Zusammenfassung
Ziel dieses Artikels ist es, einen Überblick über Konzentrationen von PFAS in unterschiedlichen (Umwelt‑)Medien im oberen Donaueinzugsgebiet zu erhalten und daraus erste semiquantitative Schlüsse auf potenziell relevante Herkunftsbereiche zu ziehen. Im Zuge des EU-Projekts PROMISCES wurden 32 PFAS-Einzelsubstanzen in unterschiedlichen Donauzubringern, Donau, Donauuferfiltrat, Kläranlagenzu- und -abläufen, Deponiesickerwasser und durch solches beeinflusstes Grundwasser, Oberflächenabfluss und atmosphärischer Deposition analysiert. Darüber hinaus wurden PFAS-Daten aus anderen Projekten und Monitoringprogrammen genutzt. Ergebnisse weisen zum einen auf die geringe Wirksamkeit von Barrieren wie Kläranlagen und Uferfiltration gegen eine PFAS-Belastung von Wasserressourcen hin. So konnte dort für eine Reihe von Einzelparametern kein relevanter Rückhalt festgestellt werden. In Hinblick auf die Herkunftsbereiche von PFAS weisen die Ergebnisse auf eine relevante Bedeutung der Emissionen aus dem Bereich des Chemieparks Gendorf an der Alz für die Belastung der Donau mit Carbonsäuren, aber vor allem mit ADONA hin. Darüber hinaus können Siedlungsbereiche als relevante Herkunftsbereiche angesehen werden. Kläranlagenabläufe spielen eine Rolle, können die Gewässerbelastungen alleine aber nicht erklären. Andere (diffuse) Einträge dürften zudem eine wichtige Rolle spielen. Hohe Konzentrationen von PFAS in Sickerwässern von Altlasten aus Hausmülldeponien weisen auf eine potenzielle Relevanz zumindest auf der Ebene regionaler Einzugsgebietsebene hin. Ähnliches gilt für erhöhte Grundwasserkonzentrationen aufgrund anderer regionaler Hotspot-Belastungen, wie sie auch von Brielmann et al. (2023, in diesem Heft) diskutiert werden. In weiterer Folge sollen im Rahmen des PROMISCES-Projekts die hier dargestellten Ergebnisse für eine Emissionsmodellierung von PFAS im Donaueinzugsgebiet bis Budapest genutzt werden, um verstärkt quantitative Aussagen über die Rolle unterschiedlicher Eintragspfade auf die Belastung der Fließgewässer im Donaueinzugsgebiet oberhalb von Budapest machen zu können.
Abstract
The objective of this article is to provide an overview of concentrations of PFAS in different environmental media in the upper Danube catchment area and to draw initial semi-quantitative conclusions about potentially relevant emission pathways of these substances. Within the framework of the EU project PROMISCES, 32 PFAS individual substances were analyzed in different Danube tributaries, the Danube itself, Danube bank filtrate, wastewater treatment plant influents and effluents, landfill leachate and groundwater influenced by it, surface runoff and atmospheric deposition. In addition, PFAS data from other projects and monitoring programs were used. The results indicate the limited effectiveness of barriers such as wastewater treatment plants and bank filtration against PFAS contamination. No significant retention was detected for several individual parameters. With regard to the emission pathways of PFAS, the results point to substantial emissions from the chemical park Gendorf on the Alz river, notably contributing to the contamination of the Danube with carboxylic acids and particularly with ADONA. In addition, residential areas can be also deemed relevant source areas. While effluents from wastewater treatment plants played a role, they alone couldn’t explain the water pollution. Other (diffuse) inputs are also likely to play an important role. High concentrations of PFAS in leachate from household waste landfills suggest a potential relevance at least at the regional level. The same applies to increased groundwater concentrations due to other regional hotspot contaminations, as discussed by Brielmann et al. (2023). The findings herein, obtained through the PROMISCES project, will be leveraged for PFAS emission modelling in the Danube River Basin down to Budapest. Our aim is to furnish more robust quantitative insights regarding the impact of different contaminant pathways on the water bodies of the Danube River Basin down to Budapest.
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1 Hintergrund
Bei der Gruppe der Per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen (PFAS) handelt es sich um eine Vielzahl organischer Industriechemikalien, die aufgrund der sehr hohen Stabilität der Kohlenstoff-Fluor-Bindungen sowie einer zugleich wasser- und fettabweisenden Oberflächenaktivität in vielen unterschiedlichen Anwendungen genutzt werden und so in die Umwelt gelangen, wo sie eine extrem hohe Persistenz aufweisen. Aufgrund der Toxizität mancher PFAS-Substanzen auch bei geringen Konzentrationen wurde das Augenmerk im Wasserbereich in den letzten Jahren vermehrt auf diese Gruppe von Chemikalien gelegt. So gibt es für die „alten“ PFAS Perfluoroktansulfonsäure (PFOS) und Perfluoroktansäure (PFOA) Anwendungsbeschränkungen und für PFOS Umweltqualitätsnormen in der Qualitätszielverordnung Chemie Oberflächengewässer (0,65 ng/L als Jahresmittelwert in der Wasserphase bzw. 9100 ng/kg FM in Biota; QZV Chemie OG, BGBl. II Nr. 96/2006 idgF). Die EU-Trinkwasserrichtlinie (TWR), die in Österreich noch umzusetzen sein wird, sieht ab 2026 für die Summe von 20 PFAS-Einzelsubstanzen einen Grenzwert von 100 ng/L vor (EU 2020). Zudem wird in einem aktuellen Entwurf für die Überarbeitung der EU-Grundwasserrichtline (GWR) und der EU-Umweltqualitätsnormenrichtlinie (UQNR) für Oberflächengewässer ein Grenzwert für PFOA-Toxizitätsäquivalente aus 24 PFAS-Einzelsubstanzen von 4,4 ng/L und für Oberflächengewässer zusätzlich ein Biota-Grenzwert von 77 ng/kg FM als PFOA-Toxizitätsäquivalente angedacht (EK 2022). Diese Werte leiten sich aus dem von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA 2020) vorgeschlagenen TWI (tolerable weekly intake = tolerierbare wöchentliche Aufnahmemenge) ab und würden ein wesentlich höheres Schutzziel vorgeben, als die bisherige Umweltqualitätsnorm für PFOS oder der Grenzwert der Trinkwasserrichtlinie.
Die in diesem Artikel vorgestellten Untersuchungen wurden im Rahmen des EU-Projekts PROMISCES durchgeführt (PROMISCES 2023). Das Projekt wird im Zuge des Horizon-2020-Programms der Europäischen Union gefördert und untersucht, wie durch die durch den Eintrag von Industriechemikalien in die Umwelt die Umsetzung einer Kreislaufwirtschaft behindert werden kann, und welche Strategien helfen können, um die Ziele des Europäischen Grünen Deals (EK 2019) und des Aktionsplans für die Kreislaufwirtschaft (EK 2020) zu erreichen. 27 Partner aus 9 europäischen Ländern sind an diesem Projekt beteiligt.
Dieser Artikel zeigt Ergebnisse, die in einer Fallstudie zu PFAS im Einzugsgebiet der Donau bis Budapest erarbeitet wurden. Ziel dieser Fallstudie ist die Identifikation von Quellen und Pfaden für PFAS im Einzugsgebiet und deren Verhalten bei der Uferfiltration. Folgende Arbeiten werden durchgeführt:
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Monitoring von PFAS-Vorkommen und -Konzentrationen in Eintragspfaden, in Nebenflüssen der Donau, der Donau selbst und im durch die Donau beeinflussten Uferfiltrat.
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Modellierung von PFAS-Einträgen im Einzugsgebiet der Donau oberhalb von Budapest mithilfe des Emissionsmodells MoRE (Fuchs et al. 2017)
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Modellierung des Verhaltens von PFAS bei der Uferfiltration mit dem Ziel, auch Szenarien über zukünftige Entwicklungen abbilden zu können.
Ziel dieses Artikels ist es, einen Überblick und Vergleich über Konzentrationen von PFAS in unterschiedlichen (Umwelt‑)Medien im oberen Donaueinzugsgebiet zu erhalten, welche im Rahmen des Monitorings im Zuge von PROMISCES und unter Zuhilfenahme weiterer publizierter Monitoringdaten erarbeitet wurden. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen sollen zudem erste semiquantitative Hinweise auf relevante Herkunftsbereiche einer Belastung der Donau liefern und in weiterer Folge für eine Emissionsmodellierung von PFAS im Donaueinzugsgebiet bis Budapest genutzt werden. Details zum Monitoring von PFAS im Uferfiltrat der Donau werden von Obeid et al. (2023, in diesem Heft) dargestellt.
2 Material und Methoden
2.1 Monitoring im Rahmen von PROMISCES
Im Rahmen des Projekts PROMISCES wurde ein umfassendes Monitoringprogramm entwickelt und umgesetzt, welches sich auf die Medien Fließgewässer (Donau und Zubringer), von der Donau beeinflusstes Uferfiltrat, atmosphärische Deposition, Oberflächenabfluss, Zu- und Ablauf von kommunalen und industriellen Kläranlagen, Sickerwasser von Altlasten durch Hausmülldeponien und durch solche Deponien beeinflusstes Grundwasser fokussierte. An der Donau wurden an zwei Messstellen monatliche (Wien) bzw. zweimonatliche (Budapest) Stichproben bei Basisabfluss gezogen und analysiert. Zusätzlich wurden zwei Hochwasserereignisse gezielt beprobt. Für die atmosphärische Deposition wurden an insgesamt drei Messstellen in Wien, Budapest und Vorarlberg halbjährliche Sammelproben gesammelt. Für das Monitoring von Oberflächenabfluss wurden während Niederschlagsereignissen an 3 Messstellen je 2 Mal Stichproben gesammelt. Bei 7 kommunalen und 4 industriellen Kläranlagen wurden Zu- und Ablauf im Laufe eines Jahres 2 Mal mittels Wochenmischproben beprobt. Im Bereich von alten Hausmülldeponien konnte in zwei Fällen das Sickerwasser und in zwei weiteren Fällen das vom Sickerwasser beeinflusste Grundwasser über Stichproben beprobt werden. Beide Male wurden die Beprobungen 2 Mal durchgeführt. In Abb. 1 sind die Lagen der Messstellen an der Donau, in den Donauzubringern sowie von der atmosphärischen Deposition und dem Oberflächenabfluss dargestellt. Die Beprobung des Uferfiltrats wird bei Obeid et al. (2023, in diesem Heft) näher erläutert. Tab. 1 zeigt wesentliche Kennzahlen des Einzugsgebiets der Gewässermessstellen. Die Daten zu den Einwohnerwert-Belastungen der Kläranlagen wurden der Datenbank der Europäischen Umweltagentur (EEA 2023) zur Urban Waste Water Directive entnommen und auf Einzugsgebietsebene aggregiert. Die eingeleiteten Wassermengen wurden aus den Belastungsdaten der Kläranlagen (als Einwohnerwerte = EW) mit 0,2 m3/(EW.d) bzw. 73 m3/(EW.a) abgeschätzt. Der mittlere Jahresabfluss wurde den Angaben der hydrographischen Dienste des jeweiligen Landes als langjähriger Mittelwert entnommen.
Die gesammelten Proben wurden im Labor des Instituts für Wassergüte und Ressourcenmanagement der TU Wien analysiert. Die PFAS-Analytik wurde mit LC-MS basierend auf der von EPA (2022) und DIN 11866 vorgeschlagenen Methode durchgeführt. Eine Anreicherung der Proben erfolgte mithilfe von Online-Festphasenextraktion. In Tab. 2 sind die untersuchten Parameter und die je nach Matrix erreichte Bestimmungsgrenze (BG) dargestellt. Neben PFAS wurden je nach Matrix weitere begleitende Parameter in die Analytik aufgenommen, um grundlegende Informationen über die Bedingungen vor Ort zu erhalten: Donau (TOC, NO3-N, Cl, pH, Leitfähigkeit sowie Carbamazepin und Diclofenac bei Wien), Zubringer und Oberflächenabfluss (Leitfähigkeit und abfiltrierbare Stoffe), atmosphärische Deposition sowie Kläranlagenzu- und -ablauf (Leitfähigkeit) und Deponiesickerwasser (TOC und Leitfähigkeit).
Neben den PFAS-Parametern, die im Rahmen des PROMISCES-Monitorings analysiert werden konnten, sind in Tab. 2 weiters dargestellt:
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20 PFAS, die im Zuge der EU-TWR zu analysieren sind und für die ein Grenzwerte von insgesamt 100 ng/L einzuhalten sein wird,
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24 PFAS zur Bestimmung der Summe der PFOA-Toxizitätsäquivalente mit Angabe der dazu zu verwendenden Gewichtungsfaktoren, wie sie im Vorschlag der EU-EQNR und EU-GWR enthaltenen sind.
Die Darstellung in Tab. 2 zeigt, dass von den 20 PFAS der TWR 17 im Monitoringprogramm von PROMISCES enthalten waren. Lediglich für PFUnDS, PFDoDS und PFTrDS fehlt die geeignete analytische Methode mit ausreichend genauer BG. Von den 24 PFAS des Vorschlags zur EQNR und zur GWR konnten 19 analytisch erfasst werden. Für PFHxDA, PFODA, 6:2 FTOH, 8:2 FTOH und C604 konnten die geeigneten analytischen Methoden im Zuge dieses Projektes noch nicht entwickelt werden.
2.2 Nutzung weiterer Datensätze
Um ein umfassenderes Bild der PFAS-Belastungen in unterschiedlichen Medien im oberen Donaueinzugsgebiet zu erhalten, wurden weitere Daten aus unterschiedlichen Quellen erhoben und in die Auswertungen mit einbezogen. In Österreich nimmt dabei das Sondermonitoring Grundwasser des Jahres 2022 im Zuge der GZÜV eine besondere Stellung ein. Näheres dazu wird im Beitrag von Brielmann et al. (2023, in diesem Heft) erläutert. Im Zuge des vorliegenden Artikels werden die Ergebnisse des Grundwassermonitorings beschränkt auf das Einzugsgebiet der oberen Donau summarisch als Referenz zu den Belastungen in anderen Umweltmedien dargestellt. Diese Daten konnten mit einem Datensatz des Landes Oberösterreich erweitert werden, welcher folgende PFAS enthält: PFBA, PFPeA, PFHxA, PFHpA, PFOA, PFNA, PFDA, PFUnDA, PFDoDA, PFTrDA, PFTeDA, PFBS, PFPeS PFHxS PFHpS, PFOS, PFNS, PFDS, PFUnDS, PFDoDS, PFTrDS, DONA, GenX, PFOSA, F‑53B, 4:2-FTS, 6:2 FTS und 8:2 FTS (Umweltdaten des Landes Oberösterreich 2023). Eine umfassende regionale Studie wurde in Vorarlberg durchgeführt, wo an risikobasiert ausgewählten Standorten über 100 Proben aus unterschiedlichen Umweltmedien (Oberboden, Grundwasser, Abwasser, Deponiesickerwasser, Klärschlammkompost, atmosphärische Deposition) entnommen und auf eine Reihe von PFAS untersucht wurden. Hier wurden PFBA, PFPeA, PFHxA, PFHpA, PFOA, PFNA, PFDA, PFUnDA, PFDoDA, PFBS, PFPeS PFHxS PFHpS, PFOS, PFNS, ADONA, GenX, PFOSA, 4:2 FTS, 6:2 FTS, 8:2 FTS und F53‑B analysiert (Umweltinstitut Vorarlberg 2021). Details zu diesen und weitergehenden PFAS-Untersuchungen in Vorarlberg werden von Humer und Scheffknecht (2023, in diesem Heft) vorgestellt. Im Zuge der in diesem Artikel dargestellten Ergebnisse wurde auch auf diese Daten zurückgegriffen. Zwar ist Vorarlberg kein Teil des Donaueinzugsgebiets, aber Daten zur atmosphärischen Deposition, zu Konzentrationen im Zu- und Ablauf kommunaler Kläranlagen und im Deponiesickerwasser können auch über die Einzugsgebietsgrenze hinaus als relevant angesehen werden. Neben diesen auf PFAS fokussierten Untersuchungen wurde im Rahmen des Projekts Danube Hazard m3c eine Datenbank zur gezielten Sammlung von Spurenstoffkonzentrationen in unterschiedlichen Medien als Grundlage für eine Spurenstoffemissionsmodellierung im Einzugsgebiet der Donau aufgebaut (Kittlaus et al. 2023; siehe auch Zoboli et al. 2023, in diesem Heft). Diese Datenbank sammelt Daten, die seit 2008 erhoben wurden, und enthält auch eine Reihe PFAS-bezogener Daten, welche im Kontext dieser Publikation genutzt werden konnten. Dies betrifft vor allem Daten zu Zu- und Abläufen von kommunalen Kläranlagen, welche überwiegend in Österreich, Deutschland und Ungarn erhoben wurden.
2.3 Datenauswertung
Die Ergebnisdarstellung erfolgt in Form von Boxplots geordnet nach betrachtetem Medium und betrachtetem Parameter. „In einem Plot entspricht die zentrale Box dem Bereich, in dem die mittleren 50 % der Daten liegen. Sie wird also durch das obere (75-%-Perzentil) und das untere Quartil (25-%-Perzentil) begrenzt, und die Länge der Box entspricht dem Interquartilsabstand (IQR). Dieser ist ein Maß der Streuung der Daten, welches durch die Differenz des oberen und unteren Quartils bestimmt wird. Des Weiteren wird der Median als durchgehender Strich in der Box eingezeichnet. Dieser Strich teilt das gesamte Diagramm in zwei Bereiche, in denen jeweils 50 % der Daten liegen. Die Antennen, die aus der Box herausragen, werden auch als Whisker bezeichnet. Die Länge der Whisker ist auf das maximal 1,5-Fache des Interquartilsabstands (1,5 × IQR) zu beschränken. Dabei endet der Whisker jedoch nicht genau nach dieser Länge, sondern bei dem Wert aus den Daten, der noch innerhalb dieser Grenze liegt. Die Länge der Whisker wird also durch die Datenwerte und nicht allein durch den Interquartilsabstand bestimmt. Gibt es keine Werte außerhalb der Grenze von 1,5 × IQR, wird die Länge des Whiskers durch den maximalen und minimalen Wert festgelegt. Andernfalls werden die Werte außerhalb der Whisker separat als Punkte in das Diagramm eingetragen.“ (Wikipedia 2023a) In Abb. 2 ist ein entsprechender Boxplot dargestellt. Dabei werden Werte außerhalb der Whisker als „Ausreißer“ bezeichnet.
Ergebnisse einer Spurenstoffanalytik weisen häufig Messwerte unter der Bestimmungsgrenze auf. Ein Umgang mit solchen Ergebnissen ist für eine quantitative Auswertung und Interpretation von großer Bedeutung. Bei der vorliegenden Auswertung zur Erstellung der Boxplots wurde für den Umgang mit Werten unter der Bestimmungsgrenze die Methode der „Regression on Order Statistics“ (ROS) nach Helsel (2011) gewählt. Für diese Methode ist es erforderlich, dass für jeden getrennt ausgewerteten Datensatz zumindest drei bzw. 20 % der Messwerte über der Bestimmungsgrenze liegen. Unter Annahme einer Verteilungsfunktion (hier logarithmische Normalverteilung) für diesen Datensatz können dann über diese Daten die Parameter der Verteilungsfunktion abgeleitet und für diese Verteilung die Werte wie Median oder Quantile geschätzt werden. Für die Ergebnisdarstellung von Einzelparametern wurden im Weiteren daher nur jene PFAS-Parameter dargestellt, für die im jeweiligen Medium zumindest drei bzw. 20 % der Messwerte über der Bestimmungsgrenze lagen.
Am Ende der Ergebnisdarstellung wird die Summe der PFAS20 (TWR) bzw. der PFAS24 (UQNR und GWR) entsprechend den Angaben in Tab. 2 berechnet. In diese Berechnung wurden nur jene Analyseergebnisse einbezogen, wo zumindest 8 Einzelparameter aus der jeweiligen Richtlinie analysiert wurden. Für die Umsetzung der Berechnung werden dann alle PFAS, die in der jeweiligen Richtlinie zur Summenbildung gelistet sind, in die Berechnung mit einbezogen, sofern Messwerte > BG vorhanden sind. Messwerte unter BG bzw. Parameter, für die keine Messwerte vorliegen, werden nicht berücksichtig. Dies bedeutet, dass die dargestellten Ergebnisse als „best case“-Szenario zu verstehen sind, da nicht auszuschließen ist, dass nicht berücksichtigte Parameter eine Rolle spielen. Speziell bei der Berechnung der Summe der PFAS24 kann es zu deutlichen Unterbefunden kommen. Zwar sind alle Parameter mit hohen Gewichtungsfaktoren im Analysenumfang enthalten, aber es kann ein Wert eines Parameters < BG mit einem hohen Gewichtungsfaktor für die Summenbildung eine relevante Rolle spielen. Als Beispiel sei PFNA erwähnt, wo bei einem Gewichtungsfaktor von 10 und einer BG von z. B. 1,5 ng/L ein als < BG ausgewiesener Wert in der Summenbildung mit bis zu 15 ng/L – das ist mehr als das Dreifache des vorgeschlagenen Grenzwerts – zu Buche schlagen könnte, im gewählten „best case“-Szenario aber nicht berücksichtig wird.
3 Ergebnisse
3.1 Konzentrationen in unterschiedlichen Medien
In der Donau im Bereich von Wien und Budapest werden in einem Großteil der Proben PFBA, PFPeA, PFHxA, PFHpA, PFOA, PFBS, PFHxS und PFOS aber auch GenX und ADONA zumeist über der jeweiligen Bestimmungsgrenze gefunden (Abb. 3). In Einzelfällen liegen auch PFNA und PFDS über der Bestimmungsgrenze, allerdings in weniger als 20 % der Fälle, und sind daher in der Abbildung nicht dargestellt. Die Summe der Einzelsubstanzen mit Werten > BG liegt bei 20–30 ng/L. Der größte Anteil ist dabei mit im Mittel ca. 10 ng/L auf ADONA zurückzuführen. Das Uferfiltrat im direkten Einflussbereich der Donau weist für die meisten Parameter sehr ähnliche Konzentrationen wie die Donau selbst auf. Bei kurzen Aufenthaltszeiten im Bereich von Tagen dürften Rückhaltemechanismen der Uferfitration für die untersuchten PFAS eine geringe Rolle spielen. Nähere Überlegungen dazu werden bei Obeid et al. (2023. In diesem Heft) dargestellt.
Die Ergebnisse der Donauzubringer werden in drei Kategorien dargestellt (Abb. 4). Die geringer belasteten Zubringer sind jene, bei denen der Anteil an gereinigtem kommunalen Abwasser im Abfluss im Jahresmittel unter 2 % liegt (siehe Tab. 1). Dazu gehören im genutzten Datensatz der Inn, die Traun und der Ipoly in der Slowakei. 4 bis 12 % kommunales Abwasser im Abfluss weisen Isar, Raab, obere Thaya, Svratka (Tschechische Republik) und die March vor dem Zufluss der Thaya auf und wurden ebenfalls in einer Gruppe von Donauzubringern zusammengefasst. Vom Anteil des kommunalen Abwassers am Gesamtabfluss würde die Alz, ein bayerischer Zubringer zum Inn, ebenfalls zu dieser Kategorie zählen. Sie wurde jedoch gesondert dargestellt, da an der Alz ein wesentlicher PFAS-Emittent bekannt ist. In geringer belasteten Donauzubringern wurden zumeist nur die kurz- und mittelkettigen Carbonsäuren PFBA, PFPeA, PFHxA und PFHpA fallweise sowie aufgrund der geringeren Bestimmungsgrenzen durchgehend die Sulfonsäure PFBS, PFHxS und PFOS in messbaren Konzentrationen gefunden. Im Median liegen die Einzelparameter um 1 ng/L und darunter. Die Summe aller über BG gefundenen Parameter liegt hier bei ca. 2–6 ng/L. In etwas stärker belasteten Fließgewässern treten zudem fallweise PFNA sowie die Vorläufersubstanz 6:2-Fluortelomersulfonsäure (6:2 FTS) in messbaren Konzentrationen, allerdings in weniger als 20 % der Proben, auf. Die Summe der Einzelsubstanzen bewegt sich dabei zumeist in einem Bereich von 10–50 ng/L. Eine Ausnahme bildet die schon erwähnte Alz. Hier werden alle Carbonsäuren bis zu einer Kettenlänge von 11 C sowie GenX und ADONA in teilweise sehr hohen Konzentrationen gefunden. Die Summe der Einzelsubstanzen erreicht 3000–5000 ng/L, wobei der größte Anteil davon auf die Substanz ADONA zurückzuführen ist, welche als Ersatzstoff für PFOA im Einsatz ist.
Die meisten Einzelstoffe und die höchsten Gesamtkonzentrationen bei den untersuchten Emittenten (Summe aller PFAS > 1000 ng/L) wurden im Deponiesickerwasser gemessen. In Abb. 5 sind jene 19 Parameter im Sickerwasser mit mehr als 3 Werten über der Bestimmungsgrenze dargestellt. Neben den in den Gewässern häufig gemessenen Parametern sind hier auch PFPeS, 6:2 FTS und N‑EtFOSAA enthalten. Die höchsten Werte wurden für PFOA, PFOS aber auch bei N‑EtFOSAA gemessen. Während PFOA und PFOS schon länger untersucht werden und in allen Medien regelmäßig gefunden werden, ist das Auftreten von N‑EtFOSAA in den bisherigen Ergebnissen auf Deponiesickerwasser und durch solches beeinflusstes Grundwasser beschränkt. In weiteren Untersuchungen könnte daher überlegt werden, N‑EtFOSAA als Indikatorsubstanz für eine Beeinflussung durch Sickerwasser aus alten Hausmülldeponien zu nutzen. So wird diese Substanz auch in einer kommunalen Kläranlage gefunden, in die eine alte Hausmülldeponie ihr Sickerwasser als Indirekteinleiter einleitet.
Eine ähnliche Anzahl von Einzelsubstanzen, allerdings mit geringeren Konzentrationen, wurde in Zulauf- und Ablaufproben von kommunalen und industriellen Kläranlagen gefunden. Die Summen der Einzelsubstanzen lagen dabei zumeist zwischen 50 und 200 ng/L. Zu den PFAS mit den höchsten Konzentrationen im Abwasser (um 10 ng/L) gehören neben den kurzkettigen Carbonsäuren (PFBA bis PFHxA) auch die Sulfonsäuren PFBS und PFOS sowie 6:2 FTS (Abb. 6). Während die Carbon- und Sulfonsäuren auch in anderen Medien häufig auftreten, ist das bei 6:2 FTS nicht der Fall. Lediglich in den höher mit kommunalem Abwasser belasteten Gewässern wurde auch diese Substanz fallweise gefunden. 6:2 FTS gilt als Ersatzstoff für das im Einsatz verbotene PFOS und wird fallweise zu den sogenannten Vorläufersubstanzen gezählt. Vorläufersubstanzen sind PFAS, die in Produkten im Einsatz sind und sich unter Umweltbedingungen in weiterer Folge zu Carbon- bzw. Sulfonsäuren umwandeln können. Teilweise geringe Unterschiede zwischen Zulauf- und Ablaufkonzentrationen lassen auf eine geringe Entfernungsleistung der Kläranlagen für PFHxA, PFHpA, PFOA, PFNA, PFDA und PFOS schließen. Für andere Parameter wie z. B. 6:2 FTS deuten die Ergebnisse auf eine Reduktion bei der Abwasserreinigung hin. Teilweise können PFAS bei der Abwasserreinigung auch aus Vorläufersubstanzen gebildet werden, womit auch ein Anstieg bei der Abwasserreinigung nicht auszuschließen ist (z. B. PFOA und PFOS). Belastungen der Kläranlagenabläufe in einem ähnlichen Schwankungsbereich wurden bisher bei kommunalen und industriellen Kläranlagen gefunden (Abb. 7). Weitere Untersuchungen werden sich auf mögliche Unterscheidungen zwischen Industriesparten fokussieren.
3.2 Vergleich unterschiedlicher Medien
Beispielhaft sind in Abb. 8 die PFAS-Konzentrationen von PFOA, ADONA und PFOS im Vergleich zwischen den unterschiedlichen untersuchten Medien dargestellt. PFOA zeigt dabei vergleichbare Ergebnisse wie die anderen Carbonsäuren mit einer Kettenlänge von bis zu 8 C (PFBA, PFPeA, PFHpA und PFHxA). Wenige bis keine positiven Befunde in den Zubringern zur Donau mit geringem Abwasseranteil, Konzentrationen in den Zubringern mit höherem Abwasseranteil im Bereich von wenigen ng/L. Dies kann als Indiz gewertet werden, dass Siedlungsgebiete deutlich zu den Belastungen dieser PFAS beitragen. Die Konzentrationen im Ablauf von Kläranlagen liegen etwa um einen Faktor von 4 bis 5 über den Konzentrationen in den stärker Abwasser-belasteten Zubringern, womit Kläranlagen zwar eindeutig relevante Eintragspfade in die Gewässer sind (siehe auch Kittlaus et al. 2022), die Abwasseremissionen alleine aber die Konzentrationen in diesen Zubringern bei Abwasseranteilen von 4 bis 12 % (siehe Tab. 1) und damit verbundenen Verdünnungsfaktoren von 8 bis 25 nicht erklären können. Sickerwasser von alten Hausmülldeponien weist Konzentrationen auf, die noch einmal um einen Faktor bis zu 40 höher sind als im kommunalen Abwasser. Aufgrund der fehlenden Information zu Wassermengen und Eintragspfaden ist eine Abschätzung der Relevanz dieses Herkunftsbereichs auf Einzugsgebietsebene bisher nicht möglich. Im Grundwasser treten Konzentrationen auf, die vielfach unter 1 ng/L und damit oft auch unter der Nachweisgrenze liegen. Fallweise Ausreißer mit hohen Konzentrationen, wie sie auch im Bereich von durch Deponiesickerwasser beeinflusstem Grundwasser gefundenen werden, deuten auf lokale bis regionale Hotspot-Bereiche hin. Näheres dazu ist auch bei Brielmann et al. (2023, in diesem Heft) zu finden. Ob diese Bereiche auch überregional eine Bedeutung haben, wäre erst durch weitere Untersuchungen zu prüfen. Besonders auffällig sind die sehr hohen Konzentrationen in der Alz. Diese liegen um einen Faktor 20 bis 100 (je nach betrachteter Carbonsäure) über jenen in den stärker abwasserbelasteten Donauzubringern. In der Donau liegen die Carbonsäuren jeweils im Bereich der oder leicht über den Konzentrationen der stärker abwasserbelasteten Zubringer, obwohl die Donau bei Wien und Budapest eine vergleichsweise geringe Abwasserbelastung aufweist (siehe Tab. 1). Im Vergleich mit der Alz sind die Konzentrationen der Donau bei den Carbonsäuren mit 4 bis 8 C Kettenlänge um einen Faktor 40 bis 80 niedriger. Berücksichtigt man den Verdünnungsfaktor zwischen Donau (bei Budapest) und Alz von 185 (Tab. 1) sieht man, dass die Konzentrationen in der Donau alleine durch die Fracht in der Alz nicht erklärt werden können. Emissionen aus Siedlungsgebieten und allenfalls auch von Deponiealtlasten, anderen regionalen Hotspots und sonstigen bisher nicht bekannten (diffusen) Pfaden tragen ebenfalls zur Belastung der Donau bei.
Einen Sonderfall stellt ADONA dar (Abb. 8), wobei sich für GenX auf einem geringeren Konzentrationsniveau Ähnliches ableiten lässt. In keinem der potenziellen Eintragspfade (Kläranlagenabläufe, Sickerwasser aus alten Hausmülldeponien, Oberflächenabfluss oder Grundwasser) werden Konzentrationen gemessen, die über jenen in der Donau liegen. Meist liegen die Konzentrationen in diesen Medien deutlich unter 1 ng/L oder auch unter der für diese Substanzen sehr niedrigen Nachweisgrenze von 0,1 ng/L. Lediglich in der Alz treten sehr hohe ADONA-Konzentrationen von ca. 2000 bis 4000 ng/L auf. An der Alz liegt mit dem Chemiepark Gendorf ein bekannter PFAS-Emittent (Ulrich et al. 2019; Kittlaus et al. 2022). Seit 2008 wurde in der Produktion PFOA durch ADONA ersetzt. Während für die Carbonsäuren (siehe oben) der Chemiepark heute einen von mehreren Verursachern darstellt, dürften für ADONA nach heutigem Kenntnisstand die Emissionen aus diesem Bereich die Belastung der Donau im Bereich von Wien und Budapest dominieren. So liegen die Konzentrationen in der Alz um mehr als einen Faktor 200 über jenen in der Donau. Der mittlere Verdünnungsfaktor zwischen Donau und Alz beträgt dagegen rund 180, womit eine für die Alz abgeschätzte Fracht (1,2 t/a) höher liegt als jene in der Donau (0,8 t/a). Hier stellt sich damit auch die Frage, welche Rolle Ab- und Umbauprozesse auf der Fließstrecke spielen, die im Weiteren zu untersuchen sein wird.
Die Situation für PFOS (und für die ebenfalls vielfach über der Bestimmungsgrenze messbaren Sulfonsäuren PFBS und PFHxS) stellt sich wiederum anders dar, da die Konzentrationen in der Alz im Bereich der anderen Zubringer liegen und der Chemiepark Gendorf als Emittent keine relevante Rolle spielt. Wie von Kittlaus et al. (2022) gezeigt, sind es auch hier Kläranlagenabläufe, die eine Rolle spielen können. Zusätzlich weisen, wie auch bei den Carbonsäuren, das Sickerwasser von Altlasten (Hausmülldeponien) und in Einzelfällen durch lokale Hotspots belastete Grundwasserkörper Konzentrationen auf, die das Potenzial haben, eine relevante regionale bis überregionale Rolle für die Gewässerbelastung zu spielen.
3.3 Vergleich mit Qualitätszielen
In der aktuellen Qualitätszielverordnung Chemie Oberflächengewässer ist von den PFAS nur PFOS mit einer wasserbezogenen Jahresdurchschnitts-Umweltqualitätsnorm (JD-UQN) von 0,65 ng/L und einer Biota-UQN von 9,1 µg/kg Feuchtmasse geregelt. Aus Abb. 8 wird klar, dass die wasserbezogene JD-UQN lediglich in den gering abwasserbelasteten Zubringern zur Donau vielfach unterschritten wird. In den stärker belasteten Zubringern und in der Donau selber liegen die Messwerte fast durchwegs höher als diese UQN. Eine Zielverfehlung muss das nicht bedeuten, da in Österreich alternativ dazu die Biota-UQN zur Bewertung herangezogen wird, die ein weniger strenges Schutzziel darstellt (BMLNT 2022).
Wie bereits in Kap. 1 erwähnt, ist ab 2026 nach EU-Trinkwasserrichtlinie ein Grenzwert von 100 ng/L für die Summe von 20 PFAS einzuhalten (siehe auch Tab. 2). Zieht man diesen Grenzwert heran, weisen die hier durchgeführten Untersuchungen kein Risiko einer Verfehlung im durch die Donau direkt beeinflussten Uferfiltrat auf. Auch unter Berücksichtigung, dass es sich bei den in Abb. 9 dargestellten Werten für die Summe der 20 PFAS um „best case“-Auswertungen handelt (siehe auch Abschn. 2.3), ist in der Donau und im Donauuferfiltrat genug Puffer gegeben, sodass eine Überschreitung dieses Zielwerts unwahrscheinlich ist. Auch für die überwiegende Anzahl der untersuchten Grundwassermessstellen ist von einer Einhaltung der Vorgaben der Trinkwasserrichtlinie von 100 ng/L für die Summe aus 20 PFAS auszugehen. Lediglich in von regionalen Hotspots oder Sickerwasser aus Hausmülldeponien beeinflussten Grundwasserbereichen ist mit einer Überschreitung der Vorgaben der EU-Trinkwasserrichtlinie zu rechnen.
Sollte in Zukunft die auf Basis der TWI-Werte der EFSA vorgeschlagene Umwelt- und Grundwasserqualitätsnorm (4,4 ng/L als PFOA-Toxizitätsäquivalent, EK 2022) zum Tragen kommen, würde die Situation deutlich anders aussehen. Selbst in dem in Abb. 9 dargestellten „best case“-Szenario würden nur in den gering abwasserbeeinflussten Zubringern und in etwas mehr als der Hälfte der Grundwassermessstellen die Vorgaben eingehalten werden. In stärker abwasserbeeinflussten Gewässern, in der Donau, aber auch im Donauuferfiltrat würde es nach derzeitigem Kenntnisstand durchwegs zu einer Verfehlung dieser Vorgaben kommen. Wie sich die Anforderungen hier tatsächlich entwickeln werden, ist derzeit noch nicht abzusehen.
4 Zusammenfassung und Schlussfolgerungen
Im Zuge der hier dargestellten Untersuchungen wurden 32 PFAS-Einzelsubstanzen in unterschiedlichen Medien mit Nachweisgrenzen zumeist um 1 ng/L und darunter analysiert. Nur im Deponiesickerwasser und im Kläranlagen-Zulauf lagen die Bestimmungsgrenzen mit bis zu 10 ng/L teilweise deutlich höher. Durch die Nutzung von Daten aus anderen Untersuchungsprogrammen konnte die Datenbasis weiter verstärkt werden.
Von den 32 untersuchten PFAS wurden PFBA, PFPeA, PFHxA, PFHpA, PFOA, PFBS, PFHxS und PFOS in den meisten der untersuchten Medien regelmäßig über der Bestimmungsgrenze gefunden. In den untersuchten Medien wurden im Deponiesickerwasser alter Hausmülldeponien mit 19 die meisten der untersuchten Einzelsubstanzen in mehr als 20 % der Analysen über der BG gefunden.
Im Deponiesickerwasser lag die Summe der über der Bestimmungsgrenze analysierten PFAS bei mehr als 1000 ng/L. Die Substanz N‑EtFOSAA wurde nur im Sickerwasser und im Zu- und Ablauf einer Kläranlage mit Sickerwassereinfluss gefunden. Auftretende N‑EtFOSAA-Konzentrationen im Sickerwasser lagen bei bis zu 1000 ng/L. Diese Substanz könnte daher in Zukunft als Indikator für einen Einfluss von Sickerwasser von Hausmülldeponie-Altlasten in Betracht gezogen werden.
Im Kläranlagenablauf wurden ähnlich viele Einzelsubstanzen regelmäßig gefunden, wobei 6:2 FTS als Ersatzstoff für PFOS einen typischen PFAS-Vertreter im Abwasser darstellt. Die Konzentrationen der Einzelsubstanzen können beträchtlich schwanken und liegen meist im Bereich von wenigen n/L bis einigen zig n/L und damit deutlich geringer als im Sickerwasser. Die Summe der Einzelsubstanzen liegt zumeist in einem Bereich von etwa 50–200 ng/L.
Die am meisten gefundenen PFAS PFBA, PFPeA, PFHxA, PFHpA, PFOA, PFBS, PFHxS und PFOS sind auch in gering über Abwasser belasteten Donauzubringern (Abwasseranteil im Abfluss < 2 %) immer wieder messbar, wobei der Medianwert bei 1 ng/L und darunter liegt. Die Summe der PFAS liegt hier im Bereich von ca. 2–6 ng/L. In höher mit Abwasser belasteten Donauzubringern (Abwasseranteil im Abfluss > 2 %) liegen diese Parameter zumeist etwas höher und im Bereich von einigen ng/L, zusätzlich werden fallweise PFNA und 6:2 FTS gefunden. Die Summe der über BG gefundenen Parameter liegt zumeist bei etwa 10–50 ng/L. Die Konzentrationen in der Donau und im Donauuferfiltrat liegen in einem ähnlichen Bereich wie bei den höher belasteten Zubringern, zusätzlich wird aber ADONA und GenX in messbaren Konzentrationen gefunden. Die Summe der bestimmbaren PFAS liegt in der Donau im Bereich von 20–30 ng/L, wobei ADONA diese Konzentrationen mit rund 10 ng/L dominiert. Ein deutlicher Hotspot der PFAS-Belastung ist die Alz. Es treten erhöhte Konzentrationen bei allen Carbonsäuren (4C-11C) sowie ADONA und GenX auf. Ursache dürfte der Chemiepark bei Gendorf sein, eine bereits seit längerem bekannte PFAS-Quelle. 2008 wurde in der Produktion von PFOA auf ADONA umgestellt.
Durch hohe Persistenz der PFAS ist teilweise keine oder nur eine geringe Wirksamkeit von Barrieren zu erkennen. Sowohl die biologische Abwasserreinigung als auch die Uferfiltration führen für einige Parameter zu keiner Verringerung der Konzentrationen. Ins Abwasser oder an die Umwelt abgegebenen PFAS sind schwer wieder zu entfernen. Damit wird die Bedeutung von Vermeidungsmaßnahmen bei deren Einsatz unterstrichen. Die Wasser JD-UQN der QZV-Chemie wird für PFOS in den untersuchten Flüssen mit einem Abwasseranteil von mehr als 2 % vielfach überschritten. Dies wird allerdings nicht durch die Biota-UQN bestätigt, da Wasser JD-UQN und Biota-UQN im Schutzniveau nicht korrespondieren. Für den Parameterwert der EU-Trinkwasserrichtlinie wurden im Uferfiltrat der Donau keine Hinweise auf mögliche Überschreitungen gefunden. Die vorgeschlagenen Qualitätsnormen der Umweltqualitätsnormen-Richtlinie und der Grundwasserrichtlinie, welche auf dem TWI der EFSA basieren, weisen ein wesentlich höheres Schutzniveau auf und würden voraussichtlich in vielen Fließgewässern, aber auch in einigen Grundwasserbereichen und im Donauuferfiltrat nicht eingehalten werden können, falls entsprechende Regelungen in Kraft treten sollten.
Weitere Untersuchungen im Rahmen des PROMISCES-Projekts werden sich mit der Emissionsmodellierung von PFAS beschäftigen, um die Gewässerbelastungen quantitativ auf ihre Herkunftsbereiche und Eintragspfade zurückführen zu können. Bereits jetzt lassen sich diesbezügliche einige semiquantitative Aussagen machen. Ein zu beachtender Herkunftsbereich für Carbonsäuren, ADONA und GenX im Einzugsgebiet der oberen Donau ist der Chemiepark Gendorf an der Alz. Dies gilt vor allem für ADONA, wo die Emissionen aus diesem Bereich die Belastung der Donau dominieren dürften. Auch Siedlungsgebiete und Ballungsräume spielen bei der Belastung von Fließgewässern und Donau bei den gefundenen Carbon- und Sulfonsäuren eine relevante Rolle. Wichtig sind dabei Kläranlagenabläufe, daneben könnten aber auch andere Eintragspfade eine Rolle spielen. So kommt Altlasten von Hausmülldeponien ein gewisses Potenzial als PFAS-Emittenten zu. Andere Hotspots, die zu Grundwasserbelastungen führen können, sind Übungsplätze der Feuerwehr z. B. im Kontext von Flughäfen (siehe auch Brielmann et al. 2023, in diesem Heft). Welche Rolle solche lokalen bzw. regionalen Hotspots des Grundwassers auch auf Ebene von Flussgebieten haben können, muss erst in weiteren Untersuchungen betrachtet werden.
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Danksagung
Die vorliegende Arbeit wurde durch das Horizon-2020-Programm der Europäischen Union im Rahmen des Projekts PROMISCES mit der Förderzusagenummer 101036449 gefördert. Wir danken folgenden Institutionen für die Unterstützung bei der Probennahme an natürlichen Gewässern: WWA Traunstein, WWA Landshut, Büro blattfisch e.U., UBA Wien sowie allen Betreibern von Kläranlagen und Deponien, die uns die Proben für die vorliegenden Untersuchungen zur Verfügung gestellt haben.
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Open access funding provided by TU Wien (TUW).
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Liu, M., Saracevic, E., Kittlaus, S. et al. PFAS-Belastungen im Einzugsgebiet der oberen Donau. Österr Wasser- und Abfallw 75, 503–514 (2023). https://doi.org/10.1007/s00506-023-00973-x
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