Frakturen des Talus und Kalkaneus, dieser beiden für Stand und Gang des Menschen überaus wichtigen Fußwurzelknochen, sind fast immer folgenschwer und haben für einen Großteil der Betroffenen eine geradezu existenzielle Bedeutung. Sie sind nicht selten durch Abstürze von Gerüsten oder Leitern bedingt und betreffen somit v. a. körperlich arbeitende Personen.

Die operative Behandlung dieser schweren Verletzungen ist in den letzten Jahrzehnten Standard geworden; dennoch sind die Eingriffe sehr anspruchsvoll und die Ergebnisse in der Breite oft unbefriedigend. Dies liegt einerseits an der komplexen Anatomie mit der Einbindung dieser Knochen in das gesamte Fußgewölbe mit seiner komplizierten statischen und dynamischen Funktion. Zum anderen sind eben deshalb und auch wegen der geringen Zahl der Versorgungen in einer Klinik die Ansprüche an den Operateur sehr hoch, sodass sich zumindest bei den komplizierteren Frakturtypen die Frage nach der Operation in einem Zentrum ergibt.

Talusfraktur

Sie kommt relativ selten vor, nur etwa 3‰ aller Frakturen betreffen das Sprungbein [2].

Als Ursachen finden sich zu einem großen Teil der Sturz aus der Höhe und in einem weiteren, größeren Prozentsatz der Verkehrsunfall. In den letzten Jahren kamen spezielle Sportverletzungen, die zu peripheren Gelenkfortsatzabbrüchen führen, hinzu (z. B. bei Snowboardern).

Anatomie

Der Talus nimmt eine besondere Stellung in der Kraftübertragung vom Unterschenkel auf den Rück- und Mittelfuß ein und stellt quasi den Schlussstein des Fußgewölbes dar. Er ist Gelenkpartner für das obere Sprunggelenk, das subtalare Gelenk und das Talonavikulargelenk. 60% der Talusoberfläche bestehen aus knorpelüberzogenen Gelenkflächen. Der Talus verfügt über keine Muskelansätze und wird deshalb durch seine Gelenknachbarn nur passiv geführt.

Die Durchblutung des Knochens wurde intensiv untersucht (Abb. 1), und zumindest nach einer dislozierten Talusfraktur kann sie sehr problematisch werden. Obwohl 2 voneinander unabhängige Versorgungskreise existieren (A. tibialis anterior und A. peronaea sowie A. tibialis posterior), stellen die dislozierte Hals- und Korpusfraktur immer eine ernsthafte Bedrohung der Knochendurchblutung dar.

Abb. 1
figure 1

Arterielle Gefäßversorgung des Talus. (Nach [4])

Etwa die Hälfte der Talusfrakturen betrifft den Hals, jeweils 1/4 den Korpus und die peripheren Strukturen [2].

Klassifikation

Aufgrund der oben angeführten Durchblutungssituation berücksichtigen sämtliche Frakturklassifikationen auch immer die Prognose hinsichtlich der drohenden avaskulären Nekrose. Bereits vor 40 Jahren fand Hawkins [6] mit seiner Einteilung der Talushalsfrakturen (Abb. 2) bei undislozierten Brüchen keine Nekrosen, bei dislozierten Halsfrakturen mit Luxation im unteren und oberen Sprunggelenk dagegen eine Nekroserate von 90%.

Marti [13] versuchte 1978 mit der in Abb. 2 dargestellten Einteilung, alle Frakturlokalisationen zu berücksichtigen, und auch er konnte im Rahmen dieser Klassifikation ganz wesentliche prognostische Aussagen zur Nekrosewahrscheinlichkeit machen.

Abb. 2
figure 2

Klassifikation der Talusfrakturen nach Hawkins [6] sowie Weber u. Marti [13]

Diagnostik, Therapie und Prognose

Sie bedient sich zunächst der normalen Standardröntgenaufnahme. Im Falle des Frakturnachweises oder -verdachts ist unbedingt ein CT (Computertomogramm) zu fordern, um den genauen Frakturverlauf sowie das Ausmaß der Dislokation aufzuklären oder eine Fraktur (insbesondere periphere Verletzungen) auszuschließen.

Bei nichtdislozierten Frakturen von Hals oder Korpus ist die konservative Behandlung erlaubt, die Sicherung der günstigen Frakturstellung durch evtl. perkutan eingebrachte Schrauben aber zweifellos empfehlenswert. Abgebrochene, periphere Fortsätze („snowboarder’s angle“) sind bei geeigneter Größe immer zu verschrauben ([15], Abb. 3), bei sehr kleinfragmentären Abbrüchen sollten die kleinen Knochenstücke entfernt werden [4].

Abb. 3
figure 3

Fallbeispiel einer Fraktur des Processus fibularis tali (so genannter „snowboarder’s angle“), a Röntgenaufnahme a.-p. mit Nachweis einer diskreten Frakturlinie (Pfeil), b koronarer CT-Schnitt, c sagittaler CT-Schnitt, d koronarer CT-Schnitt nach Schraubenosteosynthese

Komplexere Frakturen mit starker Dislokation oder Luxation sind so schnell als möglich operativ zu versorgen, auch im Rahmen eines Polytraumas. Dabei muss allerdings zwischen einer notfallmäßigen und einer definitiven Versorgung unterschieden werden.

Offene Frakturen, Luxationen oder weichteilbelastende Fehlstellungen verlangen eine schnelle chirurgische Intervention [9, 16]:

  • Reposition (geschlossen oder offen) in Relaxationsnarkose,

  • Fixateur externe [8] oder

  • Kirschner-Draht-Spickung,

  • spannungsfreier Wundverschluss,

  • evtl. Kompartmentspaltung [2].

Die definitive Behandlung kann dann verzögert erfolgen, sollte aber ebenfalls – den lokalen und allgemeinen (Polytrauma-)Verhältnissen entsprechend – sobald als möglich stattfinden (Abb. 4). Wegen der häufig recht hohen Ansprüche an den Operateur und der andererseits seltenen Fraktur ist in jedem Fall die Verlegung des Patienten in ein geeignetes Zentrum zu prüfen.

Abb. 4
figure 4

Fallbeispiel einer Talusluxationsfraktur mit Ausbruch eines großen dorsalen Korpusfragments und Luxation im Talonavikulargelenk, a seitliche Röntgendarstellung, b CT, 3D-Rekonstruktion, c sagittale CT-Rekonstruktion nach erfolgter Notfallversorgung mit offener Reposition, Fixateur-externe-Anlage und Kirschner-Draht-Spickung talonavikular, d seitliches Röntgenbild nach definitiver Schraubenosteosynthese

Alle dislozierten Frakturen müssen operativ versorgt werden (eine Stufe von 1 mm im Korpus gilt als Dislokation!).

Als Implantate werden fast ausschließlich Schrauben (2,0–3,5 mm) verwendet. Die Zugänge richten sich nach der Frakturlokalisation und können letztlich unter Schonung der den Talus umgebenden anatomischen Strukturen von allen Seiten einschließlich der Osteotomie des medialen Malleolus, seltener des lateralen Malleolus, nötig werden. Auch Kombinationen sind häufig nicht zu umgehen. [1]

Die Prognose der Fraktur im Hinblick auf die avaskuläre Nekrose (AVN) ist ganz wesentlich abhängig von

  • dem Schweregrad der Fraktur,

  • dem Zustand der Weichteile und

  • der Dauer der Dislokation [2, 5].

Hawkins [6] beobachtete bereits vor 40 Jahren, dass die Revaskularisierung des Talus eine kortikalisnahe Schattenzone im Röntgenbild hervorruft und das Sichtbarwerden dieses Phänomens (Hawkins-Zeichen) eine sehr gute Prognose darstellt [7, 12]. Dies heißt nicht im Umkehrschluss, dass in allen Fällen, in denen dieses Zeichen nicht zu finden ist, automatisch mit einer Nekrose zu rechnen wäre. Aus Metaanalysen ging hervor, dass diese in etwa 1/3 der Fälle mit negativem Hawkins-Zeichen ausbleibt.

Fersenbeinfraktur

Inzidenz

Auch Kalkaneusfrakturen zählen nicht zu den häufigen Bruchformen, sondern machen nur etwa 2% aller Knochenbrüche aus [10, 17]. Sie sind aber im Rahmen von Knochenbrüchen des Fußskeletts deutlich häufiger zu finden als Talusfrakturen.

Im Hinblick auf die Genese überwiegt ganz eindeutig der Sturz aus der Höhe (82%), Verkehrsunfälle finden sich in 13% der Fälle als Verletzungsursache.

Der typische Pathomechanismus erklärt die ebenfalls typische Frakturform. Die senkrecht auf den Fuß einwirkende Kraft (Absturzverletzung) lässt den Processus fibularis tali wie einen Meißel auf den Kalkaneus einwirken. Da die Belastungsachse nie ganz zentral, sondern etwas medial versetzt auf das Fersenbein einwirkt, kommt es fast immer zum initialen Scherbruch [14], was bedeutet, dass der mediale Kalkaneusanteil unter dem Talus nahezu undisloziert stehenbleibt, während der laterale Teil am Talus vorbei nach kranial verschoben und dabei häufig in sich komprimiert wird. Die laterale, oft tiefe Gelenkflächenimpression ist die Folge (Abb. 5).

Abb. 5
figure 5

Koronarer CT-Schnitt einer typischen Fersenbeinfraktur mit Depression der lateralseitigen subtalaren Gelenkfläche

Diagnostik

Sie erfordert ähnlich wie bei der Talusverletzung zunächst das konventionelle Röntgenbild. Ergeben sich hier der Nachweis oder Verdacht auf eine Kalkaneusfraktur, ist unbedingt das CT anzuschließen. Frakturausmaß und -verlauf sind im konventionellen Bild nicht sicher zu beschreiben. Auf die von einigen Autoren empfohlene a.-p.-Schrägaufnahme (Brodén-Aufnahme) [14] verzichten wir präoperativ zugunsten des CT. Allerdings führen wir sie regelhaft intraoperativ durch, um auf diese Weise das Repositionsergebnis zumindest der subtalaren Gelenkfläche zu überprüfen.

Operation

Eine Stufe im Subtalargelenk von 1 mm oder mehr gilt als operationswürdig [10, 14, 17]. Bei extraartikulären Frakturen ist die relevante Rückfußfehlstellung die Indikation (Varus >5°, Valgus >10°). Konservativ angegangen werden können lediglich unverschobene Brüche [11], die extraartikulären (außer der 2-Teile-Scherfraktur) und isolierten Sustentaculumfrakturen. Alle anderen Bruchformen sollten operativ versorgt werden, wobei jedoch die Liste der Kontraindikationen unbedingt zu beachten ist:

  • suprainfizierte Weichteile,

  • extreme Trümmerbrüche,

  • periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK),

  • insulinpflichtiger Diabetes mellitus,

  • Polyneuropathie,

  • Immunsuppression,

  • Alkohol- und Drogenmissbrauch sowie

  • schwerer Nikotinabusus [17, 18].

Die Folgen einer infizierten Fersenbeinosteosynthese sind ungleich schwerwiegender als die einer nicht operierten Fraktur. Im Patientengut der Septischen Abteilung in unserem Hause finden sich nicht selten Unterschenkelamputationen nach Wundheilungsstörungen einer operativ versorgten Fersenbeinfraktur.

Der reguläre Wiederaufbau der klassischen Kalkaneusfraktur vom „joint depression type“ nach Essex-Lopresti erfolgt durch einen lateralen Zugang mit großem, winkelförmigem Schnitt, senkrecht zwischen Außenknöchel und Achillessehne (cave N. suralis!) und parallel zur Fußsohle. Nach Freilegen des Fersenbeins wird die fast immer frakturierte, laterale Kortikalis abgehoben und danach der meist tief imprimierte, laterale Teil der subtalaren Gelenkfläche sichtbar. Dieses Fragment wird mobilisiert und das Gelenk von innen nach außen wieder aufgebaut. Das mediale Fragment steht im Allgemeinen korrekt unter dem Talus, sodass das oder die lateralen Fragmente an das mediale reponiert und mit Kirschner-Drähten fixiert werden. Der vordere Kalkaneusanteil wird auf den bereits reponierten hinteren Fersenbeinanteil aufgesetzt. Eine winkelstabile Platte sichert das Repositionsergebnis.

Eine direkte Einsicht in das rekonstruierte Gelenk ist nach der Reposition nicht mehr möglich. Intraoperative Arthroskopie, 3D-Bildwandler und Brodén-Aufnahmen stellen die Versuche und Möglichkeiten zur Sichtbarmachung des Repositionserfolgs dar. Eine absolut wirksame Technik, die dem postoperativen CT gleichkommt, existiert bislang nicht (Abb. 6).

Abb. 6
figure 6

Operative Versorgung einer Kalkaneusfraktur, a intraoperative Bildverstärkerkontrolle mittels Brodén-Aufnahme mit verbliebener Spalt- und Stufenbildung in der subtalaren Gelenkfläche, b suffizienter Schluss der Stufen- und Spaltbildung durch Anziehen der Kompressionsschraube, c–e postoperative CT-Kontrollen

Ähnlich wie bei den schweren Talusverletzungen unterscheiden wir auch beim Kalkaneus zwischen Notfallversorgung und definitiver Stabilisierung. Die meisten Fersenbeinbrüche lassen sich frühsekundär versorgen, lediglich nach Hochlagern und Kühlen des verletzten Fußes. Die Operation, etwa 6 Tage nach dem Unfall, ist die Regel. Im Falle von Weichteilproblemen bei Polytraumen, Luxationen, offenen Frakturen usw. ist eine sofortige Entlastung durch Reposition, Anlage eines Fixateur externe oder Kirschner-Draht-Spickung, Drainage, evtl. auch einer Fasziotomie, dringend notwendig [3, 16]. Die definitive Versorgung erfolgt nach Stabilisierung der Weichteilverhältnisse [10, 17]. Sollten diese auch langfristig keine Operation zulassen, ist an eine weitestgehend geschlossene Reposition mit nachfolgender Kirschner-Draht-Spickung zu denken.

Fazit für die Praxis

Höhergradige Talusfrakturen sind oft schwierig zu rekonstruieren und regelhaft von relevanten Durchblutungsstörungen bedroht. Da sie darüber hinaus auch noch sehr selten sind, sollte die anspruchsvolle Frakturversorgung in geeigneten Zentren durchgeführt werden.

Auch Fersenbeinbrüche sind schwerwiegende Verletzungen mit einem hohen operativen Anspruch. Ein großes Problem stellt die intraoperative Kontrolle des Repositionsergebnisses dar; Brodén-Aufnahme, intraoperative Arthroskopie, 3-D-Bildwandleraufnahmen sind derzeit nur Versuche, das Operationsergebnis noch auf dem Operationstisch sichtbar zu machen. Kalkaneusfrakturen sind häufig mit mehr oder weniger ausgeprägten Weichteilproblemen behaftet. Die Rate der Wundheilungsstörung ist hoch. Deshalb sind eine strikte Patientenauswahl und Beachtung der Kontraindikationen empfehlenswert. Die Operationsergebnisse bei breiter Anwendung in sehr vielen traumatologischen Einrichtungen sind oft enttäuschend und die Berentung in der Mehrheit der Fälle nicht zu umgehen.