Hintergrund und Fragestellung

Erholsamer Schlaf ist ein wesentlicher Baustein für die psychische und physische Regeneration in der Nacht und für das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit am Tage, um somit optimal den sozialen und beruflichen Anforderungen zu genügen. Gleichzeitig wird geschätzt, dass – nicht zuletzt auch aufgrund des zunehmenden Wandels in eine „24 h-Gesellschaft“ – zirka 10 % der erwachsenen Bevölkerung an einer chronischen Insomnie leiden [1], während in Deutschland sogar zirka 30 % aus einer Studie mit 8000 Teilnehmenden angaben, mindestens dreimal pro Woche insomnische Beschwerden zu haben [2]. Somit stellen der nicht erholsame Schlaf und Schlafstörungen eine zunehmende gesellschaftliche Herausforderung dar. Zur Prävention von Schlafstörungen gibt es Verhaltungsempfehlungen (Schlafhygiene), welche u. a. beinhalten, einen regelmäßigen Schlaf-Wach-Rhythmus anzustreben, ein entsprechend angepasstes Verhalten am Abend vor dem Schlafen zu etablieren, aber auch Einschlafrituale zu nutzen, Maßnahmen der Stimuluskontrolle durchzuführen, Entspannungstechniken anzuwenden sowie den Schlafraum optimal zu gestalten [3]. Letzteres schließt unter anderem die Vermeidung von Umgebungslärm- und erhöhten Lichtimmissionen, eine optimierte Temperaturgestaltung und die Entfernung von schlafstörenden Elementen ein. Bisher wenig wissenschaftlich untersucht ist dagegen, ob und in welchem Ausmaß die Gestaltung des Bettsystems, insbesondere der Matratzen, einen Einfluss auf den Schlaf hat.

Ein Schwerpunkt der bisherigen Forschung ist die Untersuchung des komplexen Zusammenhangs zwischen thermoregulativen Vorgängen der Haut- sowie der Körperkerntemperatur und dem Einschlafprozess sowie der Schlafkonsolidierung [4]. In einer Studie von Herberger et al. [5] wurde der Einfluss einer (Gel‑)Matratze mit hoher Wärmekapazität bei gesunden Männern untersucht. Im Vergleich zu einer Standardmatratze führte der Schlaf auf dieser Matratze zu einer stärkeren Absenkung der Körperkerntemperatur und in Folge zu einer niedrigeren nächtlichen Herzfrequenz sowie einer größeren Menge an Tiefschlaf. Damit konnte ein positiver Einfluss dieser Matratze auf die Schlafarchitektur, insbesondere auf den SWS („slow wave sleep“) nachgewiesen werden. Bei Frauen mit menopausalen Beschwerden wie nächtlichem Schwitzen führte die Verwendung von kühlenden Matratzen zu einer Verbesserung der erlebten Schlafqualität, z. B. anhand des Pittsburgh Sleep Quality Index (PSQI) [6].

Ein weiterer Ansatz, um – neben einer Erhöhung des Schlafkomforts – die Schlafstruktur und die Schlafqualität zu verbessern, besteht darin, Matratzen bzw. Bettsysteme zu entwickeln, die in ihrem Aufbau und ihrer Funktionalität die Schlafergonomie stärken, individualisiert-anatomisch anpassbar sind und zu einer Vermeidung oder Verringerung von (Rücken‑)Schmerzen beitragen. Ein systematischer Review von Radwan et al. kommt nach der Auswertung von 24 Studien zu dem Schluss, dass insbesondere mittelharte und anpassbare Matratzen den Schlafkomfort fördern, die Schlafqualität erhöhen und die Wirbelsäule entlasten [7]. Eine weitere, in 2021 veröffentliche Meta-Analyse [8] von 39 untersuchten Studien zu der Frage welche Matratzentypen geeignet sind, um Rückenschmerzen zu vermeiden und die Schlafqualität zu verbessern, schlussfolgert ebenfalls, dass mittelharte Matratzen den Schlafkomfort und die Schlafqualität fördern. Die meisten dieser Studienergebnisse wurden jedoch ausschließlich mittels verschiedener Selbsteinschätzungsinstrumente (unterschiedliche Fragebögen, Ratingskalen usw.) erhoben und weisen eine hohe Heterogenität auf. Es gibt bisher noch wenige Untersuchungen darüber, inwieweit sich schlaffördernde Effekte eines Bettsystems auch schlafphysiologisch anhand objektiver Messverfahren wie z. B. der Polysomnographie (PSG) nachweisen lassen. Fietze et al. [9] haben mit einem randomisierten Cross-over-Design an 30 gesunden Probanden untersucht, inwieweit sich durch eine ergonomisch-individualisierte Matratze (Typ „Menschmodell“) eine Verbesserung des Schlafs mit der PSG nachweisen lässt. Es zeigte sich eine signifikante Zunahme von Tief- und Traumschlaf und damit auch der Nachweis, dass die PSG prinzipiell geeignet ist, einen Einfluss von Bettsystemen auf die Schlafqualität zu objektivieren.

In der vorliegenden Studie wurde ein ergonomisch neuartiges Zweimatratzensystem (ZMS) untersucht, welches durch Synergieeffekte verschiedener Federstärken in der Lage ist, unterschiedliche Kräfte an den Körperschwerpunkten gleichmäßig aufzunehmen. Damit wird eine Entlastung der Wirbelsäule und der Muskulatur erwartet, welche in der Folge zu einer Verbesserung der Schlafstruktur und Schlafqualität führen soll.

Dafür wurden in einer randomisierten, kontrollierten Cross-over-Studie gesunde ProbandInnen mittels PSG und mit Fragebogeninstrumenten untersucht.

Methoden

Matratzen/Bettsystem

Das untersuchte ZMS (SCHRAMM GmbH, Winnweiler, Deutschland) besteht aus einer stabilen (starren) Untermatratze (Modell „UM-0“), welche die Grundlage des Systems darstellt und einer hochelastischen, flexiblen Obermatratze, Bezug: 2‑seitige Seide/Leinen (Modell „Mythos 71-S“). Innerhalb einer Matratze wirken unterschiedliche Kräfte aufgrund der unterschiedlichen Schwerpunkte des Körpers; das Becken – ca. 42 % des Körpergewichts – muss intensiver unterstützt werden als Beine oder Taille, um Druck auszugleichen und Wirbelsäule und Muskulatur zu entlasten. Für Seitenschläfer wurden Federn mit reduzierter Kraft eingesetzt. Die Obermatratze setzt sich aus einer handgefertigten Taschenfederkernmatratze mit 6‑Gang-Sprungfedern und 500 in Baumwolltaschen eingenähten Zylinderfedern (bei einer Matratzengröße von 100 × 200 cm) sowie einer hochelastischen Talalay-Naturlatex–Polsterung mit Luftkammern zusammen.

Die Referenz, eine Standardeinzelmatratze (SEM), war eine 7‑Zonen-Kaltschaummatratze, Härtegrad II, Höhe 19 cm, Bezug: Polyester, ohne zusätzliche Komfortzonen (f.a.n. frankenstolz gmbh & co. KG, Mainaschaff, Deutschland, Modell „Medisan Super KS“) auf Standardlattenrost, wie sie standardmäßig im Studienzentrum verwendet wird.

Sowohl ZWS als auch SEM wurden auf einem Standardklinikbett mit Lattenrost verwendet. Es wurden die gleichen Zudecken (bi-elastisches, nicht gestepptes Textil, 600 g/m2) und Kissen eingesetzt.

Probanden/Stichprobe

Die prospektive Studie wurde durch die Ethikkommission der Charité-Universitätsmedizin Berlin genehmigt (Antragsnummer EA1/241/19). Insgesamt 30 ProbandInnen schliefen in einem Schlaflabor je eine Nacht auf der ZMS sowie auf der SEM mit einer einwöchigen Auswaschphase. Die Reihenfolge der beiden aufeinanderfolgenden Untersuchungsbedingungen erfolgte dabei randomisiert.

Eingeschlossen zur Studienteilnahme wurden schlafgesunde ProbandInnen in einem Alter von 35 bis 60 Jahren, wobei ein paritätisches Verhältnis weiblichen und männlichen Geschlechts angestrebt wurde. Aus einer Forschungsdatenbank der Studieneinrichtung wurden bekannte Schlafgesunden (einschl. PSG, max. 1 Jahr zurückliegend) zur Studienteilnahme eingeladen. Ausschlusskriterien waren bekannte oder während der Studie auftretende psychiatrische oder neurologische Erkrankungen oder psychische Störungen, chronische oder während der Studie auftretende akute klinisch signifikante Erkrankungen, behandlungsbedürftige Schlafstörungen, Substanz‑/Drogenabusus und die Einnahme von Hypnotika oder das Schlaf-Wach-Zentrum beeinflussenden Medikamenten. Nach einer schlafmedizinischen Anamnese einschl. Abfrage der Ausschlusskriterien erfolgte der Studieneinschluss konsekutiv. Die ProbandInnen erhielten für ihre Studienteilnahme eine Aufwandsentschädigung inkl. Fahrkostenpauschale von insgesamt 200,– Euro.

Untersuchungsablauf

Die ProbandInnen schliefen auf beiden Matratzen für jeweils für eine Nacht bei einer Raumtemperatur zwischen 18 und 22 °C und es wurde eine PSG mit dem System Embla N7000 (Embla Systems, Broomfield, CO, USA) ohne kardio-respiratorische Signale nach den Kriterien der American Academy of Sleep Medicine AASM-Kriterien (Version 2.5) [10] durchgeführt. Die nächtlichen Aufzeichnungen wurden durch einen geschulten Scorer manuell ausgewertet und die Parameter Einschlaflatenz (ESL), REM-Schlaflatenz (RSL), Sleep Period Time (SPT), Gesamtschlafzeit (TST), Wake After Sleep Onset (WASO), Schlafeffizienz (SE), sowie prozentualer TST-Anteil der einzelnen Schlafphasen (N1, N2, N3, R), die Anzahl der Arousals, die Anzahl der Körperlagewechsel und der Index der nächtlichen Beinbewegungen pro Stunde Schlaf (LM-I) sowie der Index der periodischen nächtlichen Beinbewegungen pro Stunde Schlaf (PLM-I) bestimmt. Die Studie war doppelt verblindet, d. h., weder die ProbandInnen noch das betreuende medizinische Personal und der Scorer der PSGs hatten Kenntnis, auf jeweils welcher der beiden Matratzen geschlafen wurde.

Es wurden jeweils am Morgen nach dem Schlaf die Fragebögen Karolinska Sleepiness Scale (KSS) [11], Aktuelle Stimmungsskala (ASTS) [12], Schlaffragebogen‑A (SF-A) [13] sowie ein studienspezifischer Fragebogen zum Schlafkomfort (SK), welcher aus 12 Items besteht, erhoben. Die KSS wurde auch am Abend vor dem Schlaf erhoben.

Datenauswertung/Statistik

Die Auswertung der PSGs erfolgte mittels der Software RemLogic, Version 3.4.1 (Embla Systems, Broomfield, CO, USA). Der Schlaf wurde visuell von einer zertifizierten Somnologin gescort. Die Fragebögen wurden entsprechend den Manuale ausgewertet.

Die statistische Auswertung erfolgte mithilfe des Programms IBM SPSS Statistics, Version 27 (SPSS, Inc., Chicago, IL, USA). Mittels deskriptiver Statistik wurden für Gruppencharakteristika und Schlafparameter Häufigkeit, Mittelwert und Standardabweichung (SD) bestimmt. Die Auswertung der Häufigkeiten erfolgte anhand von Kreuztabellen. Für die interferenzielle Statistik wurde ein Alpha-Niveau von p < 0,05 festgelegt. Bei intervallskalierten Variablen wurde bei Vorliegen von Normalverteilung der t‑Test für abhängige Stichproben bzw. bei Vorliegen von nicht-normalverteilten Daten der Friedman- bzw. Wilcoxon-Test angewendet. Bei ordinalskalierten Variablen wurde die statistische Überprüfung mittels Rand-Homogenitätstests bzw. bei binären Daten mittels Chi-Quadrat-Test durchgeführt. Die Effektstärke (Cohen’s d) wurde für signifikante Unterschiede berechnet. Um auf mögliche Reihenfolgeeffekte der Matratzentypen zu testen, wurde der Mann-Whitney-Test zwischen den Summenwerten der Sequenzgruppen SEM-ZMS und ZMS-SEM durchgeführt.

Ergebnisse

Gruppencharakteristika

Die 30 ProbandInnen (m = 16, w = 14) im Alter von 36 bis 59 Jahren (mittleres Alter 44,8 ± 7,7 Jahre) wiesen eine durchschnittliche Körpergröße von 174,0 ± 7,8 cm und ein durchschnittliches Gewicht von 77,6 ± 12,0 kg auf. Der mittlere BMI betrug 25,5 ± 3,1 kg/m2. Der mittlere Apnoe-Hypopnoe-Index (AHI) beider PSGs betrug 3,7 ± 6,0 1/h.

Schlafstruktur

Es wurden keine Reihenfolgeeffekte nachgewiesen.

Beim Schlaf auf der Testmatratze ZMS traten im Vergleich zur Referenzmatratze SEM eine höhere prozentuale Menge an REM-Schlaf (R-TST; p < 0,05; Abb. 1) und eine geringerer LM-I (p < 0,01; Abb. 2) als auch PLM-I (p < 0,02; Tab. 1) auf. Es traten unter beiden Untersuchungsbedingungen keine PLM mit Arousal auf.

Abb. 1
figure 1

Prozentualer Anteil des REM-Schlafs an der Gesamtschlafzeit (R‑TST) für die Zweizonenmatratze (ZMS) und die Standardeinzelmatratze (SEM)

Abb. 2
figure 2

Anzahl der Beinbewegungen pro Stunde Schlaf (LM‑I) für die Zweizonenmatratze (ZMS) und die Standardeinzelmatratze (SEM)

Tab. 1 Vergleich der Ergebnisse aus der Polysomnographie (PSG) zwischen dem untersuchten Zweimatratzensystem (ZMS) und der Standardeinzelmatratze (SEM)

Hinsichtlich der Parameter ESL, RSL, SPT, TST, Wake WASO, SE, der prozentualen Anteile von N1, N2 und N3 sowie des Arousal-Index, der Anzahl der Wachphasen und der Anzahl der Lagewechsel pro Stunde Schlaf traten keine signifikanten Unterschiede zwischen beiden untersuchten Matratzen auf (Tab. 1).

Fragebögen

Der Schlaf führte zu einer Verringerung der KSS sowohl bei der ZMS (5,6 ± 1,4 vs. 4,2 ± 1,7; p = 0,003) als auch bei der SEM (5,3 ± 1,4 vs. 4,2 ± 1,7; p = 0,009). Es gab keine Unterschiede in der mittleren Differenz von Morgen- und Abend-Erhebung der KSS zwischen der ZMS (−1,4 ± 2,1) und der SEM (−1,1 ± 2,1).

Zwischen beiden Matratzen gab es am Morgen nach dem Schlaf keine Unterschiede für die Fragebögen KSS sowie für die ASTS-Skalen „positive Stimmung“ (6 Items), „Trauer“, „Hoffnungslosigkeit“ und „Zorn“ (je 3 Items).

Bezogen auf die Fragen zum Komfort mittels des Fragebogens SK fanden sich keine signifikanten Unterschiede im Rand-Homogenitätstest für gepaarte ordinalskalierte Variablen (Antwortmöglichkeiten: sehr gut, gut, teils/teils, schlecht, sehr schlecht). Ein Großteil der Studienteilnehmenden bewertete die Schlafqualität sowohl auf der untersuchten ZMS (86,7 %, N = 26) als auch auf der Referenz, der SEM, (90 %, N = 27) als mittel bis sehr gut.

Die Frage, ob und wenn ja, welchen Einfluss die Matratze auf die subjektive Schlafqualität hat, gaben nach Schlaf auf der Testmatratze ZMS 53,4 % und auf der Referenzmatratze SEM 31,7 % der Studienteilnehmenden „mit einem positiven Einfluss“ an. Die Unterschiede sind jedoch nicht signifikant (Rand-Homogenitätstest).

Mit Bezug auf die von den Teilnehmenden berichteten Schmerzen am Morgen nach der Schlafnacht ergaben sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Matratzen (Chi-Quadrat-Test nach Pearson). 21 von 30 ProbandInnen bewerten die Matratzen dabei subjektiv nicht unterschiedlich.

Auch bezüglich der Wirbelsäulenentlastung gab es keine Unterschiede zwischen den beiden Matratzen. Sie wurden in zwei Dritteln der Fälle (N = 18) nicht unterschiedlich beurteilt. Zu ähnlichen Ergebnissen führte auch die Frage nach der Druckentlastung bezogen auf den Schulterbereich. Für beide Matratzen gaben hier wie auch bei der Frage zur Wirbelsäulenentlastung je nur zwei Personen negative Effekte an. Die Mehrheit berichtet somit über keine oder aber über positive Wirkungen der Matratzen auf die Schultern. Ein dementsprechendes Bild ergab sich bei der Frage nach der Entlastung des Beckens. Bezüglich der Entlastung der Extremitäten zeigten sich bei beiden Matratzen auch keine Unterschiede.

Die Analyse des SF‑A zeigte keine Unterschiede zwischen der Beantwortung der Items „Wie haben Sie vergangene Nacht geschlafen?“ und „Befindlichkeit am Morgen“ unter den beiden Matratzenbedingungen.

Diskussion

Es wurden, wie auch in einer vergleichbaren Studie von Fietze et al. [9], Veränderungen der Schlafstruktur mit einem neuen Zweimatratzensystem im Vergleich zu einer Standardmatratze nachgewiesen. Zwar war objektiv nur eine Erhöhung des REM-Schlafes nachweisbar, dieser Befund ist aber insofern nicht unbedeutsam, da eine Traumschlaf nicht nur mit der psychischen Erholung und der Konsolidierung von Aufmerksamkeitsfähigkeit assoziiert ist, sondern auch als ein Indikator für der Schlafqualität angesehen wird [14]. Nichtsdestotrotz muss konstatiert werden, dass die Effektstärke nur schwach bis mittel (Cohen’s d 0,40) ausgeprägt war und die Verbesserung der Schlafstruktur keine Korrelate auf der Erlebensebene hatte. Diskrepante Befunde zwischen elektrophysiologischen, „objektiven“ und Fragebogen-basierten, „subjektiven“ Maßen des Schlafes sind zwar z. B. bei InsomniepatientInnen nicht selten, jedoch können nur weitere Studien mit größeren Kohorten eindeutigere Befunde erbringen.

Auch die Frage, warum ein System [9] vornehmlich Tiefschlaf und das in dieser Studie untersuchte ZMS den Traumschlaf fördert, ist physiologisch nur schwer zu erklären. Obwohl in dieser Studie nicht gemessen, scheint ein Einfluss auf den Schlaf durch etwaige unterschiedliche Haut- und Körperkerntemperaturen auf den Matratzen dagegen unwahrscheinlich da – im Gegensatz zu Befunden aus der Studie mit einer Gel-Matratze, welche die Körper(kern)temperatur senkte und infolge den Tiefschlafanteil erhöhte [5] – keine signifikant unterschiedlichen thermischen Eigenschaften zwischen den Matratzen bzw. den textilen Materialien anzunehmen waren. Ein weiteres Ergebnis unserer Studie, der geringere LM-I (Leg Movement-Index) im Schlaf auf dem untersuchten ZMS, korrespondiert zumindest insofern mit epidemiologischen Daten, als diese einen inversen Zusammenhang zwischen der Menge von (P)LMs sowie der Menge an Traum-(und Tief-)schlaf nachgewiesen haben [15], wenngleich in unserer Studie die Menge N3 unverändert war.

Dennoch lässt sich auch mit unseren Ergebnissen keine allgemeingültige spezifische Empfehlung aussprechen. So gibt es z. B. keinen „Goldstandard“ für Matratzen hinsichtlich der Schlafqualität. Die von uns als Referenz verwendete Kaltschaumatratze, welche auch routinemäßig in der Studieneinrichtung verwendet wird, ist ihrem Aufbau nach eine übliche, verbreitet eingesetzte Matratze, von der jedoch keine Allgemeingültigkeit abgeleitet werden kann. Es scheint jedoch möglich zu sein, darauf weist auch unsere erste vergleichbare Studie hin [9], dass mit einem Wechsel der Matratze oder des ganzen Bettsystems durchaus Einfluss auf die Schlafstruktur und u. U. auf die Schlafqualität genommen werden kann. Daher sollte die Wahl geeigneter Matratzen durchaus zu den allgemeinen Empfehlungen für eine gute Schlafhygiene gehören. Schließlich ist erwiesen, dass Schmerzen, vor allem des Bewegungsapparats, durchaus durch eine gute Wahl des Bettsystems gelindert werden können [8]. Dazu gehört auch die Empfehlung, dass mit zunehmendem Lebensalter auf weicheren Matratzen (geringerer Matratzenhärtegrad) geschlafen werden sollte.

Das von uns untersuchte ZMS geht auf diese Anforderungen insofern ein, als es durch Verwendung von zwei baulich getrennten Matratzen, einer relativ festen Untermatratze und einer flexiblen Obermatratze, verschiedene starke Abfederungen ermöglicht und somit einen Benefit insbesondere für die Wirbelsäule und die Muskulatur erwarten lässt. Die reduzierte Anzahl der nächtlichen Beinbewegungen (LM‑I, PLM-I) beim Schlaf auf der ZMS könnte ein Hinweis für so eine Wirkung sein, eine abschließende Beurteilung kann aber nicht erfolgen. Einen klinisch-statistischen Nachweis für die Überlegenheit einer neu entwickelten Matratze zu erbringen ist jedoch eine Herausforderung, da die heute genutzten „Standard“-Matratzen offensichtlich schon eine gute Qualität haben – wir nutzten eine Kaltschaummatratze, Härtegrad H2. Dieser wird typischerweise bis zu einem Körpergewicht von 80 kg empfohlen. In unserer Probandenkohorte wiesen n = 8 ein Körpergewicht > 85 kg auf, was insofern limitierend gewertet werden kann, jedoch der Tatsache geschuldet war, eine Standardklinikmatratze als Referenz zu verwenden. Darüber hinaus war das Alter der Teilnehmenden in unserer Studie – mit im Mittel 44 Jahren – noch relativ jung, sodass generell (noch) eine gute Schlafqualität erwartet werden kann, da der Schlaf erst mit zunehmenden Alter schlechter und sensibler wird [16].

Unberücksichtigt bleiben des Weiteren häufig, wie auch in unserer Studie, die individuellen Präferenzen der Teilnehmenden. So wie unterschiedliche Entspannungstechniken zur Behandlung einer insomnischen Symptomatik individuell stärker oder schwächer bezüglich einer Besserung der Schlafqualität wirken können, so unterschiedlich können auch die verschiedenen Matratzen‑/Bettsysteme wirksam sein. Wissenschaftlich nachgewiesene Prädiktoren gibt es nicht, ähnlich der fehlenden Empfehlung, für welche Personengruppen welche gezielte Entspannungstechnik besser geeignet ist. Es wird künftigen Studien vorbehalten sein, an größeren Populationen – die aktuelle Untersuchung ist nur eine Pilotstudie mit begrenzter Anzahl an Teilnehmenden – die Wirkung verschiedener Matratzen‑/Bettsysteme auf den Schlaf zu untersuchen und dabei ein breiteres Altersintervall zu berücksichtigen. Eingeschlossen werden sollten auch Personen mit Schlafproblemen, da die Empfehlung, aktiv etwas für einen besseren Schlaf zu tun, sich im Wesentlichen an sensible bzw. schlecht Schlafende richtet.

Zur Diskussion stehen auch ein etwaiger First-Night-Effekt sowie ein Placebo-Effekt auf die Studienergebnisse. Ersterer kann auch bei Schlafgesunden auftreten [17]. Wir haben dies in der Studienplanung dementsprechend durch die Randomisierung der Behandlungsreihenfolge berücksichtigt, was post-hoc statistisch auch bestätigt werden konnte. Darüber hinaus scheint der First-Night-Effekt bei Schlafgesunden im Vergleich zu InsomniepatientInnen geringer ausgeprägt zu sein [18].

Der Placebo-Effekt ist in der Schlafmedizin und Schlafforschung generell möglich, wurde aber in unserer Studie durch die Doppelverblindung minimiert.

Fazit

Wir haben ein neues Zweimatratzensystem untersucht, welches im Vergleich auf zu einer Standardmatratze den REM-Schlafanteil erhöht und den LM-Index erniedrigt hat. Diese Ergebnisse gelten für die untersuchten Studienteilnehmenden, beruhen auf einem Kurzzeit-Test für jeweils eine Nacht und der Untersuchung im Rahmen einer Pilotstudie. Unter Berücksichtigung der wenigen anderen Studien zu Matratzen- und Bettsystemen kann geschlussfolgert werden, dass der Wechsel auf ein ergonomisches System einen positiven Einfluss auf die Schlafstruktur zur Folge haben kann. Ob damit auch Langzeiteffekte erzielt werden, sollte Gegenstand von zukünftigen Follow-up-Untersuchungen sein.