1 Einleitung

Der Wandel der Arbeitswelt stellt Unternehmen sowie Mitarbeitende vor große Herausforderungen. Anforderungen ändern sich und nehmen zu, was mit einer steigenden Belastung der Mitarbeitenden einhergeht. Dies spiegelt sich auch in Zahlen psychischer Erkrankungen wider: In den letzten 10 Jahren haben Krankheitstage aufgrund psychischer Erkrankungen um über 60 % zugenommen (Meyer et al. 2019, 2020). Zudem können weitere Krankheitsbilder (z. B. Muskel-Skelett-Erkrankungen sowie Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems) durch Stress ausgelöst oder verstärkt werden (Leka et al. 2010; Kaluza 2018). Um die Gesundheit der Mitarbeitenden dennoch sicherzustellen, ist es wichtig Anforderungen zu erkennen und soweit wie möglich zu reduzieren. Gleichzeitig wird es immer wichtiger, dass Mitarbeitende und Organisationen Ressourcen kennen, ihre Nutzung fördern und weitere Ressourcen aufbauen. Damit sowohl die Stärkung der Ressourcen als auch die Reduktion von Anforderungen gelingen kann, ist es im ersten Schritt zentral, diese umfassend zu analysieren, um anschließend im Rahmen des Betrieblichen Gesundheitsmanagement geeignete Maßnahmen ergreifen zu können. Dies ist auch gesetzlich verankert: Paragraph 5 des Arbeitsschutzgesetz verpflichtet Arbeitgebende zur Ermittlung und Beurteilung, „der für die Beschäftigten mit ihrer Arbeit verbundenen Gefährdung“ (§5, Abs. 1, ArbSchG). Seit 2013 (Johannsen 2013) wird in Absatz 3 neben der physischen Gefährdung auch auf die „psychische Belastungen bei der Arbeit“ verwiesen (§5, Abs. 3, ArbSchG). Wie diese Pflicht durch Arbeitgebende methodisch umgesetzt wird – Interviews, Beobachtungen oder Befragung – steht ihnen frei (DGUV 2013). Ziel dieses Beitrags ist es daher basierend auf dem Job Demands-Resources Modell (Demerouti et al. 2001) sowie bisherigen Befunden zu Anforderungen und Ressourcen in der Arbeitswelt, einen umfassenden und branchenübergreifenden Fragebogen zur Ermittlung von Ressourcen und Anforderungen vorzustellen. Das Analyseinstrument soll als Basis für die Ableitung von verhältnisbezogenen sowie verhaltensbezogenen Maßnahmen genutzt werden können.

2 Empirische Befunde zum Job Demands-Resources Modell (JDR)

Die Relevanz von Anforderungen und Ressourcen für das Wohlbefinden der Mitarbeitenden ist gut untersucht. Bereits 2001 etablierten Demerouti, Bakker und Kollegen das Job Demands-Resouces (JDR) Modell und bildeten somit die Basis für zahlreiche Studien zur Analyse des Einflusses von Anforderungen und Ressourcen auf Burnout, Arbeitsengagement und diverse organisationale Erfolgsmaße (Bakker und Demerouti 2007; Demerouti et al. 2001). Metaanalytische Befunde (Alarcon 2011; Crawford et al. 2010; Nahrgang et al. 2011) bestätigen den gesundheitsbeeinträchtigenden Pfad: Stress und Burnout nehmen zu, wenn Anforderungen stark ausgeprägt sind oder Ressourcen fehlen. Neben diesen direkten Effekt der Ressourcen zeigt sich auch ein moderierender Einfluss: Der negative Effekt von Anforderungen auf Burnout kann durch stark ausgeprägte Ressourcen abgepuffert werden.

Zudem beschreibt das JDR Modell einen motivationalen Pfad: Ressourcen steigern das Arbeitsengagement der Mitarbeitenden (Demerouti et al. 2001). Der Zusammenhang zwischen Anforderungen und Arbeitsengagement ist hingegen weniger eindeutig: Während einige Studien (z. B. Bakker et al. 2003) sowie eine aktuelle Metaanalyse (Lesener et al. 2019), keinen Zusammenhang finden, können anderen Studien einen negativen Zusammenhang bestätigen: Insbesondere Anforderungen, die als hindernd wahrgenommen werden, reduzieren das Arbeitsengagement (Crawford et al. 2010).

Auch längsschnittlich konnten die Annahmen des JDR Modells metaanalytische bestätigt werden (Lesener et al. 2019): Unter Kontrolle der Ausgangswerte von Burnout und Arbeitsengagement zum ersten Messzeitpunkt, zeigen sich längsschnittliche Effekte von Anforderungen auf Burnout sowie von Ressourcen auf Burnout und Arbeitsengagement. Zudem fanden die Autoren Hinweise für reziproke Beziehungen: Während Burnout über die Zeit zu einer Zunahme von Anforderungen und einer Abnahme von Ressourcen führt, steigert Arbeitsengagement Ressourcen über die Zeit.

Die Relevanz von Anforderungen und Ressourcen zur Reduktion von Burnout einerseits und zur Stärkung von Arbeitsengagement und Wohlbefinden andererseits ist somit theoretisch gut belegt. In der Praxis stellt sich jedoch die Frage, wie genau Anforderungen reduziert und Ressourcen gestärkt werden können.

3 Ressourcen und Anforderungen bei der Arbeit erfassen

Als Basis für Interventionsmaßnahmen ist die Erfassung von potenziellen Anforderungen und Ressourcen essenziell. Fasst man Befunde aus bisherigen Studien zusammen, zeigt sich, dass sehr unterschiedliche Anforderungen und Ressourcen für die Gesundheit und das Arbeitsengagement eine Rolle spielen können (vgl. Tab. 1). Gleichzeitig werden in Studien bisher häufig je nur wenige Anforderungen und Ressourcen gleichzeitig erfasst (z. B. Akkermans et al. 2013; Alarcon 2011; Bakker et al. 2003, 2005; Balducci et al. 2011; Dediu et al. 2018), sodass ein vergleichender Einfluss unterschiedlicher Aspekte und somit die sinnvolle Festlegung von Schwerpunkten bei Interventionen eingeschränkt ist. Zudem fällt auf, dass oft Skalen aus unterschiedlichen Fragebögen kombiniert werden, um Ressourcen und Anforderungen zu messen (z. B. Akkermans et al. 2013; Dediu et al. 2018). Dies führt auch dazu, dass diese unterschiedliche spezifisch und intensiv erfasst werden. Um der Komplexität von dem Zusammenwirken unterschiedlichen Ressourcen und Anforderungen gerecht zu werden sind daher wissenschaftlich fundierte Messinstrumente wichtig, die eine umfassende Analyse ermöglichen.

Tab. 1 Beispiele für Anforderungen und Ressourcen in der JDR-Literatur

Insbesondere im deutschsprachigen Raum fehlt bisher jedoch ein entsprechendes umfassendes Instrument, welches valide und ökonomisch unterschiedliche Subfaktoren von Ressourcen und Anforderungen erfasst. In der internationalen Forschung bildet der Copenhagen Psychosocial Questionnaire (COPSOQ: Borg et al. 2005; Pejtersen et al. 2010) eine Ausnahme für ein multifacetten Instrument, das neben dem Deutschen (Nübling et al. 2006) bspw. auch ins Spanische (Moncada et al. 2014) übersetzt wurde. Der Fragebogen ist theoriegeleitet, basiert jedoch nicht auf einer einzelnen Theorie, sondern kombiniert Aspekte aus diversen Theorien. Explizit genannt wird das JDR Modell für die Konzeption nicht und so umfasst das Instrument bspw. nur wenige Ressourcen. Zudem basiert es auf einem 1997 entwickelten Fragebogen, sodass nicht allumfassend die empirisch gefundenen Zusammenhänge von Anforderungen und Ressourcen einerseits und Gesundheitsmaßen andererseits der letzten 20 Forschungsjahre abdecken können. Ein weiteres bestehendes Instrument zum Monitoring psychosozialer Faktoren mit dem Ziel der Burnoutprävention sowie Förderung des Arbeitsengagements ist der Energy Compass (EC) von Schaufeli (2017). Gegenüber anderen etablierten Messinstrumenten liegt dem EC explizit das Job Demands-Resources Modell (JDR) als integratives Rahmenmodell zugrunde. Er besteht aus 6 übergeordneten Dimensionen: (1) Job Demands (mit drei Subskalen), (2) Job Resources (mit vier Subskalen), (3) Engagement Leadership, (4) Personal Resources, (5) Employee Well-Being und (6) Outcomes. In seiner Gänze umfasst der EC 60 Konstrukte, die erhoben werden können. Dabei lässt sich das Instrument an die zu befragende Organisation anpassen und ist durch das JDR entsprechend theoretisch fundiert. Jedoch liegt bisher keine überprüfte deutsche Übersetzung vor und der EC ist vor allem deduktiv konstruiert. Praktische Expertise im Sinne einer induktiven Konstruktion wurde kaum berücksichtigt. Zudem werden wichtige Aspekte wie bspw. emotionale Anforderungen, Arbeitsüberlastung oder Unterforderung im EC mit nur einem Item erfasst. Aus der Perspektive psychometrischer Konstruktionskriterien heraus ist diese Nutzung von 1‑Item-Skalen zur Abbildung eines kompletten Konstruktes als kritisch zu betrachten (z. B. Diamantopoulos et al. 2012; Hinkin 1998).

Ziel der vorliegenden Studie ist es somit aufbauend auf dem gut etablierten Job Demands-Resources Modell und unter Einbindung von praktischer Expertise einen deutschsprachigen Fragebogen zur Erfassung von Anforderungen und Ressourcen bei der Arbeit zu entwickeln sowie erste Hinweise zur Validität des Fragebogens zu erlangen. Bei der Fragebogenentwicklung stand einerseits das Ziel im Fokus branchenübergreifende umfassend relevante Anforderungen und Ressourcen zu identifizieren, damit ein möglichst vollständiges Bild über die potenziellen Belastungen vorliegt. Gleichzeitig soll der Einsatz des Fragebogens mit einem angemessenen zeitlichen Aufwand möglich sein, so dass eine Reduktion auf 3 Items pro Skala angestrebt wurde. Neben der faktorenanalytisch untersuchten Konstruktvalidität dieser 3‑Item-Lösung wird zudem die kriterienbezogene Validität überprüft: Basierende auf dem JDR-Modell sowie den im Abschn. 2 berichteten empirischen Befunden nehmen wir an, dass Anforderungen positiv mit emotionaler Erschöpfung zusammenhängen (H1) sowie Ressourcen negativ mit emotionaler Erschöpfung (H2a) und positiv mit Arbeitsengagement (H2b) zusammenhängen.

4 Methoden

4.1 Vorgehen und Stichprobe

4.1.1 Studie 1

Zur Entwicklung des Fragebogens wurde zunächst eine extensive Literaturrecherche durchgeführt, um durch aktuelle Forschung die relevanten Ressourcen und Anforderungen zu ermitteln. Daraus entstanden die Facetten sowie die Itemformulierung. Zur Finalisierung wurden zwei Fokusgruppen mit Expertinnen und Experten aus der Unternehmenspraxis, der Forschung sowie dem Arbeitsschutz durchgeführt. Mit Expertinnen und Experten aus der Arbeitspsychologie und Arbeitsforschung wurden die Items inhaltlich erweitert und Facetten abgeglichen. In der Fokusgruppe mit Personen aus der Praxis wurden die so entstandenen Facetten bestätigt und die relevantesten Items ausgewählt, sprachlich oder inhaltlich falls nötig angepasst oder gestrichen.

Anschließend wurde eine ad hoc Stichprobe aus einem großen, deutschsprachigen, ISO-zertifizierten Panel-Anbieter bezogen. Die Anforderungen an die Stichprobe waren ein Mindestalter von 18 Jahren (max. 65 Jahre) und eine Beschäftigung in Voll- oder Teilzeit (mindestens 20 h pro Woche). Die Teilnehmenden wurden über den Anbieter angeworben und durch diesen inzentiviert. Die Daten wurden vor der Übergabe an die Forschenden auf Plausibilität (Zeit, Antwortverhalten) überprüft und Teilnehmende mit auffälligem Antwortverhalten von der Umfrage ausgeschlossen.

Auf diesem Weg wurden N = 1140 Teilnehmende rekrutiert. An der Umfrage nahmen 467 Frauen (41 %) und 597 Männer teil (52,4 %). 76 Personen gaben ihr Geschlecht nicht an. 937 Personen waren voll Erwerbstätig (82,2 %) und 203 Teilzeitbeschäftigte mit mindestens 20 h in der Woche (17,8 %). Im Mittel sind die Teilnehmenden M = 42,26 Jahre alt (SD = 10,6, Min = 19 Jahre, Max = 65 Jahre).

4.1.2 Studie 2

Zur ersten Validierung des Fragebogens wurden in einer zweiten Studie ebenfalls gezielt Personen angesprochen, die älter als 18 Jahre alt waren und mindestens 20 h die Woche arbeiteten. Die Akquise erfolgte über E‑Mail und Social-Media Verteiler sowie Aushänge. Teilnehmende wurden gebeten, die Umfrage an Kollegen und Kolleginnen, Freunde und Freundinnen und Bekannte weiterzugeben (Schneeballsystem).

An der zweiten Studie nahmen N = 460 Personen teil – davon waren 182 Personen männlich (39,6 %) und 184 weiblich (40 %). 93 Personen gaben kein Geschlecht an. Im Mittel sind die Teilnehmenden 38,49 Jahre alt (SD = 12,529) und arbeiten 38,24 h die Woche (SD = 10,18). In der Stichprobe befinden sich 277 Arbeitnehmende ohne Führungsfunktion (60,2 %), 69 Personen haben Führungsverantwortung (15 %) und 4 Personen sitzen im Vorstand einer Organisation (1,1 %).

4.2 Messinstrumente

Neben demographischen Fragen wurden in beiden Studien die neu entwickelten Items zu Anforderungen und Ressourcen eingesetzt und mittels einer 6‑stufigen-Likert-Skala von 1 (trifft überhaupt nicht zu) bis 6 (trifft völlig zu) beantwortet (s. Abschn. 5.1 für mehr Details).

In der zweiten Studie wurden zusätzlich Skalen zur Validierung eingesetzt. Die emotionale Erschöpfung wurden mittels 9 Items der deutschen Übersetzung des Maslach Burnout Inventory (Büssing und Perrar 1992; Maslach und Jackson 1981) und einer 7‑stufigen Likert-Skala von 0 (niemals) bis 6 (jeden Tag) erhoben. Ein Bespielitem lautet „Ich fühle mich durch meine Arbeit ausgebrannt“. Cronbach’s Alpha ist 0,95. Das Arbeitsengagement wurde mittels der 9‑Item-Kurzskala der Utrecht Work Engagement Scale (Schaufeli et al. 2006) und einer 7‑stufigen Likert-Skala von 0 (nie) bis 6 (immer/jeden Tag) erfasst. Ein Beispielitem lautet „Wenn ich morgens aufstehe, freue ich mich auf meine Arbeit“. Cronbach’s Alpha ist 0,91.

5 Ergebnisse

5.1 Studie 1: Entwicklung des Fragebogens

Im Rahmen der Literaturrecherche wurden aus bestehenden Studien zum JDR Modell, der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen sowie weiterführender arbeitspsychologischer Literatur (vgl. Tab. 1) Skalen zusammengestellt und durch die Autoren hinsichtlich Vollständigkeit einerseits und Ähnlichkeit andererseits geprüft und anschließend geclustert. In mehreren Feedbackschleifen und den beschriebenen Fokusgruppen wurden Items zu den Skalen generiert und überarbeitet sowie weitere relevante Facetten identifiziert. Das Ergebnis umfasst insgesamt 17 Skalen zu Anforderungen sowie 20 Skalen zu Ressourcen mit jeweils 5 Items. Zudem wurde auf Wunsch von Experten aus der Praxis aus dem Bereich betriebliches Gesundheitsmanagement eine Checkliste möglicher einzelner Anforderungen (bspw. zu chronischen Erkrankungen, Sport, Alkoholkonsum) mit 8 Items erstellt, welche keiner Skala zugeordnet sind.

Mit dem Ziel der Itemreduktion von 5 auf 3 Items pro Skala, wurden zwei konfirmatorische Faktorenanalysen gerechnet – einmal mit den 17 Faktoren für die Anforderungen und einmal mit den 20 Faktoren für die Ressourcen. Für die Auswahl der 3 finalen Items wurden neben den Ladungen auch die Itemschwierigkeit, die Trennschärfe sowie die Iteminhalte berücksichtigt.

Die Ergebnisse der konfirmatorische Faktorenanalysen zeigen für die 5‑Item-Version einen überwiegend schlechten Modellfit (Anforderungen: χ2 (3349) = 12.362,088, p < 0,001; CFI = 0,833; RMSEA = 0,049; SRMR = 0,083; Ressourcen: χ2 (4660) = 15.141,985, p < 0,001; CFI = 0,842; RMSEA = 0,044; SRMR = 0,066). Die reduzierte 3‑Item-Version zeigt hingegen einen akzeptablen bis guten Modellfit (Anforderungen: χ2 (1088) = 2620,568, p < 0,001; CFI = 0,952; RMSEA = 0,035; SRMR = 0,041; Ressourcen: χ2 (1520) = 3831,913, p < 0,001; CFI = 0,942; RMSEA = 0,037; SRMR = 0,042). Die Ladungen der finalen 3‑Item-Skalen liegen in einem Bereich von 0,536 bis 0,954. Cronbach’s Alpha variiert zwischen 0,743 und 0,944. Somit liegen alle Werte im akzeptablen bis guten Bereich. Alle Ladungen und internen Konsistenzen sowie ein Beispielitem finden sich in Tab. 2.

Tab. 2 Beispielitems, Ladungen und interne Konsistenzen der Anforderungen und Ressourcen

5.2 Studie 2: Überprüfung und erste Validierung

In der zweiten Studie wurde neben der reduzierten ReA Version (17 Anforderungen und 20 Ressourcen mit je 3 Items) zusätzlich Validierungsskalen (emotionale Erschöpfung und Arbeitsengagement) erhoben.

Zunächst wurde die finale Fragebogenversion des ReAs mittels konfirmatorischer Faktorenanalysen geprüft. Sowohl die Anforderungen (χ2 (1088) = 1921,534, p < 0,001; CFI = 0,923; RMSEA = 0,041; SRMR = 0,053) als auch die Ressourcen (χ2 (1520) = 2654,046 p < 0,001; CFI = 0,915; RMSEA = 0,044; SRMR = 0,051) zeigen einen überwiegend guten bis akzeptablen Modellfit und bestätigen somit die angenommene Faktorenstruktur. Die Ladungen (0,425 bis 0,988) und internen Konsistenzen (0,640 bis 0,929) sind mindestens als akzeptabel zu bezeichnen. Alle Werte finden sich in Tab. 2.

Zur Überprüfung der Hypothesen zur Validierung, wurde im letzten Schritt ein Pfadmodell entsprechend der JDR-Modell-Annahmen berechnet. Wie in Abb. 1 veranschaulicht, gehen Anforderungen mit einer erhöhten emotionalen Erschöpfung einher (β = 0,39; p < 0,001), haben jedoch keinen Einfluss auf das Arbeitsengagement (β = 0,08; p = 0,10). Ressourcen hingegen reduzieren einerseits die emotionale Erschöpfung (β = −0,38; p < 0,001) stärken andererseits das Arbeitsengagement (β = 0,71; p < 0,001). Die Hypothesen H1, H2a und H2b können somit bestätigt werden.

Abb. 1
figure 1

Zusammenhänge entsprechend der Annahmen der Job Demands-Resources Modells. ***p < 0,001

6 Diskussion

Aufbauend auf dem Job Demands-Resources Modell und der Einbindung der Expertise von Praktikern und Praktikerinnen im Gesundheitsmanagement wurde ein deutschsprachiger Fragebogen mit 37 Skalen entwickelt. Es konnten die Anforderungen (insgesamt 17 Skalen, z. B. Zeitdruck, technische Probleme, Aufgabenanforderungen) ebenso wie die Ressourcen (insgesamt 20 Skalen, z. B. Unterstützung Führungskraft und Kollegen, Autonomie, Erholung) abgebildet werden. Dabei ist es gelungen die Skalen jeweils mit drei Items wissenschaftlich fundiert, hinsichtlich der Gütekritierien zufriedenstellend und gleichzeitig ökonomisch für die Praxis abzubilden. Zur konvergenten Validierung konnte theoriekonform gezeigt werden, dass die Anforderungen mit einer erhöhten emotionalen Erschöpfung einhergehen. Im Sinne der diskriminanten Validierung zeigten die Anforderungen jedoch keinen Einfluss auf das Arbeitsengagement. Darüber hinaus konnte dem JDR Modell gemäß gezeigt werden, dass Ressourcen die emotionale Erschöpfung reduzieren und gleichzeitig das Arbeitsengagement in hohem Maß stärken.

Mit dem ReA steht so ein Instrument zur Verfügung, das aufbauend auf einem etablierten Modell, umfassend den theoretisch-empirischen Stand unter Einbindung von Praktikern und Praktikerinnen, Anforderungen und Ressourcen ökonomisch einer Analyse zugänglich macht. Mit dem Wissen um Anforderungen und Ressourcen kann in Organisationen das betriebliche Gesundheitsmanagement unterstützt und der gesetzlichen Verpflichtung der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen wissenschaftlich fundiert nachgekommen werden. Der ReA umfasst Skalen aus allen empfohlenen Bereichen möglicher psychischer Belastungsfaktoren (vgl. GDA 2017): Arbeitsaufgabe (z. B. Überforderung, Unterforderung, Ganzheitlichkeit, Qualifikation), Arbeitsorganisation (z. B. Zeitdruck, Leistungsdruck, Rollenklarheit), soziale Beiziehung (z. B. Unterstützung Führungskraft, Unterstützung Kollegen, Feedback, Bedrohung) und Arbeitsumgebung (belastende Arbeitsumgebung, physische Gefahren, technische Probleme). Zudem werden basierend auf Befunden zum Job Demands-Resources Modell (z. B. Bakker und Demerouti 2018; Schaufeli 2017) im ReA auch personenbezogene Anforderungen und Ressourcen erfasst (z. B. private Belastung, Erholung, Frustrationstoleranz). Der ReA leistet daher einen Beitrag zur Reduktion der Belastungen und des Burnoutrisikos in Organisationen sowie zur Stärkung des Engagements der Mitarbeitenden und somit indirekt einen Beitrag zur Reduktion stressbedingter Fehlzeiten.

Durch den Einsatz des ReAs in der gesamten Organisation, können erforderliche Interventionen auf unterschiedlichen Ebenen identifiziert werden. Einzelne Mitarbeitende bekommen Einsicht in ihre persönlichen Belastungsprofile und können reflektieren, welche dieser Belastungen sie als besonders beanspruchend erleben und in welchen Bereichen sie somit tätig werden möchten. Hierbei ist die Unterstützung durch die Führungskraft und/oder Verantwortliche des BGMs zentral, um bspw. geeignete Maßnahmen zur Stärkung der individuellen Ressourcen (bspw. Resilienztraining zur Stärkung der Frustrationstoleranz) oder zur Reduktion der Anforderungen (bspw. Zeitmanagementtechniken zur Reduktion des Zeitdrucks) auszuwählen und umzusetzen. Neben Maßnahmen für einzelne Mitarbeitende lassen sich – durch die Aggregation der Ergebnisse auf der entsprechenden Ebene – zudem Maßnahmen bereichs-, funktions- oder teambezogen ableiten. Neben einem verhaltenspräventiven Ansatz kann so gleichzeitig ein verhältnispräventiver Ansatz verfolgt werden. Durch diesen bisher vernachlässigten kombinierten Einsatz kann die Wirksamkeit von Maßnahmen erhöht werden (Barthelmes et al. 2019). Darüber hinaus kann der ReA genutzt werden, um Veränderungsprozesse gezielt zu begleiten, die oft mit neuen Anforderungen einhergehen und für die Ressourcen mobilisiert werden müssen.

Bei der Rückmeldung der Ergebnisse ist die Berücksichtigung von datenschutzrechtlichen Bestimmungen zentral. Mitarbeitende müssen transparent darüber informiert werden, was mit den eigenen Daten passiert. Die individuelle Auswertung sollte dabei zu jeder Zeit nur für die/den Mitarbeitende/n selbst zugänglich sein, so dass diese/r selbst entscheiden kann, mit wem und welche der Ergebnisse er/sie teilt und besprechen möchte. Diese Anforderung lässt sich mit einem digitalen Tool umsetzen. So können unterschiedliche Zugriffsrechte definiert und Auswertungslogiken bestimmt werden (bspw. Auswertung auf Team oder Funktionsebene erst ab einer Teilnehmendenzahl von fünf Personen). Zudem können digital Analyse- und Feedbackkomponente verknüpft werden, so dass keine langwierigen Auswertungsprozesse nötig sind, sondern Maßnahmen und Empfehlungen zur Verfügung stehen, sobald die Ergebnisse vorliegen (Schulte et al. 2021).

6.1 Limitationen und Ausblick

Die vorgestellten Ergebnisse basieren auf zwei Studien mit insgesamt 1600 Teilnehmenden. Allerdings wurden beide Studien querschnittlich erhoben. Zukünftige Studien sollten somit Effekte von Anforderungen und Ressourcen längsschnittlich untersuchen, um tiefergehende Einblicke zu erhalten. So könnte untersucht werden, ob sich die von Lesener et al. (2019) berichteten reziproken Beziehungen bestätigen lassen sowie welche Anforderungen und Ressourcen kurz-, mittel- und langfristig besonders schädlich für die Gesundheit bzw. förderlich für Motivation und Leistung sind. Zudem sollten weitere Erfolgsmaße (z. B. Arbeitsleistung, Commitment, gesundheitliche Beschwerden) untersucht werden, um differenzierte Aussagen zu den Auswirkungen von Anforderungen und Ressourcen machen zu können.

Längsschnittliche Analysen ermöglichen es zudem, Gewinn- und Verlustspiralen zu untersuchen. So beschreiben Bakker und Demerouti (2018) die Relevanz von Job Crafting und negativer Verstärkung: Wird durch Ressourcen die Motivation der Mitarbeitenden gestärkt können sie durch Job Crafting weitere Ressourcen freisetzen, was wiederum die Motivation steigert. Anderseits können hohe Anforderungen nicht nur zu Stress sondern auch zu negativem verstärkenden Verhalten führen, so dass sich Mitarbeitende selbst zusätzlich unter Druck setzen und somit wahrgenommene Anforderungen und Stress weiter erhöhen. Durch längsschnittliche Untersuchungen können die Mechanismen der Gewinn- und Verlustspiralen ebenso analysiert werden wie auch geeignete Interventionen zu unterschiedlichen Zeitpunkten.

Mit dem ReA ist ein branchenunabhängiges Instrument entwickelt worden. Nichtsdestotrotz sollten branchenspezifische Adaptionen möglich sein, in dem nicht das komplette Instrumentarium zum Einsatz kommt, sondern gezielt Skalen ausgewählt werden. Zum Beispiel ist die Skala emotionale Belastung in Pflegeeinrichtungen sehr wahrscheinlich sehr wichtig, an einem Arbeitsplatz in der Produktion hingegen weniger relevant. Diese branchenspezifische Anpassung der Skalen kann durch die höhere Spezifität zur Akzeptanz des Einsatzes beitragen und zudem die Bearbeitungszeit des Fragebogens verkürzen. Daher sollte in zukünftigen Studien überprüft werden, welche Skalen in welchen Branchen besondere Relevanz haben. Hierbei sollte sowohl die Ausprägung der Skalen berücksichtigt werden (Belastung), als auch die durch die Anforderungen und Ressourcen individuell erlebte Beanspruchung. Durch eine zusätzliche Analyse der individuellen Beanspruchung können zudem branchenspezifisch kritische Werte für die einzelnen ReA Skalen sowie für besonders schädliche kombinierte Ausprägungen von Skalen bestimmt werden.