1 Wohlbefinden als Erfolgsgarant? – Bestandsaufnahme und Forschungsansatz

Menschen mit hohem Wohlbefinden sind erfolgreicher in der Arbeitswelt als ihre weniger glückliche Kollegenschaft. Diese These lässt sich aus dem aktuellen Forschungsstand zu Wohlbefinden von Mitarbeitenden schließen: Metaanalysen unterstreichen dessen positive Zusammenhänge mit der Gesundheit, der Qualität zwischenmenschlicher Beziehungen und der Arbeitsleistung (Kaplan et al. 2009; Lyubomirsky et al. 2005a). Für Unternehmen ist ein hohes Wohlbefinden der Beschäftigten auch mit einem ökonomischen Nutzen verbunden, da es mit einer geringeren Fluktuationsabsicht und höherer Arbeitsleistung einhergeht (Lyubomirsky et al. 2005a; Wright und Bonett 2007). Andererseits kann Arbeitsstress zu psychischen und physischen Erkrankungen, wie z. B. Depressionen, und damit zu höheren Krankenversicherungskosten und Produktionsverlusten führen (Bono et al. 2013). Es lohnt sich also aus mehreren Gründen für Unternehmen, in das Wohlbefinden ihrer Mitarbeitenden zu investieren (Cropanzano und Wright 2001).

Der Ansatz, Wohlbefinden zu fördern, um auch positive Effekte auf organisationalen Erfolg auszuüben, lässt sich im Rahmen der betriebswirtschaftlich orientierten Forschungsrichtung Positive Organizational Scholarship (POS) einordnen (Kaiser et al. 2007). Diese untersucht Umstände und positive Phänomene, die zum organisationalen Erfolg beitragen. Zurückführen lässt sich diese Forschungsrichtung auf die Positive Psychologie, die mehr und mehr an Bedeutung gewinnt – für Individuen wie auch für Unternehmen, Trainer, Coaches und Therapeuten (Seligman et al. 2006; Tomoff 2017).

Die Positive Psychologie beschäftigt sich primär mit der Entstehung, Förderung und Kultivierung positiver Emotionen, da positive Emotionen als Schlüsselfaktor für die Steigerung des Wohlbefindens gelten (Tomoff 2017). Dabei werden negative Emotionen nicht negiert, sondern als akzeptierter Bestandteil des Menschen im Zusammenspiel mit positiven Emotionen untersucht. In diesem Rahmen werden Interventionen entwickelt, die befähigende Voraussetzungen für das Leben und die persönliche Entwicklung adressieren (Seligman 2010). Genau diese auf die Förderung positiver Elemente fokussierte Sichtweise revolutionierte die sonst eher defizitorientierten Ansätze der Stressmanagementforschung, die primär auf negative Faktoren der Arbeit einging und fragte, wie diese vermieden werden können (Cropanzano und Wright 2001). Neuere Befunde zeigen, dass es für die Förderung des Wohlbefindens unzureichend ist, „nur“ das Auftreten negativer Ereignisse zu reduzieren (Bono et al. 2013). Stattdessen seien positive Ereignisse und Emotionen ganz entscheidend für die Steigerung von Wohlbefinden und damit verbundenen positiven Ergebnisgrößen, wie z. B. der Arbeitsleistung.

Forschungserkenntnisse der Positiven Psychologie konnten zeigen, dass durch gezielte Interventionen (auch: „Positive Interventionen“) das Wohlbefinden erhöht werden kann (z. B. Sin und Lyubomirsky 2009). Bisher ist jedoch kaum erforscht, wie sich diese Maßnahmen auf organisationale Ergebnisgrößen auswirken können. Aufgrund dieser Feststellung beleuchtet der vorliegende Artikel, ob und wie Positive Interventionen kritische Arbeitsgrößen wie Arbeitszufriedenheit und organisationales Commitment beeinflussen – und damit zum organisationalen Erfolg beitragen können. Der Beitrag integriert die Ergebnisse einer placebo-kontrollierten Interventionsstudie in die aktuelle Forschung und trägt dazu bei, den Nutzen Positiver Interventionen für die Arbeitswelt zu elaborieren und ihre Wirkungsmechanismen zu beleuchten. Darüber hinaus werden Unternehmen Entscheidungshilfen für oder gegen die Einbindung solcher Interventionen gegeben und Ansatzpunkte aufgezeigt, die den Erfolg Positiver Interventionen begünstigen können.

2 Zur Effektivität Positiver Interventionen

Verschiedene Ansätze erklären die Bedeutsamkeit von hohem Wohlbefinden. Nach der Happy-Productive Worker Thesis verfügen glückliche Mitarbeitende über mehr wertvolle Ressourcen, weshalb sie Chancen in ihrem Umfeld eher wahrnehmen, mehr aus sich herauskommen, hilfsbereiter, optimistischer und selbstbewusster sind (Cropanzano und Wright 2001). Die gute Nachricht dabei ist: Laut Studien sind rund 40 % der Varianz von Wohlbefinden auf absichtliche kognitive, motivationale und verhaltensbezogene Aktivitäten zurückzuführen. Freiwillige Anstrengungen und die Änderungen dieser absichtlichen Aktivitäten sind folglich vielversprechende Möglichkeiten, um das Wohlbefinden zu steigern (Lyubomirsky et al. 2005b). Diese Erkenntnisse deuten auf das Potenzial von Interventionen für die Förderung des Wohlbefindens hin (z. B. Metaanalysen von Chakhssi et al. 2018; Sin und Lyubomirsky 2009).

Positive Interventionen sind Praktiken oder bewusste Handlungen, die positive Emotionen, Kognitionen und Verhaltensweisen fördern und so das Wohlbefinden von Menschen erhöhen können (Mitchell et al. 2010; Sin und Lyubomirsky 2009). Sie beinhalten typischerweise Aktivitäten, die Personen selbstständig durchführen können (Tetrick und Winslow 2015), und sind als individuelle, verhaltensbezogene Maßnahmen einzuordnen. Die aktuelle empirische Kenntnislage weist auf die Wirksamkeit von Positiven Interventionen hin: So zeigte eine Metaanalyse mit 51 Studien zu Interventionen aus der Positiven Psychologie, dass durch ihren Einsatz sowohl das Wohlbefinden wie z. B. positiver Affekt und Lebenszufriedenheit verbessert (Mittel der Effektstärke r = 0,29) als auch depressive Symptome verringert werden können (Mittel der Effektstärke r = 0,31; Sin und Lyubomirsky 2009). Gander et al. (2016) zeigten ebenfalls signifikant positive Effekte von Positiven Interventionen auf das wahrgenommene Glück sowie negative Effekte auf depressive Symptome, die bis zu sechs Monate anhielten. Eine Metaanalyse mit ausschließlich klinischen Stichproben von Chakhssi et al. (2018) ergab, dass durch Positive Interventionen sowohl das Wohlbefinden verbessert als auch Depression und Angst von Patienten mit somatischen oder psychiatrischen Störungen vermindert werden kann. Darüber hinaus kann der Einsatz Positiver Interventionen mit einer Reduktion von Abwesenheitstagen von Beschäftigten aufgrund von Krankheit einhergehen (Kaplan et al. 2014). Es gibt jedoch auch kritischere Stimmen: Eine Metaanalyse von White et al. (2019) zeigte im Vergleich zu vorherigen Studien zwar signifikante, jedoch geringere Effekte Positiver Interventionen auf das Wohlbefinden (Mittel der Effektstärke r = 0,10), während die Effekte auf depressive Symptome eine hohe Variabilität aufwiesen und nicht signifikant waren. Insgesamt lässt sich aus dem aktuellen Forschungsstand schließen, dass Positive Interventionen zwar eher geringe bis moderate, jedoch konsistent positive Effekte auf das Wohlbefinden haben.

2.1 Die Three Good Things Intervention

Die Positive Intervention „Three Good Things“ (TGT-Intervention) beinhaltet, jeden Abend drei Dinge aufzuschreiben, die an diesem Tag gut verlaufen sind, und zu reflektieren, warum diese gut verlaufen sind (Seligman et al. 2005). Weshalb die TGT-Intervention Wohlbefinden verbessern kann, wird in der Forschung bereits in Ansätzen erklärt: Laut Bono et al. (2013) werden durch die TGT-Intervention internal kognitive Prozesse angestoßen, die Menschen dazu anregen, über positive Ereignisse nachzudenken. Insbesondere positive Dinge zu reflektieren, widerspricht zunächst der natürlichen menschlichen Tendenz zur verstärkten Auseinandersetzung mit negativen Ereignissen (Seligman et al. 2006). Durch die TGT-Intervention wird diese Tendenz aktiv unterbrochen, und neue Denkmuster werden angestoßen, was laut Bono et al. (2013) zu der vermehrten Erfahrung von positiven Emotionen führe. Diese wiederum können über verschiedene Wege, wie z. B. der Verringerung von Stresssymptomen (Siu et al. 2015), das Wohlbefinden langfristig erhöhen.

Mehrere Studien zeigen, dass die TGT-Intervention zu einer Steigerung von Glück und einer Reduzierung von depressiven Symptomen führen kann (z. B. Mongrain und Anselmo-Matthews 2012; Seligman et al. 2005; Wellenzohn et al. 2016). In einer Tagebuchstudie von Bono et al. (2013) zeigte sich außerdem, dass die Auswirkung von Konflikten zwischen dem Arbeits- und dem Privatleben auf die Stimmung am Abend durch die TGT-Intervention gemindert werden kann.

2.2 Positive Interventionen im Arbeitskontext

Während Positive Interventionen hinsichtlich ihrer Wirkung auf das Wohlbefinden und depressive Symptome bereits oftmals untersucht wurden, ist es um andere Kontexte und Ergebnisgrößen eher schwach bestellt. Es bleibt die Frage offen, inwieweit sich Positive Interventionen auch auf erfolgskritische organisationale Ergebnisgrößen wie Arbeitsleistung, Arbeitszufriedenheit oder Commitment auswirken (Meyers et al. 2013). Der Fokus auf Arbeitnehmerstichproben scheint ein erster wichtiger Ansatzpunkt zu sein, um Effekte im Arbeitskontext zu evaluieren und die bisherige Forschung, die primär auf unlimitierten Stichproben einschließlich Kindern sowie depressiver Probanden basiert, zu erweitern (ebd.).

Allerdings sind die Wirkungsprozesse, die die Effektivität von Positiven Interventionen erklären können, wenig erforscht (Tetrick und Winslow 2015). Die Broaden and Build Theory (BBT; Fredrickson 1998) legt nahe, dass persönliche Ressourcen wie das Psychologische Kapital eine wichtige mediierende Rolle spielen. Durch die Berücksichtigung solcher Mediatoren bei der Untersuchung von Interventionen können theoretische Wirkmechanismen beleuchtet und wertvolle Entscheidungshilfen für die Praxis identifiziert werden, z. B. bezüglich der Integration Positiver Interventionen in bestehende Stress-Management-Programme (Tetrick und Winslow 2015). Die vorliegende Studie untersucht daher die Effektivität einer Positiven Intervention, der TGT-Intervention, für eine Arbeitnehmerstichprobe sowie für arbeitsbezogene Ergebnisgrößen und bezieht dabei persönliche Ressourcen als potenziellen Mediator mit ein.

3 Hypothesen

3.1 Positive Interventionen und Wohlbefinden

Mit Hilfe der BBT werden im Folgenden die Wirkmechanismen der TGT-Intervention erklärt. Die BBT gilt als ein Grundlagenmodell zur Untersuchung Positiver Interventionen, da eben diese die Steigerung positiver Emotionen zum Ziel haben (vgl. Gander et al. 2013). Nach der BBT veranlassen positive Emotionen Menschen dazu, altbewährte automatische Verhaltensmuster zu verwerfen und neue, kreative Denk- und Handlungswege zu gehen (Fredrickson 1998). Dieses erweiterte Denk- und Handlungsrepertoire geht mit neuartigen Erfahrungen einher, die über die Zeit hinweg neue Ressourcen bilden, wie z. B. eine erhöhte Selbstwirksamkeit (Ouweneel et al. 2013). Über das Wachstum der Ressourcen wiederum können Individuen bestimmte Anforderungen besser erfüllen und Probleme in stressigen Situationen eher lösen (Hobfoll 2002). Nach Fredrickson (2001) führt die durch positive Emotionen erweiterte Aufmerksamkeit und Kognition außerdem zu einer erfolgreicheren Bewältigung von Widrigkeiten, die das Individuum wiederum positive Emotionen erfahren lässt. Dieses reziproke Beziehungsgeflecht verdeutlicht einen Kreislauf, der auf Dauer die psychische Belastbarkeit und das Wohlbefinden verbessert.

Auf Grundlage der zuvor erläuterten Forschungserkenntnisse zum Potenzial Positiver Interventionen, positive Emotionen zu fördern, und der BBT wird Folgendes angenommen:

Hypothese 1:

Im Vergleich zur Kontrollgruppe zeigt sich bei den Teilnehmenden der Interventionsgruppe nach Durchführung der TGT-Intervention eine signifikante Steigerung (a) des positiven Affekts, (b) des Glücksempfindens sowie (c) eine signifikante Reduzierung des negativen Affekts.

3.2 Positive Interventionen und organisationale Ergebnisgrößen

Arbeitszufriedenheit und organisationales Commitment sind zwei Ergebnisgrößen, die eine hohe Relevanz für den wirtschaftlichen Kontext aufweisen. So sind Beschäftigte mit hoher Arbeitszufriedenheit weniger geneigt, das Unternehmen zu verlassen, und zeigen tendenziell höheres freiwilliges Arbeitsengagement (Kaplan et al. 2009; Ramalho Luz et al. 2018). Studien belegen ferner, dass Commitment positiv mit Arbeitsleistung und Arbeitszufriedenheit zusammenhängt (Gulec und Samanci 2018; Jaramillo et al. 2005). In der Forschung hat sich gezeigt, dass ein hohes Wohlbefinden mit einer hohen Arbeitszufriedenheit und hohem Commitment einhergeht (Albrecht 2012; Connolly und Viswesvaran 2000). Aufgrund des Potenzials der TGT-Intervention, Wohlbefinden zu steigern, postulieren wir folgende Hypothese:

Hypothese 2:

Im Vergleich zur Kontrollgruppe zeigt sich bei den Teilnehmenden der Interventionsgruppe nach Durchführung der TGT-Intervention eine signifikante Steigerung (a) der Arbeitszufriedenheit und (b) des organisationalen Commitments.

3.3 Ressourcen steigern: Positive Interventionen und das Psychologische Kapital

Aufbauend auf der BBT kann ein positiver Effekt der TGT-Intervention auf arbeitsbezogene Ergebnisgrößen durch den Zuwachs an persönlichen Ressourcen erklärt werden: Durch den Zuwachs an Ressourcen können Beschäftigte z. B. bestimmte Anforderungen besser erfüllen und zeigen höhere Motivation (Hobfoll 2002). Folglich lässt sich annehmen, dass persönliche Ressourcen eine zentrale Rolle einnehmen, um den Wirkungsmechanismus Positiver Interventionen im Arbeitskontext zu erklären. Eine wichtige persönliche Ressource stellt das Psychologische Kapital dar, welches als ein positiver psychologischer Entwicklungszustand, bestehend aus den vier Komponenten Selbstwirksamkeit, Optimismus, Hoffnung und Resilienz, definiert wird (siehe Luthans et al. 2007).

Laut der Metaanalyse von Avey et al. (2011) hängt das Psychologische Kapital positiv mit Wohlbefinden, Commitment, Arbeitszufriedenheit und Arbeitsleistung sowie negativ mit unerwünschten Mitarbeitereinstellungen wie Fluktuationsabsicht zusammen. Bolier et al. (2013) zeigten in ihrer Metaanalyse, dass Interventionen aus der Positiven Psychologie persönliche Ressourcen steigern können. Das Entwicklungspotenzial durch Interventionen konnte auch für das Psychologische Kapital nachgewiesen werden (z. B. Luthans et al. 2008). Insgesamt kann hieraus die Entwicklungsfähigkeit des Psychologischen Kapitals durch das Erleben positiver Emotionen abgeleitet werden, weshalb Folgendes postuliert wird:

Hypothese 3:

Im Vergleich zur Kontrollgruppe weisen Teilnehmende der Interventionsgruppe nach Durchführung der TGT-Intervention signifikant höhere Ausprägungen in ihrem Psychologischen Kapital auf.

Hypothese 4:

Die Wirkung der TGT-Intervention auf Arbeitszufriedenheit und organisationales Commitment wird durch den Zuwachs an Psychologischem Kapital erklärt.

4 Methode

4.1 Stichprobe und Studiendesign

Zur Untersuchung der Hypothesen wurde eine placebo-kontrollierte Studie mit 108 Teilnehmenden (79,6 % weiblich; MAlter = 35,55, SDAlter = 11,01) an drei Messzeitpunkten durchgeführt. Zunächst beantworteten die Teilnehmenden den ersten Online-Fragebogen und wurden einer von zwei Übungen (TGT-Intervention: N = 63 oder Placebo-Übung: N = 45) zufällig zugeteilt. Darauf folgte ein siebentägiger Durchführungszeitraum für die jeweilige Übung und im Anschluss eine Post-Befragung. Nach einer Woche folgte der Follow-Up Fragebogen.

Im Rahmen der TGT-Intervention wurden die Teilnehmenden angeleitet, an sieben Tagen jeden Abend für ca. 5–10 Minuten über drei positive Ereignisse des Tages zu berichten und zu begründen, wieso sich die Dinge ereigneten (vgl. Seligman et al. 2005). Um eine Vergleichbarkeit mit anderen Studien zu schaffen, orientierten sich die Instruktion und die Beispiele der Übung an Bono et al. (2013). In der Kontrollbedingung wurden die Teilnehmenden nach Seligman et al. (2005) instruiert, an sieben Tagen jeden Abend für ca. 5–10 Minuten über möglichst frühe Erinnerungen aus der Kindheit zu reflektieren (siehe Mongrain und Anselmo-Matthews 2012).

4.2 Messinstrumente

Positiver Affekt (rt1 = 0,82, rt2 = 0,90, rt3 = 0,84) sowie negativer Affekt (rt1 = 0,81, rt2 = 0,85, rt3 = 0,84) wurden mit 12 Items der PANAS Skala von Watson et al. (1988) gemessen.

Glücksempfinden (rt1 = 0,91, rt2 = 0,94, rt3 = 0,95) wurde durch das Authentic Happiness Inventory (AHI) von Seligman et al. (2005) erfasst. Auf Grundlage des Reviews von Proyer et al. (2017) wurde eine gekürzte Version des AHI mit 19 Sets à fünf Aussagen eingesetzt, aus denen die Teilnehmenden je eine Aussage auswählen konnten.

Arbeitszufriedenheit (rt1 = 0,86, rt2 = 0,89, rt3 = 0,89) wurde anhand von zwei Items aus der deutschen Übersetzung (van Dick et al. 2001) der Job Diagnostic Survey (Hackman und Oldham 1980) gemessen.

Organisationales Commitment (rt1 = 0,92, rt2 = 0,93, rt3 = 0,95) wurde mit neun Items des Organizational Commitment Questionnaire (Porter und Smith 1970) in deutscher Fassung (Maier und Woscheé 2014) gemessen.

Das Psychologische Kapital (rt1 = 0,86, rt2 = 0,89, rt3 = 0,91) wurde anhand von 12 Items der universalen Compound PsyCap Scale (CPC-12; Lorenz et al. 2016) mit einer sechs-stufigen Skala (1 = stimme überhaupt nicht zu; 6 = stimme völlig zu) erfasst.

Wenn nicht anders berichtet, wurden die Items auf einer Skala von 1 = stimme überhaupt nicht zu (bzw. trifft gar nicht zu) bis 5 = stimme völlig zu (bzw. trifft völlig zu) gemessen.

4.3 Ergebnisse

In allen Hypothesen wurde angenommen, dass sich die Veränderung der abhängigen Variablen über die Zeit hinweg signifikant zwischen der Interventions- und der Kontrollgruppe unterscheidet. Zur Überprüfung der Hypothesen wurden Mixed ANOVAs mit zwei Gruppen (Intervention vs. Placebo) als Zwischensubjektfaktor und mit drei Messzeitpunkten als Innersubjektfaktoren (2 Bedingungen * 3 Zeitpunkte) durchgeführt.

  1. 1.

    Affektives Erleben

Abb. 1 zeigt die Veränderungen für die beiden Gruppen in ihrem affektiven Erleben. Für positiven Affekt zeigte sich kein signifikanter Interaktionseffekt (F(2, 212) = 1,16, p = 0,32, partielles η2 = 0,01), jedoch ein signifikanter Haupteffekt für die Zeit (F(2, 212) = 19,1, p < 0,001, partielles η2 = 0,15). Um zu prüfen, zu welchen Zeitpunkten sich der positive Affekt veränderte, wurde der Zeiteffekt in den zwei Gruppen jeweils anhand von paarweisen Vergleichen untersucht. Die Ergebnisse zeigten für die Interventionsgruppe signifikante Unterschiede zwischen den Messzeitpunkten t1 und t2 (Differenz = 0,34, p < 0,01) sowie t1 und t3 (Differenz = 0,53, p < 0,001). In der Kontrollgruppe stieg der positive Affekt lediglich zwischen den Messzeitpunkten t1 und t3 signifikant an (Differenz = 0,34; p < 0,05).

Abb. 1
figure 1

Mittelwerte des affektiven Erlebens nach Messzeitpunkt und Versuchsbedingung für a Positiver Affekt, b Glücksempfinden, c Negativer Affekt. Anmerkungen. Mittlere Ausprägungen der abhängigen Variablen zu verschiedenen Messzeitpunkten unter Berücksichtigung der Versuchsbedingung; Interventionsgruppe: N = 63; Kontrollgruppe: N = 45

Auch für das Glücksempfinden wurde kein Interaktionseffekt gefunden (F(1,78, 188,81) = 0,14, p = 0,87, partielles η2 < 0,01, korrigiert nach Greenhouse-Geisser), jedoch ein signifikanter Haupteffekt für die Zeit (F(1,78, 188,81) = 19,63, p < 0,001, partielles η2 = 0,16, korrigiert nach Greenhouse-Geisser). Paarweise Vergleiche des Zeiteffekts in den jeweiligen zwei Gruppen zeigten für die Interventionsgruppe signifikante Unterschiede zwischen allen drei Messzeitpunkten (t1 und t2: Differenz = 0,13, p < 0,01; t1 und t3: Differenz = 0,23, p < 0,001; t2 und t3: Differenz = 0,10, p < 0,01). In der Kontrollgruppe stieg das Glücksempfinden zwischen den Messzeitpunkten t1 und t3 signifikant an (Differenz = 0,19; p < 0,05).

Für negativen Affekt zeigte sich ein signifikanter Interaktionseffekt zwischen der Gruppenzugehörigkeit und der Zeit (F(2, 212) = 3,19, p < 0,05, partielles η2 = 0,03). Auch hier wurden paarweise Vergleiche eingesetzt, um zu prüfen, zu welchem Zeitpunkt sich der negative Affekt signifikant veränderte. Die Ergebnisse zeigten signifikante Unterschiede zwischen allen drei Messzeitpunkten für die Interventionsgruppe (t1 und t2: Differenz = −0,41, p < 0,01; t1 und t3: Differenz = −0,69, p < 0,001; t2 und t3: Differenz = −0,28, p < 0,05). In der Kontrollgruppe zeigten sich zu keinem Zeitpunkt signifikante Veränderungen.

Insgesamt kann nur Hypothese 1c mit einem signifikanten Interaktionseffekt bestätigt werden. Für Hypothese 1a und 1b zeigen sich ebenfalls Veränderungen in die postulierte Richtung, jedoch stellenweise sowohl für die Interventions- als auch für die Kontrollgruppe.

  1. 2.

    Arbeitsbezogene Ergebnisgrößen

Es zeigten sich keine signifikanten Interaktionseffekte für Arbeitszufriedenheit (F(2, 212) = 0,61, p = 0,55, partielles η2 < 0,01) und organisationales Commitment (F(1,6, 169,79) = 0,25, p = 0,73, partielles η2 < 0,01; korrigiert nach Greenhouse Geisser; Abb. 2). Es wurden ebenfalls keine signifikanten Haupteffekte für die Zeit oder Gruppenzugehörigkeit gefunden. Daher wird Hypothese 2 verworfen.

  1. 3.

    Psychologisches Kapital

Abb. 2
figure 2

Mittelwerte der arbeitsbezogenen Ergebnisgrößen nach Messzeitpunkt und Versuchsbedingung für a Arbeitszufriedenhei, b organisationales Commitment. Anmerkungen. Mittlere Ausprägungen der abhängigen Variablen zu verschiedenen Messzeitpunkten unter Berücksichtigung der Versuchsbedingung; Interventionsgruppe: N = 63; Kontrollgruppe: N = 46

Auch für das Psychologische Kapital konnte kein signifikanter Interaktionseffekt zwischen der Gruppenzugehörigkeit und dem Zeitfaktor gezeigt werden (F(1,89, 199,98) = 2,13, p = 0,12, partielles η2 = 0,02; korrigiert nach Greenhouse-Geisser; siehe Abb. 3). Es wurde jedoch ein signifikanter Haupteffekt der Zeit gefunden (F(1,89, 199,98) = 7,09, p < 0,01, partielles η2 = 0,06; korrigiert nach Greenhouse-Geisser). Bei separater Betrachtung weist die Entwicklung des Psychologischen Kapitals in den Gruppen hypothesenkonforme Unterschiede auf: Paarweise Vergleiche in der Interventionsgruppe zeigten signifikante Mittelwertsunterschiede zwischen den Zeitpunkten t1 und t3 (Differenz = 0,201, p < 0,001) sowie zwischen t2 und t3 (Differenz = 0,106; p < 0,05). Für die Kontrollgruppe zeigten sich dagegen keine signifikanten Unterschiede über die Zeit (Abb. 3). Obwohl der Interaktionseffekt für das Psychologische Kapital nicht signifikant wurde und Hypothese 3 nicht angenommen werden kann, veränderte sich das Psychologische Kapital lediglich in der Interventionsbedingung signifikant positiv.

  1. 4.

    Einfluss des Psychologischen Kapitals auf arbeitsbezogene Ergebnisgrößen

Abb. 3
figure 3

Mittelwerte des Psychologischen Kapitals nach Messzeitpunkt und Versuchsbedingung. Anmerkungen. Mittlere Ausprägungen der abhängigen Variable zu verschiedenen Messzeitpunkten unter Berücksichtigung der Versuchsbedingung; Interventionsgruppe: N = 63; Kontrollgruppe: N = 46

In Hypothese 4 wurde angenommen, dass die Wirkung der TGT-Intervention auf die arbeitsbezogenen Ergebnisgrößen durch das Psychologische Kapital erklärt wird. Dies sollte mit einer Mediationsanalyse mit dem PROCESS Makro in SPSS geprüft werden. Jedoch zeigten die Ergebnisse der Mixed ANOVA, dass die arbeitsbezogenen Ergebnisgrößen von der TGT-Intervention nicht signifikant beeinflusst wurden. Ebenso zeigte die Mediationsanalyse keinen signifikanten totalen Effekt der Gruppenzugehörigkeit (für Arbeitszufriedenheit: β = −0,01, p = 0,96; für organisationales Commitment: β = 0,09, p = 0,65) wie auch keinen signifikanten indirekten Effekt über das Psychologische Kapital (für Arbeitszufriedenheit: indirekter Effekt = −0,09, 95 %-Konfidenzintervall (KI) [0,29; 0,09]; für organisationales Commitment: indirekter Effekt = −0,08, 95 %-KI [−0,28; 0,08]). Dementsprechend muss Hypothese 4 verworfen werden.

5 Diskussion und Implikationen für die Praxis

Im Zentrum des vorliegenden Beitrags steht die Fragestellung, ob und durch welche Mechanismen sich eine Intervention aus der Positiven Psychologie im Arbeitskontext auswirken kann. Im Einklang mit dem aktuellen Forschungsstand (z. B. Wellenzohn et al. 2016) zeigt unsere Studie, dass die TGT-Intervention den negativen Affekt von Mitarbeitenden vermindern kann. Darüber hinaus zeigte sich ebenfalls eine tendenzhafte Verbesserung des positiven Affekts und des Glücksempfindens – jedoch nicht nur in der Interventionsgruppe, sondern, etwas schwächer, ebenfalls in der Kontrollgruppe. Diese Ergebnisse stellen eine Diskrepanz zu vorheriger Forschung dar (z. B. Gander et al. 2013), sind mit Blick auf den kurzen Untersuchungszeitraum allerdings nachvollziehbar (Seear und Vella-Brodrick 2013). Auch in der Studie von Seligman et al. (2005) zur TGT-Intervention verbesserte sich kurzfristig ebenfalls das Wohlbefinden in der Kontrollgruppe, langfristig waren diese positiven Veränderungen jedoch nur in der Interventionsgruppe zu sehen.

Hinsichtlich der Verbesserung von Arbeitszufriedenheit und organisationales Commitment scheint die TGT-Intervention in einem Zeitraum von zwei Wochen nicht wirkungsvoll zu sein. Aufgrund des starken Zusammenhangs zwischen Wohlbefinden und organisationalen Ergebnisgrößen (Kaplan et al. 2009; Lyubomirsky et al. 2005a) scheint es jedoch möglich, dass sich die Effekte der Intervention erst zu einem späteren Zeitpunkt bemerkbar machen (z. B. nach drei Monaten; vgl. Seligman et al. 2005). Zudem deuten die Ergebnisse der paarweisen Vergleiche darauf hin, dass die TGT-Intervention das Potenzial hat, das Psychologische Kapital zu steigern. Dies sollte in zukünftigen Studien validiert werden.

Insbesondere in Verbindung mit bisherigen Forschungsergebnissen und den Annahmen der BBT kann festgehalten werden, dass die TGT-Intervention im Arbeitskontext eingesetzt werden könnte, um das positive affektive Erleben sowie persönliche Ressourcen zu fördern. Positive Auswirkungen eines hohen Psychologischen Kapitals auf organisationale Ergebnisgrößen sind langfristig zu erwarten (vgl. Avey et al. 2011; Fredrickson 1998). Insgesamt ist dabei klar zu empfehlen, die Übung in Organisationen auf freiwilliger Basis über einen längeren Zeitraum fortzuführen, da dies nachweislich die nachhaltigsten Ergebnisse für verschiedenste Ergebnisgrößen aufweist (Gander et al. 2013).

Darüber hinaus verdeutlichen die Ergebnisse, dass mehrere Stellschrauben notwendig sind, um arbeitsbezogene Ergebnisgrößen zu beeinflussen: Nach dem Job Demands-Resources Model spielen neben persönlichen Ressourcen auch arbeitsbezogene Ressourcen und Arbeitsanforderungen eine große Rolle für das Engagement und die Leistung von Beschäftigten (Bakker 2009). Um arbeitsbezogene Ergebnisgrößen möglichst effektiv zu steigern, lässt sich folglich ein ganzheitlicher Ansatz auf Verhaltens- und Verhältnisebene empfehlen, der die persönlichen Ressourcen von Beschäftigten stärkt, aber auch arbeitsbezogene Ressourcen fördert sowie Arbeitsanforderungen angemessen gestaltet (vgl. Lorente et al. 2014). Neben dem Einsatz von Positiven Interventionen sollten Organisationen daher ein unterstützendes Betriebsklima fördern, z. B. indem positive Ereignisse auf der Arbeit, wie positives Feedback, aktiv adressiert und wertgeschätzt werden (Bono et al. 2013). Empfehlenswert ist hier auch, die TGT-Übung zu erweitern und z. B. in Team-Meetings zu integrieren, in denen regelmäßig bewusst über positive Ereignisse und Erfolge berichtet wird. Unterstützungsmechanismen, wie z. B. das Bereitstellen qualitativen Feedbacks oder Coachings durch die Führungskraft, sind weitere Beispiele, um Ressourcen innerhalb des Unternehmens zu fördern (Xanthopoulou et al. 2009). Des Weiteren scheint es effektiver zu sein, verschiedene Positive Interventionen anzubieten und die Beschäftigten die zu ihren Bedürfnissen passende auswählen zu lassen (Parks et al. 2012).

Abschließend lässt sich festhalten, dass der Einsatz von Positiven Interventionen Potenzial zur Förderung des positiven affektiven Erlebens sowie wertvoller persönlicher Ressourcen haben kann. Dies sollte in zukünftigen, längerfristig angelegten Interventionsstudien weiter validiert werden. Insgesamt lässt sich die TGT-Intervention als eine der einfachsten und effektivsten Interventionen aus der Positiven Psychologie (Peters et al. 2013) mit wenig Aufwand gewinnbringend in die Praxis integrieren: Indem Beschäftigte einige Minuten täglich für sich persönlich positive Ereignisse niederschreiben oder mit anderen teilen, können sie neue Denkmuster trainieren und ihren Blick auf das Positive und mögliche Ressourcen in ihrem Umfeld schärfen. So kann sie im Rahmen von Ressourcentrainings oder Coachings eingesetzt werden, um Möglichkeiten herauszuarbeiten, die anhand der Übung identifizierten Ressourcen zu aktivieren und für den Umgang mit Arbeitsanforderungen zu nutzen. Es ist jedoch hervorzuheben, dass die Intervention in Kombination mit anderen, insbesondere mit verhältnisbezogenen Maßnahmen wohl den nachhaltigsten Einfluss auf das Wohlbefinden wie auch auf arbeitsbezogene Ergebnisgrößen hat.