Nach der neuen AO-ICI-Fuß-Klassifikation [14] umfasst der sog. Mittfuß mit seinen 5 Knochen, dem Os naviculare, dem Os cuboideum sowie den 3 Ossa cuneiformia 2 wichtige Gelenklinien, nach proximal das Chopart- und nach distal das Lisfranc-Gelenk (Abb. 1). Der Begriff Mittfuß ist im deutschen Sprachgebrauch neu, aber notwendig, um – wie im Englischen – die 3 Fußblöcke Rückfuß („hindfoot“), Mittfuß („midfoot“) und Vorfuß („forefoot“) zu definieren. Der im Deutschen gebrauchte Begriff Mittelfuß sollte sich ausschließlich auf das Metatarsale beziehen.

Abb. 1
figure 1

Definition des Rück- (81), Mitt- (82) und Vorfußes (83) entsprechend der AO-ICI-Klassifikation, AO Arbeitsgemeinschaft für Osteosynthesefragen, ICI „integral classification of injuries“

Rekonstruktionen posttraumatischer Fehlstellungen des Mittfußes nach Luxationsfrakturen und Luxationen betreffen proximal das Chopart-Gelenk, d. h. einen oder mehrere der 4 artikulierenden Knochen, den Taluskopf oder das Os naviculare pedis medialseitig bzw. den Processus anterior calcanei oder das Os cuboideum lateralseitig. Distal betreffen sie Luxationsfrakturen oder Luxationen im Lisfranc-Gelenk mit Beteiligung der Ossa cuneiformia, der Metatarsaliabasen und/oder des körperfernen Kuboids.

Epidemiologie und Pathologie

Luxationen und Luxationsfrakturen des Chopart-Gelenks werden oft als Zerrungen oder isolierte Frakturen des Os naviculare oder Kuboidfrakturen fehlinterpretiert und in 33–40 % der Fälle [3, 4, 7] regelrecht übersehen. Im Rahmen des klassischen Entstehungsmechanismus von Chopart-Luxationsfrakturen, nämlich bei forcierter Adduktion bzw. Abduktion des Vorfußes bei fixiertem Rückfuß mit meist gleichzeitiger axialer und rotatorischer Gewalteinwirkung, erklärt es sich leicht, dass Kompressionskräfte auf der einen Seite mit Distraktionskräften auf der Gegenseite der jeweiligen Fußsäule innerhalb des Chopart-Gelenks einhergehen. Werden diese ligamentären Instabilitäten nicht adäquat therapiert, können schmerzhafte sagittale Instabilitätsformen bis hin zur Ausbildung eines posttraumatischen Plattfußes oder eine chronische kalkaneokuboidale Instabilität in der Horizontalebene resultieren [6, 11]. Da meist die mediale Säule mit einer transnavikularen Luxationsfraktur – d. h. es liegt eine Zerstörung der sog. Coxa pedis vor – betroffen ist, ist bei vorrangig vorausgegangenem Adduktionsstress nicht nur das Gefüge der medialen Fußsäule knöchern zerstört, sondern oft auch die ligamentäre Stabilität des Kalkaneokuboidgelenks.

Eine analoge Pathologie betrifft die seltenere transtalare Luxationsfraktur mit Zerstörung des Taluskopfs. Bei übersehenen oder unzureichend behandelten Rotationsverletzungen des Kalkaneokuboidgelenks mit Verkürzung der lateralen Fußsäule durch Impressionsfrakturen des distalen Kalkaneus oder des Kuboids kommt es zur Abduktionsfehlstellung im Chopart-Gelenk, die oft mit einer pronatorischen Fehlstellung des Vor- und Mittfußes kombiniert ist. Da es sich immer um eine dreidimensionale Fehlstellung im Chopart-Gelenk handelt (Abb. 2), kommt es in der Horizontalebene zur abduktorischen oder adduktorischen Fehlstellung im Chopart-Gelenk, in der Sagittalebene zur Hohl- oder Plattfußdeformität und in der Frontalebene aufgrund der rotatorischen Verwerfung zur pathologischen Pronation oder Supination des Mitt- und des Vorfußes. Eine Verkürzung der medialen Fußsäule kann jedoch auch nach korrekter Versorgung einer transnavikularen Chopart-Luxationsfraktur aufgrund einer posttraumatischen avaskulären Nekrose des Os naviculare zur Verwerfung der medialen Fußsäule führen [11]. Eine weniger deformierende, aber in der Regel schmerzhafte Fehlverheilung ist die relativ häufige Pseudarthrose des Processus anterior calcanei nach Nichterkennung oder fehlender Immobilisation der Fraktur (Abb. 3).

Abb. 2
figure 2

Posttraumatischer Pes cavo varus nach 4 Jahre lang übersehener transnavikularer Luxationsfraktur einer 75-jährigen Patientin. a Die unbelastete MRT-Aufnahme des rechten Fußes zeigt eine Innenrotationsfehlstellung des Mittfußes gegenüber dem Rückfuß von 25 °, b physiologische, achsengerechte talometatarsale Ausrichtung des unverletzten linken, gesunden Fußes. c,d Die seitlichen Belastungsaufnahmen des Fußes zeigen rechts den Pes cavo varus bei Fehlstellung zwischen Taluskopf und Os naviculare pedis mit Tiefertreten des Kuboids nach plantar. e Die dorsoplantare Aufsicht zeigt die pathologische Innenrotation des Mittfußes bei völlig aufgebrauchtem lateralem Anteil des Os naviculare und die Luxation des medialen Anteils des Os naviculare nach medial unter Außendrehung des Talus nach lateral von entsprechend 25 °, f,g reorientierende Chopart-Arthrodese unter Ausrichtung der Fußachsen in beiden Ebenen, h,i 2-Jahres-Follow-up-Untersuchung mit sehr gutem klinischem und radiologischem Ergebnis nach notwendiger reorientierender Chopart-Arthrodese, MRT Magnetresonanztomographie

Abb. 3
figure 3

Häufige Form einer Pseudarthrose des Processus anterior calcanei nach initial unerkannter oder unzureichend behandelter Fraktur. a,b Die CT-Untersuchung zeigt die Pseudarthrose des Processus anterior calcanei im kranialen Drittel des Chopart-Gelenks. c,d Die intraoperative Durchleuchtung und Markierung mit einer Nadel ermöglichen einen kleinen Schnitt entlang der vorgegebenen Hautlinien. e,f Nach Resektion mehrerer Fragmente ist das Gelenk frei, und die schmerzhafte Pseudarthrose ist beseitigt, CT Computertomographie

Schmerzhafte Fehlstellungen im Lisfranc-Gelenk entstehen nach übersehenen oder unvollständig reponierten bzw. inadäquat retinierten Luxationen oder Luxationsfrakturen. Ebenso wie die Chopart-Luxationsfrakturen werden Luxationen und Luxationsfrakturen des Lisfranc-Gelenks in etwa einem Drittel der Fälle initial übersehen. In einem weiteren Drittel finden sich Fehlstellungen nach dem primären Versuch einer geschlossenen Reposition, perkutaner Kirschner-Draht-Fixation bzw. Gipsimmobilisation [13]. Aufgrund der häufigen Interposition von dorsalen Kapsel- und Bandanteilen sowie kleineren Abschlagfragmenten der Basen der Metatarsalia, insbesondere des zweiten Metatarsale, ist eine geschlossene Reposition nur selten möglich und eine Gipsretention unzureichend, sodass regelhaft eine posttraumatische Arthrose des Lisfranc-Gelenks folgt. Nach homolateraler Luxationsfraktur verbleibt bei inadäquater Versorgung eine Achsenabweichung des Vorfußes im Sinne eines Pes abductus (Abb. 4). Erfolgt keine rechtzeitige Korrektur, resultieren im weiteren Verlauf eine Subluxation im Talonavikulargelenk und eine Fehlrotation im Subtalargelenk im Sinne eines Rückfußvalgus. Die Folgen sind anfangs mobile, später einsteifende schmerzhafte Fehlstellungen des gesamten Fußes. Durch die Gefügestörung des Fußlängsgewölbes auf Höhe der tarsometatarsalen Gelenke kommt es zusätzlich zur Ausbildung einer Plattfußkomponente, sodass schließlich das posttraumatische Vollbild eines Pes plano valgus abductus besteht.

Abb. 4
figure 4

Die Pathomechanik nach fehlverheilten Lisfranc-Luxationsfrakturen wird nur durch Fußbelastungsaufnahmen deutlich. Die unbelasteten Röntgenaufnahmen (a,b) zeigen nach vorausgegangener homolateraler Lisfranc-Luxationsfraktur relativ wenig Pathologie. Erst die Belastungsaufnahmen (c,d) zeigen den posttraumatischen Pes plano valgus et abductus beidseits mit Abweichung des Vorfußes gegenüber dem Mittfuß um 18 ° rechts und 22 ° links; Abplattung des Fußes auch in der seitlichen Projektion mit „sagging“ insbesondere im sog. Innominatgelenk, d. h. zwischen Os naviculare und Ossa cuneiformia (Pfeil)

Diagnostik und Klassifikation

Fehlverheilungen im Chopart- oder Lisfranc-Gelenk sind in den dorsoplantaren und lateralen Fußbelastungsaufnahmen beidseits sowie zur Beurteilung der Rückfußachse mittels sog. Saltzman-Aufnahmen [8] im Ausmaß der pathologischen Fehlstellung am sichersten zu erfassen. Zusätzliche unbelastete Schrägaufnahmen sowie eine Feinschicht-CT-Untersuchung (CT: Computertomographie) lassen Fehlstellung, Gelenkverwerfung und Arthrose am sichersten erkennen, eine MRT-Untersuchung (MRT: Magnetresonanztomographie) das Ausmaß von Osteonekrosen.

Bezüglich der Pathomechanik und Klassifikation fehlverheilter Chopart-Luxationsfrakturen werden im eigenen Vorgehen [5] 5 verschiedene Typen unterschieden (Abb. 7). Bei posttraumatischen Fehlstellungen nach komplexen Lisfranc-Luxationsfrakturen, insbesondere unter Mitbeteiligung der Ossa cuneiformia, kann es zum posttraumatischen Hohlfuß bei veralteter dorsaler Luxationsstellung kommen. Meist liegt jedoch nach homolateraler Lisfranc-Luxationsfraktur ein ausgeprägter posttraumatischer Pes plano valgus abductus vor. Bei distaler Kuboidfraktur können eine erhebliche Fehlstellung und Verkürzung des vierten und fünften Strahls die Folge sein [11].

Operatives Vorgehen

Nur in seltenen Fällen ohne Nachweis einer posttraumatischen Arthrose oder avaskulären Nekrose können korrigierende Osteotomien unter Gelenkerhalt mit anatomischer Wiederherstellung desselben möglich werden [5]. Bei Verkürzung der medialen Fußsäule und isolierter talonavikularer Arthrose wird die talonavikulare Arthrodese empfohlen. Liegt bereits eine Anschlussarthrose des Kalkaneokuboidgelenks nach transnavikulärer Luxationsfraktur vor (Abb. 2), ist die reorientierende Chopart-Arthrodese zu empfehlen.

Das Prinzip der Operation mit bilateralem Zugang entspricht der Reorientierung der Talometatarsale-I-Achse, der Kalkaneokuboidachse, der Harmonisierung von medialer und lateraler Fußsäulenlänge und der korrekten neutralen Position des Vorfußes. Da die Knochenheilung bei Kalkaneokuboidarthrodese und auch die Fusion des Talonavikulargelenks bei der sehr häufigen Osteonekrose des Os naviculare pedis oder des Taluskopfs extrem gefährdet sind, wird in der Regel eine autogene kortikospongiöse Span- oder Spongiosainterposition nach radikaler Resektion aller osteonekrotischen Anteile notwendig. Bei großen Defektfüllungen sind zur stabilen Osteosynthese winkelstabile Plättchen zur sicheren Fusion weitaus besser geeignet als Schrauben.

Findet sich eine schmerzhafte Pseudarthrose des Processus anterior calcanei (Abb. 3), ist in der Regel mit der Resektion des pseudarthrotischen Fragments eine Wiederherstellung des Patienten möglich.

Nur selten ist bei Verwerfung der medialen und lateralen Säule sowie bereits eingetretener Anschlussarthrose im Subtalargelenk eine reorientierende Triple-Arthrodese erforderlich.

Die reorientierende Lisfranc-Arthrodese nach fehlverheilter homolateraler Lisfranc-Luxationsfraktur erfordert in der Regel eine Ausräumung des gesamten Lisfranc-Gelenks über 2 dorsale Zugänge und eine Fusion desselben nach Entfernung sämtlicher sklerotischer Lisfranc-Gelenk-Anteile. Die Reorientierung erfolgt zunächst am zweiten Strahl, danach an den benachbarten Metatarsalia unter stabiler Kompressionsarthrodese mit 3,5-mm-Zugschrauben (Abb. 4, Abb. 5). Bei Verwerfung nur des medialen Lisfranc-Gelenks ist die reorientierende Fusion der Strahlen I–III ausreichend. Bei der selten auftretenden Verwerfung im lateralen Lisfranc-Gelenk nach vorausgegangener Impressionsfraktur des distalen Kuboids erfolgt die reorientierende Fusion des vierten und fünften Strahls unter Längenausgleich mit autologer Spongiosainterposition. Posttraumatische Verwerfungen interkuneiform oder zum Os naviculare erfordern die interkuneiforme-navikulare Fusion (Abb. 6 d). Nur bei früher Erkennung einer veralteten isolierten Ruptur des Lisfranc-Ligaments ist dessen anatomischer Ersatz mit halber Extensor-hallucis-longus-Sehne sinnvoll [12].

Abb. 5
figure 5

Die reorientierende Lisfranc-Arthrodese erfordert bei komplexer Fehlstellung und fortgeschrittener Arthrose im gesamten Lisfranc-Gelenk die Fusion aller 5 Strahlen mit 3,5-mm-Zugschrauben. Entscheidend ist, wie bei frischer Verletzung im ersten Schritt der Operation, die Reorientierung der Basis des zweiten Metatarsale zum Os cuneiforme intermedium, wobei eine korrekte Reorientierung wie im vorgestellten Fall nur nach Auflösung des gesamten Lisfranc-Gelenks möglich ist. (Aus [11])

Abb. 6
figure 6

Varianten der a Talonavikulararthrodese, b,c Kalkaneokuboidarthrodese, d Intercuneiformia-naviculare-Arthrodese mit 4,0- bzw. 6,5-mm-Spongiosaschrauben (b,c). (Aus [11])

Abb. 7
figure 7

Klassifikation der Chopart-Fehlverheilung Typ 1–5.(Nach [5])

Abb. 8
figure 8

„Triple joint complex“ zeigt in experimentellen Studien [1, 2, 10] Bedeutung der Einschränkung der benachbarten Gelenke bei Fusion des Talonavikular- (TN), des Subtalar- (ST) bzw. des Kalkaneokuboidgelenks (CC)

Diskussion

Zur Planung von reorientierenden Korrektureingriffen bei veralteten Chopart-Luxationsfrakturen ist die Kenntnis der Interaktion von Talonavikular-, Kalkaneokuboid- und Subtalargelenk im sog. Triple-Gelenk-Komplex eine wesentliche Voraussetzung. Die Auswirkungen selektiver Arthrodesen im Mitt- und Rückfuß laut biomechanischer Studien [1, 2, 10] sind in Bezug auf das jeweils benachbarte Gelenk in Abb. 8 zusammengefasst. Danach hat der möglichst anatomische Erhalt des Talonavikulargelenks in seiner Funktion als sog. Coxa pedis die größte Bedeutung, welcher aber nur in seltenen Fällen möglich ist [7]. Eine Fusion des Talonavikulargelenks führt zur stärksten Bewegungseinschränkung auch der benachbarten Gelenke.

Da es sich beim Lisfranc-Gelenk in seiner Gesamtheit eher um eine federnde Platte mit nur geringem Bewegungsumfang handelt, scheint die Fusion in achsengerechter Stellung für den Patienten keine im Alltag wesentliche Funktionseinschränkung mit sich zu bringen. Vielmehr wird eine schmerzfreie oder schmerzarme Situation mit erhöhter Lebensqualität und hoher Patientenzufriedenheit erzielt [13]. Sangeorzean et al. [9] fanden eine positive Korrelation zwischen Behandlungsergebnis und frühem Zeitpunkt der Arthrodese sowie zum Ausmaß der erreichten Korrektur der Fußfehlstellung. Dieselben Autoren verwiesen auf schlechtere Ergebnisse bei zusätzlicher Fusion des fünften Strahles. Als Grund gaben sie den Verlust der relativ hohen sagittalen Beweglichkeit des fünften Strahls an, der zur Entwicklung einer Transfermetatarsalgie führen kann. Aus diesem Grund soll prinzipiell bei jeder Arthrodese des Lisfranc-Gelenks geprüft werden, ob eine Korrektur der lateralen Strahlen nach Reorientierung des ersten bis dritten Strahls entweder spontan eintritt oder durch ein entsprechendes Weichteilrelease, um eine Fusion derselben zum Kuboid zu vermeiden. Bei bereits nachgewiesener schmerzhafter Arthrose im vierten und fünften Strahl ist eine signifikante Schmerzreduktion jedoch nur durch eine Fusion zu erzielen. Diese erscheint nach eigener Erfahrung unproblematisch zu sein, so lange das Kalkaneokuboidgelenk voll funktionstüchtig ist. Ist es bereits versteift, ist eine Interpositionsplastik zwischen dem viertem und fünftem Strahl zum Kuboid zu empfehlen.