1 Anforderungen an den Versatz im Bergbau

Versatz wird im Bergbau aus sicherheitstechnischen, umweltrelevanten, bergtechnischen und wirtschaftlichen Gründen durchgeführt [1]. Ein Versatzprodukt muss gewissen physikalischen und chemischen Eigenschaften entsprechen. Es muss ein hoher E‑Modul vorliegen und chemisch sollte das Versatzgut dem geogenen Hintergrund entsprechen [2]. Das Versatzprodukt darf keine umwelt- und gesundheitsschädlichen Komponenten beinhalten, wobei besonders darauf geachtet werden muss, dass die Bergwasserqualität nicht beeinflusst wird [1].

Laut der Versatzrichtlinie des Bergmännischen Verbands Österreich (BVÖ) werden Aktivitäten als „Versetzen“ bezeichnet, welche das teilweise oder vollständige Verfüllen von Hohlräumen im Rahmen von Bergbauaktivitäten betreffen [2]. Die Hauptaufgabe von Versatz im Bergbau stellt die Sicherstellung der Langzeit-Stabilität dar, wobei der Versatz Einspannungseffekte im Gebirge bewirkt, die die Festigkeit erhöhen, Konvergenzen in Hohlräumen limitieren und die Integrität des Gebirges um Hohlräume erhalten. Des Weiteren kann eine Oberflächenbeeinträchtigung durch das Verfüllen oberflächennaher untertägiger Hohlräume erheblich reduziert werden [3].

Der Großteil der untertägigen Bergbaubetriebe in Österreich setzt Versatzprodukte ein. Dabei ergeben sich die Versatzstoffe, aus welchen die Versatzprodukte bestehen, aus den Einsatzzielen [2].

1.1 Rechtliche Aspekte des Versatzes in Österreich

Nach dem Mineralrohstoffgesetz (MinRoG) hat der Betreiber des Bergwerks eine Sicherungspflicht und muss für die Sicherheit von Personen, die Umweltverträglichkeit und insbesondere die Sicherung der Oberflächennutzung nach Beendigung des Bergbauvorhabens sorgen [4]. Durch das Wasserrechtsgesetz (WRG) wird eine gesonderte wasserrechtliche Bewilligung notwendig, wenn durch Lagerung, Leitung oder Umschlag von wassergefährdenden Stoffen mit einem negativen Einfluss auf die Gewässer zu rechnen ist. Versatz, der eine notwendige Sicherungsmaßnahme darstellt, wird als „sonstige Maßnahme“ eingestuft, die eine Bewilligungspflicht auslösen kann [5, 6].

Die Versatzrichtlinie des BVÖ ist rechtlich nicht verbindlich, sie bietet den Versatzbetrieben und den mit der Genehmigung von Versatzsystemen befassten Behörden jedoch einen Leitfaden. Laut dieser Versatzrichtlinie sind betriebsspezifische Ziele, die Wirkungsweise des Versatzkörpers, die verfügbaren Versatzgüter, Eigenschaften des Versatzproduktes, das Versatzverfahren und die Ausarbeitung eines QS-Systems vor der Versatzeinbringung festzulegen [7].

1.2 Rechtliche Aspekte des Versatzes von Sekundärrohstoffen

Der Einsatz von sekundärrohstoffbasierten Versatzprodukten kann dem Gebrauch von Primärrohstoffen vorgezogen werden, wenn nicht ausreichende Mengen an bergbaueigenem Material vorhanden sind [8]. Laut der 5‑stufigen Abfallhierarchie des Abfallwirtschaftsgesetzes (AWG) ist Bergversatz der sonstigen Verwertung zuzuordnen [9]. Die Eignung muss jedoch für jeden Fall einzeln geprüft und von der Behörde muss das Ende der Abfalleigenschaft durch einen Feststellungsbescheid anerkannt werden. Es muss die Notwendigkeit der Einbringung begründet werden können und das bergbaufremde Material muss chemisch geeignet sein [8].

In Österreich sind insbesondere folgende Rechtsmaterien relevant: Abfallwirtschaftsgesetz (AWG), Deponieverordnung (DepVO), Wasserrechtsgesetz (WRG), UVP-Gesetz, EU-Richtlinien, Mineralrohstoffgesetz (MinRoG), ArbeitnehmerInnenschutzgesetz [6].

1.3 Bergversatz mit bergbaufremdem Material in Österreich

In Heiligenkreuz (Niederösterreich) befindet sich der untertägige Gipsbergbau Preinsfeld. Mit dem Erwirken eines Abfallendes für Realit (REA-Gips) durch die Vermengung mit einem Bindemittel konnte ein sekundäres Versatzmaterial, ein Realit-Bindemittelgemisch (Calcium-Sulfat-Sulfit-Gemisch), entwickelt werden [10], mit welchem die Hohlräume des alten Bergbaus bisher verfüllt wurden. REA-Gips entsteht bei der Abgasreinigung von Kohlekraftwerken [11]. Da der Versatz mit dem Realit-Bindemittelgemisch aufgrund der Einstellung der Kohlekraftwerke in Österreich keine Option mehr darstellt, müssen Alternativen geschaffen werden.

Eine Möglichkeit für den Bergbau in Preinsfeld stellt der Versatz einer sekundärrohstoffbasierten Versatzrezeptur mit Mineralwolleabfällen dar [12].

Um den rechtlichen Vorgaben Folge zu leisten, werden im Projekt RecyMin hydraulisch abbindende, pumpfähige Versatzprodukte hergestellt, die hauptsächlich aus Sekundärrohstoffen bestehen [13]. Das Laugungsverhalten des Versatzprodukts wird in Elutionsversuchen ermittelt, um die Einhaltung der rechtlichen Rahmenbedingungen zu gewährleisten.

2 Mineralwolleabfälle in Österreich – Projekt RecyMin

Nach dem Ende der Lebensdauer bereiten Mineralwolleprodukte, wie Glas- und Steinwolle, als Mineralwolleabfälle auf einer Deponie aufgrund ihres hohen Volumens, der geringen Steifigkeit und der geringen Rohdichte Probleme in der Abfallwirtschaft [12, 14]. Im Zuge der abfalltechnischen, abfallwirtschaftlichen und recyclingtechnischen Forschungsarbeit zu Mineralwolleabfällen im Projekt RecyMin wird auf die stoffliche Verwertung von Mineralwolleabfällen im Bergversatz eingegangen. In Österreich wurden bisher noch keine Versatzprodukte, die Mineralwollen enthalten, hergestellt [15]. Daher wird im Projekt RecyMin an der Erstellung von Versatzrezepturen geforscht, deren Einsatz eine Langzeitstabilität und Festigkeitserhöhung des Gebirges zur Folge haben. Bedeutende Eigenschaften sind neben der Pumpfähigkeit, dem hydraulischen Abbinden und einem adäquaten Laugungsverhalten, dass sie hauptsächlich aus Sekundärrohstoffen bestehen. Daher wird nur ein Minimum an klassischem Zement eingesetzt. Durch den Einsatz dieser Sekundärrohstoffe sind eine weitgehende CO2-Neutralität und Ressourceneffizienz gewährleistet [13].

3 Abfallwirtschaftliche, bergwirtschaftliche und verfahrenstechnische Einordnung der sekundärrohstoffbasierten Versatzrezeptur

Sekundärrohstoffe sind laut Prochorow [16] Materialien und Gegenstände, die nach vollständiger Erstverwendung (Verschleiß) in der Produktion wiederholt als Ausgangsmaterial verwendet werden können.

Die im Labormaßstab getestete Versatzrezeptur für RecyMin setzt sich aus folgenden Abfällen, Nebenprodukten und Produkten zusammen:

  • Mineralwolleabfall (Hochbau),

  • Papierreststoff-Verbrennungsasche,

  • Rücklaufsuspension (Tiefbau),

  • Zement.

Im Folgenden wird daher auf die unterschiedlichen Begrifflichkeiten aus dem abfallwirtschaftlichen, bergwirtschaftlichen und verfahrenstechnischen Bereich eingegangen, um die unterschiedlichen Inhaltsstoffe der Versatzrezeptur in Beziehung zueinander zu bringen (siehe Abb. 1).

Der Mineralwolleabfall (MW-Abfall) ist als Abfall, im Fall der getrennten Sammlung auf der Baustelle laut Recyclingbaustoffverordnung jedoch ebenso als Altstoff und Schad- sowie Störstoff, einzuordnen. Die Rücklaufsuspension (RLS) entsteht im Tiefbau, etwa beim Bau von Schlitzwänden. Sie wird nach ihrem Einsatz auf der Baustelle einer weiteren Verwendung als Versatzmaterial zugeführt, insofern besitzt sie einen Produktstatus. Mineralwolleabfall sowie die Rücklaufsuspension stellen anthropogene Ressourcen dar, da sie potenziell als Rohstoff eingesetzt werden können. Die Papierreststoff-Verbrennungsasche (PRS-Verbrennungsasche) ist ein Reststoff, da sie aus einem industriellen Prozess stammt, aufgrund eines vorhandenen Bescheids zudem ein Nebenprodukt und aufgrund ihrer potenziellen Nutzbarkeit als Rohstoff eine anthropogene Ressource. Handelsüblicher Zement wird in geringen Mengen in der Versatzrezeptur angewandt.

Abb. 1
figure 1

Einteilung der Sekundärrohstoff. (Modifiziert nach [17])

Aus verfahrenstechnischer Sichtweise besteht das Versatzprodukt aus den Sekundärrohstoffen Mineralwolleabfall, Papierreststoff-Verbrennungsasche und Rücklaufsuspension sowie dem standardisierten Bauprodukt Zement (Abb. 2). Aus technischer Sicht wird durch den Einsatz dieses Versatzprodukts ein sinnvoller Zweck erfüllt. Wenn die Mineralwolleabfälle ein Abfallende erreichen, kann nach bescheidlicher Feststellung auch abfallrechtlich von einem Produkt gesprochen werden.

Abb. 2
figure 2

Verfahrenstechnische Betrachtung der Zuordnung der verwendeten Sekundärrohstoffe

4 Fazit zum Einsatz von sekundärrohstoffbasierten, mineralwolleabfallhaltigen Versatzprodukten

Der Versatz von bergbaufremdem Material in aufgelassenen Bergbauen mit einsturzgefährdeten Gruben ist für jeden Fall rechtlich einzeln zu prüfen und von der Behörde durch einen Feststellungsbescheid zu genehmigen. Dadurch kann davon ausgegangen werden, dass bergtechnischen und umweltrelevanten Forderungen nachgekommen wird.

Der Versatz von sekundärrohstoffbasierten Versatzprodukten wurde im Bergwerk Preinsfeld in Heiligenkreuz für das sekundäre Versatzmaterial „Realit-Bindemittelgemisch“ von der Montanbehörde im Jahr 2006 bewilligt [10]. Durch das Einstellen der Kohlekraftwerke in Österreich fällt kein REA-Gips bei der Rauchgasentschwefelung mehr an, wodurch alternative Versatzprodukte für den Gipsbergbau gefunden werden müssen.

Mineralwolleabfälle erzeugen auf Deponien aufgrund des hohen Volumens und der geringen Dichte Probleme, wie etwa bei der Stabilität im Deponiekörper. Derzeit werden Mineralwolleabfälle in Österreich jedoch fast ausschließlich deponiert, was bei steigenden Abfallmengen die Problematik in der Zukunft steigert [14].

Der Einsatz von sekundärrohstoffbasierten Versatzprodukten mit Mineralwolleabfällen kann somit für den Bergbau in Preinsfeld sowie für die Abfallwirtschaft einen Nutzen aufweisen. Die Stabilität des Grubengebäudes kann durch eine Erhöhung der Stabilität des Gebirgskörpers gesichert werden. Die senkungsgefährdete Oberfläche oberhalb des Bergwerks wird durch diese Maßnahmen ebenso geschützt, wenn eine geeignete Versatzrezeptur eingesetzt wird.

Im Fall der Abfallwirtschaft ist eine Versatzrezeptur mit Mineralwolleabfällen eine sinnvolle Alternative zur Deponierung, da die Mineralwolleabfälle durch eine „Verfüllung“ einer „Verwertung“/„sonstigen Verwertung“ zugeführt werden. Im Sinne der 5‑stufigen Abfallhierarchie, einer Prioritätenfolge in der Abfallwirtschaft, ist die „Sonstige Verwertung“ der Deponierung vorzuziehen [18]. Zudem sieht die Novelle zur geltenden Deponieverordnung in Österreich ein Deponierungsverbot für Mineralwolleabfälle ab 01.01.2027 vor [19]. Die Deponierung ab dem Jahr 2027 wird somit in Österreich nicht mehr möglich sein. Insofern wird seitens des Gesetzgebers verdeutlicht, dass Verwertungsmethoden für Mineralwolleabfälle von großer Bedeutung sind, wobei der Versatz von sekundärrohstoffbasierten Versatzprodukten mit Mineralwolleabfällen eine zweckmäßige Option für die Verwertung darstellt.