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Moderat bevorzugt, extrem gewählt. Zum Zusammenhang von Präferenz und Wahlentscheidung in räumlichen Modellen sachfragenorientierten Wählens

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Zusammenfassung

Dieser Beitrag demonstriert auf der Basis von Umfragedaten zur Bundestagswahl 2005, dass Wähler entgegen ihrer Präferenz oft systematisch extremere Parteien wählen, als ihnen lieb ist. Die Schätzung eines räumlichen Diskontierungsmodells nach Grofman (1985) zeigt, dass Parteipräferenz und Wahlentscheidung unterschiedlichen Nutzenfunktionen folgen. Präferenzen erweisen sich als rein nähebasiert, d. h. Wähler präferieren Parteien, die ähnliche Positionen vertreten wie sie selbst. Mit der Hinwendung zur Wahlentscheidung bzw. zur meistpräferierten Alternative setzt jedoch eine Abwertung der politischen Positionen von Parteien und, damit einhergehend, eine Verschiebung des Wählernutzens hin zu extremeren politischen Positionen ein. Die hier präsentierten Ergebnisse zeigen, dass sich das Wahlverhalten ändern kann, auch wenn sich die Präferenzen der Wähler nicht ändern. Die Ergebnisse legen außerdem den Schluss nahe, dass der ungewöhnliche Erfolg von FDP und Die Linke bei der Bundestagswahl 2005 eher durch abweichendes Wahlverhalten politisch moderater Wähler als durch eine tiefgreifende Spaltung der (sozial-)politischen Präferenzen der deutschen Wählerschaft erklärt werden kann.

Abstract

This article demonstrates, on the basis of survey data from the 2005 German national election, that voters often systematically choose more extreme parties than warranted by their own preferences. Estimation of Grofman’s (1985) spatial discounting model reveals that party preference and vote decision follow different utility functions. Preferences turn out to be purely proximity driven, i. e. voters prefer parties with positions close to their own. Moving from preference to the vote of the top-ranked alternative, a devaluation of party positions and a significant shift in voter utility towards more extreme parties is observed. These results show that voter behaviour may change, even though voter preferences remain unchanged. Results also suggest that the remarkable success of FDP and Linke in the 2005 election is more likely due to shifting behaviour by moderate voters rather than to sweeping changes in the German electorate’s preferences toward welfare policy.

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Notes

  1. Der Begriff der Diskontierung wird im Deutschen üblicherweise im Rahmen der Finanzwissenschaft gebraucht. Konzeptionell verbirgt sich dahinter lediglich die Reduzierung einer fixen Größe um einen bestimmten Faktor. In diesem Sinn soll er auch im Bezug auf politische Standpunkte von Parteien verstanden werden.

  2. Neben der quadrierten Distanz finden sich in der Literatur auch andere Distanzmaße, wie absolute (City-Block-)Distanz oder euklidische Distanz (vgl. Behnke 1999). Die quadratische Distanz wird jedoch mit Abstand am häufigsten verwendet.

  3. Das folgende Beispiel ist aus Grofman (1985) übernommen.

  4. Für ϕ k = 1 reduziert sich die Verlustfunktion in (2) zu: −[x − (s + y k s)]²

    = −(xsy k + s)² = −(xy k )².

  5. Vereinzelt finden sich in der Literatur Hinweise, das Nähemodell sei besser zur Erklärung von Parteibewertungen geeignet, da insbesondere in Systemen mit Einerwahlkreisen die Möglichkeit kurzfristiger, taktisch motivierter Abweichungen der Wähler von ihrer eigentlichen Präferenz besteht (Westholm 1997; Blais et al. 2001) und das Nähemodell darüber hinaus eine Vorhersage nicht nur der Erstpräferenz, sondern der gesamten Parteipräferenzen erlaubt (Macdonald et al. 1998; Westholm 2001).

  6. Im Gegensatz zur klassischen Entscheidungstheorie wird dieser Nutzen jedoch als stochastische Größe aufgefasst. Damit wird unter anderem dem Umstand Rechnung getragen, dass Individuen eine Alternative aus Gründen bevorzugen können, die rein idiosynkratischer Natur sind und sich damit von vornherein einer systematischen Messung entziehen. Aber auch individuelle Fehler in der Nutzenbewertung von Alternativen können zu zufälligen Abweichungen von einem strikt Nutzen maximierenden Verhalten führen (Ben-Akiva/Lerman 1985).

  7. Ebenso wie beim herkömmlichen CLM nimmt man auch bei dieser Form der Modellierung an, dass die Zufallsnutzen der Befragten unabhängig und identisch verteilt sind und einer Extremwert-Verteilung vom Typ I folgen. Da die Varianz der Fehlerverteilung in beiden Fällen dieselbe ist, sind die geschätzten Koeffizienten beider Verfahren direkt miteinander vergleichbar.

  8. Das Approximationsverfahren wird in erster Linie zur Schätzung des Discounting-Modells verwendet. Für Modelle ohne Policy-Komponente wird auf die präzisere Methode der „exakten“ Likelihood-Berechnung (siehe Anhang 1) zurückgegriffen.

  9. Diese Eigenschaft der sukzessiven Ausweitung (Explosion) des Modells brachte ihm von Chapman und Staelin die Bezeichnung „Exploded Logit“ ein.

  10. Vor der Anwendung des dargestellten Analyseverfahrens wurde eine Reihe von Tests zur Stabilität der gemessenen Wählerpräferenzen durchgeführt (siehe Anhang 2). Für die vorliegenden Daten legen sie den Schluss nahe, dass Wähler in der Zuweisung niederer Präferenzränge nicht weniger sorgfältig vorgehen als bei der Zuweisung höherer Ränge. Für die folgende Analyse werden daher die vollen Präferenzordnungen (A = 5) der Befragten berücksichtigt.

  11. Der Datensatz ist über das Zentralarchiv für Empirische Sozialforschung der Universität Köln verfügbar, ZA-Studiennr. 4302. Primärforscher der Studie mit dem Titel „Kampagnendynamik“ sind Rüdiger Schmitt-Beck und Thorsten Faas.

  12. Außerdem zeigte sich, dass die aus der Umfrage gewonnenen Stimmenanteile der Parteien dem tatsächlichen Wahlergebnis im Mittel näher kommen als die Prognosen einschlägiger Umfrageinstitute (vgl. Schmitt-Beck et al. 2006).

  13. Das Bildungsniveau wurde ordinal auf der Basis des höchsten Bildungsabschlusses der Befragten gemessen; die Religiosität wurde als Dummy-Variable mit Wert eins gemessen, bei mehr als zwei Kirchenbesuchen pro Jahr.

  14. Für die geschätzte Modellgleichung siehe Gleichung (5). Eine Entfernung der Kontrollvariablen führt zu keiner nennenswerten Veränderung der Ergebnisse.

  15. Eine Auswahl der Fünftpräferenz gibt es nicht, da dies nur die letzte verbleibende Alternative sein kann.

  16. Vgl. Weßels (2004) für eine ähnliche Schlussfolgerung.

  17. Genauer gesagt haben sich Wähler umso eher dafür entschlossen, einer Partei ihre Stimme zu geben, je näher deren Plattform an dem Punkt x' = x/ϕ liegt. Eine Partei mit Position x' besitzt eine diskontierte Position von ϕx' = x, was der Idealposition des Wählers entspricht. Eine Partei mit Position x' sollte dementsprechend allen anderen Parteien vorgezogen werden. Im vorliegenden Fall ergibt sich x' = x/0,69 = 1,45x.

  18. Man beachte, dass Werte von ϕ > 1 zwar theoretisch nicht vorgesehen sind, die Parameterschätzung von ϕ aus praktischen Gründen aber nicht auf das Einheitsintervall beschränkt war. Rein rechnerisch ist es daher möglich, Werte über eins zu erhalten. Die Tatsache, dass keiner der geschätzten Diskontparameter signifikant über eins liegt, wird daher als Evidenz für eine rein nähebasierte Bewertung von Parteien angesehen (vgl. Merrill/Grofman 1999).

  19. Darüber hinaus fällt auf, dass der Fehler der Koeffizientenschätzung mit der Inklusion weiterer Präferenzränge abnimmt. Dieser Effekt ist der Tatsache geschuldet, dass dem Modell sukzessive mehr Information über den zugrunde liegenden Auswahlprozess hinzugefügt wird, was in der Konsequenz zu einer präziseren Schätzung der Koeffizienten beiträgt (Chapman/Staelin 1982).

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Correspondence to Michael Herrmann.

Additional information

*Dieser Beitrag entspringt einem von der Fritz Thyssen Stiftung finanzierten Projekt (Az. 10.06.2.136). Ich danke Franz Urban Pappi und Susumu Shikano für wertvolle Hinweise. Eine frühere Version dieses Papiers wurde auf der Jahrestagung des „Arbeitskreises Wahlen und Politische Einstellungen“ 2007 präsentiert. Für zahlreiche Anregungen und Kritik danke ich Bernhard Weßels, Achim Goerres, Thorsten Faas, Bettina Westle, Kai Arzheimer, Joachim Behnke, Martin Elff und Thomas Gschwend. Für Fehler trage ich die alleinige Verantwortung.

Anhang

Anhang

1. Rangplatzbindungen und Maximum-Likelihood-Schätzung

Die Formulierung in Gleichung (5) setzt implizit voraus, dass keine Rangplatzbindungen in den Präferenzordnungen vorliegen. Eine Möglichkeit, Rangplatzbindungen in das Modell aufzunehmen – die „exakte“ Likelihood-Methode – besteht darin, Gleichung (5) um einen Term zu erweitern, der die Summe der Wahrscheinlichkeiten aller Teilrangfolgen enthält, die sich aus den Permutationen aller Alternativen, die denselben Rangplatz einnehmen, ergeben (Allison/Christakis 1994). Dieses Verfahren der exakten Likelihood-Berechnung beruht auf der Idee, dass Befragte tatsächlich eine eindeutige Präferenz zwischen allen Alternativen besitzen, auch wenn sie angeben, zwischen zwei oder mehr Alternativen indifferent zu sein. Bei der Berechnung der exakten Likelihood wird dann entsprechend über die Auftrittswahrscheinlichkeiten aller möglichen Teilrangfolgen, die sich aus den gleichrangigen Alternativen ergeben, integriert bzw. summiert.

Für die Schätzung des discounting model wird auf eine rechnerisch einfachere Approximation (Breslow 1974) dieser Likelihood zurückgegriffen: Bezeichnet man mit T r die Anzahl aller Parteien auf Rang r, dann lässt sich die Wahrscheinlichkeit einer Rangordnung mit Rangplatzbindungen annähern als (vgl. Allison/Christakis 1994; Skrondal/Rabe-Hesketh 2003):

(7)

Multiplikation von Gleichung (7) über alle Befragten i und Logarithmieren liefert folgende Log-Likelihood-Funktion für die Parteipräferenz:

(8)

Die Log-Likelihood-Funktion für das CLM der Wahlabsicht lässt sich allgemein schreiben als (vgl. McFadden 1978: 115)

(9)

wobei dk = 1, wenn Partei k gewählt wurde, ansonsten null. Aus Gleichung (6) ergibt sich die gemeinsame Log-Likelihood-Funktion von Wahlabsicht und Parteirangfolgen als Summe der Ausdrücke in (8) und (9). Die Maximierung der jeweiligen Log-Likelihood-Funktionen erfolgte mit dem Newton-Raphson-Algorithmus. Parameterkonvergenz wurde generell nach etwa 6 bis 12 Iterationen erreicht.

2. Heteroskedastizität in Rangfolgen

Eine berechtigte Sorge, die bei der Messung und Analyse individueller Präferenzen oft geäußert wird, ist, dass Befragte zwar ohne Schwierigkeiten angeben können, welche Alternative ihnen am liebsten ist, jedoch oft weit weniger sicher sind, in welche Reihenfolge sie die übrigen Alternativen bringen sollen. Im vorliegenden Fall mag beispielsweise das deutsche Wahlsystem mit seiner Möglichkeit des Stimmensplittings die Herausbildung einer klar definierten Erst- und Zweitpräferenz seitens der Wähler begünstigen, die Herausbildung späterer Präferenzränge dagegen nicht. Auch die Tatsache, dass Deutschland bisher stets von Zweiparteienkoalitionen regiert wurde, könnte dazu beitragen, dass Wähler klarer zwischen ihrer Erst- und Zweitpräferenz als zwischen ihrer Dritt- und Viertpräferenz unterscheiden. Wenn Wähler nur diffuse Präferenzen gegenüber weniger präferierten Alternativen haben, führt die Inklusion späterer Auswahlstufen zu Koeffizientenschätzungen, die gegen null hin verzerrt sind (Chapman/Staelin 1982; Hausmann/Ruud 1987).

Um zu testen, ob deutsche Wähler bei der Zuweisung späterer Präferenzränge mehr Variabilität an den Tag legen als bei der Angabe ihrer Erst- und Zweitpräferenz, werden, Allison und Christakis (1994: 216-218) folgend, Interaktionsterme zwischen den alternativenspezifischen Konstanten und einer Dummy-Variablen gebildet, die für spätere Auswahlstadien (z. B. r > 2) den Wert eins annehmen und ansonsten null sind. Anschließend wird über alle A = 5 Ränge ein Modell geschätzt, das die Interaktionsterme und alternativenspezifischen Konstanten enthält. Sofern die Zuweisung von späteren Rängen durch eine größere Varianz gekennzeichnet ist, sollten die Interaktionsterme so ausfallen, dass der Gesamteffekt aus Interaktionsterm und alternativenspezifischer Konstante näher an null liegt als die Haupteffekte allein.

Tabelle 3 zeigt die Ergebnisse zweier Modellschätzungen von Haupt- und Interaktionseffekten für die vorliegende Wahlstudie. Die erste Schätzung unterstellt eine zufälligere Zuweisung von Dritt-, Viert- und Fünftpräferenz gegenüber Erst- und Zweitpräferenz. Die zweite Schätzung unterstellt eine zufälligere Zuweisung von Viert- und Fünftpräferenz gegenüber Erst-, Zweit- und Drittpräferenz. Wie man sieht, liegt für die Mehrzahl der Koeffizienten die Summe aus Interaktionseffekt und Haupteffekt nicht näher bei null als für die Haupteffekte allein. Likelihood-Ratio-Tests belegen zwar, dass die Inklusion der Interaktionsterme in beiden Fällen signifikant zur Verbesserung der Modellanpassung beiträgt (χ²(4) = 10641,55; p < 0,05 bzw. χ²(4) = 9504,49; p < 0,05), d. h. dass sich Befragte signifikant in der Zuweisung von früheren und späteren Rangplätzen unterscheiden. Allerdings deuten die Ergebnisse nicht auf eine zufälligere Zuweisung späterer Ränge hin, sondern eher darauf, dass spätere Ränge systematisch häufiger an kleine Parteien vergeben werden als frühere.

Tabelle 3: Überprüfung von Heteroskedastizität in der Zuweisung von vorderen gegenüber hinteren Rängen

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Herrmann, M. Moderat bevorzugt, extrem gewählt. Zum Zusammenhang von Präferenz und Wahlentscheidung in räumlichen Modellen sachfragenorientierten Wählens. PVS 49, 20–45 (2008). https://doi.org/10.1007/s11615-008-0086-1

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