Lehrer übernehmen zentrale Bildungsaufgaben in unserer Gesellschaft. Dabei bestehen, entgegen gesellschaftlicher Vorurteile, im Lehrerberuf hohe psychosoziale Anforderungen, die sich insbesondere in einer psychischen Erschöpfung spiegeln. Vor dem Hintergrund der Bedeutung der Lehrergesundheit für Bildungsqualität werden in diesem Beitrag Belastungs- und Resilienzfaktoren bei Lehrern analysiert und im Zusammenhang mit Ansätzen zur Gesundheitsförderung diskutiert.

Einleitung

Die gesundheitliche Situation von Lehrern wird seit einigen Jahren problematisiert [4]. Studien seit den 1990er- und 2000er-Jahren zeigen hohe Belastungen und Gesundheitsgefährdungen (u. a [29, 33]). Lehrer leiden im Vergleich zu sonstigen Erwerbstätigen signifikant häufiger an arbeitsbedingten psychischen Beanspruchungsreaktionen wie Kopfschmerzen, Schlafstörungen oder Mattigkeit [2, 7]. Zudem sind sie häufiger als andere Berufsgruppen von psychischen und psychosomatischen Erkrankungen betroffen [32].

Ursächlich erweisen sich studienübergreifend undisziplinierte, unmotivierte und uninteressierte Schüler als wichtiger gesundheitlicher Belastungsfaktor (u. a. [6, 24, 36]). Ansonsten fächern sich die Belastungsfaktoren, je nach Anlage der Studien, in unterschiedliche Bereiche und können Lärm [33], Konflikte im Kollegium [36] oder ein hohes Arbeitspensum mit langanhaltenden Arbeitsspitzen beinhalten [10].

(Soziale) Resilienzfaktoren, die trotz vorliegender Gesundheitsgefährdungen die psychische oder physische Gesundheit schützen [3], stellen im Lehrerberuf positive Interaktionen mit Schülern [33, 36] und die soziale Unterstützung durch die Schulleitung und das Kollegium [24, 36] dar. Als relevante personale Resilienzfaktoren gelten die Selbstwirksamkeitserwartung [34] sowie die Distanzierungsfähigkeit (u. a. [29]).

Aus Schülerperspektive zeigen gesündere Lehrer stärker als gesundheitlich eingeschränkte u. a. ein gerechteres Verhalten und fördern stärker die kognitive Selbstständigkeit der Lernenden [22]. Zudem weisen Schüler, welche von Lehrpersonen mit einer höheren emotionalen Erschöpfung unterrichtet werden, geringere (Mathematik)leistungen auf [23].

In den vergangenen Jahren wurden vielfältige Projekte initiiert, welche die Gesundheit von Lehrkräften fördern sollen. Dabei werden personenbezogene Interventionen, wie das Erlernen von Stressbewältigungstechniken [21] angeboten. Zudem werden organisationsbezogene Ansätze wie z. B. eine gesundheitsgerechte Führungskultur in der Schule (u. a. [27, 31]) verfolgt.

Jedoch ist der Wissensstand zur Gesundheitssituation von Lehrern insbesondere im Berufsvergleich immer noch gering. Zudem ist vor dem Hintergrund der vielfältigen Zugänge zur Förderung der Lehrergesundheit von hohem Interesse, welche Faktoren als Resilienzfaktoren gelten, da diese in gesundheitsfördernden Programmen adressiert werden sollten.

Aufgrund dieser Desiderate verfolgt der Beitrag zwei Forschungsfragen: 1) Wie stark sind die psychische Erschöpfung und berufsspezifische Belastungsfaktoren von Lehrern im Vergleich zu sonstigen Erwerbstätigen ausgeprägt? 2) Welche Faktoren wirken als Resilienzfaktoren und können die psychische Erschöpfung vermindern?

Material und Methode

Datenbasis und Stichprobe

Die Studie analysiert den Datensatz der BIBB/BAuA-Erwerbstätigenbefragung von 2018 [14]. In diesem nationalen Gesundheitssurvey werden alle 6 Jahre telefonisch ca. 20.000 Erwerbstätige zu Arbeitsanforderungen, Arbeitsbedingungen und Arbeitsbelastungen befragt.

Eingeschlossen werden Lehrer an Gymnasien (n = 180), Grund‑, Haupt‑, Real-, und Sonderschulen (n = 289) und berufsbildenden Schulen (n = 122). Zur Einordnung der Ergebnisse wurden die sonstigen Beschäftigten zusammengefasst (n = ca. 19.400) als Vergleichsgruppe herangezogen.

Variablenbeschreibung und statistische Auswertung

Die psychische Erschöpfung wird als Ergebnis psychischer Belastung erfasst, der das Belastungs- und Beanspruchungsmodell nach Rohmert und Rutenfranz zugrunde liegt [28]. Zudem wird, einer salutogenetischen Sichtweise folgend, das Konzept der Resilienz hinzugezogen. Resilienz bezeichnet die psychische Widerstandsfähigkeit. Darunter werden protektive Faktoren erfasst, die vor dem Hintergrund von Belastungen die Gesundheit eines Individuums schützen. Sie können in personale (individuelle) und in soziale (die Lebensumwelt betreffende) Faktoren differenziert werden [3]. Dabei wird angenommen, dass protektive Faktoren in mehrfacher Hinsicht gesundheitserhaltend bzw. -förderlich wirken können [3]. So kann z. B. der Resilienzfaktor der sozialen Unterstützung psychosoziale Belastungen „abschirmen, abpuffern oder neutralisieren“ [12]. Zugleich können hilfreiche soziale Beziehungen und Bindungen positiv wirken, indem diese die betroffene Person unterstützen, die Belastungen erfolgreich zu bewältigen bzw. die Belastung zu akzeptieren [12]. Das Wirkmodell der Resilienzfaktoren ist in Abb. 1 dargestellt.

Abb. 1
figure 1

Wirkmodell der Resilienzfaktoren zur Abmilderung der Belastungsfaktoren. (Eigene Abbildung)

Zur Operationalisierung der psychischen Erschöpfung wurde ein etablierter additiver Index aus arbeitsbedingten psychischen Beanspruchungsreaktionen herangezogen [16]. Dem Index „Psychische Erschöpfung“ liegen 6 aufsummierte mögliche psychische Erschöpfungsreaktionen und gesundheitliche Beschwerden zugrunde, welche während oder unmittelbar nach der Arbeit auftreten können (Frage: Sagen Sie mir bitte, ob die folgenden gesundheitlichen Beschwerden bei Ihnen während oder unmittelbar nach der Arbeit häufig auftreten? Variablen: Kopfschmerzen, nächtliche Schlafstörungen, allgemeine Müdigkeit, Mattigkeit oder Erschöpfung; Magen- oder Verdauungsbeschwerden, Nervosität oder Reizbarkeit, Niedergeschlagenheit; [16]). Diese Symptome stehen im Zusammenhang mit einem erhöhten psychischen Beanspruchungserleben, wie sie nach der internationalen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsstörungen (ICD-10) bei depressiven Erkrankungen oder Erschöpfungszuständen auftreten können [9]. Die Beschwerden wurden mit einer dichotomen Variablen abgefragt (1 = ja; 2 = nein) und umkodiert (1 = liegt vor; 0 = liegt nicht vor).

Um Prädiktoren der psychischen Erschöpfung zu erfassen, werden empirisch bekannte Belastungs- und Resilienzfaktoren (Fragewortlaute unter Abb. 2 und 3) im Kontext der Lehrergesundheitsforschung herangezogen. Sämtliche nicht-dichotome Fragen wurden in einem 4‑stufigen Format abgefragt. Da es sich um ein ordinales Skalenniveau handelt, wurde die Antwortskala dichotomisiert in 0 = nie/selten/manchmal und 1 = häufig. Der personale Resilienzfaktor (Frage: Wie häufig kommt es vor, dass es Ihnen schwer fällt nach der Arbeit abzuschalten?) wurde dichotomisiert und Distanzierungsfähigkeit benannt.

Abb. 2
figure 2

Anteile der Befragten, die den jeweiligen Belastungsfaktor als „häufig“ bezeichnen (grau: Lehrer; blau: Beschäftigte anderer Berufe. Angaben in Prozent, Fallzahlen Lehrer/andere Berufe): Wie häufig kommt es vor, dass Dinge von Ihnen verlangt werden, die Sie nicht gelernt haben oder die Sie nicht beherrschen? (591/19.382); Wie häufig kommt es vor, dass Ihre Tätigkeit Sie in Situationen bringt, die Sie gefühlsmäßig belasten? (592/19.386); Wie häufig kommt es vor, dass Sie bis an die Grenzen Ihrer Leistungsfähigkeit gehen müssen? (592/19.386); Wie häufig kommt es vor, dass Sie unter starkem Termin- oder Leistungsdruck arbeiten müssen? (592/19.414)

Abb. 3
figure 3

Soziale Unterstützung am Arbeitsplatz durch Vorgesetzte und Kollegium und Distanzierungsfähigkeit von Lehrern (grau) im Vergleich mit Beschäftigten anderer Berufe (blau; Angaben in Prozent. Fallzahlen: Lehrer/andere Berufe): Wie häufig kommt es vor, dass Sie sich an Ihrem Arbeitsplatz als Teil einer Gemeinschaft fühlen? (572/18.323). Wie oft empfinden Sie die Zusammenarbeit zwischen Ihnen und Ihren Arbeitskollege /Mitarbeitern als gut? (563/17.191). Wie oft bekommen Sie Hilfe und Unterstützung für Ihre Arbeit von Kollegen, wenn Sie diese brauchen? (557/17.054). Und wie oft bekommen Sie Hilfe und Unterstützung für Ihre Arbeit von Ihrem direkten Vorgesetzten, wenn Sie diese brauchen? (559/17.073). Wie oft gibt Ihnen Ihr direkter Vorgesetzter Lob und Anerkennung, wenn Sie gute Arbeit leisten? (562/17.313). Wie oft kommt es vor, dass es Ihnen schwerfällt, nach der Arbeit abzuschalten? (592/19.385)

Zunächst werden die Indexwerte für die psychische Erschöpfung von Lehrern im Vergleich zu sonstigen Erwerbstätigen errechnet. Anschließend werden die Anteile der Befragten abgebildet, die den jeweiligen Belastungs- und Resilienzfaktor als „häufig“ bezeichnen. Dabei werden die Ergebnisse mit bivariaten Analysen und Darstellung der Signifikanz dargelegt. Berichtet werden Häufigkeiten mit 95 %-Konfidenzintervallen (KI).

Danach wird mittels einer binär-logistischen Regression überprüft, welche Resilienzfaktoren es bei Lehrern begünstigen, trotz berichteter Belastungsfaktoren weniger als die statistisch erwartete Anzahl an Erschöpfungssymptomen zu zeigen. Dazu wurde ein Index der kollegialen sozialen Unterstützung mit drei Variablen und der Index der Unterstützung durch Vorgesetzte mit zwei Variablen gebildet. Als personaler Resilienzfaktor wird die Variable Distanzierungsfähigkeit aufgenommen. Für die Auswertungen wurde das Softwarepaket IBM SPSS Statistics Version 27 verwendet.

Ergebnisse

Psychische Erschöpfung und Belastungsfaktoren

Die psychische Erschöpfung ist bei Lehrern mit einem Mittelwert von 2,03 Symptomen (95 %-KI: 1,92–2,17, n = 588) signifikant höher als bei der Vergleichsgruppe der sonstigen Erwerbstätigen (1,73, 95 %-KI: 1,71–1,76, n = 19.284).

Bei Lehrern treten alle Belastungsfaktoren, bis auf den dritten Faktor in Abb. 2, signifikant häufiger auf als bei den Angehörigen anderer Berufsgruppen.

Die Anzahl an „häufigen“ Belastungsfaktoren (0–4) und die Anzahl der Symptome psychischer Erschöpfung (0–6) korrelieren mittelstark positiv (Pearson’s R. 388, sig. 000, n = 585).

Resilienzfaktoren

Die soziale Unterstützung am Arbeitsplatz durch das Kollegium wird von Lehrern als höher eingeschätzt als von Beschäftigten anderer Berufe. Umgekehrt verhält es sich mit dem Verhältnis zu Vorgesetzten. Die Distanzierungsfähigkeit bei Lehrern ist im Vergleich zu sonstigen Erwerbstätigen geringer ausgeprägt (Abb. 3).

Da die Resilienzfaktoren häufig ähnlich beantwortet werden (bei den ersten 3 Variablen zu sozialer Unterstützung im Kollegium > 90 % Überschneidung; bei der 4. und 5. Variable zu sozialer Unterstützung Vorgesetzte ca. 84 % Überschneidung) und eine Multikollinearitätsproblematik vorliegt, werden zwei additive Indizes der sozialen Unterstützung gebildet. Diese messen, wie oft eine befragte Person bei den ersten 3 Variablen (Index Kollegen) und bei den beiden Fragen zu den Vorgesetzten (Index Vorgesetzte) die Antwort „häufig“ angibt.

Der Wert für den Index der sozialen Unterstützung durch das Kollegium liegt bei Lehrern (2,59, 95 %-KI: 2,52–2,66, n = 557) signifikant höher als bei den Angehörigen anderer Berufe (2,46, 95 %-KI: 2,44–2,47, n = 17.020). Der Indexwert für die soziale Unterstützung durch Vorgesetzte, der durch 2 statt 3 Variablen im Gegensatz zum Indexwerte zum Kollegium den möglichen Maximalwert von 2 statt 3 hat, zeigt einen insignifikant niedrigeren Wert bei Lehrern (0,86, 95 %-KI: 0,80–0,93, n = 555) als bei den Angehörigen anderer Berufe (0,92, 95 %-KI: 0,90–0,93, n = 16.943). Der Anteil an Lehrern, denen es nicht häufig schwerfällt, nach der Arbeit abzuschalten, ist wie in Abb. 3 sichtbar signifikant niedriger (61,8 %, 95 %-KI: 57,9–65,7 %, n = 592) als bei den Angehörigen anderer Berufe (78,6 %, 95 %-KI: 78,0–79,2 %, n = 19.385).

Protektive Wirkung der Resilienzfaktoren

Zur binär-logistischen Berechnung, welche Resilienzfaktoren dazu führen, dass Lehrer weniger als die erwarteten Erschöpfungssymptome zeigen und mit Belastungsfaktoren vergleichsweise gut zurechtkommen, wurden drei Gruppen von Lehrern gebildet:

  • Lehrer, die mindestens über ein Erschöpfungssymptom weniger berichten, als es die von Anzahl an berichteten Belastungsfaktoren nahelegen würde (n = 183).

  • Lehrer, die mindestens über ein Erschöpfungssymptom mehr berichten, als gemäß der Belastungsfaktoren erwartbar wäre (n = 158) und damit das Gegenteil zeigen

  • Lehrer, die über weniger als ein Erschöpfungssymptom vom erwarteten Wert entfernt liegen, d. h. ungefähr die Anzahl an Erschöpfungssymptom aufweisen, die ihre Belastungsfaktoren erwarten lassen (n = 250). Diese Gruppe wird nicht in die folgende Berechnung aufgenommen.

Die Tab. 1 zeigt, dass die Wahrscheinlichkeit zur Gruppe 1 statt 2 zu gehören durch alle Resilienzfaktoren signifikant ansteigt. Allerdings zeigt der Index „Soziale Unterstützung Vorgesetzte“, der einen geringeren Wert in Exp[B] vorweist als auch über weniger Skalenschritte verfügt, dass der Index „Soziale Unterstützung des Kollegiums“ bedeutsamer ist. Zudem erreicht der Index zum Vorgesetztenverhalten ein niedrigeres Signifikanzniveau. Weiterhin beeinflusst der Resilienzfaktor „Distanzierungsfähigkeit“ die Wahrscheinlichkeit deutlich.

Tab. 1 Einflussfaktoren auf die Wahrscheinlichkeit weniger als erwartete Erschöpfungssymptome zu zeigen (Zugehörigkeit Gruppe 1 statt Gruppe 2)

Eine Multikollinearitätsproblematik liegt mit Toleranzwerten von 0,864–0,973 nicht vor. Die erklärte Varianz ist mit ca. 18 % zwar nur mittelhoch, jedoch muss aufgrund des Studiendesigns berücksichtigt werden, dass das Modell implizit nach Variablen kontrolliert, die nicht in die Regression aufgenommen wurden. Eine direkte Schätzung des Einflusses verschiedener Bewertungen auch auf selbst berichtete Erschöpfungssymptome unterläge Scheinzusammenhängen, die aufgrund der Datenlage nicht kontrollierbar sind. Diese sind z. B. psychische Dispositionen wie eine grundlegend eher optimistische oder pessimistische Sicht der Dinge oder positive oder negative Bewertungen verschiedener Eigenschaften. Als nicht kontrollierbare Drittvariablen können diese Dispositionen sowohl die „unabhängigen“ als auch die „abhängige“ Variable in dieselbe Richtung verändern, so dass die Zusammenhänge zwischen beiden überschätzt werden. Das hier angewandte Modell berücksichtigt diese Faktoren bereits in der Gruppeneinteilung, da diese Dispositionen die Verortung von Individuen zwar entlang der Linie in der Korrelation verändern, aber keine Abweichung von der Linie verursachen.

Diskussion

Die Ergebnisse bestätigen die signifikant erhöhte psychische Erschöpfung bei Lehrern [2, 7, 29], die mit verschiedenen erhöhten psychischen und emotionalen Belastungsfaktoren korreliert. Als wichtige Resilienzfaktoren bestätigten sich die soziale Unterstützung des Kollegiums und der Schulleitung [24, 36]. Dabei zeigte sich, dass die soziale Unterstützung durch das Kollegium signifikant höher eingeschätzt wird als bei sonstigen Erwerbstätigen. Etwas geringer als bei sonstigen Erwerbstätigen ist die soziale Unterstützung durch die Schulleitung ausgeprägt. Überraschend an diesen Befunden ist die hohe Bedeutsamkeit der Kollegen für die Gesundheit in einem beruflichen Bereich, in dem die Kooperation mit Kollegen eher schwach ausgeprägt ist [20].

Insofern sind Fragen des Betriebs- bzw. Schulklimas im Kontext der Gesundheitsförderung im Lehrerberuf höchstrelevant. Entsprechend sollten Ansätze der Organisationsentwicklung [27], Prinzipien und Strategien des betrieblichen Gesundheitsmanagements und die Empfehlungen zur Förderung von organisationaler Resilienz [1, 15] zukünftig im „Betrieb Schule“ noch stärker berücksichtigt werden. Zentral scheinen im Kontext der psychischen Gesundheit und Arbeitszufriedenheit strukturelle Rahmenbedingungen, die einen partizipativen Führungsstil und eine ausgeprägte Rückmeldekultur, gute Kommunikationsstrukturen und transparente Abläufe gewährleisten [1, 15, 27]. Malinen und Savolainen [25] konnten im Längsschnitt zeigen, dass das wahrgenommene Schulklima (operationalisiert: Zusammenarbeit, Entscheidungsspielraum, schulische Innovationen) vorhersagt, wie zufrieden Lehrer nach einem Jahr Zugehörigkeit an ihrem Arbeitsplatz sind.

Zur Förderung der Interaktion und dem Aufbau von sozialen Beziehungen im Schulkollegium sollten gezielt Orte und Gelegenheiten für Kommunikation und Austausch, wie z. B. Betriebsausflüge, geschaffen werden [26]. Ein strukturiertes Verfahren zur sozialen Unterstützung stellt die kollegiale Fallberatung dar. In dieser findet in einer vertraulichen Atmosphäre unter Kollegen ein Austausch zu einem Problem statt und es werden verschiedene Lösungsvorschläge erarbeitet [35]. Weiterhin können kollegiale Unterrichtsbesuche unter dem Fokus der Reflexion von Lehr-Lern-Prozessen und Lehrergesundheit durchgeführt werden [17]. Dabei ist es notwendig, die strukturellen Barrieren der Schulorganisation wahrzunehmen und zu integrieren sowie an den individuellen Überzeugungen der Lehrer zu arbeiten und deren sozial-kommunikative Kompetenzen zu fördern [20].

Es fällt einem deutlich höheren Anteil der Lehrer im Vergleich zu sonstigen Erwerbstätigen häufig schwer, nach der Arbeit abzuschalten. Dies könnte durch die Zweiteilung des Arbeitsplatzes erklärt werden. In der Regel gibt es für Lehrer keinen Schreibtischarbeitsplatz in der Schule, so dass auch zu Hause gearbeitet werden muss. Dies erschwert die Trennung von Arbeits- und Privatleben. Weiterhin wird durch den zweigeteilten Arbeitsplatz der Lehrerberuf gesellschaftlich als auf v. a. Vormittage beschränkt wahrgenommen [30]. Darüber hinaus ergeben sich keine zufälligen Kontakte zum Kollegium und zur Schulleitung, sondern müssen stets geplant sein.

Auffällig unterscheiden sich die Ergebnisse hinsichtlich der emotionalen Belastung im Lehrerberuf im Vergleich zu sonstigen Erwerbstätigen. Dies weist auf professionsspezifische Anforderungen hin. Der Lehrerberuf zählt aus arbeitswissenschaftlicher Sicht zur personenbezogenen Dienstleistungsarbeit [13], in dem ein „Koproduktionsverhältnis“ mit Klienten besteht. Damit dieses erfolgreich verläuft, ist die Kooperation der beteiligten Akteure erforderlich [11]. Tatsächlich wird misslingende Schülerkooperation aus Lehrersicht als der stärkste Belastungsfaktor wahrgenommen (z. B. [24, 36]). Darüber hinaus erfordert erfolgreiche Bildungsarbeit nicht nur die „störungsfreie“ Duldung der Unterrichtssituation durch die Schüler, sondern deren aktive Mitwirkung [13]. Die Unterrichtsgestaltung durch Lehrer mit dem Ziel der Kooperation der Schüler kann als Interaktionsarbeit charakterisiert werden [5]. Interaktionsarbeit birgt hohe psychosoziale Anforderungen: Zur Anbahnung einer förderlichen und positiven Verfassung der Schüler erbringen die Lehrpersonen Gefühlsarbeit [5]. So versuchen z. B. die Lehrer die Gefühle der Schüler positiv zu beeinflussen und zur Mitarbeit zu motivieren, indem sie eine wertschätzende Lernatmosphäre schaffen. Zugleich müssen die Lehrer Emotionsarbeit [18] leisten und ihre eigenen Gefühle regulieren, wie z. B. das Verbergen von Verunsicherungen bei respektlosem störendem Schülerverhalten. Angenommen wird, dass sich Emotionsarbeit negativ auf die psychische Gesundheit auswirken kann, wenn die gezeigten Emotionen nicht mit der wirklichen Gefühlslage übereinstimmen [19, 38]. Zudem erfordert Interaktionsarbeit subjektivierendes Arbeitshandeln, da das Handeln in der Unterrichtsituation nicht vollständig vorausgeplant werden kann und spontane Anpassungen benötigt [5].

Entsprechend sind gesundheitsfördernde Ansätze, die Lehrer unterstützen, die Arbeitssituation im Unterricht selbst gesundheitsförderlich zu gestalten, anzustreben. Hierbei sollten Klassenführungsstrategien [8] adressiert werden oder die methodische Gestaltung der Unterrichtssituation hinsichtlich ihrer Beanspruchung reflektiert werden [37].

Ausgehend von der Gesundheitssituation im Lehrerberuf wurden in den vergangenen Jahren vielfältige Maßnahmen und Projekte ins Leben gerufen, welche die Gesundheit von Lehrkräften fördern sollen. Positiv hervorzuheben ist, dass sich anders als im Zeitraum von 2006 bis 2012 die Werte bei Lehrern zwischen 2012 und 2018 nicht weiter verschlechterten (aber auch nicht verbesserten [2]). Zukünftig sollten die Programme noch deutlicher über individuelle Maßnahmen hinausgehen und den Arbeitsplatz Schule mit einbeziehen.

Limitationen

Aus methodischen Gründen ist eine Gewichtung sinnvoll, jedoch muss beachtet werden, dass hinter den berichteten 592 Lehrern nach Gewichtung die tatsächliche Anzahl von 1034 befragten Lehrern steht, d. h. die Aussagen über diese Gruppe eine höhere Stabilität haben. Jedoch ist die Aussagekraft der Studie eingeschränkt, da die Daten ausschließlich auf Wahrnehmungen der Beschäftigten beruhen.

Die psychische Erschöpfung wurde mit einem etablierten Instrument mit 6 Fragen erhoben, welche die psychische Erschöpfung bei oder direkt nach der Arbeit messen. Wie für einige Aussagen in Umfragen üblich, könnten diese stimmungs- oder tagesabhängig und dadurch instabil/unzuverlässig sein. Die Ergebnisse stellen keine langfristigen Aussagen zur Gesundheitssituation oder „harte“ Daten im Sinne von ärztlich diagnostizierten Krankheiten dar.

Mittelwerte der einzelnen Berufe können durch Berufsaustritte verzerrt werden. Je eher materiell abgesicherte Austritte für eine Berufsgruppe möglich sind, desto eher befördert dies die Austritte von Personen, die durch hohe Belastungswerte den Gruppenmittelwert verschlechtert hätten. Dies kann dazu führen, dass die Mittelwerte der Lehrer verbessert und die Abstände zu den Angehörigen anderer Berufsgruppen unterschätzt werden.

Fazit für die Praxis

  • Gesundheitsfördernde Programme im Lehrerberuf sollten Ansätze weiter vorantreiben, die eine Organisationsentwicklung der Schule mit speziellem Fokus auf das Kollegium als zentrale gesundheitliche Ressource verfolgen. Dabei sollten die strukturellen Barrieren der Schulorganisation wahrgenommen und integriert werden sowie an den individuellen Überzeugungen der Lehrer zur kollegialen Zusammenarbeit als zentraler Resilienzfaktor gearbeitet werden.

  • Vor dem Hintergrund der hohen emotionalen Belastung im Lehrerberuf und der notwendigen Interaktionsarbeit sollten gesundheitsfördernde Ansätze Lehrer dazu befähigen, die Arbeitssituation im Unterricht selbst gesundheitsförderlich zu gestalten. Dabei sollten berufliche Handlungsstrategien zur Gestaltung der Interaktionsarbeit und der Reflexion der Unterrichtssituation selbst erweitert werden.