Die staatliche Anerkennung universitärer Studiengänge mit sozialpädagogischem Schwerpunkt ist für Absolvent_innen, Personalverantwortliche und Hochschullehrende mit Studiengangverantwortung ein bedeutsames Thema. Der Beitrag beleuchtet die komplexen Hintergründe, macht dabei deutlich, dass keine einfachen Lösungen existieren und gibt Hinweise für Studiengang- und Hochschulentwicklung.

Das Fehlen einer regelhaft verliehenen staatlichen Anerkennung als Sozialpädagog_in/Sozialarbeiter_in hat für Absolvent_innen universitärer Studiengänge der Erziehungswissenschaft mit sozialpädagogischem Schwerpunkt seit der Umstellung auf BA/MA-Studiengänge in Deutschland nochmals eine gesteigerte Bedeutung erhalten (Kommission Sozialpädagogik 2014, 2019; DGfE 2022). Nur auf den ersten Blick erscheint diese Problemstellung einfach: Es geht für Studierende und Absolvent_innen darum, die Legitimation zu erlangen, zusätzlich zum Abschlusszeugnis eines einschlägigen Studiengangs auch die Bezeichnung „staatlich anerkannte Sozialpädagog_in/Sozialarbeiter_in“ zu führen.

Staatliche Anerkennung als Gütesiegel, Relikt und Kampfarena

Dass dieses simpel scheinende Problem für erziehungswissenschaftliche Studiengänge mit sozialpädagogischem Schwerpunkt bislang nicht einheitlich gelöst ist, verweist auf ein komplexes Diskurs- und Kräftefeld, das sich seit den 1970er-Jahren um die hochschulischen Ausdifferenzierungsprozesse der für das Feld der Sozialen Arbeit qualifizierenden Studiengänge entwickelt hat.

Mit dem vorliegenden Beitrag möchten wir die Anerkennungsdebatte vor allem mit Blick auf (potenzielle) Studierende und Absolvent_innen betrachten. Wir haben uns für eine weite Lesart dieser Perspektivierung entschieden und machen neben Aspekten, die den unmittelbaren Gebrauchswert eines Studienangebotes betreffen, auch die zugehörigen institutionellen Beharrungsmechanismen, Probleme und Lösungsoptionen sichtbar. Die entsprechenden Argumente entfalten wir in drei Schritten. So gehen wir zunächst sehr konkret auf die den Berufszugang regulierende Bedeutung der staatlichen Anerkennung ein. Im darauffolgenden Schritt beleuchten wir zusammenfassend die zentralen Aspekte des angesprochenen Diskurs- und Kräftefelds und die darin eingebettete Problematik, um ein Verständnis für dessen Komplexität, aber auch für die daraus resultierenden Anforderungen für Studierende und Absolvent_innen zu erzeugen. Im letzten Schritt schlagen wir Entwicklungsoptionen vor, die sich dann logischerweise nicht nur an Studierende, sondern an die gesamte Universität als Akteurin wenden müssen.

Staatliche Anerkennung als Instrument der Reglementierung des Berufszugangs

Die staatliche Anerkennung ist für Absolvent_innen ein NachweisFootnote 1, der das akademische Zeugnis eines einschlägigen Studiengangs ergänzt (zu den Details auch: Engelbracht et al. 2022, S. 23ff.). Sie wird in einphasigen Studiengängen direkt mit dem BA-Abschluss, im zweiphasigen Modell nach Absolvieren des fachpraktischen AnerkennungsjahrsFootnote 2 verliehen, dessen Grundlage wiederum ein BA-AbschlussFootnote 3 ist. Historisch gesehen begann die Etablierung einer den formalen Ausbildungsabschluss ergänzenden, staatlichen Anerkennung mit dem Bemühen der Vertreterinnen der seit Beginn des 20. Jahrhunderts in Deutschland etablierten, privat geführten Frauenschulen. Diese wollten ihren Absolventinnen den Zugang zur staatlichen Fürsorge und Wohlfahrtspflege sichern (Merten 2022). Die Frage der staatlichen Anerkennung ist deshalb von Beginn an mit der Verberuflichung Sozialer Arbeit verknüpft und persistiert bis heute als berufszugangsregulierende Kraft. So markiert das Fehlen der staatlichen Anerkennung in Berufsfeldern und Arbeitsplätzen der Sozialen Arbeit, die durch einen Tätigkeitsvorbehalt definiert sind (z. B. im Kinderschutz oder der Straffälligenarbeit) in der Regel ein eindeutiges Ausschlusskriterium. Neben solchen eindeutigen Exklusionsmechanismen lassen sich weitere, regionale und trägerspezifische Regulierungsprozesse identifizieren, die Absolvent_innen erziehungswissenschaftlicher Studiengänge mit sozialpädagogischen Schwerpunktsetzungen betreffen und zu Benachteiligungen im Berufszugang führen.Footnote 4 So werden Studierende dieser Studiengänge zwar inhaltlich dezidiert auf Tätigkeiten in Feldern der Sozialen Arbeit qualifiziert. Gleichzeitig werden sie bei der Aufnahme entsprechender Tätigkeiten häufig damit konfrontiert, dass sie geringer entlohnt werden als Absolvent_innen mit staatlicher Anerkennung oder weitere Erschwernisse im beruflichen Aufstieg (z. B. bezüglich der Erlangung von Leitungspositionen oder im Zugang zu Fortbildungen) oder bei einem Arbeitsplatzwechsel erfahren (Engelbracht et al. 2022, S. 25ff.).Footnote 5

Die Gründe und Begründungen für solche, aus Sicht von Absolvent_innen oft erst spät bemerkbaren Benachteiligungen liegen primär nicht in der eigentlichen Qualifikation von Absolvent_innen, sondern in einem komplexen Diskursfeld eines strittigen Verständnisses von Fachlichkeit und Professionalität, als deren Indikator Studienabschlüsse und die verliehene staatliche Anerkennung gewendet werden. Aus Sicht von Arbeitgeber_innen ist die Fachkrafteigenschaft als Gütesiegel für die Professionalität des Personals angesichts der Vielfalt von Qualifizierungswegen und Studiengängen im Feld der Sozialen Arbeit nämlich außerordentlich schwer zu bestimmen – gleichzeitig stehen sie unter hohem Legitimationsdruck, Professionalität ihrer Mitarbeiter_innen auszuweisen. Zudem lässt sich aufgrund sehr heterogener Handlungsfelder und einem breit ausdifferenzierten Tätigkeitsspektrum in den jeweiligen Handlungsfeldern in der Sozialen Arbeit kaum ein einheitliches Basisprofil an Qualifikationen im Rekurs auf ein bestimmtes, in einem Studiengang kanonisiertes Wissen identifizieren.

Neben dieser inhaltlichen Diffusität existieren in den verschiedenen Handlungsfeldern, die dem Berufsfeld der Sozialen Arbeit als Ganzes zugerechnet werden, ganz unterschiedliche rechtlich festgeschriebene Bestimmungen, was jeweils als Fachkraft gilt – und zwar querliegend zum formalisierten Indikator der staatlichen Anerkennung. So wurde beispielsweise im Feld der Kinder- und Jugendhilfe bereits in den 1960er-Jahren ein weiteres den Berufszugang regulierendes Instrument geschaffen, das Fachkräftegebot: „Mit der Verabschiedung des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG vom 5. Juli 1961) und des Jugendwohlfahrtsgesetzes (JWG vom 11. August 1961) wurde ein zweiter Reformschritt in Angriff genommen, der für die weitere Entwicklung der beruflichen Sozialarbeit relevant wurde. Zur Erledigung der anstehenden sozialpädagogischen Aufgaben wurde hier jeweils das Fachkräftegebot normiert (§ 102 BSHG; § 16 Abs. 3 JWG) – die Staatliche Anerkennung findet in beiden Gesetzen keine Erwähnung“ (Merten 2022, S. 12). Dieses nach wie vor geltende Fachkräftegebot hat eine enorme Bedeutung für die Entwicklung der Kinder- und Jugendhilfe als Feld (Oelerich und Hengstenberg 2022), auch wenn sich die konkrete rechtlich fundierte Ausgestaltung kontinuierlich verändert hat. Wichtig als Erklärung für die Persistenz der staatlichen Anerkennung ist jedoch, dass sich das Fachkräftegebot keineswegs ausschließlich auf Sozialpädagog_innen bezieht, sondern auch ganz andere pädagogische und nichtpädagogische Berufsgruppen adressiert. So werden in der bis 2021 gültigen Fassung des SGBVIIIs bereits eine Vielzahl weiterer Berufsgruppen wie z. B. Erzieher_innen, Psycholog_innen, Heil- und Sonderpädagog_innen, aber auch Psychotherapeut_innen benannt. Wie Oelerich und Hengstenberg (2022) herausarbeiten, verschärft sich diese grundlegende konzeptionelle Unterbestimmtheit durch die 2021 in Kraft getretene Novellierung des SGB VIII und die damit verbundenen Anforderungen, eine inklusive Jugendhilfe zu gestalten, die noch mehr unterschiedlich ausgebildete Fachkräfte vorhalten und integrieren muss, um ihrem Anspruch gerecht werden zu können.

Als weitere normgebende Instanz lässt sich die Jugend- und Familienministerkonferenz (JFMK) anführen, die 2008 im Horizont von Bologna mit einer richtungsweisenden Entscheidung beschlossen hat, „die staatliche Anerkennung als Reglementierung des Berufszugangs der Absolventinnen und Absolventen des Studiengangs Sozialarbeit/Sozialpädagogik beizubehalten“ (JFMK 2008, S. 1, Ziff. 1; zit. nach Merten 2022, S. 15). Interessant ist hier insbesondere die Begründung, in der zum einen darauf verwiesen wird, dass dieser Form der Reglementierung „in der Fachöffentlichkeit weiterhin hohe Bedeutung beigemessen [wird; Erg. durch Verf.]. Sie gilt als Gütesiegel, mit dem die Qualität der Ausbildung, insbesondere deren Praxisbezug und die Professionalität der Absolventinnen und Absolventen auch hinsichtlich der Ausübung hoheitlicher Aufgaben gewährleistet wird“ (ebd., S. 3). Gleichzeitig wurde, wie Merten in seiner Analyse zu Recht problematisiert, die staatliche Anerkennung als Gütesiegel stark gemacht, dessen Form jedoch „inhaltlich nicht bestimmt“. Stattdessen wird, wie er weiter ausführt „eher implizit durch den Verweis auf den Praxisbezug und die Professionalität von Absolventinnen und Absolventen von einer Ergebnisqualität ausgegangen“ (ebd., S. 15).

Vor dem Hintergrund dieser unterschiedlichen Regularien zur Auslegung der Fachkraftdefinition und dem gleichzeitig diskursiv durchgesetzten und rechtlich aufrechterhaltenen Anspruch, die staatliche Anerkennung als zentrales Gütesiegel zu betrachten, ist es aus Sicht von konzeptions- und personalverantwortlichen Entscheider_innen naheliegend, auf diesen Nachweis als relevantes Kriterium zurückzugreifen – mit den eingangs geschilderten Konsequenzen für Einstellung, finanzielle Eingruppierung und Verwendung von Bewerber_innen. Die dadurch entstehenden Diskriminierungen von Absolvent_innen erziehungswissenschaftlicher Studiengänge erscheinen dabei als lange unbeachtete oder in Kauf genommene ‚Nebenfolge‘ komplexer Entwicklungen und Ausdifferenzierungsprozesse im Feld, die gerade für (angehende) Studierende häufig nur schwer durchschaubar sind. Erst in der letzten Dekade wurde diese Problematik von Vertreter_innen erziehungswissenschaftlicher Studiengänge und der wissenschaftlichen Fachgesellschaft (DGfE) mit dem Ziel aufgegriffen, Wege zu finden, um die Gleichstellungen von Absolvent_innen einschlägiger sozialpädagogisch profilierter erziehungswissenschaftlicher Studiengänge einzufordern (Bauer und Richter 2018; siehe hierzu insbesondere die Rechtsexpertise von Wiesner et al. 2017).

Politische Setzungen und disziplinäre Fragmentierungen: Hintergründe zur Problematik der staatlichen Anerkennung

Dass die Frage der staatlichen Anerkennung sich zu einem komplexen Problem ausgewachsen hat, dürfte mit den bisherigen Ausführungen deutlich geworden sein. Gleichzeitig treten alle erziehungswissenschaftlich-sozialpädagogischen Bestrebungen nach Gleichstellung des Berufszugangs in ein ebenso komplexes wie konflikthaft aufgeladenes Diskursfeld ein. In diesem Feld lassen sich drei abgrenzbare Problembündel identifizieren, auf die wir in der gebotenen Kürze hier nur verweisen: die Ausdifferenzierung der Hochschullandschaft in Fachhochschulen und Universitäten ab den 1970er-Jahren, der politische Anspruch des Wohlfahrtsstaates als Normgeber für das in ihm waltende Personal sowie Veränderungen durch den Bolognaprozess hinsichtlich Gestaltung und Durchführung von Studiengängen.

Die Fachhochschulen sind in den 1970er-Jahren im Zuge der Bildungsexpansion und allgemeinen AkademisierungsbestrebungenFootnote 6 im Zuge der umfassenden „Verwissenschaftlichung des Sozialen“ (Raphael 1996) entstanden. Im Bereich der Sozialen Arbeit stellten sie damit das akademisierte und professionalisierte Upgrade der staatlichen Wohlfahrtschulen mit ausgeprägter Anwendungsorientierung dar. Die Akademia der universitären Sozialpädagogik hat hierauf reagiert und ebenfalls ab den 1970er-Jahren an über 40 Universitäten und Pädagogischen Hochschulen Diplomstudiengänge eingeführt, die von Anfang an ebenfalls ein berufsqualifizierendes Profil hatten, aber aufgrund der abstrakt wirkenden Subsumption unter das Fach Erziehungswissenschaft mit ihren Spezialisierungen in Sozialpädagogik oder Erwachsenenbildung nicht als eigenständige Abschlüsse sichtbar wurden (Rauschenbach 2020, S. 18). Der neue Hochschultypus ‚anwendungsorientierte Fachhochschule‘ hatte dabei in der Einrichtung der neuen Studiengänge für Sozialpädagogik/Sozialarbeit bzw. mittlerweile häufig Soziale Arbeit einen unschlagbaren Vorteil, nämlich das von den Fachschulen ererbte Recht, die staatliche Anerkennung zu vergeben bzw. auf diese vorzubereiten – im Gegensatz zu den neu eingerichteten Diplomstudiengängen für Pädagogik mit sozialpädagogischen Studienschwerpunkten an Universitäten, denen dieses Recht verwehrt blieb.

Diesem Automatismus des Übergangs der staatlichen Anerkennung kam entgegen, dass der ebenfalls stark expandierende Wohlfahrtstaat einen großen Fachkräftebedarf aufwies, der in nicht wenigen Punkten auch die schon erwähnten Tätigkeitsvorbehalte einschloss. Damit war der Erfolgsweg der Fachhochschulen vorgezeichnet, deren Fachbereiche Sozialpädagogik/Sozialarbeit bzw. mittlerweile überwiegend Soziale Arbeit bis heute einen enormen Aufwuchs erleben (Meyer 2020, S. 124ff.). Sie wiesen an nicht wenigen Standorten die größten Studierendenzahlen auf und hatten so einen erheblichen Anteil an der auskömmlichen Finanzierung des neuen Hochschultypus, während die neu eingerichteten Studiengänge an Universitäten sich ebenfalls hoher Nachfragen erfreuten, aber wesentlich schlechter ausfinanziert waren – zumal das Fach in seinem universitären Aschenputteldasein (Thiersch 1990) wenig Meriten versprach.

Eine solche Qualifizierungsstruktur als „Sozialpädagogik an zwei Orten“ (Thole 1994) blieb auch in der disziplinären Ausdifferenzierung im Zuge des Bolognaprozesses nicht ohne Folgen: So heißt das Fach an Fachhochschulen und HAWen mittlerweile nach US-amerikanischem Vorbild Sozialarbeitswissenschaft, Wissenschaft der Sozialen Arbeit oder nur Soziale Arbeit, während die universitäre Sozialpädagogik meist bei ihrem einheimischen Begriff Sozialpädagogik, der auf eine stringente akademische Tradition verweist, unter dem Dach der Erziehungswissenschaft blieb (Bauer et al. 2022, S. 31ff.).Footnote 7 Die Differenzierung in zwei unterschiedliche Disziplinen „hing damit zusammen, dass die Fachhochschulstudiengänge der Sozialen Arbeit aufgrund ihrer beruflich-schulischen Vorgeschichte in Form einer aneinandergereihten Fächerstruktur konzipiert waren, ohne über einen eigenen disziplinären oder subdisziplinären Kern zu verfügen. […] ‚Sozialarbeitswissenschaft‘ wurde fortan zu einer Programmformel für die Entwicklung einer neuen disziplinären Matrix der Fachhochschulen, ohne Rückbindungen oder Anlehnung an wissenschaftsdisziplinäre Vorläufer“ (Rauschenbach 2020, S. 18). Die lange Zeit eher akademisch geführte Debatte zwischen Sozialpädagogik und Sozialarbeitswissenschaft als Grundlage einer zugehörigen Semiprofession wurde nun durch den Bolognaprozess pragmatisch stark beeinflusst, denn die Fachhochschulen/HAWen verloren im Zuge der Harmonisierung des Hochschulraumes ihre per anwendungsbezogenem Hochschultypus verliehene Sonderstellung. Gleichzeitig wollen sie aber nicht von den ererbten Pfründen lassen, obwohl sich die dort befindlichen Studiengänge trotz eines eisern verteidigten formal abstrakten Qualifikationsrahmens Soziale ArbeitFootnote 8 in der konkreten Gestaltung entsprechender Studiengänge als höchst heterogen erweisen. Dazu kommt, dass sowohl Sozialpädagogik als auch Sozialarbeitswissenschaft im Kern wissenschaftsplural angelegt sind (im Überblick: Lambers 2023) und die faktische Erlangung der staatlichen Anerkennung föderalistisch ganz unterschiedlich gehandhabt wird.

Impulse für Studiengangs- und Hochschulentwicklung

Es lässt sich also aus allen Argumentationsrichtungen sinnvoll dafür plädieren, dass auch erziehungswissenschaftliche Studiengänge mit sozialpädagogischem Profil vergleichbar für die Erlangung der staatlichen Anerkennung qualifizieren können. Wendet man das Fehlen der ererbten staatlichen Anerkennung als Entwicklungsimpuls, so stellen sich aus unserer Sicht drei Aufgaben in der Entwicklung inhaltlich (und nicht nur formal) passender Studiengänge.

So dürften sozialpädagogische Studiengänge nicht der Beliebigkeit standortbezogener Entscheidungen überlassen werden, zumal sie an fast jeder größeren Universität Gefahr laufen, als ‚Cashcow‘ vereinnahmt zu werden und dieses Risiko noch steigt, wenn die staatliche Anerkennung in erreichbare Nähe rückt. Eine auch standortbezogen fest verankerte und geschlossen im mikropolitischen Feld auftretende Sozialpädagogik wäre hierfür die Voraussetzung, um neue oder weiterzuentwickelnde Studiengänge an gemeinsam getragene Kerncurricula anzubinden und Studierenden damit ein Angebot zu machen, das disziplinär klar in der Sozialpädagogik und Erziehungswissenschaft verankert wäre und nicht erratisch mit Importen aus Nachbarfächern aufgefüllt wird – Studiengangentwicklung und die Bearbeitung von Fragen einer auszubildenden Professionalität sind immer auch ein notwendiges „Selbstfindungsprojekt“ (Schnurr 2008; Dewe und Otto 1996; Dewe 2009) der Disziplin.

Neben einer inhaltlichen Stringenz müsste ein solches Studium auch die professionelle Entwicklung hin zur angehenden Fachkraft ermöglichen (Böllert 2017). Damit geriete die performative und situative Ebene von Handlungsbefähigung sehr viel systematischer in den Blick – methodisches (Probe)Handeln, seine Reflexion und die damit einhergehende Relationierung unterschiedlicher Wissensformen im Sinne der Herausbildung reflexiver Professionalität (Dewe und Otto 2018) würden dann als zentrale Vermittlungsaufgabe in den Vordergrund rücken und sicherlich an einigen Standorten Nachholbedarf erzeugen.

Und schließlich wäre es auch indiziert, einen vor langer Zeit geschlossenen Kompromiss zu thematisieren und seine Konsequenzen zu mildern, nämlich die Besonderheit, dass bezogen auf das Feld der Sozialen Arbeit sowohl in universitären als auch in HAW-Studiengängen bereits der BA-Abschluss als berufsqualifizierend betrachtet wird. Dies steht im Gegensatz zu allen anderen handlungsorientierten Disziplinen wie dem Lehramt, der Psychotherapie, der Medizin, der Rechtswissenschaft, der Theologie etc., die das Staatsexamen oder den Masterabschluss als Regelabschluss beibehalten haben. Ein auch unter bildungstheoretischen Gesichtspunkten gestalteter Übergang vom Studium in den Beruf und die Verankerung lebenslangen Lernens bereits ab dem BA-Studium wären für alle, für das Feld der Sozialen Arbeit qualifizierenden, Studiengänge zu ziehende Konsequenzen, um die staatliche Anerkennung „nicht lediglich als Zertifizierung und Qualifikation von Einzelnen zu denken, sondern als Ressource für die Weiterentwicklung einer sozialpädagogischen Fachlichkeit für das gesamte Feld“ (Mangold 2017, S. 46) aufzufassen. In diesem Sinne könnte die Debatte um die staatliche Anerkennung einen wesentlichen Beitrag für Studierende und Absolvent_innen leisten, um die komplexen und oft vulnerablen Lern- und Bildungsprozesse hin zur Entwicklung einer eigenen, wissenschaftlich begründeten Fachlichkeit curricular strukturiert zu fördern.