Neue Steuerungsmodelle sind ein wesentlicher Bestandteil von Prozessen der Verwaltungsmodernisierungen und Bildungsakteure setzen sie auch im Bildungsbereich z. B. im kommunalen Bildungsmanagement, in der Schule oder in der Hochschule ein. Ein zentrales Versprechen der Neuen Steuerung besteht in einem Paradigmenwechsel weg von der hierarchischen Steuerung hin zu einer Dezentralisierung staatlicher Aufgaben (Döbert und Weishaupt 2015, S. 15 f.). Das Versprechen geht unmittelbar auf die Hoffnung zurück, die kommunale Bildungspolitik durch datenbasierte Steuerung und Handlungsempfehlungen besser zu managen und damit die Rahmenbedingungen für Bildung zu verbessern (ebd., S. 19).

Die Frage, die sich für die Kommunen stellt, ist, worin nun ihre Aufgaben im Bildungsmanagement bestehen können und welche Möglichkeiten es für den Bildungsbereich bietet. Die zweite Frage ist, worin mögliche Grenzen der Kommunalisierung von Aufgaben im Bildungsbereich bestehen und ob die Kommunalisierung Kommunen bei der Bewältigung von Bildungsaufgaben überfordern können (Grohs et al. 2012, S. 126).

Der vorliegende Artikel geht diesen Fragen nach und stellt zunächst den für die Analyse wesentlichen Forschungsstand über die Neue Steuerung am Beispiel vom Datenbasierten Kommunalen Bildungsmanagement (DKBM) dar. Der Artikel zeigt auf, dass es eine eindimensionale Antwort nicht geben kann, sondern der Auf- und Ausbau des DKBM von der Ressourcenausstattung der Kommunen und der Qualität der Aufgabenübertragung abhängt (Grohs et al. 2012, S. 142 ff.).

Im Mittelpunkt des Artikels steht neben dem Theorieteil die Analyse von 11 Interviews, die mit der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring ausgewertet wurden. Durch diese Auswertung sowie der Herausarbeitung von Unterschieden werden Möglichkeiten und Grenzen des DKBM als Neue Steuerung überprüft und die Fragestellung betrachtet, ob und wie Kommunen Bildung managen können.

1 Theorie/Forschungsstand zu neuen Steuerungsmodellen und DKBM – Möglichkeiten und Grenzen

Im Fokus der Untersuchung steht die Frage, inwiefern Bildungsprozesse von Kommunen gesteuert werden können und welche Steuerungsmodelle dabei angewendet werden. Die Hypothese ist, dass sich neue Steuerungsmodelle etablieren, die für einen Paradigmenwechsel weg von der hierarchischen Steuerung hin zu einer Handlungskoordination stehen (Döbert und Weishaupt 2015, S. 16).

Bei Governance geht es nicht mehr um einen Steuerungserfolg (Mayntz 2006, S. 12; Tegge 2015, S. 25) entlang eines strengen hierarchischen Regelwerks und hierarchischer Ordnungen, sondern sie ermöglicht und intensiviert die Vernetzung von Akteuren und Institutionen auf verschiedenen Ebenen (Döbert und Weishaupt 2015, S. 15).

Damit ist die Komplexität einer Neuen Steuerung schon angedeutet. Mit einem Bildungsmanagement sollen vor allem die Rahmenbedingungen und organisationalen Voraussetzungen zur Ermöglichung von Lernprozessen gesteuert werden (Gütl und Orthey 2006, S. 17). Neue und Alte Steuerung unterscheiden sich dabei laut Döbert und Weishaupt (2015, S. 16 ff.) wie folgt (Tab. 1).

Tab. 1 Neue und alte Steuerung

1.1 Kernkomponenten des DKBM – Von der Strategie über die Koordination und Kooperation zur Gestaltung einer Bildungslandschaft

In unserem Beitrag geht es um einen spezifischen Ansatz der Bildungssteuerung gehen, um das Datenbasierte kommunale Bildungsmanagement (DKBM), das „zur Herstellung von Bildungsgerechtigkeit auf der Grundlage von datenbasierten strategischen Entscheidungen zur Verbesserung der Bildungsangebotsstruktur für Bürgerinnen und Bürger“ (Greskowiak und Stefan 2011, S. 4) beitragen soll. Für eine gelingende Umsetzung auf kommunaler Ebene hat die wissenschaftliche Begleitung des vom Bund finanzierten Programms „Transferinitiative Kommunales Bildungsmanagement“ (2014–2022) sieben Kernkomponenten für ein DKBM entwickelt: strategische Zielsetzung, Datenbasierung, interne und externe Kooperation, Koordination, Qualitätsentwicklung sowie öffentlicher Bildungsdiskurs (Euler et al. 2018, S. 113).Footnote 1

Die erstgenannte Kernkomponente für ein gelungenes DKBM ist die Entwicklung strategischer bildungspolitischer Ziele, die sich auch in der gesamtkommunalen Strategie wiederfinden sollten. Mit einer solchen strategischen Bildungsplanung sowie mit integrierten Fachplanungen ist es möglich, Maßnahmen abzuleiten und ein nachhaltiges Bildungssystem zu entwickeln (Greskowiak und Stefan 2011, S. 4 ff.). Die Basis für das kommunale Bildungsmanagement und die daraus abgeleiteten Entscheidungen bildet das Bildungsmonitoring mit der hierfür generierten bildungsbezogenen Datengrundlage. Dieses analysiert wesentliche Aspekte des Bildungssystems und sammelt bildungsbezogene Daten, die dann von den Bildungsmanager:innen so aufbereitet werden, dass Steuerungswissen generiert wird, Handlungsbedarfe aufgedeckt werden und eine objektive, neutrale, transparente Datenbasis sichergestellt wird (Euler et al. 2016, S. 17 f.). Das zugrundeliegende Verständnis zur strategischen Bildungsplanung ist das einer Bildungslandschaft, die Kommunen nach dem Motto des Lebenslangen LernensFootnote 2 in formalen, informellen und nonformalen Bildungsbereichen gestalten, weil Bildung immer mehr zu einem zentralen Feld der kommunalen Daseinsvorsorge avanciert (Transferagentur Bayern 2020, S. 4). Die Koordination dient dazu, die strategischen Ziele in Maßnahmen umzusetzen sowie aufeinander abzustimmen und zu organisieren. Für ein gelingendes DKBM müssen sowohl die verwaltungsinternen Stellen erfolgreich zusammenarbeiten als auch die verwaltungsexternen Akteure der Bildungsinstitutionen miteinander kooperieren (Euler et al. 2016, S. 14 ff.). Eine reine Koordination der verschiedenen Beteiligten am Bildungsdiskurs reicht allerdings nicht für ein nachhaltiges und erfolgreiches DKBM, wie es in der eingangs aufgeführten Definition zitiert wird, aus. Es ist unerlässlich, ebenso die Bildungsakteure und Bürger:innen am Diskurs zu beteiligen und Mitentscheidungsmöglichkeiten z. B. im Rahmen von Bildungskonferenzen oder Bildungsbeiräte zu ermöglichen, in deren Rahmen sie Bedarfe äußern, Themen setzen und Transparenz erhöhen können (ebd.).

1.2 Herausforderungen: zwischen „blame shifting“ und gelingenden Rahmenbedingungen des DKBM

Die spezifischen Herausforderungen eines gelingenden DKBM zur Gestaltung einer breit aufgestellten Bildungslandschaft sind komplex und erfordern die gleichzeitige/parallele Erfüllung vielfältiger Voraussetzungen. Das kommunale Bildungsmanagement hat in einigen Kommunen aufgrund eher schwieriger Rahmenbedingungen wie einem Sparzwang verbunden mit dem Abbau von bewährten Strukturen auch zu negativen Folgen wie beispielsweise zu einer Überforderung der Verwaltung geführt. Grohs et al. (2012, S. 143) haben dies in einem Vergleich zwischen Kommunen in Deutschland, England und Frankreich am Beispiel der Dezentralisierung der Bildungs- und Sozialpolitik herausgearbeitet. Durch eine an den Anforderungen gemessene zu geringe finanzielle Ausstattung und der daraus resultierenden Vernachlässigung von Aufgaben können Kommunen gegenüber dem Staat in eine „Opferrolle“ („blame shifting“) geraten, weil sie durch zu viele vom Staat delegierte Aufgaben überfordert werden. Als Ergebnis der Untersuchung wird gleichzeitig deutlich, dass die freiwilligen kommunalen Aufgaben nicht mehr einfach aufgegeben werden können, sondern für die kommunale Arbeit konstitutiv geworden sind und von den Bürger:innen erwartet werden (ebd., S. 126; 135 f.).

Grohs et al. (2012) stellen jedoch gleichsam fest, dass die Dezentralisierung von Aufgaben neben den beschriebenen negativen Folgen auch zur Professionalisierung der Arbeit und einer Kundenorientierung (ebd., S. 127) sowie einer verbesserten Koordinationsfähigkeit von Aufgaben wie der „Abstimmung zwischen Fachbereichen; Konfliktintensität der Abstimmungsprozesse; Beitrag zur Problemlösung“ (ebd.) führen kann. Sie verdeutlichen am Beispiel der Kommunen in Schweden, dass eine Dezentralisierung erfolgreich ist, wenn sie über eine hohe Finanzautonomie und gute Finanzausstattung verfügen (ebd., S. 144).

Zudem hängt der Erfolg des DKBM unmittelbar von den politischen Akteuren innerhalb und außerhalb der Verwaltung ab. So sieht Brüggemann (2021, S. 348 ff.) die Herausforderungen vor allem in der politischen Umsetzung durch die politische Spitze, weil oftmals die Entscheidungen der kommunalen Akteure kaum oder gar nicht durch das DKBM tangiert werden. Stattdessen profilieren sich die politischen Akteure lediglich damit ein Bildungsmanagement etabliert zu haben, beziehen es aber meistens nicht in ihre Entscheidungen mit ein (ebd.).

Auch Duveneck arbeitet positive und negative Folgen der Kommunalisierung von Aufgaben am Beispiel der Bildung heraus. Die negativen Folgen entstehen vor allem durch das Wettbewerbsprinzip, das dem der Pädagogik entgegensteht. Demgegenüber fördert die Kooperation der pädagogischen Fachkräfte (mit der Wissenschaft und mit Akteuren der Zivilgesellschaft) die fachliche Gestaltung ihrer Arbeit und sensibilisiert die pädagogischen Fachkräfte für eine sozialintegrative Praxis ohne Reproduktion der Wettbewerbslogik (Duveneck 2016, S. 110–135). Ein funktionierendes kommunales Bildungsmanagement initiiert Lernprozesse für eine bessere Koordination der Verwaltung, die Bildungszugänge verbessert und die kommunale Steuerung von Bildungsangeboten z. B. für Flüchtlinge möglichst bedarfsgerecht abstimmt (Duveneck 2020).

Geeignete Rahmenbedingungen ermöglichen dem Bildungsmanagement eine bedarfsorientierte Kooperation mit verwaltungsinternen und externen Akteuren mit dem Ziel einer Gestaltung der Bildungslandschaften.

2 Methodik – Auswertung der leitfadenbasierten Experteninterviews mit der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring

Die Studie des vorliegenden Beitrags basiert auf der Auswertung von leitfadenbasierten Interviews, die Mitarbeiter:innen der Transferagentur BayernFootnote 3 (TAB) im Sommer 2020 durchgeführt haben. Das Sample umfasst 11 Personen aus dem kommunalen Bildungsmanagementbereich (sechs leitende, fünf operativ tätige Personen). Der Feldzugang ergab sich durch die alltägliche Beratungsarbeit der TAB. Die Interviewpartner*innen stammen aus Vertreter*innen von Kommunen mit unterschiedlichen DKBM-Entwicklungsständen. Es sind sowohl Städte als auch Landkreise repräsentiert.Footnote 4

Die Interviewpartner*innen werden als Expert*innen bestimmter Organisationwelten und Konstellationen angesehen (Mayring 2015, S. 33), wobei zu beachten ist, dass ihre Kommunikation von ihren Organisationen beeinflusst wird und deshalb das Gesagte auch im Hinblick auf das Organisationsgeschehen zu verstehen ist (Klemm und Liebold 2016, S. 2).

Die Experteninterviews wurden mit der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring ausgewertet. Bei der Methode handelt es sich um ein qualitatives Untersuchungsdesign, das einen offenen und explorativen Zugang mit dem Ziel der Hypothesenbildung in Bezug zu der Leitfrage und zum Forschungsgegenstand ermöglicht. Das handlungspraktische Wissen der Expert*innen steht bei der Auswertung im Zentrum (Gläser-Zikuda 2013, S. 137; Mayring 2015, S. 17 ff., 22 ff.).

Mit der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring erfolgte eine systematische, intersubjektiv überprüfbare, komplexitätsgerechte sowie regel- und theoriegeleitete Auswertung (Mayring 2015, S. 10, 13). Bei der Analysetechnik handelt es sich um eine strukturierende Inhaltsanalyse. Die Kategorienanwendung erfolgt nach einer deduktiven Logik und die Interpretation mit Hilfe der skalierenden Strukturierung. Im Mittelpunkt steht die Einordnung von Ausprägungen in Einschätzungsdimensionen, die nach dem theoretischen Interesse als besondere Bedeutungsgegenstände gelten. Ziel war es, intra- und interindividuelle Differenzen herauszuarbeiten und die Ausprägungen anhand einer Skala zu vergleichen und in Kontrast zueinander zu setzen (ebd., S. 64, 106 ff.). Der nächste Schritt hierbei wäre die Skalierung in drei Stufen mit weiteren Fällen zu sättigen, welche den Entwicklungsstände in den Kommunen (siehe oben) entsprechen, wofür allerdings die Datenbasis noch ausgebaut werden müsste. Die gebildeten Kategorien wurden zuerst am Material überprüft, mit dem Ziel Hypothesen zu generieren (Gläser-Zikuda 2013, S. 139). Danach wurden die Strukturierungsdimensionen durch das Wechselspiel zwischen Fragestellungen und Theorien gebildet, wodurch ein Kategoriensystem mit Definitionen und Kodierregeln entstand, welches durch Ankerbeispiele unterfüttert wurde (ebd., S. 143; Mayring 2015, S. 61). Die Kategorien orientieren sich an den, auf einem offenen Leitfaden basierenden, Interviewleitfragen. Diese wurden wiederum drei Themenkomplexen zugeordnet. In dem ersten Komplex ging es um die bisherigen Entwicklungen des DKBM in den jeweiligen Kommunen, in dem Zweiten um die gegenwärtige Situation in den Kommunen und die abschließenden Interviewleitfragen richteten den Blick auf die Zukunft und relevante Bildungsthemen. Die Textanalyse erfolgte mit Hilfe der MAXQDA-Software.

Mit dieser Methode war es möglich Kriterien wie Strategie, Koordination, Kooperation, Akzeptanz und Gelingensbedingungen/Herausforderungen sowie das zugrundeliegende Verständnis von Bildung und Bildungsmanagement näher zu bestimmen. So konnte durch eine vergleichende Auswertung und der Herausarbeitung von Unterschieden, Grenzen und Möglichkeiten des DKBM als Neue Steuerung überprüft werden.

3 Empirische Ergebnisse – Kooperation, Koordination und Steuerung im kommunalen Bildungsmanagement

Die Auswertungen der Kategorien Strategie, Koordination und Kooperation ermöglichen einen Abgleich der theoretischen Erkenntnisse mit den empirischen Befunden, die zunächst dargestellt und im nächsten Kapitel im Zusammenhang interpretiert werden.

Nahezu alle Interviewpartner sehen die Steuerung des DKBMS sinngemäß als Partnerschaft, bei der die Bildungsmanager:innen zwar eingebunden sind, ohne jedoch federführend zu sein (I1, P.54; I8, P.8,12). Die Bildungsmanager:innen sprechen von Steuerung und Koordination, wenn es um kurzfristige Aktivitäten auf der Projektebene oder um die Einbringung der eigenen Arbeitskraft geht (I7, P.32; I8; P.12; I10, P.18). So befinden sich die meisten der befragten Kommunalvertreter:innen in einem projektbezogenen Strukturaufbau und beschäftigen sich mit der Erarbeitung von Pilot- und Modellprojekten oder von Rahmenkonzepten (I5, P.38; I7, P.28; I10, P.40; I11, P.8): „diese strategischen Projekte, die Modellprojekte, die habe schon ich dann auch konzipiert“ (I10, P.16). Der Rückhalt der Behörde erleichtert in der Regel die Planung der neuen Strukturen: „Wir haben wirklich strategisch an Projekten gearbeitet und haben versucht, Strukturen zu schaffen. Und um diese Strukturen zu schaffen, war es wirklich gut, sich so ein Standing in der Behörde zu erarbeiten“ (I10, P.2). Dieses partnerschaftliche Verständnis findet sich auch im Falle einer etwas anders gelagerten Variante von Steuerung als eine „integrierte, gemeinsame Planung (…) im Miteinander mit verschiedenen Expertisen und verschiedenen Sichtweisen auch komplementär zur Bildung und über Bildung hinaus“ (I8, P.61) wieder. Die Zusammenarbeit und partnerschaftliche Steuerung spielt auch insofern eine entscheidende Rolle für das strategische Arbeiten, da als Kooperationspartner vor allem Akteure mit Steuerungsmacht und großen Netzwerken gewählt werden, auf die zu Gunsten der Ziele des DKBMs Einfluss genommen wird (I8, P.8,2;13; I2, P.164). Auch die Kooperation trägt zum Gelingen der Arbeit für das DKBM bei. Sie ermöglicht, das Erkennen, Bearbeiten und die Deckung von Bedarfen und die gemeinsame Nutzung von Ressourcen wie beispielsweise durch gegenseitige Beratung und Unterstützung, das Fördern von Bekanntheit, das Sichtbarmachen der Arbeit und eine breitere Akzeptanz von Handlungsempfehlungen (I11, P.16; I8, 26,68; I6, P.10; I7, P.3).

Die Auswertung der Interviews zeigt, dass entscheidende Gelingensbedingungen für den DKBM-Aufbau neben der Akzeptanz (siehe oben) der Rückhalt der politischen Spitze und der Sachgebietsleitung sind (I10, P.2; I3, P.68; I8, P.32). Dieser politische Rückhalt ist wichtig, weil die Bildungsmanager:innen so Gestaltungsraum erhalten, Projekte konkret umsetzen und in deren Folge Anerkennung für ihre Leistung erhalten: „Die sind immer bekannt. Die werden immer mitgetragen. Da können Sie gestalten. Wenn Sie (…) den Landrat überzeugen, das in das Gremium bringen dürfen, dann haben Sie ganz viel Gestaltungsmöglichkeit“ (I10, P.40). Trotz einer thematischen Vernetzung mit dem Landratsamt und mit Stakeholdern, ist der Rückhalt dann nicht nachhaltig, wenn die Akzeptanz nicht so vorhanden ist, dass sie auch eine adäquate personelle Ausstattung ermöglicht (I8, P.2). Noch schwieriger ist es allerdings, wenn der Rückhalt in einer Kommune fehlt und ungeklärte Zuständigkeiten zu Unstimmigkeiten zwischen verschiedenen Ebenen in und außerhalb der Verwaltung führen (I2, P.54,190,128; I8, P.77).

So erschwert die Zusammenarbeit mit geschlossenen Systemen (wie z. B. Schulen) die Kooperationen. Außerdem behindern eingefahrene Verwaltungsprozesse den Auf- und Ausbau des DKBM (I8, P.18,34; I3, P.62). In diesen Fällen fehlt es an der für den Erfolg erforderlichen Akzeptanz und Struktur. Zudem ist das Gelingen von einem gemeinsamen Vorgehen abhängig: „Was tatsächlich für mich nicht ganz sicher sein wird, in welchem Maße wir eingreifen können (…), weil da einfach so viele verschiedene Interessen zusammengehen (…) und auch [wegen] Zuständigkeitsgeschichten da sehr, sehr begrenzt Einflussmöglichkeiten haben“ (I1, P108).

Die Expert:innen sehen ihre Aufgabe vor allem bei der Auswahl und dem Zusammenbringen geeigneter Akteure, dem Bilden von Netzwerken, dem Initiieren von Kooperationen und der Koordination über Möglichkeiten der Vernetzung durch Veranstaltungen und digitale Plattformen (I1, P.54, 86; I7, P.18; I4, P.30, P.78): „Also ohne das DKBM hätte das nicht, und diese Vernetzung, die wir dadurch aufgebaut haben, hätten wir das nicht geschafft“ (I11, P.23).

Bei Beispielen, die die Interviewpartner:innen als koordinierende Aufgaben für das DKBM beschrieben haben, waren die interne Kooperation sowie die externe Vernetzung zentral und aufgrund solcher Kooperationen konnte die Koordination funktionieren (I5, P.12; I11, P.23). Voraussetzung dafür war ein Gestaltungsraum für das DKBM durch nicht zu eng gefasste Zuständigkeiten, die eine Zusammenarbeit erschwert hätten, und eine gemeinsame Bedarfsanalyse, die akteursübergreifend akzeptiert wurde (I2, P.128; I10, P.6,16). Dadurch konnten die Bildungsmanager:innen ohne die Fokussierung auf Zuständigkeiten gemeinsam mit anderen Akteuren Themen so bearbeiten, dass die Bedarfe der Bürger:innen nicht auf dem Weg zwischen Bildungsanbietern (und verschiedenen Rechtskreisen) verloren gehen (I3, P.6; I11, P.5): „da arbeiten wir ja ganz, ganz stark (…) zusammen, um einfach diejenigen, die durch das Raster fallen, irgendwo auffangen zu können“ (I1, P.16).

Das DKBM arbeitet akteurs- und bedarfsorientiert, wenn das Bildungsmanagement „an einer neutralen Stelle“ (I4, P.78) im Landratsamt aufgehängt ist und eine anerkannte Koordinationsfunktion für „die zuständigen Player“ (ebd.) hat. Dann besteht die Möglichkeit, dass entlang von zugespielten Bedarfen entschieden werden kann, „welche Akteure“ sie „im Netzwerk zusammenbringen“ (I4, P.30).

Erschwert wird die Arbeit, wenn trotz der Etablierung eines Bildungsbeirats noch „mit sehr, sehr viel Fingerspitzengefühl“ (I1, P54) gearbeitet werden muss, um das Vertrauen der Kolleg:innen zu gewinnen und zu erhalten. Vertrauen ist somit ebenfalls ein zentraler Gelingensfaktor für das DKBM: „Und das hat sehr viel Vertrauen auch in der Verwaltung geschaffen und damit eben auch einen Zusammenhalt letztendlich erzeugt, der früher so nicht da war“ (I6, P.34).

Für die Koordination ist in vielen Kommunen in unterschiedlicher Abstufung Vernetzung, oder synonym verwendet Kooperation, eine wesentliche Voraussetzung. Sie ermöglicht es sogar, eine sehr weitreichende soziale Daseinsvorsorge aufzubauen und nicht nur einzelne Probleme zu lösen: „Diese Basis zu schaffen, dass es Räume gibt, wo sich Menschen treffen und so weiter, also (…) nicht an einzelnen Symptomen zu doktern, sondern auch miteinander im Landkreis wirklich für so diese Art sozialer Daseinsvorsorge Wege zu finden“ (I8, P.60). Die interne Kooperation erhöht die Nutzung von Synergieeffekten und dadurch auch die Nutzbarkeit für die Bürger:innen (I1, P.56). Für die externe Kooperation ist der Austausch mit den Akteuren einen wesentlichen Erfolgsfaktor (I2, P.60; I10, P.2). Dies liegt maßgeblich an dem kürzeren Weg zur politischen Spitze (I7, P.74). Hervorzuheben ist außerdem die erhebliche Bedeutung einer guten internen Kooperation für die Einbindung externer Akteure: „Und das hilft natürlich, wenn man dann vom Amt her sozusagen eine Linie fährt, dass auch darüber hinaus die amtsexternen Personen und Organisationen mit eingebunden werden können“ (I11, P.2).

4 Diskussion – Wie und unter welchen Bedingungen kann das DKBM Bildung managen?

Die Kommunen sind geeignete Akteure, um Bildung und deren Rahmenbedingungen zu managen. Für das Gelingen des Bildungsmanagements sind jedoch bestimmte Voraussetzungen notwendig, die Kommunalpolitiker:innen als auch die Mitarbeitenden der Verwaltung bei der Etablierung eines Bildungsmanagements beachten sollten. Eine wesentliche Bedingung für das Gelingen des DKBM ist die Akzeptanz und der Rückhalt der politischen Spitze, der Akteure innerhalb und außerhalb der Verwaltung und nicht zuletzt vor allem auch der Bürger:innen selbst. Damit ist die Arbeit des Bildungsmanagements herausfordernd und bedarf der Kooperation und Koordination mit diversen Akteuren. Die konkrete Gestaltung der Bildungslandschaft mit Hilfe des DKBM ist dann gelungen, wenn z. B. Bildungsangebote bedarfsorientiert sind und den Bürger:innen einen Mehrwert bieten.

In den untersuchten Kommunen zeigt sich, dass die Alte, bisher vielfach noch übliche hierarchische Steuerung um eine kooperative Steuerung erweitert wurde. Dort ist eine kooperative Koordination typisch, für die eine interne und externe Kooperation zentral sind. Ob dadurch letztlich die Alte Steuerung vollständig abgelöst wird, kann noch nicht bestätigt werden, zumal der Rückhalt der politischen Spitze eine entscheidende Gelingensbedingung für den DKBM-Strukturaufbau ist und somit Hierarchien wichtig bleiben. Das DKBM bleibt seinerseits nicht auf reines Verwaltungshandeln beschränkt, sondern organisiert Bildungsmaßnahmen oder hilft bei der Unterstützung von Bildungsakteuren. Die Analysen zeigen, dass noch nicht von einer ganzheitlichen Steuerung des DKBM in Bezug auf die gesamte Bildungslandschaft gesprochen werden kann, sondern die Steuerung auf der (Einzel‑)Projektebene mit oftmals kurzfristigen Charakter bleibt. Zudem ist das DKBM meist nicht direkt strategisch steuernd tätig, sondern indirekt über Modellprojekte, Rahmenkonzepte und der Pilotierung von (Projekt‑) Strukturen. Dabei erfolgt die Beeinflussung strategischer Ziele in der Bildungslandschaft indirekt über die Vorbereitung und Organisation von Steuerungsgremien und die Zusammenarbeit mit für die Bildungslandschaften wichtigen Kooperationspartnern. Für den Praxistransfer ist es wichtig einen breiten vertikalen und horizontalen Rückhalt von Akteuren herzustellen. Das heißt, das Bildungsmanagement ist gefordert sowohl von Leitungen als auch verwaltungsübergreifend bis hin zu den Bürger:innen Rückhalt zu erreichen, da dies eine zentrale Gelingensbedingung ist. Vor allem ist der Rückhalt der politischen Spitze für Handlungsfähigkeit, Gestaltungsspielraum, Anerkennung und Umsetzung des DKBM zentral sowie die Vernetzung mit (internen und externen) Akteuren, um Bildung als Querschnittsthema zu etablieren. Vertrauen ist dafür wesentlich: Die Kooperation und Beteiligung von Akteuren erzeugt Vertrauen und dadurch entsteht Zusammenhalt. Festzuhalten ist, dass Akzeptanz und Vertrauen wichtig sind, damit ein versäultes Zuständigkeitsdenken nicht die Kooperation erschweren.

Der zweite Gradmesser für den Erfolg ist die Ressourcenausstattung, die gerade dann gefährdet ist, wenn die Akzeptanz der politischen Spitze sinkt. Die Analyse verdeutlicht, dass die Gelingensbedingungen Ressourcenausstattung und Akzeptanz zusammenhängen und für den Erfolg oder Misserfolg des DKBM entscheidend sind.

Für die weiterführende Forschung ist es wichtig eine breitere Datenbasis zu schaffen und weitere kommunale Fallbeispiele zu erheben, um die vorgenommene Kontrastierung so weiter zu differenzieren, dass eine Skalierung in die drei kommunalen Entwicklungsstände in entsprechende Stufen mit einer gesättigten Anzahl von Fällen erfolgen kann. Dies war mit elf Fällen noch nicht für alle Stufen ausreichend möglich.