Zusammenfassung
Ein prognostizierter erhöhter Wasserbedarf für die Bewässerungslandwirtschaft im Zuge des Klimawandels und drohenden längeren Trockenperioden stellt für die Verfügbarkeit der Grundwasserressourcen in Deutschland eine Herausforderung dar. Es ist abzusehen, dass die Landwirtschaft zukünftig noch stärker Grundwasserressourcen für die Bewässerung von Agrarflächen nutzen wird. In der vorliegenden Studie wird das nutzbare Grundwasserdargebot den Wassermengen für landwirtschaftliche Bewässerung im Polder Scheidgraben (Brandenburg) gegenübergestellt. Der landwirtschaftliche Wasserbedarf wird mithilfe des AgroHyd-Farmmodels für vier Jahre (2017–2020) schlagweise modelliert. Als Datengrundlage werden Klima, Boden- und pflanzenspezifische Daten verwendet und Betriebsdaten von vier Betrieben einbezogen. In den betrachteten trockenen Jahren 2018 und 2019 werden mehr als 20 % des potenziellen nutzbaren Wasserdargebots für die Bewässerung genutzt. Die Nutzung der Wasserressourcen durch die landwirtschaftliche Wasserentnahme in dem Gebiet kann zukünftig zunehmend ein Problem darstellen. In einigen Regionen Brandenburgs sind regionalspezifische Berechnungen für das Wassermanagement nötig, da es zu vielfältigen Konflikten und damit zu stetig wachsenden Herausforderungen für die Wasserbehörden kommt.
Abstract
A predicted increase in water demand for irrigated agriculture in the wake of climate change, and the threat of more extensive periods of drought, poses a challenge to the availability of groundwater resources in Germany. In this study, water availability and water withdrawal for agricultural irrigation are calculated for the polder Scheidgraben (Brandenburg). The agricultural water demand in the Scheidgraben polder is modeled using the AgroHyd Farmmodel. Climate data, soil data, plant-specific data and operating data of all farms in the polder are used as a data basis. In the dry years 2018 and 2019, more than 20% of the potentially available water in the Scheidgraben polder was used for irrigation. The use of water resources by agricultural water withdrawals in the area may increasingly be a problem in the future. In some regions of Brandenburg, region-specific calculations for water management are necessary due to a wide range of conflicts and thus steadily increasing challenges for water authorities.
Einleitung
Extremwetterereignisse wie Hochwasser (z. B. 2002, 2006, 2011, 2013 in Deutschland und 2017 im Landkreis Ostprignitz-Ruppin) oder lang andauernde Niedrigwasser- bzw. Dürreperioden (z. B. 2003, 2006, 2018, 2019) nehmen in ihrer Häufigkeit zu (Drastig et al. 2016a; Kliem und Georg 2017). Die durch das Klima bedingten Veränderungen in Temperatur und Niederschlagsverteilungen haben direkte Auswirkungen auf Mensch und Natur (LfU 2018). Wetterextreme können dort erhebliche Einbußen verursachen (Gömann et al. 2015). Höhere Wärmesummen wirken sich bei ausreichender Wasserversorgung positiv auf das Wachstum bestimmter Kulturarten aus. Zu hohe Temperaturen oder Trockenheit können allerdings Ertrags- oder Qualitätseinbußen u. a. durch ein zu frühes Abreifen von Getreide zur Folge haben. 2018 und 2019 hingegen hatten viele Regionen Deutschlands in den Sommermonaten mit hohen Temperaturen und Dürre zu kämpfen (DWD 2019). Für die Landwirtschaft lagen die Dürreschäden im Jahr 2018 im einstelligen Milliardenbereich, wobei folgende Bundesländer besonders stark betroffen waren: Niedersachsen mit 980 Mio. €, Mecklenburg-Vorpommern mit 351 Mio. €, Schleswig-Holstein mit 422 Mio. €, Sachsen mit 308 Mio. €, Brandenburg mit 260 Mio. € sowie Sachsen-Anhalt mit 237 Mio. € (STATISTA 2018).
Es erscheint notwendig, die bestehende Infrastruktur zur Wasserversorgung besser an extreme Witterungsbedingungen anzupassen. Dabei müssen die Interessen der Nutzer und Akteure sowie der Ökologie berücksichtigt werden. Ein Weg, die Bewirtschaftung der Wasserressourcen zu planen, besteht in einer Analyse hydrologisch-wasserwirtschaftlicher Systeme. Die Analyse von hydrologisch-wasserwirtschaftlichen Systemen stellt eine Kombination von Wasserhaushaltsanalysen, Wasserdargebotsermittlungen und anderen hydrologischen Untersuchungen mit wasserwirtschaftlichen Planungs- und Bewirtschaftungsuntersuchungen und Planungen in hydrologischen Systemen dar. Probleme bei der Bewirtschaftung resultieren meist aus der intensiven landwirtschaftlichen Nutzung sowie durchgeführten Wasserhaushaltsmaßnahmen wie Flussbegradigungen, Trockenlegung natürlicher Feuchtgebiete, Flächenstilllegungen etc. (Lahmer und Becker 1998). Bedingt durch ein zeitweise niedriges nutzbares Wasserdargebot kann es zu Konflikten einzelner Verbraucher- und Interessensgruppen in der Wasserverteilung kommen. Zu nennen wären beispielsweise Konflikte zwischen den Systemdienstleistungen Versorgung, Regulierung und kulturellen Dienstleistungen (Behboudian et al. 2021; Gutzler et al. 2015).
Wasserdargebot bezeichnet die für eine bestimmte Zeit aus dem natürlichen Wasserkreislauf zur Verfügung stehende nutzbare Menge an Süßwasser; nutzbares Wasserdargebot umfasst einen Teil des Wasserdargebots und beinhaltet meist neben den ökonomischen auch ökologische Einschränkungen (UBA 2019). Der ökologische Mindestabfluss entspricht dem langfristigen jährlichen Abfluss, der erforderlich ist, damit die ökologischen Qualitätsziele für die mit dem Grundwasserkörper in Verbindung stehenden Oberflächengewässer erreicht werden und damit jede signifikante Verschlechterung des ökologischen Zustands dieser Gewässer und jede signifikante Schädigung der mit ihnen in Verbindung stehenden Landökosysteme vermieden wird (EU 2000). Im Landesniedrigwasserkonzept Brandenburg (MLUK 2021) wird der ökologische Mindestabfluss auf den hydrologisch möglichen Wert abgesenkt, wenn das natürliche Wasserdargebot nicht ausreicht, um die ökologisch begründete Mindestwasserführung sicherzustellen.
Wasserhaushaltsuntersuchungen für die südlichen Bundesländer Baden-Württemberg, Bayern, Rheinland-Pfalz und Hessen (Kopp et al. 2018) und für Niedersachsen (Herrmann et al. 2017) sowie Grundwasserhaushaltsuntersuchungen für Mecklenburg-Vorpommern (Hennig und Hilgert 2021) zeigen Tendenzen zu einer abnehmenden Grundwasserneubildung. Eine erhöhte Temperatur und eine Verschiebung der Niederschläge vom Sommer- auf das Winterhalbjahr werden die Nutzungskonflikte zwischen Verbraucher- und Interessensgruppen verschärfen und weitere Anpassungsmaßnahmen erforderlich machen, da deshalb die Verdunstung zunimmt und weniger Niederschlagswasser in der Vegetationsperiode zur Verfügung steht. Bereits in den letzten drei Jahren konnte vom Landkreis Ostprignitz-Ruppin eine erhebliche Zunahme von Anträgen auf wasserrechtliche Erlaubnisse für die Entnahme von Grundwasser zu Beregnungszwecken festgestellt werden.
In Brandenburg ist es seit 1881 etwa 1,3 °C wärmer geworden. Die Menge des Niederschlags hat seit 1881 zugenommen. Dies gilt insbesondere für den Winter: Die Winterniederschläge haben sich seit dem Winter 1881/82 bis heute um 20 %, relativ zu 1961–1990, erhöht. In der Jahressumme sind es bis 2018 etwa drei Prozent mehr als noch vor 137 Jahren (DWD 2019). Klimatische Wasserbilanzen wurden bereits mehrfach für Brandenburg oder für innerhalb des Bundeslandes liegende Einzugsgebiete (EZG) berechnet (Grünewald 2010; LfU 2018). Die Klimatische Wasserbilanz (KWB) ist gemäß DIN 4049‑3 (1994) -10 die Differenz zwischen Niederschlagshöhe und potenzieller Verdunstung (ETpot) für einen Betrachtungsort in einer Betrachtungszeitspanne. Für Grundwasserleiter (GWL), die über die oberflächennahe ungesättigte Zone gespeist werden, entspricht die KWB näherungsweise der Grundwasserneubildung (GWN):
mit N : Niederschlag, V: Verdunstung, als langjährige Mittelwerte.
So ermittelte Grünewald (2010) eine Wasserbilanz für die Region Berlin-Brandenburg im Zeitraum zwischen 1961–1990. Dabei stellte sich heraus, dass der Wasserhaushalt durch die geringen Niederschlagswerte von 550–650 mm/a, sowie der hohen potenziellen Verdunstungsrate von 600–650 mm/a als problematisch einzustufen ist. Das Landesamt für Umwelt Brandenburg (LfU 2018) hat das Grundwasserdargebot für die Region Brandenburg berechnet. Dabei wurde festgestellt, dass weniger Wasser für die Versorgung unterschiedlicher Verbrauchergruppen entnommen wird, als das Dargebot an Grundwasser umfasst. Nach Bednorz et al. (2022) stehen aktuell 178.058 m3/d als nutzbares Grundwasserdargebot in Brandenburg zur Verfügung. Das Grundwasserdargebot ist ein Teil des oben beschriebenen Wasserdargebots und umfasst alle positiven Glieder der Wasserhaushaltsgleichung für einen Grundwasserabschnitt, z. B. Grundwasserneubildung aus Niederschlägen und die Zusickerung aus oberirdischen Gewässern für einen Grundwasserabschnitt. Das nutzbare Grundwasserdargebot umfasst einen Teil dieses Grundwasserdargebots und beinhaltet, wie das nutzbare Wasserdargebot, meist neben den ökonomischen auch ökologische Einschränkungen. Die Europäische Gemeinschaft legte in der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) im Jahr 2000 fest, dass das nutzbare Grundwasserdargebot der Grundwasserneubildung abzüglich eines ökologischen Mindestabflusses entspricht (EU 2000): „Der Grundwasserspiegel im Grundwasserkörper ist so beschaffen, dass die verfügbare Grundwasserressource nicht von der langfristigen mittleren jährlichen Entnahme überschritten wird. Dementsprechend unterliegt der Grundwasserspiegel keinen anthropogenen Veränderungen, die
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zu einem Verfehlen der ökologischen Qualitätsziele gemäß Artikel 4 für in Verbindung stehende Oberflächengewässer,
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zu einer signifikanten Verringerung der Qualität dieser Gewässer,
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zu einer signifikanten Schädigung von Landökosystemen
führen würden, die unmittelbar von dem Grundwasserkörper abhängen, …“
Die Grundwasserneubildung wird gemäß DIN 4049‑3 (1994) als „Zugang von infiltriertem Wasser zum Grundwasser“ definiert und ist ein wichtiges Maß für die natürliche Regenerationsfähigkeit der Grundwasserressourcen. Nach Dörhöfer und Josopait (1997) erfolgt die Grundwasserneubildung flächenhaft überwiegend durch Zusickerung von Niederschlagsanteilen. Das gilt in Lockergesteinsgebieten bis auf wenige Ausnahmeflächen. Die Zusickerung von Niederschlags- und Bewässerungswasseranteilen in die ungesättigte Zone wird als Sickerwasserbildung (SWB) bezeichnet.
Der Wassernutzungsindex besagt, ab welcher prozentualen Menge der Wassernutzung am Wasserdargebot in Deutschland die Wassernutzung nachhaltig ist oder zu Wasserstress führt (Alcamo et al. 2000; UBA 2019). Grundlage für die Berechnung des Wasserdargebots ist die Wasser- und Abflussbilanz für Deutschland. Sie ergibt sich aus den Zuflüssen aus den Nachbarländern abzüglich der Abflüsse in die Nachbarländer und in die Nord- und Ostsee sowie aus der Differenz von Niederschlägen und Evapotranspiration (UBA 2019). Ab einer Nutzung des potenziellen Wasserdargebots von 20 % herrscht eine Wasserknappheit (UBA 2019). Auch international liegt der Schwellenwert zum Wasserstress bei 20 %. Ein Wasserstress entsteht, wenn die Wassernutzung diesen Wert überschreitet. Ab 40 % spricht man von starkem Wasserstress (Alcamo et al. 2000). Diese Wasserknappheit wird entweder durch verstärkte Wasserentnahme oder durch Rückgang des natürlichen Wasserdargebots oder durch eine Kombination der beiden Faktoren bedingt.
In der vorliegenden Arbeit wird das nutzbare Grundwasserdargebot und der landwirtschaftliche Wasserbedarf mit Hilfe des AgroHyd-Farmmodels im Polder Scheidgraben bestimmt (Abb. 1). Der landwirtschaftliche Wasserbedarf umfasst transpiriertes Niederschlagswasser und transpiriertes Bewässerungswasser aus Oberflächenwasser (OW) und Grundwasser (GW). Es wird dabei detailliert der Einfluss der Kulturpflanzen auf den Wasserhaushalt und auf das GW untersucht. Weiterhin erfolgt ein Überblick über das nutzbare Grundwasserdargebot und die landwirtschaftlichen Wasserentnahmen für Bewässerung. Diese werden in das Verhältnis zueinander gesetzt und analysiert. Der Beobachtungszeitraum umfasst die Erntejahre 2017 bis 2020. Die landwirtschaftliche Wasserentnahme umfasst Bewässerungswasser aus OW und GW.
Anhand der Darstellung des Wasserhaushalts soll untersucht werden, ob ausreichend Wasser für die Pflanzenproduktion zur Verfügung stand. Die Darstellung der Wasserbilanzierung der einzelnen Jahre und der Grundwasserganglinien seit 1990 bis 2020 soll darüber Auskunft geben, inwieweit die Extremwetterereignisse der letzten Jahre Einfluss auf den Grundwasserstand nahmen und ob sich die hier vorgenommenen Wasserhaushaltsberechnungen in den Grundwasserganglinien widerspiegeln.
Untersuchungsgebiet Polder Scheidgraben
Der Polder Scheidgraben liegt im Landkreis Ostprignitz-Ruppin an der südlichen Spitze des Einzugsgebiets Dosse-Jäglitz im Flusseinzugsgebiet der Elbe (Abb. 1). Der Polder wird durch die Fließgewässer Rhinkanal im Süden und Scheidgraben im Westen, sowie östlich von Neustadt (Dosse) über Dreetz bis hin zum Dreetzer See eingeschlossen. Bei der westlichen Gebietsgrenze, dem Gewässer Scheidgraben, handelt es sich um einen künstlichen Gewässerabschnitt. Der Polder ist ebenfalls durch ein künstliches Grabensystem gekennzeichnet, welches zu Be- und Entwässerungszwecken angelegt wurde. Das ökologische Potenzial des Polders verfehlt durch mäßige Einstufung die Vorgaben der WRRL (LUGV 2015). Weitere Kennzeichen des Untersuchungsgebiets befinden sich in Tab. 1.
Der Polder Scheidgraben befindet sich im Bereich des Grundwasserkörpers Rhin (LfU 2021b) und untergeordnet im Grundwasserkörper Dosse/Jäglitz (LfU 2021a) (Abb. 2) am Rand des Urstromtals. Ein Teil des Polders im Bereich des Grundwasserkörpers Rhin gehört zu dem europaweiten Schutzgebietsnetz Natura 2000 und ist Teil des 13.943 ha großen Vogelschutzgebietes (SPA) Unteres Rhinluch/Dreetzer See, Havelländisches Luch und Belziger Landschaftswiesen (LUGV 2014a) und des FFH-Gebiets „Unteres Rhinluch – Dreetzer See“. Die Niederungen in diesem FFH-Gebiet weisen Grundwasserflurabstände von 0 bis 80 cm auf. Diese oberflächennahen Grundwasserstände waren die Voraussetzung für die Entstehung der Niedermoore im Gebiet. Die Grundwasserstände im Grundwasserkörper Dosse/Jäglitz variieren zwischen 75 mNN im Nordosten auf der Ruppiner Heide und 24 mNN im Süden im Bereich der verschiedenen Polder (LUGV 2015). Die Grundwasserflurabstände des 1. Grundwasserleiters (GWL) betragen in den Niederungen und im unbeeinflussten Zustand laut LBGR (2021) ca. 50–200 cm. Informationen zur Ausdehnung und stratigraphischen Einordnung der GWL im Polder Scheidgraben befinden sich in Tab. 1 und Abb. 2. Seit Mitte des letzten Jahrhunderts ist ein Abwärtstrend bei den Wasserständen des 1. GWL im Gebiet der Dosse festzustellen (MUGV 2013).
Die Böden im Süden des Untersuchungsgebiets bestehen überwiegend aus Mooren und Anmooren. Die Bodenwertzahlen sind im Poldergebiet gering bis mittel einzustufen (30 bis > 50, LBGR 2021). Bodenwertzahlen bilden das Verhältnis der Ertragsfähigkeit der geschätzten zur ertragsfähigsten Bodenfläche ab. Für das Ackerland erfolgt dies durch die Bodenzahl und Ackerzahl. Die Bodenzahlen für Acker verdeutlichen die durch Bodenbeschaffenheit (Bodenarten, geologische Herkunft, Zustandsstufen) bedingten Ertragsunterschiede. Die Ackerzahlen werden durch Zu- oder Abschläge von der Bodenzahl nach dem Einfluss von Klima, Geländegestaltung u. a. auf die Ertragsbedingungen ausgewiesen. Die nutzbare Feldkapazität ist im Norden des Gebiets als sehr gering (< 13 Vol.-%) und im Süden als sehr hoch (> 30 Vol.-%) einzustufen. Die Humusgehalte des Oberbodens liegen besonders im Süden des Untersuchungsgebiets bei > 30 % (LBGR 2021).
Der Polder dient vor allem der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung und bei Hochwasser als Überflutungsfläche; er ist als Hochwasserrisikogebiet mit mittlerer und geringer Hochwasserwahrscheinlichkeit eingeordnet (LUGV 2015). Im Untersuchungszeitraum 2017–2020 wurde im Polder 85 % der Fläche landwirtschaftlich bewirtschaftet (Tab. 1).
Daten
Erträge im Polder Scheidgraben
Betriebsdaten und Pflanzenparameter
Im Untersuchungsgebiet des Polders Scheidgraben befinden sich insgesamt vier landwirtschaftliche Betriebe, von welchen die folgenden Daten erhoben wurden (Tab. 1, Tab. 5 im Anhang): Schlaggröße und Lage, Hauptfrucht, Aussaatdatum und Erntedatum. Pflanzenspezifische Informationen stehen im AgroHyd Farmmodel (Drastig et al. 2013, 2012) eingepflegt zur Verfügung (siehe Tab. 5 und 6 im Anhang). Die Pflanze Lupine wurde in die Datenbank neu aufgenommen (TLLLR 2020; Eulenstein et al. 2005). Weiterhin wurde Spargel mit 50 Erntetagen um Spargelkulturen mit 40, 60 und 80 Erntetagen ergänzt (Leske 2011; Kadau 2005). Die in den Betrieben erhobenen Bewässerungsmengen sind in Tab. 2 und 3 dargestellt. Das Grundwasser zur Bewässerung wird in einem Betrieb aus dem 2. GWL entnommen.
Im nassen Jahr 2017 wurde mit 47 ha deutlich weniger Fläche als in den Folgejahren mit 76 bis 120 ha beregnet. Da teilweise der Zeitpunkt der Bewässerung nicht mehr bekannt war, wurden anhand der Klimadaten und eigener Expertise, Zeitpunkte der Bewässerungsgaben retrospektiv festgelegt. Im Betrieb 4 wurde Spargel im Modell unmittelbar nach der Ernte (2017, 2018, 2019) mit einer Wassergabe zwischen 20 und 60 mm bewässert. Im Betrieb 1 wurden Bewässerungstermine und die Wassermenge pro Termin für das Jahr 2020 vollständig übermittelt – für die anderen Jahre war nur die Jahresmenge an Bewässerungswasser bekannt. Die Anzahl der Bewässerungsgaben und die Bewässerungsmenge wurden hier anhand der bekannten Jahresmenge, der Anbaukultur, den Daten aus 2020 und den Niederschlägen folgendermaßen geschätzt/festgelegt: Wassergabe 1 und 2 wie im Mittel 2020 (Tage nach Aussaat), Wassergabe 3: 14 Tage nach Wassergabe 2. Sofern Niederschläge am Vor- und am Bewässerungstag stattfanden, wurde der Bewässerunsgzeitpunkt im Modell vorverlegt.
Klima- und Bodendaten
Die verwendeten Klimadaten in täglicher Auflösung stammen von den Wetterstationen DWD_02794_Kyritz und DWD_03552_ Neuruppin des DWD in ca. 50 km Entfernung (DWD 2021). Diese wurden über einen Inverse Distance Weighting (IWD)-Algorithmus kombiniert. Die verwendeten Daten waren: Niederschlag [mm], Sonnenscheindauer [h], Dampfdruck [hPa], Luftdruck [hPa], relative Luftfeuchtigkeit [%] und Temperatur [°C]. Nach dem Import der Daten wurden Fehlstellen ebenfalls mit dem IDW-Algorithmus ergänzt.
Die Bodendaten der Bodenübersichtskarte des Landes Brandenburg 1:300.000, BÜK 300 (LBGR 2021) wurden verwendet.
Grundwasserganglinien
Da sich direkt im Polder Scheidgraben nur die Grundwassermessstelle (GWM) „Neustadt Birkenweg“ befindet, wurden Informationen von 13 weiteren GWM der näheren Umgebung herangezogen – die maximale Entfernung der GWM vom Polder war dabei 11 km (Abb. 2). Es wurden hierbei Messwerte vom Landesamt für Umwelt (LfU) ab dem Jahr 2000 bis 2022 verwendet, die in täglicher Auflösung vorliegen.
Methode
Modellierung mit dem AgroHyd-Farmmodel
Basierend auf dem ausgearbeiteten Rahmenwerk von Prochnow et al. (2012) wurde das Modellierungssystem AgroHyd-Farmmodel entwickelt, um hydrologische Prozesse zu identifizieren und Wasserflüsse innerhalb landwirtschaftlicher Systeme zu modellieren und zu quantifizieren (Drastig et al. 2013, 2012). Mit dem AgroHyd-Farmmodel wurden bereits verschiedene Bewirtschaftungsmaßnahmen untersucht, die die Wasserproduktivität in der pflanzlichen (Drastig et al. 12,15,a, b, 2019, 2020, 2021; Peth et al. 2017) und tierischen Produktion (Drastig et al. 2016c) erhöhen könnten. Mithilfe des AgroHyd-Farmmodels wurden die täglichen Wasserflüsse Referenzevapotranspiration (ET0), tatsächliche Evaporation (Eact), Niederschlag (N), tatsächliche Transpiration (Tact), pflanzenspezifische Transpiration (Tc), Interzeptionsverdunstung und Versickerung modelliert (Drastig et al. 2016b). Modelliert wurde in dieser Studie im Bezugszeitraum der jeweiligen Kulturen für jeden landwirtschaftlichen Schlag im Polder Scheidgraben. Dieser beginnt einen Tag nach der Ernte der angebauten Kultur des Vorjahres und endet am Tag der Ernte der Kultur im beobachteten Jahr (Prochnow et al. 2012). Im Folgenden sind die Berechnungsschritte nach der „Dual crop coefficient“-Methode der FAO 56 dargestellt (Allen et al. 1998). Grundlage der Berechnung der Tact ist die Referenzevapotranspiration ET0 [mm], die nach der Penman-Monteith-Formel ermittelt wird. Mit dem Bodenverdunstungskoeffizienten Ke [–] wird die tatsächliche Evaporation Eact [mm], die Verdunstung direkt aus dem Boden berechnet:
Ke wird aus Bodeneigenschaften und Klimabedingungen bestimmt.
Mit dem korrigierten Transpirationskoeffizient Kcb [–], wird die kulturspezifische Transpiration Tc berechnet:
Das Teilergebnis kulturspezifische Transpiration Tc [mm] gilt unter ausreichend verfügbarer Bodenfeuchte. Wasserstress wird durch den Wasserstresskoeffizienten Ks [–] dargestellt. Die tatsächliche Transpiration Tact [mm] ergibt sich zu:
Ks ist gegeben durch:
wobei Dr die Wurzelzonenerschöpfung [mm] ist. TAW ist das gesamte verfügbare Wasser in der Wurzelzone [mm], berechnet als:
mit Θfc, dem Wassergehalt bei Feldkapazität [mm/mm], Θwp, dem Wassergehalt bei permanentem Welkepunkt [mm/mm] und Zr, der Wurzeltiefe [m].
Der verfügbare Bodenwassergehalt (RAW) wird beschrieben als
p [–] ist ein pflanzenspezifischer Wert (Tab. 6), der den durchschnittlichen Anteil des TAW beschreibt, der den Pflanzen aus der Wurzelzone verfügbar ist, ohne dass es zu Trockenstress für die Pflanze kommt. Für ackerbauliche Kulturen in Brandenburg bewegt sich der Wert je nach Entwicklungsstadium der Pflanze im Bereich von 0,3 bis 0,7. Der Wasserstress für die Pflanze beginnt, wenn die Bodenfeuchte unter den Wert 1–p fällt. Um die Wasserverfügbarkeit für die Evapotranspiration zu bestimmen, wurde die Erschöpfung der Wurzelzone (Dr) mit dem täglichen Wasserhaushalt über einen einfachen bucket-Ansatz berechnet.
mit Dri am Tag i [mm] und Dri–1 am Ende des Vortages i–1[mm]. Pi ist der Niederschlag am Tag i [mm], Tacti am Tag i [mm], Ii die Interzeptionsverdunstung am Tag i [mm]. Dpi der Wasserverlust aus der Wurzelzone durch Perkolation am Tag i [mm].
mit Iri [mm], der Bewässerung am Tag i. Die Interzeptionsverdunstung wurde nach von Hoyningen-Huene (1983) und Braden (1985) berechnet. Eine detaillierte Beschreibung des Modells ist in Drastig et al. (2012) und Prochnow et al. (2012) verfügbar.
Die tatsächliche Evapotranspiration [mm] wird schließlich berechnet über:
Für die Bewertung der Güte der Modellierungsergebnisse wurden modellierte ETact-Werte mit Messwerten für die ETact auf Basis von Lysimetermessungen der Weimarer Region in Thüringen (Mitteldeutschland) für die Kulturen Sommergerste, Winterweizen und Kartoffeln (Roth et al. 2005) und in Hessen (Mitteldeutschland) verglichen. Der visuelle Eindruck zeigte, dass die Werte der modellierten ETact in den Jahren 1983–1995 und den untersuchten Kulturen gut mit den mittleren beobachteten Daten aus Lysimetermessungen korrespondierten (Drastig et al. 2016a).
Untersuchung der Auswirkung der landwirtschaftlichen Wassernutzung auf die Grundwasserstände
Die Untersuchung der Auswirkung der landwirtschaftlichen Wassernutzung auf den Wasserhaushalt wurde mithilfe von Regressionen, Trendanalysen und visueller Einschätzung durchgeführt.
Lineare Regression I, Zeitraum: Vegetationsperioden 2017–2020: Der Einfluss des landwirtschaftlichen Wasserbedarfs auf den Wasserhaushalt im Polder Scheidgraben auf das Grundwasser wurde anhand der aufsummierten Komponenten des landwirtschaftlichen Wasserhaushalts (ETact, Eact, Tact) für die Vegetationsperioden der Jahre 2017–2020 untersucht. Herangezogen wurden vier Werte der Grundwasserganglinien am jeweils 1. Oktober der vier modellierten Jahre. Für die Analyse des Zusammenhangs zwischen diesen Werten und den Grundwasserständen der einzelnen GWM wurde das Bestimmtheitsmaß (R2) berechnet.
Lineare Regression II, Zeitraum: 1999–2022: Weiterhin wurden die Referenzevapotranspiration (ET0) und der Niederschlag (N) für den Zeitraum 1999–2022 am Nordende des Polders in der Nähe der GWM „Neustadt Birkenweg“ basierend auf täglicher Auflösung in aufsummierter wöchentlicher und jährlicher Auflösung herangezogen. Hierbei wurde – für die wöchentlichen Werte – mit dem am naheliegensten Datum der entsprechenden Grundwassermessung und für die jährlichen Werte mit dem letzten Messwert Ende Dezember des jeweiligen Jahres verglichen. Für die Analyse des Zusammenhangs zwischen diesen Werten und den Grundwasserständen der einzelnen GWM wurde das Bestimmtheitsmaß (R2) berechnet.
Trendanalyse des LfU: Die Trends der GWM wurden vom LfU untersucht – für diese Studie wurden die dort publizierten Werte herangezogen. Für die Messstellen wurden die Trends der aus den Einzelwerten ermittelten mittleren Jahresgrundwasserstände mittels linearer Regression berechnet und mithilfe eines T‑Tests auf Signifikanz geprüft. Für diese Analysen mussten 30-jährige Messreihen vorhanden sein, wobei maximal zwei aufeinanderfolgende Fehljahre auftreten dürfen (LfU 45,46,a, b). Für die Messstellen „Friesack, an der Kirche neu“, „Friesack, Bahnüberführung“ und „Neustadt, Birkenweg“ liegt kein Trend vor, da die Beobachtungsreihen kürzer als 30 Jahre waren.
Visuelle Analyse, Zeitraum: Vegetationsperiode 2017–2019: Zur Untersuchung der Einflussnahme der berechneten Wasserhaushaltskomponenten auf die kurzfristige Dynamik der Grundwasserstände wurden Grundwasserganglinien des LfU der kumulierten täglichen Referenzevapotranspiration (ET0) und den kumulierten täglichen Niederschläge (N) westlich des Polders in der Nähe der GWM Pegel Dreetz, 3 km südöstl. gegenübergestellt. Die Grundwassermessstelle befindet sich westlich des Polders. Dieser Pegel wurde gewählt, da hier ein Trend berechnet werden konnte und er sich im Grundwasserkörper Rhin befindet, wie auch der größte Teil des untersuchten Polders. Es wurden dabei jeweils die Vegetationsperioden im feuchten Jahr 2017 und in den zwei extrem trockenen Jahren 2018 und 2019 untersucht.
Berechnung Wassernutzungsindex
Für die Aufstellung der GWN im Gebiet Polder Scheidgraben, wurden die schlagweise verfügbaren Ergebnisse der Modellierung mit dem AgroHyd-Farmmodel im Zeitraum zwischen 2017–2020 herangezogen. Damit wurden Bilanzgrößen zur Ermittlung des Grundwasserdargebots, des nutzbaren Grundwasserdargebots und des landwirtschaftlichen Wasserbedarfs bereitgestellt. Aus den Ergebnissen lässt sich bestimmen, ob „Überschüsse bzw. Defizite im Wasserhaushalt“ abgebildet sind (Köstner et al. 2007). Übersteigen die Werte der Evapotranspiration in der beobachteten Region die des Niederschlags, so lässt sich dieser als Defizitstandort beschreiben. Wenn zudem durch den kapillaren Aufstieg aus dem Grundwasser der Wassermangel nicht ausgeglichen werden kann, liegt „potenziell Trockenstress und somit ein hoher Bewässerungsbedarf“ vor (Steidl et al. 2015). Die Sickerwasserbildung berechnet als Niederschlag (+Bewässerung) – ETact wurde hier als GWN angenommen. Die Verdunstung entspricht hierbei der aufsummierten tatsächliche Evapotranspiration, die für jeden einzelnen Schlag modelliert wurde. Entsprechend der WRRL wurde für die Berechnung des nutzbaren Grundwasserdargebots ein ökologischer Mindestabfluss von 30 % der GWN abgezogen (LUGV 2014b). Die ebenfalls für jeden einzelnen Schlag aufsummierte aktuelle Transpiration entsprach dem landwirtschaftlichen Wasserbedarf. Diese umfasste transpiriertes Niederschlagswasser und transpiriertes Bewässerungswasser aus Oberflächenwasser und Grundwasser. Der Bewässerungswassereinsatz wurde als landwirtschaftliche Wasserentnahme angenommen.
Der Wassernutzungsindex wurde über das Verhältnis jährliche landwirtschaftliche Wasserentnahme zum jährlichen nutzbaren Grundwasserdargebot berechnet. Der so berechnete Wassernutzungsindex entspricht somit einem Demand-to-availability (DTA) ratio (Nilsalab et al. 2018; Smakhtin et al. 2004; Mila i Canals et al. 2009). „Demand“ umfasst dabei auch den ökologischen Wasserbedarf (Environmental water requirements, EWR) und das durch Menschen entfernte Wasser (Human water consumption, HWC). Trinkwasserentnahmen wurden dabei nicht berücksichtigt – der berechnete Wassernutzungsindex bezieht sich nur auf die landwirtschaftlichen Entnahmen. Trinkwasserentnahmen über den Wasserversorger Wasser- und Abwasserverband „Dosse“ wurden nicht berücksichtigt, da es diese im Bereich des Polders nicht gab. Auch das Wasser in den pflanzlichen landwirtschaftlichen Produkten wurde in der Bilanz vernachlässigt, da der Anteil verschwindend gering ist.
Ergebnisse
Landwirtschaftlicher Wasserhaushalt im Polder Scheidgraben
Im Polder Scheidgraben wurden GWN für die einzelnen Jahre des Beobachtungszeitraums berechnet: Im Zeitraum 2017–2020 betrug die ETact zwischen 600–868 mm, davon entfielen 71–73 % auf die tatsächliche Transpiration. Der Niederschlag variierte zwischen 560 und 909 mm. Es wurden zwischen 8 mm (2017) und 22 mm (2018) für die landwirtschaftliche Bewässerung eingesetzt. Nach der hier durchgeführten Modellierung mit dem AgroHyd-Farmmodel sind Defizitjahre in den beiden Dürrejahren 2018 und 2019 zu erkennen. Der Wasserhaushalt schwankt abhängig von den Extremwetterereignissen, wie dem niederschlagsreichen Jahr 2017 im Vergleich mit den beiden trockenen Jahren deutlich. Das Verhältnis der landwirtschaftlichen Wasserentnahme zum nutzbaren Grundwasserdargebot ist im Jahr 2020 < 20 % (Tab. 4). Hier ist die Wassernutzung entsprechend der WRRL als nachhaltig zu bezeichnen. In den Jahren 2017, 2018 und 2019 ergibt das Verhältnis landwirtschaftliche Wasserentnahme zum nutzbaren Grundwasserdargebot einen Wassernutzungsindex > 20 %. Die Wassernutzung ist hier entsprechend der WRRL als nicht nachhaltig zu bezeichnen. In Tab. 4 wird das nutzbare Grundwasserdargebot, die landwirtschaftliche Wasserentnahme und der landwirtschaftliche Wasserbedarf mit Hilfe des AgroHyd-Farmmodels im Polder Scheidgraben dargestellt.
Einfluss auf das Grundwasser
Der Einfluss des landwirtschaftlichen Wasserbedarfs im Polder Scheidgraben auf die Entwicklung der Grundwasserstände wird im Folgenden dargestellt. Die Grundwasserganglinien spiegeln die mittleren Werte der Wasserhaushaltsberechnungen im Polder Scheidgraben in den Grundwasserständen mit hoher Güte wider (Tab. 7). Der N, die ETact, die Tact (Abb. 3a) und die Eact der Vegetationsperiode in den vier Jahren zeigten bei sechs Pegeln einen Zusammenhang mit R2 > 0,9. Auch die Messstellen „Neustadt, Birkenweg“, „Rhinow, Sportplatz“ und „Friesack, Bahnüberführung“ wiesen keinen bedeutenden Zusammenhang mit allen modellierten Wasserhaushaltsgrößen auf. Die letzten beiden GWM befinden sich in der näheren Umgebung des Polders Scheidgraben, „Neustadt, Birkenweg“ liegt aber möglicherweise nicht in der Strömungsrichtung des Grundwassers im Grundwasserkörper Dosse/Jäglitz. Leider liegen gerade für die in der Nähe des Polders gelegenen GWM „Neustadt, Birkenweg“ und „Dreetz, Waldeck“ keine Trendanalysen vor, da die Messreihen keine ausreichende Dauer für eine Auswertung aufweisen. Folgende Messstellen im Bereich des Grundwasserkörpers Rhin zeigen einen negativen Trend: „Dreetz, Waldeck“, „Klessen, ca. 1 km südöstl.“, „Klessen, Ziegelei“, „Michaelisbruch, Wald“, „Segeletz“ und „Wutzetz, östlich B5“. Drei GWM im Bereich des Grundwasserkörpers Rhin, zeigten positive Trends: „Dreetz, 3 km südöstl.“, „Michaelisbruch, Haus Nr. 18“ und „Rhinow, Sportplatz“. Im Bereich des Grundwasserkörpers Dosse/Jäglitz lässt sich kein Abwärtstrend erkennen: Messstellen „Babe“ und „Sieversdorf, Weg nahe Goldbeck“ (LfU 2022a) (Abb. 3b).
Die Korrelationen mit kumulierten Bilanzen zeigten folgendes Bild: Die Grundwasserganglinien spiegelten die kumulierten Werte ETact, Tact und Eact der Wasserhaushaltsberechnungen im Polder Scheidgraben in den Grundwasserständen in Dreetz Waldeck und Klessen, Ziegelei mit hoher Güte wider. Weitere Korrelationen mit R2 > 0,9 zeigten die kumulierten Werte des Niederschlags mit Pegel „Klessen, ca. 1 km südöstlich“. Die kumulierten Werte der ETact zeigten einen engen Zusammenhang mit den Pegeln „Dreetz, 3 km südöstlich“ und „Segeletz“. Die kumulierten Werte der Tact zeigten einen engen Zusammenhang mit Pegel „Friesack, an der Kirche neu“.
Die berechneten Wasserhaushaltskomponenten ET0 und N modelliert für das Nordende des Polders in der Nähe der GWM Pegel „Dreetz, 3 km südöstlich“ spiegeln sich in der Dynamik der Grundwasserstände der Vegetationsperiode der drei extremen Untersuchungsjahre 2017–2019 wider (Abb. 4). Im feuchten Jahr 2017 spiegelt sich N in der Ganglinie direkt wider. Besonders gut sichtbar ist dies ab Juli 2017 – die Ganglinie steigt infolge der Niederschlagsereignisse stark an. Ab Ende August 2017 überlagert der Einfluss der ET0 diesen Effekt. Der Grundwasserspiegel sinkt trotz anhaltender leichter Niederschläge im gleichen Maß wie die steigende ET0 auf 260 cm unter Geländeoberkante (uGOK) ab (Abb. 4a). In den trockenen Jahren 2018 und 2019 (Abb. 4b, c) sind die Niederschläge in den Ganglinien nahezu nicht erkennbar. Eine Ausnahme bilden die marginalen Effekte der Niederschlagsereignisse im April und im Juli 2018, die eine leichte Erhöhung der Ganglinie bedingen. Die ET0 in den beiden trockenen Jahren zeichnet sich im abnehmenden Grundwasserstand direkt ab. Im Jahr 2018 erfolgt eine Abnahme des Grundwasserstandes bereits im März von 270 auf 300 cm uGOK. Im Jahr 2019 liegt der Grundwasserstand im März bei unter 300 cm uGOK, die winterlichen Niederschläge haben den Grundwasserkörper nicht wieder aufgefüllt. Im Laufe des Jahres nimmt der Grundwasserstand bis auf 330 cm uGOK ab.
Diskussion
Erträge und landwirtschaftlicher Wasserhaushalt im Polder Scheidgraben
Für die niederschlagsarmen Jahre 2018 und 2019 werden während der Bezugszeiträume negative GWN berechnet. Das Jahr 2018 war bundesweit – seit Beginn der Aufzeichnung – eines der trockensten Jahre (DWD 2019). Auch im Scheidgraben sind 2019 die Niederschlagswerte auf den landwirtschaftlichen Schlägen besonders niedrig und die Verdunstung ist höher als der Niederschlag. Das im Boden bereits gespeicherte niederschlagsbürtige Wasser der letzten Jahre kann, bis zu einem gewissen Punkt, den Wasserbedarf ausgleichen. Theoretisch reicht in den trockenen Jahren das niederschlagsbürtige Wasser allerdings nicht für die im Polder Scheidgraben angebauten Kulturen aus – die aktuelle Evapotranspiration ist höher als der Niederschlag. Dennoch fallen im Scheidgraben die Ernteerträge einiger Kulturen besonders in diesen beiden Dürrejahren höher aus als im Durchschnitt Brandenburgs. Der Silomaisertrag liegt im Scheidgraben bei 290 dt/ha. Im Vergleich zu Brandenburg mit 100 dt/ha macht das einen Unterschied von 190 dt/ha. Bei Kartoffeln und Körnermais liegen die Erträge jeweils ca. 50 dt/ha höher. Kartoffeln erzielten Erträge von 307 dt/ha und Körnermais 95 dt/ha. In Brandenburg lagen sie bei Kartoffeln nur bei 250 dt/ha, bei Körnermais bei 50 dt/ha. Dass die Erträge im trockenen Jahr 2018 dennoch höher ausfallen als im Durchschnitt Brandenburgs kann durch unterschiedliche Faktoren beeinflusst worden sein. 2019 sind die Erträge im Scheidgraben ebenfalls höher als im Durchschnitt Brandenburgs. Eine Ausnahme bildet der Anbau von Kartoffeln. Dieser liegt mit 250 dt/ha rund 48 dt/ha unter dem Ertrag von Brandenburg mit 299 dt/ha. Besonders bei Silomais sind große Unterschiede zu erkennen – die Silomaiserträge weichen mit 350 dt/ha von denen in Brandenburg mit rund 160 dt/ha positiv ab. Die Erträge der Wiesen fallen mit 88 dt/ha doppelt so hoch aus wie in Brandenburg. Ebenfalls sind bei den Erträgen aller angebauten Getreidekulturen im Scheidgraben höhere Ernten als auf Bundeslandebene zu verzeichnen. Zu nennen ist hierbei besonders Winterroggen, welcher mit 122 dt/ha um 83 dt/ha positiv von dem Ertrag in Brandenburg abweicht. Die positiven Unterschiede könnten darin begründet sein, dass es sich bei dem Polder um einen grundwassernahen Standort handelt. Eine Besonderheit des Standortwasserhaushalts von Niedermooren ist, dass die Verdunstung unter den Bedingungen oberflächennahen Grundwassers potenziell, entweder direkt oder indirekt infolge von Kapillaraufstieg erfolgt (Miegel et al. 2016). Für diese Art von Standorten ist die Bilanzierung der Verhältnisse auf Schlagebene besonders anspruchsvoll und für viele Fragen, von der Bewässerung bis hin zur Wiedervernässung von Niedermooren, aktuell von großer Bedeutung. Aus den modellierten Wasserflüssen lässt sich schließen, dass unter den extrem trockenen Bedingungen der Jahre 2018 und 2019 der landwirtschaftliche Wasserhaushalt im Untersuchungsgebiet Polder Scheidgraben defizitär ist.
Im normalen Jahr 2020 sind keine starken Abweichungen zu den Erträgen in Brandenburg zu erkennen (Statistik Berlin-Brandenburg 2018, 2019, 2020). Im feuchten Jahr 2017 sind vor allem im Anbau von Kartoffeln, mit 263 dt/ha, Defizite von 119 dt/ha im Vergleich zu Brandenburg mit 382 dt/ha zu erkennen. Der Ertrag von Körnermais lag in Brandenburg bei 88 dt/ha. Somit weichen die Erträge im Polder mit 78 dt/ha um knapp 10 dt/ha negativ ab. Auch bei den Weide- und Wiesenerträgen gab es Differenzen. Diese sind aber nur als gering einzustufen. Die negativen Abweichungen können auf die niederschlagsreichen Monate Juni und Juli zurückzuführen sein. Ende Juni 2017 kam es aufgrund von langanhaltenden Starkniederschlägen in weiten Teilen Brandenburgs zu Überschwemmungen (DWD 2019), so auch in Teilen des Scheidgrabens. Laut Befragung der Landwirte im Scheidgraben kam es aufgrund der Überschwemmungen und fehlender Abflussmöglichkeiten teilweise zu Totalausfällen der Ernten. Betroffen war besonders die Ernte von Kartoffeln und der Spätschnitt von Grünland. Es gab hingegen auch positive Abweichungen. Der Ertrag von Sommerweizen war im Scheidgraben mit 67 dt/ha mehr als doppelt so hoch wie im Durchschnitt Brandenburgs mit 31 dt/ha.
Einfluss der landwirtschaftlichen Nutzung auf das Grundwasser
Im Süden des Untersuchungsgebiets Polder Scheidgraben bestehen die Böden überwiegend aus landwirtschaftlich genutzten Niedermoorflächen. Der Wasserhaushalt der meisten Feuchtgebiete ist heutzutage einer Regulation unterworfen. In vielen Fällen wird damit der Austrocknung Vorschub geleistet, auch damit werden die Auswirkungen des Klimawandels verschärft (Wattendorf et al. 2010). Auch wenn die Grundwasserganglinien die mittleren Werte der landwirtschaftlichen Wasserhaushaltsberechnungen im Polder Scheidgraben der vier Untersuchungsjahre in den Grundwasserständen mit hoher Güte widerspiegeln, scheint eine direkte Einflussnahme der dort angebauten Kulturen auf die Wasserstände der untersuchten Pegel nicht sehr wahrscheinlich. Es kann nur eine uneinheitliche Auswirkung der Wassernutzung im Polder Scheidgraben auf die Absenkung der Grundwasserstände festgestellt werden: 55 % der Grundwasserganglinien zeigen einen negativen Trend, 45 % der Grundwasserganglinien einen positiven Trend. Es scheint sich eher um die Abbildung des Klimas und wasserwirtschaftlicher Regulationen auf regionaler Ebene zu handeln. Naturgemäß ist die horizontale Komponente der Grundwasserströmung im Moor sehr viel stärker ausgeprägt als die vertikale, und entsprechend ist die horizontale Fließgeschwindigkeit viel größer als die vertikale. Dies erschwert die Identifizierung eines Zusammenhanges zwischen der Zusickerung des infiltrierten Niederschlagswassers und dem Grundwasser (Houben et al. 2001). Weiterhin wird das Grundwasser, welches in einem der vier Betriebe für die Bewässerung eingesetzt wird, aus dem 2. GWL entnommen. Die Informationen der Grundwassermessstellen beziehen sich auf den 1. unbedeckten GWL.
Bei der Auswertung der langfristig erhobenen Grundwasserstände kann keine eindeutige Auswirkung der Wassernutzung im Polder Scheidgraben auf die Absenkung der Grundwasserstände festgestellt werden. Differenziert nach den Grundwasserkörpern Rhin und Dosse/Jäglitz zeigt sich folgendes Bild: Im Grundwasserkörper Rhin zeigen 67 % einen negativen Trend und 33 % der GWM einen positiven Trend; im Grundwasserkörper Dosse/Jäglitz zeigen alle Pegel einen positiven Trend. Eine Überbeanspruchung der Ressource Wasser im Polder Scheidgraben und Umgebung durch die landwirtschaftliche Wasserentnahme ist möglicherweise zu befürchten. In der vorliegenden Studie entspricht der landwirtschaftliche Wasserbedarf der aufsummierten tatsächlichen Transpiration, die für jeden einzelnen Schlag modelliert wurde. Diese umfasst transpiriertes Niederschlagswasser und transpiriertes Bewässerungswasser aus Oberflächenwasser und Grundwasser. Das Transpirationswasser wird als produktives Wasser angesehen, Evaporation als nicht produktiv genutztes Wasser. Zielsetzung in der Landwirtschaft muss es sein, den Anteil des produktiven Wassers, durch landwirtschaftliche Managementmaßnahmen auf den einzelnen Schlägen zu steigern. Nur wenn dies auch in den Bilanzierungen reflektiert wird, kann eine Bewertung und Planung in dieser Richtung durchgeführt werden. Transpiration und Evaporation werden in der hier vorgestellten Modellierung nach der „Dual crop coefficient“-Methode über die Modellierung voneinander unterschieden. Die Bewertung von Managementmaßnahmen kann so über die Trennung der Wasserflüsse Evaporation und Transpiration erfolgen. Im Polder Scheidgraben wurde circa ein Drittel der Evapotranspiration (27–29 %) unproduktiv – als reine Evaporation – verdunstet. Die hier verwendeten Bewässerungstechniken „Beregnung“ und „Staubewässerung“ könnten möglicherweise effizienter gestaltet werden. Effizientere Bewässerungsverfahren und die Bewässerungssteuerung können die Verdunstungsverluste reduzieren und gleichzeitig den Wasserbedarf der Pflanzen decken sowie die Ertragsmenge und -qualität verbessern. Baroni et al. (2019) zeigen, dass Bewässerungssteuerungsysteme nützlich sind, um die gesamte Wasserentnahme und die Anpassungsstrategien der Landwirte an saisonale Veränderungen der Umwelt- und Landwirtschaftsbedingungen zu unterstützen. Nach Schimmelpfennig et al. (2018) entsprechen die in Deutschland eingesetzten Bewässerungstechniken nicht allen Anforderungen an eine effiziente Technik. Vor allem mit Blick auf den energetischen Aufwand und die Wasserverteilgenauigkeit besteht Verbesserungspotenzial der vorherrschenden Techniken. Hier im Polder könnten die Techniken möglicherweise verbessert werden. Zu den ackerbaulichen Maßnahmen, die eine verbesserte Ausnutzung des Niederschlagswassers und auch des Bewässerungswassers ermöglichen können, zählen nach Drastig et al. (2011) unter anderem:
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Fruchtfolgen und Zwischenfrüchte optimieren; Bodenbearbeitung: insbesondere Aufrauen der Oberfläche bzw. Aufbrechen von Krusten, um eine bessere Infiltration des Niederschlagswassers zu ermöglichen.
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Hohe Bestandsdichte: Ziel ist eine schnelle und lückenlose Bodenbedeckung und tiefe Durchwurzelung.
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Möglichst früh und zügig sähen, Saatgut eventuell vorkeimen, um einer Frühjahrstrockenheit zu begegnen.
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Humuswirtschaft: Ausbringen organischer Substanz, Mulchen, um die Evaporation von der Bodenoberfläche zu vermindern. Wahl trockenheitstoleranter Sorten bzw. von Sorten mit hoher Transpirationseffizienz.
Um wirksam zu werden, sollten diese Maßnahmen im gesamten landwirtschaftlichen Betriebssystem zur Anwendung kommen, gegebenenfalls ergänzt durch Maßnahmen zu einem verbesserten Wassermanagement in der Tierhaltung.
Vom Gesichtspunkt der Erhaltung der Artenvielfalt her zeigte sich, dass das Vorkommen epigäischer Spinnen durch starke Regenfälle oder Überschwemmungen bei der Bewässerung negativer beeinflusst wurde als durch den Einsatz bestimmter Insektizide, einschließlich systemischer Mittel (Radkova et al. 2019). Andererseits berichten verschiedene Autoren von einer hohen Wirbellosenvielfalt in Überschwemmungsgebieten (Peck et al. 2004) Weiterhin können Feuchtgebiete eine wichtige Rolle bei der Erhaltung verschiedener Vögel spielen (Herring et al. 2019). Walmsley und Cerdà (2017) zeigten, dass die Umstellung von Überflutungs- auf Tropfbewässerung negative Auswirkungen auf Regenwürmer haben kann, was zu einer Verringerung der Infiltrationskapazität des Bodens führen kann. Die Überflutungsbewässerung könnte also einen Beitrag zur Erhaltung der Artenvielfalt im Polder Scheidgraben leisten. Die Bedeutung der Überflutungsbewässerung für Feuchtgebietsarten müsste allerdings stärker auch für die lokalen Klima- und Bodenbedingungen untersucht werden, um in die künftigen Bewässerungspläne einbezogen werden zu können. Möglicherweise sollte die Wassermenge zur Deckung des Bewässerungsbedarfs in der Landwirtschaft die Überflutung der wertvollen Überschwemmungsgebiete berücksichtigen, um die Integrität des Ökosystems zu erhalten.
Unsicherheiten
AgroHyd-Farmmodel
Die Modellierung der ET0 beruht auf Klimadaten der nahegelegenen Wetterstationen. Um die Güte der Modellierung der ET0 mit dem AgroHyd-Farmmodel zu verbessern, müssten die Klimadaten direkt auf den landwirtschaftlichen Schlägen gemessen und in die Modellierung eingespeist werden. Der Grund für die Unsicherheit der Modellierung der tatsächlichen Transpiration Tact ist, dass die gleichen Pflanzenparameter für verschiedene Sorten und auch für auch verschiedene Managementmaßnahmen, z. B. für verschiedene Düngungsstufe verwendet werden. Eine Kalibrierung mit der Tact, die über mindestens eine Vegetationsperiode gemessen wird, oder die Verwendung verbesserter spezifischer Pflanzenparameter (Kcb) und die Einbeziehung von Algorithmen, die die Managementmaßnahmen abbilden, könnten die Unsicherheit der modellierten Werte erheblich reduzieren. Auch die fehlende Berücksichtigung des kapillaren Aufstiegs vergrößert die Unsicherheiten der Modellierung. Bei den flurnahen Flurabständen von 0–80 cm und Wurzeltiefen um 50 cm kann kapillarer Aufstieg eine wichtige Rolle spielen.
Landwirtschaftlicher Wasserhaushalt
Es handelt sich bei der Berechnung der GWN um einen stark vereinfachten Ansatz, da Daten von nur vier Jahren einbezogen werden. In der Praxis werden zur Abschätzung des nutzbaren Grundwasserdargebots im Rahmen von wasserwirtschaftlichen Fragestellungen in der Regel mittlere langjährige Grundwasserneubildungsraten (> 30 Jahre) herangezogen. Diese überschätzen aber unter sich wandelnden Klimabedingungen für mehrjährige Trockenperioden die realen Bedingungen, was in einer Übernutzung des Dargebots resultieren kann. Die modellierten Wasserflüsse ETact und Tact im Polder Scheidgraben beziehen sich auf die Acker- und Sonderkulturen sowie Grünland während der Brachen und der Vegetationszeiträume. Um eine vollständige Bilanz aufzustellen, müssen ebenfalls mögliche Entnahmen durch Wasserwerke und sonstige Entnahmen im Polder mit einbezogen werden.
Fazit
Die extremen Witterungsbedingungen in Brandenburg in den Jahren 2017, 2018 und 2019 haben gezeigt, dass die bestehende Infrastruktur zur Wasserversorgung hinsichtlich Dürreperioden nicht ausreichend an die extremen Bedingungen angepasst ist. Um Ertragsrückgänge zu vermeiden, führt die zunehmende Trockenheit zu einem steigenden Bewässerungsbedarf in der Landwirtschaft (Fliß et al. 2021). Die Entwicklung eines integrierten Wasserressourcenmanagements unter Berücksichtigung der Zunahmen und Verstärkung von Extremereignissen, Niedrigwasser- bzw. Dürreperioden, unter Beachtung der Interessen der Nutzer und Akteure sowie der Ökologie stellt eine große Herausforderung für Entscheidungsträger dar. Es erscheint sinnvoll, nach Wegen zu suchen, die Wasserressourcen künftig so zu bewirtschaftet, dass unter den verschiedenen Gesichtspunkten Wasserhaushalt, Artenvielfalt und Ökonomie nachhaltig gehandelt wird. Aus Sicht der Landwirtschaft dürfte im Vordergrund stehen, dass der positive Beitrag zur Grundwasserneubildung stärker gesehen wird und dass die Erfordernisse der Landwirtschaft in Hinsicht auf die Bewässerung verbessert werden. Hier muss die Erhöhung der Bewässerungseffizienz im Vordergrund stehen (Michel und Sourell 2014), sofern nicht die Überflutungsbewässerung die Integrität des Ökosystems erhält. Einzubeziehen ist bei einer Bewertung weiterhin, dass in vielen Gebieten der Welt das Abholzen der einheimischen Vegetation und Bepflanzung mit Nutzpflanzen, die in der Regel ein flacheres Wurzelsystem haben als die natürliche Vegetation, welche sie ersetzen, zu erheblichen Veränderungen im Wasserhaushalt, einschließlich der Grundwasserneubildung führt. Je nach betrachteter Klimazone führt dies in der Regel zu einem Anstieg der Grundwasserneubildungsrate (Scanlon et al. 2007; Han et al. 2017). Weiterhin kann der Zufluss aus der Bewässerung in das Grundwasser die Erschöpfung des oberflächennahen Grundwassers abmildern. Dies wird allerdings durch eine Verdichtung der ungesättigten Zone erschwert. Dies kann den Anteil der potenziellen Anreicherung, der zu einer tatsächlichen Anreicherung wird, verringern und zu neuen Risiken für die Wasserqualität, wie z. B. Nitratverunreinigung, führen (Han et al. 2017). Landwirtschaftliche Nutzung kann also zu einer erhöhten Grundwasserneubildung führen. Bei diesem Zusammenhang muss natürlich beachtet werden, dass das Bewässerungswasser aus einem System entnommen wurde. Nach WRRL (EU 2000) darf dabei das genutzte (Grund‑)Wasser nur der GWN abzüglich eines ökologischen Mindestabflusses entsprechen.
Eine Einschränkung der Wasserentnahmeerlaubnisse in Deutschland würde einen zu starken Anpassungsdruck auf die Betriebe ausüben und zu einer Extensivierung der Produktion führen. Die Auswirkungen dieser Anpassungsmassnahme würden nicht nur für die Landwirtschaft, sondern auch auf den vor- und nachgelagerten Wertschöpfungsstufen spürbar werden (Michel und Sourell 2014). Die Aufmerksamkeit muss dementsprechend eher auf sparsame und effiziente Techniken und ein optimiertes Bewässerungsmanagement mit einer reduzierten unproduktiven Evaporation gelenkt werden (Michel und Sourell 2014). Je nach Wahl der Bewässerungstechnik und -steuerung lässt sich – in Abhängigkeit von den Standortinformationen – die jeweils optimale Wassergabe bestimmen und eine sparsame Verwendung der wertvollen und knappen Wasserressource erreichen. Um den Bewässerungswassereinsatz effizienter zu gestalten, müssen die Anteile des unproduktiven Wassers bei der Planung betrieblicher Managementmaßnahmen verringert werden.
Im Zeitraum 2017–2020 betrug die tatsächliche Evapotranspiration im Polder Scheidgraben zwischen 600 und 868 mm, davon entfielen 71–73 % auf die tatsächliche Transpiration. Der Niederschlag variierte zwischen 560 und 909 mm. Es wurden zwischen 8 und 22 mm für die landwirtschaftliche Bewässerung eingesetzt. Nach der hier durchgeführten Modellierung mit dem AgroHyd-Farmmodel sind Defizitjahre in den beiden Dürrejahren 2018 und 2019 zu erkennen. Der Wasserhaushalt schwankt abhängig von den Extremwetterereignissen, wie dem niederschlagsreichen Jahr 2017 im Vergleich mit den beiden trockenen Jahren 2018 und 2019 deutlich. Die Betrachtung des Wasserhaushalts in einem weiteren räumlichen und zeitlichen Kontext zeigt folgendes Bild: Die Grundwasserganglinien spiegeln die kumulierten Werte der tatsächlichen Evapotranspiration, der tatsächlichen Transpiration und der tatsächlichen Evaporation der Wasserhaushaltsberechnungen im Polder Scheidgraben in den Jahren 2017–2020 an zwei GWM mit hoher Güte wider. Bei der Auswertung der langfristig vom LfU erhobenen Grundwasserstände kann allerdings keine eindeutige Auswirkung der Wassernutzung im Polder Scheidgraben auf die Entwicklung der Grundwasserstände festgestellt werden. 55 % der Grundwasserganglinien der hier herangezogenen GWM zeigen einen negativen Trend, 45 % der Grundwasserganglinien einen positiven Trend.
Für die Entwicklung eines integrierten Wasserressourcenmanagements gilt es in Zukunft die folgenden Punkte zu beachten:
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Die Bilanzierung des landwirtschaftlichen Wasserbedarfs im Detail für einzelne landwirtschaftliche Schläge erlaubt einen Einblick in den Wasserbedarf der landwirtschaftlichen Pflanzenproduktion und in den lokalen landwirtschaftlichen Wasserhaushalt.
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Bereits bekannte, ackerbaulichen Maßnahmen können als Anpassungsstrategie von Vorteil sein, um das vorhandene Niederschlagswasser effizienter zu nutzen.
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In zukünftigen Arbeiten muss präziser erhoben werden, wieviel Wasser und wann Wasser zusätzlich, bspw. durch Einstau, auf die landwirtschaftlichen Flächen geleitet wird.
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Die Datengrundlage und Zugänglichkeit der genehmigten Bewässerungsmengen aus Grund- und Oberflächenwasser muss verbessert werden.
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Danksagung
Wir bedanken uns bei Dr. B. Pfützner und Dr. B. Klöcking (Büro für Angewandte Hydrologie, BAH) sowie Herrn D. Geissler (Landkreis Ostprignitz-Ruppin) für die fachliche Beratung. Herrn G. Elftmann (Wasser- und Bodenverband Dosse-Jäglitz) danken wir für die Herstellung des Kontaktes mit den Betrieben. Besonderer Dank geht an die Leiter und Angestellten der landwirtschaftlichen Betriebe für die Bereitstellung der Daten, die Zeit und den Aufwand. Weiterhin bedanken uns bei den Gutachtern für die hilfreichen Kommentare und ausführlichen Anregungen zum Inhalt unseres Manuskripts.
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Drastig, K., Schmidtke, L., Jacobs, H. et al. Landwirtschaftlicher Wasserhaushalt im Polder Scheidgraben (Brandenburg). Grundwasser - Zeitschrift der Fachsektion Hydrogeologie 28, 147–166 (2023). https://doi.org/10.1007/s00767-022-00531-4
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DOI: https://doi.org/10.1007/s00767-022-00531-4
Schlüsselwörter
- Nutzbares Grundwasserdargebot
- Landwirtschaftliche Bewässerung
- Extremereignisse
- AgroHyd Farmmodel
- Wassernutzungsindex