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Verfassungsschranken und die Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen im internationalen Vergleich

Constitutional Barriers and the Privatisation of Public Utilities: An International Comparison

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Zusammenfassung

Dieser Beitrag untersucht den Einfluss von Verfassungsschranken auf die Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen von 1980 bis 2009 in 21 OECD-Staaten. Dabei präsentieren wir sowohl für Privatisierung als auch für die verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen neue und verbesserte Indikatoren. Mit den empirischen Ergebnissen lässt sich dreierlei eindrucksvoll zeigen: Erstens unterscheiden sich die Privatisierungsverläufe teilweise erheblich zwischen Ländern und Sektoren. Zweitens sind die nationalen Verfassungsschranken für Privatisierung stark unterschiedlich ausgeprägt. Drittens erweisen sich Verfassungsschranken im empirischen Test im Einklang mit unserer Hypothese als Privatisierungshindernis.

Abstract

This paper examines the impact of constitutional barriers on the privatisation of public utilities in 21 OECD-countries between 1980 and 2009. We present new and improved indicators for privatisation and constitutional barriers. Three empirical findings stand out: First, national privatisation trajectories differ across both countries and sectors. Second, there is a significant cross-national variation in terms of constitutional provisions related to public utilities which, thirdly, constitute important impediments to privatisation.

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Abb. 1
Abb. 2
Abb. 3

Notes

  1. Im Folgenden verwenden wir für die genannten Sektoren den Begriff der öffentlichen Dienstleistung. Dieser Begriff besitzt den Vorteil, dass er keine verfassungsrechtlichen Implikationen beinhaltet und sich nicht auf eine bestimmte nationale Rechtsordnung bezieht. Siehe hierzu insbesondere Krajeswki (2009).

  2. Im Zuge von Verregelungen auf europäischer Ebene wurde in vielen Ländern das Schienennetz vom Bahnbetrieb getrennt. Dieser Beitrag konzentriert sich auf den Bahnbetrieb.

  3. Es ist auch die direkte Umwandlung einer Verwaltungseinheit in ein privatrechtliches Unternehmen denkbar.

  4. Der Begriff des Common Law ist nicht eindeutig. Im weiten Sinne wird darunter oft das Recht des angloamerikanischen Rechtskreises verstanden. In einem engeren Sinne bezieht sich Common Law nur auf ein spezielles Merkmal des genannten Rechtskreises (Zweigert u. Kötz 1998).

  5. Wir bedanken uns bei Prof. Dr. Michael Fehling und Prof. Dr. Jörn-Axel Kämmerer (beide Bucerius Law School Hamburg) sowie bei Prof. Dr. Markus Krajewski (Universität Potsdam/Sonderforschungsbereich 597 Uni Bremen), die uns aus rechtswissenschaftlicher Perspektive bei der Operationalisierung der privatisierungsrelevanten Verfassungsschranken unterstützt und beraten haben. Für etwaige Fehler sind die Autoren selbst verantwortlich.

  6. Da sich die verfassungsrechtlichen Bedingungen im Laufe der Zeit zum Teil verändert haben, wurde die verfassungsrechtliche Ausgestaltung zu Beginn des Untersuchungszeitraums (das Jahr 1980) erhoben, um jene Schranken abzubilden, die in der Folgezeit überwunden werden mussten, um Privatisierungen erfolgreich auf den Weg zu bringen.

  7. Die Faktorladungen liegen zwischen 0,89 und 0,97 und der Eigenwert des zugrundeliegenden Faktors bei 3,50.

  8. Hier nimmt die Faktorladung den Wert 0,80 und der Eigenwert die Ausprägung 1,27 an.

  9. Diese Variable muss in die Schätzung integriert werden, da sie um den Effekt unterschiedlicher Ausgangssituationen kontrolliert.

  10. Querschnittsanalysen im Bereich der makro-quantitativen Staatstätigkeitsforschung sind mit dem Problem der kleinen Fallzahl behaftet und sehr sensibel gegenüber geringfügigen Änderungen der Modellspezifikation. Die Schätzungen wurden deshalb insbesondere auf Ausreißer und einflussreiche Fälle untersucht. Lediglich im Bahnsektor weisen die Dffit-Werte für die Modelle I, III, IV und VI auf einen vergleichsweise hohen Einfluss Neuseelands auf die Schätzung hin. Deshalb wurden diese Modelle zusätzlich mit einem Länderdummy für Neuseeland geschätzt. Der Einfluss der Verfassungsschranken bleibt auch bei diesen Schätzungen in gleicher Stärke erhalten. Die standardisierten Residuen weisen unproblematische Werte von £ 2 auf. Außerdem wurden alle Modelle mit dem Jackknife-Verfahren geschätzt. Auch hier wurde in allen Modellen für Verfassungsschranken ein signifikanter Effekt ermittelt. Die VIF-Werte indizieren in keinem der geschätzten Modelle Multikollinearitätsprobleme. Ferner zeigt eine visuelle Analyse der Scatterplots zwischen standardisierten Residuen und Schätzwerten sowie der Cook-Weisberg Test, dass die Homoskedastizitätsbedingung erfüllt ist.

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Schmitt, C., Obinger, H. Verfassungsschranken und die Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen im internationalen Vergleich. Polit Vierteljahresschr 51, 643–664 (2010). https://doi.org/10.1007/s11615-010-0033-9

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