Eine 75-jährige Frau wurde wegen einer Synkope in die Nothilfe gebracht. Sie litt seit sechs Wochen unter Belastungsdyspnoe, nicht produktivem Husten und Gewichtsabnahme. Seit etwa zwei Monaten hatte sie ein auffallendes Haarwachstum im Gesichtsbereich bemerkt. Bei der Untersuchung stellte man neu aufgetretenes Lanugohaar im gesamten Gesicht (Abb. A), eine Trichomegalie der Wimpern (Abb. B) und eine tief gefurchte Zungenoberfläche fest. Bei den weiteren Untersuchungen ergab sich eine Raumforderung im rechten oberen Lungenlappen, die sich bioptisch als Adenokarzinom der Lunge im Stadium 3B erwies. Man einigte sich auf eine palliative Bestrahlung, während der sich die Gesichtsbehaarung leicht zurückbildete und Dyspnoe und Husten etwas besserten.

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Neu aufgetretenes Lanugohaar im gesamten Gesicht (A), Trichomegalie der Wimpern (B)

Die erworbene Hypertrichose lanuginosa ist eine seltene dermatologische Erkrankung, die als paraneoplastisches Syndrom auftreten kann, am häufigsten bei Adenokarzinomen der Lunge oder des Kolons. Sie ist häufig auch von einer Hypertrophie der Zungenpapillen begleitet. Jedes neue Haarwachstum vor allem im höheren Lebensalter sollte dazu veranlassen, nach einer malignen Grunderkrankung zu suchen. Hätte sich die Frau früher bei einem Arzt vorgestellt und dieser an eine derartige Möglichkeit gedacht, so hätte sich eventuell die Prognose verbessern lassen.