Hintergrund und Zielstellung

Aufgrund niedriger Geburtenraten und steigender Lebenserwartung nimmt der Anteil und die Zahl älterer Menschen in Deutschland zu [9]. Mit zunehmendem Alter stellen der Erhalt körperlicher und kognitiver Funktionen und das Hinauszögern insbesondere chronischer Beeinträchtigungen große Herausforderungen dar. Einer der wichtigsten Ansätze, um die mit der Alterung verbundene Krankheitslast zu verzögern, ist die Steigerung körperlicher Aktivität (KA): Je früher im Alter mit KA begonnen wird, desto wahrscheinlicher ist ein gesundes und aktives Altern im weiteren Lebensverlauf [6]. Allerdings erreichen Frauen und Männer mit zunehmendem Alter nicht mehr die empfohlene Mindestmenge von 150 min moderater Aktivität pro Woche [21].

In der Landeshauptstadt Dresden liegt der Anteil der Frauen und Männer ab 60 Jahren bei rund einem Drittel der Bevölkerung [16]. Nur jede*r Dritte der 55- bis 64-Jährigen treibt dabei die empfohlene Mindestmenge an KA [15]. Insbesondere im kommunalen Setting kann durch verhaltens- und verhältnisorientierte Maßnahmen unter Berücksichtigung der oben genannten Erkenntnisse Einfluss auf die KA der Bevölkerung genommen werden [13]. Daher ist es wichtig, Maßnahmen zu identifizieren, die zu einer Steigerung der KA bei älteren Erwachsenen beitragen [5]. Auf gesamtstädtischer Ebene wurden bisher einzelne Maßnahmen zur Bewegungsförderung umgesetzt [2]. Es fehlt jedoch ein verhaltens- und verhältnispräventiver Ansatz zur Umsetzung von Maßnahmen auf Quartiersebene.

Verhaltensänderungen sind dabei durch komplexe und dynamische Wechselwirkungen zwischen individuellen, sozialen und Umweltfaktoren gekennzeichnet [24]. Auf individueller Ebene beeinflusst ein Wissen um die positiven Effekte von KA auf die eigene Gesundheit das Verhalten [20]. So trägt eine erhöhte individuelle Gesundheitskompetenz dazu bei, informierte Entscheidungen über den eigenen Lebensstil zu treffen [8]. Bei Projekten zur Bewegungsförderung ist somit die Förderung der Gesundheitskompetenz durch Information und Aufklärung zu berücksichtigen [8]. Weitere Hinweise zur gezielten Förderung der Gesundheitskompetenz durch Ansätze im Bildungssystem, im Gesundheitssystem, in den Medien, aber auch durch die Schaffung von Anreizen bis hin zur problemorientierten Diskussion im Quartier sind im Nationalen Aktionsplan Gesundheitskompetenz beschrieben [25]. Auf sozialer Ebene ist davon auszugehen, dass gesellschaftliche Rahmenbedingungen und Lebensumstände häufig noch als Widerstände gegen gesundheitsförderliches Verhalten angesehen werden können. Daher werden Maßnahmen empfohlen, die nicht nur auf einen Verhaltensaspekt abzielen, sondern das Gesundheitspotenzial der Menschen maximieren [21]. So kann bei der Empfehlung zur Steigerung der KA bei vermehrter Nutzung des Fahrrads oder zu Fuß anstelle des motorisierten Verkehrs auch der Beitrag zum Klimaschutz hervorgehoben werden [21]. Auf der Umweltebene sind Ansätze zur Entwicklung einer bewegungsförderlichen Lebenswelt erforderlich [18]. Dies meint nicht nur der niedrigschwellige Zugang zu Sport- und Freizeitangeboten, sondern vielmehr eine bewegungsfreundliche Stadtgestaltung [12]. Dazu gehört neben einem ausgebauten Fuß- und Radwegenetz auch die Schaffung von Bewegungsräumen, die eine aktive Alltagsmobilität unterstützen. Straßen und Plätze werden so teilweise zu Aufenthaltsflächen im öffentlichen Raum [12].

Insgesamt sind alle Ebenen zu beleuchten. So trägt die bauliche Umwelt allein nicht zur Steigerung der KA bei, sondern vielmehr spielen individuelle Faktoren, wie Selbstwirksamkeit oder die Wahrnehmung von Vorteilen der KA eine wesentliche Rolle [19].

Im Rahmen des dreijährigen Projekts „Fit durch Bewegung am Beispiel der Stadt Dresden (Projektkürzel: Fit-Dresden)“ wurden die Ziele der Erhaltung und Förderung der KA sowie der Stärkung der Gesundheitskompetenz im Sinne einer Sensibilisierung und Information über die positiven Effekte des Zufußgehens für die Gesundheit, die Umwelt und die Attraktivität des Stadtteils verfolgt. Zu diesem Zweck wurde ein Lehrpfad als eine bewegungsfördernde Maßnahme partizipativ konzipiert und in einem Quartier der Stadt Dresden umgesetzt. Der so entstandene „Geh-sundheitspfad“ informiert auf 12 Tafeln und einer Route von 10.000 Schritten über die gesundheitsförderlichen Auswirkungen des Zufußgehens, bietet Umweltthemen an und klärt über Besonderheiten des Stadtteils auf. Der Pfad ist öffentlich und kostenlos zugänglich. Darüber hinaus können die gewonnenen Erfahrungen auf Stadt- und Bundesebene übertragen werden [3].

Im Folgenden wird das Vorgehen zur Implementierung einer bewegungsfördernden Maßnahme im Quartier aus Sicht der im Projekt beteiligten Kommune beschrieben. Dabei wird auf die partizipative Planung, die bedarfsgerechte Umsetzung und die Verankerung in der kommunalen Gesundheitsplanung eingegangen. Die empirische Erhebung zur Bedarfs- und Bedürfniserhebung sowie eine Evaluation der Maßnahme wird im Schlussbericht des Projekts [29].

Methode

Beschreibung des Setting-Ansatzes

Das Projekt setzt eine gesundheitsfördernde Maßnahme im Setting Stadtteil bzw. Quartier um. Die Begriffe Stadtteil und Quartier werden im Folgenden weitgehend synonym verwendet. Neben der räumlichen Abgrenzung des Stadtteils ist ein Quartier ein soziales Wohnumfeld, in dem Netzwerke entstehen sowie soziale Dienstleistungen angeboten und nachgefragt werden [28].

Die Auswahl des geeigneten Stadtteils für den Geh-sundheitspfad erfolgte nach dem Altersanteil der Zielgruppe und der Möglichkeit Bewegungsräume, wie Grünflächen oder Plätze, aufzusuchen. Weitere wichtige Kriterien ergaben sich aus den Anforderungen zum Bau eines Lehrpfades, wie die Flächenverfügbarkeit, Erreichbarkeit oder die Mischung aus städtischer Bebauungsstruktur und Grünflächen. Alle Informationen standen im Themenstadtplan der Landeshauptstadt Dresden (LHD) zur Verfügung und wurden nach Vorauswahl in Steckbriefen zu vier Stadtteilen zusammengetragen [4]. Für die Auswahl eines Stadtteils wurde ein Workshop mit Vertreter*innen aus verschiedenen Ämtern durchgeführt.

Beschreibung der Zielgruppe

Im Projekt wurden zwei Zielgruppen adressiert: Menschen im Übergang in die nachberufliche Lebensphase und Menschen, die sich bereits in dieser Lebensphase befinden. Durch die Einteilung des Alters in Lebensphasen wurden Personen ab 60 Jahren einbezogen. Im Rahmen des Projekts wurde eine quantitative Befragung u. a. zum Bewegungsverhalten sowie semistrukturierte Interviews zum Einblick in die Beweggründe der Zielgruppe durchgeführt [29].

Für die Einholung fachlicher Expertise und Unterstützung in der Ansprache der Zielgruppe wurde zu Beginn des Projekts ein Steuerungskreis gebildet. In regelmäßigen Abständen wurden die Zwischenergebnisse mit Expert*innen (z. B. Sächsische Landesvereinigung für Gesundheitsförderung e. V., UniversitätsCentrum für Orthopädie und Unfallchirurgie am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, Zentrum für gesundes Altern am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus etc.) diskutiert.

Nach der Auswahl des Stadtteils wurde für die Planung und Umsetzung des Geh-sundheitspfades ein lokaler Multiplikator kontaktiert und eingebunden. Zusammen mit Personen der Zielgruppe wurden die Route und Tafelinhalte partizipativ erarbeitet.

Beschreibung des konzeptionellen Ansatzes

Das Konzept des Geh-sundheitspfades als quartiersbezogene Maßnahme berücksichtigt Ansätze und Empfehlungen zur kommunalen Bewegungsförderung [10, 22]. Der umweltbezogene Ansatz geht davon aus, dass verschiedene Lebensbereiche in einem Stadtteil gemischt und räumlich vernetzt werden sollen. Bewegungsräume sollen wohnortnah und attraktiv gestaltet werden. Der politische Ansatz ist wichtig, da viele Entscheidungen und Maßnahmen zur Bewegungsförderung auf einer „bewegungsförderlichen Politik“ basieren müssen, um eine konsequente Umsetzung zu erreichen. Bei den gemeindebezogenen Ansätzen werden verschiedene Maßnahmen miteinander kombiniert. Sogenannte „Mehrkomponentenansätze“ setzen sich meist aus strukturellen und verhaltensbezogenen Maßnahmen zusammen. Beim bevölkerungsbezogenen Informationsansatz geht es darum, die Bevölkerung bzw. Zielgruppen durch Öffentlichkeitsarbeit zu informieren und zu motivieren [10, 22].

Ergebnisse

Auswahl und Beschreibung des Quartiers

Im Rahmen der ämterübergreifenden Veranstaltung wurde sich für den Stadtteil Dresden-Trachau des Stadtbezirkes Pieschen im Dresdner-Norden entschieden. Dabei wurde der Stadtteil Dresden-Trachau aufgrund seiner entsprechenden Altersstruktur, der Erreichbarkeit durch den Nahverkehr, seiner wenigen Grünflächen, aber dafür sehr verteilten Kleingartenanlagen sowie durch den vor Ort ansässigen Akteur, dem Städtischen Klinikum Dresden-Neustadt (SKDD), ausgewählt Zudem existierten in diesem Stadtteil bislang keine verhältnisorientierten Angebote zur Förderung der KA. Ein Auszug der zugrundeliegenden Daten, die für die Auswahl des Stadtteils relevant waren, findet sich in einer Übersichtstabelle (s. Online-Material 1).

Einbindung der Zielgruppe

Das Projektteam nahm Kontakt zur Seniorenbegegnungsstätte (SBS) im Quartier auf. Die SBS fungierte als Multiplikator, um die Zielgruppe vor allem aus dem Stadtteil zu erreichen, stellte die Räumlichkeiten für die monatlich stattfindenden Projektnachmittage zur Verfügung und half bei der Ansprache der Zielgruppe. Nach der ersten Kontaktaufnahme mit der SBS wurde eine Projektgruppe „Geh-sundheitspfad“ aus sechs bis acht Teilnehmenden, die in ihrer Altersstruktur der Zielgruppe entsprachen, gebildet. Die überwiegende Mehrheit war weiblich und etwa ein Drittel der Teilnehmenden war gehbeeinträchtigt. Die Treffen fanden monatlich zu einer festen Zeit statt und wurden im Veranstaltungsprogramm der SBS angekündigt. Insgesamt wurden über das ganze Projekt zehn Projektnachmittage mit der Projektgruppe durchgeführt. Inhalt der Projektnachmittage war die Festlegung der Route für den Lehrpfad, Erarbeitung der Tafelinhalte und Planung gemeinsamer Veranstaltungen zur Bekanntmachung.

Die Festlegung der Route erfolgte im Austauschprozess zunächst anhand einer Stadtteilkarte, wobei hier die bereits bei der Auswahl des Stadtteils verwendeten Kriterien, wie Grünflächen oder Haltestellen, berücksichtigt wurden. Die Teilnehmenden aus der Projektgruppe wurden beauftragt, besonders schöne oder beliebte Orte im Stadtteil zu finden. Auf Grundlage der so gesammelten Orte und Plätze im Stadtteil wurde eine erste Route geplant.

Diese wurde anschließend im Rahmen von zwei Vor-Ort-Begehungen durch die Projektgruppe und die Projektmitarbeiterinnen im Hinblick auf ihre Eignung geprüft, wobei eine so genannte „Walkability-Checkliste“ eingesetzt wurde (s. Online-Material 2). Dabei wurden Korrekturen vorgenommen, die sich z. B. aus der Bebauungsstruktur oder der Wegeführung ergeben. Nach Festlegung der Route und Tafelstandorte wurde mit der Projektgruppe inhaltlich an den Tafeln gearbeitet.

Im Projekt erfolgte die Erarbeitung des Geh-sundheitspfades neben der Einbindung der Zielgruppe auch in Kooperation mit lokalen und regionalen Akteur*innen. Lokale Akteur*innen im Stadtteil waren z. B. die Physiotherapie im Städtischen Klinikum, welche bei der Auswahl der Bewegungsübungen und in der Öffentlichkeitsarbeit unterstützte (Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Akteur*innen im Projekt „Fit durch Bewegung am Beispiel der Stadt Dresden“. (© Amt für Gesundheit und Prävention der Landeshauptstadt Dresden)

Beschreibung des „Geh-sundheitspfades“

Der Geh-sundheitspfad ist rund 6 km lang und umfasst ca. 10.000 Schritte. Von der Auswahl des Stadtteils bis zur Aufstellung der Tafeln dauerte es 18 Monate. Er ist so angelegt, dass von jeder Tafel aus gestartet werden kann und dennoch ein routenbasierter Umlauf möglich ist. Die Tafeln verweisen aufeinander, stehen aber thematisch für sich. Eine Abkürzung ist eingezeichnet (Abb. 2).

Abb. 2
figure 2

Route und Tafelstandorte des Geh-sundheitspfades. (© Amt für Gesundheit und Prävention der LHD, Forschungsverbund Public Health Sachsen an der Medizinischen Fakultät der TU Dresden, Karte auf Grundlage des Amtes für Geodaten und Kataster der LHD)

Wegbeschaffenheit, Beschilderung und Länge des Lehrpfades sowie die textliche und grafische Gestaltung der Tafeln orientieren sich an den allgemeinen Kriterien für Wegweisungssysteme [7]. Die Tafeln wurden durch einen Pretest vor dem Bau (Evaluation vor Implementierung) durch die Projektgruppe angepasst. Dabei wurden 3 Tafeln auf Originalgröße ausgedruckt und an ihrem angedachten Standort der Projektgruppe präsentiert.

Auf insgesamt 12 Tafeln werden Inhalte zu den Themen Gesundheit, Umwelt und Stadtteilhistorie vermittelt (zu Details vgl. Tab. 1). Neben der Bewegungsförderung tragen die Inhalte der Tafeln durch die Vermittlung von stadtteilgeschichtlichem Wissen zur Identifikation mit dem eigenen Stadtteil sowie zur Förderung der eigenen Sinneswahrnehmung bei. Im Rahmen des Projekts, insbesondere durch die Befragung und die Arbeit mit der Zielgruppe, wurden die Inhalte neben Umwelt und Gesundheit vertieft und um stadtteilgeschichtliche Inhalte erweitert. Dadurch konnte dem Anspruch einer Partizipation im Projekt gerecht, bzw. Wünsche der Zielgruppe bei der Umsetzung berücksichtigt werden.

Tab. 1 Themenbezug der Tafeln und Inhalte auf dem Geh-sundheitspfad

Bei Veranstaltungen, z. B. im Rahmen der Europäischen Mobilitätswoche, wurde der Geh-sundheitspfad durch die Projektgruppe und Interessierten begangen und weitere Informationen zu den Tafeln sowie zur Entstehung des Geh-sundheitspfades gegeben.

Zusätzlich zum Bau des Geh-sundheitspfades wurde unterstützend durch Projektpartner und die Projektgruppe eine Begleitbroschüre entwickelt, die den Pfad anschaulich und niedrigschwellig beschreibt. Weitere Maßnahmen waren die Entwicklung einer Projekthomepage und die Möglichkeit, Schrittzähler bei den Akteur*innen im Quartier auszuleihen. Zudem wurde von den Projektpartnern ein Handlungsmanual erstellt, in dem die einzelnen Schritte zum Bau eines Geh-sundheitspfades aufgeführt wurden. Alle Publikationen stehen auf der Homepage als Download bereit [3].

Das Konzept des „Geh-sundheitspfades“ in der kommunalen Gesundheitsplanung

Im Sinne des Konzeptes der „Bewegten Kommune“ wurden bei der Umsetzung des Projekts „Geh-sundheitspfad“ verschiedene Ansätze berücksichtigt [10, 22].

Neben dem oben beschriebenen partizipativen Ansatz wurde der umweltbezogene Ansatz mit der Errichtung des Geh-sundheitspfades als eine nachhaltige Maßnahme zur Bewegungsförderung im öffentlichen Raum verfolgt. Im Rahmen des Vorhabens wurde eine Route geplant, die sowohl urbane (z. B. Gehwege, Plätze) als auch naturnahe Gegebenheiten (z. B. Kleingartenanlagen) miteinander verbindet. Zudem thematisiert der Geh-sundheitspfad nicht nur den gesundheitlichen Mehrwert des Zufußgehens, sondern sensibilisiert auch für die Umwelt.

Im Rahmen des politischen Ansatzes wurde die Projektidee frühzeitig in den politischen Gremien diskutiert und als Maßnahme der kommunalen Bewegungsförderung u. a. in die Fortschreibung des Sportentwicklungsplans Dresden (FoSep 2025) aufgenommen [23]. Darüber hinaus war das Projekt Bestandteil der Bewerbung der LHD um die Mitgliedschaft im Europäischen Netzwerk „Healthy Cities“ der Weltgesundheitsorganisation (WHO) im Themenbereich 3 „Verstärkte Partizipation und Partnerschaften für Gesundheit und Wohlbefinden“ [1]. Mit dem Beschluss des Stadtrates zur Mitgliedschaft wurde dieses Projekt auch politisch bestätigt.

Im bevölkerungsbezogenen Informationsansatz wurden die Aufklärung über die gesundheitlichen Aspekte des Zufußgehens und die Einbindung der Medien sowie die öffentlichkeitswirksame Einbindung der politischen Vertretung in die Aktionen auf dem Geh-sundheitspfad verfolgt.

Die Gesundheitsförderung, wie sie in der Ottawa-Charta von 1986 beschrieben wird, betont zugleich die Vernetzung der Akteur*innen [26]. Darunter wird die aktive und nachhaltige Zusammenarbeit mit allen Akteur*innen innerhalb und außerhalb des Gesundheitswesens verstanden [26].

Diskussion

Mit dem Dresdner Geh-sundheitspfad wurde eine niedrigschwellige und nachhaltige kommunale Maßnahme zur Förderung der körperlichen Aktivität und der Gesundheitskompetenz geschaffen. Die Bewegungsförderung in der Kommune muss neben verhaltensorientierten Maßnahmen durch die Schaffung von Bewegungsmöglichkeiten im öffentlichem Raum ergänzt werden. Insbesondere die Mischung aus verschiedenen Interventionsarten, die mit dem Vorhaben verfolgt wurden, erhöht die Wahrscheinlichkeit der Bekanntheit und Nutzung.

Der Lehrpfad dient sowohl der Wissensvermittlung als auch der aktiven Bewegung. Lehrpfade sind v. a. aus der Umweltbildung bekannt [17]. Sie dienen dazu, den Betrachtenden zu sensibilisieren und Informationen bereit zu stellen. Vergleichende Pfade, die vorwiegend die Gesundheit und Bewegung thematisieren sowie in der Stadt gebaut wurden, sind in Deutschland und international nicht bekannt. In Berlin sollte 2010 zusammen mit dem dortigen Ortsverband von Fuss e. V. ein solcher Geh-sundheitspfad entstehen, wurde dann aber von politischer Ebene abgelehnt [11]. Dies zeigt die Notwendigkeit einer bewegungsförderlichen Politik auf.

Der Geh-sundheitspfad ist als bauliche Struktur im Stadtteil eine wichtige Maßnahme zur stadträumlichen Bewegungsförderung. Durch die Einbindung der Zielgruppe von der Bedarfserhebung über die aktive Beteiligung und teilweise Übertragung von Entscheidungskompetenzen im Rahmen des Geh-sundheitspfades bis hin zur Einbindung in öffentlichkeitswirksame Veranstaltungen und schließlich die weitere (Mit‑)Betreuung des Geh-sundheitspfades wurde eine bedarfs- und akzeptanzorientierte Umsetzung des Vorhabens realisiert.

Innerhalb des Projekts wurde durch eine intensive Öffentlichkeitsarbeit der Geh-sundheitspfad im Quartier und stadtweit bekannt gemacht sowie mit anderen Angeboten der Gesundheitsförderung verknüpft. Infolge des Einbindens der unterschiedlichen lokalen und regionalen Akteur*innen im Gesamtprozess des Geh-sundheitspfades wurde erreicht, dass diese den Pfad in die eigene Arbeit aufnehmen und anderen Personengruppen der Pfad vermittelt wird. So hat eine ortsansässige Schule mit einer Klasse einen Ausflug über den Geh-sundheitspfad gemacht und das Adipositaszentrum des SKDD bezieht ihn in ihre ambulanten Rehabilitationsangebote ein.

Mit der Auslage der Begleitbroschüre im gesamten Stadtgebiet kann der Geh-sundheitspfad z. B. über andere Seniorenbegegnungsstätten, Kirchgemeinden, Vereine oder das Jobcenter kommuniziert werden. Anreize zur „geführten“ Bewegung bieten dann gezielte Aktionen, die anlassbezogen auch immer wieder mittels Öffentlichkeitsarbeit die Strecke bewerben. Hier wird bewusst auf den „Nudging-Ansatz“ gesetzt [14]. So findet zunächst ein geführtes Bewegungsangebot teilweise mit einem gesundheitlichen Thema (z. B. Immunsystem und Bewegung) auf dem Geh-sundheitspfad statt. Dadurch steigt die Bekanntheit des Geh-sundheitspfades in der Bevölkerung und weitere Bewegungsangebote werden bekannt.

Auch wenn die Veranstaltungen gut besucht wurden, sind die Aussagen zum Einfluss des Pfades auf das Bewegungsverhalten der Zielgruppe limitiert. Direkte Messungen zum Bewegungsverhalten sind bei einem offenen Angebot wie diesem schwer durchführbar und waren nicht Gegenstand des Projekts. Anhand der hohen Nachfrage an Broschüren zum Pfad, dem anhaltenden positiven Feedback aus der Bevölkerung, der Einbindung des Pfades in ein Akteursnetzwerk sowie regelmäßig Angebote für verschiedene Zielgruppen lassen sich jedoch Hinweise auf positive Effekte auf das Gesundheitsverhalten der Bevölkerung ableiten [29].

Das Netzwerk aus den unterschiedlichen Partnern von Wissenschaft über Praxis bis hin zu Politik und Verwaltung, was im Rahmen des Projekts entstanden ist, wirkt über das Projekt hinaus. Diese Arbeitsbeziehungen bilden die Grundlage für die Umsetzung weiterer Vorhaben der kommunalen Bewegungsförderung. Der Geh-sundheitspfad bildet demnach nicht eine Einzelmaßnahme, sondern bettet sich ein in ein Gesamtkonzept zur Förderung der KA in der kommunalen Gesundheitsplanung. Die Schaffung gesundheitsförderlicher Lebenswelten und die Berücksichtigung von Kontextfaktoren sowie deren Einfluss auf die Gesundheit stehen im Fokus der WHO [27]. Dieses ist festgeschrieben über einen Arbeitsschwerpunkt des WHO-Projekts „Gesunde Städte“ der LHD und damit über einen Stadtratsbeschluss legitimiert. Die LHD als kommunaler Partner, die seit über 30 Jahren Mitglied im europäischen Netzwerk der WHO „Healthy Cities“ ist, setzt im Kontext Gesundheit einen Arbeitsschwerpunkt auf die Bewegungsförderung [1].

Zur Sicherung des Geh-sundheitspfades muss auch die Entscheidung über die Pflege der Tafeln getroffen werden. Dies obliegt dem GA, wobei eine Kooperation mit dem Stadtbezirksamt gefunden wurde, welche regelmäßig die Tafeln sichtet und die Pflege Untergründe und Oberflächen neben den Eigentümer der Flächen gewährleistet. Einschränkend ist festzustellen, dass der Geh-sundheitspfad zunächst mit den benannten Tafelinhalten konzipiert worden ist. Hier gilt es, auch auf regelmäßige Aktualisierung der Tafelinhalte zu achten. Die Fort- und Weiterentwicklung wäre im Rahmen der offenen Seniorenarbeit mit Unterstützung der Fachkräfte aus dem GA denkbar.

Fazit für die Praxis

  • Ein Ansatzpunkt kommunaler Bewegungsförderung kann die Etablierung von Bewegungspfaden im Quartier sein. Dabei können verschiedene Aspekte wie Gesundheit, sowie die Förderung der Sensibilität für die Umwelt als auch stadtgeschichtliche Inhalte miteinander vereint werden, um möglichst eine breite Masse von Interessierten anzusprechen, den Weg abzulaufen. Dies entspricht dem Nudging-Ansatz.

  • Analog der Ottawa Charta von 1986 waren bei der Planung und Durchführung des Projekts sowohl Partizipation als auch Vernetzung die Schlüsselfaktoren. Der Einbezug der Bürgerinnen und Bürger sowie der Akteure vor Ort bereits in die Planung des Geh-sundheitspfades sowie in die inhaltliche Ausgestaltung tragen zur Akzeptanz des Pfades wie auch dessen Nachnutzung bei.

  • Kommunale Bewegungsförderung geht über Einzelmaßnahmen hinaus. Diese müssen, wie auch der Geh-sundheitspfad eingebettet werden in ein Gesamtkonzept, welches unterschiedliche Zielgruppen als auch Zugangswege für kommunale Bewegungsangebote im Sinne der verhaltens- als auch verhältnisorientierten Gesundheitsförderung einschließt.