angestrebten Standards für Forschungskompetenzen andererseits. Dozierende haben sich die Frage zu stellen, inwiefern sie an der Heterogenität der Studierenden, die mit Blick auf deren Kompetenzselbsteinschätzungen über den Verlauf der Forschungswerkstätten offenbar konstant bleibt, ansetzen oder aber am anderen Pol dieser antinomischen Struktur, d. h. an der Erreichung einheitlich formulierter Kompetenzziele für alle. Das würde bedeuten, ein gleiches Kompetenzniveau bei allen Studierenden anzustreben (vgl. hierzu auch die „Differenzierungsantinomie“ nach Helsper 2002).

Irritierend wirkt der Befund, dass das Forschungsinteresse der Studierenden gesunken ist. Der Aufbau von Kompetenzen im Zuge Forschenden Lernens trägt offenbar nicht zum Aufbau von Interesse an Forschung bei, zumindest nicht im Hinblick auf die zwei genutzten Items, sondern im Gegenteil zu dessen Absinken, insbesondere im Verlauf des ersten Semesters, d. h. im Zuge des ersten Einlassens auf Forschung inklusive der Datenerhebung an den Schulen. Dies gilt es bei der Durchführung künftiger Forschungswerkstätten im Auge zu behalten, um zu verhindern, dass angehende Lehrer*innen zwar von ihren Kompetenzen her forschen könnten, es wegen mangelnden Interesses jedoch nicht tun. Ergebnisse aus der rekonstruktiven Teilstudie des Forschungsprojekts verweisen auf eine mögliche Erklärung für dieses Absinken (Hinzke und Paseka 2021). Das Interesse könnte sinken, da die Studierenden bereits zu Beginn ihres Forschens eine Reihe von Irritationen beim Forschen erfahren, mit denen sie sich in einem mehr oder minder intensiven Prozess auseinandersetzen müssen. Es deutet sich dabei an, dass das Interesse mit den Erwartungen der Studierenden an ihr Studium zusammenhängt. Forschen wird in Gruppendiskussionen mit Teilnehmer*innen an Forschungswerkstätten als anstrengend und zeitintensiv beschrieben, was ihren Vorstellungen von einem zeitökonomischen Studieren widerspricht. Ein Nutzen für den späteren Beruf wird für sie zudem kaum erkennbar.

Entlang dieses Gedankengangs zeigen Studien zu Settings Forschenden Lernens, in denen Lehramtsstudierende ihren Forschungsgegenstand als relevant für ihre Professionalisierung einschätzen, dass der wahrgenommene Nutzen für Forschungskompetenz höher ausfällt als für unterrichtliche Kompetenzen (Heissenberger-Lehofer und Krammer in press). Demzufolge lässt sich vermuten, dass der Ertrag Forschenden Lernens durch den wahrgenommenen Nutzen des Forschungsgegenstands moderiert wird. Dieser moderierende Effekt mag auch Hand in Hand mit einer Veränderung des Forschungsinteresses gehen. Demnach könnten künftige Studien zu Forschendem Lernen das Forschungsinteresse tiefergehend erfassen und dabei die Verbindung von Interesse, wahrgenommenem Nutzen und Ertrag beleuchten.

Weiterführend könnte in dieser Situation sein, mit Studierenden bereits in den ersten beiden Phasen des Forschungszyklus, d. h. während der Orientierung und Konzeptualisierung, aber insbesondere auch in der Phase der Untersuchung (Pedaste et al. 2015) über die Sinnhaftigkeit des Forschenden Lernens ins Gespräch zu kommen und sie auf den Umgang mit für Forschung konstitutiven Ungewissheiten vorzubereiten. Zudem dürften Studien weiterführend sein, in denen die Umsetzung Forschenden Lernens sowohl in Verschränkung als auch losgelöst von schulischen Praxisphasen erforscht wird, da im Vergleich eruiert werden könnte, ob das Forschungsinteresse auch dann abnimmt, wenn das Forschen mit Schulpraktika gekoppelt ist.

Was bedeuten die generierten Ergebnisse für die weitere Forschung? Zur weiteren Eruierung dessen, was beim Forschenden Lernen in universitären Veranstaltungen passiert, wäre es sinnvoll, in künftiger Forschung der Frage nachzugehen, ob sich die dargestellte Entwicklung der untersuchten selbsteingeschätzten Forschungskompetenz und des Forschungsinteresses auch in weiteren Kohorten bestätigt und ob die analysierten Veränderungen langfristig anhalten oder sich weiter verändern, z. B. bis zum Ende des Studiums oder auch darüber hinaus. Gleichzeitig wäre zu erheben, welche Faktoren zu dieser Entwicklung beitragen. Aufschlussreich wäre hier u. a. zu erfahren, inwiefern diese Faktoren an Kernelemente des Konzepts Forschendes Lernen oder aber gegebenenfalls auch an die Studierenden, die Bedingungen im und die Interaktion mit dem schulischen Feld oder die Einbindung Forschenden Lernens in das Studium und die Organisation Universität gebunden sind. Weitere Forschung böte sich hinsichtlich der Frage an, warum das Forschungsinteresse im Verlauf der Veranstaltungen gesunken ist. Das könnte an den Vorstellungen der Studierenden über Forschung liegen, die als nicht kompatibel mit den Erfahrungen in den Forschungswerkstätten wahrgenommen wurden, oder aber auch an den vielfältigen und umfangreichen Lehrveranstaltungen in den beiden MA-Semestern. So findet parallel zu den Forschungswerkstätten eine längere Praktikumsphase statt, die bei den Studierenden einen hohen Stellenwert hat und deren Bedürfnis nach „mehr Praxis“ nachkommt. Schließlich mag der in den Forschungswerkstätten vorgesehene, zu vollziehende Rollenwechsel, von „unterrichten“ hin zu „forschen“, gerade bei den teilnehmenden Beobachtungen nicht einfach zu bewältigen gewesen sein (Fichten und Weyland 2019). Ertragreich könnten hier qualitative Zugänge sein, mittels derer Studierende offen ihre Perspektiven entfalten, ihre Erfahrungen mit Forschendem Lernen verbalisieren und ihre Relevanzsetzungen hinsichtlich der Gestaltung ihres Studiums zum Ausdruck bringen könnten (Bolland 2011; Feindt 2007; Fichten 2017; Hinzke und Paseka 2021). Auf diese Weise könnten mögliche Schwierigkeiten erfasst werden, die hinter dem sinkenden Forschungsinteresse stehen. Daraus ließen sich Veränderungen für künftige Forschungswerkstätten ableiten, um die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, dass ein Kompetenzaufbau mit einer Steigerung oder zumindest Stabilität des Forschungsinteresses einhergeht.