1 Einleitung

Die Bedeutung von Networking für die Gestaltung der Karriere (Hall et al. 2018; Arthur und Rousseau 1996) und den Karriereerfolg (Ng und Feldman 2014a, 2014b; Forret und Dougherty 2004) wurde bereits in verschiedenen Studien bestätigt. Auch Organisationen profitieren vom Networking ihrer Mitarbeitenden, da es zu Innovationen (Burt 2004), beruflicher Leistung (Koreman 2005) und Informationsvorteilen beiträgt und so den Organisationserfolg begünstigt (Collins und Clark 2003). Networking gilt als wichtige Karrierekompetenz (Hirschi et al. 2018; Rastetter und Cornils 2012), deren Relevanz mit dem Wandel zu einer digitalisierten „Gig Economy“ weiter steigt (Hall et al. 2018). Zur Förderung dieser Kompetenz scheinen neben netzwerkfördernden Personalentwicklungsmaßnahmen (Collins und Clark 2003) vor allem Trainings geeignet zu sein (Friar und Eddleston 2007; Spurk et al. 2015; Schütte und Blickle 2015; de Janasz und Forret 2008).

Die Beurteilung von Trainingsmaßnahmen setzt eine umfassende Evaluation auf mehreren Ebenen voraus, die über Zufriedenheitsurteile der Teilnehmenden hinausgeht (z. B. Salas et al. 2012). Eine umfassende Evaluation liegt allerdings nur für wenige Networking-Trainings vor. Zudem zielen manche auf die Laufbahnentwicklung von Schülerinnen und Schülern ab (Jokisaari und Vuori 2010; Schütte und Blickle 2015) oder sind bei Berufstätigen nur in Verbindung mit individuellen Coachingmaßnahmen wirksam (Spurk et al. 2015). Insgesamt zeigen diese Studien, dass Interventionen Networking fördern können, aus ökonomischer Perspektive ist jedoch die Entwicklung eines wirksamen Trainings für Berufstätige wünschenswert.

In dieser Studie wird dieses Desideratum aufgegriffen und ein handlungstheoretisch und sozialkognitiv fundiertes Networking-Training für berufstätige Personen entwickelt und evaluiert. Die vorliegende Studie leistet somit drei wichtige Beiträge zu Forschung und Praxis. Erstens wird ein Networking-Training auf Basis handlungs- und sozialkognitiver Grundlagen entwickelt. Wir halten diese Ansätze für die Entwicklung von Kompetenzen im Sinne der Ausbildung von Handlungsvoraussetzungen in komplexen Situationen (Paulsen und Kauffeld 2018) als besonders vielversprechend. Handlungstheoretische Trainingsansätze (Frese und Zapf 1994) haben sich in einer Vielzahl von Kontexten als wirksam erwiesen, so auch in Trainings, die mit Networking verwandte Aspekte fokussieren, wie aktives Karrieremanagement (Frese et al. 2003), Eigeninitiative (Glaub et al. 2014) oder soziale Fertigkeiten (Semmer und Pfäfflin 1978). Zweitens wird Networking umfassend, unter Berücksichtigung der Facetten Aufbau, Pflege und Nutzung von Kontakten, trainiert. Bisherige Trainings scheinen insbesondere die Nutzung von Kontakten wenig zu thematisieren. Unser evidenzbasierter Ansatz (z. B. Briner et al. 2009) berücksichtigt zudem einschlägige Befunde und Theorien aus der Networkingforschung. Drittens wird vor dem Hintergrund einer volatileren, komplexeren Arbeitswelt eine a) fundiert evaluierte und b) für die Praxis wichtige Personalentwicklungs- und Kompetenzförderungsmaßnahme zur Verfügung gestellt.

2 Networking

Gibson et al. (2014) integrieren verschiedene Definitionen und beschreiben Networking als „Form von zielgerichtetem Verhalten, sowohl innerhalb als auch außerhalb der eigenen Organisation, das auf Aufbau, Kultivierung und Nutzung interpersonaler Beziehungen fokussiert“ (S. 150). Networking ist Kern einer „knowing whom“-Kompetenz (DeFillippi und Arthur 1996). Es fokussiert informelle Beziehungen, die durch Vertrauen gekennzeichnet sind (Michael und Yukl 1993). Zentral ist der kooperative Austausch von Ressourcen, beispielsweise arbeitsbezogener Tipps, strategischer Informationen oder Gefälligkeiten, gemäß dem Reziprozitätsprinzip (z. B. Porter und Woo 2015). Persönlichkeitseigenschaften wie Extraversion, Offenheit für Erfahrungen, Proaktivität und Selbstwirksamkeit sind hilfreiche Determinanten von Networkingverhalten (Bendella und Wolff 2020). Als Barrieren wurden in der Forschung moralische Bedenken (Casciaro et al. 2014; Wanberg et al. 2000) oder die Überzeugung, Networking sei nicht erlernbar (Kuwabara et al. 2018), identifiziert. Das Resultat von Networking ist ein Kontaktnetzwerk mit vielen, weit verzweigten und nicht-redundanten Kontakten (Wolff und Spurk 2020), das Gelegenheiten zur Erlangung von Ressourcen bietet (Burke 1984; Schmidt 2019) und zum Karriereerfolg beiträgt (vgl. Meta-Analysen von Ng und Feldman 2014a, 2014b).

3 Networking trainieren

Ausgehend vom Kompetenzbegriff gilt Networking als relativ stabil, aber veränder- und damit trainierbar (Wingender und Wolff 2019). Bisher wurden in der Forschung sechs Studien zu Networking-Trainings publiziert. Zwei dieser Studien enthalten lediglich Einzelübungen für Studierende zur Verbesserung von Networkingverhalten (z. B. Übungen zum Händeschütteln; de Janasz und Forret 2008; Friar und Eddleston 2007). Spurk et al. (2015) evaluierten ein Networking-Training für Wissenschaftlerinnen, in dem die Analyse von Netzwerkstrukturen, die Pflege von Kontakten und die Relevanz von Networking insbesondere für Frauen thematisiert wurden. Teilnehmende, die das Networking-Training mit individuellem Coaching zur Karriereplanung erhielten, zeigten vier Monate nach dem Training einen Zuwachs an Optimismus und Karriereplanung, das Networkingverhalten änderte sich jedoch nicht. Eine Trainingsgruppe, die nur das Networking-Training ohne Coaching erhielt, unterschied sich nicht von Kontrollgruppen. Weitere Trainings fokussieren spezifische Gruppen, etwa Arbeitssuchende (Wanberg et al. 2020) oder Schulkinder (Jokisaari und Vuori 2010; Schütte und Blickle 2015) und zeigen, dass Networkingtrainings positive Effekte für diese Zielgruppen haben können. Beispielsweise zielten Schütte und Blickle (2015) in ihrem Networking-Training zur Berufsfindung im schulischen Kontext auf den Aufbau von Kontakten ab. Unter Bezugnahme auf sozialkognitive und handlungstheoretische Aspekte verwendeten sie positive wie negative Videobeispiele, Rollenspiele und Diskussionen. Die Ergebnisse der Evaluation zeigten einen signifikanten Anstieg im Networkingwissen und dem Aufbau von Kontakten.

4 Trainingsmethode

Trotz dieser vielversprechenden Trainingsansätze bleibt offen, ob und wie ein Training für Berufstätige Networking ohne individuelles Coaching fördern kann. Angelehnt an Schütte und Blickle (2015) eignen sich handlungstheoretisch und sozialkognitiv fundierte Trainings für die Vermittlung von komplexen, berufsrelevanten, sozialen Verhaltensweisen (Frese et al. 2003; Taylor et al. 2005; Glaub et al. 2014; Raabe et al. 2007) und somit zur Entwicklung von Kompetenzen, die sich letztendlich in effektivem Handeln in Situationen manifestieren.

Die Handlungsregulationstheorie beschreibt Handlungen als fünfschrittige Sequenz (Zielbildung, Orientierung, Plangenerierung und Entscheidung, Ausführung und Kontrolle, Feedback), die auf unterschiedlichen Hierarchieebenen repräsentiert und verarbeitet werden (Frese und Zapf 1994). Diese unterscheiden sich im Ausmaß bewusster kognitiver Steuerung und reichen von der Automatisierung einfacher Handlungssequenzen (z. B. Tretbewegungen beim Radfahren) bis hin zu metakognitiven Prozessen wie Heuristiken, d. h. allgemeine Strategien zum Lösen komplexer Probleme. Kognitive Grundlage ist das operative Abbildsystem als mentale Repräsentation des handlungsrelevanten Wissens (Frese und Zapf 1994). Ziel handlungstheoretischer Trainings ist, das operative Abbildsystem für alle Handlungsschritte und auf allen Hierarchieebenen positiv zu beeinflussen, um kompetentes Handeln zu ermöglichen. Hierzu wird Handeln anhand positiver und negativer Beispiele verständlich vermittelt, durch wiederholtes Üben verinnerlicht und durch selbst- und fremdeingeschätztes Feedback unterstützt (Glaub et al. 2014; Frese und Zapf 1994). Auch individuelles Üben im Sinne eines Probehandelns (symbolic rehearsal, vgl. Frese und Zapf 1994) kann sinnvoll eingesetzt werden. Durch die Förderung der Selbständigkeit und eine alltagsnahe, abwechslungsreiche Lernumgebung wird der Transfer gefördert (z. B. Frese et al. 2003; Frese und Zapf 1994). Die Wirksamkeit solcher Trainingsmaßnahmen konnte bereits für charismatische Führung (Frese et al. 2003), soziale Fertigkeiten (Semmer und Pfäfflin 1978), Eigeninitiative (Glaub et al. 2014) oder selbständiges Karrieremanagement (Raabe et al. 2007) gezeigt werden.

Sozialkognitive Ansätze basieren auf Banduras (1976) Lerntheorie, gemäß der Lernen durch Beobachtung und Speicherung des modellierten Verhaltens, sowie seiner motivierten Reproduktion erfolgt. Die Fokussierung motivationaler Prozesse sowie des Lernens am Modell ergänzen handlungstheoretische Ansätze und legen eine Kombination der beiden in der Trainingskonzeption nahe (Semmer und Pfäfflin 1978; Schütte und Blickle 2015). Diese Kombination nutzen wir auch für die vorliegende Entwicklung.

Tab. 1 gibt einen Überblick über Methoden und Inhalte des Trainings. Es erstreckte sich über zwei fünfstündige Sitzungen im Abstand von zwei Wochen. Im Sinne der handlungstheoretischen Sequenzierung von Handlungen wurde zur zielgerichteten Orientierung des Handelns zunächst im Rahmen eines Partnergesprächs und einer Präsentation Wissen über Networking erarbeitet und das eigene Netzwerk mit Blick auf Karriereziele ermittelt und in Partnergesprächen analysiert. Die Präsentation umfasste zudem allgemeine Networking-Heuristiken (vgl. Tab. 2), auf die im Verlauf des Trainings mit dem Ziel, auch hierarchiehöhere Regulationsebenen mit einzubeziehen, immer wieder verwiesen wurde (vgl. Frese und Zapf 1994). Im Sinne einer Zerlegung komplexer Handlungen fokussierten die drei sich anschließenden Hauptteile spezifische Networkingverhaltensweisen zum Aufbau (z. B. Selbstvorstellung), zur Pflege (Kontaktwiederaufnahme und Small Talk) und zur Nutzung (z. B. Erbitten von Gefälligkeiten) von Kontakten. Diese wurde in einer Abschlussübung („Alumni-Treffen“) zusammengeführt und erneut geübt.

Tab. 1 Trainingsplan
Tab. 2 Heuristiken des Networking Trainings und ihre Basis in der Literatur

Basierend auf den theoretischen Überlegungen folgte auch der idealtypische Ablauf von Übungseinheiten näherungsweise der handlungstheoretischen Sequenz und beinhaltete Aspekte des Modelllernens: Nach einer einführenden Exploration ohne Anleitung (Diskussion oder Übung) und anschließender Reflektion, moderiert durch die Trainer, führten diese in die Übung und deren Ziele ein. Daran schloss sich eine Modellierung mit positiven wie negativen Videobeispielen an, die gemeinsam diskutiert und zur Erarbeitung von Lernpunkten genutzt wurden. Lernpunkte fördern gemäß sozialkognitiver Theorie Identifikation und Behalten zentraler Verhaltensweisen (Taylor et al. 2005) bzw. Lernen auf hierarchiehöheren Regulationsebenen nach der Handlungstheorie und wurden bei Bedarf von den Trainerinnen um vorbereitete, evidenzbasierte Lernpunkte ergänzt. Daran anschließend wurde das Verhalten in kleineren Gruppen in wechselnden Szenarien wiederholt geübt, wobei die Teilnehmenden sich selbst einschätzten und aus möglichst mehreren Quellen Feedback erhielten. Abschließend sollten die Teilnehmenden individuelle Transferziele für die Übung festhalten, die sich auf die Lerninhalte und ihre Lernerfahrungen beziehen.

Beispielhaft sei hier die Übung um einen Gefallen bitten dargestellt, die mit einem Impulsvortrag der Trainerin zur Nutzung von Netzwerken eingeführt wurde. Die Teilnehmenden sollten in einer Partnerübung Möglichkeiten zum Austausch von Gefälligkeiten identifizieren und anschließend in einer individuellen Reflektion diese Inhalte auf ihr eigenes Netzwerk übertragen. Es folgte eine Videomodellierung mit der Erarbeitung von Lernpunkten, an die sich dyadische Rollenspiele zum Austausch von Gefälligkeiten mit entsprechendem Feedback anschlossen.

5 Evaluation und Hypothesen

Wie von Salas et al. (2012) empfohlen, orientiert sich unsere Evaluation am klassischen Modell von Kirkpatrick (1994). Es werden Variablen auf drei Ebenen, Lernen, Verhalten und Resultate untersucht und zusätzlich Ergebnisse für die weniger relevante Ebene der Reaktionen (Gefallen, Nutzen) berichtet. Wir verwenden ein Prä-Post Design mit vier Messzeitpunkten und nichtäquivalenten Kontrollvariablen für die Verhaltensebene.

Die Lernebene umfasst nach Kraiger et al. (1993) kognitive, fertigkeitsbasierte und affektive Lernergebnisse. Mit Blick auf kognitive Ergebnisse sind insbesondere die kurzfristige Verbesserung (Hypothese 1) und längerfristige Retention (Hypothese 2) handlungsrelevanten Wissens über Networking als Indikator für die Verbesserung des operativen Abbildsystems relevant. Die affektive Komponente umfasst nach Kraiger et al. (1993) Einstellungen und motivationale Konstrukte. Wir postulieren, dass sich die Einstellung gegenüber Networking durch das Training verbessert (Hypothese 3) und die networkingbezogene Selbstwirksamkeit zunimmt (Hypothese 4, vgl. Wanberg et al. 2020). Selbstwirksamkeit ist nicht nur eine Kernvariable der sozialkognitiven Theorie (Bandura 1976), sondern wird auch von Kraiger et al. (1993) als relevantes motivationales Kriterium betrachtet.

Die Verhaltensebene steht in dieser Studie im Vordergrund. Sie umfasst den Transfer an den Arbeitsplatz und die Anwendung des erlernten Verhaltens. Da Networkingverhalten den Kern von kompetentem Networking darstellt, postulieren wir, dass durch das Training Networkingverhalten zunimmt (Hypothese 4a).

Zusätzlich setzen wir hier eine nicht-äquivalente Kontrollvariablenstrategie ein (Shadish et al. 2002; auch interne Referenzstrategie genannt, vgl. Schütte und Blickle 2015), mit der weitere Hypothesen zum Networkingverhalten verbunden sind. Mit dieser Strategie können, ähnlich wie mit einer Kontrollgruppe, plausible Alternativerklärungen für einen Anstieg im Networkingverhalten im Prä-Post-Vergleich ausgeschlossen werden (Beispiele in der Trainingsliteratur sind etwa Frese et al. 2003; Schütte und Blickle 2015). Auf eine Kontrollgruppe wird verzichtet und stattdessen weitere abhängige Variablen aufgenommen, die ähnliche, aber nicht trainierte Konstrukte erfassen. Auf eine spezifische Wirkung des Trainings kann geschlossen werden, wenn sich durch das Training Änderungen nur in den trainierten, nicht aber in den nicht-trainierten Konstrukten zeigen. So können Alternativerklärungen wie etwa Reifung oder Hawthorneeffekte (die bloße Messung führt durch Selbstreflektion zu Veränderungen) ausgeschlossen werden (Frese et al. 2003). Wir postulieren somit, dass die Steigerung des Networkingverhaltens stärker ausfällt als die Veränderung in ähnlichen, nicht-trainierten Verhaltensweisen (Hypothese 4b, z. B. Verhandlungstechniken).

Auf der Ebene der Resultate geht es um objektiv messbare Ergebnisse des trainierten Verhaltens. Wir erwarten eine Steigerung in der Netzwerkgröße durch das Training, d. h. dass „Netzwerken“ zu einem größeren Netzwerk führt. Wir betrachten hierzu die Kontaktzahl in beruflichen Online-Netzwerken (Hypothese 5), da sich diese einfach und reliabel ermitteln lässt (Davis et al. 2020). Davis et al. zeigen zudem, dass allgemeines, d. h. nicht auf Online-Kontakte fokussiertes Networkingverhalten mit der Zahl der Kontakte und der Nutzungshäufigkeit von Online-Netzwerken zusammenhängt und diese zu einem vermehrten Erhalt von Ressourcen beitragen.

6 Methode

6.1 Vorgehen und Stichprobe

Sieben Networking-Trainings wurden in zwei jeweils fünfstündigen Sessions mit zweiwöchigem Abstand (zum Ablauf siehe Tab. 1) an zwei deutschen Universitäten für wissenschaftliche Mitarbeitende durchgeführt. Diese wurden über einschlägige Einrichtungen der Hochschulen (Mailverteiler von Graduiertenschulen, hochschul- und fakultätsweite Verteiler für den wissenschaftlichen Nachwuchs) rekrutiert. Wissenschaftliche Mitarbeitende sind meist an Forschungseinrichtungen angestellt und somit berufstätig. Sicherlich handelt es sich bei ihnen um eine besondere Gruppe Berufstätiger, deren Tätigkeit jedoch Merkmale zukünftiger Arbeitswelten aufweist: sie erfordert oftmals interorganisationale und internationale Kooperation, die Arbeit ist wissensintensiv, komplex und projektbezogen und spezifische Rahmenbedingungen (Zeitverträge, Einschränkungen bei Hausberufungen) schränken den langfristigen Verbleib in einer Universität ein (im Überblick etwa Kauffeld et al. 2019). Die Laufbahn von wissenschaftlichen Mitarbeitenden weist so starke Ähnlichkeit mit grenzenlosen Karrieren (Arthur und Rousseau 1996) auf und erfordert den Einsatz von Karriere-Selbstmanagementstrategien wie Networking (Kauffeld et al. 2019).

Insgesamt nahmen 41 Personen teil, 4 Personen führten das Training jedoch aus verschiedenen Gründen nicht zu Ende (Krankheit, nicht erschienen). Zum vierten Messzeitpunkt nach einem Jahr antworteten 26 Teilnehmende. Abb. 1 gibt einen Überblick über das Evaluationsdesign und die Stichprobengröße zu den vier Messzeitpunkten. Eine logistische Regressionsanalyse mit den Untersuchungsvariablen sowie Geschlecht und beruflichem Status als Prädiktoren erbrachte keine Hinweise auf systematischen Drop-out zum vierten Messzeitpunkt. Im Mittel sind die 37 Teilnehmenden 28,89 Jahre alt (SD = 3,11), 11 (30 %) sind männlich und 26 (70 %) weiblich. Überwiegend befinden sich die Teilnehmenden in der Prä-Doc Phase (92 %), der größte Teil stammt aus einem medizinischen Fachbereich (57 %), weitere 24 % aus einem geisteswissenschaftlichen, 16 % aus einem naturwissenschaftlichen und 3 % aus einem sozialwissenschaftlichen. Die überwiegende Mehrheit (34 Personen bzw. 92 %) befindet sich in einem Arbeitsverhältnis mit einer Hochschule oder anderen Einrichtungen (z. B. Consultingfirma, Mediaagentur), zwei Personen (5 %) haben ein Stipendium, eine Person (3 %) gibt „Studium und Beruf“ an.

Abb. 1
figure 1

Evaluationskonzept mit Messzeitpunkten und Variablen

6.2 Messinstrumente

6.2.1 Reaktionen

Die Reaktion der Teilnehmenden wurde mit Blick auf Zufriedenheit und Nützlichkeit erfasst. Basierend auf dem Reaction Sheet von Kirkpatrick (1994) wurden sieben Items zur Zufriedenheit der Teilnehmenden mit Trainerinnen, Umgebung, Zeit für Rückfragen etc. erfragt (α = 0,66). Nützlichkeit wurde mit sieben Items erhoben, von denen drei Alliger et al. (1997) entstammen und weitere in Anlehnung an diese formuliert wurden (z. B. „Das Training ist für meine berufliche Zukunft relevant“ α = 0,89).

6.2.2 Lernebene

Kognitive Lernergebnisse wurden mit einem aus sechs Items bestehenden Wissenstest erfasst, der die wichtigsten Facetten des Trainings (Aufbau, Pflege, Nutzung von Networking) und die vermittelten Lernpunkte erfasst (Beispielitem „Worauf sollten Sie beim Smalltalk achten?“). Es wurde ein offenes Antwortformat verwendet. Zu den ersten beiden Messzeitpunkten wurden alle sechs Items verwendet, zum dritten und vierten Zeitpunkt aus Zeitgründen nur vier der sechs Items, die sich auf die zentralen Wissensbestandteile fokussieren. Die Auswertung des Wissenstests erfolgte auf Basis eines a priori festgelegten Bewertungsschemas, mit dem bis zu drei Punkte je Frage vergeben werden konnten. Zur Ermittlung der Reliabilität der Bewertungen wurden für die ersten drei Messzeitpunkte die Antworten von 10 Personen und für den vierten Messzeitpunkt die Antworten aller Personen von zwei unabhängigen Urteilenden bewertet. Die Korrelation zwischen den Gesamtpunktwerten liegt stets bei r ≥ 0,97.

Die Einstellung wurde zu allen Messzeitpunkten mit 16 Items auf einer fünfstufigen Likert-Skala (1 = stimme gar nicht zu bis 5 = stimme voll und ganz zu) erhoben. Darin enthalten ist die Networking-Comfort Skala von Wanberg et al. (2000), die mit acht Items (Beispielitem: „Ich mag es nicht, Kontakte meiner Kollegen oder Bekannten wegen beruflicher Anliegen anzurufen.“) ein Unbehagen beim Networking erfasst. Die anderen acht Items wurden literaturbasiert konstruiert und bilden Kosten-Nutzen-Überlegungen oder moralische Bedenken ab (z. B. „Der Aufbau und die Pflege von Kontakten mit beruflicher Absicht ist anstrengend“; Casciaro et al. 2014; Kuwabara et al. 2018). Cronbach’s Alpha lag zwischen α = 0,66 (t4) und α = 0,84 (t3). Die etwas geringere Reliabilität der Skala zu t4 könnte durch die kleinere Stichprobengröße dieses Messzeitpunktes bedingt sein.

Selbstwirksamkeit wurde mit acht Items der deutschen Version der New General Self-Efficacy Scale erhoben, die auf den Networking-Kontext angepasst wurde (z. B. „Wenn ich Networking betreibe, bin ich in der Lage, die meisten Ziele, die ich mir gesetzt habe, zu erreichen.“; Neff et al. 2013). Es wurde eine fünfstufige Likertskala (1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft voll und ganz zu, für die vier Messzeitpunkte: 0,89 ≤ α ≤ 0,92).

6.2.3 Verhaltensebene

Networking wurde mit der Short Networking Behavior Scale von Wolff und Spurk (2020) gemessen. Die 18 Items (z. B. „Veranstaltungen in meiner Organisation nutze ich, um neue Kontakte zu knüpfen“) wurden auf einer fünfstufigen Likert-Skala (1 = nie/sehr selten bis 5 = sehr oft/immer, für die vier Messzeitpunkte: 0,90 ≤ α ≤ 0,94).

Zur Steigerung der internen Validität und zum Ausschluss plausibler Alternativerklärungen wurden nicht-äquivalente Kontrollvariablen erhoben. Diese Variablen bilden nicht-trainierte Konstrukte ab, die Networking ähnlich, aber distinkt sind. Evidenzen für eine spezifische Wirkung des Trainings liegen dann vor, wenn die Veränderung in trainierten Kriterien höher ausfällt als in nicht-trainierten Kontrollvariablen (Shadish et al. 2002). Dabei ist die Auswahl dieser Variablen maßgebend, da sie einerseits, um triviale Effekte zu vermeiden, den trainierten Variablen ähnlich sein sollten, andererseits jedoch bei hoher Ähnlichkeit die Gefahr einer konzeptuellen Überlappung besteht und damit die Aufdeckung von Unterschieden unterminiert (Frese et al. 2003). Hypothese 4b postuliert einen stärkeren Anstieg im Networkingverhalten im Vergleich zu den nicht-äquivalenten Kontrollvariablen. Sie wird mit einem geplanten Kontrast untersucht, der die Differenz der Veränderungen abbildet (Rosnow und Rosenthal 2002).

Wir haben für diese Studie vier Variablen ausgewählt, die in verschiedener Hinsicht Ähnlichkeiten zu Networking aufweisen: 1) Bei der Einflusstaktik Druck machen handelt es sich ebenfalls um soziales Verhalten am Arbeitsplatz, das der Erlangung von Ressourcen dient. Druck machen kann wie Networking als politisches Verhalten betrachtet werden (Zanzi et al. 1991). Es wurde mit vier Items von Blickle (1995; z. B. „Ich stelle mich offen gegen meine/n Kollegin/en, um meine Ziele zu erreichen.“) erfasst, denen aufgrund grenzwertiger Reliabilität in der Originalstudie ein weiteres Item hinzufügt wurde (0,77 ≤ α ≤ 0,86). 2) Sichtbarkeit bezeichnet das Lenken der Aufmerksamkeit anderer auf die eigene Leistung und Können. Wie Networking wird auch Sichtbarkeit als Karriere-Selbstmanagement Strategie betrachtet und ist die am engsten mit Networking verwandte Variable: nach Forret und Dougherty (2001) ist Sichtbarkeit eine Subdimension von Networking. Sturges et al. (2010) sehen Sichtbarkeit und Networking jedoch als korrelierte, aber distinkte Konstrukte an. Sichtbarkeit wurde mit zwei Items von Sturges et al. erfasst (, z. B. „Ich sorge dafür, dass ich Anerkennung für meine Arbeit bekomme“) und ebenfalls um ein weiteres Item ergänzt (0,82 ≤ α ≤ 0,95).

Zwei weitere nicht-äquivalente Kontrollvariablen thematisieren Konstrukte aus dem Bereich Verhandlungen. Beide thematisieren, wie Networking soziales Verhalten und einen Austausch von Ressourcen, der allerdings in formalisierten Situationen stattfindet, und keine Gefälligkeiten umfasst (Cohen und Bradford 1989). 3) Das Verhandlungsklima fokussiert wie Networking eine konstruktive Atmosphäre und wird mit sieben Items von Cunha et al. erhoben (2017; z. B. „Bei der Lösung von Konflikten versuche ich ein Klima zu schaffen, in dem sich alle wohlfühlen“; 0,65 ≤ α ≤ 0,79). 4) Der analytische Verhandlungsstil zielt ebenfalls auf die soziale/dyadische Situation einer Verhandlung ab, fokussiert hierbei aber eher auf eine inhaltliche Ebene (6 Items, Drake 1995; z. B. „Ich tendiere dazu, die einzelnen Bestandteile eines Problems sorgsam zu analysieren“; 0,79 ≤ α ≤ 0,86).

6.2.4 Resultatsebene

Die Größe des Netzwerks wurde mit einem Item erfragt (Davis et al. 2020; Utz und Breuer 2016). Die Teilnehmenden wurden gebeten, die Zahl ihrer Kontakte in professionellen Online-Netzwerken (Xing, LinkedIn, andere) anzugeben. Aufgrund der Schiefverteilung der Daten wurden diese für Signifikanztests nach Addition von eins logarithmiert (vgl. z. B. Utz und Breuer 2016).

7 Ergebnisse

Deskriptive Statistiken für die Evaluationsvariablen sind in Tab. 3 dargestellt, Interkorrelationen sind aus Tab. 4 ersichtlich. Vorab sei mit Blick auf die Evaluationsebene Reaktionen angemerkt, dass die Teilnehmenden, auf einer fünfstufigen Skala, mit dem Training zufrieden waren (M = 4,50; SD = 0,40) und es als nützlich erachteten (M = 4,45; SD = 0,48).

Tab. 3 Mittelwerte der Evaluationsvariablen im Zeitverlauf
Tab. 4 Interkorrelationen der untersuchten Variablen

Mit Blick auf die Lernebene zeigt sich für die Variablen Wissen und Selbstwirksamkeit eine hypothesenkonforme Zunahme, nicht aber für die Einstellung zu Networking. Das Wissen über die im Training vermittelten Aspekte nimmt, im Einklang mit Hypothese 1, vom ersten zum zweiten Messzeitpunkt zu (M1 = 10,78; SD1 = 8,14; M2 = 27,15; SD2 = 16,61; t(36) = 8,56, p < 0,001). Im Vergleich mit diesem zweiten Messzeitpunkt zeigt sich zum dritten Zeitpunkt zwar ein signifikanter Abfall des Wissens (M2 = 27,15; SD2 = 16,61; M3 = 21,20; SD3 = 13,94; t(36) = −3,33, p = 0,011), das dennoch zum dritten und vierten Messzeitpunkt signifikant über dem ursprünglichen Niveau vor dem Training bleibt und Hypothese 2 somit bestätigt (M1 = 10,78; SD1 = 8,14; M3 = 21,20; SD3 = 13,94; M4 = 23,33; SD4 = 8,50; T1 vs. T3: t(36) = 7,41, p < 0,001; T1 vs. T4: t(25) = 5,97, p < 0,001). Über die vier Messzeitpunkte findet sich keine Veränderung der Einstellung zu Networking, sodass Hypothese 3 verworfen werden muss (M1 = 3,33; SD1 = 0,26; M2 = 3,34; SD2 = 0,26; M3 = 3,28; SD3 = 0,27; M4 = 3,27; SD4 = 0,24; T1 vs. T2: t(36) = 0,27, p = 0,79; T1 vs. T3: t(36) = 1,12, p = 0,27; T1 vs. T4: t(25) = 0,37, p = 0,72). Für die networkingbezogene Selbstwirksamkeit zeigt sich im Einklang mit Hypothese 4 eine signifikante, dauerhafte Zunahme (M1 = 2,96; SD1 = 0,71; M2 = 3,67; SD2 = 0,66; M3 = 3,63; SD3 = 0,64; M4 = 3,52; SD4 = 0,67; T1 vs. T2: t(36) = 5,87, p < 0,001; T1 vs. T3: t(36) = 5,42, p < 0,001; T1 vs. T4: t(25) = 3,66, p = 0,001). Die Effektstärken für den Zuwachs an Wissen und Selbstwirksamkeit entsprechen starken Effekten (d > 0,80, vgl. Tab. 3).

Auf der Verhaltensebene zeigt sich für Networkingverhalten vom ersten zum dritten Messzeitpunkt ein signifikanter Zuwachs (M1 = 2,74; SD1 = 0,63; M3 = 3,09; SD3 = 0,66; t(36) = 3,16, p = 0,003), der auch zum vierten Zeitpunkt ansteigt (wg. Dropout für n = 26: M3 = 2,91; SD3 = 0,64; M4 = 3,13; SD4 = 0,62; t(25) = 2,30, p = 0,030. Ein geplanter Kontrast (Kontrast 1 in Tab. 3) zeigt, dass Hypothese 4a, die einen Anstieg über alle Messzeitpunkte hinweg postuliert, einen signifikanten Varianzanteil erklären kann (F(1,25) = 8,95, p = 0,006). Es handelt sich hierbei um einen großen Effekt (η2 = 0,26). Allerdings zeigt sich auch für zwei der nicht-äquivalenten Kontrollvariablen, Sichtbarkeit (F(1,25) = 4,08, p = 0,038) und Verhandlungsklima (F(1,25) = 5,95, p = 0,022), ein signifikanter Zuwachs. Vergleicht man per geplantem Kontrast den Zuwachs im Networkingverhalten mit dem Zuwachs in den nichtäquivalenten Kontrollvariablen (Kontrast 2 in Tab. 3), so zeigt sich, dass Networkingverhalten im Vergleich zu drei Variablen signifikant stärker zunimmt (Druck machen: F(1,25) = 48,96, p < 0,001; Verhandlungsklima: F(1,25) = 50,09, p < 0,001; Verhandlungsstil: F(1,25) = 21,45, p < 0,001). Lediglich Sichtbarkeit nimmt in vergleichbarem Ausmaß zu und der Anstieg ist nicht signifikant verschieden vom Anstieg im Networkingverhalten (F(1,25) = 0,38, p = 0,55). Hypothese 4b kann somit teilweise bestätigt werden.

Auf der Ebene der Resultate zeigt sich vom ersten zum dritten Messzeitpunkt ein signifikanter Zuwachs an Kontakten, die wir für die Analysen logarithmiert haben (M1 = 1,71; SD1 = 1,93; M3 = 2,20; SD3 = 2,18; t(36) = 2,23, p = 0,032). Somit kann Hypothese 5 bestätigt werden. Es sei angemerkt, dass sich auch vom dritten zum vierten Messzeitpunkt ein signifikanter Zuwachs an Kontakten von 36,8 (SD = 51,43) auf 50,03 (SD = 56,53) ergibt, der bei Betrachtung der logarithmierten Werte signifikant ausfällt (M1 = 2,12; SD1 = 2,07; M3 = 2,65; SD3 = 2,06; T3 vs. T4: t(25) = 2,72, p = 0,012). Dieser wird aus Tab. 3, die für den dritten Messzeitpunkt Angaben von 37 Personen enthält, nicht direkt ersichtlich.

8 Diskussion

Vor dem Hintergrund der steigenden Relevanz von Networkingverhalten als „knowing whom“ Kompetenz, war das Ziel, ein Networkingtraining für Berufstätige zu konzipieren und umfassend zu evaluieren. In Anlehnung an Schütte und Blickle (2015) greift die vorliegende Studie auf handlungstheoretische und sozialkognitive Trainingsmethoden zurück. Diese erscheinen sehr geeignet für die Entwicklung von Kompetenzen, denn beide fokussieren das Erlernen von Verhalten, indem sich Kompetenz letztendlich manifestiert. Sie beschreiben darüber hinaus auch kognitive (z. B. operatives Abbildsystem) und motivationale (z. B. Selbstwirksamkeit) Konzepte, die kompetentes Handeln durch die Vermittlung abstrakter Konzepte (Lernpunkte bzw. Heuristiken) in einer Vielzahl von Situationen ermöglichen.

Auf den unterschiedlichen Evaluationsebenen zeigen sich positive Ergebnisse, die die Wirksamkeit der Trainingsmaßnahme für Berufstätige auch ohne Coachingmaßnahmen nahelegen. Gemeinsam mit der Zunahme im Networkingverhalten ist insbesondere die Zunahme an Online-Kontakten, die im Training nicht gezielt in Übungen aufgegriffen, sondern von den Teilnehmenden in manchen Trainings am Rande eingebracht wurden, bemerkenswert. Dies gilt auch im Vergleich zu Zahlen von Utz und Breuer (2016), die in ihrer Längsschnittstudie von einem jährlichen Anstieg von Online-Kontakten zwischen vier und acht Personen berichten. Online-Kontakte sind einfach instruier- und umsetzbar, und könnten auch durch ein einmaliges Hinzufügen von Kontakten im Anschluss an das Training zustande kommen. Dennoch stellen sie ein Resultat von Networkingverhalten dar, das, wie der Vergleich zwischen dem dritten und vierten Messzeitpunkt zeigt, nicht auf den Zeitraum unmittelbar nach dem Training begrenzt ist.

Mit Blick auf die nicht-äquivalenten Kontrollvariablen zeigt sich, insbesondere zum dritten Messzeitpunkt, ein Anstieg, der möglicherweise auf demand characteristics zurückführbar ist. Teilnehmende könnten erwarten, dass die Evaluation auf trainierte Variablen abzielt und tendenziell höhere Werte angeben, um Erwartungen der Studienleitenden zu erfüllen. Ebenso wäre es im Sinne eines Hawthorneeffektes denkbar, dass die wiederholte Erfassung in kürzerem Zeitabstand die Aufmerksamkeit auf entsprechendes Verhalten gelenkt hat und dieses deshalb öfter registriert wurde. Mit Ausnahme von Networkingverhalten sinken die Werte in den nichtäquivalenten Kontrollvariablen jedoch nach einem Jahr (vierter Messzeitpunkt) wieder ab. Der Anstieg von Networking fällt überdies im Vergleich mit drei der Kontrollvariablen stärker aus. Lediglich für die Kontrollvariable Sichtbarkeit ergibt sich kein bedeutsamer Unterschied. Es ist umstritten, ob Sichtbarkeit Teil des Zielverhaltens Networking oder distinkter Aspekt von Karriere-Selbstmanagement ist (Forret und Dougherty 2001; Sturges et al. 2010). Zudem erscheint die Wahl der Variable im Nachhinein ungünstig, da auch in den Heuristiken des Trainings auf Sichtbarkeit hingewiesen wurde (vgl. Tab. 2). Möglicherweise wurde Sichtbarkeit daher implizit mittrainiert, was die Eignung als Kontrollvariable in dieser Studie in Frage stellt. Mit Blick auf die Transparenz von Forschung halten wir ein Verschweigen jedoch für bedenklich.

Das Training konnte zudem keine Verbesserung der Einstellung gegenüber Networkingverhalten erzielen. Die Einstellung lag über alle Messzeitpunkte im mittleren Bereich (3,27 < M < 3,34 mit 0,24 < SD < 0,27 auf einer fünfstufigen Likertskala). Hier könnten Selbstselektionseffekte und eine grundlegende Motivation zur Verbesserung des eigenen Networkingverhaltens eine Rolle spielen. Da dennoch das Networkingverhalten anstieg, bleibt offen, inwieweit eine sehr positive Einstellung oder lediglich die Nicht-Ablehnung von Networking notwendig ist. Ebenso könnten allgemeine Erwartungen der Notwendigkeit von Networking im Sinne einer subjektiven Norm einen stärkeren Effekt auf Networkingverhalten aufweisen. Möglicherweise spielen hier auch Selbstwirksamkeitsüberzeugungen eine wichtige Rolle. Da die vorliegende Stichprobe zu klein ist, um solche korrelativen Wirkmuster zu untersuchen, sollte dies in weiteren Studien geprüft werden.

Vor dem Hintergrund der Digitalisierung dürften sich allenfalls Teile des Trainings technologiebasiert umsetzen lassen. Dies wäre für die wenigen wissensvermittelnden Teile und ggf. für die videobasierten Modellierungen möglich (z. B. Wanberg et al. 2020). Gemäß der Handlungsregulationstheorie sind allerdings gemeinsame Diskussionen (z. B. bei der Erarbeitung von Lernpunkten) und individuelles Feedback zu Trainingsübungen wichtige Trainingsmethoden, die für die Festigung eines angemessenen operativen Abbildsystems von großer Bedeutung sind. Insbesondere die digitale Abbildung der letzten beiden Aspekte sowie die Alltagsnähe der Übungssituationen, die z. B. für Rollenspiele in Trainings oft flexibel herstellbar ist, stellen eine Herausforderung dar.

Diese Studie ist nicht ohne Einschränkungen zu interpretieren. So kann die nicht-äquivalente Kontrollgruppenstrategie zwar einige Alternativerklärungen wie etwa Reifungs- oder Hawthorneeffekte ausschließen, eine Studie mit einer randomisierten Kontrollgruppe wäre jedoch wünschenswert, da insbesondere die randomisierte Zuteilung von Probanden stärkere Evidenzen für Kausaleffekte liefert. Darüber hinaus wurden jüngere Wissenschaftler*innen trainiert und die Übertragbarkeit der Befunde auf ältere Personen und andere Branchen bleibt offen, auch wenn etwa Rogge und Tesch (2016) konstatieren, dass sich Karrierebedingungen in Wirtschaftsunternehmen und der Wissenschaft angleichen. Der Wissenschaftsbereich besitzt insbesondere mit Blick auf den Nachwuchs einige Merkmale der zukünftigen Arbeitswelt (projektbasierte, komplexe Tätigkeit über organisationale Grenzen hinweg, begrenzte Arbeitsplatzsicherheit etc., vgl. auch Abschnitt Vorgehen und Stichprobe).

Möglicherweise existieren auch Unterschiede zwischen Fachkulturen, die wir hier nicht berücksichtigen können. Wir führen den hohen Anteil an Promovierenden aus den medizinischen Fachbereichen – die alle angeben, berufstätig zu sein – mutmaßlich auf den Mangel an einschlägigen Angeboten in den promotionsunterstützenden Einrichtungen (z. B. Graduiertenschulen) vor Ort zurück, die wahrscheinlich unser Training besonders attraktiv erscheinen ließ. Es sei weiterhin angemerkt, dass einige der verwendeten Skalen angepasst (z. B. Selbstwirksamkeit) oder auch neu konstruiert (Wissenstest, Einstellung in Teilen) wurden. Die Validität ist hier nur bedingt gewährleistet und weitere Forschung ist wünschenswert, so etwa faktoranalytische Analysen der Einstellungsskala, die aufgrund der Stichprobengröße dieser Studie wenig aussagekräftig wären.

Zukünftige Forschung könnte an den hier genannten Einschränkungen ansetzen. Ein stärkerer Fokus auf die Resultatsebene, etwa Veränderungen im Erhalt von Ressourcen (Gefälligkeiten, Informationen, Karriereerfolg) erscheinen ebenfalls sinnvoll. Im Sinne einer prozessbezogenen Evaluation ist darüber hinaus die genauere Betrachtung von Wirkmechanismen wünschenswert (im Überblick Kauffeld 2016). Hier könnte beispielsweise an aktuelle Ergebnisse von Wanberg et al. (2020) angeknüpft werden, die Selbstwirksamkeit als Mediator der Trainingswirkung auf Networkingverhalten identifizieren. Auch die Frage nach den wirksamen Komponenten (Modelllernen, aktives Üben in Rollenspielen, wissensvermittelnde Elemente) birgt Potenzial und ist für die Übertragung in app- oder webbasierte Trainings relevant. Für den Transfer in den Arbeitsalltag sind zudem weitere Aspekte, wie etwa die Unterstützung durch Vorgesetzte und Einbettung in weitere HR-Maßnahmen (Collins und Clark 2003) zentral und könnten zum besseren Verständnis der Aufrechterhaltung von Networkingverhalten beitragen. Im Lichte neuerer Befunde zu potenziellen Kosten von Networking, etwa für die Work-Life Balance (Wolff und Kim 2020), stellt sich die Frage, inwieweit diese als Barrieren wahrgenommen und ins Training integriert werden sollten.

Zusammenfassend zeigt die Studie die Relevanz von handlungstheoretischen und sozialkognitiven Trainingsmethoden im Erwerb von interpersonalen, handlungsbasierten Kompetenzen, wie sie Networking darstellt, auf. Das vorliegende Training liefert einen Beitrag zum Erwerb einer wichtigen Kompetenz für die „branchenunabhängige, individualisierte, verbundene und digitalisierte“ Arbeitswelt von heute und morgen.