Die Debatten um die staatliche Anerkennung in der Sozialen Arbeit werden seit mehreren Jahrzehnten höchst kontrovers geführt. So war und ist die staatliche Anerkennung Gegenstand vielfältiger Abhandlungen, verschiedener Rechtsgutachten und Expertisen sowie Positionierungen und Gegenpositionierungen zur Frage, welche Studiengänge an welchen Hochschulen die Voraussetzungen zur Erlangung ebendieser vermitteln (können).

Der folgende Beitrag wird keine Rekonstruktion eben dieser verschiedenen Auseinandersetzungen vornehmen und auch nicht in die Debatten darüber einsteigen, ob die staatliche Anerkennung für Absolvent_innen von erziehungswissenschaftlichen Studiengängen mit sozialpädagogischen Qualifikationsprofil vergeben werden sollte oder nicht. Vielmehr wollen wir uns einer inhaltlichen Analyse zur Bedeutung der staatlichen Anerkennung annähern, indem wir auf ihre Aussagekraft für sozialpädagogische/-arbeiterische Fachlichkeit sowie ihrem Potenzial zur Qualitätssicherung in und Professionalisierung der Sozialen Arbeit fokussieren. Hierzu beleuchten wir ausgewählte Aspekte der gegenwärtigen bundesweiten Vorgaben und landesrechtlichen Vergaberegelung sowie deren Umsetzung, zeigen einige Facetten der hieraus resultierenden Herausforderungen auf und formulieren – aus unserer Sicht – relevante Diskussionsbedarfe. Darauf aufbauend werden die Anliegen und Beiträge des Schwerpunkts Staatliche Anerkennung von Sozialarbeiter_innen und Sozialpädagog_innen. Relikt aus vergangenen Zeiten oder Nachweis einer besonderen Fachlichkeit? entfaltet.

Staatliche Anerkennung: Von ihren Anfängen bis in die Gegenwart

Die Anfänge der staatlichen Anerkennung gehen zurück bis ins Jahr 1911. Damals bezogen sie sich auf die staatlichen Abschlussprüfungen von Kindergärtnerinnen und Jugendleiterinnen und im Jahr 1915 auch für Hortnerinnen (Rauschenbach und Züchner 2004, S. 69). 1920 folgten rechtliche Regelungen für die staatliche Prüfung von Fürsorgerinnen bzw. Wohlfahrtspflegerinnen – die beruflichen Vorläufer_innen der späteren Sozialarbeiter_innen. Diese legten den Grundstein für das lange Zeit charakteristische Ausbildungsformat: Den formalisierten Übergang von der abgeschlossenen Ausbildung – die an Schulen in meist privater Trägerschaft und nicht an Universitäten angesiedelt war – in den Beruf im Rahmen des sogenannten Berufsanerkennungsjahres und dem abschließenden Erwerb der ‚staatlichen Anerkennung‘. Diese fungierte „im Sinne eines Zusatzzertifikates [und regelte, Ergänzung d. V.] den Zugang zum öffentlichen Dienst“ (ebd., S. 70).Footnote 1 Diese zweigliedrige Ausbildungsstruktur wurde auch nach Gründung der Fachhochschulen und Überführung der bisherigen Ausbildungsangebote an Höheren Fachschulen/Akademien zu Studiengängen der (überwiegend) Sozialarbeit und vereinzelt der Sozialpädagogik an Fachhochschulen beibehaltenFootnote 2. Gegen Ende der 1990er-Jahre geriet diese Ausbildungsstruktur zunehmend in die Kritik: Zum einen wurde aus berufspolitischer Sicht die geringere Bezahlung während des Anerkennungsjahres bei eben doch oft schon großer Verantwortung und den hiermit verbundenen Gefahren der Ausbeutung thematisiert. Zum anderen wiesen insbesondere kommunale Spitzenverbände auf den erhöhten Bedarf an Fachkräften der Sozialen Arbeit hin und forderten, dass die Absolvent_innen zügiger in den Arbeitsmarkt einmünden sollten. Parallel hierzu erzwang die Bologna-Reform vielfältige Neujustierungen in den bisher etablierten Studiengängen und rückte für die BA-Studiengänge vor allem den Erwerb von Employability (Hochschulrektorenkonferenz HRK 2013) in den Mittelpunkt. Hiermit gingen veränderte Anforderung an die Hochschulen einher. Sehr einschlägig gehörte dazu der dezidierte Auftrag „ihren akademischen und nicht unmittelbar verwertungsbezogenen Bildungsanspruch mit einer stärkeren Beschäftigungsfähigkeit in Einklang zu bringen“ (ebd., S. 11) und den Erwerb der für die Aufnahme der anvisierten Beschäftigung notwendigen Kompetenzen zu fokussieren. In der Folge musste auch die Vergabe der staatlichen Anerkennung in diesen neuen Studienstrukturen neu diskutiert werden (Merten 2022, S. 15).

An den Universitäten entwickelte sich seit ca. 1920 die Auseinandersetzung mit fürsorgewissenschaftlichen und (sozial-)pädagogischen Fragestellungen. Bezüglich des Studiums waren sozialpädagogische Schwerpunktsetzungen zunächst vor allem im Rahmen von Zusatzstudien oder Abendkursen möglich. Mit der Einführung des erziehungswissenschaftlichen Diplom-Studiengangs etablierte sich dann auch die Studienrichtung der Sozialpädagogik. Dieser unterschied sich aber von den Studiengängen an Fachhochschulen dadurch, dass er mit dem Studienabschluss endete und keinen Erwerb der staatlichen Anerkennung umfasste (Amthor 2003; Rauschenbach und Züchner 2004).

Sozialarbeit – Sozialpädagogik – Soziale Arbeit

Die Bezeichnungen Sozialpädagogik und Sozialarbeit sind insbesondere durch die ursprünglichen Tätigkeits- und Aufgabenbereiche, später die Benennung der Ausbildungs- und Studiengänge und schließlich auch in Verbindung zu den Theorietraditionen historisch geprägt. Allerdings haben sich „im Kontext gesellschaftlicher Bedingungen Aufgaben der Unterstützung und Förderung in belastenden Konstellationen mit den Lern- und Bewältigungsaufgaben im Lebenslauf“ (Füssenhäuser und Thiersch 2018, S. 1726) zunehmend verbunden, so dass diese Differenzierung enorm brüchig geworden ist. Theoretische Überlegungen, die weiterhin eine Differenz zwischen den beiden Berufslinien markieren wollten, wurden weitgehend von der empirisch belegten Argumentation verdrängt, dass dies weder bezüglich der professionellen Handlungsfelder plausibel durchzuhalten ist, noch eine theoretische Markierung von Unterschiedlichkeit allein einen Erkenntnisgewinn verspricht. Diese zunehmende Verschmelzung hat den integrativen und verbindenden Terminus Soziale Arbeit hervorgebracht (Böhnisch 2023; Dewe und Otto 2012; Rauschenbach 1999; Scherr 2012) und die bis dato gängige Benennung der Studiengänge Sozialarbeit und Sozialpädagogik vielerorts abgelöst. Spätestens seit der Bologna-Reform hat sich die Bezeichnung Studium der Sozialen Arbeit an Hochschulen für Angewandte Wissenschaften durchgesetzt und findet sich auch an einigen Gesamthochschulen. An den Universitäten und den Pädagogischen Hochschulen ist nach wie vor die Bezeichnung Sozialpädagogik für den Studienschwerpunkt etabliert.

Ob nun in den Studiengängen der Sozialen Arbeit sozialpädagogische und sozialarbeiterische Perspektiven gleichermaßen gewürdigt und berücksichtigt werden, ist bereits aufgrund dieser hohen Überschneidungen nur schwer einzuschätzen. Der Blick in den Qualifikationsrahmen Soziale Arbeit (Fachbereichstag Soziale Arbeit 2016) – auf den die Studiengänge der Sozialen Arbeit an Hochschulen für angewandte Wissenschaften Bezug nehmen, zeigt: Die Bezeichnung Sozialpädagogik wird dort einmal hinsichtlich der Promotionsmöglichkeiten genutzt (ebd., S. 25), pädagogische Kenntnisse werden bei der Nutzung von Wissensbeständen aus den sogenannten Bezugswissenschaften benannt (ebd., S. 59) und die Bezeichnung Sozialarbeit nur in einer Fußnote als Berufsbezeichnung (ebd., S. 13).

Die Studiengangsbezeichnung Soziale Arbeit führt dazu, dass in den Zeugnissen zwar der Studienabschluss benannt, hiermit aber (noch) keine Berufsbezeichnung verbunden ist. Für Studierende und Absolvent_innen führt dies zu Irritationen und zur Frage, ob es ihrer Entscheidung obliegt, sich als Sozialarbeiter_in und/oder als Sozialpädagog_in zu verstehen und zu benennen. Die Konkretisierung der Berufsbezeichnung erfolgt (oft) erst durch die Verleihung der staatlichen Anerkennung. Die Analyse der bundeslandspezifischen Vorgaben zeigt hier eine große VarianzFootnote 3: So wird beispielsweise in Bayern die staatliche Anerkennung als Sozialpädagog_in und in fünf Bundesländern die staatliche Anerkennung als Sozialarbeiter_in/Sozialpädagoge_in vergeben. In den restlichen Bundesländern stehen mehrere Optionen zur Auswahl bereit: In vier Bundesländern kann die staatliche Anerkennung als Sozialarbeiter_in ODER als staatlich anerkannte_r Sozialpädagoge_in und in sechs Bundesländern die staatliche Anerkennung als Sozialpädagog_in ODER Sozialarbeiter_in ODER Sozialpädagog_in/Sozialarbeiter_in vergeben werden. Wonach sich hier jeweils entscheidet, welche Bezeichnung genutzt wird und wie weit der Qualifikationsrahmen Sozialer Arbeit im Studium ausgelegt wird oder ob das wissenschaftliche Profil der Sozialen Arbeit abgekoppelt von pädagogischen und erziehungswissenschaftlichen Theorien und Fragestellungen konzipiert wird, bleibt den Hochschulen überlassen.

Der als verbindend gedachte Terminus Soziale Arbeit scheint vor diesem Hintergrund zwar für die Bezeichnung des Feldes und der Studiengänge nachvollziehbar und sinnvoll zu sein – mit Blick auf die Berufsbezeichnung ist er aber unzureichend. Hinzu kommt die Schwierigkeit, dass innerhalb der Sozialen Arbeit immer auch Angehörige anderer Berufsgruppen tätig sind – wie u. a. Erzieher_innen, die in Sachsen-Anhalt bezeichnender Weise „staatlich anerkannte Fachkraft für Soziale Arbeit“ heißen.

Obgleich die Verbindung von Sozialarbeit und Sozialpädagogik in Terminus Soziale Arbeit auch die zunehmende Annäherung der beiden Studiengänge zum Ausdruck bringen sollte, so ist mit Blick auf die Entwicklung der Hochschul- und Studienlandschaft innerhalb der letzten beiden Jahrzehnte kritisch zu diskutieren, wie die hier entstandene Vielfalt an Studiengängen, bei deren Entwicklung „der Phantasie (…) kaum Grenzen gesetzt“ scheinen (Rauschenbach 2020, S. 151), überhaupt ein gemeinsames Verständnis hervorbringen kann (Klomann und Lochner 2020). Von der inflationären Ausbreitung privater Hochschulen und dualer Studienformate ganz abgesehen.

Auch wenn mit dem generalistisch angelegten Studium der Sozialen Arbeit die Idee einer Qualifizierung für die Soziale Arbeit in der Breite nach wie vor angelegt ist, so muss doch gefragt werden, wie die teilweise auch im Bachelor schon stark ausdifferenzierten Studiengänge und Schwerpunktsetzungen – die zum Teil auf konkrete Zielgruppen, auf Themen oder auch Felder fokussieren – tatsächlich ein verbindendes Verständnis als Professionsangehörige der Sozialen Arbeit entstehen lassen können. In welcher Weise diese Zersplitterung der Komplexität Sozialer Arbeit gerecht werden kann und den hohen Anforderungen an Professionalität – nicht zuletzt angesichts gesellschaftlicher Transformationsprozesse – Rechnung trägt, darüber ist aus unserer Sicht immer wieder neu gemeinsam nachzudenken (vgl. hierzu auch Böllert 2020).

Staatliche Anerkennung – Nachweis wofür?

Wenn die staatliche Anerkennung in ihren Anfängen insbesondere eine Voraussetzung dafür war, dass Fachkräfte in der Sozialen Arbeit in den öffentlichen Dienst einmünden konnten und hier dann bestimmte Tätigkeiten übernehmen durften, so müssen wir im Hier und Heute danach fragen, welche Bedeutung der staatlichen Anerkennung gegenwärtig (noch) zukommt.

Die Jugend- und Familienministerkonferenz [JFMK] formuliert in ihrem Beschluss aus dem Jahr 2008, dass der staatlichen Anerkennung „als Reglementierung des Berufszuganges von Sozialarbeitern/Sozialpädagogen […] in der Fachöffentlichkeit weiterhin hohe Bedeutung beigemessen“ (Jugend- und Familienministerkonferenz 2008, S. 3) werde, da sie „als Gütesiegel [gelte, Ergänzung d. V.], mit dem die Qualität der Ausbildung, insbesondere deren Praxisbezug und die Professionalität der Absolventinnen und Absolventen auch hinsichtlich der Ausübung hoheitlicher Aufgaben gewährleistet wird“ (ebd.). Gleichzeitig befürwortete die JFMK die Verknüpfung der staatlichen Anerkennung mit der Akkreditierung der entsprechenden Studiengänge Sozialarbeit/Sozialpädagogik und verwies in ihrer Begründung darauf, dass die staatliche Anerkennung bis 2010 beibehalten werden solle, da so lange Bachelor- und Diplomstudiengänge nebeneinander bestünden. Die Tatsache, dass die von der Bologna-Reform angezielte Angleichung universitärer und fachhochschulischer BA-/MA-Struktur inzwischen erfolgt ist, macht es unseres Erachtens notwendig, diesen Diskussionsstrang wieder aufzunehmen.

Als Referenzpunkt, ob ein Studiengang die qualitativen Voraussetzungen für den Erwerb der staatlichen Anerkennung im Hinblick darauf biete, dass die Absolvent_innen die fachlichen Anforderungen in der sozialen Praxis erfüllen, verweist die JFMK auf den Qualifikationsrahmen Soziale Arbeit. Als Kriterien werden benannt:

  • „Bachelorabschluss in einem Studiengang der Sozialen Arbeit, [d. h. der Sozialarbeit/Sozialpädagogik, Ergänzung d. V.]

  • ausgewiesene Kenntnisse der relevanten deutschen Rechtsgebiete mit exemplarischer Vertiefung auf Landesebene sowie der Erwerb administrativer Kompetenzen,

  • angeleitete Praxistätigkeit in von der Hochschule bzw. der zuständigen Behörde anerkannten, fachlich ausgewiesenen Einrichtungen der Sozialen Arbeit im Umfang von mindestens 100 Tagen und

  • eine kritische Reflexion des in Hochschule und Praxisfeldern erworbenen Wissens unter den Bedingungen angeleiteter Praxis“ (ebd., S. 2).

Die JFMK betont als ein Anliegen der staatlichen Anerkennung die Reglementierung des Berufszugangs. Als reglementierte Berufe gelten solche, deren Ausübung eine Anerkennung der beruflichen Qualifikation voraussetzt. Hierzu gehören insbesondere medizinische Berufe, Rechtsberufe, Berufe im öffentlichen Dienst sowie das Lehramt an staatlichen Schulen. Zudem können dies Ausbildungsberufe sein sowie Berufe, für die ein Studienabschluss erforderlich ist. Die Bundesagentur für Arbeit weist derzeit 283 reglementierte Berufe aus – darunter die Sozialarbeit/Sozialpädagogik/Soziale Arbeit (Bundesagentur für Arbeit 2024).

Die landesrechtlichen RegelungenFootnote 4 zur staatlichen Anerkennung verweisen alle darauf, dass die staatliche Anerkennung Voraussetzung dafür ist, die dort jeweils ausgewiesene Berufsbezeichnung zu tragen. Hinsichtlich der Relevanz der staatlichen Anerkennung konkretisiert das Saarländische Gesetz über die staatliche Anerkennung akademischer Sozialberufe vom 12. Februar 2020: „Die staatliche Anerkennung im Sinne dieses Gesetzes ist eine Bestätigung, dass die fachliche und persönliche Eignung für eine hoheitliche Tätigkeit als Fachkraft in der Sozialen Arbeit (Sozialarbeit und Sozialpädagogik) […] gegeben ist“ (§ 1 Abs. 1 Satz 3 SLASozBG, Hervorhebung d. V.). Und betont weiter: „Das Erfordernis für den jeweiligen Anstellungsträger, die persönliche Eignung einer Bewerberin oder eines Bewerbers zu prüfen, bleibt davon unberührt“ (§ 1 Abs. 2 SLASozBG). Und der Erlass des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur des Landes Schleswig-Holstein zum Erwerb der Staatlichen Anerkennung aus dem Jahr 2021 hebt hervor: „Mit der Erteilung der Staatlichen Anerkennung für Soziale Arbeit durch das Land Schleswig-Holstein werden die dienst- und laufbahnrechtlichen Voraussetzungen für die sozialarbeiterische und sozialpädagogische Tätigkeit in der öffentlichen Sozialverwaltung erworben. […] Überdies wird die vertiefte Eignung und Befähigung insbesondere zur eigenverantwortlichen Tätigkeit in sozialadministrativen Arbeitsfeldern der Sozialen Arbeit […] nachgewiesen.“ Weiter stellt das Merkblatt des Hessischen Ministerium für Soziales und Integration (2018) klar, dass die staatliche Anerkennung „wenn auch immer wieder diskutiert, eine faktische und rechtliche Voraussetzung für die Tätigkeit in vielen Arbeitsbereichen der Sozialen Arbeit“ ist und dass diese dokumentieren soll, dass ihre Inhaber_innen „befähigt sind, Aufgaben der Sozialen Arbeit in der Praxis öffentlicher und freier Träger selbständig und eigenverantwortlich unter Berücksichtigung der methodischen, rechtlichen, organisatorischen und finanziellen Rahmenbedingungen wahrzunehmen. Sie soll sicherstellen, dass nur entsprechend fachlich qualifizierte Personen einen Zugang zu ausgewählten Berufsfeldern der Sozialen Arbeit haben und eine solche Tätigkeit ausüben“ (Hessisches Ministerium der Justiz 2017; Hervorhebung d. V.).

Der Qualifikationsrahmen Soziale Arbeit (Fachbereichstag Soziale Arbeit 2016) führt aus: „Mit der Staatlichen Anerkennung werden Qualifikationen zertifiziert, die insbesondere Voraussetzungen für eine hoheitliche Tätigkeit in der Sozialen Arbeit sind“ (ebd., S. 55, Hervorhebung d. V.). Und: „Sie sichert berufspraktische Kompetenzen in einem Handlungsfeld mit besonderer professioneller und gesellschaftlicher Verantwortung, wo die Bearbeitung von Herausforderungen nicht selten weitreichende Konsequenzen für Menschen haben kann“ (ebd., S. 21). Diese beiden Einordnungen eröffnen nun einen gewissen Widerspruch:

Soziale Arbeit agiert immer an der höchst sensiblen Schnittstelle von individuellem und gesellschaftlichen Wertesystem und kann damit in besonderer Weise auf das Leben ihrer Adressat_innen Einfluss nehmen. Wenn hiermit die Relevanz der staatlichen Anerkennung begründet wird, dann würde dies, konsequent zu Ende gedacht, bedeuten, dass die staatliche Anerkennung für alle Tätigkeitsbereiche der Sozialen Arbeit relevant ist. Die explizite Hervorhebung von hoheitlichen Aufgaben wäre damit unnötig, was einer Entwertung gleichkäme.

Als hoheitliche Aufgaben werden – so Reinhard Wiesner, Christian Bernzen und Ralf Neubauer – „in der verwaltungsrechtlichen Terminologie jene Aufgaben bezeichnet, deren Erfüllung dem Staat kraft öffentlichen Rechts obliegen. Diese Erfüllung geschieht durch mittelbare und unmittelbare Staatsverwaltung. Die Ausübung hoheitlicher Tätigkeiten findet ihre Rechtsgrundlage in Art. 33 Abs. 4 GG. Gemäß dieser Vorschrift ist sie Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, welche in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen“ (Wiesner et al. 2017, S. 21). Als typisches Instrument ist hier der Verwaltungsakt zu sehen. Dieser Argumentation folgend wäre die staatliche Anerkennung also nur für bestimmte Bereiche der Sozialen Arbeit und hier auch nur für bestimmte Tätigkeiten relevant – dazu zählen bisher insbesondere soziale Dienste der Justiz/des Justizvollzugs sowie der ASD des Jugendamtes, wobei eine belastbare Benennung entsprechender Felder fehlt. Am Beispiel des ASD lässt sich zudem unschwer zeigen, dass es hierbei keineswegs allein um hoheitliche Aufgaben geht. Vielmehr sind hier vielfältige und anspruchsvolle Aufgaben angesiedelt, die in Verwaltungsakten münden können – aber nicht müssen.

Darüber hinaus kann auch das gerne als Argument herangezogene Fachkräftegebot im SGB VIII nicht als rechtliche Begründung angeführt werden, aus der sich die staatlichen Anerkennung als grundsätzliche Einstellungsvoraussetzung ableiten ließe (DIJuF-Rechtsgutachten 2023; Wiesner et al. 2017).

Staatliche Anerkennung: zur Vergabepraxis

Der Fachbereichstag Soziale Arbeit, der Deutsche Berufsverband für Soziale Arbeit e. V. und die Bundesarbeitsgemeinschaft Praxisreferate an Hochschulen für Soziale Arbeit weisen in ihrer Stellungnahme aus dem Jahr 2022 darauf hin, dass die besonderen Lebenslagen der Adressat_innen und Nutzer_innen der Sozialen Arbeit es erfordern, der „Schutzbedürftigkeit dieser Menschen Rechnung zu tragen, hochrangige Rechtsgüter zu schützen, die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung zu wahren und in der Berufsausübung weitestgehend maßvolle, wohlüberlegte und fachlich begründete Entscheidungen zu gewährleisten“ (Fachbereichstag Soziale Arbeit et al. 2022, S. 1). Gehen wir mit diesem Argumentationsgang zustimmend mit, so erscheint es uns mit Blick auf die gängige unterschiedliche Vergabepraxis eher fraglich, ob die staatliche Anerkennung (erst recht auf BA-Niveau) als Gütesiegel dieses Anliegen absichern kann.

Die staatliche Anerkennung wird einmalig entweder mit dem Abschluss oder kurz nach dem Studium vergeben. Sie weist damit auf einen Zeitpunkt beschränkt aus, dass bestimmte und als relevant markierte Voraussetzungen in einem Tätigkeitsfeld der Sozialen Arbeit erfüllt sind. Im Fall der integrierten Realisierung scheint es sogar nicht mehr möglich zu sein, das Studium der Sozialen Arbeit abzuschließen, ohne die staatlichen Anerkennung zu erhalten, da diese Qualifikationsbedingungen dezidiert zum Studium gehören. Dagegen ist es bei Absolvent_innen postgradualer Anerkennungsjahre möglich, die Vergabe der staatlichen Anerkennung bei nicht Bestehen der erforderlichen Prüfung zu versagen, wobei die Absolvent_innen den Studienabschluss erlangt haben und als Sozialarbeiter_innen/-pädagog_innen tätig werden können.

Die Analyse der landesrechtlichen Regelungen zur Vergabe der staatlichen Anerkennung verdeutlicht eine große Unterschiedlichkeit in der Regelungsdichte: Während die Ausführungen bspw. in Baden-Württemberg sehr knapp sind, haben andere Bundesländer wie bspw. Bayern sehr differenzierte Vorschriften und andere beinhalten bspw. auch Angaben zu Prüfungsleistungen. Hinsichtlich der Ausführungen der JFMK zeigt sich, dass bisher lediglich vier Bundesländer explizit auf den Qualifikationsrahmen Soziale Arbeit verweisen, die inhaltlichen Qualifikationserfordernisse werden hingegen (wenn auch mitunter anders formuliert) überwiegend abgebildet. Einige Bundesländer stellen es den Hochschulen frei, ob die für die staatliche Anerkennung erforderliche Praxisphase studienintegriert oder nachgelagert/postgradual erfolgt, andere geben dies vor. Tab. 1 zeigt auf, in wie vielen der 16 Bundesländer die benannten Aspekte in den rechtlichen Grundlegungen zur staatlichen Anerkennung von Sozialarbeiter_innen bzw. Sozialpädagog_innen ausgewiesen sind.

Tab. 1 Landesrechtliche Bestimmungen zu Voraussetzungen für die Vergabe der staatlichen Anerkennung. (Eigene Darstellung, basierend auf den bundeslandspezifischen Vorgabena)

Insgesamt zeigt sich eine doch erhebliche Varianz zwischen den Bundesländern, die sich auf der Ebene der hochschulspezifischen Konkretisierungen weiter fortsetzt. Dies erfordert nicht nur für Studieninteressierte und Studierende, sondern auch für Praxiseinrichtungen ein hohes Maß an Engagement, um die hieraus resultierenden Konsequenzen für Studienverlauf und Gestaltung von – ggfs. auch weiteren – Praxisphase erfassen und nachvollziehen zu können.

Zu diesem Schwerpunkt

Ausgehend von diesen nicht ganz einfachen Grundlegungen zur staatlichen Anerkennung möchte dieser Schwerpunkt einen Beitrag leisten zu einer inhaltlichen Auseinandersetzung hinsichtlich deren gegenwärtiger Aussagekraft und Relevanz für die Praxis sowie den mit ihr verbundenen Möglichkeiten, Professionalität abzubilden oder gar sicherzustellen. Damit steht u. E. auch die Frage im Raum, wie sich die Bedingungen zur Erlangung der staatlichen Anerkennung von Sozialarbeiter_innen und Sozialpädagog_innen verändern müss(t)en, um ihr eine gesichertere professionelle Werthaftigkeit im Feld der Sozialen Arbeit bescheinigen zu können.

Aus der Perspektive (potenzieller) Studierender und Absolvent_innen universitärer Studiengänge der Erziehungswissenschaft mit sozialpädagogischem Qualifikationsprofil beleuchten Petra Bauer und Marc Weinhardt das Diskurs- und Kräftefeld in der Debatte um die staatliche Anerkennung, die seit der Umstellung auf BA/MA-Studiengänge in Deutschland an Komplexität zugenommen hat. Thematisiert werden benachteiligende Berufszugangs-Auswirkungen für Absolvent_innen universitärer Sozialpädagogik, institutionelle Beharrungsmechanismen, politische Setzungen sowie Fragmentierungsfolgen für die Disziplinentwicklung der Sozialen Arbeit. Zudem erarbeiten die Autor_innen Entwicklungsoptionen für sozialpädagogische Studiengänge und werfen die grundsätzliche Frage nach dem berufsqualifizierenden Gebrauchswert eines Studienangebots auf BA-Niveau auf.

Anissa Mahmood blickt in ihrem Beitrag sowohl auf die Relevanz der staatlichen Anerkennung für Arbeitgeber der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe als auch auf ihre Bedeutung für Hochschulabsolvent_innen und sieht die staatliche Anerkennung mit mindestens zwei bedeutsamen Funktionen verbunden. Während die Ausbildungsfunktion grundsätzlich für beide Seiten mit einem hohen Gewinn verbunden ist, wird dieser Vorzug durch die länderspezifischen Unterschiede bezüglich der Rahmenbedingungen für die Erlangung der staatlichen Anerkennung unterminiert und kann mangels verbindlicher Standards keinen ausreichenden Prüfmoment für Fachlichkeit beanspruchen. Mit Blick auf den aktuellen Fachkräftemangel zeigt die Autorin auf, welche Alternativen zu dem Einstellungskriterium der staatlichen Anerkennung erwogen werden (müssen), um die Qualifizierung von Nachwuchsfachkräften sicher zu stellen.

Susanne Brücken widmet sich den Herausforderungen, die mit der staatlichen Anerkennung im Kontext der Flüchtlingsberatung verbunden sein können. Am Beispiel der Rechtsberatung erörtert sie grundsätzliche professionsethische Implikationen der Sozialen Arbeit und begründet anschaulich – in durchaus provokanter Weise – das Erfordernis einer machtkritischen Ausdeutung der staatlichen Anerkennung für Sozialarbeiter_innen/-pädagog_innen. Entsprechend plädiert sie für eine berufspolitische Mandatierung zur qualifizierten Kritik und Überprüfung staatlichen Handelns als eine wesentliche professionelle Qualität in so einem Verständnis der staatlichen Anerkennung. Über diese Legitimation können Sozialarbeiter_innen/-pädagog_innen nicht so leicht zu willfährigen Handlanger_innen einer möglicherweise ausgrenzenden, antidemokratisch und/oder rassistisch grundierten (Flüchtlings)Politik werden, sondern „menschenrechtsbasiert, rechtsstaatlich und demokratieverbindlich wirksam sein“.

Albert Scherr nimmt in seinem Beitrag die aktuelle Debatte um die staatliche Anerkennung in der Sozialen Arbeit aus professionstheoretischer Perspektive in den Blick. Dazu streift er die Dringlichkeit einer organisationalen Absicherung von Professionalität in der Sozialen Arbeit ebenso wie die Hindernisse, die in Deutschland aufgrund vielfältiger konkurrierender Interessen einer Verständigung dazu entgegenstehen. In nüchterner Abweichung zum Beitrag von Susanne Brücken verweist er auf die staatlichen Interessen zur Durchsetzung hoheitsstaatlicher Zielsetzungen, die ja keineswegs mit dem Interesse an der Gewährleistung professioneller Standards identisch sind, sondern vielmehr dazu in einem Spannungsverhältnis stehen. Folglich kann die staatliche Anerkennung nicht die Funktion einer professionellen Selbstkontrolle übernehmen. Entschieden plädiert er dafür, die künftige Diskussion dezidierter an den Erfordernissen weiterer Professionalisierung zu orientieren.

In einem den Schwerpunkt abrundenden Beitrag resümieren Margret Dörr und Verena Klomann zentrale Erkenntnisse aus den Einzelbeiträgen und formulieren hierauf aufbauend drei Impulse, die zu einer Neujustierung rund um Fragen der Qualifizierung von Sozialarbeiter_innen und Sozialpädagog_innen beitragen könnten und zugleich einer wissenschaftlichen Fortschreibung Sozialer Arbeit förderlich wären. Dabei wird auch der Frage nachgegangen, wie in Anbetracht aktuell zu erkennender De- und Ent-Professionalisierungstendenzen gemeinsam Bedeutung und Güte der staatlichen Anerkennung neubewertet werden müssten und diese entweder einhergehend mit einer veränderten Gestaltung von Rahmenbedingungen professionalitätsfördernd weiterentwickelt oder abgeschafft werden sollte – denn auch hierfür lassen sich durchaus Argumente identifizieren.

Sehr gerne hätten wir auch einen Beitrag von Lehrenden in Studiengängen der Sozialen Arbeit an Hochschulen für angewandte Wissenschaften veröffentlicht. Dabei war es uns wichtig, dass bisherige berufspolitische Argumentationen – die bereits vielfach ausgetauscht sind – nicht schlicht wiederholt werden. Bedauerlicherweise ist uns dies jedoch nicht gelungen: Diesbezüglich wurde wiederholt auf die Sorge möglicher mangelnder berufspolitischer Solidarität hingewiesen, wenn eine inhaltliche und vielleicht nicht mit dem Mainstream am Fachbereich, den Praxisreferaten der DGSA oder dem Fachbereichstag verbundene Positionierung formuliert würde.