1 Qualifizierungsangebote in der Sozialen Arbeit

Erste Vorhaben, Qualifizierungsangebote für die Ausbildung von Fachkräften in der Sozialen Arbeit systematisch zur Verfügung zu stellen, sind schon für das 18. Jahrhundert dokumentiert (Friese 2018). Es bildete sich jedoch kein einheitliches Bildungs- und Ausbildungssystem heraus, sondern unterschiedliche Formen sozialer Berufsausbildungen als vollzeitschulische und akademische Bildungsangebote. Demzufolge ist das Ausbildungs- und Berufssystem für die Soziale Arbeit bis heute von zwei Lernorten geprägt, der Wissenschaft und Praxis. Gründe dafür liegen in unterschiedlichen staatlichen, wirtschaftlichen, gewerkschaftlichen, verbandlichen und fachgesellschaftlichen Einflussnahmen auf die Ausbildungsformate, Bildungsorte, curricularen und ausbildungsrechtlichen Vorgaben und Regularien (Meyer und Schoneville 2023). Dieses Nebeneinander von disziplinärer Verortung – auch als „unentschiedenes Projekt“ bezeichnet (Staub-Bernasconi 2018, S. 131) – geht einher mit unterschiedlichen Regelungen für Ausbildungsinhalte, Zugangsregelungen, fachpraktischen und berufsfeldspezifischen Bezügen und (Weiter‑)Qualifizierungen. Zurückzuführen sind diese uneinheitlichen Zugänge zu sozialen Berufen auf die nichtlineare Entwicklung der Qualifizierungsfrage, die vom dynamischen Wandel der gesellschaftlichen, technischen, wirtschaftlichen, rechtlichen, sozialen und kulturellen Strukturzusammenhänge beeinflusst ist (Braches-Chyrek 2013; Becker-Lenz et al. 2022). Diese historischen Werdungen in der Grundqualifizierung für soziale Berufsfelder differenzieren sich aktuell weiter aus, wie etwa die Etablierung von staatlichen Dualen Hochschulen oder auch die Zunahme von Studienangeboten an privaten Hochschulen zeigen (Meyer 2020).

Ziel der nachfolgenden Ausführungen ist es daher, vor dem Hintergrund neuerer empirischer Befunde zu ausgewählten Ausbildungs- und Bildungswegen die Genese der Auseinandersetzungen mit Qualifizierungsfragen in der Sozialen Arbeit zu skizzieren, um vor dem Hintergrund historischer Befunde aktuelle Entwicklungen in den Qualifizierungswegen kritisch einordnen zu können.

2 Qualifizierungswege in die Berufsfelder der Sozialen Arbeit: Historische Befunde

Für gegenwärtige Diagnosen und Prognosen hinsichtlich der Entwicklung von Qualifizierungswegen in der Sozialen Arbeit ist ein Blick in die historisch gewachsenen Ausbildungs- und Berufsstrukturen sinnvoll (Friese 2018; Braches-Chyrek 2022).

Ideengänge zur Ausbildung von Fachkräften für sorgende und pflegende Tätigkeiten lassen sich bereits im 16. Jahrhundert nachweisen, und erste Konzepte zur „Verberuflichung“ Sozialer Arbeit entstanden im 18. Jahrhundert (Salomon 1927, S. 3). Sie umfassten neben Anleitungen für die Armen- und Krankenpflege, Jugend- und Gefangenenfürsorge auch Ausbildungskonzepte für die Tätigkeitsfelder der frühen Bildung und der Volksbildung. Diese ersten berufsförmigen Ausbildungen wiesen einen sehr geringen Grad an Professionalisierung und Standardisierung auf, so war weder die verbandliche Vertretung noch eine einheitliche Entlohnung gegeben (Friese 2018). Erst die wirkmächtigen Bildungsreformdebatten Ende des 19. Jahrhunderts im Kontext von aufklärerischen, reformistischen und emanzipatorischen Bewegungen leiteten einen grundlegenden Paradigmenwechsel ein. Ziel der unterschiedlichen Mobilisierungsbewegungen war es, die gesellschaftlichen Bildungschancen gerechter zu gestalten und insbesondere die geschlechtsspezifischen Bildungsunterschiede nachhaltig zu verändern (Braches-Chyrek 2013).

Für die Soziale Arbeit wurden neben „Ausbildungsgelegenheiten und Fortbildungskurse[n] für ehrenamtliche Arbeitskräfte“ auch „Kurse mit allgemein sozialwissenschaftlichem Charakter“ oder „Kurse für Einzelgebiete“ angeboten (Salomon 1927, S. 7). Es entwickelten sich umfassende und nachhaltige Bestrebungen, die vormals weitgehend semiprofessionell ausgeübten Sorge- und Pflegetätigkeiten zu klar strukturierten Ausbildungen auszuformen. Mit der Gründung von sozialen Wohlfahrtsschulen unter konfessioneller und privater Trägerschaft durch (Frauen‑)Bildungsvereine, Stiftungen, Kuratorien und vereinzelt auch durch Stadt- oder Provinzialverwaltungen, wie bspw. in Hamburg und Bremen, begann die Etablierung von Ausbildungsorten und -standards (Salomon 1926). Die Zielsetzungen und die sich daraus ergebenden notwendigen Inhalte der Ausbildungen für soziale Berufe wurden systematisch durch die „Konferenz Sozialer Frauenschulen (Wohlfahrtsschulen)“, seit 1917, und die berufsverbandliche Organisierung (Berufsvereine) überprüft und weiterentwickelt (Salomon 1926, S. 19). Zentrale Themen waren Zugangsvoraussetzungen, mögliche Anerkennungen bereits geleisteter praktischer Tätigkeiten oder von Ausbildungen, die Höhenlage der Ausbildung (Rangstufe innerhalb der sozialen Berufe), die staatliche Regulierung (bspw. hinsichtlich der Prüfungsordnungen und Anerkennung), die Entlohnung bzw. Eingruppierung, die theoretischen und methodischen Ausbildungsinhalte, das Theorie-Praxis-Verhältnis, die Gewinnung und Ausbildung von Lehrkräften (Salomon 1927, S. 176). Der Erste Weltkrieg beförderte die Gründung von weiteren Wohlfahrtsschulen (ebd.), und erst ab 1919 wurde diese Entwicklung durch staatliche und berufsverbandliche bzw. berufsgruppenspezifische Einflussnahmen (bspw. durch Ärzte, Verwaltungsbeamte) aufgehalten (ebd.).

Nach der Zäsur durch den Nationalsozialismus knüpften viele Seminare, höhere Fachschulen oder auch Akademien in ihrer berufsbezogenen Ausrichtung an die Ausbildungsbestimmungen der Weimarer Republik an, was eine Etablierung der Ausbildung als wissenschaftliche Bildung auf Universitätsniveau erst einmal verhinderte – obwohl dies schon seit 1921 intensiv diskutiert wurde (ebd.). Mit den Bildungsreformen der 1960er-Jahre wurden die Berufsbildungsmodelle in die sich ab 1967 gründenden Fachhochschulen überführt, überwiegend als staatliche Hochschulen.Footnote 1 In der Erziehungswissenschaft entstanden parallel ab dem Jahr 1969 universitäre Studiengänge mit Studienschwerpunkten im Bereich der Sozialpädagogik (Meyer und Karsten 2019). Durch die Bologna-Reform im Jahr 1999 wurden weitere umfangreiche Reformen und Ausdifferenzierungen der Studiengänge der Sozialen Arbeit wie auch die Einführung der Qualifikationsrahmen und eines Leistungspunktesystems ermöglicht und es kam zu Verschmelzungen bzw. Umwandelungen von Hochschulen in Universitäten, wie bspw. in Lüneburg, Kassel, Siegen, Bamberg.

Aktuell werden mehr als 200 Studiengänge mit Bachelorabschluss und über 100 Masterstudiengänge im Bereich Soziale Arbeit/Sozialpädagogik und mehr als 70 kindheitspädagogische Studiengänge an Hochschulen und Universitäten sowie mehr als 11 Studiengänge für die berufliche Bildung mit dem Schwerpunkt Sozialpädagogik angeboten (Braches-Chyrek 2021).

3 Aktuelle Befunde zur Qualifizierung in der Sozialen Arbeit

Diese historisch gewachsenen unterschiedlichen Ausbildungsebenen und -orte für die Qualifizierung von Fachkräften in der Sozialen Arbeit umfassen aktuell neben den benannten hochschulischen Angeboten auch (fach-)schulische Ausbildungsgänge mit unterschiedlichen Schwerpunkten, wie bspw. Familie, Jugend- und Heimerziehung, Arbeits- und Heilerziehung, Sozialassistenz bzw. sozialpädagogische Assistentin, Kinderpflege sowie unterschiedlichen Organisationsformen (z. B. die sog. PIA-Ausbildung) (Meyer und Schoneville 2023).Footnote 2

Auf dem niedrigsten DQR-/EQR-Niveau 4 erfolgt die Ausbildung der Kinderpfleger:innen bzw. Sozialassistent:innen. Es handelt sich dabei um sozialpädagogisch und hauswirtschaftlich ausgebildete Mitarbeiter:innen und Helfer:innen in Familien und in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe. Die zwei bis drei Jahre dauernde, bundesweit nicht einheitlich geregelte Ausbildung erfolgt außerhalb des dualen Systems an einer Berufsfachschule, wobei die Zugangsvoraussetzungen je nach Abschluss zwischen einfachem und mittlerem Schulabschluss differieren (ebd.). Aktuell (2021/22) absolvieren im ersten Ausbildungsjahr 10.406 Personen eine solche Kinderpflegeausbildung (Autorengruppe Fachkräftebarometer 2023), das sind rund 400 Personen oder 4 % mehr als im Jahr zuvor (ebd.).Footnote 3 Über den Zeitraum von zehn Jahren (2011/12–2021/22) entspricht dies einer prozentualen Steigerung von 10,6 %.

Demgegenüber gewinnt seit den 2000er-Jahren die Sozialassistenzausbildung deutlich an Bedeutung: Stieg bisher die Zahl der Schüler:innen seit dem Schuljahr 2008/09 kontinuierlich, so ist dieses Wachstum zwischen den Schuljahren 2014/15 und 2015/16 sprunghaft angestiegen. Im zuletzt ausgewiesenen Schuljahr 2021/22 lag die Zahl der Schüler:innen im ersten Ausbildungsjahr bei 20.405 (ebd.).Footnote 4 Damit sinkt die Zahl der Schüler:innen im ersten Jahr seit 2019/20 erneut ab. Besonders ins Auge fällt dabei seit 2015/16 das Wachstum an entsprechenden Ausbildungsorten in Ostdeutschland, während es in Westdeutschland weitgehend konstant bleibt (ebd.): Insgesamt bleibt die Zahl der Berufsfachschulen für Kinderpflege mit 234 im Schuljahr 2021/22 weitgehend konstant, während die Zahl jener für Sozialassistenz auf 467 steigt. Ob staatliche oder private Trägerschaften für dieses Wachstum in den vergangenen Jahren verantwortlich sind, lässt sich aus den vorliegenden Daten des Fachkräftebarometers nicht schließen. Eine Sonderauswertung von Daten aus einer Abfrage bei den ostdeutschen Landesämtern für Statistik für diesen Beitrag weist indes auf eine deutliche Privatisierung dieses Qualifizierungsbereichs in OstdeutschlandFootnote 5 hin: Hier sind 2019/20 58,6 % der Berufsfachschulen in privater Hand, wobei die Quoten in Sachsen (69,3 %), Mecklenburg-Vorpommern (60 %) und Thüringen (66 %) deutlich höher liegen. In Westdeutschland liegt der Anteil nichtöffentlicher Träger bei Berufsfachschulen dagegen nur bei 30,1 %.Footnote 6

Eine ähnliche Entwicklung lässt sich im Rahmen der Qualifizierung für die größte Berufsgruppe in der Sozialen Arbeit, die Erzieher:innen, zeigen (Meyer 2023). Traditionell wird diese Gruppe in Vollzeit an Fachschulen, Fachakademien o. Ä. über den Zeitraum von drei Jahren in fast allen Bundesländern – davon sind zwei Jahre schulische Ausbildung, an die sich ein tariflich bezahltes Anerkennungsjahr anschließt – unterrichtet (Meyer und Schoneville 2023). Dabei zeigt sich in diesem Segment in den vergangenen Jahrzehnten ein starker Anstieg, der im Schuljahr 2021/22 bei 43.701 Anfänger:innen im ersten Jahr lag.Footnote 7 „Im Zehnjahresvergleich fallen die Zuwächse in Ostdeutschland deutlich größer aus als in Westdeutschland (+163 vs. +93 %). Im Vergleich zum Vorjahr lassen sich jedoch nur noch geringe Zuwächse verzeichnen, die in Westdeutschland bei 3,7 % liegen. In Ostdeutschland hingegen lässt sich erstmals kein weiterer Zuwachs beobachten. […] Immerhin acht Bundesländer haben aber auch einen Rückgang der Anfängerinnen- und Anfängerzahlen zu verzeichnen, der mit −10 % in Bremen und −14,7 % im Saarland vergleichsweise hoch ausfällt“ (Autorengruppe Fachkräftebarometer 2023, S. 119). Dieser Markt ist für nichtöffentliche Träger dabei von besonderem Interesse: „Das im Schuljahr 2012/13 noch ausgeglichene Verhältnis von öffentlichen und privaten Fachschulen hat sich in den letzten Jahren zugunsten der privaten Trägerschaft verschoben. Dies ist auf den anhaltenden Ausbau sonstiger privater, nichtkirchlicher Schulen zurückzuführen“ (Autorengruppe Fachkräftebarometer 2019, S. 134). So befinden sich im Schuljahr 2021/22 deutschlandweit 47 % der Fachschulen für Sozialpädagogik in öffentlicher und 53 % in privater Trägerschaft. „Die Trägerschaft unterscheidet sich deutlich zwischen West- und Ostdeutschland. Während in Ostdeutschland 71 % der Fachschulen in privater Hand liegen, beläuft sich dieser Anteil in Westdeutschland auf lediglich 43 %“ (Autorengruppe Fachkräftebarometer 2023, S. 118).Footnote 8

Die professionstheoretisch bedeutsame Lizenzierung in Form von Studienabschlüssen (Nittel 2000) ist neben der schulischen Qualifizierung der zweithäufigste Weg in die Soziale Arbeit (Meyer 2023; Leinenbach et al. 2022). Auch hier steigen die Studierendenzahlen in den vergangenen Jahren stark an.Footnote 9

Bei der analytischen Betrachtung der Entwicklung der Studierendenzahlen in den einzelnen Studiengängen für die Soziale ArbeitFootnote 10 (Abb. 1) wird deutlich, dass das aktuelle Wachstum bei der Zahl der Studierenden nicht alleine mit der Verrentung der ersten Generation von Sozialarbeitenden mit hochschulischer Qualifizierung ab Ende der 60er-Jahre zu erklären ist.Footnote 11 Erst mit Blick auf die Entwicklung der Gesamtstudierendenzahlen lassen sich Tendenzen für mögliche generationale Effekte – so zum Beispiel im Studiengang Soziale Arbeit zwischen 1975/76 und einer Phase kurz nach 2005/06 oder der Sozialpädagogik zwischen 1985/86 und heute – aufzeigen. Für diese beiden Perioden könnten Effekte eines Generationswandels in der Sozialen Arbeit vermutet werden: Immerhin wären Absolvent:innen der Sozialarbeit aus den frühen 70er-Jahren zwischen 2005 und 2015 ungefähr 60 Jahre alt sowie Sozialpädagog:innen bei einem durchschnittlichen Alter im Jahr 1985 von Anfang/Mitte 20 heute Anfang 60 Jahre alt. Bedenkt man das Erkrankungsrisiko in der Sozialen Arbeit (Meyer und Alsago 2023; Alsago und Meyer 2023), wäre ein solcher katalysatorischer Effekt für die Studierendenzahlen erklärbar. Gleichwohl begründet ein solcher generationaler Wandel den aktuellen Fachkräftemangel nicht allein, immerhin sind die Studierendenzahlen aktuell deutlich höher als jemals zuvor. Vielmehr muss davon ausgegangen werden, dass die Soziale Arbeit weiter stark expandiert (Meyer und Siewert 2021).

Abb. 1
figure 1

Entwicklung der kumulierten Studierendenzahlen in den Studiengängen für die Soziale Arbeit zwischen den Wintersemestern 1972/73, dem Zeitpunkt der erstmaligen Ausweisung durch Destatis, und 2022/23 in der BRD. (Angabe in absoluten Zahlen, eigene Darstellung)

Damit bleibt die künftige Entwicklung bei den Gesamtstudierendenzahlen für die Soziale Arbeit offen: Geht das Wachstum weiter, weil Soziale Arbeit eine so starke Ausweitung der Arbeits- und Tätigkeitsfelder erfährt, oder kommt der Boom durch die verrentungsbedingten Personalwechsel in den kommenden Jahren nun zu seinem Normalzustand? Im ersten Fall der Deutung wäre demnach auch zu fragen, in welchen Segmenten der Sozialen Arbeit das Wachstum konkret erfolgte und welche Qualifikationen dabei nachgefragt waren. Dieser Fragenkomplex verweist auf die zentralen Differenzierungen innerhalb der hochschulischen Qualifizierung für die Soziale Arbeit: die mit der Bologna-Reform eingeführte Unterscheidung zwischen Bachelor- und Masterabschlüssen. Für eine sich selbst als Profession beschreibende Berufsgruppe wäre das Kriterium der Wissenschaftlichkeit – diese ist erst mit einem wissenschaftlichen Vollstudium, also dem Master, erreicht – besonders zentral (Oevermann 1996; Dewe und Otto 2012; Schütze 2015). Hier ist die Entwicklung in der Sozialen Arbeit auch im zuletzt von Destatis ausgewiesenen Wintersemester 2022/23 weiterhin eher als problematisch zu bezeichnen (Abb. 2).

Abb. 2
figure 2

Entwicklung der kumulierten Studierendenzahlen zwischen 2010/11 und 2022/23 aus den Studiengängen der Sozialen Arbeit, differenziert nach BA- und MA-Abschlüssen sowie nach Hochschulart. (Angaben in Prozent, eigene Darstellung)

Noch immer sind nur rund 10 % der Studierenden in einem Masterstudiengang immatrikuliertFootnote 12, und es zeigen sich hier mit Blick auf die vergangenen zehn Jahre nur geringfügige Verbesserungen.Footnote 13 Verbleibt man zunächst auf dieser Betrachtungsebene und differenziert die Sonderauswertungsdaten von Destatis nach Studienabschluss und Hochschulart weiter, so bieten lediglich drei private Hochschulen im Segment der Sozialen Arbeit einen Masterstudiengang, für 10,2 % der Masterstudierenden Sozialer Arbeit, an. Damit setzen private Hochschulen auf Studiengänge, die bei einer großen Gruppe begehrt sind. Gleichzeitig werden private Hochschulen damit in der Fläche zu Institutionen, die inhaltlich lediglich ein Grundstudium ohne vertiefte wissenschaftliche Fachkompetenz (DQR 6) anbieten. Die Realisierung des gesetzlichen Auftrags zu Lehre und Forschung wird auf diese Weise dem Lehrpersonal mindestens erschwert. Beide Entwicklungen sind für die Professionalisierung und Disziplinentwicklung der Sozialen Arbeit, in der die Akademisierung eine zentrale Rolle spielt (Meyer 2019), extrem problematisch.

Spezifiziert man die Betrachtung der Studierendenzahlen entlang der von Destatis für die Soziale Arbeit ausgewiesenen Studiengänge Soziale Arbeit, Sozialwesen, Sozialpädagogik sowie Pädagogik der frühen Kindheit noch weiter und unterstellt dabei, dass diese Studiengänge zusammengenommen für die Soziale Arbeit qualifizieren (Braches-Chyrek et al. 2021), so ergibt sich ein weiteres relevantes Phänomen mit Blick auf die Privatisierung: Unterscheidet man nicht entlang inhaltlicher Begründungen, sondern nach den Studienformaten – also Präsenz, dual oder fern –, so verstärkt sich die Gegenwart privatgewerblicher Hochschulen extrem stark (Abb. 3).

Abb. 3
figure 3

Entwicklung der Gesamtstudierendenzahlen in dualen Studiengängen der Sozialen Arbeit in der BRD zwischen den Wintersemestern 2008/09 und 2022/23. (Eigene Darstellung)

In beiden Studienformaten dominieren private Hochschulen den Markt: 65,5 % aller dualen Studierenden tun dies an einer privaten Hochschule. Insgesamt studieren 12.697 Personen dual, das sind rund 10,2 % aller Studierenden für die Soziale Arbeit. Damit hat sich die Quote der Studierenden in diesem Segment seit dem Wintersemester 2018/19 nahezu verdoppelt (Meyer 2019).

Noch deutlicher steigt die Zahl der Fernstudierenden in der Sozialen Arbeit in diesem Zeitraum an (Meyer und Buschle 2020)Footnote 14: Mehr als 85 % aller Studierenden in diesem Format vollziehen den Lizenzierungsprozess an einer privaten Hochschule (Abb. 4). Insgesamt nutzen dieses Studienformat damit 19,7 % aller Studierenden (24.539) für die Soziale Arbeit. In beiden Fällen, dual wie online, können staatliche Hochschulen kaum vom Boom profitieren.

Abb. 4
figure 4

Entwicklung der Gesamtstudierendenzahlen in Fernstudiengängen der Sozialen Arbeit in der BRD zwischen den Wintersemestern 2008/09 und 2022/23. (Eigene Darstellung)

Die Privatisierung der Qualifizierung für die Soziale Arbeit zeigt zusammenfassend unterschiedliche Dimensionen: Einerseits bewirkt sie eine Veränderung der bisher üblichen Studienformate. Im Wintersemester 2021/22 studierte ein Drittel der künftigen Fachkräfte nicht mehr in bisher klassischen Studienformaten. Die damit verbundenen didaktischen Fragen sind bisher erst ansatzweise diskutiert (Arnold et al. 2018) und gerade die starke Zunahme onlinegestützter Formate ist mit Blick auf die Wirkung in der künftigen Praxis genauer zu untersuchen.Footnote 15

Die Gründe für die Aufnahme eines zumeist onlinebasierten Fernstudiums der Sozialen Arbeit sind dabei vielfältig (Meyer und Buschle 2020)Footnote 16: Einerseits spricht die Studierende die Flexibilität des Fernstudiums (75,3 %), die inhaltliche Ausrichtung des jeweiligen Studiengangs (63,6 %) sowie andererseits den geringen Anteil an „Präsenzveranstaltungen“ (59,5 %) an (ebd., S. 351). Besonders häufig kommen die Studierenden aus westdeutschen Bundesländern, wobei sie hier relativ gleich verteilt in größeren (mehr als 50.000 Einwohner:innen), mittleren (zwischen 10.000 und 50.000 Einwohner:innen) und kleineren (unter 10.000 Einwohner:innen) Kommunen leben (ebd.). Gerade aus diesem Umstand wird deutlich, dass nicht die Erreichbarkeit einer Hochschule entscheidend zu sein scheint, sondern die bewusste Wahl eines Fernstudiums im Vordergrund steht. So weisen Meyer und Buschle (2020, S. 351) darauf hin, dass bei 54,6 % der Fernstudierenden in der Sozialen Arbeit „persönliche oder private Gründe“ die Aufnahme eines Präsenzstudiums verhinderten.Footnote 17 Ebenfalls deuten die Tageszeiten, in denen sich die Studierenden ihrem Fernstudium der Sozialen Arbeit widmen, darauf hin, dass sie von ihren Arbeitgeber:innen nur selten auf dem Weg der individuellen Professionalisierung unterstützt werden (ebd.).Footnote 18 Dabei weist die hohe Quote von 53,6 % der Befragten, bei denen das Fernstudium auf der bisherigen beruflichen Laufbahn aufbaut, darauf hin, dass Fernstudiengänge der Sozialen Arbeit häufig als Instrument der individuellen Professionalisierung – im Sinne einer wissenschaftlichen beruflichen Weiterbildung – für beruflich Tätige in diesem Bereich verstanden werden müssen.

Der Qualifizierungsbereich der Fort- und Weiterbildung scheint noch stärker ökonomisiert, wenn auch für dieses Feld nur in wenigen Bereichen gesetzliche Regelungen – zumeist nur als eine implizite Aufforderung zur Fort- und Weiterbildung – vorliegen (§ 72 SGB VIII) (Thole und Meyer 2021). Die Strukturen sind dabei, ebenso wie die Inhalte, weitgehend diffus und bisher wenig untersucht: „Fort- und Weiterbildungen […] werden von Hochschulen, von öffentlichen Trägern, überregionalen Zusammenschlüssen und Arbeitsgemeinschaften, intermediären Trägerorganisationen sowie von privat-gewerblich organisierten Veranstaltern angeboten. […] Über die von den einzelnen Trägern und Anbietern der Weiterbildung für die Mitarbeitenden der Sozialen Arbeit vermittelten Inhalte liegen keine aktuellen, zusammenfassenden Informationen vor. So führt die Bundesagentur für Arbeit (BA) zwar eine Plattform zur Vermittlung von Weiterbildungsangeboten (KURSNET), jedoch sind dieser Plattform lediglich rudimentäre statistische Daten zu entnehmen“ (ebd., S. 974). Vor diesem Hintergrund ist die einzige mögliche Datenquelle zur quantitativen Beschreibung des Fort- und Weiterbildungsgeschehens in der Sozialen Arbeit der aktuelle MikrozensusFootnote 19 von 2019 (Meyer 2023). Unter der Berufskennziffer 831 werden hier Personen subsummiert, die angeben, in der Erziehung, Sozialarbeit sowie Heilerziehungspflege tätig zu sein: 2019 4907 Personen nahmen in den letzten zwölf Monaten an einer Weiterbildung teil (n = 15.565). Das entspricht mit 31,5 % einer höheren Teilnahmequote als dem Gesamtwert von 11,8 % im Mikrozensus 2019.Footnote 20 Die Motivation zum Besuch einer Weiterbildung ergibt sich aus Sicht der im Mikrozensus befragten Sozialarbeitenden vor allem aus beruflichem Interesse (91,2 %). Die angestrebten Lernziele liegen entsprechend zumeist im Kernbereich der Sozialen Arbeit (49 %), sind organisationsbezogen (z. B. Abrechnungssysteme) (11,2 %) oder dienen der persönlichen Weiterentwicklung (z. B. Achtsamkeit, Sport) (9,2 %). Insgesamt wendeten die Beschäftigten in der Sozialen Arbeit dabei für Fort‑/Weiterbildungen im Median 24 h in den letzten zwölf Monaten auf.

4 Einordnung der empirischen Befunde

Obwohl die staatlichen Hochschulen und Universitäten nach wie vor die zentralen Orte sind, an denen disziplinäres Wissen für die immer komplexer werdenden sozialen Arbeits- und Tätigkeitsbereiche vermittelt und weiterentwickelt wird, zeigen die hier aufgeführten empirischen Befunde, dass sich die Qualifizierungswege für Fachkräfte der Sozialen Arbeit in den letzten Jahren deutlich verändert haben. Dies ist nicht zuletzt auf die anhaltend hohen Bedarfe an professionell erbrachten personenbezogenen Dienstleistungen in öffentlichen und privatwirtschaftlichen Beschäftigungsfeldern zurückzuführen (Friese 2023; Friese und Braches-Chyrek 2023). Gleichzeitig wurden aber auch die Kompetenz- und Qualitätsanforderungen in der Sozialen Arbeit stark erweitert und ebenfalls ist der Forschungsoutput sehr beachtlich. Wie die hier angeführten empirischen Befunde belegen, sind seit 2007/08 die Studienangebote der privaten Hochschulen und auch die Angebote der privaten beruflichen Schulen stetig angewachsen. Neuere Forschungen belegen, dass private Hochschulen in einem marktwirtschaftlichen Sinne sehr schnell auf gesellschaftliche und professionsbezogene Entwicklungsbedarfe reagieren und in der Folge eine Vielzahl von innovativen Studiengängen entwickelt haben (Herrmann 2019; Meyer und Buschle 2020; Meyer 2020; Frank et al. 2020; DGSA 2018).

Mit Blick auf die Studienformate für Fachkräfte in der Sozialen Arbeit kann festgehalten werden, dass mehr als ein Viertel der Studierenden an einer privaten Hochschule eingeschrieben ist. Dabei ist zunächst zu konstatieren, dass sich die privaten Hochschulen in der Bundesrepublik Deutschland vielfach an anderen Maßstäben und Zielgruppen orientieren als öffentlich finanzierte Hochschulen und Universitäten (Herrmann 2019). Parallel zeigen sich hier offenbar Tendenzen der besseren Benotung bei Studierenden mit ähnlichen Voraussetzungen im selben Fach an einer privaten Hochschule, die sich nicht durch den „sozioökonomische[n, A. d. A.] Status, noch die vorhergehenden Schulleistungen oder bereits gesammelte Berufserfahrung“ (ebd., S. 86) erklären lassen können.

Eine inhaltsanalytische Betrachtung der Selbstauskünfte privater Hochschulen in deren Akkreditierungsunterlagen im Segment der Sozialen Arbeit verweist auf zentrale Kategorien der organisationalen Selbstbeschreibungen (Nittel und Tippelt 2019): Wettbewerbsorientierung, Praxisnähe, Internationalisierung und Serviceorientierung. Diese verweisen aus Sicht privater Hochschulen auf zentrale Unterschiede in der akademischen Ausbildung im privaten Hochschulsektor gegenüber vergleichbaren öffentlichen Einrichtungen. Parallel zeigt sich in der qualitativen Auseinandersetzung mit den organisationalen Selbstbeschreibungen privater Hochschulen im Segment Sozialer Arbeit, dass diese häufig eher klein mit einem überschaubaren Fächerangebot und einer starken Spezialisierung hinsichtlich der Ausbildung für Führungspositionen und/oder bestimmte Praxisfelder sind. Dabei nehmen private Hochschulen wiederkehrende Untersuchungen der Kund:innenbedürfnisse vor, um auf sie zugeschnittene Angebote zu ermöglichen (Meyer und Buschle 2020; Sommerfeld 2019). Diese intensive Orientierung an den Bedürfnislagen der Studierenden führt zu einem starken Engagement privater Hochschulen im Segment berufsbegleitender und -integrierter Studiengänge – vielfach in Kooperation mit regionalen und/oder öffentlichen Anbietern für personenbezogene Dienstleistungen im Modus eines Teilzeit- und Fernstudiums. Unterschiedliche rechtliche Bestimmungen – bedingt durch die föderale Struktur – und die starke Wettbewerbsorientierung spiegeln sich indes in den heterogenen Studiengangsstrukturen, -profilen und Studienbezeichnungen der privaten Hochschulen wider. Höhere Studiengebühren werden mit individualisierten Serviceleistungen, Innovationen, Einkommensvorteilen und kürzerer Suchdauer bis zur ersten Beschäftigung als Fachkraft gerechtfertigt (Herrmann 2019).

Bisher fehlen zu den Auswirkungen der Privatisierungstendenzen auf die disziplinären Entwicklungen in der Sozialen Arbeit tiefergehende Analysen, die dabei nicht allein auf die Gleichung duales Studium=privat zu bringen sind (Otto 2018). Vielmehr bedarf es einer sehr feinen Analyse von Auswirkungen veränderter Studienformate sowie der Charakterisierung von Studienanbieter:innen. So fehlen aktuell noch Daten über Absolvent:innen, die sich daraus ergebenden Abbruchquoten oder auch Verbleibstudien (Herrmann 2019). Insbesondere aus professionstheoretischer Perspektive sollte der Einfluss der privaten Hochschulen näher untersucht werden, da ihnen aufgrund der stetig steigenden Studierendenzahlen eine besondere Bedeutung in der Lizenzierung künftiger Fachkräfte zukommt. Zentral ist dabei nicht nur die quantitative Beschreibung der Studierenden- oder Lehrendenzahl, sondern auch eine qualitative Beschreibung der Verhältnisse: An den Studiengangsentwicklungen, wie bspw. der modifizierten Ausgestaltung von Praxisanteilen im Studium, den Praktika und dem Anerkennungsjahr, an privaten Hochschulen lassen sich ebenfalls Veränderungen in den kollektiven Wissensbeständen nachzeichnen. Gerade mit Blick auf einige Segmente der Sozialen Arbeit, wie bspw. die Arbeitsfelder der Kinder- und Jugendhilfe, wird bereits jetzt von einer zunehmenden Umformung der Wissensvermittlung durch private Hochschulen ausgegangen, die Effekte auf die künftigen Professionsentwicklungen haben werden (AGJ 2022). So wird bei der inhaltsanalytischen Betrachtung der Akkreditierungsunterlagen jener Studiengänge, die von Destatis dem Segment Fernstudium sowie der Fächergruppe Soziale Arbeit u. Ä. zugerechnet werden, deutlich, dass die innere Struktur ungleich ist. Nicht nur die Einbindung der Module zur staatlichen Anerkennung ist dabei different, sondern selbst die Gewichtung der Stunden für einen Creditpoint.Footnote 21 So schwanken die Stundenumfänge zwischen 25 und 30 h, was auf ein gesamtes Studium Sozialer Arbeit 900 h inhaltliche Auseinandersetzung mehr oder weniger bewirkt.Footnote 22 Zusätzlich unterscheiden sich auch die Längen der Anerkennungsphasen erheblich: Diese reichen von 100 bis zu 120 Tagen und liegen zeitlich nach dem Studienabschluss oder sind ins Studium integriert. Sicher gibt es für alle diese Formate wichtige didaktische Überlegungen, gleichwohl macht es eben einen Unterschied, wie viele Stunden zu welchem Studienzeitpunkt von Studierenden geleistet werden müssen/können. Hier wäre sicher eine Auseinandersetzung von Disziplin und Profession ratsam. Zusätzlich fehlt eine quantitative wie qualitative Untersuchung der Anerkennungspraxen bei Vorerfahrungen mit Blick auf Studienformate wie Träger:innenart. Lediglich eine stichprobenartige und nicht valide Auseinandersetzung mit Kommentaren in Studierenden‑/Studieninteressiertenforen deutet an, dass private Fernhochschulen offenbar zu einer wohlwollenden Praxis neigen.

Die hier beschriebenen professionspolitischen und ökonomischen Folgewirkungen des privaten Engagements in der Fachkräfteausbildung der Sozialen Arbeit gehen einher mit Debatten um eine Gleichstellung der hochschulischen Abschlüsse und den erfolgreichen Bestrebungen, ein eigenständiges Promotionsrecht für Hochschulen der angewandten Wissenschaften einzuführen. Deutlich wird dies etwa an der Einrichtung von hochschulübergreifenden Promotionszentren (Braches-Chyrek 2022) und/oder Graduiertenkollegs, wie bspw. an der Alanus Hochschule. Diese Entwicklungen sind nicht zuletzt der Tatsache geschuldet, dass – wie schon zu Beginn des 20. Jh.s – die Bedeutung von Forschung und Theorieentwicklung in der Sozialen Arbeit stetig zunimmt, da diese als unabdingbar für die Weiterentwicklung der Profession und Disziplin Sozialer Arbeit angesehen wird. Der starke Forschungsbezug wird mittlerweile an allen Hochschulen gefordert und häufig gleichwertig zum Anwendungs- und Berufsfeldbezug eingeordnet. Parallel dazu wird eine intensive Diskussion um die staatliche Anerkennung für Absolvent:innen erziehungswissenschaftlicher Studiengänge mit dem Schwerpunkt Sozialpädagogik geführt, die in weiten Teilen entlang der Trennlinie HAW und Universität bzw. der entsprechenden Fachgesellschaften geführt wird.

5 Fazit

Mit den hier skizzierten empirischen Befunden zu den Qualifizierungswegen für Fachkräfte in der Sozialen Arbeit soll eine erste Einordnung möglich werden, um Debatten über den notwendigen Wissenskanon, die beruflich-fachlichen Maßstäbe und damit einhergehend die hochschulpolitische Einordnung der Bildungsangebote für Fachkräfte in der Sozialen Arbeit weiter voranzutreiben (Rauschenbach 2020). Die Diskrepanz zwischen staatlichen, bundes- und landesrechtlichen, Regulierung sowie zunehmend privatrechtlichen Reglungen erschwert nach wie vor die Herausbildung eines eigenständigen, spezifisch fachwissenschaftlichen Wissens. Dies zeigt sich in den Qualifizierungslandschaften der Sozialen Arbeit, in denen sich folgende Ebenen vermischen und in unterschiedlicher Weise ausgestaltet werden:

  • Verwissenschaftlichung: forschende Auseinandersetzung mit theoretischen Überlegungen und praxisnahen Fragen;

  • Akademisierung: Ausdifferenzierung der Studiengänge nach inhaltlichen Schwerpunkten im Wissenskanon und Hochschularten;

  • praxisnahe Ausbildungs- und Studienformate: Weiterentwicklung der dualen Studiengänge, Zunahme privater Bildungsangebote im schulischen und hochschulischen Sektor.

Je nach Bundesland sind die Qualifizierungsangebote für Fachkräfte in der Sozialen Arbeit sehr unterschiedlichen Regelungen unterworfen und an vielen Hochschulen werden sie durch Prüfungsordnungen in eigener Regie bestimmt, was eine Vergleichbarkeit und Transparenz von Ausbildungs- und Studienabschlüssen wie auch die gewünschte Durchlässigkeit der Studiengänge, die uneingeschränkte Mobilität der Studierenden und Hochschulkooperationen deutlich erschwert. Der vorliegende Beitrag weist aber auch auf Forschungsdesiderate in der Qualifizierungsforschung für und in der Sozialen Arbeit hin:

  • Es fehlen Studien zur Rekrutierung und den Bedingungen des wissenschaftlichen Personals an privaten Hochschulen, zu ihren Arbeitsbedingungen, Leistungsvergütungen oder auch Gestaltungsoptionen.

  • Die Effekte von staatlichen Förderausschreibungen, die privatwirtschaftlich organisierte Hochschulen von der Mitteleinwerbung ausschließen, sind nicht untersuchtFootnote 23, denn immerhin stellt Forschung ein sehr relevantes Professionalisierungspotenzial für die Lehrenden selbst dar.

  • Wie sind die organisationalen Rahmenbedingungen für Forschung und Lehre an privaten Hochschulen und wie sind sie im Vergleich zu staatlichen oder kirchlichen Hochschulen?

  • Es liegen keine Befunde dazu vor, welche Studierende die Studienschwerpunkte der Sozialen Arbeit an privaten Hochschulen präferieren. Liegt es an der guten Platzierung von privaten Hochschulen in den Suchmaschinen und der damit einhergehenden erhöhten Sichtbarkeit oder an den Werbestrategien, wie bspw. auf Schüler:innenmessen, oder einfach nur an einem interessanten und innovativen Studienangebot, welches auf die lebensweltlichen Bedarfe der jungen und/oder interessierten Menschen reagiert?

  • Wie sind die tatsächlichen Studienleistungen einzuordnen und führt ein privates Studium immer zu Einkommensvorteilen und einer kürzeren Studienzeit sowie Suchdauer bis zum ersten Job?

  • Der Verbleib von Absolvent:innen privater Hochschulen ist im Vergleich zu staatlichen Hochschulen unbekannt, ebenso die Erfahrungen mit Absolvent:innen seitens der einstellenden Träger:innen.

  • Welche Beweggründe gibt es in den Institutionen der Sozialen Arbeit, die Nutzung privatwirtschaftlicher Angebote zur Qualifizierung ihrer Mitarbeiter:innen weiter voranzutreiben, wie erfolgt die Anleitung der steigenden Zahlen dualer Studierender?

  • Gleichzeitig wäre eine Forschung zu initiieren, die Diversitätsdimensionen mit der Frage nach der Institutionenart verknüpft: Spiegeln sich beispielsweise die angenommenen Klassen‑, Geschlechter‑, Care- und Generationenverteilungen in der Sozialen Arbeit auch in der Schüler:innen- bzw. Studierendenstruktur wider oder ergeben sich hier aus irgendwelchen Gründen Differenzen?

  • Mit Blick auf die Fort- und Weiterbildung bleibt offen, ob die hohe Quote fachbezogener Themen in den Angeboten Ausdruck der Professionalisierung oder Deprofessionalisierung Sozialer Arbeit ist.

  • Werden hier auf dem Wege der individuellen Professionalisierung Neuerungen thematisiert, die letztlich der kollektiven Professionalisierung dienen, oder handelt es sich vielmehr um eine Nachqualifizierung, weil praxisrelevante Themen oder Methoden in der Qualifizierung für die Soziale Arbeit nur unzureichend bearbeitet wurden (Meyer und Wahl 2018)?

Neben diesen professionstheoretisch bedeutsamen Fragen sollten allerdings auch sozialdidaktische Fragen in den Mittelpunkt rücken:

  • Bedarf es zwischen den verschiedenen Studienformaten (Präsenz, dual, fern) auch entsprechend andere Studieninhalte oder wie werden die unterschiedlichen Erfahrungshorizonte in die Qualifizierung als Ressource zurückgebunden?

  • Welche Inhalte müssen im Rahmen der Praxisanleitung mit den ganz unterschiedlichen Studierendengruppen wann thematisiert werden? Dies betrifft sowohl das Studienformat als auch den Zeitpunkt der Praxiserfahrungen im Studienverlauf und gilt natürlich für die Ausbildung künftiger Lehrkräfte im beruflichen Lehramt der Fachrichtung Sozialpädagogik auch.

  • Wie kann man sinnvoll mit den unterschiedlichen beruflichen Vorerfahrungen umgehen und diese in Lernkontexte einbinden, gerade wenn diese zunehmend digitaler werden?

Die Verschiebung innerhalb der Qualifizierungsinstitutionen mit Blick auf die zunehmende Privatisierung wie Nutzung anderer Studienformate (dual und fern) ist sicher per se nicht gut oder schlecht. Die historische Perspektive verweist darauf, dass solche Veränderungsprozesse in der Qualifizierung für die Soziale Arbeit eine gewisse Kontinuität aufweisen. Die Lizenzierung für den eigenen Beruf muss, will die Soziale Arbeit die Professionalisierung im Sinne der weiteren Verberuflichung vorantreiben, ein zentraler Aspekt der Selbstaufklärung sowie Steuerung sein und entsprechend durch die Berufsgruppe selbst kontrolliert werden. Aktuell regelt der Markt die Qualifizierung für die und in der Sozialen Arbeit.