Gesundheitsportale vereinen heterogene und beständige Nutzer*innenkreise auf sich. Sie bieten integrierte Lösungen zur Information über Gesundheits- und Krankheitsthemen, zur Einholung medizinischen Rats oder verweisen zu spezialisierten Seiten. Vielfach sind Communities entstanden, sodass sich Nutzer*innen verbreitet auf einem Gesundheitsportal ihrer Wahl aufhalten. Eine Studie hat regelmäßige Nutzer*innen großer Gesundheitsportale zu ihren Motiven befragt und welche Veränderungen ihres Gesundheitshandelns bzw. Arzt-Patient-Verhältnisses sie seit ihrer Nutzung an sich beobachten.

Für viele Verbraucher*innen hat das Internet bei Fragen zu Gesundheit und Krankheit inzwischen große Bedeutung erlangt. Neben weit verbreiteten Suchmaschinenrecherchen wird auch von integrierten Gesundheitsportalen Gebrauch gemacht [3, 4, 20]. An der Spitze stehen kommerzielle Angebote wie NetDoktor mit ca. 7 Mio. „unique user“ und monatlich über 12 Mio. Seitenaufrufen. Im Unterschied zu speziellen Online-Gesundheitsdiensten decken Gesundheitsportale ein breites Spektrum an Themen und Angeboten ab. Dazu zählen nicht nur Informationen über spezifische Gesundheitsthemen, sondern auch Arztverzeichnisse bzw. -bewertungen oder auch die Möglichkeit zum Austausch mit Nutzer*innen und/oder medizinischen Expert*innen. Dementsprechend erfolgt die Zuwendung aufgrund unterschiedlichster Nutzungsmotive. Derlei Plattformen verfolgen teils den Ansatz einer Art Health Community, was zur Herausbildung eines „harten Kerns“ regelmäßiger Portalbesucher*innen führt. Befragungen haben gezeigt, dass bei kontinuierlichen Nutzer*innen von Gesundheitsportalen das Spektrum an konkurrierenden Quellen zur Gesundheitsinformation oft geringer ausfällt als bei anderen Gruppen – oft gibt es ein „Lieblingsportal“, dem entsprechend großes Vertrauen entgegengebracht wird [1, 2, 11].

Gesundheitsportale können aufgrund ihrer Niedrigschwelligkeit, anschaulicher Informationsaufbereitung und Interaktivität den Wissensstand und die Eigenverantwortung von Patient*innen erhöhen sowie die Kompetenz zu informierten Entscheidungen stärken. Infolgedessen ist es denkbar, dass das Gesundheitshandeln profitiert. Dennoch besteht gerade gegenüber kommerziellen Gesundheitsportalen der Vorbehalt, dass unvollständige bzw. fehlerhafte Informationen vermittelt werden oder so präsentiert werden, dass falsche Schlussfolgerungen bei Patient*innen nahegelegt werden. Diese Problematik wird dadurch verkompliziert, dass auf vielen privat betriebenen Portalen Pharmaunternehmen einen direkten oder indirekten Einfluss ausüben und die Betreiber solcher Webplattformen nicht immer ersichtlich sind [9].

Wenn Patient*innen durch auf Gesundheitsportalen gefundene (inkorrekte) Informationen von falschen Annahmen ausgehen oder verwirrt bzw. verunsichert sind, kann eine Negativfolge in einer Beeinträchtigung des Arzt-Patient-Verhältnisses bestehen. So können Unterschiede zwischen den Therapievorschlägen des Arztes und Behandlungsempfehlungen im Internet zu einem Vertrauensverlust führen. Untersuchungen belegen, dass zwischen 10 und 18 % der Patient*innen ärztliche Behandlungsempfehlungen aufgrund von Informationen aus dem Internet zurückgewiesen oder eigenmächtig abgeändert haben [6, 15]. Ein fehlerhaftes Gesundheitshandeln mit womöglich fatalen Konsequenzen kann hiervon die Folge sein [2]. Auch die Entstehung von sich verfestigenden Gesundheitsängsten ist als längerfristige Folgewirkung nicht auszuschließen [7, 8, 16, 21, 22].

Jenseits erster Explorationen von Gesundheitsängsten im Zusammenhang mit der Online-Recherche [7, 8] fehlt es an Studien, die einen konkreten Einfluss von Gesundheitsangeboten im Internet auf das Gesundheitsverhalten empirisch nachzuweisen versuchen. Als gesichert gilt, dass bestimmte Prädikatoren vorhanden sein müssen, damit sich entsprechende Wirkungspotenziale entfalten können. So ist davon auszugehen, dass mögliche Wirkungen stark mit den Motiven der Zuwendung zu Gesundheitsangeboten im Internet zusammenhängen. Powell et al. [11] sowie Baumann und Czerwinski [3] tragen, ohne Anspruch auf Vollständigkeit, vier Motivkategorien zusammen:

  • Bedürfnis nach Rückversicherung, z. B. indem eine zweite Meinung eingeholt wird.

  • Wunsch nach ergänzenden Informationen zur Vertiefung vorhandenen Wissens.

  • Veränderung der Patient*innenrolle, indem durch Informationssuche Mit- und Eigenverantwortung übernommen wird.

  • Persönlicher Meinungs- und Erfahrungsaustausch mit anderen Personen.

Ein weiterer relevanter Prädikator ist die individuelle Vertrauenszuschreibung. Wie Eichenberg [7, 8] feststellt, macht es einen Unterschied, ob ein Online-Gesundheitsangebot lediglich mit kritischer Distanz und womöglich in Konkurrenz zu anderen Angeboten genutzt wird oder ob die Unterstellung von Glaubwürdigkeit so weit reicht, dass keine konkurrierenden Angebote mehr hinzugezogen werden. Ebenfalls von großer Bedeutung sind Merkmale der Persönlichkeit.

Erkenntnisinteresse

Vor dem Hintergrund der Studienlage, aber insbesondere der dargestellten theoretischen Erwägungen ist vorstellbar, dass gerade regelmäßig genutzte Gesundheitsportale längerfristige Effekte auf das Gesundheitshandeln von Patient*innen haben können. Folgende Fragen standen entsprechend im Mittelpunkt der vorzustellenden Untersuchung:

  • Welche Motive bewegen Patient*innen dazu, Gesundheitsportale regelmäßig zu nutzen?

  • Wie wirkt sich die regelmäßige Inanspruchnahme von Gesundheitsportalen auf das Arzt-Patient-Verhältnis aus?

  • Besteht ein Zusammenhang zwischen Nutzungsmotiven und Wirkungen?

  • Welche Implikationen für das Gesundheitswesen lassen sich aus den Ergebnissen ableiten?

Methodik

Mittels einer Online-Befragung wurde zwischen September und Dezember 2022 eine Nutzer*innenbefragung in Foren von insgesamt 13 großen Gesundheitsportalen durchgeführt. Aus Gründen der Anonymisierung erfolgt in diesem Beitrag keine Offenlegung, um welche Gesundheitsportale es sich handelt.

Durchführung und Rekrutierung

Die Auswahl der deutschsprachigen Gesundheitsportale erfolgte über ein mehrschrittiges Verfahren. Zunächst wurde über eine Suchmaschinenrecherche, bei der Schlagwörter wie „Gesundheitsportal“, „Gesundheitsinformationen“, „Informationen Gesundheit und Krankheit“ verwendet wurden, eine allgemeine Liste erstellt (insgesamt wurden 36 Portale recherchiert). Anschließend wurde diese Liste nach gefiltert: a) Es muss sich um allgemeine Gesundheitsportale handeln, d. h. keine Seiten zu speziellen Themen; b) Das Portal muss die Möglichkeit einer Community bieten, also nicht nur Informations-, sondern auch Interaktionsmöglichkeiten; c) Das Portal muss u. a. über ein Diskussionsforum verfügen. Nach Filterung verblieben 25 Portale.

Anschließend wurde mit der Administration Kontakt aufgenommen und um eine formelle Erlaubnis gebeten, über das jeweilige Diskussionsforum Befragungsteilnehmer*innen rekrutieren zu dürfen. Diese Möglichkeit wurde von 13 Portalen eingeräumt. Im Anschluss an die Gewährung der Durchführung wurde zwischen September und Dezember 2022 ein Aufruf in Form eines Themen-Threads geschaltet, bei dem über das allgemeine Thema Auskunft gegeben wurde (keine Incentives).

Auf Grundlage der teils einsehbaren Mitgliederzahlen schätzen die Autoren, dass die einbezogenen Portale in Summe zwischen 8 und 10 Mio. Nutzer*innen erreichen, wobei ein unklarer Teil Gebrauch von den Diskussionsforen macht.

Erhebungsinstrument

Der Fragebogen wurde von den Autoren eigenständig erarbeitet. Dabei stützten sie sich auf eine Reihe von eigenen Vorstudien zur Nutzung von eHealth-Tools (u. a. [15,16,17,18,19,20]) sowie Arbeiten zu den bereits angesprochenen Nutzungsmotiven und Wirkungsannahmen zu internetbasierter Gesundheitskommunikation (u. a. [1,2,3,4,5,6,7,8, 11, 12]).

Das Instrument setzt sich aus mehreren Blöcken zusammen: a) Items zur Selbstbeschreibung, b) Kenntnis und Affinität zu Gesundheitsseiten, c) Erwartungen und Nutzungsmotive, d) medizinischer Rat auf Gesundheitsseiten, e) Verhaltensänderungen aufgrund regelmäßiger Nutzung und f) soziodemografische Angaben.

Datenanalyse

Die Daten wurden mittels SPSS 23.0 (IBM, Armonk/New York, USA) für Windows ausgewertet. Zur Feststellung von signifikanten Unterschieden zwischen zwei Gruppen kam ein t‑Test bei unabhängigen Stichproben zum Einsatz (Mittelwertdifferenz auf dem Niveau p < 0,001).

Ergebnisse

Stichprobe

In die Auswertung eingegangen sind 936 vollständig ausgefüllte Fragebögen. Soziodemografisch lässt sich die Stichprobe wie folgt beschreiben:

  • Geschlecht: 40 % männlich, 60 % weiblich,

  • Durchschnittsalter: 53 (Minimum: 26, Maximum: 75) Jahre,

  • Bildungsabschluss: Hauptschule 12 %, Realschule 28 %, (Fach‑)Abitur oder höher 36 %, Sonstiges 8 %, k. A. 16 %.

Eine Abfrage zu Beginn hat ergeben, dass 62 % der Befragten nach eigener Angabe ein oder mehrere Gesundheitsportale häufig nutzen (eine häufige Nutzung wurde übersetzt mit „3-mal pro Woche oder häufiger“), weitere 33 % gelegentlich (selten: 5 %). Unter den genutzten Portalen ist lediglich ein nicht-kommerzielles Angebot.

Zu Anfang des Fragebogens wurden die Nutzer*innen gebeten, anzugeben, was ihnen bei einem Gesundheitsportal wichtig ist (vgl. Anhang, Tab. 4). Es zeigt sich, dass die Befragten in erster Linie Wert auf schnelle, verlässliche Informationen legen. Auch sollen Gesundheitsportale auch bei der Auswahl von Ärzt*innen und Krankenhäusern helfen. Die Möglichkeit des Austausches mit anderen Nutzer*innen oder medizinischen Expert*innen wird ebenfalls geschätzt.

Nutzungsmotive

Analog zur Erwartungsabfrage zeigt sich, dass die schnelle, gezielte Informationssuche nach Symptomen, Krankheiten, Medikamenten und Therapien die wichtigsten Nutzungsmotive sind (vgl. Tab. 1). Auch der Austausch mit anderen Nutzer*innen sowie die Vor- und Nachbereitung von Arztbesuchen sind Anlässe, solche Portale zu nutzen. Frauen zeigen sich erheblich interessierter an einem Austausch mit anderen Nutzer*innen als Männer und widmen sich stärker der Gesundheitsvorsorge. Ebenfalls bereiten sich Frauen mithilfe von Gesundheitsportalen häufiger auf Arztbesuche vor. Männer hingegen geben in weit höherem Maße an, Gesundheitsportale zu nutzen, um Arztbesuche zu vermeiden.

Tab. 1 Motive der Nutzung von Gesundheitsportalen (Frage: Aus welchen Gründen nutzen Sie Gesundheitsportale?)

Zweidrittel der Befragten geben an, den Informationen und Ratschlägen auf dem Gesundheitsportal ihrer Wahl (sehr) stark zu vertrauen (vgl. Anhang, Tab. 5). Weiter zeigt sich, dass mehr als ein Fünftel aller Befragten die dort bezogenen Informationen nach eigener Aussage niemals mittels anderer Quellen gegenprüft; etwas mehr als ein Viertel tut dies meistens oder immer (vgl. Anhang, Tab. 6).

Veränderungen des Gesundheitshandelns

Seit die Befragten Gesundheitsportale bzw. das Portal ihrer Wahl regelmäßig nutzen, konstatiert eine Mehrheit, nun ein besseres und kritischeres Verständnis für das Vorgehen des Arztes zu haben und diesem mehr Fragen zu stellen (vgl. Tab. 2). Ein beträchtlicher Teil der Befragten ist allerdings auch der Meinung, der Rat des Hausarztes habe aufgrund der Nutzung von Gesundheitsportalen nun einen geringeren Stellenwert. Jeder Dritte bekundet infolge der Zuwendung zu Gesundheitswebseiten eine größere Wechselbereitschaft oder gar die häufigere Vermeidung von Arztbesuchen.

Tab. 2 Subjektiv eingeschätzte Verhaltensänderungen seit der Nutzung von Gesundheitsportalen. (Frage: Aufgrund der Nutzung von Gesundheitsportalen im Internet können sich einige Dinge verändern. Welchen Aussagen stimmen Sie zu? Antwortkategorien „stimme voll und ganz zu/stimme eher zu“ zusammengefasst)

Über 40 % aller Männer geben an, jetzt häufiger Arztbesuche zu vermeiden, hingegen jede vierte Frau. Ähnliches gilt für die Bereitschaft, den Arzt zu wechseln. Auffällig ist die große Gruppe derer, die einräumen, seit der kontinuierlichen Nutzung von Gesundheitswebseiten gelegentlich einen Mangel an Orientierung und Entscheidungsunsicherheit zu verspüren.

Selbstcharakterisierung und Verunsicherung

Dieser Befund lässt sich vertiefend betrachten, indem man einen Zusammenhang zu bestimmten Selbstcharakterisierungsaussagen herstellt, die den Befragten vorgelegt wurden. Es zeigt sich, dass diejenigen Personen, die gelegentliche Orientierungslosigkeit seit der Inanspruchnahme von Gesundheitsportalen bekunden, sich auffallend häufiger als nervös, besorgt und introspektiv einschätzen als der Durchschnitt aller Befragten (vgl. Tab. 3).

Tab. 3 Selbstcharakterisierungsaussagen. (Frage: Welchen der folgenden Aussagen stimmen Sie zu? Antwortkategorien „stimme voll und ganz zu/stimme eher zu“ zusammengefasst)

Zusammenhänge zwischen Motiven und Wirkungen

Im Zuge der Auswertung fallen erhebliche Unterschiede zwischen bestimmten Gruppen auf, die auf einen Zusammenhang zwischen Nutzungsmotiven (vgl. Tab. 1) und Verhaltensänderungen (vgl. Tab. 2) hindeuten:

  • Befragte, die Gesundheitsportale nutzen, um sich mit anderen Nutzer*innen auszutauschen, bekunden in weit höherem Maße, dass sie seit der Nutzung von Gesundheitsportalen kritischer gegenüber Ärzt*innen sind als Personen mit anderen Nutzungsmotiven (68 % zu 44 %, p < 0,001).

  • Befragte, die sich regelmäßig auf Gesundheitsportalen über Medikamente und Therapien informieren, stellen dem Arzt nach eigener Einschätzung mehr Fragen (61 %) und können besser mit Beschwerden (57 %) umgehen als Personen mit anderen Nutzungsmotiven (mehr Fragen: 45 %, besser mit Beschwerden umgehen: 43 %; p < 0,001).

  • Ähnlich können Befragte, die Gesundheitsportale nutzen, um sich auf einen Arztbesuch vorzubereiten, den Arzt besser verstehen (81 %) und besser mit Beschwerden bzw. Erkrankungen umgehen (60 %) als Befragte, die sich nicht entsprechend auf Arztbesuche vorbereiten (besser verstehen: 55 %, besser mit Beschwerden umgehen: 41 %; p < 0,001).

  • Befragte, die Gesundheitsportale nutzen, um Rat von medizinischen Experten zu erhalten, gehen deutlich häufiger nicht mehr zum Arzt als Nutzer*innen mit anderen Motiven (43 % zu 26 %, p < 0,001). Zudem wird der Hausarzt von Personen, die medizinischen Expertenrat über Gesundheitsportale in Anspruch nehmen, häufiger gewechselt (47 % zu 22 %, p < 0,001); der hausärztliche Rat ist ihrer Meinung nach nicht mehr so wichtig wie früher (57 % zu 27 %, p < 0,001).

Diskussion

Zusammenfassung

Wie die Ergebnisse belegen, kann die häufige Inanspruchnahme von Gesundheitsportalen Veränderungen des Gesundheitshandelns nach sich ziehen, etwa mit Blick auf das Arzt-Patient-Verhältnis. Je nach Nutzungsmotiven, die gerade geschlechtsspezifisch unterschiedlich ausfallen [3, 4], können Folgen ein reflektierterer und kritischerer Umgang mit Ärzt*innen sein, jedoch auch ein häufigerer Arztwechsel oder eine gänzliche Abkehr von Ärzt*innen. Weitere Befunde sind eine oftmals nur geringe Gegenprüfung von vorgefundenen Informationen und die beträchtliche Zahl Befragter, die einräumen, seit der intensiven Nutzung von Gesundheitsportalen orientierungsloser zu sein und Probleme bei der Entscheidungsfindung zu haben. Dies kann als Hinweis verstanden werden, dass die Online-Suche nach Symptomen, Krankheitsbildern und Therapien nicht zu unterschätzende Risiken mit sich bringen kann. In dieser Hinsicht decken sich die Resultate mit bestehenden Studien [3,4,5,6, 10, 15].

Einige Befragungsergebnisse deuten darauf hin, dass eine Parallelität von bestimmten Persönlichkeitseigenschaften und einer im Zuge von Online-Gesundheitsrecherchen bekundeten Verunsicherung besteht. In dieser Hinsicht bestätigen die Befunde die wenigen existierenden Untersuchungen zum Thema, wonach die Recherche nach gesundheitsbezogenen Informationen bei einem Teil der Befragten unter bestimmten Voraussetzungen tatsächliche hypochondrische Ängste verstärken und negative Auswirkungen auf das Gesundheitsverhalten nach sich ziehen kann [7, 8, 14, 16]. Auf der anderen Seite sollte nicht unterschätzt werden, dass ein erheblicher Teil der Patienten von leicht zugänglichen Gesundheitsinformationen im Internet profitiert – mit positiven Folgen etwa für die Compliance. Auch das zeigen die Resultate der Befragung.

Mit Blick auf die Implikationen für das Gesundheitswesen bilanzieren Rebitschek und Gigerenzer, dass gerade kommerzielle Gesundheitsportale die Voraussetzungen für die Vorbereitung und Herbeiführung informierter Entscheidungen oftmals nicht erfüllen [12]. Hierzu zählen u. a. wissenschaftliche Fundiertheit und Aktualität, aber auch Neutralität und Ausgewogenheit von Informationen, daneben die Diskussion von Vor- und Nachteilen diagnostischer und therapeutischer Optionen sowie Quellentransparenz [13, 19]. Aus diesem Grund wurde in den zurückliegenden Jahren in Deutschland ein Nationales Gesundheitsportal aufgesetzt, das leicht auffindbar sein soll und Nutzer*innen evidenzbasierte, leicht verständliche Informationen zur Verfügung stellen soll. Befragungen unter Haus- und Fachärzt*innen haben gezeigt, dass hier ein großer Bedarf für das Gesundheitswesen wahrgenommen wird [19]. Anders als bisherige nicht-kommerzielle Portale hat das Nationale Gesundheitsportal den Vorteil, dass es per Suchmaschinenrecherche begünstigt wird.

Da in dieser Studie v. a. nach Veränderungen des Arzt-Patient-Verhältnisses gefragt wurde, betrifft eine weitere Implikation den ärztlichen Umgang mit internetinformierten Patient*innen [5]. Viele Ärzt*innen sind sich bereits bewusst, dass ihre Patient*innen sich kontinuierlich im Internet über Gesundheits- und Krankheitsthemen informieren, und haben sich jüngeren Studien zufolge inzwischen auch auf die Gruppe von durch Online-Recherchen verunsicherten Patient*innen eingestellt [16, 18, 20]. Dennoch fehlt es bislang an einer systematischen Adressierung dieses Rechercheverhaltens. Es sollte darüber nachgedacht werden, in der täglichen Sprechstunde aktiv auf Online-Recherchen von Patient*innen einzugehen. Einerseits können dadurch Potenziale und Risiken angesprochen und möglichen Negativfolgen vorgebeugt werden. Auf der anderen Seite lassen sich Gesundheitsrecherchen für die Förderung der Arzt-Patient-Beziehung nutzen, da der Arzt durch aktives Eingehen auf die Recherchen des Patienten seine Wertschätzung signalisiert. Folglich wäre zu erwägen, die Anamnese um die Dimension der (Online‑)Informationssuche zu erweitern [18].

Angesichts der Wirkungen, die Gesundheitsportale auf das Gesundheitshandeln haben können, wie auch angesichts des enormen Vertrauens, das ihnen entgegengebracht wird, erscheint es dringend geboten, dass Patient*innen sich ein realistisches Bild von den Möglichkeiten und Grenzen dieser Angebote machen können. Dies erfordert allerdings nicht nur ein höheres Maß an Verbraucher- und Medienkompetenz [10, 13], sondern auch eine bessere Regulierung der Gesundheits- und Beratungsdienste im Internet:

  • Um die Verlässlichkeit von Informationen einzuschätzen, müssen Patient*innen wissen, welche Qualifikation „Redaktionen“ bzw. medizinische Experten haben, deren Rat man über Gesundheitsportale in Anspruch nehmen kann. Eine solche Qualifikationsauskunft sollte vorgeschrieben werden.

  • Auch erscheint es ratsam, einheitliche Mindeststandards für bestimmte Leistungen wie z. B. den medizinischen Expertenrat vorzugeben und zu definieren, welche Leistungen eine Online-Beratung zu erbringen hat und wo ihre Grenzen liegen.

  • Um zu verhindern, dass Nutzer*innen zur Preisgabe unzweckmäßiger Daten verleitet werden, sollten klare datenschutzrechtliche Transparenzvorschriften gegenüber den Portalbetreibern durchgesetzt werden.

  • Eine Offenlegung, welche Interessen der Anbieter eines Gesundheitsportals verfolgt und von welcher Seite er finanziert wird, erscheint erforderlich. Dies könnte in Form einer erweiterten Impressumspflicht erfolgen.

Stärken und Schwächen

Mehrere methodische und inhaltliche Einschränkungen sind bei der vorgestellten Studie zu berücksichtigen:

  • Die begrenzte Fallzahl und die selbstselektive Rekrutierung der Nutzer*innen lassen keinen repräsentativen Anspruch der Ergebnisse zu.

  • Befragt wurden Nutzer*innen, die aufgrund ihres häufigen Aufenthalts auf Gesundheitsseiten eine Affinität zur Online-Recherche von Gesundheitsthemen haben. Entsprechend ist anzunehmen, dass Gesundheitsportale bei Personen mit niedrigerer Nutzungsintensität einen geringeren Einfluss auf das Gesundheitshandeln ausüben. Es stellt sich die Frage, inwiefern eine „kritische Schwelle“ für Wirkungspotenziale existiert.

  • Die Studie hat weniger das generelle Rechercheverhalten von Verbrauchern im Internet in den Blick genommen (z. B. Einstieg über eine Suchmaschine) als vielmehr den „harten Kern“ der Nutzer*innen von Gesundheitsportal-Communities fokussiert. Die höchst bedeutsame Frage, wie Nutzer*innen üblicherweise auf Gesundheitsseiten gelangen [3], ist damit nicht beantwortet worden.

  • Es ist zu berücksichtigen, dass die subjektive Einschätzung der Nutzer*innen zu möglichen Verhaltensänderungen seit der Nutzung von Gesundheitsportalen ermittelt wurde. Unbewusste Veränderungen können damit ebenso wenig erfasst werden wie mögliche Fehleinschätzungen.

Schlussfolgerung

Die Studie hat gezeigt, dass die regelmäßige Nutzung von Gesundheitsportalen durchaus beträchtliche Veränderungen des Gesundheitshandelns von Nutzer*innen bewirken kann, auch und gerade mit Blick auf das Arzt-Patient-Verhältnis. Einerseits können Patient*innen von integrierten, qualitativ hochwertigen und gut verständlichen Informationsangeboten sowie weiterführendem Rat profitieren, andererseits besteht auch die klare Gefahr steigender Desorientierung und Verunsicherung.

Fazit für die Praxis

  • Gesundheitsportale im Internet bieten die Möglichkeit, sich ausführlich über Gesundheits- und Krankheitsthemen zu informieren, weiterführenden Rat einzuholen oder Verweisen zu anderen, spezialisierten Informationsportalen zu folgen. Inzwischen haben sich vielfach mitgliederstarke Health Communities herausgebildet.

  • Bislang liegen nahezu keine empirischen Befunde vor, in welcher Weise die intensive Nutzung solcher Dienste das Gesundheitshandeln beeinflusst.

  • Die Ergebnisse belegen, dass die häufige Inanspruchnahme von Gesundheitsportalen Veränderungen des Gesundheitshandelns nach sich ziehen kann, etwa mit Blick auf das Arzt-Patient-Verhältnis.