1 Einleitung

Mineralwolle gehört der Gruppe der künstlichen Mineralfasern an und wird hauptsächlich aus Glas, magmatischen Gesteinen und Schlacken hergestellt. Analog dazu werden Mineralwollen in Glaswolle, Steinwolle und Schlackenwolle untergliedert [1].

Primär werden Mineralwollen in isolierender Funktion eingesetzt, aber auch z. B. im Gartenbau. Mineralwolle kann in loser Form sowie in verpresster Form eingesetzt werden [2].

Aufgrund des hohen Volumens und der geringen Rohdichte von Mineralwolle bereiten auch die aus dem Gebäudeabbruch resultierenden Mineralwolleabfälle Probleme in der Abfallwirtschaft. Mineralwolleabfall, bestehend aus Mineralwolle, die vor dem Jahr 1998 produziert wurde, wird als gefährlicher Abfall eingestuft. Diesem Abfall wird gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1357/2014 der Kommission vom 18. Dezember 2014 die gefahrenrelevante Eigenschaft HP 7 (karzinogen) zugeordnet [3]. Die Ablagerung von Mineralwolleabfällen auf Deponien führt unter anderem zu unstabilen Deponiekörpern, welche eine Gefahr für die Standsicherheit der Deponie darstellen können. Durch ein Ansteigen dieses Abfallstroms und die getrennte Sammlung von Mineralwolleabfällen, bedingt durch die Trennpflicht der österreichischen Recycling-Baustoffverordnung, ist abzusehen, dass diese sortenreinen Abfallströme in Zukunft Probleme bereiten werden. Daher ist es unabdingbar, neue ressourcenschonende und umweltfreundliche Wege zu finden. Diese zukünftigen Möglichkeiten werden im Projekt RecyMin (Recycling von Mineralwolleabfällen) an der Montanuniversität sowie bei der Porr Umwelttechnik GmbH und der Lafarge Zementwerke GmbH aus wissenschaftlicher Sicht beleuchtet und erforscht.

2 Ziele des Projekts RecyMin

Im Projekt RecyMin wird an abfallwirtschaftlichen, abfalltechnischen und recyclingtechnischen Zusammenhängen geforscht. Die grundlagennahe sowie anwendungsorientierte Herangehensweise ermöglicht die Entwicklung innovativer Lösungsansätze für die variierenden Herausforderungen, die eine Handhabung des Materials bei der Deponierung sowie das Entwickeln neuer Recyclingoptionen mit sich bringen.

Im Projekt RecyMin wird ein mehrstufiges Ziel angestrebt, das von der Entwicklung eines Konzepts zur Konditionierung von Mineralwolleabfällen für die Deponierung durch nass- sowie trockenmechanische Aufbereitung, über Untersuchungen zur Entwicklung eines Versatzproduktes aus Mineralwolleabfällen für den untertägigen Bergbau, der Entwicklung eines Konzepts zum Einsatz von Mineralwolleabfällen als Ersatzrohstoff in der Zementindustrie, bis hin zur Entwicklung eines Konzepts zur Rückführung von Mineralwolleabfällen in die Mineralwolleindustrie reicht (Abb. 1).

Abb. 1
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Projektskizze Projekt RecyMin

3 Abfallwirtschaftliche Aspekte

Eine Verfahrenskombination aus abfallwirtschaftlicher Stoffflussanalyse, abfallchemischer, abfallmineralogischer und morphologischer Materialcharakterisierung wurde für die Beurteilung des schwankenden und unbekannten Recycling- und Gefährdungspotenzials von Mineralwolleabfällen (Abb. 2) durchgeführt [4, 5]. Die abgeschätzte Abfallmenge an Mineralwolleabfällen beträgt derzeit für Österreich 24.276 t/a.

Abb. 2
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Mineralwolleabfall bestehend aus Glas- sowie Steinwolle

4 Aufbereitung

Im Rahmen des Projekts wurden Mineralwolleabfälle aufbereitungstechnischen Versuchen unterzogen, um ihre deponietechnischen Eigenschaften sowie ihre Verwertbarkeit zu verbessern.

Um die ungünstigen deponie- und recyclingtechnischen Eigenschaften der Mineralwolleabfälle zu verbessern, wurde zuerst der Faserverbund gelöst. Hierfür wurden schneidende und reißende Zerkleinerungsaggregate eingesetzt. Der Agglomerationsprozess, die Brikettierung (Abb. 3), schließt direkt an die Grobzerkleinerung an. Durch die Brikettierung der Mineralwolleabfälle wurde einerseits eine bessere Verdichtbarkeit für die Deponierung, aber auch eine höhere Druckfestigkeit von bis zu maximal 13 MPa erreicht [4, 5].

Abb. 3
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Mineralwollebrikett bestehend aus Steinwolle und Bindemittel

5 Deponierung

Im Projekt wurden deponietechnische Tests entwickelt, um das Ablagerungsverhalten der Mineralwollebriketts sowie das Langzeitverhalten unter bestimmten Belastungen im Deponiekörper selbst zu bewerten. In einem zyklischen Belastungsversuch wurden mehrere Szenarien getestet, wobei auf die Probekörper eine uniaxiale Kraft aufgebracht wurde.

6 Stoffliche Verwertung

6.1 Bergversatz

Der Bergversatz ist eine weitere alternative Einsatzmöglichkeit für Mineralwolleabfälle [6]. In Deutschland besteht ein patentiertes Verfahren [7], während bisher in Österreich noch keine Versatzprodukte aus Mineralwolleabfällen erzeugt werden [5].

Im Projekt RecyMin werden hydraulisch abbindende, pumpfähige Versatzprodukte hergestellt, die hauptsächlich aus Sekundärrohstoffen bestehen. Auf klassische Zemente wird aus Gründen der CO2-Neutralität und Ressourceneffizienz möglichst verzichtet. Mögliche Wechselwirkungen mit Bergwässern und das Laugungsverhalten des Versatzmaterials werden in Laboruntersuchungen getestet [4].

6.2 Verwertung in der Zementindustrie

Auch an der Verwertung von Mineralwolleabfällen in der Zementindustrie wird im Projekt RecyMin geforscht. Einerseits besteht hierbei die Möglichkeit auf den Einsatz von Mineralwolleabfällen als Ersatzrohstoff in der Klinkerherstellung, andererseits die Verwendung des Materials als Zumahlstoff in der Vermahlung des Klinkers zu Zement [5].

Als Klinkerrohstoff könnte Mineralwolle aus chemisch-mineralogischer Sicht natürliche Rohstoffe wie Kalkstein und Ton ersetzen. Dies könnte zu einer Reduktion der CO2-Emissionen beitragen. Aufgrund der Prozessführung im System ist auf die Gleichmäßigkeit der Materialien, eine möglichst geringe Belastung durch organische Bestandteile sowie die Stimmigkeit im Chemismus der sonstigen Rohmaterialien zu achten [5]. Durch die thermischen Prozesse findet eine Umschmelzung der Fasern zu nicht-faserigen Klinkerphasen statt, so dass auch im Falle gefährlicher Mineralwolleabfälle die gefahrenrelevante Eigenschaft zerstört wird [4].

Werden Mineralwolleabfälle als Zumahlstoff eingesetzt, dürfen sie hingegen keine gefahrenrelevante Eigenschaft aufweisen und müssen bereits latent hydraulische Eigenschaften besitzen, da hier kein Hochtemperaturprozess stattfindet. Um puzzolanische Aktivität zu erreichen, müssen Mineralwolleabfälle auf <75 μm aufgemahlen werden [8]. Die Komponenten werden im Mahlprozess sehr fein vermahlen und gemischt. Das Einsetzen der vermahlenen Mineralwolleabfälle kann Einfluss auf die Abbindeeigenschaften des Zementes, wie den Zeitverlauf, Früh- und Endfestigkeit haben [5].

6.3 Recycling in der Mineralwolleindustrie

In Hinblick auf die Kreislaufwirtschaft ist das Recycling von Mineralwolleabfällen in der Mineralwolleindustrie eine optimale Lösung. Durch das Wiedereinschmelzen von Mineralwolleabfällen werden gefährdungsrelevante Charakteristika wie Morphologie und Chemie im Schmelz- und Erstarrungsprozess modifiziert [5]. Zudem können somit Rohstoffe durch Sekundärrohstoffe ersetzt werden.

Eine Schwierigkeit stellt jedoch der hohe Feinanteil von Mineralwolleabfällen dar, der unmittelbare Einsatz kann zu einer Verstopfung der Zufuhr von Luft und Sauerstoff führen [9]. Dem kann durch eine Brikettierung unter Einsatz eines Bindemittels vorgebeugt werden [5].

In mehreren Studien wurde bereits diese Verwertungsoption untersucht [8, 10, 11], hierfür wurden allerdings ausschließlich Produktionsabfälle verwertet [12], da die chemische Zusammensetzung für die Verwertung bekannt sein muss [13]. Dies ist jedoch bei Mineralwolleabfällen, welche den Baurestmassen zugeordnet werden, nicht der Fall [5].

Ein mögliches Brikettierverfahren von Öhberg [10] sieht vor, Bindemittel wie Portlandzement, Ton und Wasserglas mit Mineralwolle zu brikettieren. Beim Erhitzen der Briketts auf eine Temperatur von 500 °C konnte jedoch eine Abnahme der Druckfestigkeit festgestellt werden, worauf die entstandenen Brikettbruchstücke die Zufuhr von Luft und Gasen verstopfte. Daraus resultierte ein inhomogenes Aufschmelzen des Materials. Durch eine Erhöhung des SiO2-Gehalts des Bindemittels und eine Aufmahlung auf eine Korngröße von <100 μm konnten Briketts mit einer uniaxialen Druckfestigkeit von 5,9 N/mm2 erzeugt werden [11].

Um die Energieeffizienz im Recyclingprozess zu steigern, stellt die Absenkung des Schmelzpunktes eine Möglichkeit dar. Diese kann durch das Verwenden von Bindemitteln mit geringen Schmelztemperaturen erreicht werden, wobei dies ein Gemisch aus Illit, Dolomit und Zement sein könnte [9].

Ein Verfahren für ein direktes Einbringen von Mineralwolleabfällen in den Kupolofen wurde im Rahmen des EU-Forschungsprogramms LIFE entwickelt. Ohne vorangestellte Aufbereitungsschritte wurden Mineralwolleabfälle mit einer Korngröße zwischen 0–6 mm injiziert, wobei eine Substitutionsrate von 10 % erreicht werden konnte. Bei einer Substitutionsrate von 5 % wurde eine Kokseinsparung von mehr als 10 % erzielt [14].

Trotz der untersuchten Recyclingoptionen, die bereits bestehen, erfolgt in Österreich kein Recycling von Mineralwolleabfällen, da die Hersteller nur eigene Produkte zurücknehmen und diese Information beim Abbruch von Gebäuden meist nicht bekannt ist [5, 15].

Im Projekt RecyMin werden Analysen in Bezug auf Auswirkungen auf verfahrenstechnisch relevante Eigenschaften der Schmelze und auf die Qualität der Produkte untersucht. Als Herausforderung gilt die inhomogene Temperaturverteilung beim Einsatz unbehandelter Mineralwolleabfälle, welcher durch ein speziell entwickeltes Brikettierverfahren für das Rohgut entgegengewirkt wird. Zur Kompensation des Chemismus werden Additive als Bindemittel eingesetzt [5].

7 Sonstige Verwertungskonzepte

Neben dem Recycling von Mineralwolle in der Mineralwolleindustrie bestehen weitere alternative Verwertungsmöglichkeiten z. B. in Kombination mit illitischen Tonen für die Herstellung von Keramiken [16] sowie mit Holz in Spanplatten [17].

Die Verwertung von Mineralwolleabfällen als grobe oder feine Gesteinskörnung oder ultrafeiner Füllstoff in der Betonindustrie ist eine bedeutsame Option. Die Zug- und Druckfestigkeit, Absorptionsfähigkeit, Widerstandsfähigkeit und Chloridbeständigkeit wird durch eine Zugabe als grobe Körnung verbessert und die Rissausbreitung gehemmt [8]. Auch die Härte von derartigen Verbunden wird durch eine Zugabe erhöht [18].

8 Zusammenfassung und Ausblick

Das Projekt RecyMin ist ein grundlagenorientiertes Forschungsprojekt, welches an Themenbereichen wie der innovativen Deponierung sowie dem Recycling von Mineralwolleabfällen im Bergversatz, der Zement- und Mineralwolleindustrie forscht. Da das Projekt RecyMin einen ganzheitlichen Ansatz verfolgt, ist damit zu rechnen, dass themenübergreifend verbesserte Lösungswege für das Recycling gefunden werden. Erste Ergebnisse der Forschungsansätze von RecyMin erwiesen sich als vielversprechend, es ist in Zukunft damit zu rechnen, dass eine ressourcenschonende und effiziente Verwertungsmethode von Mineralwolleabfällen gegeben sein wird.

Im ersten Projektjahr von RecyMin wurde vor allem im Bereich der Aufbereitung der Materialien geforscht. Neben der Zerkleinerungstechnik wurde an dem optimalen Brikettierprozess gearbeitet. Die mechanische Handhabbarkeit des Materials konnte durch diesen Prozess immens verbessert werden. Die Briketts bilden eine Grundlage für zukünftige Recyclingschritte, da sie auf der Deponie abgelagert sowie im Zementwerk eingesetzt werden können. Auch für die Recyclingoption der Rückführung der Mineralwolleabfälle in die Mineralwolleindustrie stellen diese aufbereiteten Materialien eine Möglichkeit dar.

In zukünftigen Versuchen wird an der Entwicklung von Versatzprodukten geforscht, die den Gegebenheiten am Versuchsstandort entsprechen und neben dem passenden Laugungsverhalten auch optimale geomechanische Eigenschaften aufweisen.

Für den Einsatz von Mineralwolleabfällen in der Zementindustrie sind Klein- sowie Großversuche vorgesehen, bei denen das Schmelzverhalten der Fasern im Drehrohrofen sowie die optimale Dosierung ermittelt werden.

Um ein Recycling der Mineralwolleabfälle in der Mineralwolleindustrie zu ermöglichen, werden die schmelzrelevanten Parameter ermittelt, die Schmelze ggf. konditioniert, und Mineralwolleabfälle zu neuer Mineralwolle versponnen.