Das vorliegende Leitthema beschäftigt sich mit einem zentralen notfallmedizinischen Problem – dem „präklinischen Atemwegsmanagement“. Die Idee für dieses Leitthema entstand im Rahmen der Planungen für den ersten gemeinsamen Workshop der beiden süddeutschen Notarzt-Arbeitsgemeinschaften – der Arbeitsgemeinschaft der in Bayern tätigen Notärzte (agbn) sowie der Arbeitsgemeinschaft südwestdeutscher Notärzte (agswn).

Lange Zeit wurde die Qualität der notfallmedizinischen Versorgung gedanklich mit dem notärztlichen System verknüpft, welches Deutschland von vielen anderen westlichen Industriestaaten unterscheidet. Gries et al. konnten jedoch bereits 2005 zeigen, dass die Einsatzrealität im Notarztdienst in vielen Fällen, v. a. aber im Bereich der Atemwegssicherung, keine Routine entstehen lässt [1], und spätestens seit den Arbeiten von Timmermann et al. sind auch den deutschen Notärzten die alarmierenden Zahlen bezüglich Tubusfehllagen nach versuchter endotrachealer Intubation bewusst [2].

2009 zeigten Berkow et al. eine signifikante Reduktion chirurgischer Atemwegssicherungen bei ungeplant schwierigen Atemwegssituationen in der Klinik, nachdem sie ein strukturiertes Vorgehen und eine Ausbildung im Umgang mit alternativen Hilfsmitteln zur Atemwegssicherung eingeführt hatten [3]. Im ersten Artikel dieses Leitthemas heben Hossfeld et al. die Notwendigkeit eines Algorithmus für den „schwierigen Atemweg“ in der Präklinik hervor, um die Oxygenierung von Notfallpatienten auch unter Zeitdruck sicherzustellen.

Lundström et al. konnten zwar zeigen, dass der Verzicht auf Muskelrelaxanzien das Risiko für das Auftreten einer schwierigen Intubation erhöhen kann [4]. Die Anwendung von Muskelrelaxanzien in der Präklinik setzt jedoch Erfahrung mit diesen Substanzen voraus. Ein Notarzt im bodengebundenen Notarztdienst in Baden-Württemberg leitet etwa alle 3,7 Monate eine präklinische Narkose ein [1]. Diese geringe Fallzahl lässt v. a. für Kollegen, die im klinischen Alltag nicht mit Narkoseführung befasst sind, keine Routine im Umgang mit den nötigen Medikamenten und der praktischen Vorgehensweise entstehen. Daher werden im zweiten Beitrag dieses Leitthemas die wesentlichen Aspekte sowie die besonderen Schwierigkeiten einer präklinischen im Vergleich zu einer innerklinischen Narkoseeinleitung dargestellt.

Innerhalb weniger Jahre konnten sich supraglottische Atemwegshilfen als Alternative zur endotrachealen Intubation, aber auch zur häufig insuffizienten Maskenbeutelbeatmung etablieren. Trotz einer Vielzahl auf dem Markt befindlicher supraglottischer Atemwegshilfen haben sich im Wesentlichen die Larynxmaske in unterschiedlicher Konfiguration und zunehmend der Larynxtubus durchgesetzt. Hubble et al. konnten die erfolgreiche Anwendbarkeit dieser beiden Produkte in Ihrem Vergleich unterschiedlicher supraglottischer Atemwegshilfen auch wissenschaftlich bestätigen [5]. Genzwürker macht im dritten Artikel deutlich, welche Vorteile Larynxmaske und v. a. -tubus dem Anwender besonders im präklinischen Umfeld bieten können.

Die Häufigkeit der chirurgischen Atemwegssicherung kann durch ein algorithmusorientiertes Vorgehen reduziert werden

Wenn auch wie oben bereits erwähnt die Häufigkeit der chirurgischen Atemwegssicherung durch ein algorithmusorientiertes Vorgehen und die Verwendung von supraglottischen Alternativen reduziert werden kann, stellt der „chirurgische Atemweg“ in sämtlichen Empfehlungen der Fachgesellschaften zur Atemwegssicherung die finale lebensrettende Option bei einer „Cannot intubate-cannot ventilate“-Situation dar. Im Beitrag von Helm et al. werden die unterschiedlichen Methoden zur chirurgischen Atemwegssicherung vorgestellt und bezüglich verschiedener Gesichtspunkte miteinander verglichen. Dabei wird noch einmal betont, dass es sich um eine anspruchsvolle, komplikationsbehaftete Methode ohne Garantie auf Erfolg handelt. Auch hier ist eine gewisse Übung im Umgang mit dieser Technik unabdingbar.

Saxena stellte bereits 2009 zur Diskussion, den „Schwieriger-Atemweg-Algorithmus“ der American Society of Anesthesiologists (ASA) dahingehend zu modifizieren, Videolaryngoskopie bereits frühzeitig in den Ablauf der nichtnotfälligen Atemwegssicherung zu integrieren, mit dem Ziel, bereits von vornherein mehrfache (z. T. „blinde“) Intubationsversuche zu vermeiden [6]. Cavus zeigt in seinem Artikel über die Videolaryngoskopie, dass eine frühzeitige Verwendung dieser neuen Technologie auch in der Präklinik vorteilhaft sein kann, wenngleich die vereinfachte Laryngoskopie nicht zwingend gleichbedeutend mit einer einfacheren Intubation sein muss.

In der Zusammenschau aller Beiträge wird Folgendes klar: Die Atemwegssicherung und das Atemwegsmanagement ist eine der vordringlichsten Aufgaben in der Notfallmedizin. Gerade im Hinblick auf die endotracheale Intubation, aber auch beim algorithmuskonformen Arbeiten ist klinische Erfahrung gefragt. Gerade deshalb sollten Notärzte ermuntert werden, theoretisch-praktische Kurse zum Erlernen des Managements auch eines „schwierigen Atemwegs“ regelmäßig zu besuchen, um im Notfall nicht nur richtig, sondern auch erfolgreich handeln zu können.

Björn Hossfeld

Matthias Helm

Uwe Kreimeier