1 Einleitung

Fort- und Weiterbildungen bieten einen zentralen Ort für die berufsbegleitende Professionalisierung von Lehrpersonen (Borko et al. 2010; Collinson et al. 2009; Lipowsky 2014a). In den meisten europäischen Ländern existiert zwar eine rechtliche Pflicht zur beruflichen Fortbildung, jedoch entscheiden in der Regel die Lehrpersonen autonom darüber, in welchen Bereichen und in welchem Umfang sie sich beruflich weiterqualifizieren möchten (Desurmont et al. 2008; Europäische Kommission et al. 2015; Kuschel et al. 2020). Vor dem Hintergrund der rechtlich zugestandenen Eigenverantwortung erscheint die Frage nach der Fortbildungsmotivation, d. h. nach Gründen, auf deren Basis Lehrpersonen Fortbildungen (nicht) besuchen, von besonderer Bedeutung (Richardson und Watt 2010). Obwohl die Forschung mittlerweile umfänglich über die Motive zur Fortbildungsnutzung Auskunft geben kann (Kao et al. 2011; McMillan et al. 2016; Rzejak et al. 2014), liegen bisher nur wenige empirische Befunde über berufsbiografische Einflüsse auf die Fortbildungsmotivation vor.

Die wenigen vorhandenen Forschungsarbeiten stehen in der englischsprachigen Forschungstradition, in der Erkenntnisse zur Fortbildungsmotivation und zur Position in der beruflichen Karriere im Rahmen staatlicher Zertifizierungsprogramme gewonnen wurden (Hildebrandt und Eom 2011). Diese Programme sind jedoch nur bedingt mit den im deutschsprachigen Raum verbreiteten beruflichen Lehrpersonenfortbildungen zu vergleichen. Zwar handelt es sich bei den meisten Zertifizierungsprogrammen, wie am Beispiel der von Hildebrandt und Eom (2011) untersuchten Zertifizierung des National Board for Professional Teaching Standards (NBPTS), um freiwillige Programme. Die teilnehmenden Lehrpersonen müssen allerdings bereit sein, nicht nur einen hohen zeitlichen (meist mehrere Monate), sondern auch finanziellen Aufwand (mehrere tausend US-Dollar) zu tragen. Die landesweit geringe Teilnahmequote unter den Lehrpersonen (unter zwei Prozent im NBPTS; Stand 2011) ist daher wenig überraschend und limitiert den Aussagehalt der von Hildebrandt und Eom (2011) gewonnen Ergebnisse auf diesen kleinen, meist ausgewählten Personenkreis.

Für den deutschsprachigen Raum existiert bislang ein unklares Bild über den berufsbiografischen Verlauf der Fortbildungsmotivation von Lehrpersonen. Anhand der bisherigen Untersuchungen besteht ein wissenschaftlicher Konsens darüber, dass die Fortbildungsmotivation eine zentrale Rolle für den Ertrag von Fortbildungen bei Lehrpersonen spielt (Lipowsky 2010). Um das Wissen über die Teilnahmegründe im Kontext der beruflichen Entwicklung auszubauen, wird in der vorliegenden Studie im Rahmen einer querschnittlich angelegten Befragung von österreichischen Lehrpersonen der Einfluss der Berufserfahrung auf die generelle Fortbildungsmotivation untersucht. Hierdurch soll der Kenntnisstand über das lebenslange berufliche Lernen von Lehrpersonen erweitert werden, um – vor dem Hintergrund der hohen staatlichen Investitionen in diesem Bereich (Grothus et al. 2018) – Hinweise auf die Gestaltung und letztlich auch den Ertrag von Fortbildungsangeboten für alle beruflichen Altersgruppen zu erhalten.

2 Theoretischer Hintergrund und Forschungsstand

2.1 Berufsbiografische Perspektive auf die Teilnahmehäufigkeit von Lehrpersonen an Fortbildungen

Der berufsbiografische Ansatz der Professionsforschung untersucht das berufliche Lernen von Lehrpersonen aus einer individuellen und längsschnittlichen Perspektive (Bonnet und Hericks 2014). Die Grundlage der jeweiligen Entwicklungsmodelle bilden meist theoretische Überlegungen zu den berufsbezogenen Entwicklungsaufgaben und zur Berufserfahrung, aus denen unterschiedliche Berufsetappen und Erfahrungsstufen (z. B. in der Unterscheidung zwischen „Novizen“ und „Experten“) hervorgehen (Araujo et al. 2016; Hericks et al. 2019; Reh und Schelle 2006). Als ein empirisch fundiertes Modell, das den Berufsweg von Lehrpersonen auf Grundlage der Erkenntnisse über die berufliche Selbstwahrnehmung ausdifferenziert, gilt der von Huberman (1989) entwickelte Berufslebenszyklus von Lehrpersonen. Demnach beschreiten Lehrpersonen nach einer Phase der Stabilisierung (Berufsjahre 0–6) eine Phase des Experimentierens und Zweifelns (Berufsjahre 7–18), an die sich eine weitere Phase der Gelassenheit und des Konservatismus (Berufsjahre 19–30) anschließt. Am Ende des Modells wird das Erleben des Lehrberufs mit den Merkmalen des Disengagements, der Gelassenheit oder der Bitterkeit beschrieben (Berufsjahre 31–40).

Ein Schwerpunkt der berufsbiografischen Professionsforschung liegt auf der Untersuchung von Lehrpersonen in der Ausbildungsphase und in der berufseinsteigenden Phase. In entsprechenden Studien konnten beispielsweise typische Entwicklungsaufgaben (z. B. die berufliche Rollenfindung, die unterrichtliche Vermittlungsaufgabe und die Kooperation innerhalb des Kollegiums) von Referendar/innen (Kosinár 2014) und von Berufseinsteiger/innen (Henecka und Lipowsky 2004; Hericks 2006; Keller-Schneider 2020) identifiziert werden. Der Fokus der Professionsforschung für die berufliche Phase liegt auf dem Lernen und der Entwicklung von Lehrpersonen im Kontext der formalen beruflichen Fort- und Weiterbildung (Müller et al. 2010). Die Befunde dieses Forschungsbereichs liefern zum Beispiel relevante Erkenntnisse über die Nutzung und die Effekte von beruflichen Fort- und Weiterbildungen (für Deutschland: Grothus et al. 2018; für Österreich: Müller et al. 2018). Aus berufsbiografischer Perspektive zeigen Studien darüber hinaus, dass Lehrpersonen auf ihrem Berufsweg in unterschiedlicher Intensität formale Fortbildungsveranstaltungen zur beruflichen Weiterqualifikationen nutzen. Deutlich wird, dass in den meisten OECD-Staaten jüngere und unerfahrene Lehrpersonen häufiger an formalen (Weiter‑)Qualifizierungsprogrammen teilnehmen als ältere Kolleginnen und Kollegen (OECD 2019). In einer Studie von Richter et al. (2011) wurde der Verlauf der Fortbildungsaktivität von Lehrpersonen aus Deutschland mit einer umgekehrten U‑Form beschrieben. Demnach nehmen Berufseinsteiger/innen mit steigender Schul- und Unterrichtserfahrung auch vermehrt an Fortbildungsveranstaltungen teil. Als Folge dessen besteht die größte Nachfrage an Fortbildungen im Alter von 42 Lebensjahren mit durchschnittlich vier besuchten Fortbildungen pro Jahr. Die Anzahl der besuchten Fortbildungen sinkt anschließend kontinuierlich auf etwa zwei Veranstaltungen pro Jahr kurz vor Beginn des Renteneintrittsalters ab (Richter et al. 2011). Dieser berufsbiografische Verlauf bezieht sich vor allem auf die Nachfrage nach fachlichen, fachdidaktischen und pädagogisch-psychologischen Fortbildungen. Die Forschung zeigt darüber hinaus, dass insbesondere Lehrpersonen mit einer hohen fachlichen und pädagogischen Expertise sich zu fachbezogenen Themen weiterqualifizieren. Fachunabhängige und generische Themen der Bildungswissenschaften (z. B. zu Fragen der Schulentwicklung oder der Allgemeinen Didaktik) werden von dieser Personengruppe weniger stark nachgefragt (Richter et al. 2021).

In Österreich – ebenso wie in Teilen Deutschlands (Kuschel et al. 2020) – besteht mit Ausnahme für verbeamtete Landeslehrer/innen und Lehrpersonen an allgemeinen Pflichtschulen keine quantifizierende Verpflichtung zur Fortbildungsteilnahme für Lehrpersonen (Schulunterrichtsgesetz § 51 Abs 2; Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz § 43 Abs 3) und die durchschnittliche Fort- und Weiterbildungsaktivität bewegt sich auf einem ähnlichen Niveau wie in Deutschland (Müller et al. 2018; Schmich und Itzlinger-Brundeforth 2019). Für Lehrpersonen aus Österreich sind daher vergleichbare berufsbiografische Entwicklungslinien im Bereich der Fortbildungsteilnahmen wie für Lehrpersonen aus Deutschland zu erwarten. In anderen Ländern, wie zum Beispiel in den USA, in denen die meisten Bundestaaten eine regelmäßige Teilnahme an Fortbildungen für die Zertifizierung von Lehrpersonen vorschreiben (Jaquith et al. 2010), zeigt sich demgegenüber ein linear ansteigender Verlauf: Sowohl im privaten als auch im öffentlichen Schulsektor sind es vor allem erfahrenere Lehrpersonen (mit einer über drei Jahre reichenden Berufserfahrung), die an formalen Fortbildungen teilnehmen (Choy et al. 2006). Für die meisten Lehrpersonen aus den OECD-Staaten ist allerdings eine kontinuierliche Abnahme der formalen Fortbildungsaktivität ab einem Alter von ca. 50 Jahren zu beobachten (OECD 2009).

2.2 Fortbildungsmotivation: Gründe für und gegen den Besuch von Fortbildungen

Aus einer motivationstheoretischen Perspektive beschäftigt sich die Fort- und Weiterbildungsforschung mit den Gründen, die für Lehrpersonen allgemein ausschlaggebend für oder gegen den Besuch einer formalen Fortbildung sind (Krille 2020). Dieser Aspekt wird in der Forschung unter dem Begriff der Fortbildungsmotivation – oftmals auch Fortbildungswahlmotivation in direkter Abgrenzung zur situationsspezifischen Fortbildungsnutzungs- bzw. Fortbildungstransfermotivation (in de Wal et al. 2014; Osman und Warner 2020) – untersucht (Gorozidis und Papaioannou 2014; Kao et al. 2011; Rzejak et al. 2014). Studien deuten darauf hin, dass die Fortbildungsmotivation von Lehrpersonen einen wesentlichen Einfluss auf den Lernertrag, die prozessorientierte Wahrnehmung der Qualität und vor allem den Transfer von Inhalten aus Fortbildungsveranstaltungen besitzt (Grangeat und Gray 2007; Guskey 2002; Kennedy 2016; Lipowsky 2014b; Timperley et al. 2008).

Neben der Intensität spielt dabei auch die Art der Fortbildungsmotivation eine entscheidende Rolle. In der pädagogisch-psychologischen Motivationsforschung werden diesbezüglich verschiedene Modelle angeführt, die das Herbeiführen bzw. Aufrechterhalten eines motivationalen, d. h. zielgerichteten Verhaltens von Menschen erklären (Schunk et al. 2012). In der Selbstbestimmungstheorie wird beispielsweise grundlegend zwischen intrinsisch und extrinsisch motivierten Handlungen unterschieden (Ryan und Deci 2000). Intrinsische Handlungen sind dadurch gekennzeichnet, dass die Zielzustände innerhalb der jeweiligen Handlung liegen und die Handlung selbst durch positive Erlebniszustände, etwa Freude oder Kompetenzerleben, begleitet wird. Bei extrinsisch motivierten Handlungen liegen die angestrebten Zielzustände außerhalb der Handlung, um positive Konsequenzen (z. B. Belohnungen) herbeizuführen oder negative Konsequenzen (z. B. Strafen) zu vermeiden (Schiefele 1996). Vor dem Hintergrund der Annahmen der allgemeinen Motivationsforschung scheint es somit relevant, auch die Fortbildungsmotivation differenzierter zu betrachten.

Für den angloamerikanischen Sprachraum konnte beispielsweise Kao et al. (2011) anhand einer faktorenanalytischen Untersuchung zeigen, dass für die Teilnahme an onlinebasierten Fortbildungen für Lehrpersonen sechs Motivationsanreize (personal interest, occupational promotion, external expectations, practical enhancement, social contact, social stimulation) ausschlaggebend sind. Die für den Fortbildungsbesuch von Lehrpersonen im deutschsprachigen Raum zu erwartenden Facetten der generellen Fortbildungsmotivation wurden durch die Arbeiten von Rzejak et al. (2014) explorativ faktorenanalytisch überprüft. Zu den insgesamt vier Motivationsfacetten gehören in diesem Modell die Soziale Interaktion und der damit verbundene Wunsch nach einem sozialen Austausch (z. B. mit anderen Kolleginnen und Kollegen), die Externale Erwartungsanpassung durch den sozialen Erwartungsdruck (z. B. von Dienstvorgesetzten oder durch beamtenrechtliche Pflichten), die Karriereorientierung, welche den Fokus auf die Erhöhung der eigenen Aufstiegschancen legt und die Entwicklungsorientierung, vor deren Hintergrund sich Lehrpersonen positive Auswirkungen (z. B. auf ihre eigene Unterrichtspraxis) erhoffen.

Unter Einbezug der Gruppe der so genannten „Nicht-Teilnehmer/innen“ konnten in weiteren Studien Teilnahmebarrieren ermittelt werden, auf deren Grundlage sich die Lehrpersonen gegen den Besuch von Fort- und Weiterbildungen entscheiden (Bigsby und Firestone 2017; Krille 2020; OECD 2019; Richter et al. 2018). Hierzu gehören etwa die von Richter et al. (2018) beschriebenen Faktoren des Disengagements (im Sinne eines allgemeinen Desinteresses gegenüber Fortbildungen), bestehende oder erlebte Qualitätsmängel bei früheren Veranstaltungen, familiäre oder berufliche Belastungen oder die zu erbringenden finanziellen Aufwendungen, die mit der Fort- und Weiterbildungsteilnahme verbunden sind. Die vorhandenen Befunde deuten darauf hin, dass insbesondere ein geringes Interesse und eine negativ wahrgenommene Qualität früherer Fortbildungsangebote die Entscheidung gegen eine Teilnahme beeinflussen. Darüber hinaus konnten Richter et al. (2018) zeigen, dass das auf Fort- und Weiterbildungen gerichtete Disengagement von Lehrpersonen sowie der wahrgenommene Qualitätsmangel bei früheren Veranstaltungen zusammenhängen. Bislang ungeklärt ist jedoch, ob es sich eventuell um eine gerichtete Beziehung zwischen den beiden Faktoren handelt, also ob beispielsweise eine gering wahrgenommene Qualität von Fortbildungen zu einem allgemeinen Disengagement beiträgt.

Weiterhin zeigen die Befunde aus bisherigen Studien, dass die Fortbildungsmotivation nicht nur von individuellen Merkmalen (wie z. B. Verhaltensdispositionen der Lehrpersonen), sondern auch von der Struktur und der Organisation der angebotenen Fort- und Weiterbildungsangebote abhängt. So besitzt beispielsweise der Zeitpunkt und die Dauer der Fortbildung einen wesentlichen Einfluss auf die Angebotsnutzung (Johannmeyer und Cramer 2021; Lauer et al. 2014; OECD 2019; Richter et al. 2020). Aktuelle Befunde weisen darauf hin, dass Lehrpersonen dabei vor allem ganztägige Veranstaltungen priorisieren, um sich umfänglich und unabhängig von Unterrichtsverpflichtungen auf den Fortbildungsgegenstand einlassen zu können (Richter et al. 2020; Schulze-Vorberg et al. 2021). Studien zeigen jedoch auch, dass Fortbildungen, die innerhalb des Schuljahres besucht werden, einen nachhaltigeren Lerneffekt auf Lehrpersonen besitzen als Kurse, die zum Beispiel während der Schulferien stattfinden (Liu und Phelps 2020).

Zu den berufsbiografischen Entwicklungen bzw. den Veränderungen der Fortbildungsmotivation liegen derzeit nur wenige empirische Erkenntnisse vor. Effekte, die sich vor dem Hintergrund des Lebens- und Berufsalters auf die Bereitschaft zur allgemeinen Professionalisierung auswirken, konnten beispielsweise in der Studie von Hildebrandt und Eom (2011) bei US-amerikanischen Lehrpersonen im Rahmen eines bundesweiten und freiwilligen Zertifizierungsprogramms (National Board for Professional Teaching Standards, kurz: NBPTS) nachgewiesen werden. In der Untersuchung stellte sich heraus, dass die Gruppe der ca. 30-jährigen Berufseinsteiger/innen die höchste Motivation zur beruflichen (Weiter‑)Entwicklung besitzt. Detailanalysen zeigen, dass sich Berufseinsteiger/innen im Gegensatz zu älteren Kolleginnen und Kollegen vor allem aus finanziellen Gründen weiterqualifizieren. Der Befund wird von den Autoren vor allem mit familiären und persönlichen Ansprüchen in dieser Lebensphase (z. B. Familiengründung, Erwerb eigener Immobilien) begründet. Außerdem könnten Unterschiede in der Motivation zur beruflichen (Weiter‑)Entwicklung durch das unterschiedliche Bedürfnis nach der Anerkennung der eigenen beruflichen Leistung („external validation“) und Zertifizierung (Park et al. 2007) erklärt werden. Gerade jüngere Kolleginnen und Kollegen würden, so Hildebrandt und Eom (2011), vor dem Hintergrund des Wunsches nach beruflicher Anerkennung eine weitere Professionalisierung anstreben, um z. B. ihren Einfluss innerhalb der gesamten Berufsgruppe geltend machen zu können. Allerdings zeigt sich in der Studie von Hildebrandt und Eom (2011) auch, dass es altersunabhängige Anreize gibt, die den Wunsch nach einer weiteren Professionalisierung begründen. Hierzu gehören etwa das Bedürfnis 1) nach einer Verbesserung des eigenen schul- und unterrichtspraktischen Handelns, 2) nach persönlicher Zufriedenheit und 3) nach einem engeren Austausch mit anderen Kolleginnen und Kollegen.

Inwieweit sich die in der US-amerikanischen Fortbildungstradition stehenden Forschungsbefunde auch auf das berufliche Lernen von Lehrpersonen im europäischen und insbesondere im deutschsprachigen Raum übertragen lassen, ist bislang ungeklärt. Es existieren allenfalls Indizien dafür, dass mit der steigenden Berufserfahrung bei Lehrpersonen die Teilnahmebarrieren überwiegen und das generelle Interesse am Besuch formaler Fortbildungen im fortgeschrittenen Berufsalter abnimmt (Richter et al. 2018). Vor dem Hintergrund dieses Forschungsdesiderats ist es das Ziel der vorliegenden Studie, die Fortbildungsmotivation von Lehrpersonen aus einer berufsbiografischen Perspektive zu untersuchen.

3 Forschungsfragen

Die vorliegende Studie untersucht die Fortbildungsmotivation von Lehrpersonen mit unterschiedlicher Berufserfahrung. Der Fokus der Analyse liegt dabei auf den Teilnahmegründen (Soziale Interaktion, Externale Erwartungsanpassung, Karriereorientierung, Entwicklungsorientierung; Rzejak et al. 2014), auf deren Grundlage sich Lehrpersonen, die sich in verschiedenen Stationen der Berufslaufbahn befinden, für die Teilnahme an Fort- und Weiterbildungen entschieden haben. Der Einfluss der Berufserfahrung wurde dabei unter Berücksichtigung der subjektiv wahrgenommenen Qualität früherer Fortbildungsveranstaltungen, die in der Literatur als weiterer, zentraler Einflussfaktor beschrieben wird (Richter et al. 2018), kontrolliert. Hierfür wurde zunächst die – bisher nur theoretisch angenommene – Wechselwirkung zwischen der wahrgenommenen Fortbildungsqualität und der Fortbildungsmotivation mit folgender Fragestellung überprüft:

  1. 1.

    Inwieweit hängt die wahrgenommene Fortbildungsqualität mit den Facetten der Fortbildungsmotivation zusammen?

In Abhängigkeit des jeweiligen Ergebnisses wurden anschließend berufsbiografische Zusammenhänge unter kontrollierten beziehungsweise nicht kontrollierten Bedingungen im Rahmen einer zweiten Fragestellung analysiert:

  1. 2.

    Inwiefern unterscheiden sich (unter Kontrolle der wahrgenommenen Fortbildungsqualität) die Facetten der Fortbildungsmotivation in Abhängigkeit von der Berufserfahrung?

4 Methode

4.1 Kontext der Untersuchung

Die Daten der vorliegenden Studie stammen aus einer standardisierten Befragung von österreichischen Lehrpersonen an der Privaten Pädagogischen Hochschule der Diözese Linz. Am dort ansässigen Institut für Fort- und Weiterbildung (https://www.phdl.at/ueber_uns/institute_schulen/forschung_entwicklung) werden jährlich mehr als 1000 Einzelveranstaltungen sowie Fortbildungsreihen zu verschiedenen Themen aus den Bereichen Fachwissenschaft, Fachdidaktik, Bildungswissenschaft (z. B. zu Querschnittsthemen der Schulentwicklung, Medienpädagogik und Inklusion) und der Persönlichkeitsbildung (als generischer Bereich für Angebote zur Lehrer/innengesundheit, Spiritualität und Achtsamkeit) angeboten. Das Institut ist eingebunden in das österreichische Fort- und Weiterbildungssystem, das im Rahmen gesetzlicher Vorgaben zwar eine generelle Fort- und Weiterbildungsverpflichtung für alle österreichischen Lehrerinnen und Lehrer regelt, quantifizierende Vorgaben in Höhe von 15 h pro Jahr aber lediglich für die Landeslehrer/innen an Pflichtschulen (Primarschulen und Schulen für die Sekundarstufe I) vorsieht (Schulunterrichtsgesetz § 51 Abs 2; Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz § 43 Abs 3). Das österreichische Fort- und Weiterbildungssystem gibt darüber hinaus keine konkreten thematischen Fortbildungsfelder vor. Wie in den meisten europäischen Ländern entscheiden die Lehrpersonen weitestgehend autonom über das Ausmaß und die Themen der eigenen beruflichen Weiterqualifikation (Feller und Stürgh 2017).

4.2 Stichprobe und Studiendesign

Im Rahmen der Erhebung wurden innerhalb eines Zeitraums von neun Monaten (von Januar bis September 2019) die an den Fort- und Weiterbildungen teilnehmenden Lehrpersonen befragt. Die Lehrpersonen wurden dabei von den jeweiligen Fortbildner/innen gebeten, im Laufe der Veranstaltung einen Fragebogen zur Fortbildungsmotivation zu beantworten. Die Teilnahme an der Befragung war freiwillig (67,9 % Rücklaufquote). Die finale Stichprobe umfasst N = 400 Lehrerinnen und Lehrer (vgl. Tab. 1).

Tab. 1 Darstellung der Stichprobe

Von den befragten Lehrpersonen besuchten n = 221 eine Einzelveranstaltung mit einer Dauer von maximal einem Tag, n = 157 der Befragten beantworteten den Fragebogen im Rahmen einer mehrtägigen Fortbildungsreihe, n = 22 Personen machten hierzu keine Angaben. Die Mehrheit der Lehrpersonen besuchte eine schulextern organisierte Fortbildung (n = 361). Dagegen nahmen nur n = 28 Lehrpersonen an einer schulinternen Veranstaltung teil, n = 11 Lehrpersonen machten zur Veranstaltungsform keine Angaben.

Von jeder Teilnehmerin bzw. jedem Teilnehmer wurde in der Erhebung auch der Veranstaltungstitel der besuchten Fort- bzw. Weiterbildung angegeben. Dieser Titel wurde anschließend unter Berücksichtigung des Ausschreibungstexts der jeweiligen Fortbildung einem von vier inhaltlichen Themenfeldern (Fachwissenschaftliches Angebot, Fachdidaktisches Angebot, Bildungswissenschaftliches Angebot und Persönlichkeitsbildendes Angebote) zugeordnet, um Auskunft über die thematischen Schwerpunkte der besuchten Fort- und Weiterbildungen zu erhalten. Diese Zuordnung wurde durch zwei unabhängige Kodierer/innen vorgenommen, deren Beurteilungsübereinstimmung mit einem κ = 0,76 als akzeptabel eingestuft werden kann (Wirtz und Caspar 2002). Der Kodierung zufolge besuchten 21,9 % der Lehrpersonen eine fachwissenschaftliche, 25,5 % eine fachdidaktische, 10,8 % eine bildungswissenschaftliche und 26,5 % eine Veranstaltung aus dem Bereich der allgemeinen Persönlichkeitsbildung. Bei 15,3 % der befragten Lehrpersonen war aufgrund fehlender Angaben keine eindeutige Zuordnung möglich. In den thematischen Schwerpunkten der besuchten Fort- und Weiterbildungen zeigt die Analyse der Stichprobe mittels Chi-Quadrat-Tests keine statistisch signifikanten Unterschiede zwischen den verschiedenen Berufserfahrungsstufen. Die Lehrpersonen besuchen demnach unabhängig von ihrer Berufserfahrung in einem vergleichbaren Umfang fachdidaktische, fachwissenschaftliche, bildungswissenschaftliche und persönlichkeitsbildende Fort- und Weiterbildungen (χ2 (3) = 1,891, p = 0,595).

4.3 Erhebungsinstrumente

Berufserfahrung

Die Berufserfahrung wurde innerhalb des Fragebogens mit der offenen Fragestellung „Wie viele Jahre sind Sie bereits im Schuldienst tätig?“ erfasst. Basierend auf dieser Antwort wurden die Lehrpersonen in Anlehnung an die Überlegungen von Huberman (1989) in vier Erfahrungsstufen (Phase 1: 1–6, Phase 2: 7–18, Phase 3: 19–30 und Phase 4: über 31 Berufsjahre) eingruppiert. Diese theoretisch begründete Einteilung der Berufserfahrung hat – gegenüber einer Betrachtung als intervallskalierter Variable – den Vorteil, dass damit zentrale berufsbiografische Entwicklungsabschnitte und -brüche innerhalb der Analyse berücksichtigt bzw. miteinander verglichen werden können. Nicht in die Untersuchung eingeschlossen wurden Lehrpersonen, die sich in den ersten 12 Monaten innerhalb der berufsbegleitenden Ausbildungsphase (der so genannten „Induktionsphase“) befinden und somit über eine geringe eigenständige Berufserfahrung verfügen.

Wahrgenommene Fortbildungsqualität

Die Einschätzung der wahrgenommenen Qualität bisheriger Fortbildungen wurde mit einer von Rzejak et al. (2014) entwickelten Skala erfasst. Insgesamt wurden die Untersuchungsteilnehmer/innen mit neun Items auf einer 6‑stufigen Likert-Skala (1 = „trifft gar nicht zu“ bis 6 = „trifft voll zu“) befragt (α = 0,85). Eine Itemformulierung lautet zum Beispiel „Ich habe Fortbildungen bisher als sehr hilfreich erlebt“.

Fortbildungsmotivation

Die Fortbildungsmotivation wurde mit insgesamt vier Skalen (Soziale Interaktion, Externale Erwartungsanpassung, Karriereorientierung und Entwicklungsorientierung) erhoben (Rzejak et al. 2014). Die Konstrukte sind in Tab. 2 ausführlich dargestellt.

Tab. 2 Instrument zur Erhebung der Fortbildungsmotivation

4.4 Datenanalyse

Alle statistischen Analysen wurden mithilfe von SPSS (Version 27.0, www.ibm.com/spss) durchgeführt. In einem ersten Schritt wurde zunächst der Zusammenhang zwischen der potenziellen Kovariate (Wahrgenommene Fortbildungsqualität) und den vier Facetten der Fortbildungsmotivation überprüft. Im Fall einer vorhandenen Korrelation wurde – unter der Erfüllung der statistischen Vorrausetzungen (d. h. Unabhängigkeit der Kovariate vom Gruppeneffekt und Homogenität der Regressionssteigungen) – im Rahmen einer multivariaten Kovarianzanalyse (MANCOVA) die jeweilige Facette der Fortbildungsmotivation hinsichtlich bestehender Gruppenunterschiede zwischen den vier Berufserfahrungsklassen unter Kontrolle der wahrgenommenen Fortbildungsqualität getestet. Im Fall einer nicht vorhandenen Korrelation oder nicht erfüllter statistischer Voraussetzungen wurden Unterschiede zwischen den Berufserfahrungsgruppen mittels einer multivariaten Varianzanalyse (MANOVA) ohne die Berücksichtigung der Kovariate durchgeführt. In beiden Fällen wurden anschließend bei signifikanten Haupteffekten paarweise Vergleiche mittels Post-Hoc-Tests mit Bonferroni-Korrektur vorgenommen, um Aussagen über gruppenspezifische Unterschiede treffen zu können.

5 Ergebnisse

5.1 Zusammenhang zwischen wahrgenommener Fortbildungsqualität und Fortbildungsmotivation

Mit der ersten Forschungsfrage wird der Zusammenhang zwischen der potenziellen Kovariate (Wahrgenommene Fortbildungsqualität) und den Facetten der Fortbildungsmotivation untersucht. Die Ergebnisse zeigen statistisch signifikante Zusammenhänge für die beiden Facetten Soziale Interaktion und Entwicklungsorientierung (vgl. Tab. 2). Die Stärke der Effekte liegt gemäß Cohen (1988) im mittleren Bereich. Keine statistisch signifikanten Zusammenhänge treten zwischen der wahrgenommenen Fortbildungsqualität und der Externalen Erwartungsanpassung beziehungsweise mit der Karriereorientierung auf (vgl. Tab. 3).

Tab. 3 Zusammenhang zwischen der Fortbildungsmotivation und der wahrgenommenen Fortbildungsqualität

5.2 Unterschiede in der Fortbildungsmotivation in Abhängigkeit der Berufserfahrung

Die zweite Forschungsfrage untersucht die Facetten der Fortbildungsmotivation vor dem Hintergrund der Berufserfahrung der Lehrpersonen. Die deskriptiven Daten und statistischen Analysen sind in Tab. 4 dargestellt. In Bezug auf die Motivationsfacette Soziale Interaktion zeigt sich unter Berücksichtigung der wahrgenommenen Fortbildungsqualität kein statistisch signifikanter Unterschied zwischen den Lehrpersonen der verschiedenen beruflichen Erfahrungsstufen (F (3, 376) = 0,132, p = 0,941).

Tab. 4 Unterschiede der Fortbildungsmotivation je nach Phase der Berufserfahrung

Im Hinblick auf die Externale Erwartungsanpassung zeigt sich ein statistisch signifikanter Unterschied zwischen den Berufserfahrungsgruppen (F (3, 373) = 3,145, p = 0,025; ηp2 = 0,03). Die Effektstärke des Haupteffektes ist als klein einzuschätzen (Cohen 1988). Mittels Post-hoc-Tests wird deutlich, dass sich nicht alle beruflichen Erfahrungsstufen voneinander unterscheiden. Statistisch signifikante Differenzen treten nur zwischen Phase 1-Lehrpersonen (M = 2,06, SD = 0,91) und Phase 3-Lehrpersonen (M = 1,73, SD = 0,86) auf.

Darüber hinaus zeigt sich ein statistisch signifikanter Unterschied bei der motivationalen Facette der Karriereorientierung (F (3, 373) = 5,127, p = 0,002; ηp2 = 0,04). Die Effektstärke des Haupteffektes ist klein (Cohen 1988). Die Post-hoc-Tests zeigen, dass sich bei dieser motivationalen Facette ebenfalls nicht alle beruflichen Erfahrungsstufen voneinander unterscheiden. Statistisch signifikante Differenzen treten zwischen Lehrpersonen in der Phase 1 (M = 1,82, SD = 0,95) und denjenigen in Phase 3 (M = 1,32, SD = 0,76) sowie zwischen Lehrpersonen in Phase 2 (M = 1,67, SD = 1,04) und Lehrpersonen in Phase 3 (M = 1,32, SD = 0,76) auf.

Die Ergebnisse zeigen schließlich (unter Kontrolle der wahrgenommenen Fortbildungsqualität) einen statistisch signifikanten Unterschied zwischen den Berufserfahrungsgruppen für die Entwicklungsorientierung (F (3,376) = 7,438, p < 0,001; ηp2 = 0,06) mit einem mittleren Effekt (Cohen 1988). Signifikante Unterschiede treten dabei zwischen Lehrpersonen in Phase 1 (M = 4,84, SD = 0,71) im Vergleich zu Phase 3-Lehrpersonen (M = 4,28, SD = 0,99) sowie zwischen Phase 1-Lehrpersonen (M = 4,85, SD = 0,72) und Phase 4-Lehrpersonen (M = 4,49, SD = 0,92) auf. Darüber hinaus zeigt sich ein statistisch signifikanter Unterschied zwischen Lehrpersonen, die sich in Phase 2 (M = 4,66, SD = 0,91) befinden im Vergleich zu Phase 3-Lehrpersonen (M = 4,28, SD = 0,99).

6 Diskussion

Die vorliegende Studie liefert neue Erkenntnisse über den Einfluss der beruflichen Erfahrung auf die Fortbildungsmotivation und erweitert damit das vorhandene Wissen über die lebenslange Professionalisierung und das berufliche Lernen von Lehrpersonen. Hierzu wurden vier verschiedene Facetten der Fortbildungsmotivation (Soziale Interaktion, Externale Erwartungsanpassung, Entwicklungsorientierung und Karriereorientierung) in Abhängigkeit von der Berufserfahrung und unter Kontrolle der wahrgenommenen Qualität vorausgehender Fortbildungen untersucht.

Im Rahmen der ersten Forschungsfrage wurde zunächst der bivariate Zusammenhang zwischen der Wahrnehmung der Fortbildungsqualität (Habe ich bisherige Fortbildungsveranstaltungen als hilfreich erlebt?) und den vier Facetten der Fortbildungsmotivation untersucht. Im Ergebnis zeigt sich, dass das Erleben qualitätsvoller Fortbildungen in Teilen mit der Bereitschaft zur Teilnahme an zukünftigen Veranstaltungen in Verbindung steht. Bei zwei motivationalen Dimensionen, der Entwicklungsorientierung und der Sozialen Interaktion, offenbart die vorliegende Studie bedeutsame Wechselwirkungen. Das bedeutet, dass die Qualität der Wahrnehmung früherer Fort- und Weiterbildungen mit der aktuellen Motivation der Teilnehmerinnen und Teilnehmer zusammenhängt, Fortbildungen zum Zweck des sozialen Austauschs zu besuchen bzw. eine schul- und berufspraktische Weiterqualifizierung anzustreben. Diese Verbindung zwischen der wahrgenommenen Fortbildungsqualität und der Entwicklungsorientierung und der Sozialen Interaktion wurde bereits in früheren Studien angedeutet, aber noch nicht empirisch belegt (Richter et al. 2018). Als unabhängig von den bisherigen Qualitätswahrnehmung erweisen sich innerhalb der Stichprobe die Motivationsfacetten der Karriereorientierung und der Externalen Erwartungsanpassung. Eine mögliche Erklärung für diese Unterschiede liegt darin, dass die Externale Erwartungsanpassung und die Karriereorientierung vor allem auf Druck von außen erzeugt bzw. reguliert werden (um z. B. eine höhere Vergütung oder bessere berufliche Position zu erhalten) (Rzejak et al. 2014). Demgegenüber handelt es sich bei der Entwicklungsorientierung und der Sozialen Interaktion eher um intrinsische Facetten der Motivation, die stärker von individuellen Handlungszielen abhängig sind (Rzejak et al. 2014). Letztere sind somit enger mit der eigenen Person und dem Erfahrungswissen verbunden, was den Einfluss der wahrgenommenen Fortbildungsqualität in diesen beiden Dimensionen erklären könnte.

Der berufsbiografische Verlauf der Fortbildungsmotivation wurden im Rahmen der zweiten Fragestellung untersucht. Die Befunde zeigen dabei relevante Unterschiede zwischen den vier Berufserfahrungsgruppen (1–6, 7–18, 19–30 und über 31 Berufsjahre) bei den motivationalen Facetten der Externalen Erwartungsanpassung, der Entwicklungsorientierung und der Karriereorientierung. Keine Unterschiede offenbaren sich bei der Facette der Sozialen Interaktion, die somit phasenübergreifend bei Lehrpersonen aller Erfahrungsstufen als bedeutsamer Anreiz und Grund für die Teilnahme an einer Fort- bzw. Weiterbildung betrachtet werden kann. Dies deckt sich mit den Befunden von Hildebrandt und Eom (2011), die den Wunsch nach einer stärkeren Zusammenarbeit mit anderen Kolleginnen und Kollegen ebenfalls als altersunabhängigen Faktor für die berufliche Weiterqualifizierung und Professionalisierung identifizierten.

Hinsichtlich der Externalen Erwartungsanpassung, der Entwicklungsorientierung und der Karriereorientierung weisen die Analysen der vorliegenden Studie darauf hin, dass vor allem Lehrpersonen in der Berufseingangsphase (1–6 Berufsjahre) und in der Experimentierphase (7–18 Berufsjahre) eine höher ausgeprägte Fortbildungsmotivation besitzen als erfahrenere Lehrpersonen mit mehr als 19 Berufsjahren. Diese Differenz lässt sich vor dem Hintergrund der Berufserfahrung insofern erklären, dass gerade junge Lehrerinnen und Lehrer in der Berufseingangs- und Experimentierphase ein ausgeprägtes berufliches und karriereorientiertes Entwicklungsbedürfnis besitzen (Gröschner 2011; Keller-Schneider 2020). Fort- und Weiterbildungen können dabei – unabhängig ihres thematischen Schwerpunktes – eine Anlaufstelle sein, um sich mit anderen Kolleginnen und Kollegen auszutauschen. Dieses Informationsbedürfnis betrifft auch die eigene Karriereplanung, über die sich erwartungsgemäß vor allem junge Lehrerinnen und Lehrer am Beginn ihrer Laufbahn Gedanken machen (Hericks 2006). Ab der Berufsmitte zeigt sich anschließend eine signifikante Abnahme der Fortbildungsmotivation, was u. a. mit dem Expertise-Ansatz der beruflichen Entwicklung von Lehrpersonen erklärt werden kann. Diesem Ansatz folgend, erweitern Lehrpersonen ihr berufliches Wissen im fortgeschrittenen Berufsalter vor allem durch die Bewältigung beziehungsweise (bestenfalls) durch die Reflexion konkreter Episoden aus dem Unterrichts- und Schulalltag. Der Erwerb deklarativer Wissensbestände spielt, dem Expertise-Ansatz folgend, demgegenüber (scheinbar) ab dem mittleren Berufsabschnitt nur noch eine untergeordnete Rolle (Gruber 2021) und könnte folglich auch das generelle Interesse für die Teilnahme an eher wissenszentrierten Fortbildungsveranstaltungen mindern.

In der Summe sind die in der vorliegenden Studie gefundenen Unterschiede zwischen den verschiedenen Berufserfahrungsgruppen vergleichbar mit den Befunden von Hildebrandt und Eom (2011). Auch in deren Studie zeigte sich, dass die Karriereorientierung und die Externale Erwartungsanpassung (zusammengefasst unter dem Konstrukt der external validation) als motivationale Antriebsfaktoren in der Gruppe der Berufseinsteiger/innen dominieren. Im Gegensatz dazu wurde allerdings bei Hildebrandt und Eom (2011) die auf die Schul- und Unterrichtspraxis gerichtete Entwicklungsorientierung („motivation for becoming a better teacher“) als phasenübergreifendes Motiv für die Professionalisierung von Lehrpersonen identifiziert, was vor allem aufgrund der altersübergreifend hohen Zustimmungswerte mit einem Deckeneffekt begründet wurde. Die in der vorliegenden Studie auftretenden, erfahrungsbedingten Unterschiede im Bereich der Entwicklungsorientierung können damit erklärt werden, dass diese explizit die Motivation für die Teilnahme an formalen Fort- und Weiterbildungsangeboten adressieren. Bei Hildebrandt und Eom (2011) wurde demgegenüber die Motivation auch hinsichtlich informeller Kontexte (z. B. Lesen von Fachliteratur) erfasst.

Zusammenfassend betrachtet deuten sich in der vorliegenden Studie somit berufsbiografische Einflüsse auf die Fortbildungsmotivation an. In der Tendenz zeigt sich, dass Lehrpersonen mit zunehmender Berufserfahrung eine geringere Bereitschaft zur Teilnahme an formalen Fortbildungen besitzen. Als mögliche Antwort hierauf sollten die Fortbildungsangebote deshalb dem überdauernden Wunsch vieler Teilnehmerinnen und Teilnehmer nach einer stärkeren sozialen und kommunikativen Einbindung entgegenkommen und entsprechende produktive Lerngelegenheiten, z. B. die Arbeit in Kleingruppen (wie in Videozirkeln, vgl. Borko et al. 2008) bereitstellen. Ebenso sollten vor dem Hintergrund der im Berufsverlauf tendenziell abnehmen Fortbildungsmotivation berufserfahrenere Lehrpersonen noch gezielter von Fort- und Weiterbildungsanbietern angesprochen werden, um in dieser Gruppe die Bereitschaft zur Teilnahme an Fortbildungen zu erhöhen. Hierbei sind vor allem Fortbildungsangebote hervorzuheben, die dem Wunsch berufserfahrener Lehrpersonen nach einer reflexiven Betrachtung berufsalltäglicher Herausforderungen stärker entgegenkommen und auf diesem Weg zur Umwandlung („Enkapsulierung“, vgl. Gruber 2021) ihres deklarativen Wissens in ein fallbezogenes Wissen beitragen. Dass reflexive und situierte Fallbearbeitungen im Rahmen von Fortbildungen dabei eine besondere Bedeutung für die Veränderungsbereitschaft und die persönliche Initiative von erfahrenen Lehrpersonen besitzen, konnte in der Vergangenheit bereits ausführlich am Beispiel von teilnehmerzentrierten Fortbildungsansätzen wie dem Lesson-Study-Ansatz (Vermunt et al. 2019), in Videozirkeln (Gröschner et al. 2015) und im Rahmen von Practitioner Professional Development (PPD)-Programmen (Hennessy et al. 2021), gezeigt werden. Berufliches Lernen zeigt sich dieser Argumentation folgend als non-lineares, komplexes Geschehen im Kontext individueller Erfahrungen und Lernbedürfnisse von Lehrpersonen und Kontextmerkmalen des Angebots und der Gestaltung (Clarke und Hollingsworth 2002).

Die Ergebnisse der vorliegenden Studie sind insgesamt vor dem Hintergrund der geringen Effektstärken mit Einschränkungen zu betrachten. Es bedarf weiterer Forschung, um die hier vorgestellten Befunde auf die generelle Fortbildungsaktivität von Lehrpersonen im deutschsprachigen Raum beziehen zu können. Eine weitere Limitation stellt die Stichprobe dar, da diese sich aus Fortbildungsteilnehmerinnen und -teilnehmer eines einzigen Anbieters, der Privaten Pädagogischen Hochschule der Diözese Linz, zusammensetzt. In nachfolgenden Untersuchungen sollten die Ergebnisse ggf. mit einer größeren Stichprobe von Lehrpersonen mit Fort- und Weiterbildungen mehrerer, unterschiedlicher Einrichtungen der Fort- und Weiterbildung repliziert werden. Zugleich handelt es sich bei der Erhebung um eine querschnittliche Befragung. Um Veränderungs- und Entwicklungsprozesse bei Lehrpersonen im Detail nachvollziehen zu können, werden längsschnittliche Untersuchungen über einen längeren Zeitraum benötigt (Kennedy 2016; Kissling 2014). Hieran schließt sich die Forderung nach differenziellen Untersuchungen von weiteren Motivationsdimensionen (u. a. das persönliche Interesse oder die soziale Stimulation) an, die in neueren und zum Zeitpunkt der Erhebung noch nicht vorhandenen Modellen zur Fortbildungsmotivation (Richter et al. 2019) angeführt werden. Schlussendlich möchten wir darauf hinweisen, dass in der Studie nur Lehrpersonen befragt werden konnten, die aktiv an einer Fortbildungsveranstaltung teilgenommen haben. Eine Untersuchung zur Fortbildungsmotivation könnte auch für nicht-teilnehmende Lehrpersonen und Fortbildungsabbrecher/innen durchgeführt werden, um Aussagen über berufsbiografische Unterschiede und Veränderungen in der Wahrnehmung von Teilnahmebarrieren treffen zu können.